Kitabı oku: «Roomie - Zimmergenosse», sayfa 3
Ich nahm ihn bei der Hand und zog ihn mit mir. Er folgte mir willig.
„Übrigens, wie ist sein Name?“, erkundigte ich mich lächelnd.
„Captain Apricot.”
*
Garry war bestens ausgestattet. Meine Güte, nicht was Ihr denkt! Das ist bereits in günstiger Weise erzählt worden. Ich spreche von seiner technischen Ausrüstung … Jetzt hört auf damit, jeder von Euch! Da gibt es nichts zu kichern! Okay, seine Schoßausstattung ist auch irgendwie technisch, wenn man sie als Zündungsanlage dafür ansieht, seine oder meine Rakete hochgehen zu lassen, aber das ist nicht, was ich meine.
Er hatte angenehmerweise sein eigenes Fernsehgerät und einen DVD-Abspieler mitgebracht! Und er war ein HBO-Kunde.
Während ich uns ein paar leckere Sandwiches machte und eine Kanne Grünen Tees aufbrühte, sah er das Fernsehprogramm durch und machte seine Vorschläge, welchen Spielfilm zuerst anzuschauen.
Wir einigten uns auf “McLintock!” und lachten uns schlapp, als der Duke am Ende Miss O’Hara mit einer guten amerikanischen Kohlenschaufel den Hintern versohlte − wissend, daß er nicht nur so tat, sondern sie wirklich verklopft hatte, wie diese große Schauspielern später einmal erzählte. Ihr Hinterteil sei damals danach wirklich grün und blau gewesen!
Danach sahen wir die DVD mit “An Affair To Remember” − eine romantische Schose, die wir beide goutierten. Uns tat Gary Grant alias Nickie Ferrante so leid, als er bei einem Unwetter auf dem Empire State Building auf seine bezaubernde Terry McKay wartete, dargestellt von der wunderschönen Deborah Kerr. Und wir konnten uns nicht helfen, bei ihrer dramatischen Wiedervereinigung zu weinen. Danach machten wir uns lustig über unser “Buh-huh-huh”, aber wir brauchten jeder auch nur ein Papiertaschentuch, während Mädchen derer mindestens drei benötigen, wenn nicht gar eine ganze Kiste davon − ehrlich!
Nach einem letzten schnell getrunkenen Glas Milch, entschieden wir uns, in die Falle zu gehen. Nach dem letzten Pinkeln und dem gründlichen Putzen unserer Zähne, küßten wir uns “Gute Nacht” − französisch natürlich. Wir blieben getrennt in unseren Betten, denn ein Zusammenkuscheln hätte das Spazierengehen auf der Sexallee die gesamte Nacht über bedeutet. Schläfrig in unseren Kursen zu erscheinen, war nicht wirklich das, was wir unseren Professoren als Anblick bieten wollten.
*
Der nächste Tag.
Da wir die Rolläden in der Nacht zuvor nicht komplett heruntergelassen hatten, erfüllte goldenes Morgensonnenlicht unser kleines Studentenwohnheimparadies, und wir wachten allmählich auf.
Nach einem wohligen Strecken und einigem Gähnen, daß mich beinahe dazu gebracht hätte, im Bett zu bleiben, warf ich mein dünnes Zudeck zur Seite − und Mister Clingy wünschte mir “Guten Morgen” auf seine Weise. Mein lieber treuer Freund hatte mich mit seiner Geysir-Vorstellung in einer Weise überrascht, die ich immer noch mit Unglaube ansah.
Ich hatte nie Probleme mit vorzeitigem Ejakulat, wirklich nicht − na ja, um ehrlich zu sein, einmal ist es mir passiert, aber nur einmal. An jenem glorreichen Tag habe ich ein für allemal meine Jungfernschaft verloren. Das überflüssigste Ding im Leben − Jungfernschaft!
Meine Güte, was hatte ich nicht alles unternommen, um diese unsichtbare Last eines männlichen Teenagerlebens loszuwerden. Unsichtbar, natürlich, aber trotzdem benimmt sie sich, als wäre dieses Schreckenswort Jungfernschaft mit Leuchtbuchstaben in jemandes Gesicht geschrieben.
Wenn man Glück hat, denken die Mädchen, du seiest süß, andere sehen dich an wie eine Gottesanbeterin “mich zu stoßen wird dich deinen Kopf kosten”. Wirklich nette Aussichten! Und dann siehst du dich der Art Mädchen gegenüber, die absolut riechen können, daß du unerfahren bist, als würden jungfräuliche Jungs irgendeinen verräterischen Duft verströmen. Sie werfen dir Blicke voller Mitleid und Zurückweisung zu “arme nutzlose Drohne − sieh mich nie wieder an bis der Flurfunk mitgeteilt hat, daß du in der Lage bist, auf der Kätzchengasse spazierenzugehen!“.
Das ist ebenso komisch, als bewerbe man sich um einen Job, und du wirst gefragt, ob du eine Wohnung als feste Adresse gemietet hättest, oder du bewirbst dich um eine Wohnung, die du nicht bekommst, bis du einen Arbeitsvertrag unterschrieben hast!
Du siehst entweder umwerfend aus oder du hast Glück und begegnest einer armen Seele ebenso unerfahren wie du selbst und spielst Minus plus Minus gibt Plus.
Jungs, die auf Jungs stehen, sind definitiv in sozialer Hinsicht orientiert. Da trifft das Wissen aufeinander, welch verdammt miserable Situation es ist, eine unerfahrene Jungfrau zu sein − da kommt männliche Solidarität ins Spiel. Zeigt mir, daß ich mich irre!
Ich hatte das Glück, Adella zu treffen. Sie war ein umwerfendes kleines Ding, eine süße Person, braunhaarig, freundliche braunen Augen, 1,64 m groß, eine schlanke Bikinifigur, die alle Sinne weckte, absolut gescheit und von wirklich nettem Charakter. Der einzige Grund, warum sie nicht fest ging, war ein Satz Zahnspangen, die ihr unverdientermaßen einigen Spott eintrugen.
Sie lebte in meiner Nachbarschaft, so konnten wir uns treffen, ohne überwacht zu werden, sprachen ab, unsere Hausaufgaben gemeinsam zu machen − vorgebend, wir seien nur sozial entfernte Schulkameraden.
Unser Privatleben war ein wenig anders, und ich muß zugeben, daß tatsächlich Adella die Initiative ergriff. Sie war der wissenschaftliche Typ. Biologie war ihr besonderes Interessengebiet. Und sie suchte die Kenntnis meiner persönlichen Biologie, sozusagen.
An einem extrem warmen Tag saßen wir in meinem Zimmer und brüteten über einen Aufsatz über die Schlacht von Queenston Heights am 13. Oktober 1812. Wir ließen einfach die Würfel entscheiden, wer sich mit Generalmajor Stephen Van Rensselaer III beschäftigen und wer mit Generalmajor Sir Isaac Brock KB − ich gewann den unglücklichen Sieger. Großartig!
Ganz plötzlich − ich wechselte gerade mein durchgeschwitztes T-Shirt − fragte Adella in die Stille meines Zimmers, ob ich jemals den Kampf mit einem Mädchen gewonnen hätte!
Vor meinem Kleiderschrank stehend, drehte ich mich langsam herum und starrte sie an.
„Wie meinen?”
Ich schaffte es kaum zurück zu meinem Stuhl und vergaß, mein frisches T-Shirt überzustreifen, so baff war ich.
„Warum guckst Du so dumm aus der Wäsche, Al? Hast Du noch kein Kätzchen geküßt?” Sie legte leicht ihren Kopf schräg und sah mich mit einem Lächeln an, das ich mein Lebtag nicht vergessen werde. Ich hätte einige Mädchen benennen können, die ich damals für fähig und wagemutig genug gehalten hätte, so zu reden, aber Adellas Name hätte ganz sicher nicht auf dieser Liste gestanden!
Mir blieb die Luft weg und ich mußte mich erst einmal deutlich räuspern. Würde Erröten einen Raum erleuchten, wir hätten die Rolläden herablassen können − es wäre immer noch taghell gewesen! Ich rede von meinem Erröten! Adella errötete zwar auch ein wenig, aber im übrigen erschien sie gefaßt wie ein General, der sich auf eine Schlacht vorbereitet. Sie war nicht nur auf der Jagd, sie war auf ein sexuelles Abenteuer aus! Ich machte meine Hausgaben neben einem schlafenden Vulkan, bereit zum Ausbruch!
Plötzlich stand sie auf. Sie kam näher, strich mit ihrem rechten Zeigefinger über meinen Nasenrücken, drückte einen Kuß auf meine Lippen − noch nicht französisch −, kraulte meinen Nacken und küßte meinen Haaransatz. Mister Clingy war bereits lebendig geworden, und als Adella mit ihrer Zungenspitze über meinen Rücken wanderte, wobei sie hörbar meinen Körpergeruch erschnüffelte, verlor ich meine Ladung in meine Jeans. Adella bemerkte mein Zittern vor Erregung und tröstete mich.
„Mach‘ Dir keine Gedanken! Das ist meinem älteren Bruder mindestens zwei Mal passiert. Er hat ein wenig geflucht, aber eine halbe Stunde später war seine Nachladung fertig, und Du hättest seine Sahnefontäne nach seinem Kommen beim Wichsen sehen sollen! Meine Güte, was für ein Anblick!“
„Du hast ihm heimlich zugesehen?”, wunderte ich mich.
„Ja klar! Wie hätte ich sonst wissen können, wie Jungssexualität aussieht? Dümmliche Filme im Netz? Nee!“
Sie zuckte “unschuldig” mit den Achseln.
Ich war sprachlos. Adella war eine getarnte Sexgöttin! Und sie fuhr fort, mich in Erstaunen zu setzen.
„Jetzt ziehst Du Deine versahnte Jeans aus, wäschst Dich, wirst mein Kätzchen züngeln und mein Knöpfchen verwöhnen. Und falls Du mich erfolgreich erfreut hast, darfst Du meine Jungfernschaft erobern.“ Da ich zögerte … „Jetzt mach‘ schon!“
Zwei gute Stunden später gehörte die Jungfernschaft zweier Jungfrauen der Geschichte an.
Glücklicherweise waren wir an jenem magischen Nachmittag allein in meinem Elternhaus. Papa war noch nicht von der Arbeit zurück und Mama hatte den Arzt aufgesucht. Meine Zwillingsbrüder hatten etwas Komisches gegessen. Und vorzeitiger Samenerguß war nie wieder mein persönliches Problem! Nach und nach trainierte ich mich selbst − entweder onanierte ich oder tanzte einen horizontalen Mambo − meine Sahne für bis zu 90 Minuten zu halten bevor ich abspritzte. Keine Angabe, reine Tatsache!
Spannung aufzubauen und sie bis zu einem Punkt zu halten, an dem du glaubst, den Verstand zu verlieren, wenn du nicht im nächsten Moment alles auslöst − das ist eine Herausforderung, die ich goutiere. Und bis dann hatte ich keine Ahnung, ob ich das bei jemand anderem erleben würde.
Aber am Tag zuvor hatte ich das Blitzspritzen am eigenen Leib als eine willkommene Sensation erlebt, ausgelöst durch ein sensationelles menschliches Wesen und einzig seinen sinnlichen Kuß! Und ich löste seinen unglaublichen Geysir ebenfalls aus. Menschenskinder!
7.12 Uhr. Ich stand nach all diesen Erinnerungen und Überlegungen, die mir durch den Kopf gesaust waren, endlich auf. Witzig genug, daß ich in einem Einführungsseminar über den “Krieg von 1812” in Neuerer Geschichte gelandet war, was möglicherweise eine Gelegenheit bot, ein wenig mit meinen Kenntnissen über Sir Isaac Brock und seinen Nachfolger auf dem Schlachtfeld zu renommieren. “Der Deutsch-französische Krieg von 1870/71” war meine zweite Wahl, und in Politikwissenschaft nahm ich an einem Seminar über “Die Wiedereinrichtung der Regierungsgewalt im Nachkriegsdeutschland 1919 und 1945” und über “Das Gouverneursamt in den Vereinigten Staaten von Amerika” teil. Je eine Vorlesung über die Auswahl von Offizieren für die westdeutschen Streitkräfte nach dem Zweiten Weltkrieg und die Vertragspolitik zwischen dem Königreich Preußen und den USA 1785-1917 machten meinen Stundenplan komplett.
Da mein erster Kurs um 10 Uhr beginnen würde, hatte ich den Luxus, langsam in den Morgen gehen zu können.
Toilettensitzung, kaltes Wasser ins Gesicht, zwanzig Kniebeugen als Anfang, meine tägliche Banane zu essen − und Garry aus dem Bett zu werfen. Um es ihm leichter zu machen, zog ich ihm das Zudeck weg.
„Guten Morgen, Schlafmütze! Raus aus den Federn, Du und Deine Morgenpracht!”, tätschelte ich sanft seine Bauchmuskeln.
Ein grummelnder Protest hob an.
„Wer stört mich mitten in der Nacht? Und wer zum Teufel hat meine Bettdecke weggenommen?”
Garry blinzelte und versuchte, nach seinem Zudeck zu greifen, wo keines mehr war.
„Mitten in der Nacht! Von wegen! Hast Du schon mal mitten in der Nacht die Sonne scheinen sehen? Komm schon, Du fauler Knochen, steh’ auf! Letzte Nacht hast Du zugestimmt, bei meinen Morgenübungen mitzumachen.”
„Ich habe was?”, runzelte Garry die Stirn.
Es kam mir in den Sinn, ich könnte bei einem Morgenmuffel als Zimmergenosse gelandet sein. Ach, du liebe Zeit!
„Mach schnell, Alter! Vergeude nicht Deine Zeit − und meine!”, gab ich ihm einen ordentlichen Knuff gegen die Rippen bevor ich mir Shorts und ein bauchfreies T-Shirt aussuchte und hineinschlüpfte. „Bin ich über Nacht in ein Militärlager versetzt worden und Du bis jetzt mein Exerziermeister?” Er schaffte es immerhin, sich mit verzogenem Gesicht auf seine Ellbogen zu stützen.
„Es gibt eine Fülle von Möglichkeiten, jemanden zu wecken, dem man zugeneigt ist, und Du wählst die Drill-Sergeant-Variante! Zum Kuckuck!”
„Hätte stattdessen auch einen Eimer eiskalten Wassers nehmen können! Das beschleunigt es und spart Zeit, keine Dusche mehr nötig”, neckte ich ihn grinsend, aber dann hatte ich nur eine Sekunde, Schutz im Bad zu suchen, die Tür zuzuschlagen und so schnell abzuschließen, wie ich nur konnte. Garry war wie Raubtier aus dem Bett gesprungen, das seine Beute verfolgt.
„Ich werd’ Dich lehren …”, rief er und schlug mit seiner Handfläche gegen die Tür. Einen Augenblick später stimmte er in das Gelächter mit ein, als er meinen Lachausbruch hörte.
„Du verrückter Kerl … komm’ schon! Mach’ auf!”
„Nur wenn Du nett zu mir bist, Sonnenschein …”
Ich hörte ihn seufzen.
„Komm‘ schon! Sei lieb … Al!! Ich muß pinkeln!”
Ich öffnete vorsichtig die Tür …
Garry trat nervös von einem Fuß auf den anderen ...
“Grüß Gott, tritt ein, bring Glück herein …[deutsch]“, neckte ich ihn, leise lachend. Er sagte kein Wort, sein Gesichtsausdruck war vielsagend, aber die Schüssel zu erreichen war ihm wichtiger, als mich, was auch immer, zu lehren.
Niagara Fälle!
Es kam mir vor, als hätte er am Tag zuvor ein Bierfäßchen ausgetrunken und nicht nur einen Krug. „Mein lieber Scholli! Du pißt wie ein Pferd”, lächelte ich. “Aber Pferd wem Pferd gebührt”, fügte ich kichernd hinzu.
„Wie großzügig von Dir“, verdrehte er die Augen.
Ich verpaßte ihm eine besondere Spülung …
Garry war augenblicklich hellwach − und ich konnte nichts als rennen, und ich meine RENNEN!
*
Vorsichtshalber drehte ich mich immer wieder um, denn während ich in dem dem Studentenheim benachbarten Park mein Lauftraining unternahm, rechnete ich damit, daß Garry mich jeden Moment wie ein Panther, nach einem Stück frischen Fleisches für das Frühstück greifend, von hinten anspringen könnte …
Zusammenstoß!
„Mann! Kannst Du nicht aufpassen, wo Du hintrittst? Wie kann jemand bei hellem Tageslicht so blind sein?“, schimpfte eine Baritonstimme mit mir.
Ich hielt meinen Kopf. Es schmerzte wirklich. Mein Gegenüber ansehend, mußte ich gegen die Sonne blinzeln.
Ich hatte meinen Kopf angeschlagen … gegen den Kopf eines Typen ganz sicher meines Alters. Ich beschattete meine Augen mit meiner rechten Hand ...
„Mist! Wo kommst Du denn her? Ist hier ein unsichtbarer Fahrstuhl, der mit Expreßgeschwindigkeit unter diesem Weg hochrauscht oder so ’was?”
Dann wurde mir plötzlich schwindelig. Ich hörte ihn durch meine nebelige Wahrnehmung etwas sagen, dann drehte sich alles vor mir − und ich fiel hin.
Das Nächste, das ich wahrnahm, war, daß meine Wangen getätschelt wurden und eine Baritonstimme mich wiederholt fragte, ob ...
„Kannst Du mich hören? … Scheiße, muß mir das ausgerechnet heute passieren!?”
„Was ist passiert?”, murmelte ich. Mein Kopf schmerzte, als wäre er mit einem Hammer gekämmt worden.
„Wir sind zusammengerasselt und haben uns die Köpfe gestoßen, und Du bist zu Boden gegangen.”
„Was für eine nette Begegnung, den Tag zu beginnen”, versuchte ich bereits, mich über den Zusammenprall lustig zu machen. Au weia, mein Kopf tat weh!
„Alter, Du bist vielleicht eine Type! Erst versuchst Du, unschuldige Leute von den Füßen zu holen, und danach machst Du Späße darüber!”
Ich sah mich um.
„Habe ich irgend jemand sonst zu Boden geschickt?“
„Nein, Du hast es nur bei mir versucht, aber nicht geschafft. Aber sag’, wie fühlst Du Dich? Bist in der Lage, wieder auf Deinen eigenen Füßen zu stehen?”
„Hhmm, laß’ es mich versuchen. Gib mir bitte mal die Hand und hilf mir hoch.”
Während er tat, worum ich ihn bat, sprach uns ein älterer, distinguiert aussehender Herr an.
„Kann ich irgendwie helfen? Ich bin Arzt.”
„Ein kleiner Kopfschwindel, nichts ernstes. Vielleicht bin ich am Morgen zu schnell aufgestanden, Doc, äh, Sir“, spielte ich die Sache herunter.
„Lassen Sie mich einen Blick auf Ihre Augen werfen”, gab er Anweisung für eine kurze medizinische Überprüfung. Dann entdeckte er die Beule an meiner Stirn.
„Nichts ernstes, junger Mann. Aber nehmen Sie meinen Rat. Seien Sie etwas vorsichtiger mit dem Lauftraining am Anfang eines weiteren sehr heißen Tages, wenn Sie es überhaupt machen. Und vermeiden Sie Materialüberprüfungen Ihrer Schädel, Sie beide, verstanden?” Er lächelte wissend. „Ein paar kalte Umschläge werden Ihnen gut tun, Ihnen beiden. Guten Morgen, meine Herren!” Er deutete eine Verbeugung an und setzte lächelnd seinen Weg fort.
„Junge Burschen, in der Tat. Markieren auf Hengst, aber ein kleiner Kopfstoß holt sie von den Füßen …”, murmelte er hörbar und schüttelte den Kopf.
„Vielen Dank, Sir”, rief ich.
Er hob winkend seine rechte Hand, ohne sich umzudrehen.
Ich wandte mich schließlich meinem “Zusammenstoß-Partner” zu.
„Tut mir leid, so unaufmerksam gewesen zu sein, äh …”
„Oh, Du bist der mit der großen Beule, obgleich auch ich mein Teil abgekriegt habe, und ich heiße Talyr. Talyr Tate Drummond.”
Ich ergriff seine dargebotene Hand. Und es war ein fester Händedruck.
„Albrand Halldór Asgardsson. Freue mich, Dich kennenzulernen, obgleich es eingangs etwas holprig war …” Wir wechselten ein breites Lächeln.
„Könnte man so sagen”, rieb Talyr seine Stirn, und ein Lächeln umspielte seine Mundwinkel.
„Auch im zweiten Studienjahr?”, erkundigte ich mich.
„Ja, bin ich. Und was sind Deine Fächer?”
Ich sagte es ihm. Seine waren die gleichen wie meine, und er war dabei, auch an zwei von meinen Kursen teilzunehmen. Was für ein netter Zufall. Aber gibt es überhaupt Zufälle?
Ich musterte Talyr kurz. Er maß etwa 1,83 m, wie ich, und wog um die 75 kg. Er hatte gewellte braune Haare, eine im Nacken kurz geschnittene Mähne, sein freundliches Gesicht war in der angenehmsten Weise fein geschnitten, mit hohen Wangenknochen, dazu eine perfekt passend schmale Nase, kleine flache Ohren, freie Ohrläppchen, nicht so perfekt wie Garrys’, aber wirklich hübsch. Talyr trug einen Drei-Tage-Bart, der ihn recht männlich erscheinen ließ. Seine Augen waren hellbraun, wie funkelnde Sterne. Seine Stirn war mit einer sichtbaren Beule “verschönert” … tat mir so leid!
Er trug blaue Shorts und ein gelbes Bauchfrei-T. Sein Bauch war schön flach, kein Happy Trail führte von seinem perfekten Nabel hinunter zu ... Ihr wißt schon, wohin! Und er war barfuß!
„Komm, Albrand, ich bringe Dich nach Hause”, sagte er. „Will nicht schuldig sein, daß Du die ersten kostbaren Worte und Sätze unseres renommierten Professors Ernest F. Shultsenheimer IV verpaßt. Er spricht immer noch Deutsch, obwohl es sein Urgroßvater Ernst Friedrich Schultzenheimer war, der aus Preußen über den Ozean kam, und er liebt es, es zu gebrauchen, wenn er unterrichtet.
„Oh, das mache ich auch, ich meine, Deutsch zu sprechen, obwohl ich in Pennsylvania geboren wurde, aber New Orleans aufgewachsen bin”, warf ich ein.
„Mach Sachen!”, staunte er. „Das erklärt Deinen leichten Dixie-Akzent. Beneide Dich um die Kenntnis einer solch schwierigen Sprache. Ich versuche tatsächlich, sie zu lernen. Ich selbst wurde in San Francisco geboren, mit schottischen Vorfahren. Aber sag, in welchem Studentenheim wohnst Du?”
„Gleich da drüben, im Chestertonbau.”
Auf unserem nun gemeinsamen Weg sagte er mir, daß er eigentlich auf dem Weg zum Frühstück in der Mensa war. So lud ich ihn ein, zum Ausgleich zu uns zu stoßen. Und er fragte mich, ob ich etwas für Bowling und Beachvolleyball übrig hätte. Er schaue nach Partnern, um zu beidem eine Mannschaft zu bilden. Ich war gleich dabei.
„Und Du trägst gern keine Unterwäsche, richtig?”, lächelte er.
Ich blieb abrupt stehen.
„Woher willst Du das wissen?“, wunderte ich mich.
„Würfest Du Unterwäsche träge, und sei es nur der knappste Slip, würde Dein offensichtlich bemerkenswerter Schwanz nicht so deutlich sichtbar baumeln, weißt Du. Deine Art, Werbung zu machen?”, grinste er schelmisch.
Ich fühlte ein Erröten über mein Gesicht blitzen, sah ihm aber direkt in die Augen.
„Irgendwie schon, und ich hasse es, meine Kostbarkeiten unnötig gequetscht zu sehen.” Ich richtete mein Augenmerk auf seinen Schritt. „Aber mir scheint, Du goutierst diese Art von Freiheit auch, oder?”
„Gut beobachtet, gesagt und pariert“, antwortete er. „Ich mag Dich bereits sehr, außer für die Beule natürlich.” Er machte eine Kunstpause. „ Auf der anderen Seite, ohne unseren Zusammenprall hätten wir vielleicht nie Notiz voneinander genommen. Ich hätte Dich vielleicht aus der Entfernung für einen gutaussehenden Typen gehalten, und Du hättest mich vielleicht überhaupt nicht wahrgenommen“, zuckte er mit den Achseln.
„Die Zeit würde es gebracht haben“, machte ich nur eine kurze Bemerkung. „Ich denke, man trifft immer einander, wenn das Schicksal es so will.“
Ich gab ihm einen freundlichen Klaps gegen die Schulter. Dann machten wir uns endgültig auf den Weg zurück zu meiner Studentenheimunterkunft.
*
Als ich die Tür unseres kleinen Appartements öffnete, war ich nicht wenig überrascht − und Talyr war es auch.
„Weniger als keine Unterwäsche! Ihr habt hier drin schon eine außergewöhnliche Kleiderordnung!“ lächelte er. Und ich bemerkte, daß Talyrs Shorts sich leicht wölbten. Ich konnte verstehen, warum. Garry stand an der Küchenzeile und machte Sandwiches und mehr für unser Frühstück. Während meiner kurzen Abwesenheit hatte er es nicht für nötig befunden, sich anzuziehen.
„Garry, ich habe Gesellschaft mitgebracht”, warnte ich ihn, aber mein unbeschämter Zimmergenosse war offensichtlich in keiner Weise ängstlich, komplett nackt erwischt zu werden.
„Hi! Ich hoffe, Du hast nichts dagegen, daß ich meinen Geburtstagsanzug trage, oder?”, drehte Garry sich kurz um.
„Hi! Ganz sicher nicht. Das ist Euer Appartement. Meinetwegen. Ich goutiere unkomplizierte Leute. Wenn ich da an meinen Zimmergenossen denke …!”
Garry wusch und trocknete seine Hände bevor er auf Talyr zum Willkommenshändedruck zutrat.
„Das Frühstück ist fast fertig. Möchtest Du uns Gesellschaft leisten? Tee, Milch, O-Saft oder schlichtes Mineralwasser? Kaffee ist aus, fürchte ich.”
„Sehr gern, und O-Saft wäre großartig”, nahm Talyr die Einladung an.
Während ich ihm anbot, auf meinem Bett Platz zu nehmen, das ich schnell gemacht hatte, holte ich Geschirr und Besteck heraus und deckte zum Frühstück auf meinem Schreibtisch.
Garry hatte sich endlich eine Shorts geholt, um sich dezent zu machen. Er hatte einige leckere Sandwiches zubereitet und etwas Obst geschält. Er servierte Milch für uns und O-Saft für Talyr, wie erbeten.
Während unserer leichten Unterhaltung wurde Garry gefragt, woher er gekommen sei.
„San Diego, Kalifornien. Hillcrest, um genau zu sein. Meine Großeltern haben dort eine Schneiderei für Marineuniformen gegründet, und meine Familie ist seither dort im Geschäft.
Ich richtete meine Ohren auf. War Garry möglicherweise von seinem eigenen Familienunternehmen für den Photoauftrag gebucht worden? Er hatte aber von Unterwäsche gesprochen, oder nicht? Ich würde es bald herausfinden.
Nach dem Frühstück verabschiedete Talyr sich für den Moment, da er sich umziehen und seine Sachen für den Geschichtskurs holen mußte. Das galt auch für uns.
Während wir uns umkleideten, nachdem Talyr gegangen war, fragte Garry mich, wo ich auf unseren Frühstücksgast gestoßen sei. Nachdem ich es ihm erzählt hatte, brauchte ich für den Spott nicht zu sorgen.
Wenn wir nur etwas mehr Zeit gehabt hätten, würde ich ihm die richtige Antwort gegeben haben, außer ihm meine Klamotten an den Kopf zu werfen, aber ich mußte es auf eine passendere Gelegenheit verschieben. Ich hatte bereits etwas im Sinn …
*
Als ich Talyr das nächste Mal traf, sah er um einiges schicker aus. Er trug ein kurzärmeliges gelbes Hemd, lange hellbeige Leinenhosen mit einem gelben Gürtel, braune Sandalen, keine Socken, zu meiner Erleichterung, und führte eine Aktenmappe bei sich.
Ich hatte mich in lange blaue Jeans gekleidet, ein weißes T-Shirt, um sichtbare Schweißflecken zu vermeiden, und ein hellblaues kurzärmeliges Hemd, und ich trug blaue Leinenhalbschuhe.
Der Kurs war nicht übermäßig belegt. Meist männliche Teilnehmer, nur einige wenige Mädchen. Talyr und ich nahmen nebeneinander stehende Stühle. Wir fragten uns flüsternd, was für eine Art Mädchen wohl Interesse an Militärgeschichte haben könnte.
„Ihr Typen solltet die Gewohnheit Eurer altmodischen Denkweise auf den Müll werfen, wir Mädchen könnten mit Euresgleichen nicht in jedem Fach oder Handwerk mithalten“, rügte uns eine blonde Schönheit und beschoß uns mit bösen Blicken.
„Ouuuh! Ruf’ den Arzt, Al, ich bin tödlich verwundet, direkt durch mein Herz, vollführte Talyr theatralischen Spott.
Das blonde hübsche Mädchen streckte ihm die Zunge heraus. Wenn Blicke töten könnten!
Talyr und ich lächelten uns schelmisch an, aber bevor wir über irgendeine Antwort nachdenken konnten …
„[deutsch] Mister Drummond, wir werden auch die Situation der Verwundeten während des Deutsch-Französischen Krieges besprechen, aber ich schlage vor, Sie schließen mit Ihrer Kommilitonin bis dahin einen vorübergehenden Waffenstillstand! Guten Morgen allerseits!”
Professor Shultsenheimer hatte unsere kurze Unterhaltung mitgehört während er sich an das Pult setzte.
Allgemeines Lächeln.
Talyr und die selbstbewußte Schöne warfen einander Blicke mit gerümpften Nasen und verzogenen Kinnen zu.
Sie sah trotzig drein, Talyr amüsierte sich königlich. Sie streckte ihm erneut die Zungenspitze heraus.
„Ich schlage vor, daß sie, Mister Drummond, und Sie, Miss Rassondale, uns mit einer schwungvollen gemeinsamen Abhandlung über die deutsch-französischen Friedensverhandlungen hoch erfreuen werden, die zum Vorfrieden von Versailles und zum Frieden von Frankfurt geführt haben, sagen wir, in vier Wochen ab jetzt.” Er macht eine Kunstpause. „Wie ich Ihren Gesichtern ansehen kann, stimmen Sie beide begeistert zu. Und vielleicht können wir nun friedvoll mit diesem Kurs beginnen.“
Ich hatte meine Schwierigkeiten, nicht in Gelächter auszubrechen. Dieses Rassondale Mädchen sah aus, als hätte es in die gesamte spanische Zitronenjahresernte gebissen. Talyrs Gesichtsausdruck war schwer zu beurteilen.
„Versteht irgendjemand von Ihnen Deutsch oder spricht es gar?”, sah Professor Shultsenheimer sich fragend um.
Drei Kurzteilnehmer meldeten sich, mich eingeschlossen.
„[deutsch] Großartig! Sie fertigen für uns die Übersetzungen der wichtigsten Dokumente.”
Heilige Scheiße! Ich hatte mir meine erste Zusatzarbeit eingefangen!
„Wer ist interessiert an den biographischen Skizzen König Wilhelms I., des Königlich Preußischen Generalfeldmarschalls Kronprinz Friedrich Wilhelm, Kaiser Napóleons III., des Königlich Preußischen Generalfeldmarschalls Hellmut von Moltke, des Königlich Preußischen Generalfeldmarschalls und Kriegsministers Albrecht von Roon, des Kaiserlich Französischen Marschalls von Frankreich Patrice Graf von Mac-Mahon, Herzogs von Magenta …“
Der gute alte Shultsenheimer zählte noch einige Namen mehr von damals wichtigen Persönlichkeiten auf, die alle ihre Biographen fanden. Ich meldete mich für Moltke, den absolut faszinierenden Sieger in drei Kriegen während seines langen Amtes als Chef des Königlich Preußischen Generalstabes, der erst mit 90 seinen Abschied nahm!
Dieses Semester würde mich sehr geschäftig halten, das war von Anfang an sicher. Ich hatte zumindest einen Job zu bewältigen und Sportaktivitäten − und ich wollte meinen Zeitanteil mit Garry!
Garry!
Ich konnte die Stunde unseres Wiedersehens kaum erwarten. Würde es zu lang für ihn sein? Würde er Sehnsucht nach mir haben?
So viel lag vor mir, wovon ich noch nichts wußte. Ich hatte keine Ahnung, was kommen würde. Hätte ich gewußt, wie viel Liebe mir gegeben und wie viel Liebe ich zurückgeben würde, ich hätte die gesamte Welt umarmt! Aber es war nicht nur Garry, mit dem ich das teilte!
Doch zur gegenwärtigen Stunde hatte ich Ernest Shultsenheimer zuzuhören. Er war ein Mann besten Humors, und er war ebenso streng. Aber zumindest Talyr und Miss Rassondale erschloß sich sein Humor nicht von Anfang an.
*
Als ich auf einen Imbiß bei Mami vorbeisah, wollte ich auch meine Stunden als Tellerwäscher neu ordnen.
Ich freute mich, Deborah wiederzusehen. Sie war so süß anzuschauen. Und wieder errötete sie leicht, als sie an meinen Tisch kam.
„Hi! Wie geht’s Dir?”
„Prima! Und Dir?”
„Danke der Nachfrage. Dein Besuch rettet meinen Tag!” Ihr strahlendes Lächeln war nichts als bezaubernd. „Was möchtest Du haben, Albrand?”
„Nur einen einfachen Hamburger, einen gemischten Salat und ein Ginger Ale mit zwei Eiswürfeln, wenn Du das möglich machen kannst.”
„Wenn nicht möglich, werde ich es für Dich möglich machen.“ Deborahs Lächeln war vielversprechend. Ich fühlte ein angenehmes Ziehen in der Magengegend.
„Übrigens, ist Mami zugegen?”
Deborah schaute sich um.
„Sie muß in der Küche sein. Soll ich sie für Dich rufen?”
„Das wäre nett von Dir.”
Etwa eine Minute später fühlte ich meine Schulter sanft getätschelt.
„Hi, mein Hübscher! Schön, Dich wiederzusehen!”
Ich stand schnell auf.
„Hi, Ma’am, äh, Mami. Es ist schön, Sie wiederzusehen!” Ich drückte ihr einen Kuß auf die Hand − und Martha Shuster wurde rot wie ein Teenagermädchen! Du meine Güte, was für ein süßer Anblick!
„Du wolltest mit mir sprechen, sagte Debby.” Mami nahm mir gegenüber Platz. “Du willst doch Deinen Job nicht absagen, oder?”, sah sie mich besorgt an.
„Bin ich verrückt?”, schüttelte ich meinen Kopf. „Falls jemals, so gehöre ich durchgeprügelt. Nein! Ich wollte nur fragen, ob meine Stunden am Wochenende auf die Wochenabende und Nachmittage während der Woche verschoben werden könnten. Ich würde Sie mindestens einen Tag vorher anrufen. Falls Sie mich bräuchten, könnte ich auch wenigstens eine Stunde pro Tag länger bleiben. Wäre das in Ordnung für Sie? Ich meine, Sie sind die Chefin, oder?”