Kitabı oku: «Mutige Studenten», sayfa 6
Wer ist Jörg Herbst?
Eine Woche nachdem sie Dean das Mail geschickt hatte, erhält Olivia einen Anruf: «Hallo!»
«Hallo, hier ist Ray Kammber.»
«Ach du bist es, ich habe deine Nummer nicht erkannt», meldet sich Olivia, «schön dass du dich meldest. Wie läuft‘s in Zürich?»
«Recht gut, ich bin stolz, dass mich eine Baslerin um Hilfe bittet.»
«Schon gut, es handelt sich um einen Notfall, sonst würden wir uns selber helfen, doch bei illegalen Sachen sind uns die Zürcher überlegen!»
«Ja natürlich, für die Drecksarbeit sind wir gut genug», macht Ray das Spiel Zürich gegen Basel mit.
«Oh sorry, ich werde dir eine Packung Seife schicken, dann kannst du dir wenigsten die Hände waschen.»
«Danke nicht nötig», entgegnet Ray, «wer hat gesagt, dass ich mir die Hände schmutzig mache, vielleicht habe ich ja dein Mail direkt in den Papierkorb verschoben.»
«Könnte ich dir nicht übel nehmen», erwidert Olivia, «nur würdest du mich dann vermutlich nicht anrufen.»
«Da hast du Recht», erklärt Ray, dessen Ton etwas ernster klingt, die Eröffnung des Gesprächs ist somit beendet, jetzt kommt er zum eigentlichen Grund des Anrufs, «ich habe natürlich versucht, den Leuten aus unseren Vororten zu helfen, es ist gar nicht so einfach. Bis jetzt habe ich nur eine einzige heisse Spur, doch sie könnte genauso gut im Nichts enden.»
«Und ich bin gespannt, was hast du herausgefunden?»
Danach erklärt er ihr, wie er zuerst nach den drei Namen gesucht hat. Verdächtige konnte er keine ermitteln. Keiner hatte etwas mit Diamanten zu tun. Danach hat er die Suche erweitert. Er suchte nach verwandten Namen, also nach Namen, die eine Ähnlichkeit mit einem der drei Männer hatten. Dabei gab es unzählige Kombinationen. Ich habe alle durchlaufen lassen. Ein einziger Name ist dabei hängen geblieben.
«Jörg Herbst!»
«Jörg Herbst, wer ist das?»
Nun erklärt er ihr weitere Details. Dieser Jörg Herbst hat sich im Jahr 1949 in Paraguay angemeldet. Auf jeden Fall hatte dieser Herbst sich in Paraguay niedergelassen und ist sehr schnell zu Wohlstand gekommen. Er eröffnete in Asunción einen Juwelierladen, der schnell grösser wurde. Besonders Diamantringe waren seine Stärken. Schnell erlangte er einen gewissen Einfluss in Südamerika. Er kaufte Betriebe und restaurierte sie. Sein Wirkungskreis reichte über Brasilien, Argentinien bis Venezuela. Er hatte gute Verbindungen zum Holländer de Beers, dessen Imperium bekanntlich den Diamantenhandel beherrscht. Im Jahre 1980 expandierte Jörg Herbst in die USA. Er eröffnete je ein Geschäft in Miami, Las Vegas und New York.
«Das könnte tatsächlich unser Mann sein», bestätigt Olivia, «gibt es noch mehr Infos?»
«Bis jetzt weiss ich nicht einmal, ob er noch lebt, doch in letzter Zeit war es sowieso ruhig um ihn geworden.»
«Danke für die Hilfe, es könnte tatsächlich unser Mann sein, nur weiss ich jetzt nicht, um welchen der drei Männer es sich handelt.»
«Ich werde mich auf ihn konzentrieren, vielleicht findet man beim nachhacken weitere Informationen. Mit wem hat er verkehrt? War er verheiratet? Gibt es eine Ehefrau? Diese Fragen könnten uns nun weiter bringen, oder was meinst du?»
«Das mit der Ehefrau», greift Olivia den Faden auf, «könnte erfolgsversprechend sein.»
«Also das war’s», versucht Ray das Gespräch zu beenden, «vielleicht komme ich nächste Woche mal in die Provinz. Ich war schon lange nicht mehr auf dem Land. - Dürfte ich bei euch reinschauen?»
«Natürlich, Anna freut sich über jeden Männerbesuch. Doch Vorsicht, sie ist sehr anspruchsvoll, also bis nächste Woche», Olivia beendet das Gespräch.
«Was ist mit mir», fragt Anna, die eben reinkommt und offenbar den Schluss des Gesprächs mitbekommen hat.
«Ach nichts», wimmelt Olivia ab, «nur ein neuer Verehrer, ich denke, er wird nicht in dein Beuteschema passen, wenigstens war er eine grosse Hilfe.»
«Ich höre nur Beuteschema», Anna ist nun etwas eingeschnappt und kommt auf Olivia zu, «als was stellst du mich wieder hin, wer war das überhaupt?»
«Kennst du nicht, einer aus Zürich.»
«Ah – sicher dieser Ray, was wollte er?»
«Er will uns nächste Woche besuchen, er hat einen Verdächtigen ausfindig gemacht.»
«Wer ist der Verdächtige?»
«Jörg Herbst», antwortet Olivia, «doch das wird dir nicht weiter helfen. Ich kenne den Typen auch nicht, zudem dürfte er inzwischen doch in die Jahre gekommen sein.»
«Wie kommt ihr denn auf den?»
«Wie kommt Ray auf den?», korrigiert Olivia, «einfach durch kombinieren. Herbst statt Sommer und Jörg statt Jürg. Ein kleiner Hinweis zu zwei der drei Männer. Zugegeben etwas dürftig, doch er hat zusätzlich noch mit Diamanten zu tun.»
«Nicht schlecht», Anna ist beeindruckt, «Und wo lebt dieser Herbst?»
«In Paraguay, falls er überhaupt noch lebt, das versucht Ray jetzt herauszufinden.»
«Und dieser Ray kommt nächste Woche nach Basel?»
«Ja, er will wieder einmal aufs Land», erklärt Olivia, «wir müssen ihm zeigen, dass Basel nicht ein Provinznest ist, das sind wir Basel schuldig.»
«Du willst diesen Zürcher noch beeindrucken?», ereifert sich Anna, «das musst du schon alleine durchziehen, ich werde mich verdrücken, wenn er auftaucht.»
«Wir werden ja sehen, wie wär’s mit einem Kaffee?»
«Klingt gut, dabei kannst du mir erzählen, was es mit diesem Herbst auf sich hat».
Während dem Kaffeekochen erzählt Olivia ausführlich, was sie erfahren hatte. Dabei schmückte sie die Geschichte bereits detailliert aus. Der Mister Jörg Herbst hatte seine beiden Kontrahenten ausgeschaltet und sich in Besitz der Diamanten gebracht, das war für sie klar. Nur, welcher der drei Männer der Überlebende war, das ist auch für Olivia noch nicht eindeutig. Alles deutet aus ihrer Sicht auf den Leutnant Sommer hin, doch der neue Vorname macht sie stutzig. Jürg und Jörg waren sich sehr ähnlich, den Vornamen zu behalten ist viel einfacher und wesentlich weniger verdächtig. Doch auch Knut kann man nicht ausser Acht lassen, was ist, wenn er sich aus den Namen seiner Rivalen einen neuen Namen kreierte, das wäre noch viel sicherer.
Für Anna war andrerseits klar, dass einer der jemand umbringt, sich seinen neuen Namen nicht aus den Namen der Ermordeten zusammenstellt, so verrückt kann doch keiner sein. Dieser Herr Herbst ist für sie nur eine Fata Morgana. Doch wenn es Olivia beruhigt, warum nicht, so kommt sie auf andere Gedanken. Doch warum der Zürcher nächste Woche persönlich vorbeikommen will, das ist für sie das grössere Rätsel. Hat er etwa Absichten? Will er bei ihnen in der Wohnung übernachten? Dieser Gedanke bringt sie etwas durcheinander, wie er wohl aussieht, dieser Zürcher?
«Hier ist der Kaffee», Olivia stellt die Tassen hin, «du bist so in Gedanken versunken, träumst du von Ray.»
«Ach du, ich habe nicht nur Männer im Kopf. Ab und zu denke ich auch an meine Arbeit», flunkert Anna.
«Ach so wie läuft es denn?»
«Recht gut, ich habe jetzt einige Projekte aufgestellt, in die der Bund investieren könnte, um damit die Wirtschaft anzukurbeln und gleichzeitig die Umwelt zu schützen.»
«Hört sich interessant an, - erzähl!»
Nun erklärt Anna einige Projekte. Diese sind vor allem aus dem Bereich Energieeinsparung. Zum Beispiel Umrüsten der Strassenbeleuchtung auf LED-Technologie, damit könnte man viel Strom sparen, in der Nacht sollte die Beleuchtung nur noch einschalten, wenn ein Bewegungssensor meldet, dass jemand im Gebiet unterwegs ist, das spart nicht nur Strom, auch die Natur könnte sich wieder an den normalen Tag- und Nachtrhythmus gewöhnen. Windkraftwerke auf den Jurahöhen und Kleinkraftwerke in abgelegenen Gegenden, damit die langen Leitungen reduziert werden können und so keine Verluste entstehen, brächten weitere Vorteile.
«Das sind doch keine neuen Ideen, die kennt schon jeder, damit holst du keinen hinter dem Ofen hervor.»
«Natürlich sind die Projekt bekannt, doch es macht keiner Vorwärts. Eine kleine Motivationsspritze würde solchen Projekten gut tun, sonst landen sie plötzlich wieder in den Schubladen.»
«Gut, bin mal gespannt ob es etwas nützt.»
«Ich habe auch etwas für die Autoindustrie», verkündet Anna stolz. Dann erzählt sie von ihrer Idee, neue Taxis zu entwickeln. Diese würden die Luft in den grossen Zentnern wesentlich weniger belasten.
«In Städten wie New York, London und in praktisch allen Grossstädten in Asien, hat das Taxi eine dominante Rolle. Die Taxis in New York verbrauchen zum Beispiel rund 40 Millionen Liter Benzin im Jahr. Der Verbrauch könnte ohne grossen Aufwand auf 20 Prozent reduziert werden. Wenn es gelingt, dass in Zukunft nur noch kleine umweltfreundliche Taxis durch die Städte fahren, bringt dies der Umwelt sehr viel», schliesst sie ihren Beitrag.
«Ein guter Vorschlag, doch was wird aus den ausrangierten Autos?»
«Nun, das ist das kleinste Problem, die kann man an Privatpersonen weiter verkaufen. Für diese Personen reicht die Qualität noch lange, sie würden den durchschnittlichen Schadstoffausstoss nochmals herunterdrücken, weil sie noch ältere Automodelle günstiger ersetzen könnten.»
«Ich merke schon, du hast an alles gedacht», bemerkt Olivia anerkennend, «doch wer soll das alles umsetzen?»
«Das wird das Problem sein, zuerst müssen Autofirmen sich mit den speziellen Anforderungen, die an ein Taxi gestellt werden, auseinandersetzen. Mit dem umweltfreundlichen Antrieb ist es noch nicht gemacht. Ein Taxi müsste noch weitere Bedingungen erfüllen. Komfort, Sicherheit und kleinere Grundfläche, müssen den speziellen Bedingungen angepasst werden. Da liegt noch viel drin.»
«Jetzt bin ich echt beeindruckt.»
«Wenn die Taxis kürzer werden und zudem dank Abstandssensoren enger aufschliessen können, könnten mehr Taxis in der gleichen Zeit eine Ampel passieren, der Verkehrsfluss würde verbessert», ergänzt Anna, «Wirtschaft bedeutet eben mehr als nur Zahlen und Statistik. Da brauch es eine Gesamtübersicht.»
«Ich merke schon, ich habe mit meiner Ethnologie ein Mauerblümchen unter den Wissenschaften ausgesucht, es ist anzunehmen, dass ich nie einen grossen Beitrag an die Menschheit weitergeben kann.»
Ein Telefonanruf unterbricht das Gespräch.
«Hallo», meldet sich Olivia.
«Hallo, ich bin’s Tim!»
«Ach du», meldet sich Olivia, «hast du schon das Neuste von Ray gehört?»
«Ja, er hat mich angerufen, sehr interessant. Ich habe darauf in den Archiven der Zeitungen von Asunción nachgeforscht und dabei einen Artikel gefunden. Ich schick dir den Artikel per Mail.»
«Gut, was steht den drin? Mach’s nicht so spannend.»
«Nur, dass er der Regierung für seine Einbürgerung eine halbe Million Dollar bezahlt hatte. Wenn man bedenkt, wie viel Geld das im Jahre 1952 war, sagt es einiges aus.»
«Ich vermute, dass er sehr schöne Diamanten gefunden hatte, sonst hätte er sich das nicht leisten können.»
«Gut, ich schau mir den Artikel an, hast du ihn schon geschickt?»
«Mache ich sofort nach dem Telefonanruf», erklärt Tim, «bis Morgen! Noch einen schönen Gruss an Anna!»
«Werde es ihr ausrichten, bis Morgen. – Tschüss Tim.»
«Komm, wir müssen das Mail von Tim lesen», drängt Olivia, «er hat etwas wichtiges herausgefunden.»
«Hast du nicht etwas vergessen?», fragt Anna nach.
«Was? Ach so, ich soll dich noch grüssen, aber das hast du ja gehört!»
«Natürlich, doch ich wollte es noch von dir hören.»
Die beiden starten den PC auf und öffnen das Mail von Tim. Da steht, dass Jörg Herbst sich in Paraguay einbürgern liess. Bei der Einbürgerungsfeier überreicht er dem Bürgermeister einen Scheck über eine halbe Million Dollar. Der Artikel erscheint auf der zweiten Seite. Ein Foto dokumentiert die Übergabe des Schecks.
«Der eine Mann auf dem Foto dürfte der Bürgermeister sein, der andere Mann ist Jörg Herbst», stellt Olivia fest.
Dass man jetzt weiss, wie dieser Herr aussieht, ist zwar erfreulich, doch weiter bringt es sie nicht. Man weiss ja nicht, wie die anderen beiden in Frage kommenden Herren aussahen.
Immerhin hat man jetzt eine Ahnung, mit wem man es zu tun hat. Der Herr ist blond und wird sicher um die ein Meter achtzig gross sein. Das Foto beweist, dass sich der Herr sicher fühlt, er musste zumindest in Asunción keine Angst haben. Die Vergangenheit scheint ihn nicht mehr zu belasten.
Besuch aus Zürich
Die beiden Frauen fiebern, ohne dass sie es zugeben würden, dem Besuch aus Zürich entgegen. Olivia war noch beim Friseur, Anna hat sich die Nägel machen lassen. Beide betonen, dass es nichts mit Ray zu tun hat. Der Termin beim Friseur sei schon vor vier Wochen abgemacht worden. Auch Anna erzählt jedem der es wissen will, dass sie die Nägel schon lange störten und sie sich deshalb endlich aufgerafft hat, sich diesen Luxus zu leisten.
Zu dritt holen sie Ray am Bahnhof ab. Danach geht es an die Uni. Sie werden im Labor eine Besprechung durchführen. Offizielles Thema, die Untersuchungen der Pflanzen die Olivia in der Uni Zürich analysieren liess. Doch bereits auf der Fahrt mit dem Tram, wurde über Jörg Herbst diskutiert. Anscheinend hat jeder etwas gefunden. Das Stöbern im Internet war erfolgreich. Nachdem man sich auf eine Person fokussiert hatte, wurde man beinahe bei jedem Suchvorgang fündig. Jetzt muss man sich nur noch ein Gesamtbild zusammenstellen. Bis es soweit war, hatte Olivia den Zürcher für sich, erst wurden die Pflanzen analysiert.
Im Labor übergab er ihr die Messergebnisse mit dem jeweiligen Kommentar des zuständigen Biologen. Diese Analysen brauchte Olivia zur Aufwertung ihrer Semesterarbeit. Es ist ihre letzte Chance aus ihrer Dschungelreise einen vernünftigen Bericht zusammenzustellen. Ihr ist schon längst klar, wenn es so weiter geht, kann sie dieses Jahr vergessen, sie kommt einfach nicht vom Fleck.
Während Olivia mit Ray im Labor arbeiten, hat Tim Anna zu einem Kaffee in die Kantine eingeladen. In einer ruhigen Ecke unterhalten sie sich über ihre eigenen Arbeiten, doch es reicht nur zu einigen oberflächlichen Bemerkungen.
Anna ist erleichtert, als die beiden mit einem Höflichkeitsabstand in die Kantine kommen. Ihr Alptraum war, dass die beiden eng umschlungen durch die Türe schreiten. Doch das will nichts heissen, man wird sehen.
«Wir sind fertig», meint Ray, als er an den Tisch kommt, «wie geht es jetzt weiter?»
«Am einfachsten ist, wenn wir auf unsere Bude gehen», meint Anna, «da können wir ungestört über unseren Mister Herbst diskutieren, wir haben auch etwas zum Essen vorbereitet.»
Es ist erstaunlich, wieviel man im Internet über eine Person herausfinden kann, selbst wenn die Zeit weit zurückliegt. Nachdem jeder seine Daten ausgebreitet hat, ist Jörg Herbst kein unbekannter mehr.
Wann er nach Paraguay einreiste, konnte man nicht genau herausfinden. Es dürfte 1949 gewesen sein. Erstmals tauchte er in einem Zeitungsartikel von 1950 auf. Auf seiner Gummiplantage streikten die Arbeiter. Auf der abgelegenen Plantage war alles im Besitz von Herrn Jörg Herbst. Beim Essen, Schlafen und den Drinks in der Kneipe, bei allem verdiente Herbst tüchtig mit. Der Streik wurde von einer privaten Sicherheitstruppe brutal beendet. Mehrere Arbeiter wurden dabei getötet. Es gab nicht einmal eine Untersuchung. Einen wilden Streik beurteilte die damalige Regierung als Aufruhr, die Sicherheitsleute hatten nichts zu befürchten.
Nur kurz ging der Ertrag der Plantage zurück. Der Grossteil der Belegschaft wurde durch brasilianische Arbeiter ersetzt. Jörg Herbst wurde immer reicher. Er lebte ausserhalb Asunción auf einer Hazienda. Diese war luxuriös, abseits des Wohnbereichs mit Pool und kleinem Park, glich die Hazienda einer Festung. Sie wurde von einer paramilitärischen Truppe bewacht. Mehrmals im Jahr veranstaltete er prunkvolle Partys. Diese waren auch der Grund, weshalb man von Herbst regelmässig in der Zeitung lesen konnte, denn auf diesen Partys tummelte sich die Prominenz von Paraguay, was die Paparazzi in Scharen anlockte.
Etwa zwei Jahre später heiratete Jörg Herbst, eine fünfzehn Jahre jüngere, in Paraguay sehr populäre Sängerin. Natürlich war die Zeitung voll mit Fotos vom diesem gesellschaftlichen Ereignis des Jahres. Herbst hatte in Paraguay politisches Gewicht. Sicher standen nebst der Presse, auch mehrere Beamte auf seiner Lohnliste. Die Geschäfte liefen sehr gut. Der Preis für Naturkautschuk kletterte, dank dem Auto Boom, immer höher. Herbst hatte aufs richtige Pferd gesetzt. Nebst dem Gummi, mischte er auch in anderen Geschäften mit. Im nördlichen Distrikt von Paraguay hatte er das Monopol für Alkohol. Alle Kneipen in dieser Gegend wurden durch seine Sicherheitsleute kontrolliert. Die meisten Kneipen wurden wie Bordelle geführt. Dazu kamen noch die Edelhölzer, die bei der Vergrösserung der Plantagen so quasi als Nebenprodukt, gute Gewinne abwarfen. Dieser Jörg Herbst führte sein Reich wie ein Patriarch und wurde immer reicher.
Nur eines konnte noch nicht geklärt werden, welcher der drei in Frage kommenden Männer war Jörg Herbst? Wer versteckt sich hinter dem Namen? Hatte er seinen Vornamen nur leicht verändert und den Familiennamen von Sommer abgeändert, oder war es sogar Knut, welcher aus den beiden Namen einen neuen zusammenstellte. Eigentlich war es nicht von grosser Bedeutung, denn über das Schicksal der beiden anderen Männer wurde nie etwas gefunden. Es gibt keine Hinweise auf ein Verbrechen, auch keine Leichen. Sicher ist nur, dass Knut im Tagebuch nie vermisst wurde. Auch über seinen Tod konnte man nichts lesen. Dass Leutnant Sommer das Rettungsboot lebend verlassen konnte, ist eher unwahrscheinlich. Die Art von Herbst deutet eher auf einen Offizier hin. Natürlich traut man auch einem Funker einiges zu, doch dieses rücksichtslose Vorgehen, passt nicht zu ihm, der war nach Angaben des Tagebuchs, ein eher ruhiger und besonnener Mann.
Tendenziell vermuten die vier, dass Leutnant Sommer der Überlebende ist. Man will sich jedoch nicht weiter mit der Frage beschäftigen, sie wird sich vermutlich von selbst auflösen.
«Hatte er eigentlich Kinder?», wollte Anna wissen.
«Ich glaube drei, einen Sohn und zwei Töchter», beantwortet Ray die Frage, «warum fragst du?»
«Nun, ich denke, dass die vielleicht etwas weniger senil sind. Der Alte sitzt, wenn er noch lebt, sicher in seiner Altersresidenz und lässt sich von einer Krankenschwester pflegen.»
«Du hast Recht, er müsste jetzt über neunzig sein», bestätig Olivia und zeigt, dass sie gut im Kopfrechnen ist.
«Ja, doch er scheint immerhin noch so fit zu sein, dass er Drohbriefe schreiben lässt», wendet Tim ein.
«Wer sagt denn», meint Anna, «dass er es war, der die Drohung verschickte, es könnte auch sein Sohn gewesen sein.»
«Das schon, doch seine Erben hätten ja nichts zu befürchten», wendet Ray ein, «die wissen vermutlich von den Ereignissen in den Kriegsjahren nichts, so etwas hängt man nicht an die grosse Glocke.»
«Wie auch immer», wendet Anna ein, «von den Nachkommen wird man mehr erfahren, als vom alten Mann.»
«Vermutlich schon», bestätigt Tim, «es bringt uns nicht weiter, da wir weder diesen Herr Sommer, noch den Herr Herbst, noch seine Erben kennen.»
«Ich schlage vor», wechselt Olivia das Thema, «wir beide kümmern uns nun um das Essen.»
Alle nickten zustimmend. Die beiden Frauen ziehen sich in die Küche zurück, während Tim und Ray sich der Sportschau im Fernsehen widmen.
«Essen ist fertig», melden sich die Mädels aus der Küche. Das heisst, Fernseher aus. In Gedanken versunken essen sie die Lasagne. Sie ist den Mädels ausgezeichnet gelungen.
«Für eine Lasagne aus der Tiefkühltruhe ist sie ausgezeichnet», bemerkt Tim, «wirklich, super.»
«Sorry – das war kein Fertiggericht, wir haben sie selber zubereitet.»
«Entschuldigung – umso besser, ist ja wie bei Mutter.»
«Stimmt, sie hat mir Tipps gegeben, doch die Hauptsache ist, sie schmeckt.»
«Finde ich auch», meldet sich Ray, «wirklich hervorragend.»
Nach dem Essen mussten die Männer den Abwasch besorgen. Widerwillig erledigten sie die Arbeit. Anna hilft beim Einräumen des Geschirrs. Gerne hätte sie den Beiden die Arbeit abgenommen, doch Olivia bestand darauf, dass sie auch etwas beisteuern.
Nach zehn Minuten setzten sich alle wieder an den Tisch, Kaffee mit Keksen sind angesagt. Nun konnte man wieder diskutieren. Ray machte eine kurze Zusammenfassung, der alle zustimmten.
«Was hat eigentlich Dean herausgefunden?», fragt Ray.
«Nun, eigentlich nichts, ausser, dass wir in der Schweiz vor dem US-Gesetz in Sicherheit sind», erklärte Olivia, «wir sollten ihm noch ein Mail schicken, vielleicht hilft ihm die eine oder andere Information weiter.»
«Gute Idee», bestätigt Ray, «wir schreiben noch das Mail und dann bin ich gespannt auf das Nachtleben von Basel. Hier gibt’s doch Dancings – oder?»
«Natürlich und erst noch sehr gemütliche», bestätigt Anna, «sie sind nicht so versnobt wie in Zürich.»
«Du meinst», nimmt Ray den Faden auf, «wie in Zürich vor zehn Jahre? Gut, ein bisschen Nostalgie kann nichts schaden.»
«Da nimmt aber einer den Mund etwas voll», kontert Tim, «die Basler sind fröhliche Leute, du wirst schon sehen, in Zürich wirst du nichts Vergleichbares finden. Pass nur auf, dass man dich nicht gleich als Zürcher erkennt».
«Gut, ich lasse mich überraschen.»
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