Kitabı oku: «Wallensteins Tod», sayfa 8
Achter Auftritt
Buttler und Gordon.
Gordon. (ihnen nachsehend)
Die Unglückseligen! Wie ahnungslos
Sie in das ausgespannte Mordnetz stürzen
In ihrer blinden Siegestrunkenheit! —
Ich kann sie nicht beklagen. Dieser Illo,
Der übermütig freche Bösewicht,
Der sich in seines Kaisers Blut will baden!
Buttler
Tut, wie er Euch befohlen. Schickt Patrouillen
Herum, sorgt für die Sicherheit der Festung;
Sind jene oben, schließ ich gleich die Burg,
Daß in der Stadt nichts von der Tat verlaute!
Gordon. (ängstlich)
O eilt nicht so! Erst sagt mir —
Buttler
Ihr vernahmt's,
Der nächste Morgen schon gehört den Schweden.
Die Nacht nur ist noch unser, sie sind schnell,
Noch schneller wollen wir sein – Lebet wohl.
Gordon
Ach Eure Blicke sagen mir nichts Gutes.
Versprechet mir —
Buttler
Der Sonne Licht ist unter,
Herabsteigt ein verhängnisvoller Abend —
Sie macht ihr Dünkel sicher. Wehrlos gibt sie
Ihr böser Stern in unsre Hand, und mitten
In ihrem trunknen Glückeswahne soll
Der scharfe Stahl ihr Leben rasch zerschneiden.
Ein großer Rechenkünstler war der Fürst
Von jeher, alles wußt' er zu berechnen,
Die Menschen wußt' er, gleich des Brettspiels Steinen,
Nach seinem Zweck zu setzen und zu schieben,
Nicht Anstand nahm er, andrer Ehr' und Würde
Und guten Ruf zu würfeln und zu spielen.
Gerechnet hat er fort und fort, und endlich
Wird doch der Kalkul irrig sein; er wird
Sein Leben selbst hineingerechnet haben,
Wie jener dort in seinem Zirkel fallen.
Gordon
O seiner Fehler nicht gedenket jetzt!
An seine Größe denkt, an seine Milde,
An seines Herzens liebenswerte Züge,
An alle Edeltaten seines Lebens,
Und laßt sie in das aufgehobne Schwert
Als Engel bittend, gnadeflehend fallen.
Buttler
Es ist zu spät. Nicht Mitleid darf ich fühlen,
Ich darf nur blutige Gedanken haben.
(Gordons Hand fassend.)
Gordon! Nicht meines Hasses Trieb – Ich liebe
Den Herzog nicht und hab dazu nicht Ursach' —
Doch nicht mein Haß macht mich zu seinem Mörder.
Sein böses Schicksal ist's. Das Unglück treibt mich,
Die feindliche Zusammenkunft der Dinge.
Es denkt der Mensch die freie Tat zu tun,
Umsonst! Er ist das Spielwerk nur der blinden
Gewalt, die aus der eignen Wahl ihm schnell
Die furchtbare Notwendigkeit erschafft.
Was hälf's ihm auch, wenn mir für ihn im Herzen
Was redete – Ich muß ihn dennoch töten.
Gordon
O wenn das Herz Euch warnt, folgt seinem Triebe!
Das Herz ist Gottes Stimme, Menschenwerk
Ist aller Klugheit künstliche Berechnung.
Was kann aus blut'ger Tat Euch Glückliches
Gedeihen? O aus Blut entspringt nicht Gutes!
Soll sie die Staffel Euch zur Größe bauen?
O glaubt das nicht – Es kann der Mord bisweilen
Den Königen, der Mörder nie gefallen.
Buttler
Ihr wißt nicht. Fragt nicht. Warum mußten auch
Die Schweden siegen und so eilend nahn!
Gern überließ ich ihn des Kaisers Gnade,
Sein Blut nicht will ich. Nein, er möchte leben.
Doch meines Wortes Ehre muß ich lösen.
Und sterben muß er, oder – hört und wißt! —
Ich bin entehrt, wenn uns der Fürst entkommt.
Gordon
O solchen Mann zu retten —
Buttler. (schnell)
Was?
Gordon
Ist eines Opfers wert – Seid edelmütig!
Das Herz und nicht die Meinung ehrt den Mann.
Buttler. (kalt und stolz)
Er ist ein großer Herr, der Fürst – Ich aber
Bin nur ein kleines Haupt, das wollt Ihr sagen.
Was liegt der Welt dran, meint Ihr, ob der niedrig
Geborene sich ehret oder schändet,
Wenn nur der Fürstliche gerettet wird.
– Ein jeder gibt den Wert sich selbst. Wie hoch ich
Mich selbst anschlagen will, das steht bei mir.
So hoch gestellt ist keiner auf der Erde,
Daß ich mich selber neben ihm verachte.
Den Menschen macht sein Wille groß und klein,
Und weil ich meinem treu bin, muß er sterben.
Gordon
O einen Felsen streb ich zu bewegen!
Ihr seid von Menschen menschlich nicht gezeugt.
Nicht hindern kann ich Euch, ihn aber rette
Ein Gott aus Eurer fürchterlichen Hand.
(Sie gehen ab.)
Neunter Auftritt
Ein Zimmer bei der Herzogin. Thekla in einem Sessel, bleich, mit geschloßnen Augen. Herzogin und Fräulein von Neubrunn um sie beschäftigt. Wallenstein und die Gräfin im Gespräch.
Wallenstein
Wie wußte sie es denn so schnell?
Gräfin
Sie scheint
Unglück geahnt zu haben. Das Gerücht
Von einer Schlacht erschreckte sie, worin
Der kaiserliche Oberst sei gefallen.
Ich sah es gleich. Sie flog dem schwedischen
Kurier entgegen und entriß ihm schnell
Durch Fragen das unglückliche Geheimnis.
Zu spät vermißten wir sie, eilten nach,
Ohnmächtig lag sie schon in seinen Armen.
Wallenstein
So unbereitet mußte dieser Schlag
Sie treffen! Armes Kind! – Wie ist's? Erholt sie sich?
(Indem er sich zur Herzogin wendet.)
Herzogin
Sie schlägt die Augen auf.
Gräfin
Sie lebt!
Thekla. (sich umschauend)
Wo bin ich?
Wallenstein. (tritt zu ihr, sie mit seinen Armen aufrichtend)
Komm zu dir, Thekla. Sei mein starkes Mädchen!
Sieh deiner Mutter liebende Gestalt
Und deines Vaters Arme, die dich halten.
Thekla. (richtet sich auf)
Wo ist er? Ist er nicht mehr hier?
Herzogin
Wer, meine Tochter?
Thekla
Der dieses Unglückswort aussprach —
Herzogin
O denke nicht daran, mein Kind! Hinweg
Von diesem Bilde wende die Gedanken.
Wallenstein
Laßt ihren Kummer reden! Laßt sie klagen!
Mischt eure Tränen mit den ihrigen.
Denn einen großen Schmerz hat sie erfahren;
Doch wird sie's überstehn, denn meine Thekla
Hat ihres Vaters unbezwungnes Herz.
Thekla
Ich bin nicht krank. Ich habe Kraft, zu stehn.
Was weint die Mutter? Hab ich sie erschreckt?
Es ist vorüber, ich besinne mich wieder.
(Sie ist aufgestanden und sucht mit den Augen im Zimmer.)
Wo ist er? Man verberge mir ihn nicht.
Ich habe Stärke gnug, ich will ihn hören.
Herzogin
Nein, Thekla! Dieser Unglücksbote soll
Nie wieder unter deine Augen treten.
Thekla
Mein Vater —
Wallenstein
Liebes Kind!
Thekla
Ich bin nicht schwach,
Ich werde mich auch bald noch mehr erholen.
Gewähren Sie mir eine Bitte.
Wallenstein
Sprich!
Thekla
Erlauben Sie, daß dieser fremde Mann
Gerufen werde! daß ich ihn allein
Vernehme und befrage.
Herzogin
Nimmermehr!
Gräfin
Nein! Das ist nicht zu raten! Gib's nicht zu!
Wallenstein
Warum willst du ihn sprechen, meine Tochter?
Thekla
Ich bin gefaßter, wenn ich alles weiß.
Ich will nicht hintergangen sein. Die Mutter
Will mich nur schonen. Ich will nicht geschont sein.
Das Schrecklichste ist ja gesagt, ich kann
Nichts Schrecklichers mehr hören.
Gräfin und Herzogin
(zu Wallenstein)
Tu es nicht!
Thekla
Ich wurde überrascht von meinem Schrecken,
Mein Herz verriet mich bei dem fremden Mann,
Er war ein Zeuge meiner Schwachheit, ja,
Ich sank in seine Arme – das beschämt mich.
Herstellen muß ich mich in seiner Achtung,
Und sprechen muß ich ihn, notwendig, daß
Der fremde Mann nicht ungleich von mir denke.
Wallenstein
Ich finde, sie hat recht – und bin geneigt,
Ihr diese Bitte zu gewähren. Ruft ihn.
(Fräulein Neubrunn geht hinaus.)
Herzogin
Ich, deine Mutter, aber will dabei sein.
Thekla
Am liebsten spräch' ich ihn allein. Ich werde
Alsdann um so gefaßter mich betragen.
Wallenstein. (zur Herzogin)
Laß es geschehn. Laß sie's mit ihm allein
Ausmachen. Es gibt Schmerzen, wo der Mensch
Sich selber nur helfen kann, ein starkes Herz
Will sich auf seine Stärke nur verlassen.
In ihrer, nicht an fremder Brust muß sie
Kraft schöpfen, diesen Schlag zu überstehn.
Es ist mein starkes Mädchen; nicht als Weib,
Als Heldin will ich sie behandelt sehn.
(Er will gehen.)
Gräfin. (hält ihn)
Wo gehst du hin? Ich hörte Terzky sagen,
Du denkest morgen früh von hier zu gehn,
Uns aber hierzulassen.
Wallenstein
Ja, ihr bleibt
Dem Schutze wackrer Männer übergeben.
Gräfin
O nimm uns mit dir, Bruder! Laß uns nicht
In dieser düstern Einsamkeit dem Ausgang
Mit sorgendem Gemüt engegenharren.
Das gegenwärt'ge Unglück trägt sich leicht,
Doch grauenvoll vergrößert es der Zweifel
Und der Erwartung Qual dem weit Entfernten.
Wallenstein
Wer spricht von Unglück? Beßre deine Rede.
Ich hab ganz andre Hoffnungen.
Gräfin
So nimm uns mit. O laß uns nicht zurück
In diesem Ort der traurigen Bedeutung,
Denn schwer ist mir das Herz in diesen Mauern,
Und wie ein Totenkeller haucht mich's an,
Ich kann nicht sagen, wie der Ort mir widert.
O führ uns weg! Komm, Schwester, bitt ihn auch,
Daß er uns fortnimmt! Hilf mir, liebe Nichte.
Wallenstein
Des Ortes böse Zeichen will ich ändern:
Er sei's, der mir mein Teuerstes bewahrte.
Neubrunn. (kommt zurück):
Der schwed'sche Herr!
Wallenstein
Laßt sie mit ihm allein.
(Ab.)
Herzogin. (zu Thekla)
Sieh, wie du dich entfärbtest! Kind, du kannst ihn
Unmöglich sprechen. Folge deiner Mutter.
Thekla
Die Neubrunn mag denn in der Nähe bleiben.
(Herzogin und Gräfin gehen ab.)
Zehnter Auftritt
Thekla. Der schwedische Hauptmann. Fräulein Neubrunn.
Hauptmann. (naht sich ehrerbietig)
Prinzessin – ich – muß um Verzeihung bitten,
Mein unbesonnen rasches Wort – Wie konnt' ich —
Thekla. (mit edelm Anstand)
Sie haben mich in meinem Schmerz gesehn,
Ein unglücksvoller Zufall machte Sie
Aus einem Fremdling schnell mir zum Vertrauten.
Hauptmann
Ich fürchte, daß Sie meinen Anblick hassen,
Denn meine Zunge sprach ein traurig Wort.
Thekla
Die Schuld ist mein. Ich selbst entriß es Ihnen,
Sie waren nur die Stimme meines Schicksals.
Mein Schrecken unterbrach den angefangnen
Bericht. Ich bitte drum, daß Sie ihn enden.
Hauptmann. (bedenklich)
Prinzessin, es wird Ihren Schmerz erneuern.
Thekla
Ich bin darauf gefaßt – Ich will gefaßt sein.
Wie fing das Treffen an? Vollenden Sie.
Hauptmann
Wir standen, keines Überfalls gewärtig,
Bei Neustadt schwach verschanzt in unserm Lager,
Als gegen Abend eine Wolke Staubes
Aufstieg vom Wald her, unser Vortrab fliehend
Ins Lager stürzte, rief: der Feind sei da.
Wie hatten eben nur noch Zeit, uns schnell
Aufs Pferd zu werfen, da durchbrachen schon,
In vollem Rosseslauf dahergesprengt,
Die Pappenheimer den Verhack; schnell war
Der Graben auch, der sich ums Lager zog,
Von diesen stürm'schen Scharen überflogen.
Doch unbesonnen hatte sie der Mut
Vorausgeführt den andern, weit dahinten
War noch das Fußvolk, nur die Pappenheimer waren
Dem kühnen Führer kühn gefolgt. —
(Thekla macht eine Bewegung. Der Hauptmann hält einen Augenblick inne, bis sie ihm einen Wink gibt, fortzufahren.)
Von vorn und von den Flanken faßten wir
Sie jetzo mit der ganzen Reiterei
Und drängten sie zurück zum Graben, wo
Das Fußvolk, schnell geordnet, einen Rechen
Von Piken ihnen starr entgegenstreckte.
Nicht vorwärts konnten sie, auch nicht zurück,
Gekeilt in drangvoll fürchterliche Enge.
Da rief der Rheingraf ihrem Führer zu,
In guter Schlacht sich ehrlich zu ergeben,
Doch Oberst Piccolomini —
(Thekla schwindelnd, faßt einen Sessel.)
ihn machte
Der Helmbusch kenntlich und das lange Haar,
Vom raschen Ritte war's ihm losgegangen —
Zum Graben winkt er, sprengt, der erste, selbst
Sein edles Roß darüber weg, ihm stürzt
Das Regiment nach – doch – schon war's geschehen!
Sein Pferd, von einer Partisan durchstoßen, bäumt
Sich wütend, schleudert weit den Reiter ab,
Und hoch weg über ihn geht die Gewalt
Der Rosse, keinem Zügel mehr gehorchend.
(Thekla, welche die letzten Reden mit allen Zeichen wachsender Angst begleitet, verfällt in ein heftiges Zittern, sie will sinken, Fräulein Neubrunn eilt hinzu und empfängt sie in ihren Armen.)
Neubrunn
Mein teures Fräulein —
Hauptmann. (gerührt)
Ich entferne mich.
Thekla
Es ist vorüber – Bringen Sie's zu Ende.
Hauptmann
Da ergriff, als sie den Führer fallen sahn,
Die Truppen grimmig wütende Verzweiflung.
Der eignen Rettung denkt jetzt keiner mehr,
Gleich wilden Tigern fechten sie, er reizt
Ihr starrer Widerstand die Unsrigen,
Und eher nicht erfolgt des Kampfes Ende,
Als bis der letzte Mann gefallen ist.
Thekla. (mit zitternder Stimme)
Und wo – wo ist – Sie sagten mir nicht alles.
Hauptmann. (nach einer Pause)
Heut früh bestatteten wir ihn. Ihn trugen
Zwölf Jünglinge der edelsten Geschlechter,
Das ganze Heer begleitete die Bahre.
Ein Lorbeer schmückte seinen Sarg, drauf legte
Der Rheingraf selbst den eignen Siegerdegen.
Auch Tränen fehlten seinem Schicksal nicht,
Denn viele sind bei uns, die seine Großmut
Und seiner Sitten Freundlichkeit erfahren,
Und alle rührte sein Geschick. Gern hätte
Der Rheingraf ihn gerettet, doch er selbst
Vereitelt' es; man sagt, er wollte sterben.
Neubrunn. (gerührt zu Thekla, welche ihr Angesicht verhüllt hat)
Mein teures Fräulein – Fräulein, sehn Sie auf!
O warum mußten Sie darauf bestehn!
Thekla
– Wo ist sein Grab?
Hauptmann
In einer Klosterkirche
Bei Neustadt ist er beigesetzt, bis man
Von seinem Vater Nachricht eingezogen.
Thekla
Wie heißt das Kloster?
Hauptmann
Sankt Kathrinenstift.
Thekla
Ist's weit bis dahin?
Hauptmann
Sieben Meilen zählt man.
Thekla
Wie geht der Weg?
Hauptmann
Man kommt bei Tirschenreit
Und Falkenberg durch unsre ersten Posten.
Thekla
Wer kommandiert sie?
Hauptmann
Oberst Seckendorf.
Thekla. (tritt an den Tisch und nimmt aus dem Schmuckkästchen einen Ring)
Sie haben mich in meinem Schmerz gesehn
Und mir ein menschlich Herz gezeigt – Empfangen Sie
(indem sie ihm den Ring gibt)
Ein Angedenken dieser Stunde – Gehn Sie.
Hauptmann. (bestürzt)
Prinzessin —
(Thekla winkt ihm schweigend, zu gehen, und verläßt ihn. Hauptmann zaudert und will reden. Fräulein Neubrunn wiederholt den Wink. Er geht ab.)
Elfter Auftritt
Thekla. Neubrunn.
Thekla. (fällt der Neubrunn um den Hals)
Jetzt, gute Neubrunn, zeige mir die Liebe,
Die du mir stets gelobt, beweise dich
Als meine treue Freundin und Gefährtin!
– Wir müssen fort, noch diese Nacht.
Neubrunn
Fort, und wohin?
Thekla
Wohin? Es ist nur ein Ort in der Welt!
Wo er bestattet liegt, zu seinem Sarge!
Neubrunn
Was können Sie dort wollen, teures Fräulein?
Thekla
Was dort, Unglückliche! So würdest du
Nicht fragen, wenn du je geliebt. Dort, dort
Ist alles, was noch übrig ist von ihm,
Der einz'ge Fleck ist mir die ganze Erde.
– O halte mich nicht auf! Komm und mach Anstalt.
Laß uns auf Mittel denken, zu entfliehen.
Neubrunn
Bedachten Sie auch Ihres Vaters Zorn?
Thekla
Ich fürchte keines Menschen Zürnen mehr.
Neubrunn
Den Hohn der Welt! des Tadels arge Zunge!
Thekla
Ich suche einen auf, der nicht mehr ist.
Will ich denn in die Arme – o mein Gott!
Ich will ja in die Gruft nur des Geliebten.
Neubrunn
Und wir allein, zwei hilflos schwache Weiber?
Thekla
Wir waffnen uns, mein Arm soll dich beschützen.
Neubrunn
Bei dunkler Nachtzeit?
Thekla
Nacht wird uns verbergen.
Neubrunn
In dieser rauhen Sturmnacht?
Thekla
Ward ihm sanft
Gebettet, unter den Hufen seiner Rosse?
Neubrunn
O Gott! – und dann die vielen Feindesposten!
Man wird uns nicht durchlassen.
Thekla
Es sind Menschen,
Frei geht das Unglück durch die ganze Erde!
Neubrunn
Die weite Reise —
Thekla
Zählt der Pilger Meilen,
Wenn er zum fernen Gnadenbilde wallt?
Neubrunn
Die Möglichkeit, aus dieser Stadt zu kommen?
Thekla
Gold öffnet uns die Tore. Geh nur, geh!
Neubrunn
Wenn man uns kennt?
Thekla
In einer Flüchtigen,
Verzweifelnden sucht niemand Friedlands Tochter.
Neubrunn
Wo finden wir die Pferde zu der Flucht?
Thekla
Mein Kavalier verschafft sie. Geh und ruf ihn.
Neubrunn
Wagt er das ohne Wissen seines Herrn?
Thekla
Er wird es tun. O geh nur! Zaudre nicht.
Neubrunn
Ach! und was wird aus Ihrer Mutter werden,
Wenn Sie verschwunden sind?
Thekla. (sich besinnend und schmerzvoll vor sich hinschauend)
O meine Mutter!
Neubrunn
So viel schon leidet sie, die gute Mutter,
Soll sie auch dieser letzte Schlag noch treffen?
Thekla
Ich kann's Ihr nicht ersparen! – Geh nur, geh.
Neubrunn
Bedenken Sie doch ja wohl, was Sie tun.
Thekla
Bedacht ist schon, was zu bedenken ist.
Neubrunn
Und sind wir dort, was soll mit Ihnen werden?
Thekla
Dort wird's ein Gott mir in die Seele geben.
Neubrunn
Ihr Herz ist jetzt voll Unruh, teures Fräulein,
Das ist der Weg nicht, der zur Ruhe führt.
Thekla
Zur tiefen Ruh, wie er sie auch gefunden.
– O eile! geh! Mach keine Worte mehr!
Es zíeht mich fort, ich weiß nicht, wie ich's nenne,
Unwiderstehlich fort zu seinem Grabe!
Dort wird mir leichter werden, augenblicklich!
Das herzerstickende Band des Schmerzens wird
Sich lösen – Meine Tränen werden fließen.
O geh, wir könnten längst schon auf dem Weg sein.
Nicht Ruhe find ich, bis ich diesen Mauern
Entrunnen bin – sie stürzen auf mich ein —
Fortstoßend treibt mich eine dunkle Macht
Von dannen – Was ist das für ein Gefühl!
Es füllen sich mir alle Räume dieses Hauses
Mit bleichen, hohlen Geisterbildern an —
Ich habe keinen Platz mehr – Immer neue!
Es drängt mich das entsetzliche Gewimmel
Aus diesen Wänden fort, die Lebende!
Neubrunn
Sie setzen mich in Angst und Schrecken, Fräulein,
Daß ich nun selber nicht zu bleiben wage.
Ich geh und rufe gleich den Rosenberg.
(Geht ab.)
Zwölfter Auftritt
Thekla
Sein Geist ist's, der micht ruft. Es ist die Schar
Der Treuen, die sich rächend ihm geopfert.
Unedler Säumnis klagen sie mich an.
Sie wollten auch im Tod nicht von ihm lassen,
Der ihres Lebens Führer war – Das taten
Die rohen Herzen, und ich sollte leben!
– Nein! Auch für mich ward jener Lorbeerkranz,
Der deine Totenbahre schmückt, gewunden.
Was ist das Leben ohne Liebesglanz?
Ich werf es hin, da sein Gehalt verschwunden.
Ja, da ich dich, den Liebenden gefunden,
Da war das Leben etwas. Glänzend lag
Vor mir der neue goldne Tag!
Mir träumte von zwei himmelschönen Stunden.
Du standest an dem Eingang in der Welt,
Die ich betrat mit klösterlichem Zagen,
Sie war von tausend Sonnen aufgehellt;
Ein guter Engel schienst du hingestellt,
Mich aus der Kindheit fabelhaften Tagen
Schnell auf des Lebens Gipfel hinzutragen.
Mein erst Empfinden war des Himmels Glück,
In dein Herz fiel mein erster Blick!
(Sie sinkt hier in Nachdenken und fährt dann mit Zeichen des Grauens auf.)
– Da kommt das Schicksal – Roh und kalt
Faßt es des Freundes zärtliche Gestalt
Und wirft ihn unter den Hufschlag seiner Pferde —
– Das ist das Los des Schönen auf der Erde!
Dreizehnter Auftritt
Thekla. Fräulein Neubrunn mit dem Stallmeister.
Neubrunn
Hier ist er, Fräulein, und er will es tun.
Thekla
Willst du uns Pferde schaffen, Rosenberg?
Stallmeister
Ich will sie schaffen.
Thekla
Willst du uns begleiten?
Stallmeister
Mein Fräulein, bis ans End' der Welt.
Thekla
Du kannst
Zum Herzog aber nicht zurück mehr kehren.
Stallmeister
Ich bleib bei Ihnen.
Thekla
Ich will dich belohnen
Und einem andern Herrn empfehlen. Kannst du
Uns aus der Festung bringen unentdeckt?
Stallmeister
Ich kann's.
Thekla
Wann kann ich gehn?
Stallmeister
In dieser Stunde.
– Wo geht die Reise hin?
Thekla
Nach – sag's ihm, Neubrunn!
Neubrunn
Nach Neustadt.
Stallmeister
Wohl, ich geh, es zu besorgen.
(Ab.)
Neubrunn
Ach, da kommt Ihre Mutter, Fräulein.
Thekla
Gott!
Vierzehnter Auftritt
Thekla. Neubrunn. Die Herzogin.
Herzogin
Er ist hinweg, ich finde dich gefaßter.
Thekla
Ich bin es, Mutter – Lassen Sie mich jetzt
Bald schlafen gehen und die Neubrunn um mich sein.
Ich brauche Ruh.
Herzogin
Du sollst sie haben, Thekla.
Ich geh getröstet weg, da ich den Vater
Beruhigen kann.
Thekla
Gut Nacht denn, liebe Mutter.
(Sie fällt ihr um den Hals und umarmt sie in großer Bewegung.)
Herzogin
Du bist noch nicht ganz ruhig, meine Tochter.
Du zitterst ja so heftig, und dein Herz
Klopft hörbar an dem meinen.
Thekla
Schlaf wird es besänftigen
– Gut Nacht, geliebte Mutter!
(Indem sie aus den Armen der Mutter sich losmacht, fällt der Vorhang.)