Kitabı oku: «Приключения барона Мюнхгаузена = Die Abenteuer des Freiherrn von Münchhausen. Читаем в оригинале с комментарием», sayfa 3
Ein anderes Mal wollte ich über einen Morast setzen, der mir anfänglich nicht so breit vorkam, als ich ihn fand, da ich mitten im Sprunge war. Schwebend in der Luft wendete ich daher wieder um, wo ich hergekommen war, um einen größeren Anlauf zu nehmen. Gleichwohl sprang ich auch zum zweiten Male noch zu kurz und fiel nicht weit vom anderen Ufer bis an den Hals in den Morast. Hier hätte ich unfehlbar umkommen müssen77, wenn nicht die Stärke meines eigenen Armes mich an meinem eigenen Haarzopfe, samt dem Pferde, welches ich fest zwischen meine Knie schloß, wieder herausgezogen hätte78.
Trotz aller meiner Tapferkeit und Klugheit, trotz79 meiner und meines Pferdes Schnelligkeit, Gewandtheit und Stärke ging’s mir indem Türkenkriege doch nicht immer nach Wunsch. Ich hatte sogar das Unglück, durch die Menge übermannt und zum Kriegsgefangenen gemacht zu werden. Ja, was noch schlimmer80 war, aber doch immer unter den Türken gewöhnlich ist, ich wurde zum Sklaven verkauft.
In diesem Stande der Demütigung war mein Tagewerk nicht sowohl hart und sauer als vielmehr seltsam und verdrießlich. Ich mußte nämlich des Sultans Bienen alle Morgen auf die Weide treiben, sie daselbst den ganzen Tag lang hüten und dann gegen Abend wieder zurück in ihre Stöcke treiben. Eines Abends vermißte ich eine Biene, wurde aber sogleich gewahr, daß zwei Bären sie angefallen hatten und ihres Honigs wegen zerreißen wollten81. Da ich nun nichts anderes Waffen ähnliches in Händen hatte als die silberne Axt, welche das Kennzeichen der Gärtner und Landarbeiter des Sultans ist82, so warf ich diese nach den beiden Räubern, bloß in der Absicht, sie damit wegzuscheuchen. Die arme Biene setzte ich auch wirklich dadurch in Freiheit; allein durch einen unglücklichen, allzustarken Schwung meines Armes flog die Axt in die Höhe und hörte nicht auf zu steigen, bis sie im Monde niederfiel. Wie sollte ich sie nun wiederkriegen? Mit welcher Leiter auf Erden sie herunterholen?
Da fiel mir ein, daß die türkischen Bohnen sehr geschwind und zu einer ganz erstaunlichen Höhe83 emporwüchsen. Augenblicklich pflanzte ich also eine solche Bohne, welche wirklich emporwuchs und sich an eines von des Mondes Hörnern von selbst anrankte. Nun kletterte ich getrost nach dem Monde empor, wo ich auch glücklich anlangte. Es war ein ziemlich mühseliges Stückchen Arbeit, meine silberne Axt an einem Orte wiederzufinden84, wo alle anderen Dinge gleichfalls wie Silber glänzten. Endlich aber fand ich sie doch auf einem Haufen Spreu und Häckerling.
Nun wollte ich wieder zurückkehren, aber ach! die Sonnenhitze hatte indessen meine Bohne aufgetrocknet85, so daß daran schlechterdings nicht wieder heranzusteigen war. Was war nun zu tun? – Ich flocht mir einen Strick von dem Häckerling, so lang ich ihn nur immer machen konnte. Diesen befestigte ich an eins von des Mondes Hörnern und ließ mich daran herunter. Mit der rechten Hand hielt ich mich fest, und in der linken führte ich meine Axt. Sowie ich nun eine Strecke hinuntergeglitten war, so hieb ich immer das überflüssige Stück über mir ab, und knüpfte dasselbe unten wieder an, wodurch ich denn ziemlich weit herunter gelangte. Dieses wiederholte Abhauen und Anknüpfen machte nun freilich den Strick ebensowenig besser, als es mich völlig hinab auf des Sultans Landgut brachte.
Ich mochte wohl noch ein paar Meilen weit droben in den Wolken sein, als mein Strick auf einmal zerriß und ich mit solcher Heftigkeit herab auf Gottes Erdboden fiel, daß ich ganz betäubt davon wurde86. Durch die Schwere meines von einer solchen Höhe herabfallenden Körpers fiel ich in ein Loch, wenigstens neun Klafter tief, in die Erde hinein. Ich erholte mich zwar endlich wieder, wußte aber nun nicht, wie ich wieder herauskommen sollte. Allein, was tut nicht die Not? Ich grub mir mit meinen Nägeln, deren Wuchs damals vierzigjährig war, eine Art von Treppe und förderte mich dadurch glücklich zu Tage.
Durch diese mühselige Erfahrung klüger gemacht, fing ich’s nachher besser an, der Bären, die so gern nach meinen Bienen und den Honigstöcken stiegen, loszuwerden. Ich bestrich die Deichsel eines Ackerwagens mit Honig und legte mich nicht weit davon des Nachts in einen Hinterhalt. Was ich vermutete87, das geschah. Ein ungeheurer Bär, herbeigelockt durch den Duft des Honigs, kam an und fing vorn an der Spitze der Stange so begierig an zu lecken, daß er sich die ganze Stange durch Schlund, Magen und Bauch bis hinten wieder hinausleckte. Als er sich nun so artig auf die Stange hinaufgeleckt hatte, lief ich hinzu, steckte vorn durch das Lochder Deichsel einen langen Pflock, verwehrte dadurch dem Nascher den Rückzug und ließ ihn sitzen bis an den anderen Morgen. Überdies Stückchen wollte sich der Großsultan, der von ungefähr vorbeispazierte, fast totlachen.
Nicht lange hierauf machten die Russen mit den Türken Frieden,und ich wurde nebst88 anderen Kriegsgefangenen wieder nach St.Petersburg ausgeliefert. Ich nahm aber nun meinen Abschied89 und verließ Rußland um die Zeit der großen Revolution, vor etwa vierzig Jahren, da der Kaiser in der Wiege, nebst seiner Mutter und ihrem Vater, dem Herzoge von Braunschweig, dem Feldmarschall von Münnich und vielen anderen nach Sibirien geschickt wurde. Es herrschte90 damals über ganz Europa ein so außerordentlich strenger Winter, daß die Sonne eine Art von Frostschaden erlitten haben muß, woran sie seit der ganzen Zeit91 her bis auf den heutigen Tag gesiecht hat. Ich empfand daher auf der Rückreise in mein Vaterland weit größeres Ungemach, als ich auf meiner Hinreise nach Rußland erfahren hatte.
Ich mußte, weil mein Litauer in der Türkei geblieben war92, mit der Post reisen. Als sich’s nun fügte, daß wir an einen engen hohlen Weg zwischen hohen Dornhecken kamen, so erinnerte ich den Postillon, mit seinem Horne ein Zeichen zu geben, damit wir uns in diesem engen Passe nicht etwa gegen ein anderes entgegenkommendes93 Fuhrwerk festfahren möchten. Mein Kerl setzte an und blies aus Leibeskräften in das Horn, aber alle seine Bemühungen waren umsonst. Nicht ein einziger Ton kam heraus, welches uns ganz unerklärlich, ja in der Tat für ein rechtes Unglück zu achten war, indem bald eine andere uns entgegenkommende Kutsche auf uns stieß, vor welcher nun schlechterdings nicht vorbeizukommen war.
Nichtsdestoweniger sprang ich aus meinem Wagen und spannte zuvörderst die Pferde aus. Hierauf nahm ich den Wagen nebst den vier Rädern und allen Päckereien auf meine Schultern und sprang damit über Ufer und Hecke, ungefähr neun Fuß hoch, welches, in Rücksicht auf die Schwere der Kutsche, eben keine Kleinigkeit war, auf das Feld hinüber. Durch einen anderen Rücksprung gelangte ich, die fremde Kutsche vorüber, wieder in den Weg. Darauf eilte ich zurück zu unseren Pferden, nahm unter jeden Arm eins und holte sie auf die vorige Art, nämlich durch einen zweimaligen Sprung hinüber und herüber, gleichfalls herbei, ließ wieder anspannen und gelangte glücklich am Ende der Station zur Herberge.
Noch hätte ich anführen sollen94, daß eins von den Pferden,welches sehr mutig und nicht über vier Jahre alt war, ziemlichen Unfug95 machen wollte. Denn als ich meinen zweiten Sprung über die Hecke tat96, so verriet es durch sein Schnauben und Trampeln ein großes Mißbehagen an dieser heftigen Bewegung. Dies verwehrte ich ihm aber gar bald, indem ich seine Hinterbeine in meine Rocktasche steckte. In der Herberge erholten wir uns wieder von unserem Abenteuer. Der Postillon hängte sein Horn an einen Nagel beim Küchenfeuer, und ich setzte mich ihm gegenüber.
Nun hört, ihr Herren, was geschah! Auf einmal ging’s: Tereng!Tereng! teng! teng! Wir machten große Augen und fanden nun auf einmal die Ursache aus, warum der Postillon sein Horn nicht hatte blasen können. Die Töne waren in dem Horne festgefroren97 und kamen nun, sowie sie nach und nach auftauten, hell und klar, zu nicht geringer Ehre des Fuhrmanns heraus. Denn die ehrliche Haut unterhielt uns nun eine ziemliche Zeitlang mit der herrlichsten Modulation, ohne den Mund an das Horn zu bringen. Da hörten wir den preußischen Marsch – Ohne Lieb und ohne Wein – Als ich auf meiner Bleiche – Gestern abend war Vetter Michel da – nebst noch vielen anderen Stückchen, auch sogar das Abendlied: Nunruhen alle Wälder. – Mit diesem letzten endigte sich98 denn dieser Tauspaß, sowie ich hiermit meine russische Reisegeschichte.
Manche Reisende99 sind bisweilen imstande, mehr zu behaupten, als genaugenommen wahr sein mag. Daher ist es denn kein Wunder, wenn Leser oder Zuhörer ein wenig zum Unglauben geneigt werden. Sollten indessen einige von der Gesellschaft an meiner Wahrhaftigkeit zweifeln, so muß100 ich sie wegen ihrer Ungläubigkeit herzlich bemitleiden und sie bitten, sich lieber zu entfernen, ehe ich meine Schiffs-Abenteuer beginne, die zwar fast noch wunderbarer, aber doch ebenso authentisch sind.
SEE-ABENTEUER
Erstes See-Abenteuer
Gleich die erste Reise, die ich in meinem Leben machte, geraume Zeit vor der russischen, von der ich eben einige Merkwürdigkeiten erzählt habe101, war eine Reise zur See.
Ich stand, wie mein Onkel, der schwarzbärtigste Husarenoberst102, den ich je gesehen habe103, mir oft zuzuschnurren pflegte, noch mit den Gänsen im Prozesse, und man hielt es noch für unentschieden, ob der weiße Flaum an meinem Kinne Keim von Daunen oder von einem Barte wäre104, als schon Reisen das einzige Dichten und Trachten meines Herzens war.
Da mein Vater teils selbst ein ehrliches Teil seiner früheren Jahre mit Reisen zugebracht hatte105, teils manchen Winterabend durch die aufrichtige und ungeschminkte Erzählung seiner Abenteuer verkürzte, von denen ich Ihnen vielleicht in der Folge noch einige zum besten gebe, so kann man jene Neigung bei mir wohl mit ebenso gutem Grunde für angeboren als für eingeflößet halten. Genug, ich ergriff jede Gelegepheit, die sich anbot oder nicht anbot, meiner unüberwindlichen Begierde, die Welt zu sehen, Befriedigung zu erbetteln oder zu ertrotzen; allein vergebens.
Gelang es mir auch einmal bei meinem Vater eine kleine Bresche zu machen, so taten Mama und Tante desto heftigeren Widerstand, und in wenigen Augenblicken war alles, was ich durch die überlegtesten Angriffe gewonnen hatte, wieder verloren. Endlich fügte sich’s, daß einer meiner mütterlichen Verwandten uns besuchte106. Ich wurde bald sein Liebling; er sagte mir oft, ich wäre ein hübscher munterer Junge, und er wolle alles mögliche tun, mir zur Erfüllung meines sehnlichsten Wunsches behilflich zu sein. Seine Beredsamkeit war wirksamer als die meinige, und nach vielen Vorstellungen und Gegenvorstellungen, Einwendungen und Widerlegungen wurde endlich zu meiner unaussprechlichen Freude beschlossen107, daß ich ihn auf einer Reise nach Ceylon, wo sein Onkel viele Jahre Gouverneur gewesen war, begleiten sollte108.
Wir segelten mit wichtigen Aufträgen Ihrer Hochmögenden, der Staaten von Holland, von Amsterdam ab. Unsere Reise hatte, wenn ich einen außerordentlichen Sturm abrechne109, nichts Besonderes110. Dieses Sturmes aber muß ich, seiner wunderbaren Folgenwegen, mit ein paar Worten gedenken. Er nahm sich auf, gerade als wir bei einer Insel vor Anker lagen, um uns mit Holz und Wasser zu111 versorgen, und tobte mit solcher Heftigkeit, daß er eine große Menge Bäume von ungeheurer Dicke und Höhe mit der Wurzel aus der Erde riß und durch die Luft schleuderte. Ungeachtet einige dieser Bäume mehrere hundert Zentner schwer waren, so sahen sie doch, wegen der unermeßlichen Höhe – denn sie waren wenigstens fünf Meilen über der Erde – nicht größer aus als kleine Vogelfederchen, die bisweilen in der Luft umherfliegen.
Indes sowie der Orkan sich legte, fiel jeder Baum senkrecht in seine Stelle und schlug sogleich wieder Wurzel, so daß kaum eine Spur der Verwüstung zu sehen war.112 Nur der größte machte hiervon eine Ausnahme. Als er durch die plötzliche Gewalt des Sturmes aus der Erde aus gerissen wurde, saß gerade ein Mann mit seinem Weibe auf den Ästen desselben und pflückte Gurken; denn in diesem Teile der Welt wächst diese herrliche Frucht auf Bäumen.Das ehrliche Paar machte so geduldig als Blanchards Hammel die Luftreise mit, veranlaßte aber durch seine Schwere, daß der Baum sowohl von seiner Richtung gegen seinen vorigen Platz abwich, als auch in einer horizontalen Lage herunter kam. Nun hatte, sowie die meisten Einwohner auf dieser Insel, so auch ihr allergnädigster Kazike während des Sturms seine Wohnung verlassen, aus Furcht unter den Trümmern derselben begraben zu werden, und wollte gerade wieder durch seinen Garten zurückgehen, als dieser Baum herniedersauste und ihn glücklicherweise auf der Stelle totschlug.
,Glücklicherweise?“
Ja, ja, glücklicherweise. Denn, meine Herren, der Kazike war, mit Erlaubnis zu melden113, der abscheulichste Tyrann, und die Einwohner der Insel, selbst seine Günstlinge und Maitressen nicht ausgenommen, die elendsten Geschöpfe114 unterm Monde. In seinen Vorratshäusern verfaulten die Lebensmittel, während seine Untertanen, denen sie abgepreßt waren115, vor Hunger verschmachteten.
Seine Insel hatte keine auswärtigen Feinde zu fürchten; dessenungeachtet nahm er jeden jungen Kerl weg, prügelte ihn höchsteigenhändig zum Helden und verkaufte von Zeit zu Zeit116 seine Kollektion dem meistbietenden benachbarten Fürsten, um zu den Millionen Muscheln, die er von seinem Vater geerbt hatte, neue Millionen zu legen. – Man sagte uns, er habe diese unerhörten Grundsätze von einer Reise, die er nach dem Norden gemacht habe, mitgebracht117; eine Behauptung, auf deren Widerlegung wir uns, alles Patriotismus ungeachtet, schon deswegen nicht einlassen konnten, weil bei diesen Insulanern eine Reise nach dem Norden ebensowohl eine Reise nach den Kanarischen Inseln als eine Spazierfahrt nach Grönland bedeutet; und eine bestimmtere Erklärung mochten118 wir aus mehreren Gründen nicht verlangen.
Zur Dankbarkeit für den großen Dienst, den das gurkenpflükkende119 Paar, obgleich nur zufälligerweise, seinen Mitbürgern erwiesen hatte120, wurde es von diesen auf den erledigten121 Thron gesetzt. Zwar waren diese guten Leutchen auf ihrer Luftfahrt dem großen Lichte der Welt so nahe gekommen, daß sie das Licht ihre Augen und noch überdies eine kleine Portion ihres inneren Lichts dabei zugesetzt hatten; allein nichtsdestoweniger regierten sie so löblich, daß, wie ich in der Folge erfuhr, niemand Gurken aß, ohne zu sprechen: Gott erhalte den Kaziken.
Nachdem wir unser Schiff, das von diesem Sturme nicht wenig beschädigt war122, wieder ausgebessert und uns von dem neuen Monarchen und seiner Gemahlin beurlaubt hatten, segelten wir mit ziemlichem Winde ab und kamen nach sechs Wochen glücklich zu Ceylon an.
Es mochten ungefähr vierzehn Tage seit unserer Ankunft verstrichen sein, als mir der älteste Sohn des Gouverneurs den Vorschlag tat, mit ihm auf die Jagd zu gehen, den ich auch herzlich gern annahm. Mein Freund war ein großer starker Mann und an die Hitze jenes Klimas gewöhnt; ich aber wurde in kurzer Zeit und beiganz mäßiger Bewegung so matt, daß ich, als wir in den Wald gekommen waren123, weit hinter ihm zurückblieb.
Ich wollte mich eben an dem Ufer eines reißenden Stromes, der schon einige Zeit meine Aufmerksamkeit beschäftigt hatte, niedersetzen, um mich etwas auszuruhen, als ich auf einmal auf dem Wege, den ich gekommen war, ein Geräusch hörte. Ich sah zurück und wurde fast versteinert, als ich einen ungeheuren Löwen erblickte, der gerade auf mich zukam, und mir nicht undeutlich merken ließ124, daß er gnädigst geruhe, meinen armen Leichnam zu seinem Frühstück zu machen, ohne sich nur meine Einwilligung auszubitten. Meine Flinte war bloß mit Hasenschrot geladen. Langes Besinnen erlaubte mir weder die Zeit noch meine Verwirrung. Doch entschloß ich mich, auf die Bestie zu feuern, in der Hoffnung, sie zu schrecken, vielleicht auch zu verwunden. Allein,da ich in der Angst nicht einmal wartete, bis mir der Löwe zum Schüsse kam, so wurde er dadurch wütend gemacht und kam nun mit aller Heftigkeit auf mich los. Mehr aus Instinkt als aus vernünftiger Überlegung versuchte ich eine Unmöglichkeit – zu entfliehen. Ich kehre mich um, und – mir läuft noch, so oft ich daran gedenke, ein kalter Schauder über den Leib – wenige Schritte von mir steht ein scheußliches Krokodil, das schon fürchterlich seinen Rachen aufsperrte, um mich zu verschlingen.
Stellen Sie sich, meine Herren, das Schreckliche meiner Lage vor125! Hinter mir der Löwe, vor mir das Krokodil, zu meiner Linken ein reißender Strom, zu meiner Rechten ein Abgrund, in dem, wie ich nachher hörte,126 die giftigsten Schlangen sich auf hielten.
Betäubt – und das war einem Herkules in dieser Lage nicht übelzunehmen127 – stürzte ich zu Boden. Jeder Gedanke, den meine Seele noch vermochte, war die schreckliche Erwartung, jetzt die Zähne oder Klauen des wütenden Raubtieres zu fühlen oder in dem Rachen des Krokodils zu stecken. Doch in wenigen Sekunden hörte ich einen starken, aber durchaus fremden Laut128. Ich wage es endlich, meinen Kopf aufzuheben und mich umzuschauen,und – was meinen Sie? – zu meiner unaussprechlichen Freude finde ich, daß der Löwe in der Hitze, in der er auf mich los schoß, in ebendem Augenblicke, in dem ich niederstürzte, über mich weg in den Rachen des Krokodils gesprungen war. Der Kopf des einen steckte nun in dem Schlunde des anderen, und sie strebten mit aller Macht, sich voneinander loszumachen. Gerade noch zur rechten Zeit sprang ich auf129, zog meinen Hirschfänger, und mit einem Streiche haute ich den Kopf des Löwen ab, so daß der Rumpf zu meinen Füßen zuckte. Darauf rannte ich mit dem unteren Ende meiner Flinte den Kopf noch tiefer in den Rachen des Krokodils, das nun jämmerlich ersticken mußte130.
Bald nachdem ich diesen vollkommenen Sieg über zwei fürchterliche Feinde erfochten hatte, kam mein Freund, um zu sehen, was die Ursache meines Zurückbleibens wäre131.
Nach gegenseitigen Glückwünschen maßen wir das Krokodil und fanden es genau vierzig Pariser Fuß sieben Zoll lang.
Sobald wir dem Gouverneur dieses außerordentliche Abenteuer erzählt hatten, schickte er einen Wagen mit einigen Leuten aus und ließ die beiden Tiere nach seinem Hause holen. Aus dem Felle des Löwen mußte mir ein dortiger Kürschner Tabaksbeutel verfertigen, von denen ich einige meinen Bekannten zu Ceylon verehrte. Mit den übrigen machte ich bei unserer Rückkunft nach Holland Geschenke an die Bürgermeister, die mir dagegen ein Geschenk von tausend Dukaten machen wollten, das ich nur mit vieler Mühe ablehnen konnte132.
Die Haut des Krokodils wurde auf die gewöhnlichste Art ausgestopft und macht nun eine der größten Merkwürdigkeiten indem Museum zu Amsterdam aus, wo der Vorzeiger die ganze Geschichte jedem, den er herumführt, erzählt. Dabei macht er denn freilich immer einige Zusätze, von denen verschiedene Wahrheit und Wahrscheinlichkeit in hohem Grade beleidigen. So pflegt er zum Exempel zu sagen, daß der Löwe durch das Krokodil hindurchgesprungen sei133 und eben bei der Hintertür habe entwichen wollen, als Monsieur, der weltberühmte Baron, wie er mich zu nennen beliebt, den Kopf, sowie er herauskam, und mit dem Kopfe drei Fuß von dem Schwänze des Krokodils abgehauen hätte. Das Krokodil, fährt der Kerl bisweilen fort, blieb bei dem Verluste seines Schwanzes nicht gleichgültig, drehte sich um, riß Monsieur den Hirschfänger aus der Hand und verschlang ihn mit solcher Hitze, daß er mitten durch134 das Herz des Ungetüms fuhr und es auf der Stelle sein Leben verlor.
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