Kitabı oku: «Maria Stuart / Мария Стюарт», sayfa 3

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Dritter Auftritt

Elisabeth. Leicester. Burleigh. Talbot.

(Die Königin setzt sich.)

Burleigh.

 
Ruhmvolle Königin! Du krönest heut
Die heißen Wünsche deines Volks. Nun erst
Erfreun wir uns der segenvollen Tage,
Die du uns schenkst, da wir nicht zitternd mehr
In ein stürmevolle Zukunft schauen.
Nur eine Sorge kümmert noch dies Land,
Ein Opfer ist’s, das alle Stimmen fordern.
Gewähr auch dieses, und der heut’ge Tag
Hat Englands Wohl auf immerdar gegründet.
 

Elisabeth.

 
Was wünscht mein Volk noch? Sprecht, Mylord.
 

Burleigh.

 
Es fordert
Das Haupt der Stuart – Wenn du deinem Volk
Der Freiheit köstliches Geschenk, das teuer
Erworbne Licht der Wahrheit willst versichern,
So muß sie nicht mehr sein – Wenn wir nicht ewig
Für dein kostbares Leben zittern sollen,
So muß die Feindin untergehen! – Du weißt es,
Nicht alle deine Briten denken gleich,
Noch viele heimliche Verehrer zählt
Der röm’sche Götzendienst auf dieser Insel.
Die alle nähren feindliche Gedanken,
Nach dieser Stuart steht ihr Herz, sie sind
Im Bunde mit den lothtringischen Brüdern,
Den unversöhnten Feinden deines Namens.
Die ist von dieser wütenden Partei
Der grimmige Vertilgungskrieg geschworen,
Den man mit falschen Höllenwaffen führt.
Zu Reims, dem Bischofssitz des Kardinals,
Dort ist das Rüsthaus, wo sie Blitze schmieden,
Dort wird der Königsmord gelehrt – Vor dort
Geschäftig senden sie nach deiner Insel
Die Missionen aus, entschloßne Schwärmer,
In allerlei Gewand vermummt – Von dort
Ist schon der dritte Mörder ausgegangen,
Und unerschöpflich, ewig neu erzeugen
Verborgne Feinde sich aus diesem Schlunde.
– Und in dem Schloß zu Fotheringhay sitzt
Die Ate dieses ew’gen Kriegs, die mit
Der Liebesfackel dieses Reich entzündet.
Für sie, die schmeichelnd jedem Hoffnung gibt,
Weiht sich die Jugend dem gewissen Tod —
Sie zu befreien, ist die Losung; sie
Auf deinen Thron zu setzen, ist der Zweck.
Denn dies Geschlecht der Lothringer erkennt
Dein heilig Recht nicht an, du heißest ihnen
Nur eine Räuberin desThrons, gekrönt
Vom Glück! Sie waren’s, die die Törichte
Verführt, sich Englands Königin zu schreiben.
Kein Friede ist mit ihr und ihrem Stamm!
Du mußt den Streich erleiden oder führen.
Ihr Leben ist dein Tod! Ihr Tod dein Leben!
 

Elisabeth.

 
Mylord! Ein traurig Amt verwaltet Ihr.
Ich kenne Eures Eifers reinen Trieb,
Weiß, daß gediegne Weisheit aus Euch redet;
Doch diese Weisheit, welche Blut befiehlt,
Ich hasse sie in meiner tiefsten Seele.
Sinnt einen mildern Rat aus – Edler Lord
Von Shrewsbury! Sagt Ihr uns Eure Meinung.
 

Talbot.

 
Du gabst dem Eifer ein gebührend Lob,
Der Burleighs treue Brust beseelt – Auch mir,
Strömt es mir gleich nicht so beredt vom Munde,
Schlägt in der Brust kein minder treues Herz.
Mögst du noch lange leben, Königin,
Die Freude deines Volks zu sein, das Glück
Des Friedens diesem Reiche zu verlängern.
So schöne Tage hat dies Eiland nie
Gesehn, seit eigne Fürsten es regieren.
Mög’ es sein Glück mit seinem Ruhme nicht
Erkaufen! Möge Talbots Auge wenigstens
Geschlossen sein, wenn dies geschieht!
 

Elisabeth.

 
Verhüte Gott, daß wir den Ruhm befleckten!
 

Talbot.

 
Nun dann, so wirst du auf ein ander Mittel sinnen,
Dies Reich zu retten – denn die Hinrichtung
Der Stuart ist ein ungerechtes Mittel.
Du kannst das Urteil über die nicht sprechen,
Die dir nicht untertänig ist.
 

Elisabeth.

 
So irrt
Mein Staatsrat und mein Parlament, im Irrtum
Sind alle Richterhöfe dieses Landes,
Die mir dies Recht einstimmig zuerkannt —
 

Talbot.

 
Nicht Stimmenmehrheit ist des Rechtes Probe,
England ist nicht die Welt, dein Parlament
Nicht der Verein der menschlichen Geschlechter.
Dies heut’ge England ist das künft’ge nicht,
Wie’s das vergangne nicht mehr ist – Wie sich
Die Neigung anders wendet, also steigt
Und fällt des Urteils wandelbare Woge.
Sag nicht, du müssest der Notwendigkeit
Gehorchen und dem Dringen deines Volks.
Sobald du willst, in jedem Augenblick
Kannst du erproben, daß dein Wille frei ist.
Versuch’s! Erkläre, daß du Blut verabscheust,
Der Schwester Leben willst gerettet sehn,
Zeig denen, die dir anders raten wollen,
Die Wahrheit deines königlichen Zorns —
Schnell wirst du die Notwendigkeit verschwinden
Und Recht in Unrecht sich verwandeln sehn.
Du selbst mußt richten, du allein. Du kannst dich
Auf dieses unstet schwanke Rohr nicht lehnen.
Der eignen Milde folge du getrost.
Nicht Strenge legte Gott ins weiche Herz
Des Weibes – Und die Stifter dieses Reichs,
Die auch dem Weib die Herrscherzügel gaben,
Sie zeigten an, daß Strenge nicht die Tugend
Der Könige soll sein in diesem Lande.
 

Elisabeth.

 
Ein warmer Anwalt ist Graf Shrewsbury
Für meine Feindin und des Reichs. Ich ziehe
Die Räte vor, die meine Wohlfahrt lieben.
 

Talbot.

 
Man gönnt ihr keinen Anwalt, niemand wagt’s,
Zu ihrem Vorteil sprechend, deinem Zorn
Sich bloßzustellen – So vergönne mir,
Dem alten Manne, den am Grabesrand
Kein irdisch Hoffen mehr verführen kann,
Daß ich die Aufgegebene beschütze.
Man soll nicht sagen, daß in deinem Staatsrat
Die Leidenschaft, die Selbstsucht eine Stimme
Gehabt, nur die Barmherzigkeit geschwiegen.
Verbündet hat sich alles wider sie,
Du selber hast ihr Antlitz nie gesehn,
Nichts spricht in deinem Herzen für die Fremde.
– Nicht ihrer Schuld red ich das Wort. Man sagt,
Sie habe den Gemahl ermorden lassen;
Wahr ist’s, daß sie den Mörder ehlichte.
Ein schweres Verbrechen! – Aber es geschah
In einer finster unglücksvollen Zeit,
Im Angstgedränge bürgerlichen Kriegs,
Wo sie, die Schwache, sich umrungen sah
Von heftigdringenden Vasallen, sich
Dem Mutvollstärksten in die Arme warf —
Wer weiß, durch welcher Künste Macht besiegt?
Denn ein gebrechlich Wesen ist das Weib.
 

Elisabeth.

 
Das Weib ist nicht schwach. Es gibt starke Seelen
In dem Geschlecht – Ich will in meinem Beisein
Nichts von der Schwäche des Geschlechtes hören.
 

Talbot.

 
Dir war das Unglück eine strenge Schule.
Nicht seine Freudenseite kehrte dir
Das Leben zu. Du sahest keinen Thron
Von ferne, nur das Grab zu deinen Füßen.
Zu Woodstock war’s und in des Towers Nacht,
Wo dich der gnäd’ge Vater dieses Landes
Zur ersten Pflicht durch Trübsal auferzog.
Dort suchte dich der Schmeichler nicht. Früh lernte,
Vom eiteln Weltgeräusche nicht zerstreut,
Dein Geist sich sammeln, denkend in sich gehn
Und diesen Lebens wahre Güter schätzen.
– Die Arme rettete kein Gott. Ein zartes Kind
Ward sich verpflanzt nach Frankreich, an den Hof
Des Leichtsinns, der gedankenlosen Freude.
Dort in der Feste ew’ger Trunkenheit
Vernahm sie nie der Wahrheit ernste Stimme.
Geblendet ward sie von der Laster Glanz
Und fortgeführt vom Strome des Verderbens.
Ihr ward der Schönheit eitles Gut zuteil,
Sie überstrahlte blühen alle Weiber,
Und durch Gestalt nicht minder als Geburt —
 

Elisabeth.

 
Kommt zu Euch selbst, Mylord von Shrewsbury!
Denkt, daß wir hier im ernsten Rate sitzen.
Das müssen Reize sondergleichen sein,
Die einen Greis in solches Feuer setzen.
– Mylord von Leicester! Ihr allein schweigt still?
Was ihn beredt macht, bindet’s Euch die Zunge?
 

Leicester.

 
Ich schweige für Erstaunen, Königin,
Daß man dein Ohr mit Schrecknissen erfüllt,
Daß diese Märchen, die in Londons Gassen
Den gläub’gen Pöbel ängstigen, bis herauf
In deines Staatsrats heitre Mitte steigen
Und weise Männer ernst beschäftigen.
Verwunderung ergreift mich, ich gesteh’s,
Daß diese länderlose Königin
Von Schottland, die den eignen kleinen Thron
Nicht zu behaupten wußte, ihrer eignen
Vasallen Spott, der Auswurf ihres Landes,
Dein Schrecken wird auf einmal im Gefängnis!
– Was, beim Allmächt’gen! machte sie dir furchtbar?
Daß sie dies Reich in Anspruch nimmt? daß dich
Die Guisen nicht als Königin erkennen?
Kann dieser Guisen Wiederspruch das Recht
Entkräften, das Geburt dir gab, der Schluß
Der Parlamente dir bestätigte?
Ist sie durch Heinrichs letzten Willen nicht
Stillschweigend abgewiesen, und wird England,
So glücklich im Genuß des neuen Lichts,
Sich der Papistin in die Arme werfen?
Von dir, der angebeteten Monarchin,
Zu Darnleys Mörderin hinüberlaufen?
Was wollen diese ungestümen Menschen,
Die dich noch lebend mit der Erbin quälen,
Dich nicht geschwind genug vermählen können,
Um Staat und Kirche von Gefahr zu retten?
Stehst du nicht blühend da in Jugendkraft,
Welkt jene nicht mit jedem Tag zum Grabe?
Bei Gott! Du wirst, ich hoff’s, noch viele Jahre
Auf ihrem Grabe wandeln, ohne daß
Du selber sie hinabzustürzen brauchtest —
 

Burleigh.

 
Lord Leicester hat nicht immer so geurteilt.
 

Leicester.

 
Wahr ist’s, ich habe selber meine Stimme
Zu ihrem Tod gegeben im Gericht.
– Im Staatsrat sprech ich anders. Hier ist nicht
Die Rede von dem Recht, nur von dem Vorteil.
Ist’s jetzt die Zeit, von ihr Gefahr zu fürchten,
Da Frankreich sie verläßt, ihr einz’ger Schutz,
Da du den Königssohn mit deiner Hand
Beglücken willst, die Hoffnung eines neuen
Regentenstammes diesem Lande blüht?
Wozu sie also töten? Sie ist tot!
Verachtung ist der wahre Tod. Verhüte,
Daß nicht das Mitleid sie ins Leben rufe!
Drum ist mein Rat: Man lasse die Sentenz,
Die ihr das Haupt abspricht, in voller Kraft
Bestehn! Sie lebe – aber unterm Beile
Des Henkers lebe sie, und schnell, wie sich
Ein Arm für sie bewaffnet, fall’ es nieder.
 

Elisabeth (steht auf).

 
Mylords, ich hab nun eure Meinungen
Gehört und sag euch Dank für euren Eifer.
Mit Gottes Beistand, der die Könige
Erleuchtet, will ich eure Gründe prüfen
Und wählen, was das Bessere mir dünkt.
 

Vierter Auftritt

Die Vorigen. Ritter Paulet mit Mortimern.

Elisabeth.

 
Da kommt Amias Paulet. Edler Sir,
Was bringt Ihr uns?
 

Paulet.

 
Glorwürd’ge Majestät!
Mein Neffe, der ohnlängst von weiten Reisen
Zurückgekehrt, wirft sich zu deinen Füßen
Und leistet dir sein jugendlich Gelübde.
Empfange du es gnadenvoll und laß
Ihn wachsen in der Sonne deiner Gunst.
 

Mortimer (läßt sich auf ein Knie nieder).

 
Lang lebe meine königliche Frau,
Und Glück und Ruhm bekröne ihre Stirne!
 

Elisabeth.

 
Steht auf. Seid mir willkommen, Sir, in England.
Ihr habt den großen Weg gemacht, habt Frankreich
Bereist und Rom und Euch zu Reims verweilt.
Sagt mir denn an, was spinnen unsre Feinde?
 

Mortimer.

 
Ein Gott verwirre sie und wende rückwärts
Auf ihrer eignen Schützen Brust die Pfeile,
Die gegen meine Königin gesandt sind.
 

Elisabeth.

 
Saht Ihr den Morgan und den ränkespinnenden
Bischof von Roße?
 

Mortimer.

 
Alle schottische
Verbannte lernt’ ich kennen, die zu Reims
Aschläge schmieden gegen diese Insel.
In Ihr Vertrauen stahl ich mich, ob ich
Etwa von ihren Ränken was entdeckte.
 

Paulet.

 
Geheime Briefe hat man ihm vertraut,
In Ziffern, für die Königin von Schottland,
Die er mit treuer Hand uns überliefert.
 

Elisabeth.

 
Sagt, was sind ihre neuesten Entwürfe?
 

Mortimer.

 
Es traf sie alle wie ein Donnerstreich,
Daß Frankreich sie verläßt, den festen Bund
Mit England schließt; jetzt richten sie die Hoffnung
Auf Spanien.
 

Elisabeth.

 
So schreibt mir Walsingham.
 

Mortimer.

 
Auch eine Bulle, die Papst Sixtus jüngst
vom Vatikane gegen dich geschleudert,
Kam eben an zu Reims, als ich’s verließ,
Das nächste Schiff bringt sie nach dieser Insel.
 

Leicester.

 
Vor solchen Waffen zittert England nicht mehr.
 

Burleigh.

 
Sie werden furchtbar in des Schwärmers Hand.
 

Elisabeth (Mortimer forschend ansehend).

 
Man gab Euch Schuld, daß Ihr zu Reims die Schulen
Besucht und Euren Glauben abgeschworen?
 

Mortimer.

 
Die Miene gab ich mir, ich leugn’ es nicht,
So weit ging die Begierde, dir zu dienen!
 

Elisabeth (zu Paulet, der ihr Papiere überreicht).

 
Was zieht Ihr da hervor?
 

Paulet.

 
Es ist ein Schreiben,
Das dir die Königin von Schottland sendet.
 

Burleigh (hastig darnach greifend).

 
Gebt mir den Brief.
 

Paulet (gibt das Papier der Königin).

 
Verzeiht, Lord Großschatzmeister!
In meiner Königin selbsteigne Hand
Befahl sie mir den Brief zu übergeben.
Sie sagt mir stets, ich sei ihr Feind. Ich bin
Nur ihres Lasters Feind; was sich verträgt
Mit meiner Pflicht, mag ich gern erweisen.
 

(Die Königin hat den Brief genommen. Während sie ihn liest, sprechen Mortimer und Leicester einige Worte heimlich miteinander.)

Burleigh (zu Paulet).

 
Was kann der Brief enthalten? Eitle Klagen,
Mit denen man das mitleidsvolle Herz
Der Königin verschonen soll.
 

Paulet.

 
Was er
Enthält, hat sie mir nicht verhehlt. Sie bittet
Um die Vergünstigung, das Angesicht
Der Königin zu sehen.
 

Burleigh (schnell).

 
Nimmermehr!
 

Talbot.

 
Warum nicht? Sie erfleht nichts Ungerechtes.
 

Burleigh.

 
Die Gunst des königlichen Angesichts
Hat sie verwirkt, die Mordanstifterin,
Die nach dem Blut der Königin gedürstet.
Wer’s treu mit seiner Fürstin meint, der kann
Den falsch verräterischen Rat nicht geben.
 

Talbot.

 
Wenn die Monarchin sie beglücken will,
Wollt Ihr der Gnade sanfte Regung hindern?
 

Burleigh.

 
Sie ist verurteilt! Unterm Beile liegt
Ihr Haupt. Unwürdig ist’s der Majestät,
Das Haupt zu sehen, das dem Tod geweiht ist.
Das Urteil kann nicht mehr vollzogen werden,
Wenn sich die Königin ihr genahet hat,
Denn Gnade bringt die königliche Nähe —
 

Elisabeth (nachdem sie den Brief gelesen, ihre Tränen trocknend).

 
Was ist der Mensch! Was ist das Glück der Erde!
Wie weit ist diese Königin gebracht,
Die mit so stolzen Hoffnungen begann,
Die auf den ältsten Thron der Christenheit
Berufen worden, die in ihrem Sinn
Drei Kronen schon aufs Haupt zu setzen meinte!
Welch andre Sprache führt sie jetzt als damals,
Da sie das Wappen Englands angenommen
Und von den Schmeichlern ihres Hofs sich Königin
Der zwei britann’schen Inseln nennen ließ!
– Verzeiht, Mylords, es schneidet mir ins Herz,
Wehmut ergreift mich, und die Seele blutet,
Daß Irdisches nicht fester steht, das Schicksal
Der Menschheit, das entsetzliche, so nahe
An meinem eignen Haupt vorüberzieht.
 

Talbot.

 
O Königin! Dein Herz hat Gott gerührt,
Gehorche dieser himmlischen Bewegung!
Schwer büßte sie fürwahr die schwere Schuld,
Und Zeit ist’s, daß die harte Prüfung ende!
Reich ihr die Hand, der Tiefgefallenen;
Wie eines Engels Lichterscheinung steige
In ihres Kerkers Gräbernacht hinab —
 

Burleigh.

 
Sei standhaft, große Königin. Laßt nicht
Ein lobenswürdig menschliches Gefühl
Dich irreführen. Raube dir nicht selbst
Die Freiheit, das Notwendige zu tun.
Du kannst sie nicht begnadigen, nicht retten,
So lade nicht auf dich verhaßten Tadel,
Daß du mit grausam höhnendem Triump
Am Anblick deines Opfers dich geweidet.
 

Leicester.

 
Laßt uns in unsern Schranken bleiben, Lords.
Die Königin ist weise, sie bedarf
Nicht unsers Rats, das Würdigste zu wählen.
Die Unterredung beider Königinnen
Hat nichts gemein mit des Gerichtes Gang.
Englands Gesetz, nicht der Monarchin Wille
Verurteilt die Maria. Würdig ist’s
Der großen Seele der Elisabeth,
Daß sie des Herzens schönem Triebe folge,
Wenn das Gesetz den strengen Lauf behält.
 

Elisabeth.

 
Geht, meine Lords. Wir werden Mittel finden,
Was Gnade fordert, was Notwendigkeit
Uns auferlegt, geziemend zu vereinen.
Jetzt – tretet ab!
 

(Die Lords gehen. An der Türe ruft sie den Mortimer zurück.)

 
Sir Mortimer! Ein Wort!
 

Fünfter Auftritt

Elisabeth. Mortimer.

Elisabeth (nachdem sie ihn einige Augenblicke forschend mit den Augen gemessen).

 
Ihr zeigtet einen kecken Mut und seltne
Beherrschung Eurer selbst für Eure Jahre.
Wer schon so früh der Täuschung schwere Kunst
Ausübte, der ist mündig vor der Zeit,
Und er verkürzt sich seine Prüfungsjahre.
– Auf eine große Bahn ruft Euch das Schicksal,
Ich prophezei es Euch, und mein Orakel
Kann ich, zu Eurem Glücke! selbst vollziehn.
 

Mortimer.

 
Erhabene Gebieterin, was ich
Vermag und bin, ist deinem Dienst gewidmet.
 

Elisabeth.

 
Ihr habt die Feinde Englands kennen lernen.
Ihr Haß ist unversöhnlich gegen mich,
Und unerschöpflich ihre Blutentwürfe.
Bis diesen Tag zwar schützte mich die Allmacht,
Doch ewig wankt die Kron’ auf meinem Haupt,
Solang sie lebt, die ihrem Schwärmereifer
Den Vorwand leiht und ihre Hoffnung nährt.
 

Mortimer.

 
Sie lebt nicht mehr, sobald du es gebietest.
 

Elisabeth.

 
Ach, Sir! Ich glaubte mich am Ziele schon
Zu sehn und bin nicht weiter als am Anfang.
Ich wollte die Gesetze handeln lassen,
Die eigne Hand vom Blute rein behalten.
Das Urteil ist gesprochen. Was gewinn ich?
Es muß vollzogen werden, Mortimer!
Und ich muß die Vollziehung anbefehlen.
Mich immer trifft der Haß der Tat. Ich muß
Sie eingestehn und kann den Schein nicht retten.
Das ist das Schlimmste!
 

Mortimer.

 
Was bekümmert dich
Der böse Schein bei der gerechten Sache?
 

Elisabeth.

 
Ihr kennt die Welt nicht, Ritter. Was man scheint,
Hat jedermann zum Richter; was man ist, hat keinen.
Von meinem Rechte überzeug ich niemand,
So muß ich Sorge tragen, daß mein Anteil
An ihrem Tod in ew’gem Zweifel bleibe.
Bei solchen Taten doppelter Gestalt
Gibt’s keinen Schutz als in der Dunkelheit.
Der schlimmste Schritt ist, den man eingesteht,
Was man nicht aufgibt, hat man nie verloren.
 

Mortimer (ausforschend).

 
Dann wäre wohl das beste —
 

Elisabeth (schnell).

 
Freilich wär’s
Das Beste – O mein guter Engel spricht
Aus Euch. Fahrt fort, vollendet, werter Sir!
Euch ist es ernst, Ihr dringet auf den Grund,
Seid ein ganz andrer Mann als Euer Oheim —
 

Mortimer (betroffen).

 
Entdecktest du dem Ritter deinen Wunsch?
 

Elisabeth.

 
Mich reuet, daß ich’s tat.
 

Mortimer.

 
Entschuldige
Den alten Mann. Die Jahre machen ihn
Bedenklich. Solche Wagestücke fordern
Den kecken Mut der Jugend —
 

Elisabeth (schnell).

 
Darf ich Euch —
 

Mortimer.

 
Die Hand will ich dir leihen, rette du
Den Namen, wie du kannst —
 

Elisabeth.

 
Ja, Sir! Wenn Ihr
Mich eines Morgens mit der Botschaft wecktet:
Maria Stuart, deine blut’ge Feindin,
Ist heute nacht verschieden!
 

Mortimer.

 
Zähl auf mich.
 

Elisabeth.

 
Wann wird mein Haupt sich ruhig schlafen legen?
 

Mortimer.

 
Der nächste Neumond ende deine Furcht.
 

Elisabeth.

 
Gehabt Euch wohl, Sir! Laßt es Euch nicht leid tun,
Daß meine Dankbarkeit den Flor der Nacht
Entlehnen muß – Das Schweigen ist der Gott
Der Glücklichen – die engsten Bande sind’s,
Die zärtesten, die das Geheimnis stiftet!
 

(Sie geht ab.)

Sechster Auftritt

Mortimer (allein).

 
Geh, falsche, gleisnerische Königin!
Wie du die Welt, so täusch ich dich. Recht ist’s,
Dich zu verraten, eine gute Tat!
Seh ich aus wie ein Mörder? Lases du
Ruchlose Fertigkeit auf meiner Stirn?
Trau nur auf meinen Arm und halte deinen
Zurück, gib dir den frommen Heuchelschein
Der Gnade vor der Welt, indessen du
Geheim auf meine Mörderhilfe hoffst —
So werden wir zur Rettung Frist gewinnen!
Erhöhen willst du mich – zeigst mir von ferne
Bedeutend einen kostbarn Preis – Und wärst
Du selbst der Preis und deine Frauengunst!
Wer bist du, Ärmste, und was kannst du gebe?
Mich locket nicht des eiteln Ruhmes Geiz!
Bei ihr nur ists den Lebens Reiz —
Um sie, in ew’gem Freudenchore, schweben
Der Anmut Götter und der Jugendlust,
Das Glück der Himmel ist an ihrer Brust —
Du hast nur tote Güter zu vergeben!
Das eine Höchste, was das Leben schmückt,
Wenn sich ein Herz, entzückend und entzückt,
Dem Herzen schenkt in süßem Selbstvergessen,
Die Frauenkrone hast du nie besessen,
Nie hast du lieben einen Mann beglückt!
– Ich muß den Lord erwarten, ihren Brief
Ihm übergeben. Ein verhaßter Auftrag!
Ich habe zu dem Höflinge kein Herz —
Ich selber kann sie retten, ich allein,
Gefahr und Ruhm und auch der Preis sei mein!
 

(Indem er gehen will, begegnet ihm Paulet.)

Siebenter Auftritt

Mortimer. Paulet.

Paulet.

 
Was sagte dir die Königin?
 

Mortimer.

 
Nichts, Sir.
Nichts – von Bedeutung.
 

Paulet (fixiert ihn mit ernstem Blick).

 
Höre, Mortimer!
Es ist ein schlüpfrig glatter Grund, auf den
Du dich begeben. Lockend ist die Gunst
Der Könige, nach Ehre geizt die Jugend.
– Laß dich den Ehrgeiz nicht verführen!
 

Mortimer.

 
Wart Ihr’s nicht selbst, der an den Hof mich brachte?
 

Paulet.

 
Ich wünschte, daß ich’s nicht getan. Am Hofe
Ward unsers Hauses Ehre nicht gesammelt.
Steh fest, mein Neffe. Kaufe nicht zu teuer!
Verletze dein Gewissen nicht!
 

Mortimer.

 
Was fällt Euch ein? Was für Besorgnisse!
 

Paulet.

 
Wie groß dich auch die Königin zu machen
Verspricht – Trau ihrer Schmeichelrede nicht.
Verleugnen wird sie dich, wenn du gehorcht,
Und, ihren eignen Namen reinzuwaschen,
Die Bluttat rächen, die sie selbst befahl.
 

Mortimer.

 
Die Bluttat, sagt Ihr —
 

Paulet.

 
Weg mit der Verstellung!
Ich weiß, was dir die Königin angesonnen,
Sie hofft, daß deine ruhmbegier’ge Jugend
Willfähr’ger sein wird als mein starres Alter.
Hast du ihr zugesagt? Hast du?
 

Mortimer.

 
Mein Oheim!
 

Paulet.

 
Wenn du’s getan hast, so verfluch ich dich,
Und dich verwerfe —
 

Leicester (kommt).

 
Werter Sir, erlaubt
Ein Wort mit Eurem Neffen. Die Monarchin
Ist gnadenvoll gesinnt für ihn, sie will,
Daß man ihm die Person der Lady Stuart
Uneingeschränkt vertraue – Sie verläßt sich
Auf seine Redlichkeit —
 

Paulet.

 
Verläßt sich – Gut!
 

Leicester.

 
Was sagt Ihr, Sir?
 

Paulet.

 
Die Königin verläßt sich
Auf ihn, und ich, Mylord, verlasse mich
Auf mich und meine beiden offnen Augen.
 

(Er geht ab.)

Yaş sınırı:
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Litres'teki yayın tarihi:
06 aralık 2024
Yazıldığı tarih:
1801
Hacim:
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ISBN:
978-5-17-165489-4
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