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Kitabı oku: «Pfarre und Schule. Erster Band.», sayfa 9

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»Möchten Sie den Religionsunterricht der Kinder verlieren? und ist dieser nicht gerade das, was das kindliche Herz so innig an den Lehrer fesselt? – ist er nicht gerade die Mittheilung jenes geheimnißvollen göttlichen Waltens – der Erschluß, möchte ich sagen, eines bis dahin in des Kindes Brust noch ungeahnten Gefühls, der es mit scheuer liebender Ehrfurcht zu dem Lehrer hinzieht? Und das wollten Sie muthwillig, für das todte nichtssagende Wort ›Freiheit der Schule,‹ aufgeben? – ich glaube kaum; wenn die Lehrer untereinander die Sache nur erst einmal ordentlich überdacht haben werden – kommt jedenfalls ein anderes Resultat heraus, als das bisherige. Noch liegen wir im fröhlichen Jubelrausch der so unverhofft gewonnenen Errungenschaften – aber es ist eben auch nur ein Rausch, der bald verfliegen und die, die ihm fröhnten, nüchtern und mit Reue über ihr thörichtes unbedachtes Streben zurück lassen wird.«

»Aber das ist noch nicht Alles – ich habe das nur vorher erwähnt, was des Lehrers, des wahren guten und treuen Lehrers Seele am ersten rühren und bestechen muß – die Liebe und Anhänglichkeit seiner Schüler; nun kommt das noch, was leider mit seinem Geiste Hand in Hand gehn muß, und eine Zurücksetzung eben so wenig verträgt, wie dieser, da es sonst zu störend auf ihn zurückwirken würde – und das ist der Körper – das leibliche Wohl des Schullehrers.«

Der Diaconus trommelte schärfer auf der Scheibe und Hennig, der während der letzten Worten den Kopf gesenkt und das zurückerhaltene Zeitungsblatt fester und fester zusammengedreht hatte, sah jetzt wieder zu seinem Vorgesetzten auf, als ob er gespannt dessen weitere Auseinandersetzung erwarte.

»Daran haben Sie noch nicht gedacht, nicht wahr?« schmunzelte der Pastor, dem die Bewegung des jungen Mannes nicht entgangen war; »ja lieber Hennig, wenn sich die Schule von der Kirche absolut trennen will, und unsere hohe Staatsregierung natürlich ihre Einwilligung dazu giebt, was übrigens kaum zu erwarten steht und Gott verhüten möge, dann bleibt der Schullehrer auch natürlich nur auf seine Schuleinnahme angewiesen, und Alles was er bis jetzt an Glöckner-, Küster- und Cantor-Accidenzien eingenommen, fällt, wie sich das von selbst versteht, weg. Es wird nämlich wohl kein Schulmeister so thöricht sein, seinen vollen Gehalt für Läuten, Orgelspielen etc. etc. nach wie vor zu verlangen, da ja das Dorf dann noch besonders einen anderen Mann zu halten und zu bezahlen gezwungen wäre – und doppelt zahlen die Bauern Nichts, ich dächte das bedürfte, Ihnen Beiden gegenüber, keiner weiteren Bestätigung. Nun berechnen Sie sich selbst was Ihnen alles, wenn Sie sich wirklich in den Fall einer Trennung setzten –«

»Bester Herr Pastor.«

»Ich nehme ja nur den möglichen – für jetzt erdachten Fall, guter Kleinholz – was Ihnen Alles, sage ich abginge an Ihrem jetzt schon nichts weniger als brillanten Gehalt – Sie würden vielleicht nicht einmal im Stande sein zu leben und glauben Sie, daß Sie einem besseren Loos entgegengingen, wenn Sie von den Bauern allein abhängig in Ihrer Besoldung wären?«

»Sehn Sie, meine Freunde, jede Sache hat, wie ich Ihnen das auch eigentlich gar nicht mehr zu sagen brauche, ihre zwei Seiten – eine gute und eine böse – und es ist nicht allein nothwendig, nein es ist auch unsere Pflicht, die Schattenseiten dessen, was einst einen so wichtigen Theil unseres Lebens ausmachen soll, zu beleuchten, um sie entweder vorher kennen zu lernen oder – wenn wir sie für gar zu schwierig halten, zu vermeiden.«

»Damit habe ich Ihnen Beiden übrigens keineswegs alle die Unannehmlichkeiten aufgezählt, die eine Trennung der Schule und Kirche für den Lehrer haben müßte; nein, das lag auch gar nicht in meiner Absicht, denn Sie können sich wohl denken, daß es mir, des Nutzens wegen, den es mir bringt, ziemlich gleichgültig sein kann, ob ich Schulvorstand bin oder nicht; es ist das ein Amt, was mir viel Zeit raubt und gar Nichts einbringt, aber, da wir doch einmal gerade daraufkamen, hielt ich es für meine Pflicht, Ihnen wenigstens meine Ansichten darüber mitzutheilen – überlegen Sie sich die Sache nur selbst und prüfen Sie – Ihr gesunder Geist wird Sie dann schon das richtige wählen lassen.«

»Doch, was eigentlich die Hauptsache dessen war, worüber ich mit Ihnen zu sprechen wünschte, – Sie haben wohl heute hier in Horneck eine Art Conferenz der benachbarten Lehrer?«

»Allerdings«, sagte Hennig, »ich glaube sogar, daß sie schon größtentheils eingetroffen sein müssen, wenn sie nach dem Mittagsgottesdienst von zu Hause weggegangen sind.«

»Horneck liegt so von all den umliegenden Dörfern in der Mitte« entschuldigte Kleinholz die Versammlung.

»Ei ja wohl, ich finde das ganz natürlich« fiel rasch und beistimmend der Pastor ihm in's Wort, »es ist mir aber lieb, daß es sich so getroffen hat, und ich vorher noch im Stande war, Ihnen etwas mitzutheilen, was jedenfalls von Interesse für Sie und Ihre Freunde sein wird. Es ist nämlich keinem Zweifel mehr unterworfen, denn meine Berichte aus der Residenz sind ziemlich zuverlässig, daß die Minister einer Trennung der Kirche von der Schule vollkommen entgegen sind, wenigstens werden sie nie die Zustimmung der ersten Kammer dazu bekommen, wir Geistlichen selbst sehen aber ein, daß eine Reform in den jetzigen Verhältnissen, wenn auch nicht gerade unumgänglich nöthig, doch jedenfalls nicht ganz unzweckmäßig wäre, wir finden es sogar billig, daß den Schullehrern auch das Recht zustehn müßte, ihre Schulen selbst und durch aus ihrer eigenen Mitte gewählte und sachverständige Männer revidiren zu lassen.«

Der Diaconus wandte sich erstaunt nach dem Pastor um, und auch Hennig horchte mit der gespanntesten Aufmerksamkeit einem Zugeständniß, das er nie erwartet hatte von des Geistlichen eigenen Lippen zu hören.

»Um also Allem und Jedem zu genügen, was nur vernünftigen Menschen, die nicht gerade das Unmögliche, und mit dem Kopf absolut gegen die Wand rennen wollen, auch vernünftiger Weise verlangen können, geht mein Plan dahin, daß künftig der Schulvorstand aus fünf Mitgliedern oder Theilhabern bestehe, von denen drei, also die Majorität Schullehrer – zwei aber, und zwar die Minderheit, Geistliche sein müssen, wobei zugleich sonst jeder dazu gewählt werden kann, der den Betheiligten, also dem Schullehrerstande überhaupt, am meisten zusagt. Ist das geschehen, so denk' ich können Sie versichert sein, daß keine Klagen weiter über Uebergriffe der Pastoren vorfallen können, die Majorität des Schulvorstandes, also die Lehrer hätten sich das nur sonst selbst zuzuschreiben. Dieß ist also ein Gegenstand, der Ihre größte Aufmerksamkeit verdient, und es wäre mir sogar lieb, mein guter Herr Hennig, wenn Sie es heute Nachmittag in Ihrer Versammlung zur Sprache bringen wollten. Mit einigen meiner Amtsbrüder hab' ich darüber schon verkehrt, werde auch ebenfalls der nächstens zusammentretenden Geistlichkeit den Vorschlag machen, und bin ihrer Einwilligung ziemlich gewiß. Es wäre vielleicht auch nicht unpassend, wenn wir Alle zusammen, Lehrer und Geistliche eine gemeinschaftliche Bittschrift hierüber an ein hohes Ministerium aufsetzten und übergäben, damit dieses sich von der wahren Stimmung im Lande überzeugen und danach handeln und wirken könnte. Ich glaube bestimmt, daß Ihre Collegen ein solches Entgegenkommen von unserer Seite freudig begrüßen werden, und wie segensreich das dann auf die uns anvertraute Jugend zurückwirken muß, wenn wir, die wir für die Bildung des Geistes und der Seele vereinigt dastehen, auch vereinigt und freundschaftlich handeln, brauche ich Ihnen doch wahrlich nicht erst weiter auseinanderzusetzen.«

»Jetzt also, mein lieber Kleinholz, will ich Sie Beide Ihren Freunden nicht länger entziehen; morgen vielleicht, oder wenn Sie die Sache näher besprochen und überlegt haben, reden wir weiter darüber!«

Die beiden Schullehrer erhoben sich bei diesen Worten von ihren Sitzen, empfahlen sich dem Pastor, der ihnen freundlich und mit einigen gütigen Abschiedsworten die Hände drückte, und verließen das Zimmer. Der Diaconus wollte sie begleiten; diesen aber hielt der Pastor noch zurück und Hennig und Kleinholz schritten allein und schweigend, Jeder mit seinen Gedanken über das eben Gehörte beschäftigt, in die Schulwohnung langsam hinüber.

Zehntes Kapitel.
Die Schulmeister

Zu Hause fanden die beiden Männer schon die Botschaft ihrer Collegen, die voraus in die Schenke gegangen waren, und sie bitten ließen, so bald als möglich nachzukommen. Der Pastor hatte sie gar so lange aufgehalten, und ungesäumt folgten sie dem Rufe; Papa Kleinholz, dem übrigens seines Hülfslehrers Keckheit beim Herrn Pastor fast den Athem versetzt hatte, benutzte den kurzen Weg von der Schule in die Schenke hinunter, um ihn darüber zur Rede zu stellen, und zu bitten, doch nur um des Himmels Willen zu bedenken, in welche Verlegenheiten er sich dadurch bringen, und was für Folgen so etwas für ihn und seine künftige Laufbahn haben könne.

Hennig antwortete all' diesen Vorstellungen aber nur höchst einsylbig, oft zerstreut; des Pastors Worte hatten einen wilden Sturm feindlicher Gefühle in seiner Brust erweckt, und Pflicht und Liebe schlugen in dem armen Herzen ihre erste, aber deshalb gewiß nicht minder heftige Schlacht. Schweigend schritt er an seines Vorgesetzten Seite dem verabredeten Berathungsplatze zu und unschlüssig kämpfte er mit sich, was er in dieser Sachlage thun, wie er handeln und auftreten solle.

In der Schenke zu Horneck hatten sich indessen zahlreiche Gäste eingefunden; der Wirth verstand selber die kunstgerechte Bereitung der edlen Gerste und braute ein ganz vorzügliches Bier, und der Horneck'sche Kartoffelkuchen war weit und breit berühmt; kein Wunder denn, daß das warme Frühlingswetter, das dem Mai selbst an Milde und Lieblichkeit nichts nachgab, eine Menge Hungriger und Durstiger herbeigezogen hatte, die nun im Garten oder in dem neuen, Veranda ähnlichen Ausbau des Hauses saßen, und den einzelnen Melodien des »Orchesters« lauschten.

Kleinholz und Hennig hielten sich jedoch nicht zwischen den Gästen auf, nur herüber und hinüber grüßten sie, wo sie vielleicht einen alten Bekannten sitzen sahen, drängten sich durch die zahlreich in der Hausflur und dem Billardzimmer nach dem Garten vielfach hin und her Wandernden, und stiegen zu einem kleinen stillen Hinterstübchen hinauf, das ihrer Conferenz von dem Wirthe eingeräumt worden.

Hier von dem Lärm und der Musik unten nicht gestört, da seine Fenster nicht nach dem Garten, sondern nach dem Dorfe aussahen, saßen um einen langen, in die Mitte gerückten Tisch die Schullehrer der benachbarten Ortschaften, und waren, allem Anschein nach, schon recht tief und eifrig in die Debatte hinein gerathen. Bei der Neuankommenden Eintritt wurde diese nun allerdings auf kurze Zeit unterbrochen, doch nur so lange, als es bedurfte, eine Bank, da es heute bei dem Andrange von Gästen an Stühlen fehlte, zum Tisch zu rücken, auf der dann Kleinholz und Hennig zusammen Platz nahmen.

Bis das Mädchen wiederkam, welches den Schullehrern bei ihrer Ankunft ein Glas Bier oder ein Schnäpschen besorgt hatte, schoben ihnen die Nachbarn ihre eigenen Gläser näher, und der Präsident, ein alter würdiger Schullehrer von Kosholz, der die Verhandlungen leitete, wiederholte nochmals mit kurzen Worten den schon besprochenen Gegenstand der Debatte – die Trennung der Schule von der Kirche, für die sich zwei, gegen die sich aber schon vier Stimmen erhoben hatten. Er setzte auseinander, wie nöthig es sei, daß sie sich über diesen Gegenstand, der in gar kurzer Zeit alle ihre Energie in Anspruch nehmen müsse, vorher klar und bewußt würden, daß jeder selber darüber ein Urtheil bekäme und nicht blos, entweder von seinen Vorgesetzten auf der einen, oder auch von leichtsinnigen, neuerungssüchtigen Menschen, die nur immer Freude am Niederreißen und nimmer am Aufbau fänden, auf der anderen Seite getäuscht und irre geleitet würden.

»Meine lieben Amtsbrüder,« nahm da Vater Kleinholz, von seinem Sitze aufstehend, mit zitternder Stimme das Wort, »ich bin kein Redner, und das, was ich auf den Herzen habe, kann ich nur mit kurzen und nicht zierlich gestellten Worten herausbringen, aber es kommt auch dafür gerade vom Herzen, und ich möchte es Ihnen ebenfalls an die Herzen legen. Ich bin gegen eine Trennung der Schule von der Kirche, und zwar aus recht vielen und wichtigen Gründen. Wir kommen Beide eben, Herr Hennig und ich, vom Herrn Pastor Scheidler, der mir stets, mit sehr wenigen Ausnahmen, ein freundlicher Vorgesetzter gewesen ist, und ich glaube, wir können uns mit dem, was er, als Geistlicher, uns selber vorschlägt, recht gut begnügen. Ich bin gegen eine Trennung der Kirche und Schule, weil es mir in der Seele weh thun würde, wenn wir mit dem Religionsunterricht auch das süße Einverständniß verlören, was wir jetzt, durch diesen, über den Geist der Kinder gewinnen; ich bin aber auch gegen die Trennung, weil sie für uns unmöglich ist, weil der Schulmeister ohne die verschiedenen Einnahmen, die ihm sein Kirchner-, Glöckner- und Cantordienst abwirft, möglicher Weise gar nicht mehr existiren könnte. Ich habe jetzt mit meiner Familie etwa 100 Thaler jährlich, und der Herr weiß es, oft genug esse ich in Sorgen mein Brod, und grüble und grüble, wie ich es nur anzufangen habe, einfach auszukommen. – Das Jahr ist lang – die Kinder wollen das ganze Jahr essen und gekleidet sein, und 100 Thaler sind eine entsetzlich kleine Summe für eine so gewaltig lange Zeit. Wären wir im Stande, uns ohne jene außer der Schule liegende Einnahme zu behelfen? – nein, das wären wir nicht, wir gingen der Noth und dem fürchterlichsten Elend entgegen, und wollen wir also den Nutzen nicht aufgeben, den wir durch jene Arbeiten genießen, so dürfen wir uns auch der Mühe und den Unbequemlichkeiten nicht entziehen, die daraus hervorgehen. Meine Stimme ist deshalb gegen eine Trennung, und ich hoffe, auch Ihr lieben Freunde werdet zuletzt einsehen, daß sie uns und der Schule nur zum Nachtheil gereichen, keineswegs aber eine gehoffte Besserung herbeiführen würde.«

Vater Kleinholz setzte sich wieder nieder, und von mehreren Seiten standen die Redner auf, die alle, wie der vorhergehende Sprecher, gegen eine Trennung waren, Viele beriefen sich dabei auf ihre eigenen Geistlichen, die mit ihnen ausführlich über die Sache gesprochen, Alle aber waren darin einig, daß das Aufgeben des Religionsunterrichtes ein Verlust für den Lehrer sein würde, den gar kein errungener Vortheil wieder aufwiegen oder ausgleichen könne.

»Mitbrüder und liebe Genossen,« sagte da endlich Hennig, der bis jetzt noch kein Wort in die Debatte gesprochen und manchmal fast augenscheinlich mit sich gekämpft hatte, jetzt aber plötzlich zu einem festen bestimmten Entschluß gekommen zu sein schien. »Ich bin zwar noch jung, viel jünger, als Manche hier, die in ihrem Ehrenamte ergrauten, aber desto weniger bin ich auch vielleicht mit den alten Gewohnheiten verwachsen, die es nachher so viel Mühe kostet, wieder abzuschütteln. Ich fühle eben so gut, wie Sie, daß wir dem Religionsunterrichte der Kinder nicht entsagen dürfen, der Lehrer würde durch den Verlust dieses Zweiges zu einer bloßen künstlichen Maschine, die den Kindern nur das Ein mal Eins und das Geheimniß der Buchstabenstellung einbläut. Herr Pastor Scheidler hat uns Beiden zwar heute Nachmittag gesagt, daß wir ihn wirklich einbüßen müßten, wenn wir uns von der Kirche losrissen, aber es ist das doch auch nur die Meinung eines einzelnen Mannes, noch dazu eines bei der Sache interessirten, die wahrlich nicht maßgebend für uns sein darf.«

»Aber bester Herr Hennig,« sagte Kleinholz erschreckt.

»Er mag es,« fuhr Hennig fort, ohne die Unterbrechung zu beachten, »vielleicht recht gut mit uns Schullehrern meinen, ich will das gar nicht bezweifeln und – wäre der letzte der ihn kränken möchte, aber ich glaube, er sieht die Sache mit zu schwarzen Farben, und ich will Euch deshalb meine Ansicht darüber mittheilen. Wer hat uns denn schon eigentlich verbürgt, daß wir, bei einer Trennung der Schule von der Kirche, auch nothwendiger Weise den Religionsunterricht verlieren müßten? Wer hat uns das bis jetzt gesagt, als nur allein die Geistlichen selber, und sind wir denn so gewiß, daß das nicht hier und da, und im Anfang vielleicht, auch größtentheils deshalb mit geschehen ist, um uns in unserem Streben irre zu machen, oder davon abzubringen? Der Religionsunterricht ist eben ein Unterricht und gehört zur Schule und so wenig wie er in den Schulen der großen Städte fehlt, die gleichfalls schon der keineswegs für den Lehrer ehrenvollen Beaufsichtigung der Geistlichen entzogen sind, eben so wenig wird er in den Landschulen fehlen dürfen und wirklich fehlen. Selbst hier liegt übrigens ein Ausweg für uns ganz klar und leicht zu Tage; wir wollen uns ja gar nicht losreißen von der Kirche und dieser feindlich gegenüberstehen, im Gegentheil; das Wirken der Schule und Kirche ist ein so gleiches – oder sollte doch wenigstens ein so gleiches sein – daß ein förmliches Losreißen keinem zum Vortheil, Beiden aber vielleicht zum großen Nachtheil werden könnte; stehen Kirche und Schule aber neben einander, und glaubt der Staat, daß es nothwendig für die religiöse Erziehung der Kinder sei, den Pastor, wie bisher, Theil am Religionsunterrichte nehmen zu lassen, ei dann schadet das auch nichts, und gewährt uns höchstens eine wenn auch kleine Erleichterung unserer schweren Pflichten; an uns ist es nachher noch immer, den Stundenplan zu machen, in unsere Hand gegeben auch außer den vom Prediger ertheilten Lectionen durch moralische Belehrung den vollen Einfluß auf das kindliche Herz zu behalten, dessen wir uns bis jetzt erfreut haben. Ich meinestheils würde darin sogar einen neu errungenen Vortheil sehen, wenn wir der wirklichen Dogmen enthoben würden, und es dem Pastor überlassen könnten, diese zu lehren und – zu vertreten. – Der Lehrer mag dann sehen, ob er im Stande ist, auch ohne die Bibel den Glauben an Gott in des Kindes Brust zu festigen und die herrliche Natur wird ihm das Buch sein, in dem er auf jedem Blatt, wohin er sich auch wendet, die heiligste Bestätigung seiner Lehre findet. Laßt es denn einen Wetteifer werden, lieben Brüder, in einem ehrenvollen und selbst für die Kinder segensreichen Kampfe, in dem Ihr noch dazu so unendlich im Vortheil seid, denn der Geistliche wird, wie bisher, die jungen Gemüther in scheuer Ehrfurcht vor dem kaum geahnten Thron eines allmächtigen Gottes stehen lassen, während Ihr Euere Schutzbefohlenen mit lächelndem Angesicht in die unmittelbare Nähe des Alliebenden führt.«

»Aber selbst das ist noch keine nöthige Folge einer Trennung der Schule von der Kirche, denn war der Schullehrer bis jetzt noch befähigt genug, den Religionsunterricht zu ertheilen, so sehe ich nicht ein, weshalb das später nicht eben so gut der Fall sein soll. Die Aufsicht, die der Pastor darüber gehalten, fiele allerdings weg, aber es müßte uns erst bewiesen werden, daß die nöthig gewesen ist, und daß sie auch wirklich der Erziehung der Kinder genützt, nicht geschadet habe.«

»Was nun die Kirchner- und Glöcknerdienste betrifft, so ist der Gehalt, den wir für diese, wie das Orgelspielen bekommen, allerdings beträchtlich genug, um ihren Verlust Leuten fühlbar zu machen, die nicht einen Thaler von ihrem Gehalte einbüßen dürfen, wenn sie nicht Mangel und Noth leiden sollen. Aber auch das, glaube ich, beruht nur auf einer thörichten Angst von unserer Seite, der wir uns um Gotteswillen nicht weiter hingeben dürfen. Es wird Niemanden von uns einfallen, sein ehrenvolles Cantoramt, das Spielen der Orgel, aufgeben zu wollen, denn dort ist der Schullehrer schon deshalb auf seinem Platze, weil es in die Ausübung des von ihm gelehrten Gesangunterrichts fällt, und er die Kinder auf der Orgel unter seiner unmittelbaren Leitung behält. Die Gemeinde hat aber auch in ihrem Bezirke keinen andern, der es versteht, und einen besondern Organisten zu halten, kann ihr schon der zu hohen Kosten wegen, welche die gänzliche Unterhaltung eines solchen Mannes mit sich bringen müßte, gar nicht einfallen. Der andere Dienst aber, der Glöckner- und Küsterdienst, muß wegfallen, denn er gerade ist es, der das Amt des Schullehrers bis jetzt entwürdigt und diesen zum directen Diener des Pastors gemacht hat.«

»Hier in den alten General-Artikeln, von denen es eine Schmach und Schande ist, daß sie, die 1580 entworfen wurden, 1848 fast noch ohne Veränderung in Geltung sind, heißt es ausdrücklich:

»»Auch ein jeder Pfarrer, in deme seinem Glöckner zu befehlen und zu gebieten hat – er ihm auch hierinnen billigen Gehorsam zu leisten schuldig und nicht widerstreben soll.««

»Ferner sollen sie nach Vorschrift eben dieser General-Artikel tit. XXXVIII:

»»Auf die Pfarrer in allen Kirchenämtern bei den Predigten, Taufen, Sakramentreichen und Besuchung der Kranken warten, und deswegen ohne ihr Wissen und Willen nicht ausreisen, damit sie ihrer gewiß sind.««

»Den besten Aufschluß über das Verhältniß der Schullehrer zu den Pastoren giebt aber unstreitig M. Gottlieb Schlegel's ›Der Chursächsische legale Schulmann‹, der mit klaren dürren Worten als Anleitung für die Schullehrer, wie sie sich zu ihren Vorgesetzten zu verhalten haben, besonders die vorgenannten Stellen citirt und daraus den, leider Gottes auch von unseren Gemeinden, und was noch schlimmer ist, von uns selbst angenommenen Schluß zieht:

»»Hieraus ersieht man, in welches Verhältniß die Landesgesetze den Schulmeister oder Küster gegen seinen Pfarrer gesetzt haben. Er ist der Diener des Pfarrers und hat ihn nicht blos als seinen Vorgesetzten, sondern auch als seinen Herrn anzusehn. Diese Gesetze sind keineswegs antiquiret, wenngleich ein vernünftiger Pfarrer seine Superiorität dem ihm untergebenen Schulmeister nicht, wie in vorigen Zeiten, auf eine demüthigende Weise wird empfinden lassen. Es sollen aber, heißt es in dem nur angeführten 37. General-Artikel: Auch die Pfarrer ihre Glöckner, ferner nicht, denn soviel ihr Kirchendienst belangt, mit Botenlaufen oder anderen, zu ihrem Nutzen dringen oder beschweren, sondern sie ihren befohlenen Dienst jederzeit unveränderlich abwarten lassen.««

»»Aus diesem Verhältnisse, in welchem der Schulmeister gegen seinen Pfarrer steht, folget nun, daß er den Erinnerungen desselben, und was ihm dieser im Kirchendienst befiehlt, gehorsamlich nachkommen, die Lieder, die in der Kirche gesungen werden sollen, nicht etwa durch einen Schulknaben, sondern in eigener Person abholen; nicht eher, als er sich bei dem Pfarrer gemeldet, einlauten; ihn bei Amtsverrichtungen begleiten, und wenn dergleichen bei den eingepfarrten Dörfern vorfallen, den Priesterrock tragen2, in Abwesenheit des Pfarrers den Gottesdienst und was demselben anhängig nach der ihm gegebenen Vorschrift besorgen; die eingegangenen Missiven abschreiben; dieselben, insofern solche nicht durch eigene Boten besorgt werden, weiter befördern; die Collectengelder, wenn es nicht nach der Gewohnheit des Orts die Kirchväter thun, wie auch die Berichte des Pfarrers in Kirchen- und Schulsachen dem Superintenden einhändigen; daß er sich aber auch äußerlich gegen seinen Pfarrer ehrerbietig beweisen, in dessen Gegenwart nicht den Hut aufbehalten, nicht Taback rauchen soll, denn welcher Herr würde seinem Diener so etwas verstatten? So darf er auch ohne Vorwissen des Pfarrers nicht verreisen und über Nacht aus dem Hause bleiben. Da pflegen es nun manche blos zu melden, daß sie da oder dorthin verreisen würden, wenn etwa der Herr Pfarrer etwas zu bestellen hätte. Das ist aber nicht genug, sondern sie müssen ihn um Erlaubniß bitten, und zugleich anzeigen, was sie in ihrer Statt wegen der Schule und des Kirchendienstes für Vorsehung getroffen haben u. s. w. u. s. w.««

»Ich habe Ihnen den langen und gewiß schon bekannten Satz noch einmal vorgelesen, lieben Freunde, um Sie erneut darauf aufmerksam zu machen, wie gerade die Glöckner- und Küsterdienste es sind, die den Schullehrer zum eigentlichen Diener des Pastors machen, und den Schullehrerstand überhaupt entehren. Meiner Ansicht nach muß es daher eine unserer Hauptsorgen sein, von diesen befreit zu werden, und nicht darf uns dabei die Furcht zurückschrecken, daß deshalb eine Verringerung unserer Einnahme stattfinden würde. Das kann, darf und wird nicht geschehn und die Ursachen dazu liegen klar genug auf der Hand.«

»Nimmt das deutsche Parlament, welches jetzt in Frankfurt vereinigt ist, die Sache auf, oder wird die Ordnung dieser Angelegenheit selbst den einzelnen Regierungen überwiesen, so werden diese, wenn wir Alle wie ein Mann zusammenstehn, der Schule ihre Recht wiederfahren lassen müssen, und sie von den Fesseln befreien, die sie jetzt drücken und entehren. Dann aber, und bei einer ganz neuen Reorganisation, muß auch der Lehrer so hingestellt werden, daß er mit seinen Einnahmen nicht mehr fast ausschließlich auf ungewisse Einnahmen und Deputate hingewiesen ist, und selbst von diesen nicht genug hat, sein Leben auf anständige Art zu fristen. Wie kann er dem Unterricht seiner ihm anvertrauten Kinder mit freiem fröhlichen Herzen sein ganze Zeit und Aufmerksamkeit widmen, wenn es Nahrungssorgen sind, die ihn quälen, und ihn sich abhärmen lassen, wie es um ihn und die Seinen morgen und übermorgen stehen werde? Das alte fabrikmäßige ›Stunde geben‹ könnte allerdings dabei fortbestehen, aber was würde die Folge sein? Die Kinder würden fort erzogen werden, wie sie bis jetzt erzogen sind und in Druck und Knechtheit aufwachsen, die Freiheiten, die ihre Väter für sie errungen haben, würden sie nicht begreifen, nicht zu würdigen verstehen, der günstige Zeitpunkt aber für die Möglichkeit einer solchen Reorganisation wäre verflossen, und statt des Segens künftiger Geschlechter, den wir jetzt verdienen, wenn wir uns um die Bildung des gemeinen Mannes, des Bauern, des arbeitenden Theiles der deutschen Nation bemühen, erndeten wir ihren Fluch, mit dem sie, lassen wir Alles ungenutzt vorübergehn, unserer Lethargie, unsere Theilnahmlosigkeit, unsere unverzeihliche Verblendung, ja Feigheit verdammen müßten.«

»Doch, ich habe Ihre Aufmerksamkeit wohl schon zu lange in Anspruch genommen, und will jetzt nur noch kurz einen vermittelnden Vorschlag erwähnen, den uns Herr Pastor Scheidler heut Nachmittag gemacht. Er lautet dahin, daß er die Ansprüche anerkennt, welche die Lehrer haben, sich aus ihrer eigenen Mitte ihre Vorgesetzten zu wählen, weil er es aber für gut hält auch den geistlichen Stand dabei vertreten zu sehn, und um besonders ein zu schroffes Entgegenstehn beider, der Schule gegen die Kirche zu vermeiden, will er der nächstens zusammentretenden Geistlichkeit den Vorschlag machen, freiwillig von ihren bisher genossenen Vorrechten zu abstrahiren, und die hohe Staatsregierung, dann aber mit den Lehrern, vereint, zu bitten, eine Schulcommission von fünf Personen durch die Schullehrer selbst wählen zu lassen, von denen die Majorität, also drei, Schullehrer, die andern zwei aber Geistliche sein sollten. So sehr, wie ich aufrichtig gestehen will, mich dieser Vorschlag im Anfang durch seine anscheinende Gerechtigkeit bestochen, so muß ich mich meines Theils für jetzt dagegen erklären, und bitte die Versammlung, ihre Meinung darüber auszusprechen.«

Es entstand jetzt eine lebhafte Debatte über das eben Gehörte, das zu viel Wahrheit enthielt, um es ganz ableugnen zu können, aber auch zugleich der bis dahin so fest und gewaltig eingewurzelten Ehrfurcht gegen ihre hohen Vorgesetzten so schnurstracks entgegenlief, um nicht viel mehr Widerstand als Vertheidiger zu finden. Nur der letzte Vorschlag wurde fast allgemein freudig begrüßt und besonders äußerten die älteren Lehrer: es sei das ein neuer Beweis von des Herrn Pastors Scheidler Humanität, der ihm nur zur Ehre gereichen, und von ihnen mit verbindlichen und dankbaren Herzen aufgenommen werden müsse. Eine Trennung der Kirche von der Schule sei überhaupt etwas unnatürliches – es wäre als ob man das Kind von der Mutter reißen wollte und könne keine segensreichen Folgen haben. Allerdings gestanden die Männer die schweren bösen Uebelstände ein, die von dem Küster- und Glöcknerdienst herkämen, gestanden ein, daß ihnen das dienstliche Verhältniß, in dem sie zu ihren verschiedenen Pastoren stünden, oft, o wie oft, drückend geworden, und mancher Mißbrauch auch, von Seiten der Geistlichkeit, vorgefallen wäre, aber durfte man fürchten, daß dieß auch ferner geschehe; hatten nicht die Zeitereignisse einen ganz gewaltigen Wechsel in den beiderseitigen Stellungen hervorgebracht? Zeigten sich die Pastoren jetzt nicht viel freundlicher und herablassender als je, und war es nicht auch Schuldigkeit der Lehrer, die Hand zu ergreifen, die ihnen in Freundschaft und Einigung entgegengestreckt wurde. Ja lag es nicht im eigenen Vortheil des Lehrers das Verhältniß zwischen Pastor, Lehrer und Gemeinde, wie es bisher bestanden, auch fortbestehen zu lassen? – War es nicht der Pastor, der so oft, und besonders wenn er »mit dem Schullehrer auf gutem Fuße stand« vor ihn gebrachte Klagen der Eltern mit wenigen Worten beseitigte, die, wenn sie hätten sollen jedesmal an die Schulinspektion gehn, gerade ihrer Unbedeutenheit wegen so fatal und unangenehm gewesen wären? Ueberhaupt, was half ihnen eine Besserung ihres Zustandes, wenn sie nachher mit denen in Unfrieden leben sollten, auf die sie bis jetzt angewiesen gewesen, und konnte das nachher überhaupt eine Besserung genannt werden? Nein – dankbar wollten sie nehmen was man ihnen böte, sich des Gegebenen dann freuen, und mit frischen Kräften an ihr großes schönes Werk gehn, die Kinder heranzuziehen zu guten Menschen und treuen Unterthanen.

Es lag etwas Rührendes in dieser Resignation der armen bedrückten Klasse – in der scheuen Ehrfurcht mit der sie von ihren Geistlichen sprachen, die ihnen nur in den wenigsten Fällen mehr als eben Vorgesetzte gewesen. Selbst Hennig, obgleich im Ganzen mit seinen Amtsbrüdern nicht ganz einverstanden, fühlte sich davon ergriffen, und es entstand eine ziemlich lange Pause, in der sich Jeder zu scheuen schien, das Wort zu nehmen.

Ein bleicher hagerer Mann mit eingefallenen Wangen und hohl liegenden aber feurigen Augen, dabei mit edlen lebendigen Zügen, kühn gewölbter Stirn und freier Haltung, hatte bis jetzt an der entferntesten Ecke des Tisches schweigend gesessen und den einzelnen Ansichten gelauscht. Oft schien es auch als ob er, nur in seine eigene Gedanken vertieft, dem Lauf der Debatte gar keine Aufmerksamkeit weiter schenke, der rasche forschende Blick aber, der gleich darauf wieder, bei irgend einer, noch nicht geäußerten Idee aus seinen düsteren Augen blitzte, mußte jede solche Vermuthung bald verbannen und ein genauerer Beobachter hätte sogar das rasche Athmen der Brust, die wechselnde Farbe seiner sonst eigentlich fahlen Züge und die Unruhe, die in seinem ganzen Wesen lag, bemerken können. Es war der Lehrer Kraft aus Bachstetten.

2.Interessant ist die Note, die zu dieser Anforderung im »legalen Schulmann« steht; ich will sie deshalb beifügen. Sie heißt:
  »Ob er schuldig sei, dem Pfarrer, wenn er auf's Filial geht, den Priesterrock zu tragen, kommt auf jeden Orts Observanz an. Ich will den Fall setzen, es hätte der vorige Pfarrer zwei Priesterröcke, einen in der Mutterkirche und den andern auf dem Filiale gehabt, und Nachfolger wollte sich nur einen anschaffen und dem Schulmeister zumuthen, denselben bei jeder Amtsverrichtung auf das Filial und wieder nach Hause zu tragen, so würde Jener damit nicht fortkommen, der Schulmeister würde dieses als eine Neuerung ansehn und berechtigt sein, diesfalls von dem Pfarrer eine billige Ergötzlichkeit zu verlangen. Bei Pfarr-Vacanzen hingegen kann er dergleichen von dem vicarirenden Prediger nicht fordern.«
Yaş sınırı:
12+
Litres'teki yayın tarihi:
28 eylül 2017
Hacim:
210 s. 1 illüstrasyon
Telif hakkı:
Public Domain
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