Kitabı oku: «Das verschwundene Schiff», sayfa 3

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Südwärts

Am nächsten Morgen verpasste Reto beinahe das Frühstück. Es wurde gestern noch sehr späht. Die Mädchen waren so aufgedreht, dass an Schlafen nicht zu denken war. Nach dem ersten Schluck Kaffee, nimmt er langsam seine Umwelt war. Es fällt ihm auf, dass der Seegang, im Vergleich zum Vorabend, deutlich stärker spürbar ist. Seine Ahnung scheint sich zu bestätigen, sie haben in der Nacht die Strasse von Gibraltar passiert und kreuzen nun im Atlantik. Die wenigsten Gäste machen sich Gedanken über den Kurs, doch Reto möchte gerne wissen, wohin die Reise geht. Nach seinen Schätzungen sind sie auf Südwestkurs.

Heute teile er den Tisch mit einer spanischen Flamencotruppe. Er verstehte Spanisch, doch lange nicht so gut wie englisch, deutsch oder französischFranzösisch. So bekommt er von seinen Tischnachbarn nicht viel mit, er fühlt sich auch noch zu müde, um der Unterhaltung zu folgen.

Auf dem Computer ist das neue Tagesprogramm aufgelistet. Heute gibt es einiges zu tun. Ab elf Uhr muss eine neue Show eingeübt werden. Noch vorher gibt es drei Kurzeinsätze für die Gästen, zwei Mal bringt er sie in die Massage und einmal Fitness. Auch bei denen vom Oberdeck ging es letzte Nacht recht turbulent zu. Wenigstens schliesst Reto das aus zwei aufgeschnappten Bemerkungen. Clementine konnte anscheinend ihre exhibitionistische Neigung voll ausleben. Dabei blieb sie nicht die einzige Dame, welche sich zur Show stellte.

Um elf Uhr treffen sich sechzehn junger Leute in einem kleinen Saal. Diesmal sind nicht nur Animateure in der Gruppe, zu Retos Freude, sind auch die Discoqueens aus Bayern und Köln mit von der Party. Etwas verlegen begrüsst er Jenny, wie sind ihre Gefühle nach der gestrigen Nacht? Seine Befürchtungen sind umsonst, sie meldet keinerlei Besitzansprüche an. Auch sonst hat sie die Nacht gut verkraftet. Sie macht sich keine Gedanken darüber, ob sie sich an der Party, zu sehr hat gehen lassen. Man ist nur einmal jJung und soll das Leben geniessen, ist ihr Motto für diese Kreuzfahrt. Auch ihre drei Freundinnen sind mit der gleichen Gelassenheit dabei.

Jetzt übernimmt Scot, welcher schon die Playbackshow organisiert hat, das Kommando. Mit einem Rock n Roll fordert er alle zum Eintanzen auf. Als guter Beobachter hat er bemerkt, dass die meisten noch nicht voll da sind. Er tanzt vor und schon bald ist die ganze Gruppe auf zack. Die Musik fährt ein und vertreibt die Müdigkeit.

Nach rund zehn Minuten sind alle schweissgebadet aber topp fit. Die Müdigkeit ist wie weggeblasen. Sie setzen sich im Kreis um den Chefanimateur. Nachdem sie sich etwas erholt haben, erklärt er, was er heute vorhat: «Ich habe hier Zettel, jeder zieht jetzt einen, darauf steht, welche Rolle er dann spielen muss. Ihr werdet gleich sehen wie das geht, es ist ganz einfach.»

Gespannt faltet Reto den Zettel auf. Tarzan steht drauf. Er soll wohl Tarzan spielen. Jetzt wartet er gespannt, was sonst noch zur Auswahl steht. Nun, als Tarzan fühlt er sich wirklich nicht, eher wie ein Spargeltarzan. Gespannt schielt er auf den Zettel seiner bayrischen Nachbarin. Sie muss als Cleopatra auftreten. Auf der andern Seite sitzt Judy, eine dunkelhaarige Französin, «und was hast du gezogen?»

«Ich, - Monika Lewinsky, ist das nicht die mit Billy Clinton?»

«Ja», entgegne Philipp, der Assistent von Scot, mit einem leichten Schmunzeln, «das ist die mit der Zigarre.»

«So was mache ich aber nicht», entgegnet sie entrüstet.

«Ist jemand mit seinem Zettel nicht zufrieden», fragt Scot.

Jetzt meldet sich Judy, «ja ich!»

«Du kannst gehen, - Philipp bringt dich nach draussen, du bekommst eine neue Aufgabe für heute Abend.»

Die beiden verlassen zusammen den Saal. Scot denkt kurz nach, dann fragt er: «Will eine von Casanovas Gespielinnen tauschen? Ich wäre sehr froh, sonst fällt die Nummer ins Wasser.»

«Wer spielt den Clinton», fragt eine Blonde.

«Das bin ich», meldet sich Bennie, ein grosser irischer Fussballspieler, in gebrochenem Deutsch, er ist eine stattliche Erscheinung und hat unter den Damen sicher eine Verehrerin.

«Gut», meldet sich Ronda, «ich übernehme das.»

Nun beginnt das Training. Reto erhält mit Leslie, der blonden Schwedin, die ideale Jean zugeteilt.

«Wir üben nur trocken, die richtige Show steigt erst heute Abend, dann bekommt ihr auch die passenden Outfits.»

Die Regieanweisungen von Scot sind eindeutig, er erwartet mehr, als dass Tarzan nur der Jean nachrennt, es muss schon etwas zur Sache gehen.

«Wir treten heute nicht in einem Kinderclub auf, die Gäste stellen hohe Ansprüche», er untermauert seine Aussage mit einer eindeutigen Geste.

Reto studiert mit Leslie noch eine Stunden lang das Drehbuch. Leslie scheint mit der Rolle keine Probleme zu haben, wie es bei Reto vor Publikum klappt, weiss er noch nicht, auf jeden Fall macht ihn der Auftritt nervös.

Den Nachmittag verbringen alle am Pool, das Wetter ist sehr schön und es ist trotz eines frischen Windes, sehr heiss. Wie schon gestern ist die Stimmung sehr locker. Viele junge Mädchen tanzen im Pool. Leslie ist nicht am Pool, deshalb schliesst sich Reto den deutschen Girls aus Bayern und Köln an, auch sie fiebern angespannt dem heutigen Abend entgegen. Lilo und Hanna, spielen die Gespielinnen von Casanova, Yvonne wird es als Hauptdarstellerin in Geschichte einer O, auch nicht einfach haben. Ariane hat es als Zofe von Cleopatra, am einfachsten.

Im Verlauf des Nachmittags sind noch drei kleine Aufträge auszuführen. Eine ältere Dame will zur Massage und zwei Herren haben das Bedürfnis für Fitness, die Aufträge sind schnell erledigt, das Trinkgeld für die Botengänge ist leicht verdientes Geld. Das erste Mal ist Reto froh um diese Jobs, es lenkt etwas ab. Beim Nachtessen sucht Reto am Buffet unbewusst nach Eiersalat, als er es bemerkt ist es schon zu spät, «hast du das nötig», fragt Ariane und wirft einen fragenden Blick auf seine Hose.

«Man kann ja nie wissen, sicher ist sicher», entgegnet er, «vielleicht muss ich noch Cäsar aushelfen, da will ich mich nicht blamieren».

«O. K. dann also noch Selleriesalat oben drauf, das soll auch gut sein!»

«Wieso kennst du dich da aus?»

«Sowas lernt man, wenn man einen älteren Freund hatte», antwortet sie schlagfertig, «aber das ist jetzt vorbei.»

So harmlos die Unterhaltung schien, Reto macht sie noch nervöser. Er ist erleichtert, als es endlich in die Garderobe geht. Das Kostüm ist kaum als solches zu bezeichnen, dann geht es endlich los, sie müssen als erste raus. Jean sitzt an einem künstlichen See und kämmt sich die langen blonden Haare, Tarzans Urschrei aus dem Lautsprecher erschreckt sie. Mit einem Satz springt Reto auf die Bühne. Jean will sofort flüchten, bleibt wenig später wie angewurzelt stehen und betrachtet ihn verwundert. Er schleicht um sie herum, immer näher, die Augen nur auf ihre tolle Figur gerichtet.

Jean beugt sich leicht vor, ihr Busen fällt dabei beinahe aus den zu einem BH zusammengeknoteten Blättern. Nochmals stösst Tarzan einen lauten Schrei aus und trommeltle mit den Fäusten wie ein Gorilla auf seine Brust, wirklich, bei Retos Figur keine sehr eindrückliche Drohgebärde. Die Wirkung auf Jean ist anders als erwartet, statt dass sie Angst bekommt, wirkt sie jetzt interessiert, sie streckt ihre Hand aus und will ihn betasten. Zweimal zuckte er zurück, dann gehte er selber in die Offensive und greift nach den Blättern. Sie weicht zurück mit dem Ergebnis, dass Tarzan die Blätter in der Hand hält und Jeans toller Busen unverhüllt betrachtet werden kann. Der darauf folgende Ringkampf führt dazu, dass beide ihre letzten Kleidungsstücke verlieren. Jetzt ist Jean nicht mehr zu halten, ihre Hände tasten seinen Körper ab. Der Eiersalat beginnt zu wirken. Auch Retos Hände gleiten forschend über Jeans Körper und nach einigen fragenden Blicken, was man mit dem Sellerie gestärktem Ding anstellen könnte, finden sie schliesslich die richtige Stelle, wo es hinpasst.

Nun hat der Regisseur ein Einsehen mit den beiden und lässt den Vorhang fallen, der Applaus ist stürmisch, das Publikum ist zufrieden.

«Ihr zieht eure Kostüme wieder an und setzt euch an die Bar», ordnet Scot an «ich rufe euch dann, wenn die Show vorbei ist.»

Es dauert nicht lange und Leslie alias Jean, wird an der Bar von älteren Männern umringt. Reto wird der enge Kontakt zu den Herren unangenehm, er weicht nach rechts aus, dort sind zwei Damen über vierzig in ein intensives Gespräch verwickelt. Sie deuten an, dass seine Anwesenheit in keiner Weise stört, lassen sich aber nicht in ihrem Gespräch unterbrechen.

Reto versucht dem Gespräch zu folgen, sicher sind sie in irgendwelchem Klatsch und Tratsch vertieft. Während die dunkelhaarige, welche jetzt direkt neben ihm sitzt, weiter von grossen Summen und gebundenem Kapital redet, tastet ihre Hand ganz unauffällig Retos Bein entlang.

Claire, so heisst die Frau mit den zarten Händen, kommt aus Genf und hat einiges im Kopf. Sie bombardiert ihre Gesprächspartnerin mit Zahlen. Nur langsam versteht Reto um was es geht. Sie ist der Meinung, dass die Wirtschaft grössere Summen investieren könnte, wenn man statt des alteingesessenen Systems, dass am fünfundzwanzigsten jedes Monats Zahltag ist, zu einem gestaffeltes Zahlungssystem übergehen sollte.

«Das geht doch nicht, - stelle dir vor, wie die Arbeiter sich beschweren würden, wenn sie den Zahltag immer an einem anderen Tagen bekommen würden, die machen da nie mit.»

«Natürlich muss das gerecht gehandhabt werden», erklärt sie, «wer am zehnten Zahltag hat, muss seine Rechnungen auch erst am sechzehnten Tag des Monats begleichen. Dagegen müssen die welche am sechzehnten Zahltag haben, ihre Rechnungen erst am einundzwanzigsten begleichen. Ich denke, dass man mit vier Gruppen auskommen würde. Die Gruppen könnten zum Beispiel in der Schweiz, nach den ersten drei Ziffern der AHV-Nummern gruppiert werden, bis Nummer zweihundertfünfzig hat am ersten Zahltag, die folgenden bis fünfhundert haben am siebten Tag ihr Geld auf dem Konto. Wer also in der zweiten Gruppe zugeteilt ist, muss seine Rechnungen bis zum einundzwanzigsten Tag begleich, es haben also alle die gleichen Bedingungen.»

«Ja, und wozu das alles?»

«Das habe ich dir doch vorhin erklärt», jetzt wird sie etwas ungeduldig, «der Geldfluss wird geglättet, die Firmen müssen nicht auf einmal so grosse Beträge bereitstellen, um damit die Löhne zu bezahlen. Die Lohnsumme wird nur noch ein viertel betragen, das hHeisst, es kann mehr Geld investiert werden. Das leuchtet doch ein, - oder?»

Das Oder war auch an Reto gerichtet, der nickt zustimmend, «siehst du, er hat auch etwas im Kopf.»

«Bist du sicher, dass er es begriffen hat, fragt die blonde Dame, «der tut doch nur so.»

«Vielleicht hast du recht, er ist etwas schwer von Begriff, manchmal muss man etwas nachhelfen», sie schaut ihn vorwurfsvoll an, und fragt: «Wie ist das jetzt genau?»

Dabei nimmt sie seine Hand und legt sie zwischen ihre Schenkel, wobei sie den Rock noch etwas hochzieht.

«Nun», beginnt Reto etwas verlegen und tastet sich mit dem Finger weiter vor, «also, nach dem alten System ist kurz vor dem fünfundzwanzigsten alles Geld auf der Bank, die Bank kann es aber nicht investieren, man weiss ja, dass am sechsundzwanzigsten der grösste Teil wieder abfliesst.»

«Siehst du, er hat es doch begriffen», meint Claire, wobei er vermutet, dass sie mehr seine Fingerfertigkeit meint, als seine Erklärung, «mach schön weiter.»

«Jetzt findet man das Geld wieder auf den Arbeiterkonten der Bank», erkläre er weiter und bemüht sich gleichzeitig, tiefer einzudringen, «wieder kann die Bank nicht viel mit dem Geld anfangen, den jetzt wandert es langsam wieder ab und verlagert sich in die Kassen der Kaufhäuser, welche dann ihrerseits die Rechnungen bei den Firmen begleichen. Im Laufe eines Monats wird viel Geld auf Konten verschoben, ohne dass es Zeit hat, richtig zu arbeiten.»

«Na also», sie stöhnt mehr, als sie spricht, «ein geschicktes Bürschchen.»

«Durch den rotierenden Zahltag müsste die Banken weniger flüssige Mittel bereitstellen, könnten also mehr investieren. Das gleich gilt für die Firmen. Allerdings funktioniert es nur dann, wenn die Zahlungstermine der Rechnungen entsprechend angepasst werden, ich denke, das würde auch die Bearbeitungsspitzen in den Buchhaltungen etwas abbauen, eine sehr vernünftige Idee, gratuliere.»

Nun bebt Claire richtig unter seiner heftiger werdenden Massage. An einem Gespräch auf hohem Niveau ist sie nicht mehr interessiert. Lakonisch fragt sie ihre Freundin, «wie war das eigentlich mit deinem Kerl in Kuba?»

Nun erklärt ihre Freundin detailliert die Vorzüge das grossen Kubaners auf. Die Erklärung ist so ausführlich, dass sie jedes Mal erbebte.

Inzwischen ist der nächste Showblock angesagt. Cleopatra verführt den Cäsar nach allen Regeln der Kunst und benutzt dazu auch ihre Dienstmädchen, welche tüchtig mithelfen müssen. Gleichzeitig ist Claire so erregt, dass sie am ganzen Körper zittert.

«Was hast du», fragt ihre Nachbarin, «verträgst du das Essen nicht? Hast du Bauchschmerzen?»

«Nur einen kleinen Krampf, es ist gleich vorbei, danach fühle ich mich wieder ausgezeichnet.»

Sie öffnet ihre Handtasche und hält Reto einen hundert Euroschein hin, «da, das ist für die perfekte Zusammenfassung meiner Erklärung, doch jetzt wollen wir die Show allein geniessen.»

Reto verabschiedete sich und stecke den Euroschein in seiner Hose. Er sucht die Toiletten auf, seine Finger brauchen dringend eine Reinigung. Als Reto mit sauberen Händen zurück an die Bar kommt, beschäftigt sich auf der Bühne Casanova mit seiner ersten Geliebten. Er setze sich diesmal neben Cäsar und beobachte die Vorführung seines Kollegen. Dabei hält er sich aus Gesprächen heraus. Es reicht, die Männer an der Bar zu beobachten. Es handelt sich mehrheitlich um ältere Herren, er schätze, dass mit dem Verkauf von Viagrahtabletten ein guter Umsatz erzielt werden könnte.

Einige haben junge Mädchen neben sich, welche ich nachmittags bereits auf dem unteren Deck am Pool gesehen habe. Andere sitzen in kleinen Gruppen zusammen und diskutieren, wobei mal über die Darbietungen von Casanova diskutiert wird, mal geschäftliche Themen erörtert werden. Es scheint schon eine sehr elitäre Gesellschaft hier vertreten zu sein. Einige Gesichter kommen Reto bekannt vor, allerdings sind es nicht Leute die jeder kennt, es sind die Leute die im Hintergrund wirken, Leute aus der zweiten Reihe, es sind die Leute, welche die Entscheidungen vorbereiten.

Der Barmann schiebt Reto einen Zettel hin. Er wird aufgefordert, sich in der Garderobe zu melden. Auch Cäsar und seine Kollegen müssen zurück in die Garderobe.

«Ihr könnt euch jetzt zurückziehen», erklärt Scot, «für heute habt ihr Feierabend».

Grete, eine der Discoqueens aus Bayern, lädt die Gruppe noch in ihre Kabine ein, sie will noch nicht schlafen.

«Ich bin etwas enttäuscht», erkläre Reto, «zu gerne hätte ich noch beobachtet, was im Büro des amerikanischen Präsidenten so abläuft.»

Sie diskutieren über die illustereillustre Gesellschaft auf dem Oberdeck. Casanova ist sicher, dass der eine Herr Abgeordneter im Europaparlament ist. Nur sein Name kommt ihm nicht mehr in den Sinn, er ist sicher aus Belgien, das hört man an seinem Akzent. Grete ist sicher, dass der eine Herr bei einem Schmiergeldskandal eine Rolle spielte, aber wie das war, kann sie auch nicht mehr genau sagen. Zu reden gibt auch die Tatsache, dass das Schiff noch keinen Hafen angelaufen hat. Man will unter sich sein. Seit sie an Bord sind, gibt es keinen Kontakt mehr zur Aussenwelt und das scheint nicht nur auf dem Unterendeck so zu sein, sondern auch bei den noble Herrschaften. Das finde Reto etwas sonderbar, in diesen Kreisen ist doch dauernd ein geschäftliches Gespräch zu führen, wie haben sich diese Leute wohl organisiert. Irgendwie müssen doch ihre Geschäfte weiterlaufen, sie können doch nicht einfach eine Pause einlegen. Nun, das ist ihr Problem, aber seltsam ist es schon. Rund eine Stunde später löst sich die kleine Party auf, jeder geht in seine Kabine.

Kurz bevor Reto sich hinlegen will, summte das Telefon. Die Tage an Bord werden immer anstrengender. Er schaut auf dem Computer nach, er hat tatsächlich um diese Zeit noch einen Job zu erledigen, an der Bar muss er Kenneth, einen irischen Unternehmer, abholen. Der hat offensichtlich noch Lust auf eine Spezialbehandlung. So wird der Raum beschrieben, in den Reto ihn bringen muss.

Er betritt die Bar und sucht nach Kenneth. Die Beleuchtung ist noch düsterer als vorher und er kann das vereinbarte Zeichen nicht sofort erkennen. Auf der Bühne läuft wieder eine Show, allerdings sind keine Darsteller aus der AnimateurgruppeAnimateur Gruppe beteiligt. Die Bühne ist nur schwach beleuchtet und man kann nur erkennen, dass eine SM-Szene geboten wird. Ein Mädchen ist so verschnürt, dass sie sich nicht bewegen kann. Fünf Männer in Lederkleidung mit offenem Schritt, stehen um sie herum und betasten das Mädchen. Sie windet sich und versucht sich den Berührungen zu entziehen, allerdings ist sie so verschnürt, dass sie keine Möglichkeiten hat, sich gegen die Männer zu wehren.

«Du suchst sicher mich», meldet sich nun der lange Ire bei Reto, «komm, bring mich hier weg, nur zuschauen macht kein Spass.»

Reto ist es recht so, das ist gar nicht seine Welt, wie können sich Frauen nur für so etwas hergeben. Sie verlassen die Bar. Die Gänge sind verlassen, der Ire ist bester Stimmung, offensichtlich hat er schon einiges getrunken.

«Die Kleine hat sich ganz schön gewehrt», meint er belustigt, «aber sie hatte keine Chance, nun muss sie einiges einstecken, die Lewinsky spielen wäre sicher einfacher gewesen, nun, das hat sie jetzt davon.»

«Was heisst das, - Lewinsky spielen?»

«Nun, sie war sich zu fein dazu, jetzt kann sie es mit fünfen oder noch mehr aufnehmen, so kann sie Hemmungen abbauen.»

Nun wird Reto langsam klar, dass muss Judy die Französin sein. Am liebsten wäre er umgekehrt und hätte sie dort rausgeholt. Doch das würde nicht so einfach sein, die werden sicher keine Spielverderber akzeptieren, da muss man schon etwas vorsichtiger agieren.

Er ist erleichtert, als der Iren endlich in der besagten Kabine abliefert ist. Eine Dame im Lederkostüm öffnet die Türe, hoffentlich besorgt sie es dem Glatzkopf, sie sieht eher wie eine Domina aus, als nach einer Sklavin und so hat sie Kenneth auch empfangen, er wird hoffentlich seine Ttracht Prügel einstecken.

Das Schiff wird Reto immer unheimlicher, auf was hat er sich da eingelassen? So ein bisschen Erotik, das geht ja noch, doch was die mit Judy anstellen, das geht zu weit.

Er entfernte sich von der Kabine. Immer wieder ertappte er sich dabei, dass er umkehren möchte, um zu beobachten, ob noch andere Leute in die Kabine gebracht werden. Aber es ist es zu gefährlich? Wenn die Gänge mit Kameras überwacht werden, was dann? Nun was sie in diesem Fall mit ihm anstellen würden, das lässt sich sehr einfach ausrechnen, sie hätten ein Opfer mehr für ihre SM-Spiele. Darauf hat er nun gar keine Lust und sucht den kürzesten Weg zu seiner Kabine. Unterwegs beobachtet er die Wände und Türen. Kameras sind keine zu erkennen, aber die Türen scheinen überwacht zu werden, an jeder Türe gibt es Sensoren, die melden der Zentrale zumindest, ob sie offen oder zu ist. Reicht das aus, das Schiff zu überwachen? Jetzt gibt es noch drei Türen bis zu seiner Kabine, er will noch einen kleinen Test veranstalten, wie reagieren sie auf Ereignisse und wenn ja, wie schnell?

Er lässt seinen Geldbeutel so fallen, dass alles Kleingeld im Gang verstreut wird, nun beginnt er es einzusammeln. Langsam füllt sich der Geldbeutel wieder, ohne dass jemand auftaucht, hat er sie überschätzt, bildet er sich das mit der Überwachung nur ein? Er steckt eben das vermeintlich letzte Geldstück ein, als ein Kleiderschrank von einem Mann im Gang erscheint.

«Hast du ein Problem?»

«Jetzt nicht mehr, meine Geldbörse ist mir heruntergefallen, ich denk, dass ich das Meiste wieder eingesammelt habe, es fehlen höchstens noch ein paar Cents, das ist nicht so wichtig, die Putzfrau wird sich freuen.»

«Da ist noch ein Fünfziger!», freut sich der Riese und reicht es Reto.

«Danke», entgegnet der und macht sich auf den Weg in seine Kabine.

Sie sind zwar nicht die Schnellsten, doch dafür sind sie sehr furchteinflössend. Die scheinen noch mehr von diesen Supermännern an Bord zu haben, nur eigenartig, dass man sie nie an Deck sieht. Wo verbringen sie den Tag? Wer sind sie und wer ist ihr Chef? Sie machen mir nicht den Eindruck, als ob sie sich selber organisieren würden, die werden manipuliert, doch von wem?

Nun muss er sich schnell in seine Kabine zurückziehen, sonst gerät er noch unter Verdacht, die Nummer mit dem Geldbeutel wurde ihm abgenommen, doch jetzt darf er nicht mehr auffallen.

Im Zimmer schaut er sich unauffällig um und sucht nach Kameras und Mikrofonen. Er kann nichts finden. Immer wieder muss er an Judy denken, er kommt sich als Feigling vor, doch dann muss er sich eingestehen, dass es nicht klug währe, wenn er jetzt schon etwas unternehme würde. Man muss seinen Gegner zuerst kennen, erst dann darf man etwas gegen ihn unternehmen.

Zurzeit geht seine Vermutung dahin, dass sich die reichen und einflussreichen Damen und Herren auf dem Oberdeck diese Reise ausgedacht haben, um ausgiebig ihre sexuellen Perversionen auszuleben. Die Meisten auf den unteren Decks wurden durch Gratistickets oder mit guten Jobs auf das Schiff gelockt. Wenn Reto den Kurs des Schiffes richtig einschätzte, so kreuzt es jetzt weit draussen im Atlantik, irgendwo zwischen Afrika und Südamerika. Sicher weit weg von Handyantennen und den wichtigsten Schifffahrtsrouten.

Was haben diese Leute mit einem Schiff vor? Denken sie, dass sie alles kontrollieren können? Irgendwann wird sich der Widerstand formieren und dann wird es schwierig, die Kontrolle zu behalten. Soll man jetzt schon damit anfangen? Ist Reto der Einzige der gemerkt hat, was hier los ist? Soll er sich nach Leuten umsehen, welche sich ebenfalls gegen das Oberdeck stellen? Ein gefährliches Unternehmen, es muss schon gut geplant werden, deshalb wird er heute noch nichts unternehmen. Morgen wird er gespannt die Augen offen halten. Vielleicht fällt ihm ein Schwachpunkt auf oder er kann jemand finden, welcher ihn beim Widerstand unterstützt.

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