Kitabı oku: «Zwischen Beraten und Dozieren», sayfa 2

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Versuchen Sie die drei Grundmodelle zu verstehen und auseinanderzuhalten (auch wenn sie in der Realität ineinanderfliessen). Probieren Sie dann, mittels folgender Fragen an Ihre Beratungserfahrungen anzuschliessen:

Wenn Sie an Beratungssituationen denken (als Beraterin oder Berater und Begleiter oder Begleiterin oder als Klientin oder Klient): In welchem/welchen Grundmodellen bewegten/bewegen Sie sich tendenziell?

Würden Sie der (provokativen) These zustimmen, dass in sozialen und lehrenden Berufen sozialisierte Menschen häufig im Rahmen der Arzt-Patienten-Hypothese beraten? Weshalb (nicht)?

Ist Prozessberatung überhaupt möglich? Wann und wie?

Verfügen zu Beratende über das Wissen, welches für die von Schein formulierte Expertenberatung notwendig ist?

Welches Modell wäre Ihnen als Beratungsperson am nächsten? Weshalb?

Beratung definieren wir in unserem Zusammenhang als situationsbezogene und spezifische Hilfestellung bei der Analyse und bei der Lösung von Problemen oder bei auftauchenden komplexen Fragestellungen – wobei Beratung immer auch dialogisches und gemeinsames Denken und Handeln beinhaltet. Eine solche Beratung bezieht sich zudem auf ein professionelles Handlungsmodell (obwohl auch Laien effizient beraten können). Professionelle Beratung zeichnet sich also durch bestimmte Beratungskompetenzen der Beratungsperson sowie durch deutliche Abgrenzung der Beratung von alltäglichen Situationen aus.

Das Schwergewicht der Beratungskompetenz liegt bei Formen der Expertenberatung im jeweilig spezifischen Fachwissen, bei Formen der Prozessberatung in Kenntnissen von sozialwissenschaftlichen Theorien und Verfahren.

Zum professionellen Beratungshandeln gehören die Berücksichtigung von spezifischen Prozessphasen, eine adäquate Kontraktierung, die sorgfältige gemeinsame Diagnose sowie angepasste Interventionen – zum Beispiel durch die Wahl von adäquaten Fragen.

Sie finden dazu in diesem Buch verteilt ausgewählte Instrumente:


Instrument 1:Fünf Phasen der Beratung (S. 33)
Instrument 2:Ablauf einer Beratung im Hochschulalltag (S. 50)
Instrument 3:Der Beratungskontrakt (S. 62)
Instrument 4:Diagnose in der Beratung (S. 101)
Instrument 5:Landkarte des Fragens (S. 105)
Instrument 6:Gesprächsführung (S. 125)
Instrument 7:Intervision – Vorgehensmodell und Checkliste Contracting (S. 148 & S. 150)

Begleiten: Steuerung innerhalb des Kontinuums «Beratung – Instruktion – Führung»

Wir beschäftigen uns im Folgenden mit der Begleitungsrolle, die sich von der Beratungsrolle unterscheidet, indem sie Führungshandeln integriert.

Innerhalb der zu begleitenden Projektphasen «Initiieren – Realisieren – Präsentieren – Evaluieren» beispielsweise (siehe Text von Roger Johner, S. 109 ff.) ist die Anleitung zu Beginn eine Führungsaufgabe, während im Zuge der Realisierung Beratung gefordert ist.

Lernen begleiten

Im Zusammenhang mit Lernbegleitungsaktivitäten stehen folgende Aufgaben im Vordergrund:

Die «äussere» Lernorganisation gestalten («Kontraktierung»): Gruppenbildung, Klärung der Aufgaben; Transparenz der Anforderungen und Ziele, Klären der Rahmenbedingungen; Information über die Lernmaterialien/Scripts, Lernphasen definieren, Standortgespräche vereinbaren.

Die «innere» Lernorganisation anleiten: Mögliche Vorgehensweisen zur Verfügung stellen, Planungshilfen geben, Optionen des Scheiterns prüfen.

Lerngruppen und einzelne Lernende beobachten, Lernschwierigkeiten rechtzeitig erkennen und benennen, mit den Lernenden Lösungen entwickeln.

Steuerung zunehmend weglassen, die Lernenden ihre Lernwege alleine gehen lassen, Zurückhaltung üben bei Kontaktnahmen.

Lernergebnisse mit den Lernenden evaluieren, sowohl ergebnisbezogen wie auch prozessbezogen; evtl. auch beurteilen.

Diese Aufgaben beinhalten verschiedene direktive und non-direktive Interventionsformen, die flexibel und situationsadäquat eingesetzt werden. Es wird dabei deutlich, dass hier nicht nur Beratungs-, sondern auch Führungsund Beurteilungskompetenzen notwendig sind. Mit anderen Worten: Es geht dabei um eine flexible Rollengestaltung und um ein situationsgerechtes «Management» von Lernprozessen.

Eine Darstellung aus der Beratungsliteratur (nach Lippitt und Lippitt 1995, S. 56) lässt sich auf die Tätigkeit von Dozierenden übertragen. Sie ist hilfreich, um sich innerhalb der verschiedenen Rollengestaltungsmöglichkeiten zwischen Führung und Beratung bewusst und transparent zu bewegen. Ziel ist es dabei immer, sich nach links zu bewegen (siehe Grafik, S. 24), um die Selbstorganisation der «Klientinnen und Klienten» (sprich Lernenden) zu fördern; bei Bedarf ist es jedoch legitim, ja notwendig, sich punktuell und temporär (wieder) nach rechts zu bewegen, ohne dadurch in eine «Arzt-Patienten-Beziehung» abzugleiten. Diese Bewegungstendenz nach links und die notwendigen «Abstecher» nach rechts benötigen eine Form der grundsätzlichen Rollentransparenz im Rahmen einer Kontraktierung, zum Beispiel: «Ich werde mir erlauben – auch wenn ich Sie tendenziell eher berate –, Ihnen bei begründeter Notwendigkeit auch Wissen zu vermitteln». Auch braucht es eine deutliche Rollentransparenz bei «Kategorienwechseln«, welche die tendenzielle Bewegung nach links immer einbezieht, etwa: «Ich möchte Ihnen jetzt etwas Wichtiges zeigen, was Sie schliesslich in Ihrer selbstständigen Arbeit weiterbringen soll», oder: «Ich helfe Ihnen gerne über diese Klippe hinweg, erwarte jedoch, dass Sie danach Ihren Weg möglichst selbstständig weitergehen». So verdeutlicht die dozierende Person ihre Erwartung, dass die Lernenden auf ihren eigenen Füssen stehen sollen.

Begleitung: Das Kontinuum von Aktivitäten der Dozierenden zwischen Führung und Beratung


Abb. 2 Mögliche Rollen von Dozierenden zwischen Führung, Expertise und Beratung (verändert nach: Lippitt/Lippitt 1995, S. 56)

Reflexionsfragen «Kontinuum Führung – Instruktion – Beratung»

Erinnern Sie sich an Beispiele von Begleitungsaktivitäten im Hochschulalltag (bei Projekten, bei schriftlichen Arbeiten, beim Selbststudium):

Kann ich gut die Kontrolle abgeben? Wo gelingt mir das besser, wo schlechter?

Wann und bei welchen Themen bin ich unsicher, ob ich Führung übernehmen, Expertise zur Verfügung stellen oder mich besser zurückhalten soll?

In welchen Beratungssituationen gebietet mir mein Verantwortungsgefühl, meine Zurückhaltung aufzugeben; wann fühle ich mich dafür verantwortlich, dass die Lernenden ihren Lernprozess selber steuern?

Wann stelle ich mein Wissen zur Verfügung, wann wechsle ich von der Rolle der Beratungsperson in diejenige des Experten/der Expertin?

In welchen Situationen führe ich den Prozess, mische mich aber inhaltlich nicht ein?

In welchen Situationen gebe ich die zurückhaltende Beratungshaltung auf und interveniere?

Wie verhalte ich mich gegenüber Lernenden, die dauernd meinen Rat beanspruchen?

Ausgewählte Spannungsfelder

Schon zu Beginn dieses Textes wurde erwähnt, dass im Praxisalltag gelegentlich unklar ist, in welcher Rolle Dozierende agieren sollen. Solche Dilemmata sind unumgänglich; einige solcher Spannungsfelder und der mögliche Umgang mit diesen werden im Folgenden skizziert. Dabei wird das dritte Spannungsfeld «Beraten versus Beurteilen» vertieft behandelt.

Spannungsfeld 1: «Führen versus Beraten»

«Mich zum richtigen Zeitpunkt zurückzunehmen zugunsten der Aktivierung studentischen Lernens, den Studierenden nicht gleich beim ersten Stolperstein den richtigen Input zu geben, ihnen die Problemlösung zuzutrauen, fällt mir immer noch schwer. Und wenn mir dies gelingt, warte ich wiederum manchmal viel zu lange mit einer notwendigen Intervention.»

Dozentin Höhere Fachschule aus einem Lernbericht

Abb. 3 «Rollenstrauss» von Dozierenden – Spannungsfeld 1

Lehrende sind in der Regel so sozialisiert, dass sie den Lernenden (gerne) Stolpersteine aus dem Weg räumen; damit legitimieren sie nicht selten ihre Funktion. Dabei bedenken sie zu wenig, dass die Lernenden auch durch Misserfolge ihre Kompetenz erweitern. Dies gelingt aber nur, wenn die Lehrenden sich mit Interventionen zurückhalten. Gleichzeitig ist es jedoch notwendig, bei zu starker Irritation der Lernenden die Steuerung des Lernprozesses zu beeinflussen, Hinweise zu geben, Rahmen zu schaffen – eben Führung zu übernehmen (oder in der Rolle des Experten/der Expertin zu agieren). Eine solche adäquate Pendelbewegung (siehe auch Grafik S. 24) zwischen Führung und Beratung gehört zur den anspruchsvollsten und spannendsten Ansprüchen an die Tätigkeit der Dozierenden.

Dieses Spannungsfeld ist gerade im Rahmen der Formen von selbstorganisiertem oder problemorientiertem Lernen äusserst wirksam.

Spannungsfeld 2: «Experte oder Expertin sein und Institution vertreten versus Begleiten und Beraten»

«Manchmal habe ich das Gefühl, dass mein wissenschaftlicher Anspruch mich zum ‹Träger› von fachlichen Standards meiner Organisation, aber auch der ‹professional community› macht und dass dieser Umstand mir mehr Verantwortung überträgt, als ich in der pädagogischen Beziehung zu Studierenden wahrhaben möchte.»

Hochschuldozentin aus einem Lernbericht

Abb. 4 «Rollenstrauss» von Dozierenden – Spannungsfeld 2

Dozierende tragen die Verantwortung, Menschen in ihrem Wissen, Können und ihren Werthaltungen auf die beruflichen Anforderungen vorzubereiten. Diese Ansprüche der Praxis gestalten die Zielvorgaben des Lernens. Gleichzeitig tragen Dozierende als Experten und Expertinnen auf ihrem Gebiet die Verantwortung gegenüber professionellen Standards in der Praxis (sowie in der Ausbildung). Mit ihrer Sicht auf das «Danach» sind Dozierende somit in der Pflicht, dieses nicht nur als feste Konstante zu betrachten, auf die es die Studierenden vorzubereiten gilt, sondern durch die Kompetenzentwicklung der Studierenden auch auf die Praxis einzuwirken. Sie sind somit quasi Qualitätsträger.

Dozierende sind dadurch auch zur Forderung, nicht nur zur Förderung der Lernenden aufgerufen. Auch wenn durch die lebendige Beziehung zwischen Lernenden und Lehrenden eine «Quasi-Kollegialität» entsteht.

Spannungsfeld 3: «Beraten versus Beurteilen»

«Studierende in ihren Lernprozessen und bei ihren Arbeiten zu begleiten und sie schliesslich zu beurteilen, ist für mich eine grosse Herausforderung – manchmal ertappe ich mich dabei, dass ich mich dabei eigentlich selbst beurteile.»

Hochschuldozent aus einem Lernbericht

Abb. 5 «Rollenstrauss» von Dozierenden – Spannungsfeld 3

Lehrende begleiten und beraten Lernende in ihrem Lernen, und sie beurteilen den Lernerfolg. In Praxisprojekten oder schriftlichen Arbeiten werden Studierende beraten und schliesslich beurteilt. Die Institution unterstützt und berät die Studierenden und erteilt ihnen zum Schluss ein Diplom – oder nicht.

Dies widerspiegelt einen der grössten alltäglichen Rollenkonflikte von Lehrenden: Der pädagogisch orientierten Begleitung folgt in der Regel die summative Beurteilung von Leistungen, einer scheinbar symmetrischen Beziehung kann der asymmetrische Bruch folgen. Die Nähe der begleitenden formativen Beurteilung wird durch die Distanz der summativen Beurteilung infrage gestellt, Enttäuschungen können auf beiden Seiten entstehen. Gelegentlich wird innerhalb der Institution die Beurteilungsfunktion personell von der Begleitungsfunktion getrennt. Nicht selten verlagert sich dann die vormals intrapersonelle Spannung in eine institutionelle (Beurteilende werden von Studierenden mit höherem Status versehen etc.).

Im Zuge der Modularisierung von Studiengängen und der damit zunehmenden Anzahl von Kompetenzüberprüfungen erhalten solche Spannungen eine ganz neue Dimension.

Schliesslich ist zu beachten, dass sich Lernbegleitungs- und Beratungsformen im institutionellen (Bildungs-)Kontext erheblich von frei gewählter Beratung unterscheiden. Das verunmöglicht sie nicht, heisst jedoch, dass die Beratenden ihre Rolle in der Institution und gegenüber den Lernenden klären und die Grenzen und Möglichkeiten solcher Rollenkombinationen erkennen müssen.

Dies bedingt eine Klärung der Rahmenbedingungen (Kontraktierung) und eine immer wiederkehrende Rollentransparenz («ich argumentiere jetzt aus der Sicht der Beurteilungsperson»).

Was irritiert immer wieder an der Rollenkombination «Beraten – Beurteilen»?

Die Sorge, dass die Beratungsbeziehung durch die Beurteilungsfunktion gefährdet werde.

Die Befürchtung, dass die erwartete Beurteilung das Vertrauen der Lernenden in den Lehrenden verunmögliche.

Der Wunsch, in einen gleichberechtigten Dialog einzutreten, in der Beurteilungsfunktion jedoch unverhofft zum «mächtigen Experten» zu werden.

Die Kriterien der Beurteilung und ihre Folgen nach einem gelungenen Beratungsprozess nicht zu berücksichtigen oder zu akzeptieren.

Es nicht zu wagen, aufgrund der «mitschwingenden» Beurteilungsfunktion eine partiell symmetrische Beratungsbeziehung einzugehen.

Sich nach einem Beratungsprozess nicht mehr für objektiv und unvoreingenommen in der Beurteilung zu halten.

Offensichtlich schafft Beraten Nähe und Beurteilen Distanz.

Und doch existiert Gemeinsames: Jede Wahrnehmung enthält Urteilsprozesse. Was wir sehen, filtern und interpretieren wir bzw. setzen wir in einen Sinnzusammenhang. «Diagnose» machen wir Dozierende bei Beurteilungen, aber auch in Beratungen.

Von Beraterinnen und Beratern wird zu Recht erwartet, dass sie eine hohe Orientierungskompetenz und Problemlösefähigkeit besitzen sowie über diagnostische Fähigkeiten verfügen. Sie müssen zudem in der Lage sein, den Beratungsprozess zu steuern und den Entwicklungsprozess der Beratenen anzuregen. Dazu ist ein hohes Mass an Urteilsfähigkeit gefordert.

Handlungsmöglichkeiten im Dilemma «Beraten – Beurteilen»

In vielen Organisationen wird – wie weiter oben erwähnt – darauf geachtet, dass diese Funktionen personell getrennt werden. Wo dies nicht möglich ist, kann darauf geachtet werden, dass Beurteilungssituationen klar als solche definiert sind und sich vom übrigen Lerngeschehen möglichst unterscheiden.

Weitere Möglichkeiten:

Rollentransparenz, Kommunikation des eigenen Umgangs mit widersprüchlichen Rollen seitens der oder des Dozierenden (im Rahmen von transparenten Vorgehensweisen und Vereinbarungen),

die Förderung des beidseitigen Interesses, die Ausbildungssituation als Lerngelegenheit mit vielen Rückmeldungen zu nutzen,

Beratungssituationen nicht als «Wolf im Schafspelz» missbrauchen,

Beratungen oder Beratungsphasen als solche kontraktieren und darin gemeinsam an Diagnose, Problemdefinierung und Problemlösung arbeiten,

klar mitgeteilte und diskutierte (evtl. ausgehandelte) Lernziele und Erfolgskriterien,

einsichtige und transparente Beurteilungen,

Selbst- und Fremdbeurteilungen im Verlauf des Studiums,

Sorgfalt und Wertschätzung beim Beurteilen von Leistungen,

als unsinnig erkannte Beurteilungsverfahren und -kriterien ändern.

Im folgenden Abschnitt finden Sie verschiedene Begriffspaare im Umkreis der Thematik «Beraten – Beurteilen».

Sie, liebe Leserin, lieber Leser, sind – davon gehe ich aus – in einer Berufsrolle tätig, in der Sie sich für Ihren eigenen Weg im handelnden Umgang mit den Dilemmata zwischen Beurteilen und Beraten entscheiden müssen.

Reflexionsfragen Dilemmata zwischen «Beraten und Beurteilen»

Wählen Sie aus der folgenden Tabelle drei Begriffspaare aus, die Sie im Alltag in der Lehre als Widerspruch erfahren.

Wie gehen Sie damit um?

Gibt es diesbezüglich «einfachere» und «schwierigere» Situationen? Welche?

Welches sind für Sie gelungene Wege, mit dem Dilemma umzugehen?

Abb. 6 Nach Thomann 2013, S. 199

Schlussgedanken

Für die Kompetenzentwicklung von Dozierenden erachte ich folgende Punkte als wesentlich: Das alltägliche Rollenmanagement, das Aushalten von Widersprüchlichkeiten zwischen differierenden Rollenvorgaben und deren Austarieren, das Transparentmachen von Rollenwechseln, das Steuern des eigenen Verhaltens in Dimensionen und die Reflexion durch immer wieder notwendige Standortbestimmungen.

Die Spannungen im weiter oben beschriebenen Rollenstrauss zeugen von Lebendigkeit und Dynamik, von Auseinandersetzungen zugunsten der Lernprozesse der Studierenden wie auch der Lehrenden. Wobei es zugegebenermassen eine anspruchsvolle Aufgabe ist, die Balance zwischen Lern- und Lehraktivität immer wieder neu herzustellen und die sich laufend verändernden Lerngewohnheiten der Lernenden dabei zu berücksichtigen.

Ich erachte eine solche Aufgabe als sehr attraktiv und durchaus auch als ein wenig waghalsig.

Attraktiv daran ist gerade die Möglichkeit, als Dozent/in auch beratend tätig zu sein, sich gemeinsam mit einer Studentin/einem Studenten (oder einer Gruppe von Studierenden) «auf den Weg» zu machen, gemeinsam Mustererkennung zu betreiben.

Beraten innerhalb der Lehrfunktion ist möglich, notwendig, wirksam und bereichernd. Aber nicht immer, nicht überall und nicht irgendwie. Wenn beraten wird, soll dies zu bestimmten Zeitpunkten und in einer professionellen Art und Weise geschehen. Dazu soll Ihnen dieser Text und die mit ihm in Zusammenhang stehenden «Instrumente», wie auch die weiteren Beiträge in diesem Buch, Anregung bieten. Ein waghalsiges Unternehmen ist dies allemal, weil Lernprozesse nie linear verlaufen und gelegentlich für Überraschungen sorgen.

Literatur

Arnold, R. (2007). Ich lerne, also bin ich – eine systematische konstruktivistische Didaktik. Heidelberg: Carl-Auer-Verlag.

Fatzer, G. (Hrsg.) (2005). Supervision und Beratung. Köln: Edition Humanistische Psychologie.

Fröhlich Luini, E. & Thomann, G. (2004). Supervision und Organisationsberatung im Bildungsbereich. Bern: hep verlag.

Kaiser, A. (Hrsg.) (2003). Selbstlernkompetenz – Metakognitive Grundlagen selbstregulierten Lernens und ihre Umsetzung. München: Luchterhand.

Landwehr, N. & Müller, E. (2008). Begleitetes Selbststudium. Bern: hep verlag.

Lippitt, G. & Lippitt, R. (1995). Beratung als Prozess. Leonberg: Rosenberger Fachverlag.

Mandl, Ch. Aspekte didaktischen Handelns von Lehrenden in der Weiterbildung. Referat «35 Jahre AEB» vom 22. 3. 2006 in Luzern. Unveröffentlichtes Manuskript.

Schein, E. H. (2000). Prozessberatung für die Organisation der Zukunft. Köln: Edition Humanistische Psychologie.

Siebert (2008). Konstruktivistisch lehren und lernen. Augsburg: ZIEL-Verlag.

Thomann, G. (2013). Ausbildung der Ausbildenden (4. Aufl.). Bern: hep verlag.

Thomann, G. & Pawelleck, A. (2013). Studierende beraten. Opladen & Toronto: Verlag Barbara Budrich UTB.

1Der Kontrakt ist eine auf freiwilliger Basis ausgehandelte Vereinbarung zum gewünschten Beratungsziel, zu Pflichten und Rechten beider «Parteien», zur Arbeitsweise und zu Rahmenbedingungen. Der Kontrakt ist sozusagen der verbindliche Abschluss der Auftragserteilung.

2Absichtlich wird hier aus Gründen der höheren Trennschärfe zu anderen Rollen «Beratung» als Überbegriff verwendet, nicht etwa «Coaching»; Coaching zeichnet sich u. a. durch hohe Zielorientierung sowie durch mögliche integrierte Instruktionsanlässe aus (vgl. Fröhlich Luini/Thomann 2004).

Geri Thomann

Instrument 1: Fünf Phasen der Beratung – ein Grundgerüst

(in Anlehnung an: Fröhlich Luini, E./Thomann, G. (2004). Supervision und Organisationsberatung im Bildungsbereich. Bern: hep verlag, S. 116–119)

Beratung ist ein prozesshaftes Geschehen. Die meisten Darstellungen des Verlaufs von Beratungsprozessen orientieren sich am Problemlöseverfahren. Im Folgenden ist ein Modell dargestellt, das die einzelnen Phasen beschreibt. Solche Phasen können innerhalb einer einzigen Beratungssitzung relevant sein oder aber in einem längeren Beratungsprozess über mehrere Sitzungen.

Ebenso kann ein solcher Phasenplan eine Beratung innerhalb eines «Meta-Phasenplanes» strukturieren (zum Beispiel innerhalb eines Projektes, das auch andere Handlungsfelder wie Anleitung und Controlling beinhaltet); das Contracting ist in diesem Falle wahrscheinlich schon im «Meta-Phasenplan» vorgesehen.

Phasenpläne sind lineare Grundorientierungen, die nicht rigide gehandhabt werden müssen. Beispielsweise machte es einen Unterschied, ob der Klient oder die Klientin schon mit klaren Zielsetzungen in die Beratung kommt oder eben nicht.

Zu jeder skizzierten Phase werden einige zentrale Aspekte als Voraussetzungen aus beiden Perspektiven (Klientin oder Klient und Beraterin oder Berater) genannt.

Für eine differenziertere Anwendung des Phasenplanes bei einer Beratung im Hochschulalltag wird auf Instrument 2 (S. 50) verwiesen.

1.Einstiegs- und Kontaktphase/Klärung der Indikation

Die Klientin/der Klient kommt mit ihrem bzw. seinem Anliegen direkt auf die Beratungsperson zu, wird «vermittelt», oder es ergibt sich über ein Zusammentreffen der beiden das Beratungsthema. Darauf folgt ein Einstiegsgespräch oder «Kontaktgespräch». Nach dieser Phase kann – vor allem bei gegebener Freiwilligkeit – grundsätzlich von beiden Seiten entschieden werden, ob ein definitiver Beratungseinstieg überhaupt gewünscht wird oder nicht. Zugunsten der Erhöhung der Verbindlichkeit, einem gegenseitigen Commitment und der Gewährleistung von Wirksamkeit der Beratung ist dies jedoch auch bei unfreiwilligen Beratungssituationen zu empfehlen.

Die wichtigen Aspekte für die Klientin oder den Klienten sind:

Ein Problem, das nicht lösbar erscheint; eine Fragestellung, die alleine nicht bearbeitbar ist,

gute Erfahrungen mit der Beratungsperson (auch in anderen Zusammenhängen) bzw. Empfehlungen wichtiger nahestehender Personen,

Einschätzung der Kompetenz der Beratungsperson,

das Gefühl, dass er oder sie der Beratungsperson vertrauen kann und diese ihn oder sie mit allen Fragen und Schwierigkeiten akzeptiert.

Für die Beratungsperson ist in dieser Phase wichtig:

Die Einschätzung der eigenen Kompetenz in Bezug auf die gestellte Frage/das präsentierte Problem,

Offenheit und Bereitschaft, sich auf ein oder mehrere Gespräche einzulassen,

Einschätzung der Eignung einer Beratung für die vorliegende Thematik (Indikation) – evtl. ist Instruktion oder Arbeit an der Persönlichkeit angesagt,

das offensichtliche Engagement der Klientin/des Klienten für ihr bzw. sein Thema, das Interesse für dessen Bearbeitung.

2.Vereinbarungs- und Kontraktphase

(siehe auch Instrument 3, S. 62)

Wenn die Klientin oder der Klient nach der oben beschriebenen Orientierung konkret in die Beratung einsteigen will und die Beratungsperson sich in der Lage sieht, Unterstützung zu bieten, folgt entweder in einem weiteren vereinbarten Gespräch oder gleich im Anschluss an die Kontaktphase die Kontraktierung der Beratung.

In dieser Phase ist für die Klientin oder den Klienten bedeutsam:

Klare Vereinbarungen und Zielsetzungen,

die Freiheit, im Notfall die Beratung frühzeitig abzubrechen oder zu beenden,

eine Vorstellung von Vorgehensweisen und Zuständigkeiten zu erhalten (Rollen- und Vorgehensklärung),

eigene Zielvorstellungen formulieren zu können, beteiligt zu sein am Prozess der Vereinbarung.

Aus der Sicht der Beratungsperson ist wichtig:

die Klarheit der Ausgangssituation und der Zielvorstellungen,

das Verständnis für die Problemsituation,

Klärung und Transparenz der eigenen Rolle,

die Rahmenbedingungen der Beratung einschätzen können (weitere Involvierte, Anzahl Sitzungen, Frequenz, Kosten etc.) und Möglichkeiten sehen, wie die Klientin oder der Klient unterstützt werden kann,

die realistische Einschätzung der eigenen Beratungsfähigkeiten zur Bearbeitung der Situation.

Wenn im Verlaufe des Kontraktgespräches deutlich wird, dass das Problem nicht durch eine Beratung oder durch die Beratungsperson bearbeitbar ist, kann der Prozess hier abgebrochen werden.

3.Diagnose: Exposition, Situationsanalyse und Problemdefinierung

(siehe auch Instrument 4, S. 101)

Mit der Ausgangssituation beginnend, erzählt der Klient/die Klientin «die Geschichte». Im Gespräch wird gemeinsam eine genauere Analyse der Situation durchgeführt – bis die Problemdefinierung (Fokussierung) klar ist. Die «Diagnose» ist ein immer wieder vorhandenes Prozesselement. Sie wird in diesem Gespräch nicht endgültig abgeschlossen. Später werden weitere vertiefende Fragen dazukommen. Schritt für Schritt werden Mustererkennung und Durchblick für die Klientin oder den Klienten möglich. Erste Erkenntnisse werden gezogen, sogar Handlungen können erfolgen. In dieser Phase steht der Erkenntnisprozess im Mittelpunkt, das kann eine «breitere» Sichtweise (Perspektivenerweiterung) oder eine «tiefere» Sichtweise (Fokussierung) beinhalten.

Für die Klientin oder den Klienten hat hier Bedeutung:

Zeit erhalten, um die Frage zu entfalten, die Geschichte zu erzählen,

das spürbare Verständnis der Beratungsperson,

Orientierung erhalten bezüglich Mustererkennung oder Fokussierung,

das Gewinnen von Klarheit bzw. neuen Perspektiven,

die Prozessführung der Beratungsperson erfahren (Schutz).

Wichtig für die Beratungsperson ist dabei:

das Verständnis für die Situation der/des zu Beratenden,

das Interesse der Klientin/des Klienten, mehr über die Situation, über sich selbst und die Zusammenhänge zu erfahren,

Flexibilität in den Methoden und Vorgehensweisen,

die Prozessführung (roter Faden) im Auge zu behalten,

ein gemeinsames Bild der zu bearbeitenden Situation zu skizzieren.

4.Arbeit an der Problemlösung/Entscheid für ein Vorgehen

Aufgrund der gemeinsam verstandenen Situation und der Definierung des Problems/der Fragestellung werden Lösungswege gesucht und ausgewählt. Es folgen Vereinbarungen für die nächsten Schritte und deren Überprüfung.

Für die Klientin oder den Klienten ist dabei bedeutsam:

sich selbst für einen Lösungsweg entscheiden zu können,

sich in der Lage zu sehen, einen Lösungsweg zu erproben (Umsetzung),

die Sicherheit zu erhalten, erprobte Lösungswege mit der Beratungsperson zu evaluieren.

Wichtig für die Beratungsperson ist dabei:

die Lösungswege gemeinsam zu erarbeiten,

die Sicherheit, dass die Klientin oder der Klient in der Lage ist, die vereinbarten Lösungswege zu erproben,

mit der Option zu rechnen, dass der Erfolg evtl. noch nicht eintritt.

5.Abschlussphase

Steht der Beratungsprozess kurz vor dem Abschluss, ist es für beide Beteiligten wichtig, zurückzublicken, die Ziele in der Vereinbarung zu überprüfen und Abschied zu nehmen. Es geht aber auch darum, nach vorne zu blicken und die neue Perspektive wenn möglich zu «sichern». Die Evaluation des Prozesses soll vor dem definitiven Schlussgespräch erfolgen (z. B. in der vierten von fünf Sitzungen) – sodass offene Fragen in der letzten Sitzung geklärt werden können.

Wichtig für die Klientin oder den Klienten:

Umgesetztes als Erfolg zu erleben,

etwas gelernt zu haben,

unterstützt und gefordert worden zu sein.

Wichtig für die Beratungsperson:

einen guten Abschluss zu gestalten,

den Eindruck wirkungsvoller Arbeit zu erhalten,

positive und negative Rückmeldungen zu den Interventionen während des Beratungsprozesses erhalten.

Es empfiehlt sich, schon im Abschlussgespräch einen Zeitpunkt zu vereinbaren, an dem beide Beteiligten kurz im Sinne eines «Nach-Checks» über die Nachhaltigkeit der Beratung sprechen. Das kann auch im Rahmen eines Telefongespräches geschehen.

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