Kitabı oku: «Der Freigeist», sayfa 4
Zweiter Auftritt
Adrast. Theophan. Araspe.
Adrast (erstaunend). Himmel! Araspe hier?
Theophan. Adrast, ich habe das Vergnügen, Ihnen in dem Herrn Araspe meinen Vetter vorzustellen.
Adrast. Wie? Araspe Ihr Vetter?
Araspe. Oh! wir kennen einander schon. Es ist mir angenehm, Herr
Adrast, Sie hier zu sehen.
Adrast. Ich bin bereits die ganze Stadt nach Ihnen durchgerannt. Sie wissen, wie wir miteinander stehen, und ich wollte Ihnen die Mühe ersparen, mich aufzusuchen.
Araspe. Es wäre nicht nötig gewesen. Wir wollen von unserer Sache ein andermal sprechen. Theophan hat es auf sich genommen.—
Adrast. Theophan? Ha! nun ist es klar.—
Theophan. Was ist klar, Adrast? (Ruhig.)
Adrast. Ihre Falschheit, Ihre List—
Theophan (zum Araspe). Wir halten uns zu lange hier auf. Lisidor, lieber Vetter, wird Sie mit Schmerzen erwarten. Erlauben Sie, daß ich Sie zu ihm führe.—(Zum Adrast.) Darf ich bitten, Adrast, daß Sie einen Augenblick hier verziehen? Ich will den Araspe nur heraufbegleiten; ich werde gleich wieder hier sein.
Araspe. Wenn ich Ihnen raten darf, Adrast, so sein Sie gegen meinen
Vetter nicht ungerecht.—
Theophan. Er wird es nicht sein. Kommen Sie nur.
(Theophan und Araspe gehen ab.)
Dritter Auftritt
Adrast (bitter). Nein, gewiß, ich werde es auch nicht sein! Er ist unter allen seinesgleichen, die ich noch gekannt habe, der hassenswürdigste! Diese Gerechtigkeit will ich ihm widerfahren lassen. Er hat den Araspe ausdrücklich meinetwegen kommen lassen: das ist unleugbar. Es ist mir aber doch lieb, daß ich ihm nie einen redlichen Tropfen Bluts zugetrauet, und seine süßen Reden jederzeit für das gehalten habe, was sie sind.—
Vierter Auftritt
Adrast. Johann.
Johann. Nun? haben Sie den Araspe gefunden?
Adrast. Ja. (Noch bitter.)
Johann. Geht's gut?
Adrast. Vortrefflich.
Johann. Ich hätte es ihm auch raten wollen, daß er die geringste
Schwierigkeit gemacht hätte!—Und er hat doch schon wieder seinen
Abschied genommen?
Adrast. Verzieh nur: er wird uns gleich den unsrigen bringen.
Johann. Er den unsrigen?—Wo ist Araspe?—
Adrast. Beim Lisidor.
Johann. Araspe beim Lisidor? Araspe?
Adrast. Ja, Theophans Vetter.
Johann. Was frage ich nach des Narren Vetter? Ich meine Araspen.—
Adrast. Den meine ich auch.
Johann. Aber—
Adrast. Aber siehst du denn nicht, daß ich rasend werden möchte? Was plagst du mich noch? Du hörst ja, daß Theophan und Araspe Vettern sind.
Johann. Zum erstenmal in meinem Leben.—Vettern? Ei! desto besser; unsere Wechsel bleiben also in der Freundschaft, und Ihr neuer Herr Schwager wird dem alten Herrn Vetter schon zureden—
Adrast. Du Dummkopf!—Ja, er wird ihm zureden, mich ohne Nachsicht unglücklich zu machen.—Bist du denn so albern, es für einen Zufall anzusehen, daß Araspe hier ist? Siehst du denn nicht, daß es Theophan muß erfahren haben, wie ich mit seinem Vetter stehe? daß er ihm Nachricht von meinen Umständen gegeben hat? daß er ihn gezwungen hat, über Hals über Kopf eine so weite Reise zu tun, um die Gelegenheit ja nicht zu versäumen, meinen Ruin an den Tag zu bringen, und mir dadurch die letzte Zuflucht, die Gunst des Lisidors, zu vernichten?
Johann. Verdammt! wie gehen mir die Augen auf! Sie haben recht. Kann ich Esel denn, wenn von einem Geistlichen die Rede ist, nicht gleich auf das Allerboshafteste fallen?—Ha! wenn ich doch die Schwarzröcke auf einmal zu Pulver stampfen und in die Luft schießen könnte! Was für Streiche haben sie uns nicht schon gespielt! Der eine hat uns um manches Tausend Taler gebracht: das war der ehrwürdige Gemahl Ihrer lieben Schwester. Der andere—
Adrast. Oh! fange nicht an, mir meine Unfälle vorzuzählen. Ich will sie bald geendigt sehen. Alsdann will ich es doch abwarten, was mir das Glück noch nehmen kann, wann ich nichts mehr habe.
Johann. Was es Ihnen noch nehmen kann, wann Sie nichts mehr haben? Das will ich Ihnen gleich sagen: Mich wird es Ihnen alsdann noch nehmen.
Adrast. Ich verstehe dich, Holunke!—
Johann. Verschwenden Sie Ihren Zorn nicht an mir. Hier kömmt der, an welchem Sie ihn besser anwenden können.
Fünfter Auftritt
Theophan. Adrast. Johann.
Theophan. Ich bin wieder hier, Adrast. Es entfielen Ihnen vorhin einige Worte von Falschheit und List.—
Adrast. Beschuldigungen entfallen mir niemals. Wenn ich sie vorbringe, bringe ich sie mit Vorsatz und Überlegung vor.
Theophan. Aber eine nähere Erklärung—
Adrast. Die fodern Sie nur von sich selbst.
Johann (die ersten Worte beiseite). Hier muß ich hetzen.—Ja, ja, Herr Theophan! es ist schon bekannt, daß Ihnen mein Herr ein Dorn in den Augen ist.
Theophan. Adrast, haben Sie es ihm befohlen, an Ihrer Stelle zu antworten?
Johann. So? auch meine Verteidigung wollen Sie ihm nicht gönnen? Ich will doch sehen, wer mir verbieten soll, mich meines Herrn anzunehmen.
Theophan. Lassen Sie es ihn doch sehen, Adrast.
Adrast. Schweig!
Johann. Ich sollte—
Adrast. Noch ein Wort! (Drohend.)
Theophan. Nunmehr darf ich die Bitte um eine nähere Erklärung doch wohl wiederholen? Ich weiß sie mir selbst nicht zu geben.
Adrast. Erklären Sie sich denn gerne näher, Theophan?
Theophan. Mit Vergnügen, sobald es verlangt wird.
Adrast. Ei! so sagen Sie mir doch, was wollte denn Araspe, bei Gelegenheit dessen, was Sie schon wissen, mit den Worten sagen:
Theophan hat es auf sich genommen?
Theophan. Darüber sollte sich Araspe eigentlich erklären. Doch ich kann es an seiner Statt tun. Er wollte sagen, daß er mir Ihre Wechsel zur Besorgung übergeben habe.
Adrast. Auf Ihr Anliegen?
Theophan. Das kann wohl sein.
Adrast. Und was haben Sie beschlossen, damit zu tun?
Theophan. Sie sind Ihnen ja noch nicht vorgewiesen worden? Können wir etwas beschließen, ehe wir wissen, was Sie darauf tun wollen?
Adrast. Kahle Ausflucht! Ihr Vetter weiß es längst, was ich darauf tun kann.
Theophan. Er weiß, daß Sie ihnen Genüge tun können. Und sind Sie alsdann nicht auseinander?
Adrast. Sie spotten.
Theophan. Ich bin nicht Adrast.
Adrast. Setzen Sie aber den Fall,—und Sie können ihn sicher setzen,– daß ich nicht imstande wäre zu bezahlen: was haben Sie alsdenn beschlossen?
Theophan. In diesem Falle ist noch nichts beschlossen.
Adrast. Aber was dürfte beschlossen werden?
Theophan. Das kömmt auf Araspen an. Doch sollte ich meinen, daß eine einzige Vorstellung, eine einzige höfliche Bitte bei einem Manne, wie Araspe ist, viel ausrichten könne.
Johann. Nachdem die Ohrenbläser sind.—
Adrast. Muß ich es noch einmal sagen, daß du schweigen sollst?
Theophan. Ich würde mir ein wahres Vergnügen machen, wenn ich Ihnen durch meine Vermittelung einen kleinen Dienst dabei erzeigen könnte.
Adrast. Und Sie meinen, daß ich Sie mit einer demütigen Miene, mit einer kriechenden Liebkosung, mit einer niederträchtigen Schmeichelei darum ersuchen solle? Nein, so will ich Ihre Kitzelung über mich nicht vermehren. Wenn Sie mich mit dem ehrlichsten Gesichte versichert hätten, Ihr möglichstes zu tun, so würden Sie in einigen Augenblicken mit einer wehmütigen Stellung wiederkommen, und es bedauern, daß Ihre angewandte Mühe umsonst sei? Wie würden sich Ihre Augen an meiner Verwirrung weiden!
Theophan. Sie wollen mir also keine Gelegenheit geben, das Gegenteil zu beweisen?—Es soll Ihnen nur ein Wort kosten.
Adrast. Nein, auch dieses Wort will ich nicht verlieren. Denn kurz,– und hier haben Sie meine nähere Erklärung:—Araspe würde, ohne Ihr Anstiften, nicht hiehergekommen sein. Und nun, da Sie Ihre Mine, mich zu sprengen, so wohl angelegt hätten, sollten Sie durch ein einziges Wort können bewogen werden, sie nicht springen zu lassen? Führen Sie Ihr schönes Werk nur aus.
Theophan. Ich erstaune über Ihren Verdacht nicht. Ihre Gemütsart hat mich ihn vorhersehen lassen. Aber gleichwohl ist es gewiß, daß ich ebensowenig gewußt habe, daß Araspe Ihr Gläubiger sei, als Sie gewußt haben, daß er mein Vetter ist.
Adrast. Es wird sich zeigen.
Theophan. Zu Ihrem Vergnügen, hoffe ich.—Heitern Sie Ihr Gesicht nur auf, und folgen Sie mir mit zu der Gesellschaft.—
Adrast. Ich will sie nicht wieder sehen.
Theophan. Was für ein Entschluß! Ihren Freund, Ihre Geliebte—
Adrast. Wird mir wenig kosten, zu verlassen. Sorgen Sie aber nur nicht, daß es eher geschehen soll, als bis Sie befriediget sind. Ich will Ihren Verlust nicht, und sogleich noch das letzte Mittel versuchen.—
Theophan. Bleiben Sie, Adrast.—Es tut mir leid, daß ich Sie nicht gleich den Augenblick aus aller Ihrer Unruhe gerissen habe.—Lernen Sie meinen Vetter besser kennen, (indem er die Wechsel hervorzieht) und glauben Sie gewiß, wenn Sie schon von mir das Allernichtswürdigste denken wollen, daß wenigstens er ein Mann ist, der Ihre Hochachtung verdient. Er will Sie nicht anders, als mit dem sorglosesten Gesichte sehen, und gibt Ihnen deswegen Ihre Wechsel hier zurück. (Er reicht sie ihm dar.) Sie sollen sie selbst so lange verwahren, bis Sie ihn nach Ihrer Bequemlichkeit deswegen befriedigen können. Er glaubt, daß sie ihm in Ihren Händen ebenso sicher sind, als unter seinem eigenen Schlosse. Sie haben den Ruhm eines ehrlichen Mannes, wenn Sie schon den Ruhm eines frommen nicht haben.
Adrast (stutzig, indem er des Theophans Hand zurückstößt). Mit was für einem neuen Fallstricke drohen Sie mir? Die Wohltaten eines Feindes—
Theophan. Unter diesem Feinde verstehen Sie mich; was aber hat Araspe mit Ihrem Hasse zu tun? Er ist es, nicht ich, der Ihnen diese geringschätzige Wohltat erzeigen will; wenn anders eine armselige Gefälligkeit diesen Namen verdient.—Was überlegen Sie noch? Hier, Adrast! nehmen Sie Ihre Handschriften zurück!
Adrast. Ich will mich wohl dafür hüten.
Theophan. Ich bitte Sie, lassen Sie mich nicht unverrichteter Sache zu einem Manne zurückkommen, der es mit Ihnen gewiß redlich meinet. Er würde die Schuld seines verachteten Anerbietens auf mich schieben. (Indem er ihm die Wechsel aufs neue darreicht, reißt sie ihm Johann aus der Hand.)
Johann. Ha! ha! mein Herr, in wessen Händen sind die Wechsel nun?
Theophan (gelassen). In den deinigen, ohne Zweifel. Immer bewahre sie, anstatt deines Herrn.
Adrast (geht wütend auf den Bedienten los). Infamer! es kostet dein
Leben—
Theophan. Nicht so hitzig, Adrast.
Adrast. Den Augenblick gib sie ihm zurück! (Er nimmt sie ihm weg.)
Geh mir aus den Augen!
Johann. Nun, wahrhaftig!—
Adrast. Wo du noch eine Minute verziehst—(Er stößt ihn fort.)
Sechster Auftritt
Theophan. Adrast.
Adrast. Ich muß mich schämen, Theophan; ich glaube aber nicht, daß
Sie so gar weit gehen, und mich mit meinem Bedienten vermengen werden.-
–Nehmen Sie es zurück, was man Ihnen rauben wollte.—
Theophan. Es ist in der Hand, in der es sein soll.
Adrast. Nein. Ich verachte Sie viel zu sehr, als daß ich Sie abhalten sollte, eine niederträchtige Tat zu begehen.
Theophan. Das ist empfindlich! (Er nimmt die Wechsel zurück.)
Adrast. Es ist mir lieb, daß Sie mich nicht gezwungen, sie Ihnen vor die Füße zu werfen. Wenn sie wieder in meine Hände zurückkommen sollen, so werde ich anständigere Mittel dazu finden. Finde ich aber keine, so ist es ebendas. Sie werden sich freuen, mich zugrunde zu richten, und ich werde mich freuen, Sie von ganzem Herzen hassen zu können.
Theophan. Es sind doch wirklich Ihre Wechsel, Adrast? (Indem er sie aufschlägt und ihm zeigt.)
Adrast. Sie glauben etwa, daß ich sie leugnen werde?—
Theophan. Das glaube ich nicht; ich will bloß gewiß sein. (Er zerreißt sie gleichgültig.)
Adrast. Was machen Sie, Theophan?
Theophan. Nichts. (Indem er die Stücken in die Szene wirft.) Ich vernichte eine Nichtswürdigkeit, die einen Mann, wie Adrast ist, zu so kleinen Reden verleiten kann.
Adrast. Aber sie gehören nicht Ihnen.—
Theophan. Sorgen Sie nicht; ich tue, was ich verantworten kann.—
Bestehet Ihr Verdacht noch? (Geht ab.)
Siebenter Auftritt
Adrast (sieht ihm einige Augenblicke nach). Was für ein Mann! Ich habe tausend aus seinem Stande gefunden, die unter der Larve der Heiligkeit betrogen; aber noch keinen, der es, wie dieser, unter der Larve der Großmut, getan hätte.—Entweder er sucht mich zu beschämen, oder zu gewinnen. Keines von beiden soll ihm gelingen. Ich habe mich, zu gutem Glücke, auf einen hiesigen Wechsler besonnen, mit dem ich, bei bessern Umständen, ehemals Verkehr hatte. Er wird hoffentlich glauben, daß ich mich noch in ebendenselben befinde, und wenn das ist, mir ohne Anstand die nötige Summe vorschießen. Ich will ihn aber deswegen nicht zum Bocke machen, über dessen Hörner ich aus dem Brunnen springe. Ich habe noch liegende Gründe, die ich mit Vorteil verkaufen kann, wenn mir nur Zeit gelassen wird. Ich muß ihn aufsuchen.—
Achter Auftritt
Henriette. Adrast.
Henriette. Wo stecken Sie denn, Adrast? Man hat schon zwanzigmal nach Ihnen gefragt. Oh! schämen Sie sich, daß ich Sie zu einer Zeit suchen muß, da Sie mich suchen sollten. Sie spielen den Ehemann zu zeitig. Doch getrost! vielleicht spielen Sie dafür den Verliebten alsdann, wann ihn andre nicht mehr spielen.
Adrast. Erlauben Sie, Mademoiselle; ich habe nur noch etwas Nötiges außer dem Hause zu besorgen.
Henriette. Was können Sie jetzt Nötigers zu tun haben, als um mich zu sein?
Adrast. Sie scherzen.
Henriette. Ich scherze?—Das war ein allerliebstes Kompliment!
Adrast. Ich mache nie welche.
Henriette. Was für ein mürrisches Gesicht!—Wissen Sie, daß wir uns über diese mürrischen Gesichter zanken werden, noch ehe uns die Trauung die Erlaubnis dazu erteilt?
Adrast. Wissen Sie, daß ein solcher Einfall in Ihrem Munde nicht eben der artigste ist?
Henriette. Vielleicht, weil Sie glauben, daß die leichtsinnigen Einfälle nur in Ihrem Munde wohl lassen? Unterdessen haben Sie doch wohl kein Privilegium darüber?
Adrast. Sie machen Ihre Dinge vortrefflich. Ein Frauenzimmer, das so fertig antworten kann, ist sehr viel wert.
Henriette. Das ist wahr; denn wir schwachen Werkzeuge wissen sonst den Mund am allerwenigsten zu gebrauchen.
Adrast. Wollte Gott!
Henriette. Ihr treuherziges Wollte Gott! bringt mich zum Lachen, so sehr ich auch böse sein wollte. Ich bin schon wieder gut, Adrast.
Adrast. Sie sehen noch einmal so reizend aus, wenn Sie böse sein wollen; denn es kömmt doch selten weiter damit, als bis zur Ernsthaftigkeit, und diese läßt Ihrem Gesichte um so viel schöner, je fremder sie in demselben ist. Eine beständige Munterkeit, ein immer anhaltendes Lächeln wird unschmackhaft.
Henriette (ernsthaft). Oh! mein guter Herr, wenn das Ihr Fall ist, ich will es Ihnen schmackhaft genug machen.
Adrast. Ich wollte wünschen,—denn noch habe ich Ihnen nichts vorzuschreiben,—
Henriette. Dieses Noch ist mein Glück. Aber was wollten Sie denn wünschen?
Adrast. Daß Sie sich ein klein wenig mehr nach dem Exempel Ihrer ältesten Mademoisell Schwester richten möchten. Ich verlange nicht, daß Sie ihre ganze sittsame Art an sich nehmen sollen; wer weiß, ob sie Ihnen so anstehen würde?—
Henriette. St! die Pfeife verrät das Holz, woraus sie geschnitten ist. Lassen Sie doch hören, ob meine dazu stimmt?
Adrast. Ich höre.
Henriette. Es ist recht gut, daß Sie auf das Kapitel von Exempeln gekommen sind. Ich habe Ihnen auch einen kleinen Vers daraus vorzupredigen.
Adrast. Was für eine Art sich auszudrücken!
Henriette. Hum! Sie denken, weil Sie nichts vom Predigen halten. Sie werden finden, daß ich eine Liebhaberin davon bin. Aber hören Sie nur:—(In seinem vorigen Tone.) Ich wollte wünschen,—denn noch habe ich Ihnen nichts vorzuschreiben,—
Adrast. Und werden es auch niemals haben.
Henriette. Ja so!—Streichen Sie also das weg.—Ich wollte wünschen, daß Sie sich ein klein wenig mehr nach dem Exempel des Herrn Theophans bilden möchten. Ich verlange nicht, daß Sie seine ganze gefällige Art an sich nehmen sollen, weil ich nichts Unmögliches verlangen mag; aber so etwas davon würde Sie um ein gut Teil erträglicher machen. Dieser Theophan, der nach weit strengern Grundsätzen lebt, als die Grundsätze eines gewissen Freigeistes sind, ist allezeit aufgeräumt und gesprächig. Seine Tugend, und noch sonst etwas, worüber Sie aber lachen werden, seine Frömmigkeit—Lachen Sie nicht?
Adrast. Lassen Sie sich nicht stören. Reden Sie nur weiter. Ich will unterdessen meinen Gang verrichten, und gleich wieder hier sein. (Geht ab.)
Henriette. Sie dürfen nicht eilen. Sie kommen, wann Sie kommen: Sie werden mich nie wieder so treffen.—Welche Grobheit! Soll ich mich wohl darüber erzürnen?—Ich will mich besinnen. (Geht auf der andern Seite ab.)
(Ende des dritten Aufzuges.)
Vierter Aufzug
Erster Auftritt
Juliane. Henriette. Lisette.
Henriette. Sage was du willst; sein Betragen ist nicht zu entschuldigen.
Juliane. Davon würde sich alsdann erst urteilen lassen, wann ich auch seine Gründe gehört hätte. Aber, meine liebe Henriette, willst du mir wohl eine kleine schwesterliche Ermahnung nicht übelnehmen?
Henriette. Das kann ich dir nicht voraus sagen. Wenn sie dahin abzielen sollte, wohin ich mir einbilde—
Juliane. Ja, wenn du mit deinen Einbildungen dazu kömmst—
Henriette. Oh! ich bin mit meinen Einbildungen recht wohl zufrieden. Ich kann ihnen nicht nachsagen, daß sie mich jemals sehr irregeführt hätten.
Juliane. Was meinst du damit?
Henriette. Muß man denn immer etwas meinen? Du weißt ja wohl, Henriette schwatzt gerne in den Tag hinein, und sie erstaunt allezeit selber, wenn sie von ohngefähr ein Pünktchen trifft, welches das Pünktchen ist, das man nicht gerne treffen lassen möchte.
Juliane. Nun höre einmal, Lisette!
Henriette. Ja, Lisette, laß uns doch hören, was das für eine schwesterliche Ermahnung ist, die sie mir erteilen will.
Juliane. Ich dir eine Ermahnung?
Henriette. Mich deucht, du sprachst davon.
Juliane. Ich würde sehr übel tun, wenn ich dir das geringste sagen wollte.
Henriette. Oh! ich bitte—
Juliane. Laß mich!
Henriette. Die Ermahnung, Schwesterchen!—
Juliane. Du verdienst sie nicht.
Henriette. So erteile sie mir ohne mein Verdienst.
Juliane. Du wirst mich böse machen.
Henriette. Und ich,—ich bin es schon. Aber denke nur nicht, daß ich es über dich bin. Ich bin es über niemanden, als über den Adrast.
Und was mich unversöhnlich gegen ihn macht, ist dieses, daß meine Schwester seinetwegen gegen mich ungerecht werden muß.
Juliane. Von welcher Schwester sprichst du?
Henriette. Von welcher?—von der, die ich gehabt habe.
Juliane. Habe ich dich jemals so empfindlich gesehen!—Du weißt es,
Lisette, was ich gesagt habe.
Lisette. Ja, das weiß ich; und es war wirklich weiter nichts, als eine unschuldige Lobrede auf den Adrast, an der ich nur das auszusetzen hatte, daß sie Mamsell Henrietten eifersüchtig machen mußte.
Juliane. Eine Lobrede auf Adrasten?
Henriette. Mich eifersüchtig?
Lisette. Nicht so stürmisch!—So geht's den Leuten, die mit der
Wahrheit geradedurch wollen: sie machen es niemanden recht.
Henriette. Mich eifersüchtig? Auf Adrasten eifersüchtig? Ich werde, von heute an, den Himmel um nichts inbrünstiger anflehen, als um die Errettung aus den Händen dieses Mannes.
Juliane. Ich? eine Lobrede auf Adrasten? Ist das eine Lobrede, wenn ich sage, daß ein Mann einen Tag nicht wie den andern aufgeräumt sein kann? Wenn ich sage, daß Adrasten die Bitterkeit, worüber meine Schwester klagt, nicht natürlich ist und daß sie ein zugestoßener Verdruß bei ihm müsse erregt haben? Wenn ich sage, daß ein Mann, wie er, der sich mit finsteren Nachdenken vielleicht nur zu sehr beschäftiget—