Kitabı oku: «Tristan und Isolde», sayfa 3
Den Feind bestehn mit starker Hand.
Sie sandten über all ihr Land
Und entboten ihre Ritterschaft,
Und wandten alle Macht und Kraft
Auf nichts als nur auf starke Wehr.
So kamen sie denn mit dem Heer
Geritten wider Morgan.
Der hielt gerüstet auf dem Plan
Und wich nicht haaresbreit vor ihnen:
Er empfieng da Riwalinen
Mit starkem Gefechte;
Hei! wieviel guter Knechte
Man da gefällt, getödtet sah!
Wie wenig schonte man die da!
Wie Mancher kam in große Noth,
Und wie so Mancher lag da todt
Und wund von Jedwedem Heer!
Bei dieser blutigen Wehr
Fiel der klagenswerthe Held,
Den klagen sollte alle Welt,
Wenn Klagen und Grämen
Im Tod zu Statten kämen.
Kanelengres der gute,
Der von ritterlichem Muthe
Und Herrentugend keinen Schritt,
Ja nicht zollbreit wich noch glitt,
Der lag da zum Erbarmen todt.
Jedoch in all dieser Noth
Kamen über ihn die Seinen
Und brachten ihn hinweg mit Weinen:
Sie führten klagend ihn hindann
Und bestatteten ihn als den Mann,
Der nicht minder und nicht mehr
Als ihrer Aller Glück und Ehr
Mit ins Grab hinunter nahm.
Wenn ich nun viel von ihrem Gram
Und ihrem Jammer sagte,
Wie da ein Jeder klagte,
Was sollte das? es ist nicht Noth.
Sie waren Alle mit ihm todt
An Ehren und am Gute
Und gar an dem Muthe,
Der guten Leuten sollte leihn
Freud und friediges Gedeihn.
Es ist geschehn, er ist dahin,
Todt ist der gute Riwalin;
Da gehört nun weiter nichts dazu,
Als daß man Alles mit ihm thu
Was sich schickt für einen todten Mann.
Da Alles nicht verfangen kann,
Man muß sich sein begeben nun,
Mag sein zu pflegen Gott geruhn,
Der edler Herzen nie vergaß.
Wir aber sagen nun fürbaß
Wie es ergieng mit Blanscheflur.
Als die schöne Frau erfuhr
Was ihr geschehen wäre,
Wie ward ihr von der Märe!
Gott, Herr, woll uns davor bewahren,
Daß wir es lebenslang erfahren.
Ich hege Zweifel nicht daran,
Trug ein Weib je um den Mann
Tödtlichen Schmerz im Herzen,
So trug ihr Herz die Schmerzen;
Das füllte tätliches Leid.
Sie gab wohl aller Welt Bescheid,
Ob ihr weh an seinem Tod geschah;
Doch wurden ihre Augen da
In allen diesem Leid nicht naß.
Ja, aber Gott, wie kam denn das,
Daß da nicht ward geweinet?
Ihr ward das Herz ersteinet.
Da war kein Leben inne,
Als die lebendge Minne
Und das Leid nur, das lebendig
Mit ihrem Leben stritt beständig.
Und klagte sie nach Gattenpflicht
Nicht um den Herrn? Das that sie nicht:
Sie verstummte gleich zur Stunde,
Ihr erstarb die Klag im Munde;
Ihre Zung, ihr Mund, ihr Herz, ihr Sinn
War Alles miteinander hin.
Sie klagte nicht ihr Ungemach,
Die Schöne sprach nicht Weh noch Ach,
Sie sank zu Boden und lag
In Krämpfen bis zum vierten Tag.
Erbärmlicher als je ein Weib.
Sie wand in Wehen lang den Leib
Bald so bald so, bald her bald hin
Und trieb das bis die Königin
Den Sohn gebar mit großer Noth;
Seht, der genas und Sie lag todt.
O weh der Augenweide,
Wo man nach leidem Leide
Ersieht an leiderm Leide
Noch leidre Augenweide!
Deren Ehr an Riwalinen lag,
Der er mit großen Ehren pflag
So lange Gott es wollte,
Daß er ihrer pflegen sollte,
Die hatten leider Leid zuviel,
Ein Leid ob alles Leides Ziel,
Da all ihr Trost, all ihre Kraft,
Ihr Kampf und ihre Ritterschaft,
Ihre Würdigkeit und Ehre all
Dahin war mit des Herren Fall.
Doch Er war schönen Tod gestorben;
Sie gar zu jämmerlich verdorben.
Mit wie großem Schaden
Auch Leut und Land beladen
Waren durch den Tod des Herrn,
So kläglich wars doch nicht von fern,
Als da man diese scharfe Noth
Und den erbarmenswerthen Tod
An dem süßen Weibe sah.
Das Ungemach, das ihr geschah,
Beklag ein jeder werthe Mann,
Und wer je von Frauen Heil gewann
Oder künftig will gewinnen,
Der erwäg in seinen Sinnen
Wie es an solchen Dingen
So leichtlich mag misslingen
Der besten Frau, dem besten Mann,
Wie leicht das Glück sie pfänden kann
Am Leben, am Leibe,
Und soll dem reinen Weibe
Gnade wünschen und erflehn,
Daß Gott geruh ihr beizustehn,
Ihr Helfer und ihr Trost zu sein;
So sag ich von dem Kindelein,
Das Mutter hat noch Vater,
Wie Gott war sein Berather.
III. Rual li foitenant.
Wer Trauer stäts und Treue
Dem Freunde trägt aufs Neue,
Dem lebt der Freund aufs Neue;
Das ist die gröste Treue.
Wer stäts dem Freunde Trauer trägt,
Ihm nach dem Tode Treue hegt,
Das ist vor allem Lohne,
Ist aller Treue Krone.
Mit derselben Krone waren
Gekrönt, das hab ich wohl erfahren,
Der Marschall und sein Weib, das gute,
Die gleiche Treu in Einem Muthe
Gott und der Welt bewährten
Und durch ihr Vorbild lehrten
Vor der Welt und Gott zumal,
Daß sie, wie es Gott befahl,
Nach ganzer Treue zielten
Und sie unverbrüchlich hielten
Ohn End und ohne Wende
Bis an ihr Beider Ende.
Und so Wer sollt auf Erden
Für seine Treue werden
König oder Königin,
So verdienten Sie wohl den Gewinn,
Wie ich euch von den Beiden
In Wahrheit mag bescheiden,
Wie Er und Sie sich treu erwies.
Als Blanscheflur ihr Leben ließ
Und Riwalin begraben war,
Das verwaiste Kind, das sie gebar,
Dem giengs nach solchen Ungenaden
Gar wohl: es sollt ihm wenig schaden.
Der Marschall und die Marschallin
Nahmen das kleine Waislein hin
Und hielten es mit Sorgen
Vor aller Welt verborgen.
Sie sagten oder ließen sagen,
Ihre Herrin hätt ein Kind getragen,
Das wäre mit und in ihr todt.
Von dieser dreifachen Noth
Mehrte sich des Landes Klage,
Ihre Klage mehrte noch die Sage:
Sie klagten, daß Riwalin erstarb,
Klagten, daß Blanscheflur verdarb,
Klagten um ihr Kindelein,
Das ihr Trost doch sollte sein,
Daß das erstorben wäre.
Bei dieses Leides Schwere
Gieng ihnen schier der Schrecken
Vor Morgans Drohn, des Kecken,
So nah als ihres Herren Tod.
Denn das ist die gröste Noth,
Die man auf Erden haben mag,
Wenn Einem immer Nacht und Tag
Der Todfeind vor den Augen steht:
Das ist die Noth, die nahe geht,
Das ist ein lebendger Tod.
In dieser lebenden Noth
Ward Blanscheflur zu Grab getragen.
Da mochte Jammer viel und Klagen
Ob ihrem Grab vernommen werden;
Haarzerraufender Geberden
Sah man da viel und allzu viel.
Nun will ich aber ohne Ziel
Eure Ohren nicht beschweren
Mit allzu kläglichen Mären,
Weil es den Ohren missbesagt,
Wo man zu viel von Klage sagt;
Und sagt es Einer noch so gut,
Es steht ihm doch zuletzt nicht gut.
So laßen wir denn langes Klagen
Und fleißen uns dafür zu sagen
Von dem verwaiseten Kind,
Dem die Mären hier gewidmet sind.
Oft kehrt das Glück vom Glücke
Zum Ungemach zurücke
Und wiederum zurücke
Vom Ungemach zum Glücke.
Der wackre Mann soll in der Noth,
Wie schlimm es auch zu gehen droht,
Gedenken, was ihm helfen mag.
So lang ihm scheint des Lebens Tag
Soll er mit den Lebendgen leben
Und sich selbst zum Leben Hoffnung geben:
So that der Marschall Foitenant.
Wie übel seine Sache stand,
Doch bedacht er mitten in der Noth
Des Landes Fall, den eignen Tod.
Als er keine Hülfe schaute,
Sich mit der Wehr nicht traute
Vor seinem Feind zu fristen,
So wehrt' er sich mit Listen.
Er berieth die Ritter allzumal,
Denen einst sein Herr befahl,
Daß sie die Waffen ließen ruhn:
Sie sollten anders nichts mehr thun
Als flehn und sich ergeben:
Sie ergaben Gut und Leben
Nach seinem Rath in Morgans Huld.
Allen Groll um alte Schuld,
Wie groß er zwischen ihnen sei,
Legten sie mit Morgan bei
Und erhielten also Leut und Land.
Der getreue Marschall Foitenant
Fuhr heim zu seinem werthen Weib
Und befahl bei Leben und Leib
Ihr an, sich einzulegen
So wie die Frauen pflegen,
Wenn sie Kindesnoth befällt,
Und alsdann vor aller Welt
Zu behaupten und zu sagen,
Sie habe selbst das Kind getragen,
Die Waise von Riwalin.
Die selige Marschallin,
Die gute, die stäte,
Die reine Floräte,
Die der Frauentugend Spiegel war,
Und der Güte Demant immerdar,
Die ließ sich leicht zu dem bewegen
Was nur geschah der Treue wegen.
Sie stellte Leib und Sinn zur Klage
Wie Eine, die am andern Tage
Schon eines Kindes soll genesen.
Ihr Kämmerlein und all ihr Wesen
Ließ sie in Ordnung bringen
Zu heimlichen Dingen.
Sie wust auch aus Erfahrung wohl,
Wie man dabei sich halten soll:
Dem ahmte sie mit Absicht nach
Und heuchelte groß Ungemach
Am Gemüth und an dem Leibe,
Und that gleich einem Weibe,
Die solcher Noth entgegenblickt
Und Alles weislich beschickt
Was man da zu bedürfen pflegt.
So ward das Kind zu ihr gelegt
Gar heimlich und verstohlen
Und aller Welt verhohlen;
Nur einer Amme wars bekannt.
Bald gieng die Märe durch das Land,
Daß die Marschallin Floräte
Einen Sohn gewonnen hätte.
Es war auch wahr, man log nicht dran,
Daß sie einen Sohn gewann,
Der ihr Sohnestreu erzeigte
Bis sich Beider Leben neigte.
Es trug dieß süße Kind zu ihr
So süße kindliche Begier
Als zu der Mutter soll ein Kind;
Und billig ward sie so geminnt:
Sie hatt auch Ihres Herzens Triebe
Auf Ihn gewandt mit Mutterliebe,
Und hielt daran so treu gesinnt,
Als hätte selber sie dieß Kind
Unter ihrer Brust getragen.
Wie wir die Märe hören sagen,
So hat nie früher noch seither
Ein fremdes Paar so treulich mehr
Erzogen ihres Herren Sohn;
Die Märe selber wird davon
Noch zeugen unverborgen,
Wie väterlicher Sorgen,
Wie mancher Noth sich must um ihn
Der getreue Marschall unterziehn.
Nun die Marschallin zum Schein
Der Noth genesen sollte sein
Und nach den sechs Wochen,
Die den Fraun sind zugesprochen,
Zur Kirche gehen mit dem Sohn,
Von dem ihr mehr vernommen schon,
Da nahm sie selbst ihn auf den Arm
Und trug ihn wohlversorgt und warm
Zu dem Gotteshause hin.
Und als sie dann mit frommem Sinn
Ihr Gottesrecht empfangen
Und zum Opfer war gegangen
Mit schönem Ingesinde,
Da war dem kleinen Kinde
Die heilge Taufe bereit,
Damit es seine Christenheit
In Gottes Namen empfienge
Und, wie es ihm hernach ergienge,
Sein Christenrecht doch hätte.
Da nun an heilger Stätte
Der Priester stand und Alles auch
Bereit war, was beim Taufen Brauch,
Da fragt' er, wie das Kindelein
Denn geheißen sollte sein.
Da gieng die Marschallin hindann
Und sprach geheim mit ihrem Mann
Und fragt ihn, wie er wollte,
Daß man es nennen sollte.
Da schwieg der Marschall lange
Und sann und war ihm bange,
Ob er den Namen finde,
Der ziemend wär dem Kinde.
Dabei erwog er her und hin
Des Kindes Looß von Anbeginn
Und wie's mit ihm gekommen war;
Er hatt es ja vernommen gar.
»Seht«, sprach er, »Frau, wie ichs vernahm
Von seinem Vater, daß es kam
Mit ihm und seiner Blanscheflur,
Wie Trauriges ihm widerfuhr
Bis sein Will und Wunsch ergieng,
Wie sie dieß Kind mit Traur empfieng
Und es mit Trauer gewann,
So heißen wir es Tristan.«
Denn Triste zielt auf Traurigkeit,
Und von der beiden Eltern Leid
Ward Tristan dieses Kind genannt,
Tristan getauft von Priesterhand.
Sein Name war von Trist Tristan;
Mit Recht gehört' ihm der auch an,
Ziemt' ihm in aller Weise
Wie euch die Mär erweise.
Seht wie traurig es war,
Da ihn die Mutter gebar;
Seht wie früh die Welt ihm Noth,
Des jungen Rückens Bürde, bot;
Seht, welch ein trauriges Leben
Ihm zu leben ward gegeben;
Seht an den traurigen Tod,
Der alle seine Herzensnoth
Mit einem Ende beschloß,
Der alles Todes Übergenoß
Und aller Trauer Galle war.
Wer jemals diese Märe gar
Vernimmt, erkennt wohl, daß dem Leben
Der Nam entsprechend ward gegeben:
Er war, so wie er hieß, ein Mann,
Und hieß recht wie er war, Tristan.
Wer aber gerne hätt erkannt,
Aus welchem Grunde Foitenant
Verbreiten ließ die Märe,
Seines Herren Kindlein wäre
Von der Geburtsstunde Noth
Mit seiner todten Mutter todt,
Dem geben wir den Grund wohl an:
Es ward aus Treue gethan.
Wegen Morgan that es der Getreue,
Vor seinem Haße trug er Scheue.
Er sorgte, wüst er um das Kind,
So würd er es mit List geschwind
Oder mit Gewalt verderben
Und das Land berauben seines Erben.
Deshalb nahm der treue Mann
Zum Kinde sich das Waislein an
Und erzogs zu seinem Sohne,
Wofür die Welt zum Lohne
Ihm Gottes Gnade wünschen soll:
Das verdient' er an der Waise wohl.
Als das Kind nun war getauft,
Nach Christenbrauch dem Heil erkauft,
Da nahm ihr liebes Kindlein hin
Die tugendreiche Marschallin
In ihre heimliche Pflege:
Sie wollt es alle Wege
Selbst hüten und besorgen
Den Abend wie den Morgen.
Mit so süßem Fleiße Tag und Nacht
Hielt die süße Mutter ihn bewacht,
Daß sie ihm auch nicht gönnte,
Daß er nur unsanft könnte
Den Fuß zu Boden schieben.
Als sie das mit ihm getrieben
Bis sein siebtes Jahr war voll,
Daß er Geberd und Rede wohl
Verstehen konnt und auch verstand,
Da kam der Marschall allzuhand
Und befahl ihn einem weisen Mann.
Mit diesem sandt er ihn hindann
In fremdes Land der Sprache wegen;
Da sollt er sich aufs Lernen legen,
Das Lesen und das Schreiben
Bei ihm mit Fleiß betreiben
Vor jedem andern Unterricht.
Das war der erste Verzicht,
Den er auf seine Freiheit that,
Nun er in den Bannkreiß trat
Anerzwungner Sorgen,
Die ihm zuvor verborgen
Und noch erlaßen waren.
In seines Aufblühns Jahren,
Da sein Glück erst sollt erstehn,
Der Freud er sollt entgegengehn,
In seines Lebens Beginn,
Da war sein bestes Leben hin.
Als er freudig zu erblühn begann,
Da fiel der Sorge Reif ihn an,
Der mancher Jugend Schaden thut
Und sengt' ihm seiner Freuden Bluth.
Da seine Freiheit begann
War seine Freiheit hindann.
Die Bücherweisheit und ihr Zwang
War seiner Sorgen Anfang,
Und doch, als er damit begann,
Kehrt' er seinen Sinn daran
Und sein Befleißen also sehr,
Daß er in den Büchern mehr
Erlernet hatt in kurzer Frist
Als je ein Kind, von dem ihr wißt.
Zwischen beiden Lernungen,
In den Büchern der und der der Zungen,
Verwandt er seiner Zeit noch viel
Auf jede Art von Saitenspiel.
Daran kehrt' er spät und früh
Seine Emsigkeit und Müh,
Bis er es herrlich konnte.
Zu lernen begonnte
Er heute dieß und morgen das,
Und konnt ers wohl, noch lernt' ers baß.
Ferner lernt' er nebenher
Mit dem Schild und mit dem Sper
Wohl und behende reiten,
Das Ross zu beiden Seiten
Geschickt mit Sporen rühren,
Es stolz im Sprunge führen,
Loisieren und Turnieren,
Mit den Schenkeln sambelieren
Nach Gebrauch im Ritterspiel;
So tummelt' er sich oft und viel.
Wohl schirmen, wacker ringen,
Schnell laufen, tüchtig springen,
Dazu schießen den Schaft,
Darin versucht' er oft die Kraft.
Wir hören wohl auch von ihm sagen,
Es lernte birschen und jagen
Nie ein Mann so wohl als er,
Es wäre dieser oder der.
Die man bei Hofe spielen soll,
Die Spiele konnt er alle wohl.
Er war auch so am Leibe
Beschaffen, daß vom Weibe
Nie ein schönrer Jüngling ward geboren.
An ihm war Alles auserkoren,
So der Muth wie die Geberden;
Doch leider soll durchflochten werden,
Wie ich es las, dieß Heil mit Schaden:
Er war mit Kummer stäts beladen.
Nun er zu vierzehn Jahren kam,
Der Marschall ihn nach Hause nahm
Und hieß ihn alle Zeiten
Fahren und reiten,
Zu erforschen Leut und Land
Bis er gründlich erkannt
Des Landes Sitten habe.
Das that der werthe Knabe
So löblich und behende,
Daß man nicht Höfschern fände
Wohl in dem ganzen Reiche,
Noch der sich vergleiche
Diesem Knaben Tristan.
So sah die ganze Welt ihn an
Mit Freundes Aug und holdem Muth,
Wie man billig ihm thut,
Der seinen Sinn auf Sitte stellt
Und stäts Unsitte ferne hält.
IV. Das Schachzabelspiel.
Um diese Zeit von Ohngefähr
Begab es sich, daß über Meer
Ein Schiff mit Kaufmannswaaren
Von Norweg gefahren
In das Land Parmenien kam,
Wo es seine Ladung nahm.
Das legte sich zu Kanoel
Vor das selbe Castel,
Wo der Marschall Rual
Seine Wohnung hatte dazumal
Mit seinem Junker Tristan.
Als diese Kaufleute dann
Die Buden hatten aufgeschlagen,
Da hörte man bei Hofe sagen
Was da zu kaufen wäre.
Auch vor Tristan kam die Märe,
Und nicht zu seinem Heile,
Da wären Falken feile
Und sonst manch schönes Federspiel.
Des Rühmens ward davon so viel,
Daß von des Marschalls Kindern zwei
(Denn Kinder sind da flugs dabei)
Einig wurden unverwandt,
Daß sie Tristanden an die Hand,
Den vermeinten Bruder, nahmen,
Und vor den Vater kamen
Und baten, daß er ihnen,
Tristan damit zu dienen,
Dieser Falken kaufen hieße.
Der edle Rual ließe
Sich so nicht leicht vergeblich flehn:
Es muste Alles vor sich gehn
Was seinem Tristan gefiel.
Denn ihn hielt er werther viel,
Und bot es beßer dem Einen
Als irgend Wem der Kleinen
Vom Land und vom Gesinde;
Auch keinem leiblichen Kinde
Zeigt' er sich so zugethan.
Der Welt erwies er wohl daran,
Wie vollkommner Treu er pflag,
Wie viel Ehr und Tugend in ihm lag.
Da stand er auf und nahm zuhand
Seinen Sohn Tristanden an die Hand
Nach gutem väterlichen Brauch.
Seine andern Söhne folgten auch
Und des Hofgesindes viel,
Seis im Ernste, seis zum Spiel.
Sie giengen mit an den Strand,
Und woran man da Gefallen fand,
Wozu Wer Wunsch und Willen trug,
Des fand er da zu Kauf genug.
Kleinode, Seide, gut Gewand,
Das war in Fülle da zur Hand;
Auch gab es schönes Federspiel,
Aus fremden Landen Falken viel,
Sperber und Schmierlein,
Habichte groß und klein,
Und auch mit rothen Schwingen,
Von allen diesen Dingen
War der Markt überreich.
Tristanden hieß man kaufen gleich
Habichte und Schmierlein.
Seinen Brüdern (die es sollten sein)
Kauft' er auch um seinetwillen,
Ließ allen drein die Wünsche stillen,
Wohin sie immer zielten.
Als sie nun so erhielten
Alles was sie wollten
Und nun nach Hause sollten,
Von Ohngefähr geschah es da,
Daß Tristan in dem Schiffe sah
Ein Schachzabel hangen,
Am Bret und an den Spangen
Gar schön und wohl gezieret,
Nach allem Wunsch formieret.
Dabei hieng das Gesteine,
In edelm Helfenbeine
Ausergraben meisterlich.
Tristan sahs und freute sich
Gar sehr, der Knabe tugendreich.
»Ei, edle Kaufherrn«, sprach er gleich,
»So Gott euch helfe, könnet ihr
Schachzabelspiel? Das saget mir.«
Und sprachs in ihren Zungen.
Sie sahen sich den Jungen
Aufmerksamer an darnach,
Als er in ihrer Sprache sprach,
Die Wenge sprechen konnten.
Auf seinen Wuchs begonnten
Sie zu sehn und seine Gaben;
Da däuchte sein Gehaben
Sie so schön und wohlgethan
Wie sie noch keinen Jüngling sahn.
Ja, sprach der Eine, ihrer viel
Sind unter uns, die Dieses Spiel
Wohl können; wollt ihr die Beweise,
Die stehn zu Dienst auf alle Weise:
Kommt her, ich will euch selbst bestehn.
Tristan sprach: Das soll geschehn.
Da setzten sie sich hin zum Spiel.
Der Marschall sprach: »Tristan, ich will
Nach Hause, mein Geschäft betreiben;
Willst du, so magst du hier verbleiben.
Meine andern Söhne gehn mit mir;
Dazu ist auch dein Meister hier:
Der hüte dein an diesem Ort.«
So gieng der Marschall wieder fort
Mit allem dem Gesinde;
Bei Tristan blieb, dem Kinde,
Sein Meister, der sein immer pflag,
Von dem ich euch wohl melden mag,
Wie uns die Mären sagen,
Daß an höfischem Betragen,
An Geschlecht und Herzensadel
Nie ein Knappe war so ohne Tadel;
Er ward der Kurvenal genannt.
Ihm war viel höfsche Zucht bekannt,
So daß er den wohl mocht in Ehren
Erziehen, der von seinen Lehren
Noch viel tugendliche Zucht gewinnt.
Dieses tugendliche Kind,
Der wohlgezogne Tristan,
Saß und spielte für sich an
So schön, so klug und so fein,
Daß die Fremden insgemein
Die Augen auf ihn wandten
Und sich insgeheim bekannten,
Daß sie nie so jungen Jahren
Noch sahn so große Zucht sich paaren.
Wie ihnen aber auch sein Spiel
Und sein Benehmen all gefiel,
Das war doch wider dieß ein Wind:
Das nahm sie Wunder, daß ein Kind
So viel der Sprachen hatt errungen:
Denn es floß ihm von der Zungen
Wie sie es nie vernommen,
So weit sie noch gekommen.
Wie er höfisch war am Hof erzogen,
Um keine Höflichkeit betrogen,
Ließ er viel fremde Zabelworte
Einfließen stäts am rechten Orte:
Die sprach er wohl, der wust er viel
Und zierte gern damit sein Spiel.
Er sang auch wohl zu preisen
Chansons und schöne Weisen,
Refräns und Stampenîeen.
Mit solchen Curtoisîeen
Trieb er es so lange fort
Bis die Handelsleute dort
Zu Rathe wurden unter sich,
Könnten sie durch einen Schlich
Ihn behalten und von hinnen bringen,
Sie möchten Ehr an ihm erringen,
Dazu auch hohen Gewinn.
Das zogen sie nicht lange hin:
Sie geboten ihren Rudrern gleich
Ihnen Hand zu leisten zu dem Streich,
Und lösten selbst den Anker schon,
Daß nichts zur Sprache kam davon.
Das Schiff stieß ab und fuhr hindann
So leise, daß es Tristan
Und Kurvenal nicht ward gewahr
Bis sie es hatten von dem Fahr
Eine ganze Meile weit gebracht:
Die waren auf ihr Spiel bedacht,
Auf ihr Schachzabel, alsosehr,
Daß sie an nichts andres mehr
Hatten als ans Spiel gedacht.
Als das Spiel nun war vollbracht
So daß es Tristan gewann,
Und der sich umzusehn begann,
Da sah er wohl, woran sie waren.
So leidig saht ihr nie gebahren
Ein Mutterkind mit Jammermienen.
Aufsprang er und stand unter ihnen:
»Ach edle Kaufherrn«, rief er aus,
»Wo wollt ihr nur mit mir hinaus?
Wohin denn, saget, bringt ihr mich?« –
»Seht, Freund«, sprach Einer säuberlich,
»Nichts kann euch mehr davor bewahren,
Ihr müßt mit uns von hinnen fahren.
Drum bleibet still und wohlgemuth.«
Da hub Tristan, das arme Blut,
So jämmerlich zu klagen an,
Daß Kurvenal sein Freund begann
Zu weinen mit dem Knaben
Und sich also zu gehaben,
Daß all das Kielgesinde
Von ihm und von dem Kinde
Unmuth und Kummer gewann.
Sie setzten Kurvenalen dann
In ein kleines Schifflein,
Und legten zu ihm darein
Ein Ruder und ein kleines Brot
Zu der Fahrt und für des Hungers Noth,
Und sagten ihm, er solle
Fahren, wohin er wolle;
»Doch Tristan der muß mit uns fort.«
Sie fuhren hin mit diesem Wort
Und ließen ihn da schwebend,
In manchen Sorgen bebend.
Der Meister schwebte auf der See;
In mancher Weise war ihm weh:
Weh um das Ungemach, das da
Seinem Tristan geschah;
Weh auch um die eigne Noth.
Denn er fürchtete den Tod,
Weil er nicht konnte schiffen:
Er hatt es nie begriffen.
Da klagte laut der arme Mann:
»Ach, lieber Gott, was fang ich an!
In solche Sorge kam ich nie.
Nun bin ich ohne Leute hie
Und versteh auch selber nicht zu fahren.
Du sollst mich, Gott und Herr, bewahren
Und mein Gefährte sein von hinnen.
Was ich nie begann, beginnen
Will ich auf die Gnade dein:
Wolle mein Geleiter sein!«
Hiemit das Ruder griff er an
Und fuhr auf Gottes Trost hindann
Und kam in kurzer Stunde
Der Gotteshülf im Bunde
Nach Haus und sagte Märe
Wie es ergangen wäre.
Der Marschall und sein selig Weib
Wandten wider ihren Leib
So jämmerlicher Klage Noth,
Läg er vor ihren Augen todt,
Ihnen könnte diese Pein
Näher nicht gegangen sein.
So giengen sie Beide
Im gemeinsamen Leide,
Und all ihr Ingesinde,
Nach dem verlornen Kinde
Weinen an des Meers Gestad.
Manche Zunge da mit Treue bat,
Daß Gott dem Kinde gnädig sei.
Der Klage ward da mancherlei,
Bald so bald so, die man vernahm
Und als es an den Abend kam,
Da sie von dannen schieden,
Die Klage, erst verschieden,
Die klang da gar einhellig:
Sie klagten nun gesellig,
Sie riefen hier und riefen dort
Nichts anders als das eine Wort:
»Bêas Tristan, curtois Tristant,
Ton Cors, ta vie a Dê comant!«
»Dein schöner Leib, dein süßes Leben
Sei Gottes Hut anheim gegeben!«
Die Norweger führten ihn
Inzwischen immer mit sich hin,
Und gieng es nur wie sie gedacht,
Sie hättens wohl an ihm vollbracht
Nach ihrem Willen und Begehr.
Doch anders schuf es Alles Der,
Der alle Dinge schlichtet,
Schlichtend zurechte richtet,
Dem alle Dinge, Meer und Wind,
In Furchten unterthänig sind.
Wie Der es wollte, ders gebot,
Erhob sich solche große Noth
Von Sturmwetter aus dem Meer,
Daß sie sich Alle selbst nicht mehr
Hülflich wusten beizustehn:
Sie ließen halt ihr Schifflein gehn
Wohin es wilde Winde trieben.
Ihnen selber war kein Trost geblieben,
Für Leib und für Leben:
Sie hatten sich begeben
Aller Hülf, als jener armen Steuer,
Die da heißet Abenteuer.
Den Zufall ließen sie es lenken,
Ob sie entgiengen ob ertränken;
Denn ihres Treibens war nicht mehr,
Als daß sie mit dem wilden Meer
Jetzt in den Himmel stiegen,
Um gleich hinab zu fliegen
In den tiefsten Schlund der Höllen.
So trieben sie die Wellen
Bald auf und bald nieder,
Bald hin und bald herwieder.
Bei so heftigem Schwanken
Des Schiffs war kein Gedanken,
Auf seinen Füßen zu stehn.
So must es ihnen ergehn
Wohl der Tag und Nächte acht.
Sie hätten schier des Leibes Macht
Und den Sinn verloren gar.
Einer sprach da von der Schar:
»Ihr Herren alle, Gott weiß,
Mich dünket, es sei Sein Geheiß,
Wie wir in Aengsten leben
Und kaum noch lebend schweben
Über Abgründen:
Das kommt von den Sünden
Und den Untreuen her,
Daß wir Tristan auf das Meer
Von seinen Freunden lockten.«
Ja, sprachen die Verstockten,
Sieh, so ist es, das ist wahr.
Alsbald berieth sich die Schar,
So sie eine Stille finden
An Waßer möchten und Winden,
Und zu Gestade stießen,
Daß sie dann gern ihn ließen
Gehn, wohin er möchte gehn.
Und siehe, kaum war das geschehn,
Daß dieß ihr aller Wille ward,
Da sah man ihre schlimme Fahrt
Gesänftet gleich zur Stelle.
Es ließen Wind und Welle
Von ihrer ungestümen Wuth:
Still senkte sich die Meeresflut,
Licht schien die Sonne wie vorher.
Da bedachten sie sich auch nicht mehr,
Denn in den sieben Tagen
Hatte sie der Wind geschlagen
Gen Cornewal, dem Lande.
Sie waren seinem Strande
Nun mit Einem Mal so nah,
Daß man das Gestade sah.
Sie eilten sich zu landen
Und setzten Tristanden
An das Land in einem Boot,
Und gaben ihm darein ein Brot
Und andrer Speise noch ein Theil,
Und sprachen: »Gebe Gott dir Heil
Und wolle deines Lebens pflegen.«
Sie boten all ihm ihren Segen
Und wandten sich alsbald hindann.
Nun wie gehabte sich Tristan?
Unser armer Tristan? Ja,
Das arme Kind saß weinend da,
Denn Kinder haben anders keinen
Trost in ihrem Leid als Weinen.
Trostlos im Elende
Hob es seine Hände
Zu Gott empor gefaltet:
»Gott, der im Himmel waltet,
Da du so reich an Gnaden bist
Und deine Güt ohn Ende ist,
Viel süßer Gott, so bitt ich dich,
Daß du noch Gnade gegen mich
Gütig begehst, nachdem dein Rath
Dieß über mich verhänget hat,
Daß ich so weit verschlagen bin.
Nun weise mich doch noch dahin,
Wo ich bei Leuten möge sein.
Weit schau ich in die Welt hinein
Und seh kein Leben rings umher:
Die große Wildniss schreckt mich sehr.
Wohin mein Blick sich wende,
Da hat die Welt ein Ende;
Wohin ich ihn kehre,
Da seh ich in das Leere,
In ein öd Gefilde,
In Wüste und Wilde,
Auf wüste Felsen, wilde See.
Diese Furcht thut mir so weh;
Am allermeisten sorg ich,
Die wilden Thiere freßen mich,
Wohin ich immer gehen mag.
Auch erseh ich, daß der Tag
Dem Abend entgegen eile.
Wenn ich also länger weile,
Daß ich nicht hinnen gehe,
Daran geschieht mir wehe:
Denn eil ich nicht von hinnen bald,
Und benacht ich in dem Wald,
So ists um mich geschehen.
Nun seh ich bei mir stehen
Viel hoher Berg und Felsen hier:
Von denen will ich einen mir
Erklimmen, so ich kann und mag,
So lange mir noch scheint der Tag,
Ob nicht ein Gebäude da
Stehe fern oder nah,
Wo ich Leute finde
Als deren Ingesinde
Ich möge leben und gedeihn
Wie es immer möge sein.«
So stand er auf und gieng hindann.
Rock und Mantel hatt er an
Von edelm Pfellel, der war
Von Gewürke wunderbar:
Es hatte Sarazenenhand
Mit seinen Börtlein dieß Gewand
Zu aller Augen Preise
Nach heidnischer Weise
Gar künstlich durchwoben;