Kitabı oku: «Strafrecht Besonderer Teil», sayfa 19

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2. Subjektiver Tatbestand

15

Beide Handlungsalternativen des § 123 Abs. 1 setzen vorsätzliches Handeln des Täters voraus; ausreichend ist bedingter Vorsatz.[39]

II. Schwerer Hausfriedensbruch (§ 124)

1. Objektiver Tatbestand

16

§ 124 qualifiziert allein § 123 Abs. 1 1. Alt. dadurch, dass eine Menschenmenge, die sich öffentlich und in der Absicht, Gewalttätigkeiten gegen Personen oder Sachen zu begehen, zusammengerottet hat, in eine der geschützten Örtlichkeiten (vgl. Rn. 3 ff.) eindringt.

17

Eine Menschenmenge ist eine Mehrheit von Personen, deren Zahl nicht mehr sofort überschaubar ist und die für einen Außenstehenden als räumlich verbundenes Ganzes erscheint. Der zur Menschenmenge gehörende Personenkreis muss so groß sein, dass es auf das Hinzukommen oder Weggehen eines einzelnen Menschen nicht mehr ankommt.[40] Eine Menschenmenge rottet sich zusammen, wenn sie zu einem gewaltsamen oder bedrohlichem Zweck zusammentritt, wobei der friedensstörende Wille äußerlich erkennbar sein muss.[41]

18

§ 124 erfordert die Teilnahme an solchen Handlungen, d.h. der Täter muss sowohl an der Zusammenrottung als auch an dem Eindringen teilnehmen und dadurch die von der Zusammenrottung ausgehende Gefahr steigern.[42] Ausreichend hierfür ist, dass dem Täter das Eindringen anderer zugerechnet werden kann.[43]

2. Subjektiver Tatbestand

19

Tatbestand erfordert zumindest bedingten Vorsatz. Die Absicht zur Begehung von Gewalttaten muss der Täter nicht in eigener Person aufweisen; es genügt, wenn die entsprechende Absicht anderer von seinem (bedingten) Vorsatz umfasst ist.[44]

C. Täterschaft und Teilnahme, Begehung durch Unterlassen, Konkurrenzen sowie Verfolgbarkeit

20

Nach h.M. handelt es sich bei § 123 nicht um ein eigenhändiges Delikt, so dass die §§ 25 ff. ohne jede Einschränkung anwendbar sind.[45]

Beachte:

Die Begehung der Tatmodalität des Eindringens (§ 123 Abs. 1 1. Alt.) durch unechtes Unterlassen ist nur möglich, wenn ein Garant, dem die Beaufsichtigung eines anderen obliegt, das Betreten einer geschützten Örtlichkeit durch diesen nicht verhindert.[46]

21

Demgegenüber dringt nach h.M. auch derjenige durch Unterlassen ein, der einen geschützten Raum, den er zuvor erlaubt, unvorsätzlich, gerechtfertigt oder entschuldigt betreten hat, nicht verlässt, obwohl er erkennt, dass seine Berechtigung erloschen, er einem Irrtum erlegen, der Rechtfertigungs- oder Entschuldigungsgrund weggefallen ist.[47] Dies hat freilich eine Umgehung der in § 123 Abs. 1 2. Alt. formulierten Strafbarkeitsvoraussetzungen zur Folge[48] und ist daher abzulehnen.

22

§ 123 Abs. 1 2. Alt ist gegenüber § 123 Abs. 1 1. Alt. subsidiär.[49] Als typische Begleittat wird § 123 Abs. 1 von §§ 242, 243 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und 244 Abs. 1 Nr. 3 konsumiert (vgl. § 35 Rn. 187). Tateinheit (§ 52) kommt mit Delikten in Betracht, die der Begründung oder der Aufrechterhaltung des Hausfriedensbruchs dienen sollen (z.B. §§ 113, 223, 303), während Straftaten, die durch Hausfriedensbruch erst ermöglicht werden sollen (z.B. §§ 177 Abs. 1, Abs. 2 Satz 2 Nr. 1, 242, 249), zu diesem in Realkonkurrenz (§ 53) stehen.[50] Gleiches gilt, wenn der Täter während des widerrechtlichen Zustands eine Straftat begeht, die mit dem Hausfriedensbruch in keinem Zusammenhang steht.[51] Gegenüber § 123 Abs. 1 ist § 124 das speziellere Delikt. Tateinheit von § 124 und § 125 ist möglich[52]; dem steht die Subsidiaritätsklausel des § 125 nicht entgegen.[53]

23

Der Hausfriedensbruch ist ein absolutes Antragsdelikt, d.h. die Tat wird nur auf Antrag verfolgt (§ 123 Abs. 2; vgl. § 50 Rn. 2 und 4). Antragsberechtigt ist der Inhaber des Hausrechts, bei mehreren Inhabern jeder für sich.[54] Die Befugnis der Ausübung des Hausrechts umfasst nicht ohne Weiteres die Übertragung der Antragsbefugnis.[55]

D. Kontrollfragen

24


1. Handelt es sich bei einer offenen Kaufhauspassage um eine von § 123 Abs. 1 geschützte Örtlichkeit? → Rn. 4
2. Ist eine Tatbegehung des § 123 Abs. 1 1. Alt. durch Unterlassen möglich? → Rn. 22 f.
3. Wie wird das Merkmal „Menschenmenge“ i.S. des § 124 definiert? → Rn. 19

Aufbauschemata §§ 123 und 124


1. § 123 Abs. 1 a) Tatbestand (1) Objektiver Tatbestand (aa) Wohnung, Geschäftsraum, befriedetes Besitztum, abgeschlossener, zum öffentlichen Dienst oder Verkehr bestimmter Raum (bb) Eindringen oder Verweilen trotz Aufforderung zum Verlassen (2) Subjektiver Tatbestand – Vorsatz b) Rechtswidrigkeit c) Schuld d) Besondere Strafverfolgungsvoraussetzungen (§ 123 Abs. 2; vgl. § 50 Rn. 1 ff.)
2. § 124 a) Tatbestand (1) Objektiver Tatbestand (aa) Wohnung, Geschäftsraum, befriedetes Besitztum, abgeschlossener, zum öffentlichen Dienst oder Verkehr bestimmter Raum (bb) Menschenmenge, die sich öffentlich in der Absicht zusammenrottet, Gewalttätigkeiten zu begehen (cc) Eindringen der Menschenmenge (dd) Teilnahme an Zusammenrotten und Eindringen (2) Subjektiver Tatbestand – Vorsatz b) Rechtswidrigkeit c) Schuld

Empfehlungen zur vertiefenden Lektüre:

Leitentscheidungen: BGHSt 21, 224 – „Zeitschriftenwerberfall“; OLG Oldenburg NJW 1985, 1352 – „Kaufhauspassagenfall

Aufsätze: Geppert, Zu einigen immer wiederkehrenden Streitfragen im Rahmen des Hausfriedensbruches (§ 123 StGB), Jura 1989, 378

Anmerkungen

[1]

OLG Hamm NJW 1982, 2676, 2677; Otto § 35 Rn. 1.

[2]

Otto § 35 Rn. 21.

[3]

SK/Rudolphi/Stein § 124 Rn. 1.

[4]

Lackner/Kühl § 123 Rn. 6.

[5]

Lackner/Kühl § 123 Rn. 3; Wessels/Hettinger/Engländer Rn. 579.

[6]

Lackner/Kühl § 123 Rn. 3.

[7]

BGH NStZ 2020, 484.

[8]

OLG Oldenburg NJW 1985, 1352 – „Kaufhauspassagenfall“; MüKo/Wieck-Noodt § 123 Rn 12; a.A. K. Amelung NJW 1986, 2075, 2079.

[9]

OLG Oldenburg NJW 1985, 1352 – „Kaufhauspassagenfall“.

[10]

OLG Hamburg Urteil vom 3. Juni 2020 – 2 Rev 13/20.

[11]

BayObLG NJW 1995, 269, 271: keine funktionale Anbindung.

[12]

Wessels/Hettinger/Engländer Rn. 579.

[13]

MüKo/Wieck-Noodt § 123 Rn 14; Otto § 35 Rn. 6.

[14]

OLG Hamm NJW 1982, 2676, 2677; AG Wiesbaden NJW 1991, 188.

[15]

OLG Frankfurt NJW 2006, 1746, 1747; MüKo/Wieck-Noodt § 123 Rn 12.

[16]

OLG Frankfurt NJW 2006, 1746, 1747.

[17]

OLG Frankfurt NJW 2006, 1746, 1747.

[18]

BGHSt 30, 350, 353; OLG Jena NJW 2006, 1892.

[19]

Lackner/Kühl § 123 Rn. 4.

[20]

OLG Hamburg NStZ 2005, 276.

[21]

MüKo/Wieck-Noodt § 123 Rn 25; SK/Rudolphi/Stein § 123 Rn. 12a; Geppert Jura 1989, 378, 379.

[22]

Lackner/Kühl § 123 Rn. 2

[23]

LG Hamburg NJW 2006, 2131.

[24]

Otto § 35 Rn. 2.

[25]

MüKo/Wieck-Noodt § 123 Rn 38.

[26]

OLG Düsseldorf NJW 1991, 186, 187.

[27]

OLG Hamburg NJW 2006, 2131.

[28]

Geppert Jura 1989, 378, 380.

[29]

Otto § 35 Rn. 10; a.A. SK/Rudolphi/Stein § 123 Rn. 18b: kein wirksames Einverständnis.

[30]

Wessels/Hettinger/Engländer Rn. 595; Heinrich JR 1997, 89, 92 ff.

[31]

OLG Hamm NJW 1965, 2067, 2068.

[32]

Wessels/Hettinger/Engländer Rn. 590 f.

[33]

Krey/Hellmann Rn. 541; Geppert Jura 1989, 378, 381.

[34]

Geppert Jura 1989, 378, 381.

[35]

MüKo/Wieck-Noodt § 123 Rn 49; Kühl JuS 2007, 497, 498.

[36]

BGHSt 21, 224, 226 f. – „Zeitschriftenwerberfall“.

[37]

BGHSt 21, 224, 226 – „Zeitschriftenwerberfall“.

[38]

Geppert Jura 1989, 378, 382.

[39]

Lackner/Kühl § 123 Rn. 11.

[40]

BGHSt 33, 306, 308; BGH NStZ 1993, 538; LG Frankfurt a.M. StV 1983, 463 f.; Otto § 35 Rn. 22.

[41]

Lackner/Kühl § 121 Rn. 3; Otto § 35, Rn. 22.

[42]

Lackner/Kühl § 124 Rn. 3 und 4; Otto § 35 Rn. 23.

[43]

Lackner/Kühl § 124 Rn. 4; Schönke/Schröder/Lenckner/Sternberg-Lieben § 124 Rn. 19.

[44]

MüKo/Wieck-Noodt § 124 Rn 20; Otto § 35 Rn. 24.

[45]

Geppert Jura 1989, 378, 379; a.A. Herzberg ZStW 82 [1970], 896, 927.

[46]

SK/Rudolphi/Stein § 123 Rn. 19f.; Otto § 35 Rn. 11.

[47]

BGHSt 21, 224, 225 f. – „Zeitschriftenwerberfall“; Schönke/Schröder/Lenckner/Sternberg-Lieben § 123 Rn. 13; Wessels/Hettinger/Engländer Rn. 592.

[48]

Geppert Jura 1989, 378, 382.

[49]

BGHSt 21, 224, 225 – „Zeitschriftenwerberfall“; Lackner/Kühl § 123 Rn. 13.

[50]

BGHSt 18, 29, 32 f.; a.A. Schönke/Schröder/Lenckner/Sternberg-Lieben § 123 Rn. 36: Tateinheit.

[51]

Schönke/Schröder/Lenckner/Sternberg-Lieben § 123 Rn. 36.

[52]

Lackner/Kühl § 124 Rn. 6; Otto § 35 Rn. 25.

[53]

Zu dieser vgl. BGHSt 43, 237.

[54]

Schönke/Schröder/Lenckner/Sternberg-Lieben § 123 Rn. 38.

[55]

OLG Brandenburg NJW 2002, 693.

Teil I: Delikte gegen die Person und die Allgemeinheit › Kapitel 4. Beleidigung, Üble Nachrede und Verleumdung

Kapitel 4. Beleidigung, Üble Nachrede und Verleumdung

1

Der Vierzehnte Abschnitt des StGB regelt die Strafbarkeit von Ehrverletzungen. Diese können durch Tatsachenbehauptungen und Werturteile begangen werden. In Frage kommen Äußerungen gegenüber dem Beleidigten selbst und gegenüber Dritten.

2

Die Äußerung von Werturteilen fällt immer allein in den Bereich des § 185. Bei Tatsachenbehauptungen gegenüber dem Beleidigten kommt ebenfalls nur § 185 in Betracht. Erfolgen sie gegenüber Dritten, so muss differenziert werden: Ist die Tatsache wahr, kann wiederum nur § 185 einschlägig sein. Ist sie nachweisbar unwahr, greift § 187 ein, bei ihrer Nichterweislichkeit dagegen § 186.

Merke:

Die §§ 186 und 187 kann lediglich erfüllen, wer eine nicht nachweisbare oder gar unwahre Tatsache über einen Betroffenen einem Dritten gegenüber behauptet.

3

Nach h.M. ist § 185 nicht das Grunddelikt der Beleidigungsdelikte, weil dessen Merkmale nicht zwingend bei der Verwirklichung der gleichwohl spezielleren Tatbestände der §§ 186 ff. erfüllt sein müssen. § 185 erfasst diejenigen Ehrverletzungen, die nicht unter § 185 und § 186 fallen.


Systematik der Beleidigungsdelikte
Adressat Tatsachenbehauptung Werturteil
Beleidigter §§ 185, 192 (§ 14 Rn. 5 ff.) § 185 (§ 14 Rn. 5 ff.)
Dritter Tatsache wahr: §§ 185, 192 (§ 14 Rn. 5 ff.) Tatsache nichterweislich: § 186 (§ 15 Rn. 6 ff.) Tatsache unwahr: § 187 (§ 15 Rn. 3 ff.) § 185 (§ 14 Rn. 5 ff.)

Teil I: Delikte gegen die Person und die Allgemeinheit › Kapitel 4. Beleidigung, Üble Nachrede und Verleumdung › § 14. Beleidigung (§ 185)

§ 14. Beleidigung (§ 185)

Inhaltsverzeichnis

A. Grundlagen

B. Tatbestand

C. Rechtswidrigkeit

D. Täterschaft und Teilnahme, Begehung durch Unterlassen, Versuch und Konkurrenzen, Rechtsfolgen sowie Verfolgbarkeit

E. Kontrollfragen

A. Grundlagen

1

Die §§ 185 ff. schützen die Ehre,[1] d.h. den verdienten personalen Achtungsanspruch.[2] Die genaue Bedeutung und die sozialethische Herleitung des geschützten Rechtsguts Ehre sind zwar äußerst umstritten, dies hat jedoch für die Rechtspraxis kaum Bedeutung.[3]

Merke:

Eine Verletzung der Ehre ist anzunehmen, wenn dem Betroffenen zu Unrecht Dinge nachgesagt werden, die, träfen sie zu, seinen Geltungswert minderten.[4]

B. Tatbestand
I. Objektiver Tatbestand

1. Tatobjekte

2

Als Tatobjekte kommen natürliche Personen und Kollektive in Betracht.

3

a) Träger des Rechtsguts ist zunächst ausnahmslos jeder lebende Mensch.[5] Das Andenken Verstorbener genießt hingegen nur im Rahmen des § 189 Schutz. Einzelpersonen können auch unter einer Kollektivbezeichnung beleidigt werden, sofern die Bezeichnung sich auf eine nach äußeren Kennzeichen konkretisierbare Gruppe bezieht.[6]

Beispiele:

Als ausreichend konkretisierte Kollektivbezeichnungen sind angesehen worden: alle aktiven Soldaten;[7] alle Patentanwälte;[8] näher gekennzeichnete Polizeibeamte;[9] nicht hingegen: alle Christen;[10] nicht näher bestimmbare Richter eines großen Gerichts.[11]

4

b) Die §§ 185 ff. schützen nach zutreffender Auffassung aber nicht nur natürliche Personen, sondern auch Personengemeinschaften, Verbände, Behörden und juristische Personen, soweit sie eine rechtlich anerkannte soziale Funktion erfüllen, einen einheitlichen Willen bilden können und in ihrer Existenz nicht vom Wechsel ihrer Mitglieder abhängen.[12] Das wird in der Literatur mit der Begründung bestritten, nur Menschen verfügten über eine Ehre. § 194 Abs. 3 zeigt aber, dass nach dem Willen des Gesetzgebers auch Kollektive, z.B. Behörden, als solche geschützt werden,[13] denn auch sie können schutzwürdiges soziales Ansehen genießen. Eine besondere Familienehre ist nach h.M. hingegen nicht geschützt.[14]

Merke:

Personengemeinschaften und Verbände sind passiv beleidigungsfähig, wenn sie eine anerkannte soziale Funktion erfüllen, einen einheitlichen Willen bilden können und in ihrer Existenz nicht vom Wechsel ihrer Mitglieder abhängen

Beispiele:

Bundeswehr,[15] politische Parteien,[16] Kapitalgesellschaften,[17] Gewerkschaften[18] sowie einzelne Polizeidienststellen;[19] nicht die Polizei im Ganzen.[20]

2. Tathandlung

5

Tathandlung des § 185 1. Alt. ist es, dass der Täter einen anderen (vgl. Rn. 3 ff.) „beleidigt“.

Beachte:

Die Tathandlung kann in dreierlei Weise verwirklicht werden, nämlich durch


erstens ein beleidigendes Werturteil gegenüber dem Betroffenen („Du Lümmel“),
zweitens ein beleidigendes Werturteil über den Betroffenen gegenüber einem Dritten („er ist ein Lümmel“) und

6

a) Die Form der Kundgabe der Missachtung ist unerheblich. Sie kann mündlich, schriftlich, bildlich, symbolisch oder durch schlüssige Handlungen erfolgen. Der Täter muss bewusst in Richtung auf einen anderen etwas äußern, der Betroffene oder ein Dritter dies wahrnehmen.[22] Deshalb scheiden beispielsweise von einem anderen mitgehörte Selbstgespräche oder Tagebuchaufzeichnungen, die später gelesen werden, aus.[23]

7

Bei Äußerungen im engsten Familienkreis oder engster Vertrauensverhältnisse handelt es sich ebenfalls nicht um eine Kundgabe, zumindest dann nicht, wenn die Vertraulichkeit des Gespräches sichergestellt ist.[24] Dem steht auch eine behördlich angeordnete Überwachung der Kommunikation nicht entgegen.[25]

Beispiel:

A schreibt ihrem Bruder B, der inhaftiert ist und Suizidgedanken geäußert hat. Sie tröstet ihn mit dem Hinweis, er müsse bedenken, dass die ihn umgebenden Bediensteten der JVA Kretins seien – keine Beleidigung.[26]

8

Richtigerweise ist in diesen Fällen eine telelogische Reduktion des Tatbestandes geboten, um zu gewährleisten, dass jedermann in seinem engsten Lebensbereich frei reden kann.[27] Dies gilt grundsätzlich auch für die Beziehung zwischen Rechtsanwalt und Mandant,[28] die allerdings nicht generell einen beleidigungsfreien Raum eröffnet. Jedenfalls sind beleidigende Äußerungen des Rechtsanwalts nicht stets straffrei.

Beispiel:

Der Verteidiger A schreibt an seinen in Haft befindlichen Mandanten, der Richter B sei unfähig und faul, an seinem Verstand müsse man mit Fug und Recht zweifeln.[29]

9

b) Gegenstand der Kundgabe kann ein Werturteil oder eine Tatsachenbehauptung sein. Entscheidungserheblich ist die Differenzierung zwischen beiden nur bei der Äußerung gegenüber einem Dritten, weil insoweit lediglich die Kundgabe eines beleidigenden Werturteils i.S. des § 185 tatbestandsmäßig ist. Für die Abgrenzung gelten die gleichen Regeln wie bei § 263, wo ebenfalls zwischen diesen Begriffen zu unterscheiden ist (§ 44 Rn. 8 bis 13).

Merke:

Ein Werturteil ist dann beleidigend, wenn hierdurch die Miss- oder Nichtachtung eines anderen kundgetan wird.

10

Ob eine solche Kundgabe vorliegt, ist eine Frage der jeweiligen Umstände des Einzelfalls. Verallgemeinernde Maßstäbe lassen sich nicht gewinnen; es kommt ganz darauf an, wer was zu wem sagt und unter welchen Umständen dies geschieht.[30] Keine Beleidigungen sind jedenfalls bloße Unhöflich- oder Nachlässigkeiten sowie ehrverletzende Verhaltensweisen, wie etwa das heimliche Beobachten eines Liebespaares in einem öffentlichen Park.[31]

Beispiele für Beleidigungen:

Tippen an die Stirn,[32] Ansinnen von Geschlechtsverkehr gegen Entgelt,[33] die herabsetzend gemeinte Bezeichnung als „Jude“ ,[34] als „Schwuler“,[35] eines Polizisten als „Bulle“;[36] eines Richters als „asozialer Justizverbrecher“, „Provinzverbrecher“ und „Kindesentfremder“,[37] u.U. die Äußerung „Jeder Soldat ist ein potentieller Mörder“.[38]

Beispiele für Nichtbeleidigungen: Provozierende Anrede mit „Du“,[39] Zeigen des „Doppelvogels“[40] und Beobachten eines Liebespaars beim öffentlichen Austausch von Zärtlichkeiten.[41]

11

(1) Nach ganz überwiegender Ansicht kann die Beleidigung einzelner Personen unter einer Kollektivbezeichnung erfolgen, sofern der Kreis der betroffenen Personen klar umgrenzt und die Zuordnung der Einzelnen zweifelsfrei ist.[42]

Beispiele:

„Die Soldaten der Bundeswehr“;[43] „die Patentanwälte“[44] und „die Gesamtheit der jetzt in Deutschland lebenden Juden“;[45] nicht aber „die Christen“,[46] „die Akademiker“[47] oder „alle Soldaten der Welt“.[48]

Beachte:

Die Beleidigung Einzelner unter einer Kollektivbezeichnung darf nicht mit der Beleidigung einer Personengemeinschaft verwechselt werden, bei der diese selbst angegriffen wird (vgl. Rn. 4).

12

Eine Beleidigung unter einer Kollektivbezeichnung liegt auch vor, wenn eine Person aus dem Kollektiv bezeichnet wird, aber offenbleibt, wer gemeint ist, so dass indirekt jeder aus der Gruppe betroffen ist.[49]

Beispiel:

A behauptet, im Stadtrat von X sitze ein korrupter Politiker.

13

(2) Als Kundgabe der Missachtung kommen auch sexualbezogene Handlungen in Betracht. Nach h.M. stellen diese allerdings nur dann eine Beleidigung dar, wenn das Verhalten des Täters über das übliche Erscheinungsbild eines Sexualdelikts hinausgeht und deutlich den Eindruck erweckt, er wolle den Angegriffenen herabsetzen.[50] Sexuelle Äußerungen und Ansinnen stellen nur dann eine beleidigende Herabsetzung der Person dar, wenn der Täter selbst das in Betracht gezogene Verhalten als verwerflich oder ehrenrührig ansieht.[51]

14

(3) Auch die Behauptung einer wahren Tatsache kann den Tatbestand des § 185 als sog. Formalbeleidigung (§ 192) erfüllen. Das ist dann der Fall, wenn sich aus der Form oder den Umständen, unter denen die wahre Tatsache geäußert wird, eine Miss- oder Nichtachtung ergibt.[52]

Beispiel:

A erzählt an der Hochzeitstafel mit lauter Stimme wahre Begebenheiten aus dem sexuellen Vorleben der Braut.

15

(4) Schließlich genügt eine sog. mittelbare Beleidigung, bei der außer dem direkt Betroffenen auch ein Dritter verletzt wird, zur Tatbestandserfüllung.[53]

Beispiel:

Die Bezeichnung eines Menschen als „Hurensohn“ betrifft diesen und seine Mutter.

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