Kitabı oku: «Protokoll gegen Franziskus», sayfa 2

Yazı tipi:

„Der Mensch neigt zur Sünde, deshalb ist es für eine humane Lebensführung wichtig ihn ständig zu sensibilisieren, was sein sündhaftes Verhalten betrifft.“

„In dieses umfangreiche Thema der Sünde werden wir uns später noch vertiefen, Franziskus. Doch im Moment haben wir uns vom sogenannten Opfertod des Jesus von Nazareth entfernt.

Mit ‚Erlöser von allen Sünden‘ bist du sehr vage geblieben. Was ist nun der wirkliche Kern dieses ‚Opfertodes‘?“

„Da du offensichtlich nicht glaubst, ist es wohl schwer zu vermitteln. Menschen, die von einer Vision so erfüllt sind, dass ihnen die eigene Existenz nicht mehr wichtig erscheint, hat es in allen Facetten gegeben. Aber eine solche Hingabe scheint in deiner rationalen Betrachtung keinen Platz zu haben.“

„Oh, da täuscht du dich, Franziskus. Wir sind im Moment näher beieinander als du denkst.

Auch ich sehe diese schwärmerische Hingabe. Jesus war so tief in seine eigene Lehre und die missionarische Berufung eingetaucht, dass er in einer anderen Welt lebte. Das passiert noch relativ häufig. Diese Menschen entfernen sich anfänglich unbemerkt aber kontinuierlich vom realen Leben. Das kann so weit gehen, dass ihnen die Wirklichkeit unerträglich erscheint.

Jesus von Nazareth war ein besonderer Mensch, das hat auch sein Vater gewusst. Schau, damit du mehr Gewissheit erlangst, mache ich dir ein weiteres Fenster auf.“

(Fenster 3)

„Wer ist dieser alte Mann? Und mit wem spricht er? Ich verstehe nicht, was sie sagen.“

„Das ist Aramäisch. Der ältere Mann ist Josef, er ist ein Tekton, heute würden wir ihn als Ingenieur bezeichnen. Er spricht zu seinem erstgeborenen Sohn, Jesus. Ich übersetze Dir das Gespräch. Josef sagt: ‚Du bist aussergewöhnlich und ich bin stolz auf dich. Du bist nicht dazu bestimmt ein Tekton zu sein. Geh deinen Weg, einer deiner Brüder wird an deiner statt für die Familie sorgen.“

„Und was sagt jetzt Jesus?“

„‘Ich danke dir, Vater, bitte gib mir deinen Segen‘.

Du siehst, wie einfach die Zusammenhänge sind. Jesus hat seine Herkunftsfamilie nicht einfach verlassen. Das wäre in der herrschenden jüdischen Kultur unverzeihlich gewesen. Er war ein Heiler und hatte ein sehr empfindsames Sensorium für die ihn umgebende soziale Wirklichkeit. Wir können davon ausgehen, dass er seine Mission sehr ernst nahm. Was aber war seine Mission?“

„Das Heil der Menschheit.“

„Selbst wenn wir hypothetisch annehmen, eure Bibelstellen, die du ja bestens kennst, seien historisch, wirst du feststellen, dass alle Äusserungen Jesu liberal integrativ waren.

Im Grunde ging es ihm nicht um Glaubensfragen, sondern um sozialpolitische Ziele, die er wie in dieser Zeit unumgänglich mit dem Glauben verbinden musste.

Dann suchte er Johannes am Jordanufer auf, angezogen von dessen weitgerühmter Rhetorik, von der er lernen wollte. Verliess ihn nach kurzer Zeit um einige Monate selbst zu predigen. Dabei wurde ihm die Undurchführbarkeit seiner Absichten zunehmend bewusst. Mit diesem Bewusstsein erkannte er, wie aussichtslos seine Ziele sind und wie verfehlt sein bisheriges Leben verlaufen war. Daraufhin liess sich der Sohn aus dem Hause Davids hinrichten.“

„Du wagst es die Göttlichkeit des Jesus Christus mit einem profanen irdischen Scheitern herabzuziehen und zu beschmutzen?“

„Reg dich nicht auf, Franziskus. Es spielt, was die Verfehlungen der Kirche angeht, keine Rolle. Es ist nur ein kleiner Baustein in der Argumentation, dass er sich nicht für das Seelenheil der Menschheit geopfert hat. Aber auch das ist unerheblich – ihr deklariert es als Opfertod. Dann schauen wir, was ihr daraus gemacht habt. Du sagst also, dass sich Jesus von Nazareth für seine religiöse Mission geopfert habe.“

„Wenn du es Mission nennen willst – auch gut – ich nenne es göttliche Sendung. Es gibt nichts grösseres, was ein Christ vollbringen kann, als sich dafür hinzugeben.“

„Offensichtlich meinst du den Märtyrertod. Wir sprechen also von jenen Menschen, die sich um ihres Glaubens Willen töten liessen, deren Lebenssituation von Verfolgung und täglicher Bedrohung geprägt war; denen suggeriert wurde, dass ihnen ein gnadenloses Gottesgericht erspart bleibt und sie direkt in ein wundervolles Jenseits übergehen können. Hatte deine Institution das nicht als ‚Bluttaufe bezeichnet, die geradewegs zur ewigen Seligkeit führe?“

„Wer sich für seinen Glauben opfert, hat die grösstmögliche Reinheit seiner Seele erreicht.“

„Natürlich, diese Vorstellung verführte die fest an ihren Glauben gebundenen Menschen geradezu sich durch die grösstmögliche Reinheit einen Sonderstatus in dem von euch so komfortabel ausgestatteten Jenseits zu verschaffen – vor allem dann, wenn sie in ihrer irdischen Existenz nichts mehr zu verlieren hatten. Verzeih Franziskus, ist das nicht religiös konditionierter Egoismus?“

„Musst du alles in den Dreck ziehen? Seine eigene Existenz aufzugeben ist die heroischste Selbstüberwindung, derer ein Mensch fähig ist.“

„Ja, so hat es die Kirche durch zahlreiche Märtyrermythen glorifiziert. Die Römer hatten nicht annähernd so grausam gegen die Christen gewütet, wie es die Kirche darzustellen versucht. Es galt damals als tödlicher Ungehorsam irgendeine Autorität höher zu stellen als die des römischen Kaisers. Jeder im römischen Reich wusste das. Aber der innere Zwang ihren Christengott nicht verleugnen zu dürfen, und der feste Glauben an das suggerierte Jenseits nahm vielen Christen die Angst vor dem Tod, den sie nicht selten sogar provozierten.

Zu jener Zeit gab es zwar die Institution Kirche noch nicht, aber ihr greift trotzdem allzu gerne auf diese schwärmerisch dargestellte Hingabe zurück, um damit gleichzeitig die gesamte Kirche zu heroisieren. Glaubst du allen Ernstes, ein Jesus von Nazareth hätte so etwas gut geheissen? Das was glaubhaft von seinen Lehren überliefert ist, zeugt von der Freiheit des Individuums, nicht von dessen seelischer Inbesitznahme.“

„Du kannst die Erlösung von den Sünden wohl kaum als seelische Inbesitznahme bezeichnen.“

„Oh doch! Ihr habt euren Sündenkatalog so aufgebläht, dass es unmöglich ist ohne Sünde zu leben. Und ihr habt ein Bestrafungsszenario im Bewusstsein der Gläubigen verankert, dem sie nur mit eurer Absolution entgehen können. Das ist seelische Inbesitznahme!

Darin besteht der entscheidende Unterschied zum Urchristentum. Dort war nur der Glaube und die Hingabe des Einzelnen notwendig um in den Genuss der Erlösung zu kommen. Eure Institution hat sich dann dazwischen geschoben – damit geschah der entscheidende Sündenfall. Ohne kirchliches Mitwirken keinen Zugang zu Seelenheil und keine Vergebung durch die von euch so wirkungsvoll ausgestalteten Gottesbilder inklusive Paradies, Hölle und Fegefeuer.

Deshalb frage ich dich nun, was habt ihr vorzuweisen, das man mit der Lehre des Jesus von Nazareth in Verbindung bringen könnte?“

„Die altruistische Hingabe an den Nächsten! Jesus Christus hat den Altruismus gepredigt. Sein Tod gilt für uns als höchste und reinste Form der Selbstlosigkeit.“

„Du verwechselst Äpfeln mit Birnen, Franziskus. Altruistisches Verhalten ist eine Spielart sozialer Strategien. Es ist eine selbstlos erscheinende Vorleistung für einen später bewusst oder unbewusst erwarteten Profit, und sei es, dafür in den Himmel zu kommen.

Halten wir also fest, mit einem Opfer wollen wir etwas erreichen, was uns das Opfer wert scheint. Es ist also ein Handel. Das Gleiche trifft auf den Altruismus zu. Weiter wissen wir, dass der Jude Jesus von Nazareth ausschliesslich auf das Judentum fixiert war. Wenn wir sein Handeln aus klerikalen Gründen als Opfertod deklarieren, beträfe es keinesfalls die Menschheit. Diese Ausweitung ist lediglich eine Erfindung des Paulus, der sich in Griechenland wohl und sicher fühlte und alles daran setzte das Terrain der Glaubensbotschaft nach seinen Bedürfnissen auszudehnen. Damit tat er einen entscheidenden Schritt für die zukünftige Entfaltung kirchlicher Macht. Ich kann in all dem nichts erkennen, was für die Menschheit oder dem Einzelnen hilfreich sein könnte.

Ich kann aber sehr wohl erkennen, wie die Grundsteine für euren Machtapparat gelegt wurden.“

„Du hast die Nächstenliebe vergessen.“

„Ja, damit kommen wir auf die wahre Substanz von Jesus.

Schau, Franziskus, dem Menschengeschlecht ist eine soziale Struktur genetisch mitgegeben. Gleichgültig welche Kultur du betrachtest, und welcher Spiritualität diese anhängt, sie sind alle geprägt durch soziales Verhalten. Auch jeder Nomadenstamm der sogenannten ‚Kinder Israels‘ hatte seine soziale Struktur und Götter. Aber sie hatten damit auch ihre Egoismen und Abgrenzungen. Staatsgewalt und Glaubensinstitutionen handeln immer egoistisch offensiv. Es gab viel Streit, der durch eine vereinheitlichende Gesetzgebung nicht zu überwinden war. Unter diesem Aspekt bekommt das integrative Wirken eines Jesus von Nazareth aus dem Hause David ein anderes Gewicht. Also predigte er eine human liberale Gesellschaft. So etwas war nicht durch Gesetze oder religiöse Macht zu erreichen. Jesus erkannte, dass bei den Menschen ein verändertes Denken und Empfinden entstehen muss. Dazu gehörte die Einsicht, dass alle Menschen den gleichen Wert haben und es keine Legitimation gibt, sich gegenseitig zu dominieren und auszubeuten. Basis für eine solche Haltung war die Nächstenliebe. Jesus stützt sich auf das Gebot der Nächstenliebe in der Tora ab und gibt ihr eine zusätzliche integrativ-liberale Qualität.“

„Du versuchst Christus auf eine politische Figur zu reduzieren!“

„Verständlicherweise steckst du zu tief in eurer Glaubenslehre, Franziskus. Deshalb mache ich dir ein weiteres Fenster auf:

(Fenster 4)

„Wer sind diese Frauen?“

„Es sind Anhängerinnen von Jesus. Der derb aussehende Mann ist übrigens Petrus. Sie haben die geflohene Gefolgschaft nach Jerusalem gerufen, um dort die Urgemeinde zu gründen. Erkennst du, wie mutig sich die Frauen und wie ängstlich sich die Männer verhalten?

Jesu war für seine Gefolgschaft der in jener Zeit erhoffte Messias. Jedes Mal wenn die Stämme Israels unter Fremdherrschaft standen gab es eine Messias-Hysterie

eine wachsende Sehnsucht nach einer Heilsfigur, die den universellen Frieden, das messianische Zeitalter brachte.

Vor allem die Frauen setzten sehr auf die sozial integrativen Reformen ihres Messias, dem Jesus von Nazareth. Sein Tod war für sie eine Katastrophe, der Verlust aller Hoffnung auf die von Jesus praktizierte Gleichberechtigung. Es gab nur einen Ausweg, er musste weiter existieren.“

„Du unterstellst, dass die Auferstehung Jesu nur die Einbildung überreizter Frauenhirne gewesen sei?“

„Nein, im Gegenteil, die sozialen Reformen Jesu, deren Mittelpunkt eine gleichberechtigte, friedlich kooperierende Gesellschaft war, mussten in die Zukunft gerettet werden. Für die Frauen stand viel auf dem Spiel. Ihre vom herrschenden Patriarchat verursachte Ohnmacht konnte man nur mit einem Mythos der Unsterblichkeit überwinden. Ein solcher Mythos war nicht neu, er war Bestandteil der damaligen Mystik und es war der Versuch, eine begonnene Revolution weiterzuführen.“

„Du versuchst einmal mehr das Wirken Jesu zu politisieren.“

„Seine Ambitionen waren politisch und sie betrafen ausschliesslich die jüdische Realität!“

„Selbst wenn es so ist, was macht das für einen Unterschied? Wichtig ist doch seine fleischliche Auferstehung, als Beweis seiner Göttlichkeit.“

„Wie ich schon sagte, jüdische Auferstehungsmythen gab es schon Jahrhunderte vor Christi Geburt. Du findest sie in fast allen Mythologien des Altertums. Die Juden glaubten an die unlösbare Verbindung von Körper und Geist. Sie verstanden die Auferstehung immer als eine Rückkehr des Lebens in einen toten Körper – aber lass uns nicht verzetteln, es spielt keine entscheidende Rolle. Auch das ist nur ein kleiner Baustein zur Wirklichkeit.“

„Der nach seinem Tod erschienene Christus und das leere Grab sind wahrhaftige Zeugnisse seiner Göttlichkeit!“

„Wie du selbst gut weisst, war das Grab aus Zeitnot geliehen – aber wir drehen uns im Kreis, Franziskus. Es musste eine Legende her, die eine neue Heilsvorstellung erzeugte. Ihr habt daraus eine Gottesvorstellung gemacht, damit ihr eure Kirche vom jüdischen Glauben abgrenzen konntet. So ist das bei euch Menschen, Abgrenzung verhilft zur Eigenständigkeit.“

„Auch das ist nicht verwerflich und es schmälert keineswegs den ethischen Wert der Nächstenliebe.“

„Es ist wie du sagst, aber wo befinden sich die christlichen Werte jetzt, nach zweitausend Jahren? Schau dir mal diese durchkommerzialisierten sogenannten christlichen Gesellschaften an, was ist von diesem Gedankengut geblieben?

Und was denkst du Franziskus, was hat die Kirche davon übernommen? Welche Kreatur- und Menschenfreundlichkeit hat die Institution Kirche bisher praktiziert?“

„Die Nächstenliebe steht in all unseren Bekenntnissen an erster Stelle.“

„Ja, als Aufruf an die Gläubigen. Ich spreche nicht von euren Predigten. Wie steht es um eure Institution?“

„Selbstverständlich steht es vor allem für unsere Kirche an erster Stelle, wären wir sonst ein Vorbild?“

„Ich weiss, dass du dich sehr ernsthaft dazu bekennst. Es reicht aber nicht, wenn das Oberhaupt ein makelloses Vorbild ist. Ein erfolgreiches Oberhaupt sorgt dafür, dass alle von ihm Geführten das auch sind und Sorge tragen, dass die gesamte Hierarchie davon durchdrungen wird. Wie sieht es nun aus in deinem Kirchenstaat?“

„Wir sind alle fehlbar. Und verzeihen ist ebenso eine Christenplicht!“

„Franziskus! Es geht hier nicht um unerlaubtes Naschen am Messwein. Schau, ich mache dir ein weiteres Fenster auf:“

(Fenster 5)

„Das ist eine 19-Jährige Ordensschwester in Rom. Die Nähe zu eurem Gott war für sie seit Kindheit Trost und Zuversicht.“

„Und wer ist die herrisch sprechende Frau?“

„Das ist eine übergeordnete Ordensschwester die sagt, die andere habe selbst den Priester in Versuchung geführt. Die junge Schwester wurde nämlich vor wenigen Tagen von einem Ordensbruder vergewaltigt und sucht Hilfe, weil sie an ihrer inneren Zerstörung zu zerbrechen droht.“

„Ja, ich weiss von solchen Vorkommnissen wir hatten das Thema der Fehlbarkeit ja bereits.“

„Nicht in diesem Zusammenhang. Es geht um die Würde der Frauen und den Respekt. Diese Frau hat dir geschrieben und ihre Situation erklärt.“

„Davon weiss ich nichts.“

„Sie hat aber von dir eine Antwort erhalten. In dieser Antwort gibt es aber keinerlei Bezug auf das Geschehen, sondern es heisst lediglich: ‚Ich bitte Sie für mich und meinen verantwortungsvollen Dienst der universellen Kirche zu beten. Ich schliesse auch Sie und Ihre Anliegen in meine Gebete ein und ihrer Familie Gottes Schutz und Geleit für den weiteren Lebensweg.‘

Sind solche hohlen Phrasen ein respektvoller Umgang mit einer Frau, die in einer kirchlichen Institution geschändet wurde?“

„Ich kann in einer nicht abgeschlossenen Sache keine Anteilnahme walten lassen, die einem Eingeständnis gleich kommt. Ausserdem werden viele solcher Korrespondenzen von Mitarbeitern erledigt.“

„Und die haben nur fromme Phrasen zur Verfügung. Der Erfolg gibt ihnen Recht, die meisten Hilfesuchenden resignieren dann. Nur in diesem Fall ist die Frau an die Öffentlichkeit gegangen. Immer mehr Frauen tun das, und immer mehr wird das enorme Ausmass sichtbar. In Amerika sind es ein Drittel aller Ordensfrauen, die sexuelle Übergriffe und Vergewaltigungen erleben. Aber der Vatikan schwieg sich über die fundierten Untersuchungen und präzisen Anzeigen von der Ordensfrau Maura O’Donohue und der Oberin Marie Mc Donald aus.“

„Die Verantwortlichen im Vatikan befassen sich seit den Neunzigerjahren mit dem Thema. Papst Paul II. hat sich öffentlich bei den betroffenen Ordensschwestern entschuldigt.“

„Aber erst wenn der Paukenschlag zu heftig wird, gibt es eine Reaktion. Ansonsten wird ein Schleier des Schweigens darüber gelegt – so wenig Aufsehen wie möglich. Selbst das Frauenmagazin eurer Vatikanzeitung hat das Verschweigen des sexuellen Missbrauchs von Ordensfrauen kritisiert.

Doch zurück zu eurem Vorbild. Christus von Nazareth hat sich sehr für die Frauen engagiert; weit mehr als es in eurer mehrfach redigierten Heiligen Schrift noch zu finden ist. Wie erwähnt, waren es nach seinem Tod vor allem Frauen, die eine Weiterführung seiner Lehren förderten. Das gilt für alle Aktivitäten des Urchristentums. Auch der ungerechterweise als Frauenfeind verleumdete Paulus unterhielt viele Kooperationen mit weiblichen Gemeindeführerinnen.“

„Du rehabilitierst Paulus? Im Allgemeinen gilt er als Symbol der Frauenfeindlichkeit.“

„Ja, ohne Probleme. Man wirft ihm zwar vor, einer der frühen Akteure im Bemühen zu sein, die Frauen in ihrer Symbolkraft zurückzustufen. Er verdrehte den Auferstehungsmythos, indem er als Zeugen eine Reihe von Männern aufzählte, unter anderem sich selbst, was historisch nicht stimmen konnte. Das, obwohl nach Bibellesart eine Frau, nämlich Maria Magdalena, die einzige Zeugin war. Aber weibliche Zeugen galten in den meisten Kulturen, wie auch im Judentum jener Zeit nichts. Deshalb darf angenommen werden, dass Paulus durch männliche Autorität dem Auferstehungsmythos mehr Glaubhaftigkeit verleihen wollte.

Wie du weisst, spielten Frauen im alltäglichen Leben des Frühchristentums keineswegs eine untergeordnete Rolle, eher war das Gegenteil der Fall. Es gab sogar Diakonos, Frauen die verkündigend tätig waren. In den anfänglichen kleinen Gemeinden hatten Frauen einen gleichberechtigten Stand.

Wie du sicher auch weisst, änderte sich das mit dem Dreikaiseredikt nachdem Kaiser Konstantin das Christentum im römischen Reich liberalisierte und damit den Christlichen Glauben zur Staatskirche machte.“

„Ha, und alles das geschah ohne Mission! Gott der Herr hat sich an der Milvischen Brücke selbst offenbart.“

„Ach Franziskus, was soll diese Schwärmerei. Wir wissen doch genau, dass der Mangel an schreibkundigen Beamten die römische Staatsadministration existenziell bedrohte. In der christlichen Diaspora lernten viele rechnen und schreiben. Um sich besser vor Verfolgungen zu schützen, war man sehr auf gegenseitige Information angewiesen.

Mit der Ernennung zur Staatsreligion war der römische Kaiser automatisch das Oberhaupt der sogenannte Pontifices maximi und die christlichen Gemeinden ein Teil der Staatshierarchie mit wachsenden Aufgaben.

Logischerweise wurden in der Folge viele Staatsstellen mit Christen besetzt.“

„Was ist daran auszusetzen?“

„Es war ein weiterer entscheidender Sündenfall! Denn gleichzeitig entwickelten sich die Gemeinden sprunghaft und daraus wiederum eine Hierarchie. Aus den, der Gemeinde dienenden Presbytern wurden Bischöfe und aus dem Bischof der Stadt Rom deren Oberhaupt auf dem von euch erschwindelten Stuhl Petri…“

„Alles was du da erwähnst ist bestens bekannt, und ich kann nichts daran finden, was zu bemängeln wäre.“

„Geduld Franziskus, du erkennst offensichtlich noch nicht die Zusammenhänge, weil die Sache erst jetzt beginnt. Schau mal in dieses Fenster:“

(Fenster 6)

„Was ist denn das für ein Bienenhaufen?“

„Oh – mehr Respekt Franziskus, es ist euer erstes Konzil in Nicäa. Gut dreihundert Jahre nach Jesu Tod haben sich die machthungrigen Wichtigtuer zusammengefunden um ihre Version der zukünftigen Kirche durchzusetzen. Schau, das ist Kaiser Konstatin, der einmal mehr ein Machtwort spricht. Er will eine einheitliche Kirche mit staatsrechtlicher Grundlage – eine rein imperiale Massnahme, die den meisten von den anwesenden etwa zweitausend Bischöfen zuwider lief.

Schau, die zwei Bischöfe da in der Ecke, ihr Disput geht um unterschiedliche Versionen der Evangelien, von denen es damals mehrere Dutzend gab. Wenn du dir die Zeit nimmst da einmal hineinzuschauen, wirst du zwischen Heiterkeit und Scham hin und her gerissen, so sehr sind sie mit absurden Trivialtäten angefüllt.

Konstatin setzte entsprechenden Druck auf um seine Intentionen durchzusetzen.

Aber zurück zum Sündenfall eurer Kirche. Nach Konstatin tauchten plötzlich die schlau erfundenen Schriften der Apostolischen Konstitution auf, die dem braven Clemens von Rom unterschoben wurden. Das verstärkte nochmals die Macht der Bischöfe. Eine Macht, die bereits damals exzessiv missbraucht wurde. Wie du bestens weisst schreckten die Bischöfe in ihren Rivalitäten nicht vor gegenseitiger Exkommunikation und Mord zurück.“

„Ja, ich weiss. Jeder Hebel von Gewalt die der Macht diente wurde eingesetzt. Es war eine sehr unchristliche Zeit, aber was nützt mir das jetzt?“

„Du siehst den römisch imperialen Einfluss? Es ist sozusagen euer unbewältigtes Erbgut. Dieser Hang zur imperialen Macht steckt tief im kollektiven Unterbewusstsein der Kirche. Und wenn du in diese Zeit schaust, wirst du bei all dem Gerangel keine Frau finden, es sei denn, sie wird für irgendetwas geopfert.“

„Das ist doch Unsinn! Natürlich haben sich Frauen, von wenigen Ausnahmen abgesehen, nicht an den Machtkämpfen beteiligt. Aber unsere Geschichte ist reich an beherzten Kirchenfrauen.“

„Du bringst eure Vorzeige-Äbtissinnen ins Spiel, Franziskus. Aber die mussten die Bischöfe nicht fürchten, weil sie ja deinen Vorgängern direkt unterstellt waren. Wie gesagt, im Frühchristentum waren es die Frauen, die das liberal-integrative Gedankengut Jesu vehement vertraten. Sie kämpften um eine Zukunft des gegenseitigen Respekts zwischen den Geschlechtern und unter allen Zuständigkeiten. Eine friedfertige Zukunft, in die es sich lohnte Kinder hinein zu gebären.

Ja, bei eurer Spezies sind Frauen inhaltlich engagiert und Männer territorial orientiert – ob Durchsetzung mit körperlicher Gewalt, ökonomischer oder intellektueller Überlegenheit, es geht immer um die Ausdehnung und den Erhalt eines Territoriums.

Seit eurem Sündenfall, der Übernahme römisch-imperialer Strukturen, sind die Frauen mit ihren wahrhaft christlichen Ideen an der Machtpolitik der Kirche gescheitert.“

„Das Bild der Kirche, das du zeichnest, ist das eines Molochs!“

„Die Bewertung muss ich dir überlassen, ich bin einzig der Wirklichkeit verpflichtet.

Also halten wir fest, im zerfallenden römischen Imperium übernahm die Kirche zunehmend die Exekutivmacht.“

„Ja, ich habe es bisher noch nicht so gesehen, wahrscheinlich ist es wirklich der entscheidende Sündenfall. Soviel ich weiss, konvertierten viele römische Adelige senatorischer Herkunft zum Christentum um noch Aussicht auf eine politische Karriere zu haben. Ich weiss worauf du anspielst. Ja, es war der historische Sündenfall der römisch katholischen Kirche.“

„Gut, dann können wir auf dieser Tatsache aufbauen. Die Kirche hatte damit den imperialen Charakter Roms angenommen. Sie wurde zum Machtapparat, übernahm Unterhaltspflichten in der Infrastruktur, die Verwaltung des Steuerrechts und den Kriegsdienst. Mit jedem Schritt zu mehr Macht verblasste die christliche Ethik.

Alle Unarten des römischen Senats von Verleumdung bis zum Mord gingen nahtlos in die Kirchenhierarchie über.

„Ich mache dir ein weiteres Fenster auf.“

(Fenster 7)

„Ich sehe einen Maler bei seiner Arbeit es sieht aus, als male er Schiffe.“

„Es ist Giorgio Vasari. Gregor XIII gab ihm den Auftrag die päpstliche Kriegsflotte, die 700 Jahre zuvor gegründet wurde, im Hafen von Messina zu malen.

Wir müssen wohl nicht all die bischöflichen und päpstlichen Söldnertruppen jener Jahrhunderte erwähnen, die oft bemüht wurden, wenn die Ränkespiele des Klerus mit Gewalt durchgesetzt werden sollten.“

„Nein, das müssen wir nicht. Es war eine kirchengeschichtlich finstere Epoche. Päpste und Gegenpäpste, verschacherte Kirchenämter auf allen Ebenen

Macht und Vermögen standen im Vordergrund.

Ich weiss wenn der Glaube überhaupt eine Rolle spielte, dann in spitzfindigen akademischen Auseinandersetzungen, und das meistens nur um die persönliche oder kirchliche Macht durchzusetzen und auszudehnen.

Ja - ja, wie du sagst, die christliche Ethik blieb auf der Strecke. Ja, und bevor du es erwähnst, es wurde von uns mit dem üblichen Schleier des Verschweigens bedeckt. Es ist beschämend!“

„Du wirst mir auch zustimmen, dass die Machtentfaltung der mittelalterlichen Bischöfe keine einzelnen Nebenerscheinungen und die Ignoranz gegenüber kirchlicher Moral keine Ausnahme, sondern eher die Regel waren. Es handelte sich um eine Parallelwelt zur weltlichen Macht. Der kriegerische Reichsdienst und die Kirche waren über Jahrhunderte fest miteinander verbunden. Bischöfe wurden zu unabhängigen Statthaltern und unterhielten eigene Streitkräfte, die sie auch gegeneinander einsetzten.“

„Das ist lange her, inzwischen haben wir uns wieder auf die christlichen Werte besonnen.“

„Zumindest bestehen in diesem Sinn viele Bemühungen. Aber ich befürchte, dass du die tieferen Zusammenhänge noch nicht erkannt hast, Franziskus. Diese Jahrhunderte reiner Machtstruktur haben tiefe Spuren hinterlassen, die bis heute nicht überwunden sind.“

„Von welchen Spuren sprichst du?“

„Schau doch mal deine tägliche Wirklichkeit an. Gibt es ein Mitglied der Kurie, das nicht seine eigene Strategie verfolgt? Ist nicht überall der sorgsam versteckte Drang nach Macht zu spüren? Treten die wahrhaft christlichen Aspekte nicht weit hinter den persönlichen Interessen zurück? Steht der Erhalt einer ungebrochenen institutionellen Macht nicht weit vor einer wahrhaft christlichen Erneuerung? Alles das hat seinen Ursprung in der Historie.“

„Du meinst über all die Jahrhunderte gibt es noch eine Wirkung auf das gegenwärtige Verhalten; wie soll das möglich sein?“

Ich mache dir ein weiteres Fenster auf:

(Fenster 8)

Siehst du die Vögel auf den Milchflaschen?“

„Ja, offensichtlich picken sie die Verschlussfolie auf.“

„Um an den Rahm zu kommen, der sich im Flaschenhals abgesetzt hat. Es sind Meisen, sie hatten es vor dem zweiten Weltkrieg herausgefunden. Nach und nach erlernten es immer mehr von ihnen. In der Mangelzeit während des Krieges gab es vor den Haustüren keine Milchflaschen mehr. Eine grosse Zahl von Meisen-Generationen ging ins Land, ohne die Weitergabe dieser Erfahrung. Als dann endlich die Milchflaschen wieder auftauchten, beherrschten die dann lebenden Meisen dieses Verhalten sofort.“

„Das ist wirklich imponierend!“

„Siehst du Franziskus, selbst in der Tierwelt, in den kleinen Gehirnen von Meisen gibt es so etwas wie ein kollektives Unterbewusstsein. Die Epochen kreaturverachtender Prozesse kann man durch beharrliches Verschweigen durchaus vergessen machen. Aber ihre unterschwellige Wirkung werden sie behalten. Die Kirchenrituale tragen übrigens auch dazu bei, dass sie bis heute von euren Würdenträgern intuitiv aufgenommen werden.“

„Wodurch tragen wir dazu bei?“

„Alles was über die Jahrhunderte entstand, ist durch eure Rituale bis zum heutigen Tag bildhaft gegenwärtig. Es verkörpert die selbstgerechte Welt einer Drohnengesellschaft unter striktem Ausschluss der Frauen denn diese verkörpern ja die Sünde, ohne die viele von euch offensichtlich nicht sein können.“

„Es ist schrecklich! Trotzdem sehe ich keinen Grund für Ironie! Wenn ich mir aber unser bisheriges Gespräch vor Augen führe, sehe ich sehr wohl, wie du unseren gesamten Glauben in Frage stellst! Um was geht es dir wirklich? Denkst du in den übrigen Religionen geht es anders zu und her? Suchst du dort auch die Verantwortlichen heim, um sie ins Unrecht zu setzen?“

„Ach Franziskus du steckst so tief in eurer Glaubenstheorie, dass es dir offensichtlich unmöglich ist zu verstehen, worum es in unserem Gespräch geht. Deshalb beginne ich nochmals, aber diesmal grundsätzlicher. Schau hier:

(Fenster 8)

Siehst du diesen Ameisenstaat, sie kooperieren ohne individuelle Intentionen, ohne physischen oder psychischen Druck. Siehst du dieses Wolfsrudel, es kooperiert mit hoher Freiwilligkeit. Individuelles Abweichen würde körperlich, sogar existenziell bestraft. Bei allen sozial strukturierten Spezies geht es im Verhalten um die Sicherung des gemeinsamen Fortbestands.

Obwohl ihr genetisch auch sozial ausgerichtet seid, ist inzwischen bei euch Menschen das Bewusstsein der eigenen Individualität stark ausgeprägt, so stark, dass ein System von Sanktionen und Förderungen die soziale Anpassung bewirken soll. Über mehrere hunderttausend Jahre hat euer Gehirn soziale Werte aufgenommen, die unbewusst und bewusst wirken. Euer Gefühl für Recht und Unrecht, die Impulse für Mitgefühl und Hilfsbereitschaft und die Überwindung von Egoismen kommen aus diesen genetisch verankerten Werten.

Eure weiblichen Exemplare behüten ihre Nachkommen und sind am allgemeinen Wohlergehen interessiert. Sie profitieren sehr von einer möglichst hohen sozialen Qualität.

Die männlichen Exemplare tun dies grundsätzlich auch, aber sie haben zudem diesen unseligen Drang nach Expansion. Expansion verschafft ihnen die Illusion von Wichtigkeit und Grösse. Das geht so weit, dass viele sogar alles zerstörende Kriege anzetteln, einzig um die Einmaligkeit ihrer Grösse unter Beweis zu stellen.

Wir hatten davon gesprochen, dass als ordnendes Element Hierarchien bei euch Menschen unumgänglich sind. Durch solche hierarchischen Strukturen zu klettern ist die Lieblingsbeschäftigung der expansiv aufgeladenen Exemplare. Je nach dem, was sie bereit sind aufs Spiel zu setzen, sorgen sie dabei für Leid und Zerstörung.

Die physische Existenz hält durch Hunger, Krankheit und Unfall enorme Risiken bereit. Zudem bedroht sich die Menschheit durch gegenseitige Ausbeutung, die Hunger, Krankheit und Tod verursacht.

Bis zum heutigen Tag seid ihr von einer wirkungsvollen Kontrolle von Macht weit entfernt – und damit auch vom wirkungsvollen Verhindern des Machtmissbrauchs.

Um das eigene Elend zu überleben, haben Menschen seit Jahrtausenden an sich selbst Raubbau betrieben.

Und um diesen unabsehbaren Entbehrungen eine Hoffnung zu geben, eine Hoffnung die nicht durch schlechte Erfahrungen enttäuscht werden konnte, wurde sie jenseits eurer physischen Existenz deponiert, im sogenannten spirituellen Raum. Weil dies einem Grundbedürfnis aller Menschen entsprach, fingen einige Machthungrige an, diesen Raum zu systematisieren und zu verwalten, was ihr Religion nennt.

₺197,42

Türler ve etiketler

Yaş sınırı:
0+
Hacim:
200 s.
ISBN:
9783754181713
Yayıncı:
Telif hakkı:
Bookwire
İndirme biçimi:
Metin
Ortalama puan 0, 0 oylamaya göre
Metin
Ortalama puan 0, 0 oylamaya göre
Metin
Ortalama puan 0, 0 oylamaya göre