Kitabı oku: «Tschefuren raus!»

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Foto: © Matej Pusnik

Goran Vojnović, geboren 1980 in Ljubljana. Promovierte an der Theater- und Filmhochschule Ljubljana und ist einer der talentiertesten Autoren seiner Generation.

Regisseur erfolgreicher Filme. Seine Bücher sind in viele Sprachen übersetzt. Bei Folio: Vaters Land (2016) und Unter dem Feigenbaum (2018).

Klaus Detlef Olof, ist einer der renommiertesten Übersetzer aus den südslawischen Sprachen. Bis 2005 Professor an den Universitäten Klagenfurt und Graz. Er übersetzte France Prešeren, Miroslav Krleža, Zoran Ferić, Drago Jančar u. v. a. Österreichischer Staatspreis für literarische Übersetzung.

GORAN VOJNOVIĆ

TSCHEFUREN RAUS!

oder

Warum ich wieder mal

zu Fuß bis in den zehnten

Stock musste

Roman

Aus dem Slowenischen von Klaus Detlef Olof


All den Meinen gewidmet

Wer ist ein Čefur oder Tschefur? Ein Tschefur ist eine Person, die auf dem Gebiet eines bestimmten Staates lebt, aber kein Angehöriger des dortigen Mehrheitsvolks ist. In unserem Fall sind das Menschen, die aus Gegenden südlich oder östlich des Flusses Kolpa kommen. Zu den Tschefuren zählen wir in den meisten Fällen auch ihre Nachkommen. Nach ihrer Physiognomie unterscheiden sie sich von den Angehörigen der Mehrheitsbevölkerung durch die niedrige Stirn, gepaart mit dichten Augenbrauen, betonten Backenknochen und stärker ausgeprägtem Unterkiefer. Ihre grundlegenden Verhaltensmerkmale sind die Liebe zum leichten Leben, zum Fluchen, zum Alkohol, zum sanfteren Geschlecht, zum Fußball. Sie vergöttern Kitsch und Goldschmuck. Am Herzen liegt ihnen die Kampfkunst, und nicht selten werden sie auch ohne richtigen Grund aggressiv. Ihr Akklimatisierungsprozess dauert in der Mehrzahl der Fälle sehr lang.

Aus dem Gedicht Čefur von Robert Pešut Magnifico

Čefur, -ja m Zugewanderter aus den südlichen Republiken des einstigen Jugoslawien (20. Jh.), geschrieben auch čifur, čufur, čefurka, čifurka, čufurka, čefurski, čifurski, čufurski, alles pejorativ. Vermutlich übernommen aus dem kroat., serb. čift, čivut („Jude“), was in der Mehrzahl der Mundarten als pejorative Kennzeichnung eines Angehörigen dieses Volkes gilt. Die slowenische Endung -ur anstatt des ursprünglichen -ut hat sich nach dem Muster nemčur („Deutschtümler“) aufgrund ihrer pejorativen Bedeutung eingebürgert.

Marko Snoj, Slowenisches etymologisches Wörterbuch

Čefurji raus!

Verbreitetes Graffito in den Straßen von Ljubljana

Inhalt

1.Warum ich keinen eigenen Fußballklub habe

2.Warum wir uns nach dem Finale geprügelt haben

3.Warum wir wegen Radovan im Kübel gelandet sind

4.Warum ich sonntags nicht aus dem Bett komm

5.Warum wir nicht wie sonst vor dem Block sitzen

6.Warum man nach einem guten Essen ein bisschen Bewegung braucht

7.Warum keiner mehr Basket spielt

8.Warum der Kommunismus noch nicht ausgestorben ist

9.Warum die Tschefuren nicht über Sex reden

10.Warum ich das Training geschmissen habe

11.Warum wir auf der Polizeiwache gelandet sind

12.Warum die slowenische Polizei im Arsch ist

13.Warum Radovan nach Slowenien gekommen ist

14.Warum mich diese Scheißstille noch verrückt macht

15.Warum ich nicht allein sein mag

16.Warum mir Slowenien auf den Sack geht

17.Warum Nachbarn besser sind als Mitbewohner

18.Warum die Dealer alle Hunde haben

19.Warum das Kubana das größte Loch ist in Fužine

20.Warum Razzien lachhaft sind

21.Warum ich den Namen Marko gekriegt habe

22.Warum ich der alten Tschefurin meine Kappe nicht gegeben habe

23.Warum es wichtig ist, dass Damjanović ein Tschefur ist

24.Warum ab und zu eine Razzia gut ist

25.Warum die Gastarbeiter die schlimmste Rasse sind

26.Warum Tschefuren die Musik im Auto voll aufdrehen

27.Warum Aco und ich am Pregl die Sprechanlage gecheckt haben

28.Warum Radovan schweigt wie ein Grab

29.Warum wir immer den Idioten machen

30.Warum die Moderatorin im Trainingsanzug ganz anders ist

31.Warum wir das Spiel nicht zu Ende geschaut haben

32.Warum Adi zum Junkie wird

33.Warum mir auf einmal die Stille zusagt

34.Warum Tschefuren immer in der letzten Bank sitzen

35.Warum die kleinen Tschefurinnen die größten Monster sind

36.Warum die Tschefuren an die Ljubljanica schiffen gehen

37.Warum keiner auch nur lausige fünf Prozent auf dich gibt

38.Warum die Tschefuren ständig einen auf lustig machen

39.Warum wir den Sperrmüll abgefackelt haben

40.Warum ich wieder mal zu Fuß bis in den zehnten Stock musste

41.Warum Radovan plötzlich wieder Schnaps trinkt

42.Warum Ranka und ich uns an Vela erinnerten

43.Warum bei den Tschefuren nichts geheim bleibt

44.Warum Bosnien total im Arsch ist

45.Warum Bosnien nichts für Tschefuren ist

46.Warum ich am Bahnhof hängen geblieben bin

Jahre später: Warum die Tschefuren in Quarantäne sind

Anmerkungen

1. Warum ich keinen eigenen Fußballklub habe

Ich habe keinen eigenen Fußballklub! Das geht mir von allem am meisten auf den Sack. Würde ich in Belgrad wohnen, wäre ich Fan von Roter Stern und wäre Zvezdaš. Ein Delija von der Wiege bis zur Bahre! Würde ich in Sarajevo wohnen, wäre ich ein Maniak, ein Fan von Željezničar. Aber hier ist alles verfotzt. Für Olimpija kannst du nicht sein, wenn du für Slovan spielst, so wie ich. Für Slovan kannst du nicht sein, denn das ist tschechisch. Das ist ein Fotzenrauch von einem Klub. Soll ich vielleicht ein Red Tigar werden? Ja, hallo! Was denn noch? Slovan spielt in der nullten Liga. Und das Stadion hat tausend Stehplätze. Olimpija ist ein Klub von Papa- und Mamasöhnchen. Dort spielen nur die Weicheier aus Murgle. Ist ja nicht so, dass ich nicht für Olimpija mitschreie. Aber ein Green Dragon wäre ich für kein Geld auf der Welt. Ich weiß nicht, warum. Ist einfach uncool. Vergiss es. Vielleicht ist das eigentliche Problem, dass ich ein Tschefur bin. Aber gerade weil ich ein Tschefur bin, macht mich das ziemlich fertig, dass ich keinen eigenen Klub habe. Das liegt mir im Blut. Das Bedürfnis nach einem Fußballklub, für den ich mit jedem fighten würde, der einen Scheiß über ihn sagt.

Meine Mitschüler, die Slowenen, scheint das überhaupt nicht zu jucken, dass sie keinen Klub haben. Denen geht das am Arsch vorbei! Aber mich zerreißt das innerlich so, dass ich am liebsten jemanden durchwalken würde. Diese Scheißtradition gibt es hier einfach nicht. Wenn du in Barcelona auf die Welt kommst, kaufen dir deine Alten einen Dress von Ronaldinho, eine Mitgliedskarte vom Klub und nehmen dich sonntags mit ins Camp Nou zum Derby gegen Real, und dann gehst du dein ganzes Leben zu den Spielen. Und wenn du heiratest, gehst du mit deiner Frau zu den Spielen, und dann mit den Kindern und dann mit den Enkeln und so weiter. Und Barca ist für dich ein Heiligtum. Wenn jemand nur Real sagt oder Ronaldo, dann schmierst du ihm eine. Keine unnötigen Fragen. Šamari geri! Wenn du im Dress von Eto’o in die Schule kommst, bist du echt der Zampano. Wenn du den Dress von Raúl anziehst, kriegst du eins auf die Nuss. Nicht so wie in Slowenien, wo du schon der Chef bist, wenn du im Dress von Cime zur Schule kommst. Und mitten auf dem Prešerec kannst du im Dress von Maribor rumlaufen, und dir wird keiner die Schnauze polieren.

Mein Vater, Radovan Đorđić, ist Zvezda-Fan. War ich auch, als ich klein war und mir immer wieder Radovans Kassetten mit den Spielen angesehen habe, als sie Weltmeister waren. Stojanović, Radinović, Najdovski, Šabanađović, Belodedić, Jugović, Prosinečki, Savičević, Binić, Mihajlović, Pančev. Ich hab sie gegen Milan gesehen, als es eins null für Zvezda stand und das Spiel wegen Nebel abgebrochen werden muss- te und sie im Wiederholungsspiel im Elfmeterschießen ausgeschieden sind. Ich hab sie gegen Köln gesehen, als sich Stojanović verletzt hat und der Ersatztorwart Milojević in der zweiten Halbzeit drei Tore kassiert hat. Aber dann haben sie alle der Reihe nach auseinandergenommen und haben den Europapokal geholt. Ranka, was meine Mutter ist, hat mir erzählt, dass bei uns zu Hause das reinste Tollhaus war, die ganze Hütte war voll. Vaters Kollegen, jeder ein alter Tschefur. Die haben so für Zvezda mitgefiebert, dass sie während des Spiels ganz ruhig dagesessen und auch mal was Kluges von sich gegeben haben, aber dann plötzlich explodiert sind: „Gib aaab! Nein, neeeein. Du egoistisches Arschloch! Ich fick dir die Mutter, du blöder Affe! Mach bloß, dass du vom Platz kommst! Warum hat dich dein Vater nicht gegen die Wand gespritzt!“ Und dann philosophieren sie wieder gemeinsam bis zur nächsten Zvezda-Chance. Mein Vater ist ja Bosnier, nur dass er in erster Linie Serbe ist und seit Geburt Fan von Roter Stern und dass er als Fan zu den Spielen nach Belgrad und Sarajevo gefahren ist. Aber ich kann kein Delija sein. Ich weiß nicht, weshalb. Das ist alles arschkompliziert. Ich bin zwar Zvezda-Fan, aber dass das mein Klub wäre, macht für mich überhaupt keinen Sinn. Das macht es für die Belgrader. Wenn du ein Kerl bist, bist du für den Klub deiner Stadt. Aber Ljubljana ist eben eine komische Stadt.

Vielleicht ist es ja deshalb, weil ich ein Tschefur bin. Wäre ich so ein kleiner Slowene, würde ich für Olimpija sein und höchstwahrscheinlich zum Eishockey gehen. Und mein Vater Janez würde ruhig dasitzen und mir erklären, wie Olimpija in den Siebzigern Staatsmeister im Basket wurde und wie die Fußballer in den Achtzigern gegen Roter Stern, gegen den Weltmeister, unentschieden gespielt haben und wie sie dann gegen Milan angetreten sind und wie in dem Spiel Marco van Basten zum letzten Mal gespielt und Olimpija nur drei zu null verloren hat. Denn das ist es. Wenn du erst einmal für einen Klub bist, der Weltmeister gewesen ist, dann kannst du nicht umschalten und dich für unentschiedene Partien, ehrenvolle Niederlagen, Vorrunden der Champions League, den Slowenischen Pokal und Kantersiege über NK Beltinci begeistern. Also wirklich, das geht nicht. Ich habe ja für die Basketballer von Olimpija mitgefiebert, als sie beim Final Four in Rom waren und Panathinaikos mit Dominique Wilkins und Kinder mit Predrag Danilović auseinandergenommen haben. Aber dann haben sie der Reihe nach gegen Krka und Laško verloren, und da ist mir doch die Kinnlade runtergefallen. Hier gibt es keine angeborene Tradition. Ich habe etwas von einem Tschefur in mir. Entweder bist du ein Champion oder du gehst Bleistifte spitzen, wie Radovan immer sagt.

Meine Kumpel sind Fans von Zvezda. Dejan ist Fan. Aco auch. Nur, deren Alte sind aus Serbien. Serbianzen. Wir Bosnier sehen die Sache etwas anders. Radovan gehen die Tschetniks auf die Eier, Arkan und Ceca und Gurović mit der Tätowierung von Draža Mihailović, und dass sie Zvezda zu einem Klub gemacht haben, der genauso wie Olimpija in der Champions League erst noch in der Vorrunde antreten muss. Scheiß drauf. Dejan trägt den roten Fan-Schal um den Hals und fährt ab auf Zvezda-Spiele gegen Finnen, Ungarn, Esten und andere Schwachmatiker. Aco fährt nur auf die Kroaten ab, ich nur auf die Deutschen. Das ist mir von einem Kollegen meines Vaters geblieben, der einmal von Dinamo Zagreb zu Zvezda gewechselt ist und dann erzählt hat, wie verschieden die beiden Klubs und die Leute an der Spitze sind. Wenn die Zagreber sich seelisch auf die Auslosung zur Champions League vorbereiten, machen sie sich fast in die Hose: „Jungs, das wäre super, wenn wir die Deutschen nicht schon in der ersten Runde kriegten. Dann kommen wir vielleicht in die zweite Runde. Bloß nicht die Deutschen.“ Zur selben Zeit trompeten sie bei Zvezda: „Wenn wir nur die Deutschen kriegen, dann ficken wir ihnen die Mama wie im Fünfundvierzigerjahr. Fünf Stück machen wir ihnen rein!“ Es ist ja nicht so, dass die Deutschen damals alle der Reihe nach auseinandergenommen hätten, nur sind deine Chancen natürlich größer, wenn du Eier in der Hose hast. Und darauf steh ich. Ich scheiß auf ein Spiel, in das du mit der Einstellung reingehst, dass schon eine minimale Niederlage ein Erfolg ist. Das ist keine Mentalität. Deshalb stehen wir, Aco, Dejan und ich, und manchmal kriegen wir auch Adi dazu, auf die Jugomannschaft. Wir haben unseren Gott, das ist Dejan Bodiroga! Wir schreien gemeinsam für die Basketballer, aber ich habe keine Lust, für Volleyballer, Wasserballer und sonstige Arschlöcher zu schreien. Fußball und Basket. Vielleicht noch Handball. Alles andere ist Pipifax.

Fužine müsste einfach einen eigenen Fußballklub haben. Das wäre cool. Wir sind schließlich zwanzigtausend. Mit den Illegalen sogar dreißigtausend. Wobei ich die Junkies gar nicht mitzähle. FC Fužine. Das wäre echt der Hammer. Entweder du bist für einen großen Klub, der um den Weltmeistertitel kämpft, oder für einen kleinen Klub aus dem eigenen Viertel, der alle Spiele verliert und wo alles zusammen die große Show ist und zu den Spielen hundert Klugscheißer kommen und nach jedem Spiel erst mal einen abwatschen und sich dann abfüllen. Ljubljana ist irgendwas zwischen Stadt und Dorf, und die Klubs hier sind irgendwas zwischen gut und überhaupt nicht. FC Fužine wäre die Lösung. Darauf könnte man abfahren. Fužine ist mega!

Es hat ja lange Zeit so ausgesehen, als würden wir einen eigenen Klub kriegen. Die Alten brachten regelmäßig, jeden Sonntag, Netze mit auf den Platz, und dann wurde gespielt. Neben dem Feld spielten die Pensionisten Schach, jemand hatte einen Kofferraum voll Bier, die Tribünen waren voll mit halbwüchsigen und erwachsenen Tschefuren, die nicht Fußball spielen können, weil sie Wasser im Knie haben oder andere Geschwülste. Vor allem aber war da nie eine Frau zu sehen und kein einziges slowenisches Wort zu hören. Nur der Postler Matej spielte mit, dafür wurde er auch von allen Slowenac gerufen, weil er als Einziger kein Tschefur war. Aus demselben Grund hieß unser Hausmeister Vlado bei ihnen TuĐman. Weil er aus Slavonski Brod war. Unwichtig, dass er kein Kroate war. Und Smajlagić wurde von allen Janša gerufen, weil er einmal mitdemonstriert hatte, dass sie Janša aus dem Gefängnis freilassen. Und gespielt wurde, dass es ein Traum war. Wir schauten und lachten über die Meldungen, die die Alten so rausschoben. Am komischsten waren natürlich die, die etwas Slowenisch gelernt und das Tschefurische schon leicht vergessen hatten und jetzt eine Mischung aus beidem redeten. Fužinerisch. Da fielen dann Sätze wie: „Gib mich ab! Ich hab mir den Knochen ausgerenkt! Es zwickt mich im Rückgrat!“ Und dann alle diese nazistischen und rassistischen Beleidigungen, die diese Hausmeister, Installateure, Chauffeure, Schaffner, Bauarbeiter und sonstigen Fužiner Tschefuren feixend von sich gaben und die alle, wie sie sie rausschoben, gesellschaftspolitische Konnotationen des einstigen gemeinsamen Lebensraums enthielten: „Schieß, Slowenac! Fick dich, Milka Planinc! Da fick doch einer den Ustascha, diesen Stümper! Ja, seid ihr Bosnier alle blind oder bescheuert? Ich steh allein vorm Tor, und du siehst mich nicht!“

Danach ging alles den Bach runter. Nicht mal Schach spielen diese Invaliden mehr. FC Fužine ist keine Option mehr. NK Olimpija ist beim Teufel und existiert nicht mehr. Das ist sowieso der totale Wahnsinn. Könnt ihr euch vorstellen, dass Barca den Bach runtergeht. Oder Bayern? Oder Liverpool? Die Leute würden auf die Barrikaden gehen, es gäbe Demonstrationen. Sie würden das Parlament anzünden. An den Eiern würden sie die Verantwortlichen aufhängen. Aber nicht hier. Da geht der größte Fußballklub des Landes zum Teufel, und nichts passiert. Würden sie die Philharmonie zumachen, würden all die Künstler irgendwas tun und über Tradition, über Kultur und ich weiß nicht was philosophieren. Aber wenn du einen Klub gegen die Wand fährst, gegen den Marco van Basten sein letztes Spiel gemacht hat, ist das egal. Das sind ja nur Sportler. Dumme, ungebildete, kulturlose Sportler. Und Fußball spielen sowieso nur die Tschefuren. Die haben ja auch alle kurze Krummbeine. Das ist eben diese beschissene Mentalität. Keinen Respekt. Wie soll der Mensch auf etwas abfahren, was von allen verachtet wird. Und dann faseln sie was von Assimilierung. Das geht langsam. Da kommen die Arbeiter aus der ehemaligen Jugovina und sollen jetzt auf Prešeren und Cankar abfahren. Was denn noch alles? Als wären sie zu Hause auf ihre Dichter abgefahren. Ich würde gern auf einen Fußballklub abfahren. Kann ich aber nicht. Eben. Und deshalb leidet der slowenische Teil meiner Identität. Und der tschefurische auch. Wie soll ich mich assimilieren und quasi Slowene werden, wenn ich keinen eigenen Fußballklub habe. Das geht nicht. Und das geht mir auf den Sack.

2. Warum wir uns nach dem Finale geprügelt haben

Mit einem Buzzer Beater beim Finale lässt sich kein Fick vergleichen. Gut, vielleicht wenn du Angelina Jolie fickst. Brad Pitt erinnert sich bestimmt nicht an jeden Fick mit Angelina. Aber Michael Jordan erinnert sich sicher an alle seine Buzzer Beater in den Finalspielen der NBA. Das ist Tatsache, garantiert. Ihr alle, die ihr gerade am Vögeln wart, und sei es J. Lo in ihren dicken Arsch, als ich in der letzten Sekunde des Finales der Staatsmeisterschaft gegen Olimpija den Korb gemacht habe, ihr könnt wissen, dass ich in dem Augenblick der King war. Der Stärkste! Das tausche ich nicht gegen einen Dreier mit Severina und Ceca. Gegen die beiden vielleicht noch, aber gegen keinen anderen Dreier auf der Welt. Bestimmt nicht. Kein Interesse, Alter. Ein Buzzer Beater ist besser als jeder Fick, und fertig!

Ich war aber so nervös wie noch nie in meinem Leben. Das packst du nicht, wie mein Nachbar Senad sagen würde. Schon so war ich das ganze Spiel über nervös, weil mir die Director’s Schwänze von Olimpija so auf den Sack gehen, dass mir schon schlecht wird, wenn ich sie nur sehe. Bei jedem Spiel haben sie neue Jordans, und es spielen alle die, von denen die Alten auf der Tribüne sitzen und dem Trainer Karten für den Skilift zustecken oder deren Unternehmen den Klub sponsern und die im Verwaltungsrat sind. Ich sag ja nicht, dass Slovan ein cooler Klub ist. Aber Olimpija ist echt fucking shit! Kurac palac portugalac! Statt einem Trainer haben sie ein fettes Schwein, aufgeblasen wie ein Ballon! Und dann spielst du gegen sie und bist vielleicht nervös und schwitzt an den Händen und zitterst, und dann pfeifen die Schiedsrichter noch für sie, dass du ihnen am liebsten die Fresse polieren würdest, diesen verdammten Arschlöchern! Und dann unser Trainer, ein Vollidiot mit einer Stimme, dass er in der vollen Halle überhaupt nicht zu hören ist, du siehst nur seine dämliche Fratze von Gesicht, so verzerrt, dass du nicht weißt, ob sie nicht gleich aus dem Leim geht. Aber du weißt genau, warum er schreit, und würdest ihn am liebsten dahin schicken, wo der Pfeffer wächst, weil er sowieso keinen blassen Schimmer hat und ein totaler Loser ist. Dann kommt noch Radovan zum Spiel und ätzt nonstop was von der Tribüne herunter, und das, obwohl er beim Basket nicht bis drei zählen kann, weil er Fußball gespielt hat. Aber er denkt, dass er alles weiß, und dann höre ich ihn während des ganzen Spiels schreien: „Marko! Maaarkoooo! Hol dir den Ball! Stell dich frei! Was versteckst du dich! Du siehst doch, dass sie ihn gedeckt haben!“ und lauter solchen Schwachsinn. Und dann hörst du die Fans von Olimpija, die alle komplett ausrasten: „Der kann nix! Der hat nix drauf. Der scheißt sich an!“, und überhaupt, wenn die Papis irgendwelche slowenischen Sprüche ablassen: „Primooož, lass dich nicht von dem crossover überspielen!“ Wo ich ihm am liebsten crossover ein paar über die Rübe geben würde. Und dann kriegst du den Ball und rennst zum Korb und wirfst ihn irgendwohin. Ins Nirgendwo!

Und der Ball landet im Korb. Du weißt selbst nicht, wie, und dir ist sowieso nichts klar, aber du hast gewonnen. Und das ist es, verdammt noch mal! Und du siehst das verdutzte Gesicht von Primož, der dich angeblich gedeckt hat und den du crossover überspielt hast, und brüllst ihm ins Ohr und zeigst ihm den Mittelfinger und würdest am liebsten die Hosen runterlassen, ihm deinen zeigen und klarmachen, dass er sich verpissen kann. Wir sind die Stärksten, die Stärksten! Die ganze Nervosität löst sich, das Adrenalin schießt ein und du wirst zum Tier, zur Bestie, wie Senad sagen würde. Du lässt einen solchen tierischen Schrei raus und schlägst auf alles ein, was dir gerade unter die Finger kommt, und wenn du Glück hast, ist es keine Betonwand, denn das könnte höllisch wehtun. Du rennst die Halle rauf und runter und brüllst, dass dir die Stimmbänder platzen. Wir sind die Stärksten, die Stärksten! Du umarmst die anderen, presst die total durchgeschwitzten Mitspieler an dich, klopfst mit aller Kraft auf Schultern, haust dich rein und stößt dich ab, wirfst dich auf den Boden, kommst wieder hoch und lässt diese Wahnsinnsenergie raus, die dich in der Halle hin und her schleudert. Wir sind die Stärksten, die Stärksten!

Das ist sonst der Slogan der Zvezda-Fans, aber wir rufen ihn alle in der Mannschaft seit damals, als in der Halle der Pioniere in Belgrad am Ende eines Spiels, das Zvezda vergeigt hatte, einer der Fans aufs Spielfeld gestürmt kam und anfing, den besten Spieler der italienischen Mannschaft, einen Schwarzen, mit Fäusten zu bearbeiten, und die anderen Fans schrien: „Wir sind die Stärksten, die Stärksten! Zigos sind wir, Zigos!“ Dieser tschefurische Primitivismus, verfickt, vulgär, grauenvoll, krank, dieser morbide balkanische Narzissmus ist für dich auf eigenartige Weise immer cool, wenn dir etwas so Tierisches passiert oder du abgefüllt bist wie eine Mamba. Da ist etwas Genetisches in uns, zumindest in den Tschefuren. Und deshalb brüllst du: „Wir sind die Stärksten, die Stärksten! Zigos sind wir, Zigos!“ Und mit dir brüllen alle anderen in der Kabine, auch die Slowenen, und wedeln mit ihren nassen Handtüchern über ihre nackten Arschbacken, sie hüpfen und grinsen, und als diese grünweißen Luschen vorbeimarschiert kamen, hast du einem direkt in die Fresse gebrüllt: „Wir sind die Stärksten, die Stärksten! Zigos sind wir, Zigos!“ Er stößt mich nur kurz weg und schon fallen Schläge. Und wir klopfen uns wie nie im Leben! Mein Gott, wie haben wir uns geprügelt! Ich hab ihnen echt die Mutter gefickt, meine Fresse!

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