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Kitabı oku: «Aus zwei Welttheilen, Erster Band.», sayfa 2

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Nur durch die Auswanderung kann eine wirkliche und nachhaltende Linderung der jetzigen Noth einzelner Klassen ermöglicht werden.

Die Wolfsglocke

In den Washita-Bergen Nord-Amerikas liegt der Schauplatz auf den ich den Leser führen will. Dort, in den wilden Thälern jener reizenden Hügelketten existirt noch der richtige Backwoodsman; schlicht und ehrlich, rauh und derb, aufopfernd in seiner Freundschaft, aber gefährlich in seinem Haß, und sein Leben großentheils von der Jagd, etwas vom Ackerbau, und meist von der Viehzucht abhängig machend.

Die letztere wird ihm besonders durch das milde Klima jener Gegend, durch die grasreichen Hügel, durch die noch hie und da mit dichten Schilfbrüchen gefüllten Thäler erleichtert, und wenig Mühe ist es, die ihm die Zucht einer oft nicht unbeträchtlichen Heerde kostet. Dann und wann eine Hand voll Salz, nahe zu seiner Hütte hingeworfen, eine häufige und regelmäßige Wanderung von einem der kleinen zerstreuten Trupps zum andern, daß sie den Anblick des Menschen gewohnt blieben und nicht wild wurden – und der Sorgfalt, die er möglicher Weise darauf verwenden konnte, war vollkommen Genüge geleistet.

Einen Feind aber hatte er, den er, so oft er ihm auch nachstellte und ihn mit Büchse und Falle unermüdlich verfolgt und zu vernichten strebte, doch nicht bewältigen konnte, einen Feind, der Nachts in heulenden Schaaren die ängstlich blökende Heerde umschlich, und manch kräftiges Kalb, ja sogar manch einzeln abschweifende Kuh – und wie viel Ferkel und junge Schweine! – überfiel, erwürgte und verzehrte – dieser listige, blutgierige und erbarmungslose Feind war der Wolf.

Durfte man es dem Backwoodsman verargen, wenn er seine ganze List und Jagdkenntniß anwandte, solch schlauem und gefräßigem Diebe beizukommen? – aber so eifrig er auch auf der Lauer lag, so manche Nacht er, Mosquiten und Holzböcken zum Trotz, in den Aesten irgend einer knorrigen Eiche eingeklemmt hing, und beim matten Mondeslicht den scheuen Räuber durch angeschlepptes Aas herbeizulocken und zu belauern gedachte, so selten war er im Stande der höchst umsichtigen Bestie die tödtliche Kugel in den Pelz zu schicken. Die Zahl der Raubthiere mehrte sich, trotz den unermüdlichen Nachstellungen, von Jahr zu Jahr, und im Verhältniß dazu wurden die Heerden gelichtet, so daß wirklich etwas ernstlich geschehen mußte, wenn sich die Viehzüchter nicht genöthigt sehen sollten ihre Weidegründe, nur allein dieser Plage wegen, aufzugeben. – Und ein Hinterwäldler einem Wolf das Feld räumen, – ei Klapperschlangen und Poppkorn! das wäre ja wahrhaftig eine Schmach und Schande für sein ganzes Leben gewesen!

Daß unter solchen Umständen derjenige welcher die meiste Geschicklichkeit auf der Jagd bewies, auch der geachtetste der Jäger war, versteht sich wohl von selbst, und so geschah es auch daß sich Benjamin Holik, der erst seit kurzer Zeit aus Missouri heruntergekommen war, in kaum einem halben Jahre, wo er allein mit seiner Büchse siebzehn der Bestien erlegt hatte, den Ehrennamen »Wolfs Ben« verdiente, und bald für den besten Wolfsjäger im ganzen Reviere galt.

Wolfs Ben war auch noch außerdem ein gar stattlicher und wackerer Bursche; gut seine sechs Fuß hoch, mit wahrhaft riesigen Schultern und Armen und einer Kraft, der es keiner der doch sonst gewiß nicht schüchternen Hinterwäldler, gewagt hätte, im Einzelkampf zu begegnen, zeigte er sich sonst in seinem ganzen Wesen als der gutmüthigste, verträglichste und gefälligste Freund. – Mit einem guten Wort ließ sich von ihm Alles erlangen, die vorletzte Ladung Pulver gab er her und den letzten Bissen den er in seine Decke gewickelt bei sich trug; dabei war er der trefflichste Gesellschafter, wußte Unmassen der abenteuerlichsten Geschichten zu erzählen, half, wo er einmal irgendwo übernachtete, mit unermüdlichem Fleiße Feuerholz schlagen und zum Haus schaffen, den Mais in der Stahlmühle mahlen, die Thiere versorgen etc., und hatte sich dadurch sowohl wie durch sein männlich schönes Aeußere die Herzen sämmtlicher Frauen der Ansiedlung dermaßen gewonnen, daß er die übrigen jungen Burschen wahrhaft zur Verzweiflung brachte und schon anfing, trotzdem daß er noch Keinem auch nur eines Strohhalms Hinderniß in den Weg gelegt, recht tüchtige Feinde unter ihnen zu zählen.

So still und ruhig aber Wolfs Ben dabei seinen Weg ging und anscheinend harmlos in den Tag hinein lebte, so hatte er doch auch die Augen weit genug offen und wußte selber am besten unter welchem Dach er am liebsten schlief, in welche Augen er am unermüdlichsten schauen konnte, und wo ihn – nicht das freundlichste Gesicht, denn die Mädchengesichter bewillkommten ihn alle freundlich – wohl aber das süßeste Erröthen begrüßte, das ihm bis jetzt noch stets das Blut in rasender Schnelle durch die Adern gejagt.

Doch ich will dem Leser keine langen Räthsel aufgeben, die er jedenfalls schon eine Weile vorher errathen hätte. – Benjamin Holik liebte – wie nur seine treue einfache Seele lieben konnte – so recht aus Herzensgrunde Robert Suttons liebliches und einziges Töchterlein, und die einzige und alleinige Sorge die ihn dabei quälte war, daß Sutton, der die größte Farm- und Baumwollenplantage unten am Washita und Red River besaß, und im Sommer hier nur eigentlich seiner Heerden und seiner Gesundheit wegen in die Berge zog, für einen sehr reichen, und – was noch schlimmer, geizigen Mann galt, und er – armer Teufel! – weiter Nichts auf der weiten Welt besaß als seine Büchse, sein Messer und seinen gesunden Körper. – Sein braves ehrliches und treues Herz schlug er dabei gar nicht an, und doch war das die kostbarste Perle, die in ihrer Umhüllung nur wie in einer weit minder werthvollen Schaale saß.

Ben hatte aber schon oft und lange, und nicht selten mit recht trüben Sinnen darüber nachgedacht, wie er es eigentlich anfangen sollte etwas Geld zu verdienen und einen kleinen »start« wenigstens zu haben, mit dem er beginnen könne – denn sich um Arbeit auszudingen und langsam und mühsam Dollar nach Dollar in schwerer Tages- und Monatsarbeit zu verdienen, das schien ihm ein viel zu langer und weitläufiger Weg und hätte ihn seinem Ziele auch wohl nun und nimmermehr entgegengeführt. – Und doch war es nöthig, denn er wäre nicht der erste Freier gewesen dem der alte Sutton, seiner ärmlichen Verhältnisse wegen, einen Stuhl vor die Thür gesetzt, und wo zeigte sich ihm in dem einfachen, ruhig dahin fließenden Waldleben eine Gelegenheit, so einmal mit raschem Schlage das Glück beim Schopf zu erfassen – und zu halten? –

Er wurde immer nachdenkender und schwermüthiger, mied die geselligen Wohnungen der Ansiedlung, trieb sich Tag und Nacht draußen im Wald herum und hatte als einzigen Gewinn die Scalpe der erbeuteten Wölfe, die ihm der Staat allerdings mit drei Dollar Prämie pro Stück vergütete, die aber immer noch zu keiner Summe erwachsen wollten, um auch nur einigermaßen seine Ansprüche auf der holden Betsy Hand zu begründen.

In dieser Zeit etwa war es daß der alte Sutton einmal einen kleinen Abstecher nach Texas gemacht und dort von eben so abgeschieden wohnenden Viehzüchtern ein Mittel gehört hatte, die Wölfe aus einer Gegend in die sie sich gezogen und wo sie überhand genommen hätten, vollkommen zu vertreiben.

Dies bestand einfach darin daß sie vorher einen Wolf lebendig fingen, ihm dann eine Glocke, wie einem Pferd, um den Hals schnallten, und – ruhig wieder laufen ließen. Der Wolf kehrte hiernach natürlich so rasch er konnte zu seinem Rudel zurück; dort aber hörten sie kaum die fremdartige Schelle als sie auch scheu vor dem früheren Kameraden die Flucht ergriffen und in wilder Eile einem so unheimlichen Gegenstand zu entkommen suchten.

In jedes Versteck das sie annehmen, folgt ihnen nun der beglockte Wolf, dem es mit dem unbequemen Riemen um den Hals und dem ewigen Gebimmel unter seiner Kehle selber unheimlich wird wenn er sich allein sieht. Er glaubt Schutz unter den Brüdern zu finden, schüttelt sich, wälzt sich, springt, schwimmt, kurz thut alles Mögliche seine Qual loszuwerden und ist besonders darüber auf's Aeußerste empört daß er nicht mehr wie früher so leise und geräuschlos seine Beute beschleichen kann, sondern sich jedesmal selbst gleich durch lauten Glockenklang verrathen muß, und flieht nun, hat er das eine Rudel förmlich verjagt, zu einem andern, treibt auch dieses aus den Bergen, die er sich selber bis dahin zum Wohnort erwählt und sieht sich endlich – was er aber auch nur im äußersten Fall und erst dann thut, wenn er wirklich ganz allein zurückgeblieben ist – genöthigt, selbst einen andern Jagdgrund zu suchen, da auch die Heerden sich bald den Ton der Glocke merken, und nicht selten in fest geschlossener Phalanx den nächsten Ansiedlungen zustürmen, sobald sie den klingelnden Feind nur nahen hören.

Der Versuch mußte auch am Washita gemacht werden; Sutton kehrte rasch dorthin zurück, berieth sich mit sämmtlichen benachbarten Farmern und kam mit ihnen darin überein, daß sie eine Prämie von zwanzig Dollar darauf setzen wollten, einen Wolf lebendig überliefert zu bekommen, so daß sie ihm selber die Glocke umschnallen und ihn dann in's Freie wieder hinauslassen konnten.

Der Preis ließ sich aber gut setzen! Die Wölfe waren schlauer als die Jäger, und wenn besonders Wolfs Ben noch manchen Scalp einbrachte, so schien es doch selbst ihm unmöglich zu sein, einen der schlauen Schurken wirklich unbeschädigt und lebendig zu erhaschen, denn seine Fallen, die er stellte, blieben leer und in den Fallgruben die er auswarf, fingen sich nur der Nachbaren Rinder und Schweine.

Da es ihm nicht gelang, waren es die übrigen Jäger noch weit weniger im Stande, und der auf einen lebendig eingebrachten Wolf gesetzte Preis stieg endlich, da die Farmer jetzt auch hitzig wurden, und den Versuch unter jeder Bedingung, und zwar so bald als möglich zu machen wünschten, bis zu der für den Wald ungemein hohen Summe von zweihundert Dollar empor.

Das war ein Sporn für unsern Benjamin. – Zweihundert Dollar, alle Wetter damit konnte er sich eine vollkommen eingerichtete kleine Farm mit einem mäßigen Rinder- und Schweineanfang kaufen – und Betsy – ei wer weiß ob sich der Alte nicht dann doch noch überreden ließ, wenn er nur erst einmal den schwarzen Burschen einbringen und überliefern konnte! Zeit durfte er übrigens dabei auch nicht im geringsten verlieren, denn der Preis hatte natürlich alle Jäger der ganzen Umgegend auf die Füße gebracht, und überall im Wald hallten die Axtschläge der Männer wieder, die sich kleine Baumstämme fällten, um damit die einzig mögliche Art von Fallen zu errichten die man dort kannte, eine solche wilde Bestie wirklich unbeschädigt zu fangen. Stahlfallen durften nämlich nicht angewandt werden, da diese jedenfalls den erfaßten Lauf verwundet, vielleicht gar zerschmettert hätten und die Prämie nur ausdrücklich für ganz gesunde Wölfe garantirt wurde.

In dieser Zeit etwa, war ein Besuch in die Hügel gekommen, der unseren armen Benjamin Holik bald auf das bösartigste beunruhigen – ja was noch schlimmer war – ihm wirklich gefährlich werden sollte. –

Es war dies Niemand Anderes als ein sogenannter »Vetter« von Suttons, ein »Städter« mit blauem Tuchfrack, blanken Knöpfen und »Strippen« an den Hosen. Jesus! wie die Kinder lachten wenn er irgendwo in ein Haus kam und sich niedersetzte; wie sie sich dann mit den schmutzigen Gesichtern zusammendrückten, mit einander flüsterten, dann einen scheuen Seitenblick nach den »Strippen« warfen und plötzlich in ein lautes, mit aller Mühe nicht zu unterdrückendes Gelächter ausbrachen und wild und toll aus dem Hause stürmten! Das blieb sich aber gleich, die Kinder waren dumme Bälger die noch nichts von der Welt verstanden, und am wenigsten beurtheilen konnten ob an einem Manne wirklich etwas sei, oder nicht; – und an diesem war jedenfalls etwas, denn sein Onkel galt für einen der reichsten Pflanzer in Alabama und hatte nur den einzigen Erben. Ist es da ein Wunder daß ihn der alte Sutton freundlich aufnahm, wie den eigenen Sohn behandelte und sich und sein ganzes Haus (die Hand der Tochter mit eingerechnet) zu seiner Disposition stellte?

Mr. Metcamp schien denn auch recht gut einzusehen welch ein Schatz ihm hier geboten wurde, und wenn ihn auch die junge Dame selber scheu, und in der That absichtlich vermied, und ihm auf jede nur mögliche Art zu verstehen gab, es sei ihr an seinen Artigkeiten nicht das mindeste gelegen, so war er – in New-Orleans selber aufgezogen – keineswegs der Mann der sich durch solche »ländliche Sprödigkeit« hätte so rasch und leicht abschrecken lassen. Er wußte sich nur vor allen Dingen kluger Weise bei dem Vater in festeste Gunst zu setzen, lauerte dem alten Mann bald seine Schwachheiten ab, und machte ihn in kürzester Zeit glauben er sei der beste Jäger, der unerschrockenste Reiter und überhaupt das muthigste Herz das nur je unter einem ledernen Jagdhemd geschlagen, also unter einem feinem blauen Tuchfrack doppelten Werth haben mußte, und wußte dabei dem schlichten Hinterwäldler durch seine Gelehrsamkeit und sein tiefes Wissen – lauter solche Sachen von denen dieser bis jetzt noch nicht einmal eine Idee gehabt – so zu verblüffen, daß Sutton endlich schwor, Mr. Metcamp sei der »smartest« und beste Mann in der ganzen »range« und wenn seine Tochter ihm nicht ihre Hand geben wolle, so bekäme sie es mit ihm selber, ihrem Vater zu thun. –

Betsy machte bei einer – der ersten – heimlichen Zusammenkunft mit dem Geliebten, diesen mit Allem bekannt was ihr das Herz abzudrücken drohte, erklärte ihm, nicht ohne ihn leben zu können und behauptete das unglücklichste Wesen zu sein, das die Erde trüge. Benjamin war vollkommen damit einverstanden, hielt der Geliebten Hand fest, fest in der seinen, schaute ihr mit recht wehmuthsvollen Blicken in die treuen Augen und sagte endlich mit leiser, zum Trost bestimmter, aber ach des Trostes selber sehr bedürftiger Stimme:

»Liebe Betsy, verzage nicht – es wird schon noch Alles gut gehen – sieh, ich habe die ganze Nacht gearbeitet und vier neue Fallen aufgestellt und auch in allen schon und zwar treffliche Lockspeise gelegt; fang' ich den Wolf, dann hab' ich ein kleines Capital und kann nachher sagen: Nachbar Sutton, ich möchte Eure Tochter zum Weibe und bin im Stande ihr gleich ein freundliches Obdach zu bieten, so daß ich Eurer Hülfe dabei gar nicht weiter bedarf – und wenn er dann hört daß Du, Betsy, mir wieder so recht von Herzen gut bist –«

»Ach Du wirst gar nicht den ersten Wolf fangen können!« sagte Betsy unter Thränen; »der häßliche Fremde hat dem Vater den ganzen Abend von weiter nichts als den neuerfundenen Fallen erzählt, die er hier anwenden will – der kennt gewiß lauter neue Schliche und Pfiffe, wie sie in den Städten ausgedacht werden, und wird Dir auch da am Ende störend in den Weg treten.«

»Laß nur sein, mein Herz!« beruhigte sie, jetzt aber wirklich in stolzem Selbstgefühl lächelnd, der Jägersmann. »Darum sorge Dich nicht – wo's in den Wald schlägt und mit wilden Bestien zusammenhängt, da laß sie in den Städten getrost sinnen und grübeln: in der Ausführung sollen sie's uns hier schon nicht zuvorthun, oder – es ist unsere eigene Schuld, und wir haben's nicht besser verdient. Da Du mir jedoch sagst, mein Kind, daß er auch von der Jagd etwas zu verstehen vorgiebt, so kommt er mir da auf einen Boden, wo ich ihm meinen Mann stehe, und siehst Du, jetzt – ich weiß selber nicht wie das so eigentlich gekommen ist – hab' ich auf einmal weit mehr Muth und Selbstvertrauen als vorher. Bleib Du mir nur hold, Du gutes Kind! Zwingen kann Dich der Vater zur Heirath doch nicht, und wenn er erst findet daß ich Dich nur zu meinem lieben Weibe haben will, weil ich einmal nicht ohne Dich leben kann, und keineswegs seines Geldes und Gutes wegen, ei so wird er auch einsehen daß ihm ein solcher Schwiegersohn mehr Ehre bringt als der geschniegelte Städter, und vielleicht bekomme ich dann noch ein recht herzliches »Ja« von ihm.«

Es lag eine so freudige, vertrauensvolle Zuversicht in den Worten, daß sie selbst der muthlosen Jungfrau neue Hoffnung gab. Durch das Gerücht von des Fremden Kenntniß im Fallenstellen, war aber auch Benjamin aufgereizt worden seine Anstrengungen zu verdoppeln, daß er nicht etwa durch Lässigkeit sein ganzes Glück versäume. Einen fast fröhlichen Abschied nahm er von dem schwermüthigen Mädchen, küßte ihr die thränenden Augenlider, schulterte seine Büchse, und wanderte frisch und getrost in den dunkeln Wald hinein.

Die Fallen die Ben Holik für Wölfe stellte, befanden sich alle ziemlich in der Nähe der Ansiedlungen, da die wilden Bestien die bewohnten Plätze, wohin sich das Vieh Abends zurückzog, und wo auch die säugenden Sauen ihre Betten hatten, am liebsten aufsuchten. Eine besonders, auf die er seine meiste Hoffnung setzte, da sie nicht weit von einem Wechselpfad der Wölfe, zwischen zwei Hügelrücken lag, war mit außerordentlicher Sorgfalt hergerichtet, und so gestellt daß sie von den Wölfen gesehen werden mußte. Ebenso stak die trefflichste Lockspeise, die ganze Keule eines erst gefallenen Pferdes, daran, und den Vortheil hatte sie noch außerdem vor den übrigen, daß er nicht jedesmal, wenn er nachsehen wollte ob sich etwas gefangen habe, dicht hin zu gehen brauchte, wodurch er gezwungen gewesen wäre Spuren zurückzulassen, sondern von einem nicht fernen ziemlich steilen Hügelrücken aus, der dort in eine starre Felsspitze vorragte, mit seinen Adleraugen den ganzen Platz recht gut übersehen konnte. Ließ sich dann auch nicht gleich bestimmen ob sich etwas gefangen hätte, so ließ sich doch recht gut erkennen ob die Falle noch aufgestellt oder niedergeschlagen wäre.

In der Nacht mochte er freilich den Ort nicht stören, deshalb ging er jetzt geradenwegs zu seinem Lagerplatz, den er sich, bis er sein Ziel erreicht, in den Bergen aufgeschlagen, entzündete dort sein Feuer wieder, verzehrte sein einfaches Abendbrod, rollte sich in seine Decke, und war bald sanft und süß, jeder weiteren Anstrengung für diese Nacht entsagend, eingeschlafen.

Am Morgen bedurfte er des Hahnenschreis nicht, munter zu werden, so wie der »Whip poor will« seine ersten klagenden Laute wieder hören ließ, sprang er auf, kochte seinen Kaffee, den jeder Jäger gebrannt und gemahlen in einem Leinwand- oder Ledersäckchen bei sich führt, und erwartet nun ungeduldig den ersten matten Dämmerschein der sich im Osten zeigen würde.

Endlich, endlich kam das diesmal so heiß ersehnte Licht, mit dem sich der Wolf jedesmal wieder in seine bestimmten und gewöhnlich unzugänglichen Schlupfwinkel zurückzieht – und vorsichtig, dürre Aeste und brechendes Holz meidend, damit das Geräusch nicht etwa noch in der Nähe weilende Bestien aufscheuche, kroch er in der That mehr als er ging, dem Felsen zu der ihm zur hohen Warte diente.

Jetzt hatte er ihn erreicht – jetzt konnte er den flachen, eben von grauem Licht kalt durchgossenen Fleck überschauen – beim Himmel, der ungewisse Schein mußte ihn täuschen – er vermochte das aufgestellte Dach der Falle nicht mehr zu erkennen. – War sie – war sie niedergeschlagen?

Das Herz schlug ihm in fieberhafter Ungeduld, und gewaltsam fast bezwang er sich den heller heraufbrechenden Morgen abzuwarten, ehe er seine Fährte dem Thalgrunde einpresse.

Aber lange hielt er es so nicht aus; weder Ruh noch Rast ließ ihm die Ungeduld und jemehr er jetzt den Blick anspannte die Gegenstände unter sich zu erkennen, desto deutlicher wurde ihm die Thatsache, und der Zweifel endlich zur Gewißheit. – Die Falle war wirklich zugeschlagen und es mußte also ein Wolf in ihr stecken, denn die Kühe, die manchmal auch sehr zum Aerger des Jägers und ihrem eignen Schrecken die Stützen umstoßen, kamen gar nicht in dies felsige grasleere Thal hinunter.

»Betsy!« das war der einzige Laut, den er, sich selbst vielleicht unbewußt, ausstieß, als er mit flüchtigen Füßen den Thalgrund hinab und der Stelle zuflog, wo im Schatten dichter Sassafras und Spicebüsche, gar schlau in einen wilden Haufen des dort von dem manchmal reißend geschwollenen Bergstrom hingeschwemmten Holzes hineingestellt, und von dem klar vorbeisprudelnden Wasser bespühlt, die Falle stand.

»Hurrah!« er konnte sich nicht helfen, er mußte seinem Jubel wenigstens in einem recht herzlichen, recht aus tiefster innerster Seele kommenden Aufschrei Luft machen. – Und er hatte auch wahrlich Ursache darüber zu jauchzen, denn in der Falle saß, scheu und verschämt, als ob er sich genirte, bei dem heller und heller heraufdämmernden Tageslicht hier noch ertappt zu sein, ein prachtvoller rabenschwarzer männlicher Wolf, und die Augen funkelten dunkelglühend, zwischen den wohl eine Hand breit auseinanderliegenden Stämmen nach dem grimmsten Feind durch, dem er in diesem Theile des Waldes hätte in die Hände fallen können – dem jungen Jägersmann entgegen.

»Siehst Du, Bestie, sagte aber der, so habe ich Dir endlich das Handwerk gelegt, Du alter grauer Sünder – wirst die andern wohl gestern von der gefundenen und so vortrefflich geglaubten Beute weggebissen haben, und sitzest jetzt in der beneidenswerthesten Lage von der Welt hinter Glas und Rahmen. Nun warte nur, Dir ist noch weit besserer Spaß aufbewahrt. An's Leben geht es Dir diesmal allerdings nicht gleich, wenn Du aber nur erst einmal mit der Glocke um den Hals spazieren läufst, wirst Du schon finden was es heißt in Ben Holiks Hände gerathen zu sein!«

Der Wolf fletschte, als er sich nach der Falle hinunter bog, ingrimmig die Zähne gegen ihn, behauptete aber seinen Platz und schien, wie ein ärgerlicher Hund nur einen Angriff zu erwarten, um gleich zufahren zu können. Ben dachte aber gar nicht daran ihn weiter zu reizen, sah nur noch einmal lächelnd nach ihm zurück und rief:

»Bin Dir nicht böse, alter Bursche, bist zwar ein gar unwirsch aussehender Brautwerber, sollst mir aber doch zur Braut verhelfen, und da müssen wir schon gute Freunde mitsammen bleiben.«

Und einen fröhlichen Gruß dem Gefangenen hinüberwinkend, warf er seine Büchse über die Schulter und sprang in flüchtigen Sätzen den ziemlich steilen Abhang der Schlucht hinauf, um die Ansiedlung auf dem geradesten Wege und so rasch als möglich zu erreichen, damit er von dort aus gleich Hülfe herbei holen könne, dem wilden Burschen das Halsband mit der Glocke umzulegen, und ihn dann wieder – hei! wie er springen würde! – frank und frei laufen zu lassen.

So hatten die Männer der Ansiedlung (die sie um ihr doch eine Art Stadtnamen zu geben, Woodville getauft, obgleich sie nur aus drei Häusern und zwei Ställen bestand) den jungen Jägersmann noch nie gesehen. Jubelnd und jauchzend kam er in Suttons Haus gesprungen, umarmte in Ermangelung der Tochter, den alten Sutton selber, und schwatzte eine solche Masse tolles Zeug von Wölfen, Scalpen, Farmen, Glocken, Stricken und Holzhaufen, daß eine Art Gerücht, »Wolfs Ben sei wahnsinnig geworden«, schon wirklich anfing Glauben zu gewinnen.

Nach und nach klärte sich aber die Sache auf, und der alte Sutton erfuhr kaum um was es sich handle, als er auch selber mit fast eben solchem Eifer darauf einging, und jetzt nur bedauerte daß Metcamp den Augenblick nicht gegenwärtig wäre, da er ebenfalls die Nacht im Wald gewesen sei um sein Glück zu versuchen.

»Hallo, jetzt bekommen wir am Ende gar zwei!« lachte der Alte endlich, während er seine Büchse vom Nagel nahm und die Kugeltasche umhing. »Metcamp hatte verdammt gute Aussichten, und scheint seiner Sache ziemlich gewiß zu sein. Nun, das schadete nichts; dann theilt Ihr die Prämie und zwei Wölfe wären am Ende immer noch sicherer als einer. Ist Euerer denn ein Wolf?«

»Ei und solch ein derber Bursche, wie nur je einer ein Kalb zerrissen hat.«

»Vortrefflich, vortrefflich! Nun so kommt, Benjamin, und Du, Scip', kommst gleich mit den andern beiden nach; wo ist's denn? an der Froschquelle sagtet Ihr?« –

»An den Wassern der Froschquelle, etwa sechshundert Schritt von dem scheidenden Bergrücken und gerade da gegenüber wo des »Teufels Kanzel« über den Bach hängt.«

»Nun da könnt Ihr ja gar nicht fehlen – also die Stricke und den Sack – habt Ihr das Halsband, Ben?«

Der junge Mann bejahte es, klingelte mit der kleinen Glocke und schien selber die Zeit nicht erwarten zu können, wo sie wieder aufbrechen würden, seine Siegstrophäen in Empfang zu nehmen. –

Mit raschen Schritten wanderten die beiden Männer den schmalen Pfad entlang, der von der Ansiedlung aus in den Wald lief, verließen diesen aber bald darauf wieder, eine nähere Richtung einzuschlagen, und benutzten einen von den Hügeln hin auszweigenden Abhang, der in leiser Niederdachung den Wassern der Froschquelle zuführte.

»Aber, Ben, Ihr habt ihn doch auch sicher? fragte da Sutton, ganz plötzlich stehenbleibend, und sah den jungen Jägersmann mißtrauisch dabei von der Seite an. – Ihr war't mir heut Morgen so – so kreuzfidel – es ist zwar noch etwas früh – ich hoffe doch nicht daß Ihr mich etwa zum Narren habt?«

Ben Holik lachte, als ob er im Leben nicht wieder zu sich selber kommen wollte, und schüttelte das Halsband, das er in der Hand trug dermaßen, daß der Ton hell und klingend durch den Wald tönte. –

»Hahahaha – das ist kostbar. Nein Sutton – das ist wirklich kostbar – jetzt – jetzt fällt Euch auf einmal ein – hahaha – daß ich Euch könnte – hahaha – angeführt haben!«

»Mr. Holik! –«

»Nein, lassen Sie's gut sein, Sir, sagte der Jäger plötzlich seine Fröhlichkeit zügelnd, da er sah wie ernst der alte Mann die Sache zu nehmen schien. Sie dürfen aber wahrlich nicht bös darüber sein, wenn ich vielleicht ein Bischen zu munter bin – es freut Einen doch am Ende so einen verwünschten Kälberdieb, der so oft und schlau jeder Versuchung widerstanden hat, zuletzt doch noch nicht überlistet zu haben. Wir müssen übrigens gleich an Ort und Stelle sein; da drüben seh ich schon die Kiefern der Teufelskanzel über das andere Schwarzholz hervorragen, und gleich dort unten, wo der Hickory über die enge Schlucht gestürzt ist, liegt das Triftholz wo meine Falle steht. Die Neger werden den Platz doch finden?«

»Scipio kennt jeden Fußbreit Boden hier, sagte Sutton. Also hier unten steckt die Bestie; nun warte, mein Schatz Du sollst Deinen Kameraden so lange Musik vormachen, bis ihnen vor lauter Bimmeln die Ohren klingen. Hört, Ben, dies ist ein nichtsnütziger Weg hier; wir sind auch wohl gerade auf den steilsten Fleck gekommen – nun, Ben? – wollen wir noch ein Bischen? – was habt Ihr denn zu gucken?«

Der junge Mann war auf einen umgefallenen Baumstamm getreten, hatte mit der Linken den niederhängenden Ast einer jungen Buche gefaßt, und schaute mit stierem unverwandtem Blick die Schlucht hinab in die Tiefe – erwiederte aber kein Wort.

»Nun Ben? – was giebts? – Ihr wißt wohl selber nicht mehr recht wo ihr daheim seid? rief der Farmer, und sah ungeduldig nach ihm zurück – wir sind wohl in der falschen Schlucht?«

Ben Holik erwiederte keine Sylbe; nur bleichen Angesichts und keines Wortes mächtig, deutete er nach einem wirren Haufen wild über einander gestürzter dürrer Aeste und Stämme, zwischen dem das scharfe Auge des alten Mannes gar bald das rauhe viereckige und massive Gestell einer zugeschlagenen Wolfsfalle, wie sie in den Wäldern eben üblich ist, erkannte.

»Meiner Seel, an den falschen Kasten gerathen«; brummte der Greis, nachdem er sich durch einen zweiten Blick überzeugt hatte wie die Falle leer sei, – »na das fehlte auch noch, jetzt können wir die steile Partie wieder hinauf machen.«

Er wandte sich, den Berg wieder empor zu klimmen, hier aber fiel ihm das verstörte wilde Aussehn des eben noch so fröhlichen Jägers auf, und als er schon den Mund öffnete, ihn zu fragen was ihm fehle, hörte er die halblaut und heftig ausgestoßenen Worte desselben:

»Sie ist leer!«

»Da unten in der hat der Wolf gesessen?« fragte der alte Farmer rasch und erschreckt.

»Dort unten,« lautete die monotone Antwort des aus seinen Himmeln erbarmungslos Niedergeschmetterten.

»Na, das ist eine schöne Geschichte,« murmelte Sutton, klomm, so rasch dies eben gehen wollte, und sicherlich viel rascher als er im Anfang beabsichtigt, den steilen Hang hinunter, und stand gleich darauf vor der allerdings leeren, aber heruntergeschlagenen Falle.

Das Fleisch im Innern war augenscheinlich nicht berührt, eine Art Wolfsgeruch glaubte er aber selber zu wittern, und bei genauerer Untersuchung entdeckte er an dem einen rauhen Balken sogar einzelne weiße Bauchhaare, die kaum von einem andern Thier als einem Wolf herrühren konnten. Wo aber war dieser hin verschwunden, denn daß er sich sollte unter der schweren Klappe vorgearbeitet haben – Sutton stemmte seine Schulter darunter und suchte sie emporzuheben, er war es kaum im Stande – schien rein unmöglich.

Während er noch so beschäftigt war, stieg Benjamin Holik langsam und schweigend zu ihm nieder, stellte seine Büchse an den nächsten Baum, legte Halsband und Glocke daneben und trat dann dicht zur Falle heran, die er, ohne sie jedoch zu berühren, auf das aufmerksamste und genauste betrachtete.

»Und Ihr habt heute Morgen wirklich einen Wolf darin gefangen gehabt?« fragte Sutton nach längerer Pause, während er trotz des Beweises der gefundenen Haare ungläubig dabei mit dem Kopfe schüttelte.

»Ich gebe Euch mein Ehrenwort, sagte Ben tonlos – ein starker männlicher Wolf stak in der Falle, als ich vor kaum einer Stunde diesen Platz verließ; drei Wölfe hätten aber nicht Kraft genug gehabt diese Balken emporzuheben und darunter vorzuschlüpfen, und wenn ihnen das wirklich gelungen wäre, so müßte wenigstens die Hälfte ihres ganzen Pelzes an der rauhen Rinde dieser Stämme hängen geblieben sein.«

»Das dachte ich eben auch, sagte Sutton – und Ihr wißt gewiß daß es auch wirklich ein Wolf« –

»Nun zum Henker! rief der Jäger, dem der Ingrimm über die getäuschte Erwartung auch endlich durch das sonst überhaupt nichts weniger als geduldige Hirn zu blitzen begann; ich werde doch einen Wolf von einem Stück verendetem Pferde unterscheiden können? – aber da – seht hier – und – und überzeugt Euch selber!«

Noch während er sprach, sprang er plötzlich auf die Falle zu, warf mit einem Ruck seiner gewaltigen Kraft die Klappe zurück, als ob's ein loses Brett gewesen wäre, und schwang sich mit einem Satz über die niedere Wand in's Innere.

Yaş sınırı:
12+
Litres'teki yayın tarihi:
28 eylül 2017
Hacim:
320 s. 1 illüstrasyon
Telif hakkı:
Public Domain