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Kitabı oku: «Unter Palmen und Buchen. Dritter Band.», sayfa 10

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Unterwegs kamen wir noch durch einen kleinen Kampong, wo auch allwöchentlich ein pasar oder Markt gehalten wird – und wo wir bei einem behaglichen alten Burschen von Chinesen abstiegen, eine Tasse Thee tranken und einige eingemachte Früchte dazu aßen. Die Art, wie die Chinesen Thee trinken, hat etwas Besonderes – zuerst haben sie enorm kleine Kannen und Tassen, die in einem Theebret stehen, auf dem, durch das fortwährende Einschenken, schon immer eine Quantität herumschwimmt. Die kleinen Tassen werden vollgeschenkt, sowie aber der Gast nur die Hälfte davon getrunken hat, steht auch der Wirth oder die Wirthin schon da, und füllt sie wieder voll. Sie brauchen ebenfalls Zucker dazu, aber keine Milch. Ihre eingemachten Früchte sind vortrefflich und sie benutzen dazu, auf sehr geschickte Weise, Alles was ihnen nur vorkommt. Besonders zu lieben scheinen sie eine kleine Gattung wachsartiger Beeren, die sie vortrefflich zu präserviren wissen.

Von hier ab betraten wir die Hügel, die wir bis jetzt nur zu unserer Rechten gehabt, bald ritten wir durch ein freundliches Thal, bald an weiten Hügelrücken hin, auf deren Flächen grünender Radjang tjina, Bohnen, Ananas und trockene Reisfelder lagen.

Die Radjang tjina oder chinesische Radjang-Bohne wird hier ungemein viel gezogen und hauptsächlich dazu gebraucht, Oel daraus zu pressen, doch schmecken die Bohnen auch geröstet vortrefflich und sind eine Lieblingsspeise besonders der Kinder. Diese Radjang tjina ist übrigens dieselbe Frucht, die in den südlichen Theilen Nord-Amerika's unter dem Namen Erdnuß bekannt, auch manchmal nach Deutschland hinüber verschickt wird, dort aber schon meistens ranzig schmeckt. Sie werden in Reihen gepflanzt und die Nuß oder Bohne, wie sie hier genannt wird, wächst als Knolle in der Erde und hat einen vollkommen nußähnlichen Geschmack. Sie soll das Land sehr bedeutend ausziehen, wenn zwei Jahre auf ein und derselben Stelle gebaut, während sie dagegen dem Boden im ersten Jahre eher Nutzen als Schaden bringt.

Ziemlich spät am Nachmittag, und als eben die ersten Regen einsetzten, erreichten wir endlich Tjipamingis, das eine höchst freundliche Lage am Ufer eines kleinen Bergstroms und am Fuße eines gerade dicht dahinter ziemlich steil und malerisch aufsteigenden und dicht bewaldeten Berges hat. Rings von Hügeln eingeschlossen, liegt es dabei wie in einem Kessel und seine freundlichen, dicht von Fruchtbäumen überschatteten Dächer und wehenden Palmen geben ihm einen höchst lieblichen Anblick.

Der Weg führte steil und schnurgerade durch und hinunter, und die Pferde liefen was sie nur ausgreifen konnten, denn sie wußten es ging nach Hause.

Das Innere der Wohnung war übrigens ächt Indisch – ein europäischer Mann, eine chinesische Frau und ein javanisches Kind – man findet das hier im Lande ungemein häufig und die Chinesinnen sollen gewöhnlich recht gute Frauen werden.

Der Heimathschein

Erstes Capitel.
Was der Traubenwirth dazu sagte

»Meinen Segen habt Ihr, Kinder,« sagte der Traubenwirth in dem thüringischen Dorfe Wetzlau, indem er dem jungen Barthold derb die Hand schüttelte, während Lieschen, seine Tochter, ihren Kopf an der Mutter Schulter legte. »Du bist ein braver Bursch, Dein Vater hat ein hübsches Gut, und ich denke, Ihr werdet schon mit einander auskommen. Arbeiten habt Ihr ja alle Beide gelernt, und das ist und bleibt doch immer die Hauptsache; so macht denn Hochzeit, wann Ihr eben wollt, Hans. Das Uebrige werd' ich schon mit Deinem Vater in Richtigkeit bringen.«

Vorher wird es aber auch nöthig sein, daß wir uns die Leute einmal betrachten, mit denen wir hier bekannt werden, und das ist bald geschehen, denn wir haben es keineswegs mit etwa besonderen oder außergewöhnlichen Menschen zu thun.

Christoph Erlau, oder der Traubenwirth, wie er gewöhnlich genannt wurde, da sein Gasthof »zur goldenen Traube« hieß, war eigentlich ein Metzger, der sich in Wetzlau niedergelassen und durch Fleiß und Aufmerksamkeit gegen seine Gäste ein ganz hübsches Besitzthum erworben hatte. Lieschen, seine einzige Tochter, galt wenigstens im Dorf für eine vortreffliche Partie. Er hielt auch viel auf das Kind und ließ sie, sowie sie aus der Schule war, erst ein paar Jahr in der Stadt, bei einem Schwager, daß sie nicht zwischen den Bauermädchen aufwachsen, sondern auch ein Bischen »Manieren lernen sollte«, wie er's nannte. Mit siebzehn Jahren nahm er sie aber wieder zu sich heraus, denn einestheils hatte sich seine Wirthschaft so vergrößert, daß er ihre Hülfe wirklich nothwendig brauchte, und dann fehlte es ihm auch an allen Ecken und Enden, wenn er das Mädel nicht bei sich hatte.

Lieschen, obgleich sie ihre Eltern von Herzen liebte, war anfangs nicht gern auf das Dorf gezogen, denn es gefiel ihr besser in der Stadt; aber das elterliche Haus übte doch seine Anziehungskraft, und sie fand zuletzt auch Gefallen an der Wirthschaft selber, wo viele fremde Leute einkehrten und ein reges Leben herrschte. Sie nahm sich der Arbeit dabei mit gutem Willen an, und Vater wie Mutter hatten ihre Freude an dem Kind.

Lieschen war eben zwanzig Jahre geworden, als Barthold's Vater in die Nachbarschaft – d.~h. auf das nächste Dorf, nach Dreiberg, zog und sich dort niederließ.

Der alte Barthold hatte sich aber schon – wie man so sagt – »etwas in der Welt versucht« und gehörte nicht zu denen, die mit dem Sprüchwort »bleibe im Lande und nähre Dich redlich« an der Scholle kleben, auf der sie geboren sind – obgleich das wohl auch manchmal sein Gutes haben mag. Er war als junger Bauer nach Schlesien gezogen, wo er sich verheirathete, später aber, durch ein paar schlechte Jahre verdrießlich gemacht und durch glänzende Anpreisungen verlockt, verkaufte er sein dortiges Gut und wanderte nach Ungarn aus, wo er mit deutschem Fleiß und altgewohnter Sparsamkeit auch hier wieder »was Ordentliches vor sich brachte«. In Ungarn blieb er auch viele Jahre, und sein Gut galt bald für eine Musterwirthschaft in der ganzen Nachbarschaft. Allein auf die Länge der Zeit konnte es ihm trotzdem nicht gefallen.

Daß die Eingeborenen des Landes, die Ungarn selber, die eingewanderten Deutschen nicht leiden mochten, darüber hätte er sich vielleicht hinweggesetzt, denn der gutmüthige Deutsche dachte sich in ihre Lage und meinte: »Uns daheim wär's am Ende auch nicht recht, wenn Fremde von der Regierung begünstigt und uns auf die Nase gesetzt würden.« Aber die Ungarn verachten auch die Deutschen und ließen sie das merken, wo sich nur immer eine Gelegenheit dazu bot. Das ärgerte ihn. Im Anfang nahm er sich freilich aus Leibeskräften zusammen und sagte zu sich: »Warte, Du willst den ungarischen Hochnasen einmal zeigen, was ein Deutscher leisten kann,« und er hielt sich redlich Wort, doch es half Nichts. Wo ein Volk ein anderes aus Ueberzeugung verachtet, da kann ein solch Gefühl gehoben werden, wenn man eben im Stande ist ihm zu beweisen, daß es Unrecht hat; wo das aber aus Vorurtheil und Nationalhaß geschieht, da ist eine Aenderung nicht zu erhoffen und wird auch nie stattfinden.

Der alte Barthold sah das endlich ein, und wenn er auch Bescheidenheit genug besaß, nicht stolz darauf zu sein daß er ein Deutscher war, sagte ihm doch sein eigenes Selbstgefühl, daß er sich wenigstens von einem Ungarn noch lange nicht brauche verachten zu lassen. Möglich, daß auch noch ein wenig Heimweh nach dem eigenen Vaterland dazu kam, kurz, er faßte in einer Lebenszeit, wo man doch eigentlich nicht mehr so leicht daran denkt seinen Wohnsitz zu verändern, nochmals den Entschluß, fortzuziehen. Er bot sein trefflich eingerichtetes Gut aus, und es hielt wahrlich nicht schwer, einen Käufer dafür zu finden, machte Alles zu baarem Gelde, was er sonst noch an Eigenthum besaß, und zog diesmal nach dem Lande, aus dem seine Eltern stammten, nach Thüringen, um hier seine Tage zu beschließen.

Er hatte einen einzigen Sohn, den er Hans genannt, und dazu in Schlesien noch ein damals kleines Mädchen, eine Waise, an Kindesstatt angenommen, die aber auch wirklich wie ein Kind im Hause gehalten wurde und so an ihrer Pflegemutter hing, als ob sie diese selber unter dem Herzen getragen. Hans war jetzt fünfundzwanzig Jahr, Katharina, wie die Waise hieß, wurde im nächsten Winter achtzehn, und Beide wuchsen wie Bruder und Schwester auf.

Der alte Barthold fühlte sich übrigens in den letzten Jahren nicht mehr so recht fest auf den Füßen wie in früherer Zeit; es geht das ja so im Leben. Er hatte das »Reißen« in den Gliedern, was die Stadtleute mit einem etwas gelehrteren Namen »Rheumatismus« nennen, wenn die Sache auch dieselbe bleibt, denn »reißen« thun beide, und da er oft tagelang das Zimmer hüten mußte, so fing er an sich nach Ruhe zu sehnen. Sein Hans war ohnedies in den Jahren, wo er schon an's Heirathen denken durfte, denn »jung gefreit hat Niemand gereut« meinte der Alte. Der Hans ließ sich denn das auch nicht zweimal sagen und »ging auf die Freite«.

Die Bauerstöchter in seinem Dorfe behagten ihm aber nicht; er war draußen gewesen und hatte sich schon in der Welt umgesehen, und wenn auch selber ein tüchtiger Bauer, glaubte er doch, er müsse von seiner Frau ein wenig mehr verlangen, als daß sie nur im Feld den Mägden vorneweg arbeiten und daheim die Wirthschaft ordentlich führen konnte. Da stach ihm denn des Traubenwirths Lieschen in die Augen.

Das war ein Mädel zum Anbeißen, flink und gewandt dazu, keine der gewöhnlichen plumpen Bauerdirnen. Mit der konnte er sich auf jedem Tanzboden, ja selbst in der Stadt, wohin er oftmals kam, sehen lassen. Ihr Vater hatte außerdem ein hübsches Besitzthum mit Land, Vieh und Pferden dazu, wie ein richtiger Bauer, und da seine Eltern der Sache ebenfalls nicht im Wege standen und Lieschen an dem schmucken Bauerssohn bald Gefallen fand, so ging Alles eigentlich von selber. Wir kamen ja auch gerade dazu, wie der Traubenwirth, den die Werbung recht innig freute, aus vollem Herzen sein Jawort gab, und Hans, da man alte Gebräuche ehren soll, nahm dann Lieschen beim Kopf und küßte sein hübsches Bräutchen so herzhaft ab, daß sie gleich nachher wieder auf ihr Zimmer gehen mußte, um sich die Haare frisch zu ordnen. Sie schien aber trotzdem nicht böse darüber.

Die Sache war also in Ordnung, und da beide Elternpaare Nichts dagegen hatten, wenn die Hochzeit bald gefeiert würde, so lief Hans, überhaupt ein wenig ungeduldiger Natur, schon an demselben Nachmittag noch zum Herrn Pfarrer hinüber, um das erste Aufgebot gleich auf den nächsten Sonntag zu bestellen. Dreimal mußten sie ja doch, wie es Sitte war, von der Kanzel herab aufgeboten werden. Der Herr Pfarrer, der seinen Vater recht gut kannte, empfing ihn auch auf das Freundlichste, wünschte ihm zu seiner Wahl von Herzen Glück und versprach das Aufgebot am nächsten Sonntag, heute war Mittwoch, recht gern zu erlassen. Der Bräutigam möchte nur so gut sein und ihm bis dahin die nöthigen Papiere verschaffen.

»Papiere?« sagte Hans erstaunt, »was für Papiere?«

»Nun, Geburtsschein, Impfschein, Heimathschein, die Erlaubniß der Eltern kann mündlich erfolgen, dann ein Schein von da, wo Sie sich früher aufgehalten, daß Sie sich dort nicht schon verehelicht haben. Es ist dies natürlich nur Formsache.«

»Ja aber um Gotteswillen, Herr Pfarrer,« rief Hans lachend aus, »ich war in Schlesien und Ungarn, in Schlesien freilich nur als ganz junger Bursch, und bis ich von unserm Comitat in Ungarn einen solchen Schein hierher bekäme, darüber könnten ja Monate vergehen, und so lange soll ich doch wahrhaftig nicht mehr mit meiner Heirath warten?«

»Nun, nun,« meinte der Pfarrer freundlich, »das läßt sich auch vielleicht vereinfachen, denn Ihr Vater ist ja als Ehrenmann hier bekannt. Ungarn liegt freilich ein wenig weit von hier entfernt« – der Herr Pfarrer hielt es noch für viel weiter, als es wirklich war, – »besorgen Sie mir nur bis spätestens Sonnabend Nachmittag das Uebrige, und ich werde dann schon Alles in Ordnung bringen.«

»Also Geburtsschein. Glauben Sie mir denn nicht einmal auf mein Wort, daß ich geboren bin?«

»Wir verstehen darunter das Taufzeugniß. Aber ich werde Ihnen lieber das kleine Verzeichniß der nöthigen Papiere aufschreiben; Sie könnten sonst leicht etwas vergessen und das Aufgebot dadurch verzögern. Die nöthigen Papiere der Braut werde ich mir von deren Vater selber geben lassen.«

Damit ging er an seinen Schreibtisch, notirte die genannten Zeugnisse und Scheine auf ein Blatt, und Hans steckte es indessen in die Tasche; heute verstand es sich doch von selbst, daß er in Wetzlau bei seiner Braut blieb. Nicht zehn Pferde hätten ihn von da weggebracht.

Zweites Capitel.
Die Kathrine

Am nächsten Morgen bekam Hans seinen Vater erst zu sehen, als er zum Frühstück aus dem Felde zurückkehrte. Es gab jetzt außerordentlich viel zu thun draußen, und bei der Arbeit durfte Hans nicht fehlen.

»Also Alles in Ordnung, Hans?« schmunzelte der Alte, der aus dem vergnügten Gesicht des Sohnes schon genau wußte, wie die Sache abgelaufen. »War auch kein Wunder, denn des Heinrich Barthold Sohn kam nicht so leicht in Gefahr, sich bei seines Gleichen einen Korb zu holen und – hätte auch vielleicht noch eine Stufe höher steigen dürfen, oder zwei, wie die Mutter meinte.«

»Alles in Ordnung, Vater, – guten Morgen miteinander,« sagte der Sohn, der seinen Hut an einen Nagel hing und dann ohne Weiteres Platz am Frühstückstisch nahm; »Montag in vierzehn Tagen kann die Hochzeit sein.«

»Hallo!« lachte der Alte, und die Mutter schlug die Hände vor Erstaunen zusammen, »nur stat! das geht ja verwünscht schnell. Und glaubt denn der Mosje, daß, wenn Er auch fix und fertig ist in den Ehestand hinein zu springen, die Anderen auch nur eben so auf dem Sprunge sitzen? Da gehört mehr dazu, als Du wohl denkst.«

»Unter acht Wochen ist gar keine Möglichkeit,« sagte die Mutter, »und dann weiß ich nicht wie ich fertig werden will.«

»Die Frau Mutter?« rief Hans lachend, »ja was hat denn die Frau Mutter dabei zu thun, daß sie nicht fertig werden kann?«

»Und glaubst Du denn,« rief aber die Mutter in Eifer, »daß ich Dich wie eines Häuslers Sohn will heirathen lassen, der Nichts mitbringt in die neue Wirthschaft, als was er auf dem Rücken und vielleicht noch unter dem Arm trägt? Nein Hans, daraus wird nichts; ehe ich nicht mit Deiner Ausstattung fertig bin, bekommst Du meine Einwilligung nicht, und wenn das noch drei Monate dauern sollte, und daß Lieschens Mutter bis dahin mit der ihrigen fertig wird, glaub' ich noch lange nicht.«

»Aber beste Herzensmutter!«

»Laß nur sein,« lachte aber der Vater, »werden schon noch etwas davon herunterhandeln können, Alte. Aber so holter-dipolter geht die Sache auch nicht, wie der Hans glaubt. Bei derlei Dingen hat man immer eine Menge von Umständen, an die man vorher gar nicht denkt, und sechs, acht Wochen sind da eine kurze Zeit. Muß auch vorher noch mit dem Traubenwirth reden, was ich Dir mitgebe und was das Mädel mitbekommt, wenn ich auch grad' nicht glaube, daß uns das besonders lang aufhalten wird. Jedenfalls werden wir früher damit fertig, als die Mutter mit ihrer Wäsche und was sonst noch drum und dran hängt. Was hast Du denn da für einen Zettel? etwas für mich?«

»Ach,« sagte der Hans, indem er den Zettel dem Vater hinüberschob, »der Herr Pfarrer drüben in Wetzlau hat ihn mir gegeben. Es stehen die Papiere d'rauf, die er haben muß, um das Aufgebot zu erlassen. Er meinte, es wäre nur der Form wegen.«

»Also beim Pfarrer ist er auch schon gewesen,« nickte der Alte seiner Frau schmunzelnd zu, indem er seine Brille aus der Tasche nahm, um den Zettel durchzulesen. »Er hat wenigstens das Gras nicht unter den Füßen wachsen lassen. Na, da wollen wir denn einmal sehen, was der Herr Pfarrer Alles verlangt. Hm, das ist ja ein ordentliches Recept, was er da geschrieben hat.«

»Aber so erzähle doch nun auch einmal, wie's gestern drüben war,« sagte die Mutter, indem sie dem Sohn den Butterteller hinschob und den duftenden Handkäse etwas näher rückte. »Sitzt der Mensch da und spricht kein Wort. Ich möchte doch auch wissen, was die Mutter sagte und das Mädel und – was sie für ein Gesicht dazu gemacht haben, alle Beide.«

»Ja, Mutter,« lachte der Hans verlegen, »was soll ich denn da erzählen? Ein vergnügtes Gesicht haben sie gemacht, und eine Flasche vom besten Rheinwein haben wir nachher getrunken. Das Lieschen weinte wohl ein Bischen, aber – das dauerte nicht lange, und die – die Frau Erlau war auch ein wenig gerührt, und fuhr sich ein paar Mal mit der Schürze nach den Augen, doch – das dauerte auch nicht lange, und dann – dann haben sie uns eine Menge guter Lehren gegeben; wenn ich aber ehrlich sein will, so weiß ich wirklich nicht mehr recht über was, denn das Lieschen guckte mich dabei mit den großen dunklen Augen an, und da – da hab' ich an ganz andere Dinge dabei gedacht, als an das, was die zukünftige Frau Schwiegermutter sagte.«

Während der Sohn sprach, saß die Mutter dabei und nickte und schmunzelte vergnügt vor sich hin.

»Also gute Lehren haben sie Euch gegeben – ja lieber Gott, junges Volk, junges Volk; leichtsinnig und obenhinaus, was kümmert sich das um gute Lehren in der Brautzeit! Das weiß Alles besser, und – muß nachher doch Alles aus eigener Erfahrung und oft mit vieler Trübsal kennen lernen. Hören will keins.«

»Papperlapapp, Alte,« brummte der Vater, indem er sein Käppchen rückte und sich in den grauen Haaren kratzte, ohne aber die Augen von dem Papier zu nehmen – »wir haben's eben auch nicht besser gemacht in unserer Jugend; so laß das junge Volk sich nun ebenfalls die Hörner ablaufen. Wer nicht hören will, muß fühlen.«

»Ich dachte, Vater,« sagte der Sohn, als der Alte noch immer in dem Zettel studirte, »wenn ich nun selber vielleicht heut Nachmittag in die Stadt ritte, um das von den Papieren zu besorgen, was vielleicht noch fehlt. Die drei Knechte werden auch ohne mich heute mit Pflügen drüben auf der Rainerspitze fertig, wenn ich ihnen noch bis Mittag helfe, und nachher ist's doch immer besser, das ist abgemacht. Meint Ihr nicht?«

»Hm, hm, hm,« überlegte der Alte aber noch immer, indem er das kleine Papier wieder und wieder überlas – »ich fürchte beinah, daß Du in der Stadt verwünscht wenig ausrichten wirst, und ich muß am Ende noch selber hinein. Wäre mir gar nicht so besonders lieb, denn in der linken Schulter zwickt's mich wieder ganz heidenmäßig, und bei dem linken Beine hat's mich auch. Aber was kann's helfen, man muß doch jedenfalls sehen, was zu machen ist, denn die Papiere müssen geschafft werden.«

»Was muß er denn nur für Papiere haben?« frug die Mutter. »Sie kennen uns doch hier und wissen, daß wir ordentliche und rechtschaffene Leute sind, und unser Auskommen haben wir doch auch.«

»Ja, ja, Mutterchen,« lachte der Vater, »das hilft Nichts bei den Gerichten, die wollen Alles Schwarz auf Weiß haben, und womöglich auch auf einem Stempelbogen, mit einem großen Siegel drunter, und daß Einer ein ehrlicher und rechtschaffener Mensch ist, glauben sie ihm erst recht nicht, wenn er nicht im Stande ist, es ihnen schriftlich zu beweisen. Komm Du denen!«

»Wir brauchen ja aber doch Niemanden, da sollen sie uns wenigstens in Frieden lassen.«

»Aber sie brauchen uns,« lachte der Vater wieder, »und damit sie sicher sind, daß die neuen Staatsbürger auch ihre Steuern und Abgaben richtig bezahlen können und nicht etwa gar einmal dem Staate zur Last fallen, müssen sie sich legitimiren oder ausweisen.«

»Staatsbürger,« brummte die Frau kopfschüttelnd – »wir sind keine Staatsbürger, wir sind Bauern, und es wird doch wahrhaftigen Gott kein Mensch glauben, daß unser Hans einmal Jemandem zur Last fallen könnte? Was wollen sie denn nur?«

»Nun, erstlich einmal seinen Geburts- oder Taufschein.«

»Nun, den hast Du ja – der liegt in der gelben Lade, bei den andern Papieren.«

»Dann seinen Impfschein.«

»Impfschein? Den haben wir nie bekommen.«

»Das macht weiter nichts,« sagte der Vater, »die Narben sind noch deutlich zu sehen, und den kann man sich hier vom ersten besten Arzt ausstellen lassen. Nachher einen Heimathschein.«

»Was ist das?«

»Nun, eine Bescheinigung der Behörde, wo er geboren ist, daß er dort seine Heimath hat,« sagte der Alte.

»Aber wenn wir deshalb einen Brief nach Schlesien schicken sollen,« rief der Sohn, »so kann das vierzehn Tage dauern, bis der Schein hierher kommt. So lange mag ich doch nicht warten.«

»Nun, vierzehn Tage wohl nicht,« sagte der Vater, »aber ich will selber heute nach Schlesien schreiben. Unser Gerichtsverwalter in Kreuzberg wird mir schon die Freundschaft thun und das besorgen; ein Brief geht leicht in zwei Tagen hin, und wenn nichts dazwischen kommt, kann der Wisch in acht Tagen hier sein.«

»Aber noch volle acht Tage, Vater –«

»Mach' mir den Kopf nicht warm,« rief aber der Alte, seine Mütze rückend, »hast Du so lange warten können, wird's auf die acht Tage auch nicht ankommen – also dabei bleibt's.«

»Dabei bleibt's,« wenn der Alte das einmal sagte, so wußte der Hans recht gut, daß dann weiter kein Einwenden half. Die Sache war abgemacht, und ein Widerspruch hätte den wohl herzensguten, aber auch starrköpfigen Mann nur böse machen können, erreicht wäre aber nichts weiter worden.

Der Hans setzte sich wieder zu seinem Frühstück, denn seine Zeit war bald verflossen und er durfte nicht der Letzte draußen bei der Arbeit sein, schon der Knechte wegen. Er war aber auch gleich fertig, denn die Sache ging ihm im Kopf herum, daß er noch eine ganze Woche warten solle, bis das erste Aufgebot erfolgen könne, und nahm ihm den Appetit. Gerade war er aufgestanden und wollte eben wieder hinausgehen, als die Thür sich aufthat und seine Pflegeschwester Kathrine hereintrat. Sie hatte drüben in der Milchkammer die frisch gemolkene Milch eingegossen und nach Butter und Käse gesehen.

»Guten Morgen, Kathrin',« sagte Hans und streckte ihr die Hand entgegen, »haben uns ja seit gestern Morgen nicht einmal gesehen.«

»Guten Morgen, Hans,« sagte das junge Mädchen freundlich, auch ihm die Hand reichend, »ja, wenn man freilich so wichtige Geschäfte hat. Nun, ist Alles gut abgelaufen?«

»Alles, Kathrin', schön Dank für die Nachfrage,« sagte der Hans. »Die Eltern haben eingewilligt, und das Lieschen ist meine Braut. Hoffentlich haben wir in vier Wochen Hochzeit. Da müssen wir auch zusammen tanzen.«

Die Kathrine stand vor dem Pflegebruder, dessen Hand sie noch gefaßt hielt, und sah ihn mit ihren großen blauen Augen recht voll und treuherzig an. Wie er aber endete, drückte sie ihm die Hand herzlich und sprach mit leiser, aber bewegter Stimme: »Da wünsch' ich Dir recht von Herzen Glück dazu, und möge Gottes Segen auf Euch ruhen immerdar – auf Dir und auf Deiner jungen Frau.« Damit zog sie die Hand aus der seinen, wandte sich ab und verließ das Zimmer wieder. Hans sah ihr nach.

»Was hat nur die Kathrin'?« sagte er, »sie war ordentlich gerührt.«

»Sie hat ein weich' Gemüth,« sagte die Mutter, mit dem Kopf nickend, »und hängt an uns Allen mit großer Liebe. Da ist's denn wohl natürlich, daß ihr bei einem so wichtigen Ereigniß etwas weich um's Herz wird. Ja, Ihr Mannsleute nehmt das Alles nur so leicht hin und denkt nicht weiter darüber nach. Laß mir die Kathrin' zufrieden, das ist ein wacker Ding, und ich hab' sie gerade so lieb, als wenn sie meine eigene Tochter wäre.«

Der Hans nahm seinen Hut vom Nagel und ging hinaus an seine Arbeit. Er hatte doch richtig so lange da drinnen gesessen, daß die Knechte im Felde draußen schon wieder an der Arbeit waren, als er hinauskam. Das ärgerte ihn und er hieb jetzt wacker auf die Pferde ein, um das Versäumte nachzuholen. Es war aber auch kein Wunder, denn was gingen ihm nicht für eine Menge von Dingen im Kopf herum!

Yaş sınırı:
12+
Litres'teki yayın tarihi:
28 eylül 2017
Hacim:
250 s. 1 illüstrasyon
Telif hakkı:
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