Kitabı oku: «Der Politiker», sayfa 3
Die Währungsreform /1924
Bis im Herbst hat Franz sein Lager komplett von Lebensmittel in Wertgegenstände umgetauscht. Damit hat sich auch der Wert der Ware gesteigert und ist einfacher vor den Franzosen zu verbergen. Ein Teil der wertvollen Gegenstände hat er in eine Blechschachtel verpackt und im Garten vergraben. Danach hat er den Bereich des Gartens umgegraben und zu einem Gemüsebeet umfunktioniert.
Sorgen bereiten ihm die Nähmaschinen und die Mopeds. Die lassen sich nicht so einfach verstecken, deshalb hofft er, dass ihn die Franzosen weiterhin nicht besuchen. Trotz dem Risiko das er eingeht, fühlt er sich besser. Den Verlust der Mopeds könnte er verkraften und die Nähmaschinen hat er im Keller in einer Mauernische gut versteckt.
Im Amtshaus sind die Franzosen sehr gründlich. Alles was sich in Geld umwandeln lässt, wird beschlagnahmt. Er ist sich nicht sicher, ob die beschlagnahmte Ware, alle dem französischen Staat abgeliefert werden, aber das ist nicht sein Problem.
Wenn er am Morgen zur Arbeit im Büro erscheint, kontrolliert er als erstes die eingegangen Telegramme. Er wartet, dass die Regierung in Weimar endlich Massnahmen gegen die Inflationen einleiten, inzwischen zahlt man bereits mit Billionen. Nur, wie kommen sie aus dieser Spirale heraus? Die Rentenmark hat etwas Stabilität gebracht, doch die wirkt nur beim Bezahlen von grossen Beträgen, wie sie der Staat oder Industrieunternehmen leisten müssen. Auf der Strasse zahlt man immer noch mit der Papiermark. Allerdings nur theoretisch, in der Praxis läuft alles nur noch über den Schwarzmarkt im Tauschhandel.
Täglich erwartet Franz deshalb auf eine Reaktion aus Weimar. Wie die aussehen wird, kann er sich schlecht vorstellen. Beginnen die mit dem Drucken von Rentenmark?
Inzwischen hat sich ausbezahlt, dass es von seinem Kredit den er seinerzeit aufgenommen hatte, keine Belege gibt. Die Tilgung von Schulden mit Papiergeld wurde für ungültig erklärt und diese Schulden wurden in Rentenmark umgewandelt.
Wer seine Schulden offiziell mit Papiergeld auf Null abbezahlt hatte, sieht sich jetzt mit einer Hypothek in Rentenmark belastet.
Da Franz bei seiner Transaktion keine schriftlichen Spuren hinterlassen hat, wird keine Schuld angerechnet. Für die Behörden gehörte ihm das Grundstück schon vor dem Krieg, deshalb muss er nur für jeden Quadratmeter Fläche eine Grundgebühr entrichten.
Am 28. August 1924, einem Freitag, ist es soweit. Mit einem Telegramm informiert die Regierung, dass die Rentenmark in Reichsmark umgewandelt wird. Eine Rentenmark entspricht einer Reichsmark, dagegen lässt sich die Papiermark nur im Verhältnis von 4,2 Billionen zu eins in eine Reichsmark umtauschen. Da kommen einig schlecht weg, sie verlieren ihr ganzes Vermögen. Der offizielle Zeitpunkt der Einführung ist der 30. August. Ab Montag gibt es die Papiermark als Zahlungsmittel nicht mehr.
Endlich denkt Franz. Nun kann er daran denken, die Warenwerte in Geldwert umzutauschen. Es eilt allerdings nicht. Für die täglichen Ausgaben reicht der Lohn als Beamter aus. Der Bürgermeister hatte, nachdem er das Telegramm aus Weimar gelesen hatte entschieden, dass der Lohn diesmal nicht am Freitag in Papiergeld ausbezahlt wird, sondern erst am Montag. Bis dann sollten die ersten Noten in Reichsmark geliefert sein. Dies wurde im Telegramm zugesichert.
Am nächsten Samstagmorgen gräbt Franz im Garten seine ersten Uhren aus. Danach macht er sich auf den Weg zu Goldbergs Geschäft. In der Tasche hat er zwei teure Uhren. Er ist gespannt, wieviel ihm Goldberg bietet.
Als er eintritt klingelt das Glockenspiel, welches über der Türe aufgehängt ist. Noch ist niemand im Geschäft, so kann er sich etwas umschauen. Leider sind an den ausgestellten Uhren keine Preise befestigt. Aus der Werkstatt betritt eine Frau den Laden. Franz ist überrascht, damit hat er nun nicht gerechnet.
«Witwe Kunz, äh Maria», stammelte er etwas verwirrt, «was machen sie, äh, machst du den hier?»
«Ich werde in drei Wochen Frau Goldberg!», verkündet sie nicht ohne Stolz.
«Du heiratest Josef», fragt er erstaunt, «ja geht denn das?»
«Warum nicht?», fragt Maria.
«Du bist doch katholischen, wenn ich mich richtig erinnere.»
«Ich war katholischen», korrigiert Maria, «ich werde Jüdin.»
«Aber du kannst doch der Kirche nicht den Rücken kehren, das geht doch nicht.»
«Doch, ich war nie eine überzeugte Christin, ich hatte immer Zweifel am Papst. Zudem sagt der Rabi, welcher mich zur Jüdin macht, ich könne für mich denken was ich wolle. Es sieht ja keiner, aber als Josefs Frau muss der Schein gewartet bleiben. Die jüdischen Rituale muss ich mitmachen. Der jüdische Kochkurs hat mir sehr geholfen, ich konnte vorher gar nicht kochen.»
In dem Moment betritt Josef den Laden. Erstaunt begrüsst er Franz. Mit ihm hat er nicht gerechnet.
«Grüsse Gott Franz», er reicht ihm die Hand, «das ist eine Überraschung, hat dir Maria schon erzählt?»
«Dass ihr heiratet, ja das hat sie eben erzählt. Ich gratuliere, das ist eine Überraschung. - Gut wenn man bei der Abschlussfest genau hingeschaut hatte, so konnte man es erahnen.»
«Du bist also nicht zum gratulieren gekommen, was kann ich für dich tun? Brauchst du eine Uhr?»
«Nein, meine alte Taschenuhr läuft noch gut», dabei zieht er die Uhr an einer goldenen Kette aus der Jackentasche, «ich habe da von einer Tante ein Uhr bekommen, ich möchte sie dir verkaufen.»
Dabei zieht er eine Armbanduhren aus seinem Hosensack und streckt sie Josef hin. Der begutachtet die Uhr gründlich.
«Eine Tante hat sie dir vermacht? - Ein sehr schönes Kunstwerk, leider kann ich nicht soviel Geld investieren, meine Ersparnisse sind alle draufgegangen und jetzt noch die Hochzeit, es geht einfach nicht.»
«Das verstehe ich, wie wäre es, wenn du für mich die Uhr verkaufst? - Natürlich mit einer Provision.»
«Das liesse sich eher machen, allerdings verkaufe ich lieber die Uhren von meinem Lieferanten. Ich muss da eine gewisse Menge Uhren abnehmen, sonst bekomme ich schlechtere Konditionen.»
«Verständlich», Franz merkt, dass er Konzessionen machen muss, «du könntest dreissig Prozent für dich behalten.»
«Das ist zu wenig, das Geschäft läuft nur bei fünfzig zu fünfzig, das ist mein letztes Wort.»
Schliesslich einigen sie sich auf vierzig Prozent für Josef. Das ist mehr, als Franz gerechnet hat. Nur, was bleibt im anderes übrig? Er muss dem Geschäft zustimmen.
«Gut Josef, weil du es bist», er reicht ihm die Hand, um das Geschäft zu beschliessen, dann zieht er noch die zweite, etwas weniger wertvoll Uhr aus dem Hosensack, «dafür verkaufst du die ebenfalls. - Abgemacht?»
Josefs nimmt die Hand und willigt in den Handel ein.
«Du glaubst nicht, was ich eben erfahren habe», erklärt Franz seiner Frau Rosa, als er nach Hause kommt, «Maria und Josef heiraten.»
«Waren die nicht verheiratet?»
«Nicht die aus der Bibel», erklärt er entrüstet, «die waren übrigens auch nicht verheiratet, das solltest du wissen, ich meine Witwe Kunz und Goldberg.»
«Ach die beiden vom Schulfest»?
«Genau die meine ich.»
«Mich überrascht das nicht, die konnten schon damals kaum voneinander lassen.»
«Schon, aber er ist doch Jude», gibt Franz zu bedenken.
«Das spielt doch keine Rolle, sie ist doch froh, hat sie endlich wieder einen Mann hat. Was für einen ist doch egal.»
«Der Josef ist übrigens ein sehr guter Geschäftsmann. Ich musste zu schlechteren Bedingungen verkaufen, als ich eigentlich vorhatte.»
«Was, du schliesst zu schlechteren Bedingungen ab, als du vorhattest?»
«Manchmal muss man zurückstecken», erklärt er bestimmt, «ich muss das gesamte Geschäft im Auge behalten. Von dem könnte der Wilhelm noch etwas lernen.»
«Jetzt mach mal einen Punkt. Der Wilhelm soll nicht zum Halsabschneider erzogen werden, wenigstens jetzt noch nicht.»
«Ein guter Geschäftsmann muss doch kein Halsabschneider sein. Doch wenn er überleben will, braucht es eine gewisse Härte, natürlich muss er auch sein Handwerk verstehen und das beherrscht der Josef.»
Damit ist die Diskussion beendet. Rosa bittet zu Tisch, das Abendessen steht an.
Der Franz hatte sich in Josef nicht getäuscht, als er nach drei Wochen wieder bei ihm vorbei schaute, drückte er ihm einen Bündel Reichsmark die Hände. Beide Uhren konnte er zu einem höheren Preis verkaufen, als sie als Minimalpreis ausgehandelt hatten. Der Josef hatte die Uhren noch total überholt und auf Hochglanz poliert. So kam er der höhere Preis zustande.
Um die Geschäftsbeziehung weiter zu pflegen, kramte Franz weitere drei Uhren aus dem Hosensack. Auf das Märchen von seiner Tante verzichtet er, das würde ihm der Josef eh nicht mehr abnehmen. Er informiert ihn, dass er einige Tauschgeschäfte abschliessen konnte, als man noch mit Billionen bezahlte.
Dem Josef ist das egal, er kann ein gutes Geschäft immer brauchen, die Hochzeit nächste Woche ist nicht günstig, ärgerlich, dass man das Fest nicht früher zur Zeit des Papiergelds organisiert hatte, aber besser spät als nie. Er ist so froh, dass der Joshua wieder eine Mutter bekommt. Noch mehr freut ihn, dass das auch der Joshua so sieht. Dass als Abfallprodukt, die einsamen Nächte zu Ende sind, ist ein weiterer Vorteil.
Die goldenen zwanziger Jahre /1925
Rosa ist aufgeregt. Sie muss aus Wilhelm einen flotten Burschen kreieren und dabei sollte sie sich selber zu Recht machen. Dazwischen hat auch Franz noch Spezialwünsche. Die Zeit wird knapp.
«Die Krawatte kannst du später noch im Zug richten», schickt sie Franz weg, «schau lieber, dass der Wilhelm sich nicht noch schmutzig macht.»
Endlich ist es geschafft. Der Franz schliesst das Haus ab. Der Hund bleibt als einziger zurück. Auch Willi ist gespannt, es ist das erste Mal, dass er weiter aus Worms rauskommt, als man bei einem Fussmarsch bewältigen kann.
Die Familie Wolf besucht das erste Mal ihre Verwandten bei Kassel. Sarah, die Urgrossmutter von Rosa hat sie eingeladen. Sie feiert ihren siebzigsten Geburtstag. Noch vor einem Jahr wäre eine solche Reise nicht möglich gewesen. Sie hätte nicht nur viel zu viel gekoste, sondern hätte viel zu lange gedauert. Natürlich hätten auch die Franzosen etwas dagegen gehabt.
Inzwischen hat sich die finanzielle Lage bei Familie Wolf deutlich verbessert. Viel Bargeld besitzen sie immer noch nicht. Franz hat ein beträchtliches Aktienpacket eingekauft. Für diese Reise musste er ein Moped verkaufen, aber das ist es Wert. Die Preise sind in letzter Zeit stark gestiegen. Doch jetzt hat in Bayern eine Fabrik mit der Produktion von neuen Motorrädern begonnen, es dürfte in absehbarer Zeit kein Mangel an Mopeds mehr geben.
Zuvor gibt es ein grosses Problem zu bewältigen. Wegen dem Eisenbahnerstreick fahren in Worms keine Züge. Sie müssen zuerst den Rhein in einem Boot überqueren, was leider nur illegal möglich ist. Doch die Schmuggler haben den Grenzübertritt im Griff, ausser dass es was kostet, gibt es keine Probleme. Ein Boot bringt sie bis Lampertheim, dort wartet eine Kutsche, welche sie zum Bahnhof von Heidelberg bringt. Für die Schmuggler ist das Alltag, für Franz und Rosa ist es wie eine kriminelle Handlung. Der Wilhelm findet es sehr aufregend.
Für Willi ist die Fahrt mit dem Zug ein grosses Ereignis. Er drückt seine Nase an der Scheibe platt. In Kassel werden sie von Rosas Schwester, welche immer noch im gleichen Dorf wie ihre Urgrossmutter wohnt, in Empfang genommen. Sie nennt sich jetzt Frau Doktor. Wie ihre Urgrossmutter hat sie einen Arzt geheiratet. Mit einem Zweispänner, den sie von einem Bauer geliehen haben, fahren sie zum Haus der Urgrossmutter. Es liegt am Stadtrand von Kassel. Das Haus ist riesig, man sieht sofort, dem ehemaligen Herr Doktor geht es gut.
Die Familie war mit dem Kaiser weit aussen verwandt, davon konnten sie jahrelang profitieren. Angefangen beim teuren Gymnasium, welches der Grossvater besuchte und so die Gelegenheit erhielt, ein Arztstudium abzuschliessen. Später wurde er Militärarzt, ohne dass er dazu in den Krieg ziehen musste. Er kümmert sich in einem Militärhospital hinter der Front um Verwundete.
Dort verliebte er sich in eine Krankenschwester, dass sie Jüdin war, hatte er gar nicht bemerkt. Sie trug keine religiösen Symbole und lebte wie eine deutsche Frau, sogar Schweinefleisch wurde nicht abgelehnt. Erst als sie auf der Gemeinde das Aufgebot für die Hochzeit anmeldeten, merkte er, dass sie nicht katholischen ist, sondern jüdisch. Da war es zu spät, er war schon hoffnungslos verliebt. Bei ihm spielte die Religion nie ein grosse Rolle, er war mit Leib und Seele Arzt.
Die erste Nacht erhält Familie Wolf ein Zimmer bei seiner Schwester. Die Geburtstagsfeier findet erst am nächsten Tag statt. Franz fällt auf, dass es den Leuten im freien Deutschland besser geht, als im Rheinland. Die Franzosen schöpfen den Rahm ab. Alles was nach Luxus riecht, wird eingezogen. Das scheint in Kassel nicht der Fall zu sein. Da hat sich das Radio bereits bis in die meisten Haushaltungen verbreitet. Seine Schwester hat auch ein Telefon, für einen Arzt, natürlich zwingend erforderlich.
Am Morgen macht man sich bereit, alle wollen sich auf der Geburtstagsfeier von der besten Seite zeigen. Diese findet auf einem Bauernhof in der Nähe von Kassel statt. Da das Wetter gut ist, sind die Tische vor der Scheune aufgestellt. Es werden gegen hundert Leute erwartet. Nur kurz können sie der Urgrossmutter gratulieren, sie wird dauernd von den anderen Verwandten in Beschlag genommen. Die aus dem Rheinland kommen zu kurz.
Schon an der Kleidung fallen die Rheinländer auf. Die neuste Mode ist noch nicht bis ins Rheinland vorgedrungen. Dort dominieren noch die einfachen Alltagskleider. Franz kann nur mit dem Aktienpacket etwas angeben. Da können die meisten freien Deutschen nicht mithalten, sie brauchen das Geld, um den höheren Lebensstandard zu finanzieren.
Die jüngeren Verwandten haben ein interessantes Unterhaltungsprogramm zusammengestellt. Franz staunt nicht schlecht, als die Töchter seiner Schwester mit drei Freundinnen einen Charleston tanzen. Die Musik dazu stammt von einem Phonografen. Sowas verrücktes hat er noch nie gesehen. Auch sein Frau Rosa schüttelt den Kopf, doch dann probiert sie selber und tanzt mit. In der Kirche wird sie nächste Woche einiges zu beichten haben.
An einem Feuer wird ein Lamm am Spiess gebraten. Dazu gibt es reichlich Kartoffeln und Gemüse. Ein Fass mit Bier sorgt dafür, dass niemand Durst leiden muss. Für Kinder und Frauen gibt es Apfelsaft. Kurz gesagt, es fehlt an nichts.
Wilhelm ist begeistert, einige Cousinen sind sehr hübsch. Für sie ist er etwas wie ein Exot, ein Wesen aus einer anderen Welt. Während die älteren Verwandten kaum mit dem Hauptperson sprechen können, widmet die sich vor allem den jüngsten ihrer Familie. Etwas abseits, Scharen sich die Kinder um die Uroma und lauschen gespannt ihren Geschichten. Es sind Geschichten aus einer Zeit, vor dem Krieg. Geschichten, wie sie nur eine Uroma erzählen kann.
Unter den Männern ist Politik das beherrschende Thema. Franz ist erstaunt, dass in seiner vornehmen Verwandtschaft einige Linke zu finden sind, die ihre Ideen von einer gerechteren Welt wortgewaltig vertreten.
Die Feier dauert bis weit in die Nacht. Wilhelm muss gegen die Müdigkeit ankämpfen, das ist er sich nicht gewohnt. Zu Hause muss er kurz nach acht Uhr ins Bett. Seine Cousinen werden nicht müde, Schallplatten abzuspielen. Dabei erwarten sie, dass er mit ihnen tanzt, doch so weit bringen sie ihn nicht. Tanzen, das ist nun gar nichts für Willi.
Am nächsten Morgen heisst es frühe aufstehen. Sie müssen vor acht Uhr auf den Zug und vorher muss noch ausgiebig gefrühstückt werden. Sie werden lange brauchen, bis sie zurück in Worms sind.
Diesmal ist die Zugfahrt für Willi nicht mehr interessant. Er versucht zu schlafen. Bei seinen Eltern bleibt ebenfalls ein zwiespältiger Eindruck zurück. Franz ist von der Verwandtschaft seiner Frau enttäuscht. Die sind mit dem Kaiser verwandt und doch hat er keinen gefunden, der seine Verehrung für den Kaiser teilt. Gestört hat ihn auch die Feststellung, dass sie aus dem Rheinland als rückständig angesehen wurden. Dabei hat er mehr Aktien als die andern, die werden schon noch sehen, wer am Ende reicher ist.
Ab Heidelberg übernehmen wieder die Schmuggler die Überfahrt nach Worms. Diesmal muss Franz für die Eisenbahnergewerkschaft einige tausend Reichsmark über den Rhein schmuggeln. Franz erhält genaue Anweisungen, wo er das Geld übergeben muss. Nur kurz überlegt er, das Geld zu behalten, doch er erinnert sich an andere Fälle, als einer Geld abzweigte. Es ist ihm nicht gut bekommen!
Am nächsten Morgen berichtete Willi in der Schule von seinem aufregenden Ausflug nach Kassel. Stolz erzählt er von seiner jüdischen Uroma und den spannenden Geschichten die sie erzählte. Das macht bei seinen Klassenkameraden grossen Eindruck. Nur wenige sind bis jetzt aus Worms herausgekommen und wenn, höchstens bis Mannheim.
Zurück in Worms kehrt wieder der Alltag ein. Franz kümmert sich um die Finanzen der Stadt. Seine privaten Geschäfte hat er beendet. Alle Uhren und Mopeds sind verkauft. Momentan sieht er lediglich bei Aktien eine Möglichkeit, sein gerettetes Geld gewinnbringend anzulegen. Er setzt auf die Sodawerke in Leverkusen. Die haben neue Produkte im Angebot, welche im Ausland sehr begehrt sind.
Inzwischen war er mit Rosa auch schon zwei Mal im Kino und seit einigen Tagen steht auch ein Radio in seiner Stube. Manchmal ist die Stube mit Freunden von Wilhelm gefüllt, wenn ein spezielles Konzert angesagt ist. Gespannt sitzen alle in der Stube und lauschen den aus dem Kasten klingenden Tönen.
Für viele ist es nur schwer zu verstehen, woher die Musik kommt. Direkt aus Baden-Baden in die Stube von Wolf, das macht gewaltigen Eindruck. Franz findet die Musik zwar schön, er ist jedoch mehr an den Nachricht interessiert. Immer um halb Eins mittags wird berichtet, was in Deutschland und der Welt läuft. Jetzt ist er nicht mehr auf den Telegrafenapparat im Stadthaus angewiesen. Gut er muss sich jetzt über Mittag mehr beeilen. Er will mit dem Essen fertig sein, wenn die Nachrichten verlesen werden.
Wilhelm ist immer noch ein guter Schüler. Nach der Schule begleitet er Joshua nach Hause, das Uhrengeschäft liegt am Weg. Manchmal ruft Josef die beiden Buben zu sich und zeigt Ihnen ein interessantes Uhrwerk. Die beiden staunen über diese Kunstwerke. Es fasziniert sie, wie die Zahnräder ineinander greifen. Kürzlich zeigte ihnen Josef eine Uhr, welche sogar das Datum anzeigt, ein wahres Meisterwerk.
Ab und zu hilft seine Frau den beiden Buben bei den Hausaufgaben. Maria hat den Lehrerberuf an den Nagel gehängt und ist jetzt nur noch Hausfrauen und hilft im Geschäft.
An freien Nachmittagen treiben sich die beiden Jungs in den Auen am Rhein rum. Von ihrem aus Zweigen gebauten Unterstand, überblicken sie die Auenwiesen. Sie beobachten Rehe und Wildschweine. Ab und zu sehen sie Schmuggler, welche sich in einem Boot über den Rhein schleichen. Das ist eher selten, die Schmuggler sind nur ausnahmsweise am Tag unterwegs, wenn es sehr dringend ist. Ab und zu beobachten sie auch französische Soldaten, welche jagt auf die Schmuggler machen. In diesen Fällen rennen sie über die Wiese. Natürlich stoppen sie sofort, wenn sie die Soldaten dazu auffordern. So lenken sie die Soldaten ab und die Schmuggler haben Zeit, sich zu verkriechen. Die ganze Bevölkerung unterstützt die Schmuggler so gut sie können, es ist zum Volkssport geworden, die Franzosen zu ärgern.
Auch Maria muss ab und zu, wenn sie eine Freundin besucht, an der Lagerhalle vorbei. Sie kann nichts dafür, aber jedes Mal denkt sie an ihre aufregende Nacht in Mannheim. Aber jetzt geht sie nicht auf die anzüglichen Sprüche der Soldaten ein, das hatte sie hinter sich, sie ist mit Josef zufrieden.
Die täglichen Nachrichten bereiten Franz Sorgen. Er hat viel Geld in Aktien der Sodafabrik investierte und nun lässt deren Ausstoss zu wünschen übrig. Die Arbeiter machen alles, damit die Fabrik den Franzosen keine Rendite abliefern muss. Da hat Franz aufs falsche Pferd gesetzt. Noch halten sich seine Verluste ihm Rahmen. Er macht sich trotzdem Gedanken, ob er verkaufen soll. Doch im Moment wäre es ein Verlustgeschäft und das ärgert ihn gewaltig. Wenn nur die Franzosen bald abziehen würden, dann ginge es wieder aufwärts. Im Radio berichten sie über Konferenzen. Jetzt da Deutschland den Völkerbund beigetreten ist, müsste die Besetzung bald zu Ende sein. So lauten wenigstens die Spekulationen der Reporter vor Ort. Ist schon eine feine Sache, so ein Radio, man ist immer auf dem neusten Stand. Gut das Lied: Was will der Meier am Himalaya, kann er schon fast nicht mehr hören, es geht ihm an die Nerven, aber anscheinend ist das das Niveau des neuen Deutschland.
Franz macht sich auch bei der Arbeit Sorgen. Die Steuereinnahmen gehen zurück. Die Projekte, welche die Regierung startete, sind beendet und neue gibt es nicht. Es fehlt schlicht das Geld. Nach den Erfahrungen mit der Zeit der Inflation ist es nicht so leicht, Kredite für Bauvorhaben zu bekommen. Dazu kommt, dass man alles Mögliche unternimmt, um den Franzosen zu schaden. Das bringt weniger Steuereinnahmen, zum einen kriegen die Arbeiter nicht mehr Lohn, weil sie nicht profitabel arbeiten und natürlich sinken auch die Erträge der Firmen.