Kitabı oku: «Raus aus der Krise», sayfa 2

Yazı tipi:

«Na, wie ist das jetzt mit den Tieren?»

«Wenn ich mich an meine Jugend erinnere, so war das so! - Am Abend ist man mit dem Vater durch den Garten spaziert, mit Sperberaugen wurde jeder Schädling aufgespürt und gnadenlos vernichtet. Es wurde ganz klar unterschieden, in nützliche und schädliche Tiere. Es war ganz selbstverständlich, dass eine Schnecke sofort getötet wurde. Wehe, wenn eine Laus oder eine Raupe sichtbar wurde. Mein Vater holte noch am selben Tag die Giftspritze und versprühte in grosser Panik das Gift, meistens mit der dreifachen Konzentration, als die, welche eigentlich nötig gewesen wäre.»

«Es ist also wieder das alte Lied, die Erziehung ist an allem schuld, man ist nicht schlecht, man wurde nur falsch erzogen», mit traurigem Blick schaut das Mädchen Max an, «immerhin hast du dich bemüht, eine Antwort zu geben. Ich muss jetzt sowieso nach Hause.»

«Es ist auch nur eine Erklärung aus meiner bescheidenen Sicht, wie ich es erlebt habe, ich hoffe, dass unsere Generation die Jugend etwas besser aufs Leben vorbereitet. Leider kann ich diese Probleme auch nicht lösen, ausserdem habe ich nicht die Macht dazu. Ich kann ja versuchen, mich bis zum nächsten Treffen umfassender zu informieren. Auf solche Fragen bin ich im Moment nicht vorbereitet. Auf jeden Fall war es interessant, mit dir zu reden, ich hoffe, wir sehen uns wieder?»

«Wenn es geht schaue ich wieder vorbei, in einer Woche haben wir Schulferien und da fahre ich zu meiner Grossmutter. Vielleicht kann ich die nächste Woche noch einmal vorbeischauen. Viel Spass beim Schachspielen. Tschüs Max.»

«Tschüs Rebi, - schöne Ferien, wenn wir uns nicht mehr treffen.»

Max schaut dem Mädchen lange nach, bis es hinter einer Biegung verschwunden ist. Er wäre ihm gerne gefolgt. Es hätte ihn interessiert, wo Rebi wohnt. Doch es ist besser, wenn sich die Begegnungen rein zufällig ergeben. Die Diskussion mit Rebi hat ihm sehr gutgetan, sie ist zwar nur ein kleines Mädchen, aber sie ist die erste Person seit mehreren Monaten, mit der er ein ernstes Gespräch geführt hat. Nach Monaten des Alleinseins, ist das wie ein Durchbruch zu einem Neuanfang.

In der Nacht hat er sehr schlecht geschlafen, die Fragen von Rebekka lassen ihm keine Ruhe. Wie wurde dieses Mädchen erzogen? Anscheinend wird alles auf Gott fixiert. Gott sieht alles, Gott bestraft alles, Gott vergibt alles. Eigentlich ist diese Erziehungsmethode veraltet, aber es gibt anscheinend immer noch Eltern, welche den Weg des geringsten Widerstands gehen, es ist viel einfacher zu sagen: Gott hat es so gewollt, als eine vernünftige Erklärung abzugeben.

Am nächsten Tag muss Max wieder zum Arbeitsamt. Die Zahl der Arbeitslosen steigt weiter und niemand unternimmt etwas dagegen. Es ist das letzte Mal vor den Ferien, in den Sommerferien muss man nicht stempeln gehen. Was sicher die Beamten genauso freut, wie die Arbeitslosen. Obwohl die Beamten sehr effizient arbeiten, dauert es lange, bis Max endlich an die Reihe kommt. Danach verlässt er sofort das Arbeitsamt und macht sich auf den Weg zur Bibliothek. Er weiss noch nicht recht, wie er an das Problem mit Gott herangehen soll. Also sucht er zuerst Bücher aus, welche sich einfach mit der Natur und dem Leben von Tieren befassen. Es ist sehr heiss und er zieht sich in den Schatten eines Baumes zurück. Nach langer Zeit beginnt er wieder zu lesen.

Dazwischen beobachtet er immer wieder den Weg, aber Rebi kommt heute nicht. Dafür vertieft er sich immer mehr in sein Buch, der Autor versucht die Zusammenhänge der Natur zu erklären, was ihm teilweise gut, in gewissen Punkten jedoch nur mittelmässig und schwerverständlich gelingt. Trotzdem kommt er schnell vorwärts. Das erste Mal stellt er fest, dass arbeitslos sein, auch seine guten Seiten hat. Dass Rebekka heute nicht kommt, macht ihm gar nicht viel aus, da er sich noch nicht genügend vorbereitet fühlt, um die Diskussion fortzusetzen. Er hofft, dass er bei der nächsten Begegnung ihre Fragen besser beantworten kann.

Im späteren Nachmittag hat er einen grossen Teil des Buches gelesen. Danach legt er sich an seinen Platz und denkt einfach nach. Er muss das Gelesene erst verarbeiten.

Welche Aussichten hat unsere Erde? unsere Erde! Liegt da bereits das Problem? Ist es wirklich unsere Erde? Seit Generationen hat der Mensch das Gefühl, er kann mit der Erde machen was er will.

Als er jung war, wurde nur nach technischem Fortschritt gestrebt. Man erfand Maschinen, man produzierte, man machte Geschäfte, man kaufte und niemand wusste, warum wir diese oder jene Maschine oder diese Geräte brauchten. Wer etwas erfand, das eigentlich niemand brauchen konnte, der organisiert einfach eine intensive Werbekampagne und schon lief das Geschäft. Jeder kaufte das Gerät, auch wenn er es nur ein, zwei Male brauchte. Noch schlimmer war, dass man so billig wie nur irgendwie möglich produzieren musste. Kosten für den Umweltschutz, waren Ausgaben, welche das Produkt nur teuer machten, aber nichts einbrachten. Die Ursache der Umweltprobleme war ihm eigentlich schnell klar, man lebte jahrelang über den Verhältnissen, man verlor das Gefühl für brauchbare und unbrauchbare Dinge und über allfällige Spätfolgen machte man sich gar keine Gedanken. Die Erde war unermesslich gross und der Mensch so unermesslich klein, dass es unmöglich schien, dass der Mensch die Erde in irgendeiner Form beeinflussen konnte. Gott, respektive die Natur ist viel zu mächtig, dass er sich von uns schwachen Menschen ins Handwerk pfuschen lässt.

Das ist alles gut und recht, aber was kann ein Max Meier an der ganzen Sache ändern? Gut, er ist arbeitslos, das heisst, dass er sich an der weiteren Zerstörung der Erde nicht mehr so stark beteiligt, denn auch seine Flaschen müssen hergestellt und entsorgt werden. Aber genügt das? Reicht es aus, wenn eine Person ein bisschen weniger Schmutz produziert? Je mehr er darüber nachdenkt, umso klarer wird ihm, dass er das Problem selber nicht lösen kann. Da könnten vielleicht Politiker etwas ausrichten, aber auch die geraten sehr schnell unter enorme Sachzwänge.

Da ist der Herr Direktor der Firma X, welche gerade der Partei eine grosse Spende hat zukommen lassen, da muss man auf die öffentliche Meinung Rücksicht nehmen, das heisst, man muss sich mit den Journalisten gut stellen, denn die machen die öffentliche Meinung. Für Max gibt es da noch die egoistische Seite, er möchte gerne wieder eine Arbeit haben und die gibt es erst wieder, wenn die Wirtschaft floriert. Und wie soll man das alles einem kleinen Mädchen erklären? Gut so klein ist sie auch nicht mehr, aber die Probleme sind so komplex, dass man sie jemandem, ohne breite Allgemeinbildung nicht so leicht erklären kann. Dann schläft er plötzlich ein. Er träumt wie man die Erde retten könnte, es war alles so einfach und klar, doch als er aufwacht, weiss er leider nicht mehr, was er geträumt hat.

Urlaub in Ägypten

Max steigt aus dem Bus, der ihn vom Flughafen zum Bahnhof gebracht hat. Nun steht er auf diesem belebten Platz und beobachtet skeptisch die vielen Menschen, welche alle in ihrer typisch gemütlichen Art, den Platz bevölkern. Auf der Strasse kämpfen sich Hunderte von Autos durch den Verkehr, jedes sieht aus wie das andere, nur die Nummer auf der Türe ist unterschiedlich. Es sind die berühmten Taxis von Kairo. Max kann es noch gar nicht glauben, aber er steht in Kairo.

Bis zum Aussteigen aus dem Bus ist seine Reise vom Reisebüro organisiert, doch ab diesem Zeitpunkt, muss er sich selbst organisieren. Als Erstes beschafft er sich einen Stadtplan von Kairo, dann hängt er seinen Rucksack um und macht sich auf die Suche nach einem Hotel.

Unschlüssig steht er vor dem Bahnhof, als auch schon ein junger, hochgewachsener Araber, Max in gebrochenem Englisch fragt: «Kann ich dir helfen?»

«Entschuldigung, mit mir kannst du kein Geschäft machen! Ich habe keinen Job und reise günstig», antwortet Max auf englisch.

Max kann seinen nächsten Schritt nicht in aller Ruhe planen. Der arabische Junge weiss genau was er braucht. In seinem gestenreichen Englisch, wird eifrig diskutiert und verhandelt. Nach einiger Zeit schlürft Max hinter Mustafa her. Wenigstens hat der begriffen, dass er nicht wie andere Touristen, im Taxi reisen will, sondern lieber zu Fuss geht. Dieser Umstand schreckt Mustafa in keiner Weise ab, sondern bestärkt ihn nur noch in seiner Überzeugung, dass er genau der richtige Fremdenführer für Max ist.

Voller Zweifel folgt Max seinem neuen Freund. Hat er die richtige Wahl getroffen? Immerhin hat er den erstbesten Jungen, der ihn angesprochen hat, zu seinem privaten Fremdenführer gemacht und nun folgt er ihm durch dieses Menschengewühl, ohne zu wissen, wohin es geht. Lockt er ihn in einen Hinterhalt, um ihn auszurauben? Max ist wachsam. Nebst einer Kreditkarte trägt er einige kleine Dollarscheine auf sich. Zudem musste er bereits am Flughafen, eine grössere Menge ägyptische Pfund wechseln, da er kein Reisearrangement gebucht hat. Schon diese paar Pfund wären vermutlich für diesen Jungen ein Vermögen.

Nach mindestens einer halben Stunde Fussmarsch durch Kairo, hält Mustafa bei einem kleinen Hotel, in dem sonst nur Einheimische absteigen. Mustafa erledigt alle Formalitäten und verabschiedet sich. Max ist froh, dass er seinen Schatten los ist, denn er ist todmüde und will sich ausruhen.

Das Zimmer ist sehr klein und ausser einem Bett und einem Stuhl, bietet es keinen weiteren Luxus. Die Toilette und das Bad befinden sich auf dem Flur. Das Bett ist recht bequem und sauber bezogen. Also legt er sich hin und kann endlich in Ruhe nachdenken.

Bevor Rebekka zu ihren Grosseltern in die Osterferien fuhr, hatte er sie noch einmal getroffen. Sie spielte zusammen eine Partie Schach. Es gab keine allzu grosse Diskussion über Gott. Max fühlte sich noch nicht ausreichend vorbereitet. Er versuchte etwas mehr über das Mädchen zu erfahren. Rebekkas Mutter arbeitet aushilfsweise, in einem Altersheim, allerdings in unregelmässigen Abständen. Ihre Eltern sind sehr religiös und besuchen jeden Sonntag die Versammlung in einer kleinen Kapelle. Die genaue Bezeichnung der Vereinigung kann, oder will sie ihm nicht sagen. Für ihn spielt das keine Rolle, denn er kennt die Grundsätze dieser Gemeinschaft sowieso nicht.

Nach der Abreise von Rebekka, vertrieb sich Max die Zeit mit Lesen. Er war wieder allein und es kam zu ein paar Rückfällen, er vermisste Rebekka und darüber tröstete er sich einige Male, mit einer Flasche Wein aus dem Supermarkt. Es wurde jedoch nie mehr so schlimm, wie vor dem ersten Treffen mit Rebekka. In seiner Hütte konnte er kaum noch schlafen, da im Frühling bis tief in die Nacht Leute unterwegs sind. So war seine Bleibe immer mehr gefährdet. Er beschloss, in die Ferien zu fahren. Das Arbeitsamt bewilligt die Ferien, denn momentan sind die Aussichten auf eine Stelle gering.

Nach langem hin und her, wagte er es, bei einem Reisebüro anzufragen. Eigentlich wäre er gerne nach Israel, dem Land der Bibel, gefahren. Die Angebote waren aber sehr teuer.

Dann stellte er fest, dass ein Last-Minute Ticket nach Kairo keine hundert Franken kostet. Die müssen Touristen aus dem Osterurlaub zurückfliegen und so ist der Flug extrem günstig.

Ägypten hatte letztes Jahr ebenfalls schwer unter dem Corona-Virus zu leiden. Die Krankheit forderte vor allem unter den Strassenhändler und in der Tourismus-Industrie viele Opfer. Besonders Männer erkrankten, die Frauen waren durch den Schleier besser geschützt, was sich später in der Statistik bemerkbar machte.

Nun versuchen die Ägypter, die Tourismus-Industrie langsam wieder in Schwung zu bringen. Wenn er die günstigeren Lebensbedingungen in Kairo einrechnet, müsste ihn der Kairoausflug am Ende günstiger zu stehen kommen, als wenn er in Olten bleibt.

Schliesslich ging alles sehr schnell. Bei Walter Zingg holte er seinen Fotoapparat, stopfte den Schlafsack und den Schachcomputer in den Rucksack und verabschiedet sich von Walter.

Auf der Bank lud er sich einige Dollars, auf eine Kreditkarte, welche nur Kreditkarte heisst, aber nicht überzogen werden kann und schon trampte er per Autostopp nach Kloten. Sein Kairoabenteuer konnte beginnen. In der Flughafentoilette zog er seine besten Kleider an und los ging die Reise. Während er nachdenkt, wie es Rebekka bei ihrer Grossmutter geht, schläft er ein.

Als er wieder aufwacht, stellt er fest, dass er hungrig ist. Er sucht die Toilette auf, um sich etwas frisch zu machen. Sobald er die Toilette betreten hat, bereut er, dass er nicht in einem besseren Hotel abgestiegen ist. Die Einrichtungen sind sehr primitiv und der Geruch ist überwältigend. Natürlich hat es nur kaltes Wasser, das in einem schwachen Rinnsal aus dem Hahn läuft. Auf den Toiletten kann man nur im Stehen.

Kurze Zeit später verlässt er das Hotel und macht sich auf die Suche nach etwas Essbarem. Von einem Strassenhändler kauft er einen Spiess. Danach setzt er sich in eine kleine Strassenkneipe, in welcher Einheimische heftig diskutierten und bestellt einen Pfefferminztee. Dann denkt er über sein Ägyptenabenteuer nach.

«Warum ist er nach Ägypten geflogen?»

Eigentlich weiss er es selber nicht. Er fühlt nur, dass in den Pyramiden, vielleicht die Antwort auf die Frage: «Wer ist Gott?», versteckt sein könnte. Er ist aber nicht so optimistisch, die Antwort zu finden, nachdem vor ihm Tausende von studierten Leuten, keine Antwort darauf gefunden haben. Weiter überlegt er sich, welche Sehenswürdigkeiten er in Ägypten besuchen will. Da steht sicher der Besuch der Pyramiden an erster Stelle, dann das ägyptische Museum, Luxor mit dem Tal der Könige und dem Karnak-Tempel, Abu Simbel und den Assuan Staudamm. Er hat genügend Zeit, sich alles anzusehen, drei Wochen sind eine lange Zeit.

Nach einer Weile gibt ihm das Herumsitzen auf die Nerven, die Versuchung ist zu gross, immer den Männern zuzusehen, wie sie miteinander gestikulieren. Er hat das Gefühl, es sei ihnen unangenehm, wenn er sie dauernd beobachtet. Also kramt er aus seinem Rucksack, den er vorsichtshalber, wenn auch ohne Schlafsack und Kleider, mitgenommen hat, seinen Schachcomputer hervor und beginnt zu spielen. Er wählt eine relativ schwere Stufe, mit der er ziemlich zu kämpfen hat.

Nun ist er so ins Spiel vertieft, dass er seine Umwelt praktisch vergisst. Plötzlich fällt ihm auf, dass der Geräuschpegel in der Kneipe nicht mehr regelmässig ist, sondern zwischen Ruhe und lautem kommentieren wechselt und genau in dem Rhythmus, in welchem er seine Züge zieht. Vor einem Zug herrscht gespannte Ruhe und nach jedem Zug wird lautstark kommentiert. Verlegen schaut sich Max um, jeder hat seinen Stuhl so gestellt, dass er einen Blick aufs Schachbrett werfen kann. Max wird ganz verlegen, aber das anerkennende Nicken der Männer macht ihm Mut, sie halten ihn für einen guten Spieler. Max bereut, dass er nicht eine schwächere Stufe eingestellt hat, denn, wenn man beim Schachspiel beobachtet wird, macht man schnell einen Fehler und auf dieser Stufe darf er sich keinen Fehler erlauben, sonst ist die Partie verloren.

Erfreut stellt Max fest, dass die Leute ihm die Daumen drücken. Wenn er einen Bauer verliert, geht ein enttäuschtes Raunen durch die Kneipe. Als er die Dame erobern kann, kommt es zu einem Sturm der Begeisterung, als wenn in einem Fussballstadion ein Tor fällt. Die Spannung erlebt den Höhepunkt, als seine Dame immer mehr eingekesselt wird und eigentlich keine Aussicht mehr besteht, sie zu retten, doch ein Zug, nachdem er die Dame verloren hat, stösst Max mit seinem Turm auf die Grundlinie vor und die Partie ist beendet. Schachmatt! Das Erstaunen im Lokal ist gross, denn die wenigsten haben diesen Zug gesehen, durch den Abzug des Pferdes, welches ihm die Dame raubte, war die Grundlinie nicht mehr gedeckt.

Nach diesem Sieg wird Max wie ein König gefeiert. Seinen Tee muss er nicht bezahlen und das nächste Glas steht auch schon auf seinem Tisch. Als Max die Figuren neu aufstellen will, kommt der Wirt und zeigt auf seine Uhr, es ist unmissverständlich, das Lokal muss schliessen.

Als Max am nächsten Morgen nach einem überraschend guten Frühstück auf die Strasse tritt, wartet Mustafa bereits auf ihn. Er diskutiert eifrig mit einem Jungen, welcher gestern beim Schachspielen zugeschaut hatte. Sobald sie ihn erblicken, hört die Diskussion auf. Mustafa begrüsst Max freundlich. Auch Aladin, wie der andere Junge heisst, begrüsst ihn wie einen alten Freund. Max muss einsehen, dass er mit zwei Fremdenführern zu den Pyramiden reisen muss. In einer gestenreichen Rede versucht er ihnen klar zu machen, dass er sie nicht bezahlen kann, was sie aber nicht von ihrem Vorhaben abbringen kann.

«Du guter Freund», erklären sie ihm, «was willst du heute sehen?»

Es ist natürlich klar, dass Max am ersten Tag gleich zu den Pyramiden will.

«Wir nehmen die Strassenbahn», schlägt Mustafa vor.

Dies ist allerdings leichter gesagt als getan. Die Strassenbahn ist, hoffnungslos überfüllt. Max ist das erste Mal froh, dass er zwei Führer bei sich hat. Sie schimpfen so mit den Leuten an der Tür, dass sich mindestens fünf Leute aus dem Tram verabschieden und auf das Nächste warten. Eingeklemmt zwischen seinen Führern, die Kamera fest umklammert, zwängt sich Max auf das Trittbrett. Er kommt nicht weit ins Innere des Wagens, doch es reicht, dass er einigermassen sicher nach Gizeh gelangt. Der Geruch ist nicht sehr angenehm und in Gizeh ist er froh, dass ihm nichts gestohlen wurde.

Sogar, dass er zwei Fremdenführer hat, erweist sich als Vorteil, denn Max ist sofort umringt von laut gestikulierenden Jungs, welche sich ebenfalls als Führer anerbieten, es wäre unmöglich gewesen, ohne einen solchen zu den Pyramiden zu kommen. Aber das energische Einschreiten seiner beiden Freunde, gibt ihm die nötige Bewegungsfreiheit. So heftig um den Job gestritten wird, wenn einmal klargestellt ist, wer zu wem schaut, hat man seine Ruhe.

Nach einem kurzen Fussmarsch sieht Max endlich die Spitzen der drei Pyramiden auftauchen und kurze Zeit später, kann er sie in der vollen Grösse betrachten. Er ist überwältigt, wie es wohl jedem Besucher geht, wenn er das erste Mal vor diesen Riesen steht.

Seine beiden Führer zeigen sich von der besten Seite, sie sind echte Profis und es wird ihnen sogar gestattet, sich frei in der Pyramide zu bewegen, ohne dass sie sich einer Gruppe anschliessen müssen, ein grosser Unterschied ist es allerdings nicht, da doch dauernd Gruppen unterwegs sind.

Der ganze Tag ist geprägt von zahlreichen neuen Eindrücken. Am Abend geht es total erschöpft zurück ins Hotel. Aladin macht ihn darauf aufmerksam, dass man ihn heute Abend in der Strassenkneipe erwartet. Er soll schon zum Nachtessen kommen, denn der Wirt will ihm eine Mahlzeit offerieren.

Nachdem Max fünf Tage lang in Kairo von Sehenswürdigkeit zu Sehenswürdigkeit geführt wird, nimmt er sich vor, den heutigen Tag in aller Ruhe zu geniessen. Er fährt am Morgen nochmals zu den Pyramiden, mischt sich diesmal nicht in den Touristenstrom, sondern setzt sich etwa zweihundert Meter von den Pyramiden entfernt, auf einen Stein und denkt darüber nach, was er in dieser Woche alles gesehen hat. Auch heute kommen Mustafa und Aladin mit. Damit er seine Ruhe hat, hat er das Schachspiel dabei und die Zwei spielen gegeneinander. So kann Max in aller Ruhe die Pyramiden betrachten und seine Überlegungen anstellen.

Warum stehen diese Riesen in der Wüste? Wer hat sie gebaut? Was war die Motivation für diese Schinderei? Er versucht sich die tausend Sklaven vorzustellen, wie sie die schweren Steine langsam in die Höhe schleiften. Die Pyramiden seien in zwanzig Jahren gebaut worden, das macht rund 7‘000 Tage. Bei 2.3 Millionen Steinblöcken, mussten an einem Tag mehr als dreihundert Steine gesetzt werden. Das macht in der Stunde immer noch dreissig Stück, was wiederum heisst, dass alle zwei Minuten ein Stein an seinen Ort gebracht wurde. Wenn man berücksichtigt, dass in grosser Höhe langsamer gearbeitet wurde, so musste sicher in der Anfangsphase jede Minute ein Stein gesetzt werden. Eine unglaubliche Leistung, auch vom Organisatorischen her. Wenn man dann noch die wunderbaren Kunstwerke berücksichtigt, welche auch in diesen zwanzig Jahren geschaffen wurden, dann kommt man aus dem Staunen nicht mehr heraus.

Warum wurden diese Bauwerke gebaut? Dachten die Pharaonen schon an die Millionen Touristen, welche ihren Nachkommen zu Arbeit und Brot verhelfen? Wohl kaum? Warum war der Glaube an ein Weiterleben nach dem Tod so stark? Waren es die Überlegungen von einigen wenigen Menschen? Den Priestern und Pharaonen! Oder war es ein Mittel, das Volk zu beherrschen? Waren ausserirdische Besuche daran beteiligt, wie EvD vermutet.

Max hatte eigentlich nie den Eindruck, dass beim Pyramidenbau mit überlegener Technik gearbeitet wurde. Allerdings gibt es nicht viele Darstellungen von Steine schleppenden Sklaven. Dabei müsste doch diese Baustelle so eindrücklich gewesen sein, dass die Künstler dieses Motiv nicht hätten übersehen können. Und doch könnten die ausserirdischen Götter die Motivation für dieses gewaltige Bauvorhaben gewesen sein. Hatten diese Angst vor einem Atomkrieg und wollten sie einige Leute nach der Katastrophe wieder ins Leben zurückholen und mussten diese deshalb an einem sicheren Ort aufbewahrt werden?

Max beginnt sich einige Möglichkeiten auszudenken. Zuerst die klassische mit den diktatorischen Pharaonen. Er versucht sich vorzustellen, wie diese auf die Idee gekommen waren, solche Bauwerke zu erstellen? War es ein Baumeister, der einfach eine Offerte einreichte und dem Pharao einreden wollte, dass er sich mit diesem Bau unsterblich macht?

Max hat doch erhebliche Mühe mit diesem Gedanken. Immerhin waren die Pyramiden nicht kontinuierlich immer grösser geworden, sondern bereits die ersten Pharaonen bauten die grössten Pyramiden. Gut, in Sakkara hat es am Anfang noch nicht richtig geklappt und es kam zu einem Unfall, doch schon die nächsten wurden zu den riesigen Pyramiden. Es waren also die ältesten Kulturen, welche die gewaltigsten Bauten errichteten, ganz im Gegensatz zu der üblichen menschlichen Art, welcher immer grösser zu bauen pflegt.

Später wurden die Bauten wieder einfacher. Zu denken gibt ihm auch, dass der Hauptaufwand in Bauten für die Toten konzentriert wurde und weniger in Palästen für die lebenden Priester und Könige. Die lebten auch in Palästen, aber im Vergleich zum Aufwand für die Toten, blieben die Paläste relativ bescheiden.

Wenn die Pharaonen die treibende Kraft waren, dann muss man sich am Ersten eine Diktatur vorstellen, ähnlich jener des dritten Reichs. Dies ist für Max sehr erstaunlich, dass bereits eine der ersten grossen Kultur, die grösste Diktatur der Geschichte wahren. Daraus müsste man eigentlich ableiten, dass die Diktatur die ursprünglichste Regierungsform ist. Dieser Gedanke entspricht gar nicht dem Geschmack von Max und er sucht nach einer anderen Lösung.

Wieder versetzt er sich in Gedanken zurück in diese Zeit. Diesmal stellt er sich vor, dass Ausserirdische auf der Erde wirken. In ihrem Raumschiff umkreisten sie die Erde. Nur an einigen Stellen der Erde konnten sie landen. Die meiste Zeit verbrachten sie in ihrem Raumschiff, in dem sie angenehme Lebensbedingungen vorfanden. Sie interessierten sich für die Erdbewohner und möchten sie in ihrer Entwicklung voranbringen. In ihrem Raumschiff hatten sie jedoch nicht viele Rohstoffe mitnehmen können, also waren sie darauf angewiesen, dass mit irdischen Baustoffen gebaut wurde. Für den Abbau der Rohstoffe, wurden die Erdbewohner angelernt. Dank ihrer überlegenen Technik konnten sie diese mühelos beherrschen. Sicher wurden auch Versuche gemacht, die Erdbewohner mit den Ausserirdischen zu kreuzen, die späteren Göttersöhne! Warum sie am Nil eine Kultur aufbauten, wissen vermutlich nur die Götter selbst. War es das Klima mit ausreichend Wasser, oder war es die Tatsache, dass das Wetter hier sehr beständig ist und man jederzeit landen konnte? Auf jeden Fall war es ein Punkt, welcher vom Weltraum aus sehr gut gefunden werden konnte und sicher beim Landeanflug weniger Probleme aufgab, als die Orte im südamerikanischen Dschungel.

Max stellt sich vor, wie in der Wüste die Raumschiffe gelandet sind. Waren es die Pharaonen selber oder waren die Pharaonen die Nachkommen der Besucher? Auf jeden Fall würde dadurch ihre enorme Macht verständlich.

Vielleicht waren sie auf der Erde zurückgeblieben und erwarteten, dass sie wieder von einem Raumschiff abgeholt wurden. Ob dieser Aufenthalt freiwillig oder unfreiwillig erfolgte, hätte Max sehr interessiert, aber solche Fragen konnten beim besten Willen nicht beantwortet werden, es bleibt nur die Spekulation. Konnten für den Bau, einige spezielle Baumaschinen eingesetzt werden? oder war es einfach der Überlebenswille der Zurückgebliebenen. Die ihr Leben unbedingt weiter verlängern wollten, dass sie von den wiederkehrenden Astronautenkollegen gefunden und sie später auf ihren Heimatplaneten wieder ins Leben zurückkehren konnten. Ob sie dort effektiv zum Leben erweckt werden sollten, oder ob es nur darum ging, dass sie dort begraben sein wollten, spielt an und für sich keine Rolle. Der Aufwand, mit welchem das Leben nach dem Tod vorbereitet wurde, deutet eher auf eine Wiedererweckung hin.

Wie sahen sie wohl aus? Woher kamen sie? Warum konnten sie nicht mehr zurück? Was machten sie hier? Lauter interessante Fragen, doch die Antworten sind sehr schwer auffindbar. Er hat sich jedoch vorgenommen, Rebekka eine glaubwürdige Erklärung für Gott zu geben. Er will sie nicht mit Standardfloskeln abspeisen, und da muss er zumindest selber sicher sein.

In Gedanken sah er die Pharaonen vor sich, wie sie die Leute anwiesen, was zu tun war. Bei der geringsten Auflehnung wurde nicht lange gefackelt, denn ohne ihre Waffen waren die Einwanderer gegen die Menge machtlos, also mussten sie jede Auflehnung im Keim ersticken. Max schauderte bei dem Gedanken, aber er konnte es sich nicht anders vorstellen, sicher versuchten sie die Ordnung vor allem dank Belohnungen aufrecht zu erhalten, daher ist sicher so häufig die Rede von einem gütigen Gott.

«Hallo, wo bist du?», fragt Aladin.

Sie haben ihre Partie beendet und nun fällt ihnen plötzlich auf, wie weit weg Max in Gedanken ist. Brutal wird Max in die Wirklichkeit zurückgeholt. Er weiss nicht mehr, wie lange er dagesessen und geträumt hat, aber es gefällt ihm, seiner Phantasie freien Lauf zu lassen.

Sie mischen sich wieder unter die Leute und machen sich auf den Weg zur Strassenbahnstation.

Am späteren Nachmittag des nächsten Tages, kämpft sich Max in den Zug nach Luxor. Wie immer ist die dritte Klasse total überfüllt. Max hat von Mustafa einheimische Kleidung erhalten und mit seiner stark gebräunten Haut hätte man ihn glatt für einen Araber halten können.

Das Einsteigen ist für ungeübte nicht einfach, doch dank der Hilfe von Mustafa und Aladin, die ihn zum Bahnhof begleitet haben, gelingt es, durch das Fenster einzusteigen. Mustafa begleitet ihn auch nach Luxor. Einen Sitzplatz ist nicht zu finden. Das Stehen fällt einem allerdings leicht, es herrscht ein solches Gedränge, dass man nicht umfallen könnte.

Die Fahrt wird eine harte Angelegenheit, es dauert vier Stunden, bis sich Max wenigstens auf seinen Rucksack setzen kann. Dann dauert es nochmals einige Stunden, bis er sich endlich hinsetzen kann. Erschwerend kommt der unerträgliche Gestank hinzu, an den sich Europäer wohl nie gewöhnen können. Von der Toilette rinnt ein Bächlein quer durch das Abteil, die Toilette scheint verstopft zu sein.

Max ist total fertig, als er nach zwölf Stunden in Luxor eintrifft. Mustafa scheint das Ganze nichts auszumachen. Frisch, als wäre er erst eingestiegen verlässt Mustafa den Zug und steuert direkt auf eine Pferdekutsche zu. Er begrüsst den Kutscher wie einen alten Bekannten, dann steigt er ein und fordert Max auf, das gleiche zu tun. Max ist müde. Er vergisst, dass er sich einen solchen Luxus gar nicht leisten kann, was soll's, es kostet höchstens ein paar Pfund, in Kairo hat er ja zum Nulltarif gelebt.

Mit der Kutsche fahren sie Nil abwärts und bald liegen die letzten Häuser von Luxor hinter ihnen. Nach gut einem Kilometer biegen sie etwas vom Nil weg und halten bei einem grösseren Haus.

Mustafa wird freudig begrüsst. Es muss ein Verwandter der Familie sein. Die arabische Gastfreundschaft ist schon erstaunlich, so hart sie mit einem Unbekannten feilschen können, mit einem Freund teilen sie wirklich alles und das, ohne an eine Entschädigung zu denken. Im Gegenteil, sie wären beleidigt, wenn man die Gastfreundschaft bezahlen wollte. In der Beziehung können die Europäer von den Arabern einiges lernen.

Ausser den enormen Leistungen der alten Ägypter, hinterlässt auch die Natur im Niltal bei Max einen starken Eindruck. Es ist erstaunlich zu sehen, was alles wächst, sofern Wasser zugeführt wird. Dagegen ist ein Meter weiter nichts mehr als Wüste. Fehlt das Wasser, ist der Boden sandig und steinig. Man gelangt mit einem Schritt vom Paradies in die Wüste. Die Bewässerungsmethode der Ägypter erscheint uns recht primitiv. Mit ihren einfachen Wasserrädern, angetrieben von Ochsen, Dromedaren oder Eseln, bewässern sie ihre Felder. Wir Europäer hätten die Tiere schon längst durch elektrische Pumpen ersetzt. Jeder Bauer würde so viel Wasser wie nur irgendwie möglich, auf seine Felder bringen, mit dem Ergebnis, dass andere nichts mehr bekämen und er selber den Boden überfordert. Man kann nur hoffen, dass die Ägypter bei ihrer Bewässerungsart bleiben und sich nicht von einem eifrigen Pumpenverkäufer animieren lassen, auf elektrische Pumpen umzustellen, sonst könnte ein Paradies sehr schnell zum letzten Mal aufblühen, um dann für immer zu verdorren.

Im Tal der Könige ist Max viel unterwegs. Auch hier findet er keinen direkten Hinweis auf seine Frage: «Wer war Gott?»

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