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Kitabı oku: «Im Herzen von Afrika», sayfa 8

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Die Schemel, deren Benutzung ausschließlich den Frauen zusteht, sind von unerschöpflicher Mannigfaltigkeit. Aus einem Block geschnitzt, setzt sich der Schemel zusammen aus einer kreisförmigen Sitzscheibe, die etwas ausgehöhlt ist, einem zierlich geschnitzten Fußstiel und dem kreisrunden oder vieleckigen Fuß. Holzschüsseln gibt es in jeder Größe. Die Bänke der Männer werden aus den Blattschäften der Raphiapalme zusammengesetzt. Sie sind bei eineinhalb Meter Länge und entsprechender Breite sehr leicht, so daß ein Träger ohne Anstrengung sechs auf einmal tragen kann; dabei sind sie außerordentlich fest. Bänke, Hauswände und Dächer werden nicht mit Nägeln und Pflöcken verbunden, sondern zusammengenäht, wobei fein gespaltenes spanisches Rohr als Heftmaterial dient.

Lehnen sind an den Sitzen der Mangbattu nicht angebracht, gesondert aufstellbare Krücken bieten einen Ersatz dafür.

Die Schilde werden mit dem Beil aus den dicksten Stämmen gehauen. Sie bilden ein länglich viereckiges, vollkommen ebenes Brett, das nur wenig über einen Zentimeter in der Dicke mißt und gewöhnlich zwei Drittel der Körperlänge deckt. Geflochtene Schilde sind hier nicht im Gebrauch.

In der Töpferei übertreffen ihre Erzeugnisse alles von mir bisher Gesehene. Eine durch eingeritzte Linien rauh gemachte Oberfläche ersetzt die fehlenden Henkel, gelegentlich sind auch regelmäßig angeordnete Eindrücke vorhanden, die den Fingern zu Griff- und Ruhepunkten dienen sollen. Am meisten Kunst verwenden sie auf die Wasserflaschen. Ihre Formen und Verzierungen verraten eine ungewöhnliche Erfindungsgabe.

Die technische Gewandtheit der Mangbattu bekundet sich vor allem im Häuserbau. Die großen Hallen Munsas haben die Ausmaße kleiner Bahnhöfe und verbinden in vollkommenster Weise leichten, gefälligen Stil mit fester Bauart. Solche Bauwunder entstanden in diesem Land noch vor wenigen Jahren. Professor Schubotz sah 1912 einen Bau dieser Art, der bei hundert Meter Länge fünfzig Meter in der Breite maß und dessen First in der Mitte zwölf Meter Höhe erreichte.

Die Wohnhäuser sind gewöhnlich fünf bis sieben Meter breit und acht bis zehn Meter lang, das Dach springt weit vor. Wasserdicht macht man die Dächer, indem man sie mit Bananenblättern verschalt, auch deckt man sie mit Stroh, Gras oder Rinde. Die Wände sind gewöhnlich zwei Meter hoch, auf allen Seiten geschlossen. Die Bauart der zusammengenähten Dächer und Wände verleiht den Häusern eine außerordentliche Widerstandsfähigkeit gegen die Gewalt der Elemente. Eine bequeme Türöffnung bietet den einzigen Zutritt für Licht und Luft; sie wird durch ein festes, aus einem Stück bestehendes Brett geschlossen. Im Innern befinden sich in der Regel zwei Abteilungen, von denen die hintere als Vorratskammer dient.

17. Die ersten Zwerge

Die ersten Vertreter der Zwergstämme Zentralafrikas habe ich bei meinem Aufenthalt unter den Mangbattu zu Gesicht bekommen. Schon in der Frühzeit der griechischen Literatur tritt die Sage von den Zwergen, den Pygmäen, auf; bereits Homers Ilias kennt die mit den Kranichen kämpfenden »Ellenmännchen«, und Aristoteles berichtet in bestimmtester Form über Völker von unnatürlich kleinem Wuchs in den Quellgegenden des Nil. Auf meiner Reise begleitete mich überall die Sage von den Zwergen; bei der Nilfahrt, in den Seriben des Bongogebiets, unter den Niamniam stieß ich auf die abenteuerlichsten Erzählungen von Männchen, die nur von Metergröße wären und einen weißen Bart hätten, der bis zu den Knien reiche, und dergleichen. Daß es aber in der Tat eine ganze Reihe von Völkerstämmen gibt, deren durchschnittliche Körpergröße weit unter dem Mittelmaß der bekannten Bewohner von Afrika steht, davon sollte ich mich erst bei Munsa durch den Augenschein überzeugen.

Schon hatte ich mehrere Tage in der Residenz des Mangbattukönigs verlebt, und noch immer waren mir nicht die Zwerge zu Gesicht gekommen; meine Leute aber hatten sie gesehen. Da erscholl eines Vormittags lauter Jubel. Mohammed hatte einige Pygmäen beim König überrascht und schleppte nun ein seltsames Männlein trotz seines Sträubens vor mein Zelt. Es hockte auf Mohammeds Hüfte; ängstlich schreiend klammerte es sich an Mohammed fest und warf scheue Blicke nach allen Seiten. Jetzt saß es vor mir auf meinem Ehrenplatz, zu seiner Seite der Dolmetsch des Königs. Den kleinen Mann zeichnen und ausfragen war nicht leicht. Ihn vorläufig zum Sitzen zu bringen, vermochten nur die von mir eilfertig ausgekramten Geschenke. Er wurde gemessen, gezeichnet, gefüttert, beschenkt und bis zur Erschöpfung ausgefragt.

Sein Name war Adimokú; er war das Haupt einer Familie, die nahe bei der Residenz eine kleine Zwergenansiedlung bildete. Aus seinem eigenen Munde erhielt ich die Bestätigung, daß ihr Volksname »Akka« sei. Sie bewohnten zerstreute Gebiete im Süden der Mangbattu, ungefähr zwischen dem 1. und 2. Grad nördlicher Breite. Ein Teil ist dem Mangbattukönig unterworfen, und dieser hatte auch einige Familien in seiner Nähe angesiedelt.

Schließlich war Adimokus Geduld erschöpft. Er sprang auf, eilte zum Zelt hinaus und wollte entfliehen. Auf vieles Zureden ließ er sich aber bewegen, einige Waffentänze zum besten zu geben. Er war nach Art der Mangbattu gekleidet, mit Lanze, Bogen und Pfeilen bewaffnet, alles im kleinen, denn er hatte nur eine Höhe von anderthalb Metern; es war dies jedenfalls das durchschnittliche Körpermaß. Trotz seines Hängebauches, trotz seiner kurzen Säbelbeine leistete Adimoku, der bereits bejahrt zu sein schien, Unglaubliches an Sprungkraft und Gewandtheit. Seine Sprünge und Gebärden waren von einer Lebhaftigkeit des Gesichtsausdrucks unterstützt, daß alle Anwesenden sich vor Lachen den Bauch halten mußten.

Bereits am folgenden Tag erfreute ich mich des Besuchs von zwei jungen Männern, die ich zeichnete. Nachdem ich ihnen alle Furcht benommen hatte, erhielt ich fast täglich Besuch von Akkas. Auch größere Vertreter fanden sich ein, das Ergebnis einer Vermischung mit Mangbattu, in deren Mitte sie lebten.

Unvergeßlich ist mir eine Begegnung, bei der ich mehrere Hunderte von Akkakriegern zu sehen bekam. Mummeri, der Bruder Munsas, dem die Akka zinsbar sind, war von einem siegreichen Feldzug gegen die schwarzen Momfu an das Hoflager gekommen. Ich hatte an jenem Tag einen weiten Ausflug gemacht, auf dem mich meine Niamniam begleiteten. Der Rückweg führte mich durch das Residenzdorf. Ich wußte nichts von Mummeris Ankunft. Da sah ich mich auf dem weiten Freiplatz vor den königlichen Hallen plötzlich von einem Haufen übermütiger Knaben umringt, die zu meinem Empfang ein Scheingefecht auszuführen sich anschickten. »Das sind ja Tikitiki,« riefen meine Niamniam aus, »du glaubst wohl, es seien Kinder; das sind Männer, die zu fechten wissen!«

Munsa hatte mir einen Akka von 15 Jahren geschenkt. Nsewue, so hieß mein kleiner Schützling, war von da ab der tägliche Genosse meiner Mahlzeiten. Ich ließ mir die zahlreichen Unarten und kleinen Teufeleien, die seiner Rasse eigen waren, ohne Murren gefallen. In Chartum kleidete ich ihn aufs sorgfältigste, und er erschien da, mit dem roten Fes auf dem Kopf, wie ein kleiner Pascha.

Die Akka bilden ein Glied in der langen Kette von Zwergvölkern, die, mit allen Zeichen einer Urrasse ausgestattet, sich quer durch Afrika längs des Äquators hin zu erstrecken scheinen.

Der einzige Reisende, der vor mir mit einem Teil dieser Pygmäenrassen in Berührung gekommen war, war der Amerikaner Du Chaillu. Er fand südlich vom Ogowe im westlichen Afrika ein wanderndes Jägervolk, die Obongo, von denen er eine Anzahl gemessen hat. Seine Beschreibung stimmt vortrefflich zu den Eigentümlichkeiten der Akkarasse. Die kleinsten der erwachsenen Akka, die ich gezeichnet und gemessen habe, waren zwischen 1,24 und 1,34 Meter hoch. Größere als anderthalb Meter hohe glaube ich nicht gesehen zu haben, abgesehen von den Mischlingen.

Die Haut hat die Farbe von schwach gebranntem, gemahlenem Kaffee; es ist die Farbe der südafrikanischen Buschmänner. Haupt- und Barthaar sind schwächlich entwickelt. Die Farbe des Haars entspricht der Körperfarbe; ich vergleiche sie am besten mit Werg. Ein längerer Bartwuchs wurde nicht wahrgenommen, wie ein solcher ja auch den Buschmännern gänzlich zu fehlen scheint.

Was mir an den Akka am meisten in die Augen fiel, waren folgende Merkmale. Ein verhältnismäßig großer runder Kopf saß auf einem vorherrschend schwächlichen und dünnen Hals. In der Schultergegend zeigten sich auffällige Abweichungen von der gewöhnlichen, andern Negervölkern eigenen Gestaltung. Besonders in die Augen fiel das Überwiegen der Länge des Oberkörpers in Verbindung mit langen, dürren Armen. Ein nach oben zu plötzlich und flach verengter Brustkorb, dessen untere Öffnung sich übermäßig erweitert, dient einem wohlgerundeten Hängebauch als Halt, der selbst bejahrten Individuen das Aussehen arabischer und ägyptischer Kinder verleiht. Dem letztern Merkmal entsprechend war auch eine außerordentlich starke Ausbildung des hintern Körperumrisses zu beobachten.

An den Gliedmaßen fallen die eckig vorragenden Gelenke, die plumpen, großscheibigen Knie und die einwärts gerichteten Füße auf. Der Gang hat etwas zappelig Watschelndes, jeder Schritt ist von einem Wackeln begleitet. Mein Nsewue war nicht imstande, eine gefüllte Schüssel zu tragen, ohne den Inhalt zu verschütten. Das schönste waren die Hände, die bewundernswerte Zierlichkeit und elegantes Ebenmaß erkennen ließen. Alle Rasseeigentümlichkeiten gipfeln im Bau des Schädels. Als Hauptmerkmale stellen sich folgende heraus: ein hoher Grad von Schiefzahnigkeit, schnauzenartiges Vorspringen der Kiefer, eine breite, der Kugelgestalt sich nähernde Schädelwölbung mit abgerundeten Stirnhöckern.

Alle Nachrichten, die über die Buschmänner vorliegen, stimmen darin überein, daß ihre Augen, die beständig dem Sonnenlicht ausgesetzt sind, sich durch stark zusammengezogene schmale Lidspalten auszeichnen. Dagegen haben die im Waldesschatten aufgewachsenen Akka große breitgespaltene und offene Augen, die ihnen fast ein Vogelaussehen geben. Gegenüber der ganzen Reihe übereinstimmender Merkmale ist dies der einzige sehr auffallende Unterschied zwischen Akka und Buschmännern, der lediglich auf den Einfluß der Lebensweise und auf klimatische Ursachen zurückzuführen ist.

Die welke Beschaffenheit der Haut, wodurch die Buschmänner ausgezeichnet sind, war bei den Akka nirgends zu schauen. Überhaupt erschienen sie nicht in so hohem Grad dürr und mumienhaft, wie es bei den Buschmännern stets hervorgehoben wird. Die Akka waren knochig und eckig an den Gelenken, aber die Haut, die diese umspannte, war nicht runzliger als bei den andern Rassen.

Die Akka sind durch eine auffallend große Ohrmuschel gekennzeichnet. Die zierliche, regelmäßige Form dieses Körperteils bei der Mehrzahl der Bewohner des tropischen Afrika bildet einen ästhetischen Vorzug der vielgeschmähten Negerrasse vor der unsrigen. Akka und Buschmänner haben an diesem Vorzug keinen Anteil.

Dem hohen Grad von Schiefzahnigkeit entsprechend ragen die Lippen weit vor, lang und gleichsam schnabelartig geschweift, ohne daß ihre Ränder indes breit umgeschlagen oder wulstig erscheinen, wie dies bei der Negerrasse üblich ist. Eigentümlich ist ihnen die scharfkantige Begrenzung der äußern Lippenränder, die an die spaltförmige Mundbildung der Affen erinnert.

Der wechselvolle Ausdruck des Mienenspiels der Buschmänner macht sich auch bei den Akka in hohem Grad geltend. Dasselbe Hin- und Herziehen der Augenbrauen beim Sprechen, hier noch gehoben durch die außerordentliche Lebhaftigkeit ihrer großen Augen; lebhafte Bewegungen von Hand und Fuß begleiten gleichsam zur Unterstützung ihre unentwickelte Sprache; ununterbrochen wackelt der Kopf.

Nichts weiß ich leider von der Sprache der Akka zu berichten; die wenigen Aufzeichnungen, die ich besaß, habe ich bei dem unheilvollen Brand eingebüßt. Erinnerlich ist mir nur noch das Unartikulierte ihrer Aussprache; die Laute waren mit unsern Schriftzeichen nicht wiederzugeben. Mein Liebling war nicht imstande, im Laufe der anderthalb Jahre, die er bei mir verlebte, soviel Arabisch zu lernen, um sich auch nur notdürftig darin verständlich zu machen, während andere eingeborene Begleiter in wenigen Monaten sich einen bewunderungswürdigen Wortschatz zu eigen machten. Nsewue hat es nie weiter gebracht, als einige Bongophrasen zu lallen, die nur mir und meiner täglichen Umgebung verständlich waren. Ganz ähnlich lauten die Berichte über die Buschmänner.

An Sinnenschärfe, an schlauer, wohlberechneter Gewandtheit sind die Akka den Mangbattu weit überlegen, denn sie sind ein richtiges Jägervolk. Ihre Schlauheit ist meist nur der Ausdruck eines in ihrem innersten Wesen wurzelnden Naturtriebes, der seine Freude an Bosheiten hat. Nsewue machte sich ein besonderes Vergnügen daraus, nächtlicherweile Pfeilschüsse auf Hunde abzugeben; auch quälte er gern Tiere. Als wir uns im Kriege befanden, schien ihm nichts mehr Spaß zu machen als die abgeschnittenen Köpfe der A-Bangba. Ein Jägervolk kann naturgemäß sich auszeichnen in teuflischer Erfindungsgabe, um Fallen zu stellen und dem Wilde Schlingen zu legen.

Das einzige Haustier der Akka ist das Huhn. Ein Mosaikbild aus Pompeji stellt die Pygmäen dar, umgeben von ihren Häuschen und Hüttchen, alles voll Hühner. Woher mochte solche Zusammenstellung der Alten stammen? Die Annahme scheint zulässig, daß Berichte über die Lebensweise der Zwergvölker an den Nilquellenseen schon zu den Griechen und Römern gelangt waren.

Die Akka stehen an Bosheit den Buschmännern nicht im geringsten nach, und von diesen wissen wir, daß alle Südafrikaner ihnen als Wald- und Affenmenschen der gefährlichsten Art Tod und Verderben geschworen haben. Dagegen erfreuen sich die Akka unter der Herrschaft der Mangbattu eines gewissen Schutzes. Sie erscheinen ihren Nachbarn offenbar nicht als gemeinschädliche Unholde, vielmehr spielen sie die Rolle wohlmeinender Heinzelmännchen und verhelfen den Mangbattu zu reicherer Jagdausbeute. Freilich, wenn die Mangbattu wie die Kaffern Vieh besäßen, würden die Akka dieses gewiß ebenso als Jagdbeute betrachten wie die Buschmänner und eine große Freude daran haben, ihre spitzen Pfeile und Lanzen in die breiten Leiber der Kühe zu jagen.

Munsa versieht seine Akka reichlich mit Speisen und Getränken, und Nsewue wußte nicht genug zu rühmen von den stets gefüllten Bierkrügen, dem Bananenwein und den Maiskolben, die seinen Stammesgenossen zugetragen wurden. Jedenfalls ist die Wissenschaft dem Mangbattukönig Dank schuldig dafür, daß er sich dieses kostbaren Restes einer dem Untergang entgegengehenden Urbevölkerung liebreich angenommen und sein Bestehen bis zu der Zeit gesichert hat, in der Innerafrika offen vor unsern Augen liegt.

18. Der Überfall

Am 12. April 1870 trat ich nach einem Aufenthalt von drei Wochen in Munsas Wohnsitz mit Mohammeds Karawane die Rückreise nach Norden an. Sie verlief zunächst etwas weiter östlich als die Hinreise. Damals hatte ich den Uelle gerade an dem Punkt überschritten, wo er sich aus dem Zusammenfluß des Gadda mit dem Hauptquellfluß, dem Kibali, bildet. Diesmal wurde der Gadda durchfurtet und alsdann der nahe Kibali, der hier nur 102 Meter Breite hat, mit der ganzen Karawane auf Booten überschritten, die auf Munsas Befehl bereitlagen. In drei Stunden war der Übergang glatt erledigt, und der Marsch wurde nordwärts auf dem frühern Wege fortgesetzt. Eingetroffene Meldungen veranlaßten aber Mohammed, das Gebiet des in seiner Freundschaft unsicheren Uando ostwärts zu umgehen und zu diesem Zweck auf das linke Ufer des Kibali weiter oberhalb zurückzugehen und Degberras Gebiet zu durchziehen. Am 18. April wurde der hier 400 Meter breite Kibali, der an dieser Stelle von Nilpferden wimmelte, wieder erreicht.

In der Richtung stromaufwärts waren viele mit Gebüsch bedeckte Inseln sichtbar. Der Strom zergliederte sich in zahlreiche Kanäle, die von einer Menge von Riffen und Klippen durchsetzt waren. Das Rauschen des Stroms war weithin zu vernehmen, aber einige der Kanäle schienen doch für die Boote der Eingeborenen befahrbar zu sein. Eilfertig sah man die ungastlichen Bewohner der Inseln hin- und herrudern, und aus dem Dickicht guckten da und dort die spitzen Kegeldächer der Fischerhütten. Die Mangbattu nennen diesen Punkt des Kibali Kissingah, »die Inseln«.

Doch die erwarteten Kähne trafen nicht ein, und in der menschenleeren Gegend waren Lebensmittel nicht zu beschaffen. So wurde beschlossen, zu der alten Reiselinie zurückzukehren. Das breite Wiesenwasser, an dem die Karawane auf der Hinreise eine so unerquickliche Nacht verbracht hatte, bereitete jetzt noch größere Schwierigkeiten. Bäume mußten gefällt werden, um Stege herzustellen, und trotzdem watete man immer noch bis an die Hüften im Schlamm. Es wunderte mich, daß die feindlichen Eingeborenen diesen gefährlichen Punkt nicht zu einem Angriff zu benutzen verstanden.

Kurz vor dem Grenzbach stießen wir auf die schon erwähnte, an einem Baumast angebrachte symbolische Kriegserklärung, bestehend in einem Maiskolben, einer Hühnerfeder und einem Pfeil. Der Bach wurde unter allen Vorsichtsmaßregeln noch ohne Störung überschritten, aber in der nächsten Grassteppe wurden wir der ersten feindlichen Vorposten ansichtig und machten halt. Hin und wieder ein aus dem hohen Grase hervorglänzender Speer, ein schwarzer Wollkopf oder der buschige Federhut eines Niamniam verrieten die Aufstellung der Feinde, die einen weiten Bogen um den Standplatz der Karawane bildeten und in gedeckter, meist völlig versteckter Lage auf dem Boden kauerten. Es kam zu Verhandlungen, die einen günstigen Verlauf zu nehmen schienen. Von gegnerischer Seite wurde friedlicher Durchzug und Stellung von Führern angeboten, ferner die Überlassung des Elfenbeins, das bei unserm Vormarsch, nach Süden zurückgeblieben war. Ich traute der Sache nicht und riet zur Festnahme von Geiseln, Mohammed aber war anderer Meinung und setzte den Marsch fort. Zunächst schien er recht zu behalten. Am Abend wurde die Karawane reichlich mit Lebensmitteln versorgt, und als sie am folgenden Tag weiterzog, standen die Eingeborenen, Männer, Weiber und Kinder durcheinander, in hellen Haufen am Weg, als sei alles im tiefsten Frieden. Und dann kam die Katastrophe!

Ich befand mich wenige hundert Schritt hinter Mohammed, unmittelbar an der Spitze der Trägerkolonne, als mehrere Schüsse anzeigten, daß vorn etwas Ungewöhnliches vorgefallen sein müsse. In demselben Augenblick sah ich zu meiner Rechten Eingeborene mit Windeseile durch die Steppe fortstürzen. Sofort wurde auf die Fliehenden das Feuer eröffnet. Gleich darauf sah ich, wie Mohammed, von seinen Leuten getragen, mir entgegenkam; ein breiter Blutstreifen zog sich über seine weiße Schärpe, am Weg lagen die zwei kleinen Gewehrträger, die um ihn waren, von Lanzen durchbohrt. Wimmernd wälzten sie sich auf der Erde. Ich schnitt Mohammed mit meinem Messer die Kleider durch und konnte fast augenblicklich die große Wunde zusammenheften, die ihm ein Lanzenwurf in die Lenden gerissen hatte. Auch frisches Trinkwasser war zur Hand, und der feine Musselin des Turbans Mohammeds lieferte das Material zum Waschen und Verbinden. Sechs der stärksten Insektennadeln durch die frischen Wundränder gebohrt und mit Garn umwickelt nähten diese so vollständig aneinander, daß sie rasch zusammenheilten.

Wie war es dazu gekommen? Einer der Niamniamführer hatte, als er sich gerade zwischen Mohammed und seinen Gewehrträgern befand, urplötzlich die Lanze erhoben und sie auf Mohammed geschleudert. Im gleichen Augenblick waren seine Hintermänner über die beiden Gewehrträger hergefallen. Mohammed hatte eine Wendung nach der Seite gemacht, die ihm das Leben rettete. Die gewaltige Lanze, deren Spitze fast einen halben Meter maß, saß tief in seinem Fleisch, aber er hatte sie beherzt sofort aus der Seite gerissen, dann erst war er bewußtlos zu Boden gesunken. Das Herausreißen der mit zollangen Widerhaken versehenen Lanze hatte die Verletzung auf das Doppelte vergrößert. Die Wunde war so breit und tief, daß man die ganze Hand hineinlegen konnte.

Die nächsten aus dem bewaffneten Gefolge Mohammeds hatten sofort das Feuer auf die nach allen Seiten auseinanderstiebenden Eingeborenen eröffnet. Nun ging die Hetzjagd nach allen Richtungen vor sich, und auf der ganzen Linie unseren Zuges knatterten die Gewehre, während ich mit dem Verbinden der Wunde beschäftigt war.

Die Kolonnen sammelten sich auf dem Platz, wo wir uns gerade befanden. Nun war von selbst das Signal zum Plündern gegeben. Sofort waren alle Gaffer vom Weg verschwunden; hier und da verfolgten die Nubier Weiber und Kinder, um sich Beute an Sklaven zu verschaffen. Ich bemerkte aber nur geringen Erfolg. Manch schuldloses Opfer deckte das Hochgras und entzog mir den scheußlichen Anblick der Sterbenden.

Es währte keine halbe Stunde, da brannten alle Dörfer und Gehöfte im weiten Umkreis. Eilig wurden die reichen Vorräte der Kornkammern zusammengerafft und an unserm Sammelplatz zu hohen Haufen aufgetürmt. Das flüchtig angelegte Lager wurde mit einem wehrhaften Verhau umgeben; das Holz dazu lieferten die zahlreichen Wohnhütten der Nachbarschaft. Dem verwundeten Anführer wurden als Siegeszeichen abgeschnittene A-Bangbaköpfe zu Füßen gelegt.

Der Platz, an dem sich diese Vorgänge ereignet hatten, lag auf Büchsenschußweite vom Rand der Uferdickichte entfernt. Tief eingesenkt floß dahinter ein wasserreicher Bach. Auf dem jenseitigen Gesenke lagen eine Menge kleiner Weiler zerstreut, dazwischen bewegten sich große Haufen Bewaffneter. Ein Teil der Nubier hatte sich zusammengetan, um den Übergang über den Bach zu erzwingen, dessen Dschungeln voll Eingeborener staken.

Ich begleitete die Angreifenden eine Strecke weit. Die A-Bangba, deren Tracht und Kriegsrüstung ganz der der Mangbattu glich, verrieten sich von weitem leicht durch die großen viereckigen Holzschilde. Sie hüpften hinter den Büschen umher, beständig in gebückter, schleichender Haltung, und schossen gelegentlich ihre Pfeile ab.

Am Waldesrand, wo sich der Eingang zum Pfad öffnete, hielten einige der Beherztesten festen Stand, sie schwangen die Lanzen und schüttelten trotzig den Federbusch. Dazu erscholl aus der Tiefe des Dickichts heiserer Schlachtruf. Von der andern Seite des Tals dröhnte der Klang der Kriegspauken herüber. Einer der A-Bangba sprang den Nubiern entgegen und hielt auf kurze Entfernung eine Anrede, die sich aus den Schimpfworten seiner Sprache zusammensetzte. Schild und Brust wurden von einer Kugel durchbohrt, und lautlos stürzte der Mann zu Boden. Als die Leute auch den zweiten aus ihrer Mitte fallen sahen, machten sie kehrt und verschwanden im Waldesdunkel. Diesen Augenblick benutzten die Nubier, um in schnellem Lauf das andere Ufer zu gewinnen, wo sie widerstandslos in die Gehöfte eindringen konnten. Dabei feuerten sie beständig in die Luft. Ich selbst nahm an diesem Scharmützel nicht den geringsten Anteil.

Gegen Sonnenuntergang war weit und breit die Gegend von Feinden gesäubert, und von allen Seiten her kehrten die Träger zurück, reich beladen mit Beute an allem möglichen Eßbaren, das die Dörfer dargeboten hatten. Zahlreiche Wachen und lodernde Feuer sorgten für die nächtliche Sicherheit und Ruhe, die nur durch vereinzelte Schüsse unterbrochen wurde. Auf unserer Seite war kein Verlust an Toten zu beklagen außer den beiden Gewehrträgern Mohammeds und einigen Trägern der Bongo, die als berufsmäßige Plünderer die verlassenen Weiler durchstöbert und sich zu weit vorgewagt hatten. Zwei Nubier hatten schwere Lanzenwürfe erhalten und mußten ins Lager zurückgetragen werden.

Unter den Eingeborenen war die Ansicht verbreitet, Mohammed sei einer tödlichen Verwundung erlegen. Um ihrem Übermut einen Dämpfer aufzusetzen, ließ sich Mohammed einen festen Verband anlegen und bestieg den nächsten Termitenhügel, von dessen Spitze seine Gestalt weithin sichtbar wurde. Wohl eine Viertelstunde lang rief er, den Säbel schwingend: »Seht, da bin ich, es fällt mir nicht ein zu sterben, kommt nur heran!« Dann stimmte er ihren kannibalischen Schlachtruf an: »Puschio, puschio« (Fleisch, Fleisch), alles in der Sprache der Niamniam, die ihm ziemlich geläufig war. Um die Feinde noch mehr von dem Wohlbefinden des Anführers zu überzeugen, wurde ein Ausfall unternommen, an dessen Spitze Mohammeds Neffe in des Onkels vollem Staat weit nach Norden drang, ohne irgendwo handgemein werden zu können.

Den folgenden Tag verbrachte ich in meinem Zelt mit den Vorbereitungen, die der Krieg erheischte.

Als es zu dunkeln begann, wurden wir durch das Erscheinen großer Haufen von Eingeborenen alarmiert. Sie brachen nicht aus dem Waldesdunkel zu unsern Füßen hervor, sondern kamen von Süden. Die Hälfte unserer mit Feuerwaffen versehenen Mannschaft rückte in geschlossener Linie ins Freie und eröffnete mit vollen Salven den Kampf aus nächster Entfernung. Sofort lagen fünf Tote am Boden. Wiederum verringerten zwei schwere Verwundungen durch Lanzen die Zahl unserer Kämpfer. Unsere Träger waren vor dem Aufbruch von Munsas Residenz sämtlich mit neuen Waffen ausgerüstet worden. Hierdurch allein konnte unser kleines Korps standhalten gegen die große Übermacht, die ich auf mindestens 10000 Krieger schätzte. Das Kampffeld war mit weggeworfenen Schilden, Lanzen und Rindenzeugen bedeckt. Es ist sogar vorgekommen, daß Fliehende ihren Haarwulst als hinderlich von sich warfen. Dergleichen Beute wurde von unsern Negern im Triumph zurückgebracht, die Haarwülste hoch auf der Spitze einer Lanze schwingend, was allgemeine Heiterkeit erregte. An dem Angriff dieses Tages waren nur A-Bangba beteiligt, eigentliche Niamniam waren noch nicht erschienen. Wir erwarteten aber für den dritten Tag die Ankunft des Uando mit allen seinen Kriegern. Die Verfolger kehrten erst um Mitternacht zurück; sie hatten alle Dörfer verlassen gefunden. Die dort aufgehäuften Vorräte konnten uns einen vollen Monat hindurch Unterhalt gewähren.

In der Frühe wurde die Hälfte unserer Bewaffneten nordwärts entsandt, um den Bewegungen Uandos zuvorzukommen. Zwei Stunden nach ihrem Aufbruch sah man auf der Höhe des jenseitigen Talhanges bewaffnete Eingeborene in endlosen Reihen auf den Steppenpfaden entlangziehen, die nur im Gänsemarsch begangen werden können. An den großen viereckigen Schilden konnte man die A-Bangba erkennen. Niedrig geschätzt mußten es an 12 000 Mann sein. Alles wurde klar, als die Soldaten von ihrem Plünderzug zurückkehrten. Sie brachten die Nachricht, die versammelte Streitmacht der A-Bangba habe ihre Stellung beim Heranrücken der Unsrigen geräumt. Aus Zwiegesprächen zwischen den beiderseitigen Vorposten erfuhren wir, daß die A-Bangba bitter über Uando klagten, der sie im Stich gelassen habe, nachdem er sie selbst zum Überfall angereizt hätte. Der ungünstige Ausfall des bei Kampfbeginn befragten Hühnerorakels habe Uando veranlaßt, sich in die unzugänglichsten Wälder seines Gebiets zu flüchten.

Als der Morgen des vierten Tags anbrach, waren nirgends mehr Feinde zu erblicken. Die nubischen Söldner hatten sich durchaus nicht bewährt, weder durch Mut, noch was Ausdauer und Selbstverleugnung betraf. Die Hauptaufgabe war immer den Faruch, den schwarzen Soldaten, zugefallen; sie waren auch die bessern Schützen.

Obgleich ich Mohammed vor der Gefahr des Aufbrechens der ohne jede Eiterung geschlossenen Wundränder warnte, bestand er auf dem Entschluß, in einer Tragbahre die Wanderung durch das feindselige Land fortzusetzen. Die Heilung verzögerte sich infolgedessen um vierzehn Tage.

Mit Sonnenaufgang des fünften Tages unseres Verweilens an diesem ungastlichen Platz befand sich die ganze Karawane in vollem Aufbruch. Das Lager wurde verbrannt, und große Haufen von Korn, Sesam und Erdnüssen mußten im Stich gelassen werden. Schweren Herzens trennten sich unsere Träger von den Schätzen, da wir nun in ungebahnten Wildnissen neuen Entbehrungen entgegengingen.

Die Bäche wurden nun immer mit großer Vorsicht überschritten. Unsere Kolonnen mußten nur einmal einen Pfeilhagel über sich ergehen lassen, als der Weg am Rand eines Galeriewaldes entlangführte. Der unsichtbare Feind sah indes von jedem weitern Angriff ab, als volle Salven in die Büsche hineinkrachten. Hinter dem dritten Bach stießen wir auf Weiler. Die Bongosoldaten ließen hier ihrer Zerstörungslust freien Spielraum, indem sie alle Maisstauden umhieben. Hierzuland wird eben nicht nur geraubt und geplündert, sondern auch zerstört und verwüstet, gerade wie bei uns in Europa — Krieg bleibt Krieg.

Als man die verlassenen Hütten zu duchstöbern begann, fand sich eine Anzahl wertvoller Elefantenzähne, an denen die eingeschnittenen Eigentumsmarken verrieten, daß sie von Mohammed bereits bei Uando eingekauft, aber nachträglich vom Häuptling verschenkt worden waren. Zwei Niamniamfrauen fielen in die Hände des Vortrabs. Sie verhielten sich sehr ruhig und gleichgültig. In der Nacht aber erschollen im Walde verzweifelte Stimmen der Niamniam, die nach ihren verlorengegangenen Weibern riefen.

Unsere eigenen Niamniam, denen die Gegend nur wenig bekannt war — eigentliche Führer standen uns nicht mehr zu Gebote —, hatten uns törichterweise veranlaßt, die zuerst eingeschlagene Richtung wieder aufzugeben. Schließlich stellte sich heraus, daß wir gerade zu dem Platz gelangen mußten, wo wir zuletzt Uando angetroffen. Wir hatten uns bereits bis auf sechs Kilometer dem Wohnsitz des Häuptlings genähert. Dieser hatte zwar seine »Mbanga« verlassen, es handelte sich aber für uns hauptsächlich darum, daß Uandos Gebiet möglichst weit umgangen werde. Eine geraume Strecke wurde daher der Pfad wieder zurückverfolgt.

In einer mit Feldern und vielen Wohnstätten bedeckten Gegend gelangten wir an die Ufer des Mbruole.

Die stundenweit als Vortrab umherschwärmenden Faruch hatten bereits den halben Bezirk abgesucht und neue Beute gewonnen. Eine junge Frau war in ihre Hände gefallen, die uns Führerdienste leistete und ruhig und gelassen jede Auskunft gab.

Yaş sınırı:
12+
Litres'teki yayın tarihi:
30 ağustos 2016
Hacim:
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