Kitabı oku: «Systemische Organisationsanalyse», sayfa 3

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2. Systemstruktur


2.1 Die Dynamik der Aufmerksamkeit


Abb. 7


Abb. 8


2.1.1 Aufmerksamkeit

In diesem Kapitel wird eine grundlegende Steuerungsdynamik von Menschen und von sozialen Systemen betrachtet. Organisationen »geschehen« da, wo die Aufmerksamkeit hingelenkt wird. Die Lenkung der Aufmerksamkeit ist die Grundlage für Strategien, Strukturen und Kulturen in Organisationen. Dies wird in mehreren Schritten dargestellt. Sie können wieder an ihrer eigenen Erfahrung in diesem Bereich anknüpfen, in dem Sie damit starten zu überlegen, worauf Sie in einer Organisation Ihr Augenmerk richten.

Der Vorstandschef eines großen Industrieunternehmens wollte die höchste Eigenkapitalrendite in seinem Markt erzielen, weil er sich im Dienste der Kapitalgeber sah. [GEWOLLTES UND TATSÄCHLICH ERREICHTES] Ein Gutachten einer Unternehmensberatung über den Markt stützte den Vorstand in dieser Vorstellung. Viele Bereiche des Unternehmens waren jedoch damit beschäftigt, um das Überleben beim Kunden zu kämpfen. Der Vorstand beschloss die neue Strategie der Marktführerschaft in der Rendite. So gab es bald eine strategische Empfehlung der Leitung, keine Geschäfte mehr unter einer bestimmten Gewinnmarge abzuschließen. Dies hätte für viele Bereiche bedeutet, dass sie ganz aus dem Geschäft gewesen wären. Sie verfolgten daher ihre eigene Strategie. Man setzte sich über die Renditeanforderung hinweg, um überhaupt im Markt bleiben zu können. Es gab in der Organisation tatsächlich zwei in die Aufmerksamkeit genommene Strategien. [ZWEI STRATEGIEN] Außerdem wurde im Unternehmen sehr viel Energie und Raffinesse für das »Frisieren« der Controllingzahlen aufgewendet. Als das Drama offensichtlich wurde, verließ der Chef die Firma und klagte laut über die Rückständigkeit dieses Unternehmens.

Ein anderes Beispiel: Eine Behörde gab zu einem bestimmten Zeitpunkt die Maxime aus, dass man nun Qualitätsmanagement einführen wolle. Man habe dabei die Vorstellung, dass man mit modernen Methoden, die in der Wirtschaft erprobt seien, nun noch mehr Bürgerorientierung einführen könne. Die Mitarbeiter hörten aus der Ankündigung allerdings vorwiegend Kritik an ihrem bisherigen Tun heraus. Sie buchten innerlich die neue Ankündigung so, dass sie bisher keine Qualität erarbeitet hätten. Die Aufmerksamkeit der Leitung war auf »das moderne Qualitätsinstrument« gerichtet. Die Aufmerksamkeit der Mitarbeiter war auf die vermeintliche Kritik an der bisherigen Qualität der Arbeit gerichtet. Beide Aufmerksamkeiten hatten wenig gemeinsam. Die »offizielle« Aufmerksamkeit unterschied sich fundamental von der tatsächlich gelebten.

Aufmerksamkeit

Aufmerksamkeit ist die Grundeinheit der Lenkung der mentalen und aktionsbezogenen Kräfte von Menschen. [DEFINITION] Aufmerksamkeit lässt sich in Bezug auf ihre Fokussierung, ihre Stärke und auf Spaltungen untersuchen. Zwischen mehreren Aufmerksamkeiten lässt sich die Distanz und die Spannung betrachten.

• Aufmerksamkeitsfokussierung ist die Wirklichkeitskonstruktion (bzw. sind die Wahrnehmungs- und Glaubensmuster) der relevanten Individuen, von Gruppen und/oder der gesamten Organisation. Denkmuster sind dabei verbunden mit Fühl- und Verhaltensmustern.

• Aufmerksamkeitsstärke ist die Ausprägung der Ausrichtung der Aufmerksamkeit bzw. in einer Organisation die Ausprägung der Gemeinsamkeit in der Aufmerksamkeit bezüglich einer bestimmten Fragestellung, beispielsweise der aktuellen Markterfordernisse des Systems.

• Eine Aufmerksamkeitsspaltung liegt vor, wenn sich in einem Organisationssystem der Aufmerksamkeitsfokus verschiedener Systemmitglieder bezüglich einer gemeinsamen Fragestellung nicht überschneidet.

• Die Aufmerksamkeitsdistanz beschreibt den Grad der Entfernung zwischen den jeweiligen Aufmerksamkeitsfokusse.

• Eine Aufmerksamkeitsspannung liegt vor, wenn eine mangelnde Überschneidung des jeweiligen Aufmerksamkeitsfokus als Dissonanz wahrgenommen wird und kognitive, emotionale oder verhaltensbezogene Kompensationsmuster ausgelöst werden.

Aufmerksamkeit als wichtigste Ressource

Unternehmerisches Handeln sollte zielgerichtete Aufmerksamkeit sein. Man will, dass sich etwas entwickelt. Dabei ist Aufmerksamkeit die wichtigste Ressource, die Menschen zur Verfügung stellen können. [WIRKLICHKEITSKONSTRUKTION] Ihre Zeit der Aufmerksamkeit ist begrenzt. Diese Zeit ist deshalb sinnvoll zu nutzen. An den Punkten, auf die die Aufmerksamkeit gerichtet wird, geschieht etwas.

Wirklichkeitskonstruktion bezeichnet die Sicht, die Vorstellung, die sich der einzelne von einem Phänomen macht. So konstruiert sich jeder eine Wirklichkeit von seiner Firma:

– Welchen Zweck hat das Unternehmen?

– Wie passt die eigene persönliche Zielsetzung zu den vom Unternehmen gesetzten Zielsetzungen?

– Wie wird das Unternehmen als Wirklichkeit erlebt?

– Wie klar sind die Strategien?

– Wie ist das Verhältnis von veröffentlichter Wirklichkeit und von tatsächlich erlebter?

Viele Wirklichkeiten

Idealtypisch steht am Beginn einer Organisation die Aufmerksamkeit für bestimmte Ideen, Visionen, strategische Vorstellungen und Interessen von Menschen. Dabei ist auch immer schon die Unterschiedlichkeit der Ziele und Interessen zwischen den beteiligten Menschen vorhanden, selbst wenn das Gemeinsame zu Beziehungsbeginn wie ja auch in anderen Beziehungen besonders betont wird. Das Organisationssystem überbrückt das Spannungsfeld aus Gemeinsamem und Individuellem.

Wirklichkeit existiert nicht für alle gleich. Dort, wohin ein einzelner Mensch seine Aufmerksamkeit lenkt, entsteht etwas, das er für wirklich hält. Wir können unseren Scheinwerfer der Aufmerksamkeit nur auf bestimmte Dinge lenken. Genau dort, wohin wir den Scheinwerfer lenken oder wohin er gelenkt wird, entsteht das, was wir beachten. [DER»SCHEINWERFER« DER AUFMERKSAMKEIT] Die Selbstorganisation entsprechend der biologischen, sozio-biologischen und sozialen Bedingungen eines jeden lebenden Systems, sei es des einzelnen Menschen oder einer Gruppe von Menschen, führt zu einer ihm eigenen Weltsicht. Diese färbt die Wahrnehmung, das Denken und die Entscheidungen eines Menschen. Menschen konstruieren sich ihre Wirklichkeit. Die subjektive Wirklichkeit eines erwachsenen Menschen ist durch seine individuelle Lerngeschichte und Lebenserfahrung geprägt. Dabei entstehen Gewohnheiten. Nach den heutigen neurophysiologischen Erkenntnissen gibt es nur einen Schluss. Die Wirklichkeit, die jeder erlebt, ist zunächst verschieden von dem, was jeder andere erlebt. Dies hat radikale Konsequenzen insbesondere für die Ansprache von Menschen (siehe dazu auch Kap. 3.1 »Kommunikationsdynamiken«).

2.1.2 Aufmerksamkeit, Wirtschaftsinstitutionen und Investitionen

Investitionen, Ressourcen und Geld folgen dem Scheinwerfer der Aufmerksamkeit. [AUFMERKSAMKEIT WIRKT SICH HANDFEST ÖKONOMISCH AUS] Dort, wo die größte Aufmerksamkeit erzeugt wird, gehen die Ressourcenströme hin. Dies trifft auf das Einzelunternehmen wie auch auf ganze Volkswirtschaften zu. So wurde beispielsweise in Kalifornien sehr viel Geld in die High-Tech-Industrie investiert, wohingegen Infrastrukturinvestitionen in Elektrizitäts- und Wasserversorgung nahezu ausblieben. Der Bedeutung dieser Bereiche wurde einfach keine Aufmerksamkeit geschenkt. Die Folge war, dass die Elektrizitätsproduktion nicht mehr gewährleistet war. Die Ursache war Unterinvestition aufgrund mangelnder Aufmerksamkeit.

Dies kann bis zur Existenzbedrohung sozialer Systeme gehen. Ein soziales System ist dann in seiner Existenz bedroht, wenn es die Entwicklung, die Evolution und das Leben nicht mehr fördert. Das System verliert seine Daseinskraft, wenn es diese Dienstleistung nicht mehr erfüllt. Dies wird in der Wirtschaft über den Markt abgebildet. Der Markt entscheidet im Endeffekt, ob ein Unternehmen ein Bleiberecht hat oder nicht. Der Markt ist dabei sowohl von der Angebots- als auch von der Nachfrageseite her zu sehen. Nicht nur die Kunden auf der Nachfrageseite bestimmen, ob ein Unternehmen existieren kann. [PROPERTY RIGHTS ALS ANTWORT AUF ÖKONOMISCHE FRAGEN] Auch die übrige Anbieterseite, also das Verhalten der Konkurrenzanbieter, hat Einfluss auf die Existenzmöglichkeiten. Gerade in den Märkten, auf denen nur einige wenige Anbieter auf dem Markt auftreten, den sogenannten Oligopolen, ist die Existenz mehr von der Konkurrenz als von den Kunden abhängig. Unternehmen schaffen aus sich heraus keinen Wettbewerb. Sie versuchen ihn zu reduzieren. Seit einiger Zeit hat sich in der Ökonomie ein Konzept entwickelt, das das Entstehen von Institutionen der Marktwirtschaft erklärt. Dieser »Property-Rights-Ansatz« genannte Forschungsweg versucht beispielsweise herauszufinden, warum sich Märkte in ganz bestimmter Weise entwickeln oder auch wie Marktzutrittsschranken entstehen und wirken.

Entstehen von Wirtschaftsinstitutionen

Auch wirtschaftshistorische Forschung ist Teil der Property-Rights-Schule (Furubotn & Pejocvic, 1972). Dort wurde beispielsweise untersucht, wann sich in bestimmten Regionen Privateigentum an Land gebildet hat. So haben die amerikanischen Indianer das Privateigentum an Land erst eingeführt, als die Nachfrage nach Fellen ein Überjagen der Wildbestände brachte. Sie beschäftigt sich aber auch damit, welche Institutionen sich bilden, um Marktwirtschaft zu regulieren, wie z.B. Kartellgesetze oder Ähnliches. Der Property-Rights-Ansatz basiert auf rein ökonomischer Zweckmäßigkeit. Wann ist es zweckmäßig moralisch zu handeln und wann ist hazardeurisierendes Verhalten sinnvoll?

Danach bleibt ein Unternehmen oder eine Institution am Leben, wenn sie tatsächlich einen Beitrag im Rahmen aktueller Bedingungen liefern kann. Dies kann einen Mehrwert auf einem Markt kreieren. Eine Institu tion wie beispielsweise ein einheitliches Rechtssystem oder eine Polizei machen Sinn, weil sie helfen, Transaktionskosten zu sparen. Dies wären zum Beispiel Kosten durch Verbrechen, Korruption etc. Transaktionskosten sind die Kosten, die begleitend beim Handel mit Gütern entstehen. Obwohl der Property-Rights-Ansatz völlig unverdächtig ist, sozialistische Konzepte zu vertreten, sondern durchgängig liberale Grundlagen hat, erinnert einiges an der Analyseform an marxistische Wirtschaftstheorie. Beide analysieren von einem Metastandpunkt aus wirtschaftliche Vorgänge, indem gesellschaftliche Institutionen in einer Zeit auf ihren jeweiligen ökonomischen Nutzen zurückgeführt werden.

Entstehen unternehmerischer Projekte

Damit ein unternehmerisches Projekt ins Leben kommt, ein diesbezüglicher Geist für ein unternehmerisches System entsteht, bedarf es häufig längerer Überlegungen. Die Curanda-Eisenbahn zwischen Cairns und Curanda in Queens, Australien, ist ein schönes Beispiel für Property Rights. Als im Inneren der Provinz Queens ein Stück weg von der Küste große Metallvorkommen entdeckt wurden, hatte man aufgrund des unwegsamen Geländes ein Transportproblem. Dies entstand für alle, die Metalle abbauen wollten. Zunächst hatte man versucht, die Metalle mit Eseln durch das urwaldähnliche und hügelige Gelände zu transportieren. Dies war aber sehr von der Witterung abhängig. Bei starken Regenfällen war kaum ein Transport möglich. So gründete man eine Initiative für eine Eisenbahn. Dann dauerte es sehr lange, bis die verschiedenen relevanten Kräfte aus Unternehmen und Politik eine Entscheidung fällen konnten, die Eisenbahn zu bauen. Der Return on Investment und seine Verteilung war unklar. Als der Metallpreis stieg, bekam man schließlich genügend Kredite, um das Projekt zu realisieren. Die Eisenbahn wurde gebaut und diente lange als Transportmittel für den Erztransport. Heute transportiert sie Touristen.

2.1.3 Tiefenbilder von Organisationen

Für den tatsächlichen Aufmerksamkeitsfokus in einem unternehmerischen System sind die Tiefenbilder sehr grundlegend, die sich Menschen vom Gesamtgeschehen und von der Identität einer Organisation machen. [WIRKLICHKEITSORGANISATIONEN] Solche Bilder bringen alle Unternehmensangehörigen mit, vom Vorstandsvorsitzenden bis zur Reinigungskraft. Sie sind wesentliches Muster für die Wirklichkeitsorganisation. Sobald ein bestimmtes bekanntes Bild angesprochen wird, werden viele Assoziationen, die mit diesem Bild zu tun haben, lebendig. Sechs charakteristische Tiefenbilder sind häufig anzutreffen:


Abb. 9

Das Feldherren-Modell

In manchen Organisationen herrscht ein militärisches Bild von der Organisation. Fragt man Führungskräfte in Unternehmen, wie sie das Managementgeschehen erleben, so sprechen sie vom »Hauen und Stechen«. Die Führungskräfte, die sich behaupten, haben es geschafft, wie Feldherren ihre Truppen siegreich ins Feld zu führen. Zu diesem Bild von Führung gehören alle Attribute, die dem klassischen militärischen Milieu zugeschrieben werden. Geführt wird mit Anweisung und Befehl. Wer nicht mitzieht, wird aussortiert. Auch die Sprache ist militaristisch. [DAS MILITÄRISCHE BILD] Eine Entscheidung wird als nicht »kriegsentscheidend« bezeichnet. Man kämpft an zwei oder mehr »Fronten« und startet »Offensiven«. Gesellschaftlich ist in diesem Zusammenhang interessant, dass noch bis weit ins 20. Jahrhundert die männlichen Vertreter der gesellschaftlichen Elite zum Militär gingen. Heute wird dieses Berufsfeld von den Eliten weit weniger gewählt. Das Betätigungsfeld wird eher in der Wirtschaft gesehen. Insofern sind die militärischen Sprachbilder, die auf entsprechende Denkmuster rückschließen lassen, vielleicht auch in einer längeren Tradition zu sehen. Das Feldherren-Modell lässt wesentliche Eigencharakteristiken von Unternehmen außer Acht. Es stülpt ein rigides Bild über Organisationen. Dennoch gibt es Einzelsituationen, in denen im System auch Anweisungen ihren Platz haben. Die geheimen Anhänger des Feldherren-Modells definieren allerdings fast jede Situation so, dass ihr Modell passt.

Das Politiker-Modell

Dieses Modell basiert auf der Erfahrung, dass keine Führungskraft, gerade der Topmanager, unabhängig von Unterstützung ist. Im politischen Organisationsmodell sind die Akteure »Politiker«. Es geht darum, Strategien zu entwickeln, wie man bestimmte Mehrheiten für eigene Ziele erreicht. Die Mehrheit muss dann Gefolgschaft leisten. Die Gefolgschaft ist ein eher traditioneller Begriff. [GEFOLGSCHAFT ERLANGEN] Er bildet aber ab, dass Organisationssysteme eine deutliche Machtkomponente haben. Macht ist dabei ein sehr stark wechselseitiges Konstrukt. Zum Machtausüben auf der einen Seite gehören auf der anderen Seite immer Menschen, die Macht über sich ausüben lassen. Gefolgschaft ist die Einwilligung in die Machtausübung. Heute ist die Gefolgschaft nicht mehr so einfach zu erreichen. Es geht für ein Topmanagement vielmehr darum, tatsächlich Mehrheiten von Meinungsführern hinter sich zu bringen. Dabei sind interessante Mehrheitskoalitionen aus den am Unternehmen interessierten Gruppen möglich. Diese können beispielsweise aus einem Teil der Anteilseigner, der Führungskräfte und den Wirtschaftsjournalisten bestehen. In Firmen geht es hier ähnlich zu wie in anderen Bereichen. Der Trainer eines Bundesligaclubs wurde einmal auf eine gegen ihn gerichtete Stimmung in der Stadt befragt. Er antwortete darauf, die Mannschaft stehe hinter ihm. Nur ein einziger Sportjournalist in der Lokalpresse schreibe gegen ihn. Er unterschätzte allerdings die Bündnisse und die Macht dahinter. Das Politiker-Modell steht in der Gefahr des opportunistischen Machterhalts; ihm mangelt es an klaren inhaltlich-strategischen Zielen. Dennoch ist die Frage der Gefolgschaft gerade für das Topmanagement in Unternehmen häufig eine zentrale Herausforderung.

Das betriebswirtschaftlich-technische Modell

Im betriebswirtschaftlich-technischen Modell sieht die Führungskraft den Betrieb als ein rein betriebswirtschaftliches Gebilde. Das Leben im unternehmerischen System lässt sich wie eine Maschine in einer ingenieurwissenschaftlichen mathematischen Gleichung erfassen. [DIE ORGANISATION ALS TRIVIALE MASCHINE] Es geht nur darum, die Produktionsfaktoren Betriebsmittel und Arbeitskräfte in einer Weise zu kombinieren, die einen möglichst hohen Gewinn verspricht. Auf Kommunikation und gemeinsames Erleben wird weniger Wert gelegt. Sie sind allenfalls »Schmiermittel«. Stattdessen sind Controllingfunktionen sehr ausgebaut. Die Informationssysteme müssen just in time sein. Täglich wird die Ertrags- und Bilanzsituation angeschaut. Abweichungen vom Planzustand lassen sofortige Korrekturmaßnahmen erfolgen. Man investiert vor allem in Systeme, die den einzelnen als betriebswirtschaftlichen Produktionsfaktor sichtbar machen. Die Leistung jedes einzelnen Mitarbeiters ist jederzeit in den Controllingsystemen abzufragen. Die Leistungsbeurteilung der Mitarbeiter kann fast durch eine Maschine erfolgen. Auch anderes Führungshandeln kann technisiert werden. Aus dem Leistungsverhalten eines Mitarbeiters, das im Controlling erfasst ist, ergeben sich automatisch bestimmte Defizite, die durch entsprechende Programme ausgeglichen werden können. Trotz der offensichtlichen Einseitigkeit sind Situationen vorstellbar, in denen der »geläuterte«, bewusste Einsatz dieser Perspektive sinnvoll ist. Dies kann beispielsweise eine Krisensituation sein. Es gilt dann nüchtern zu betrachten, was das Unternehmen wirklich zum Überleben braucht und was verzichtbar ist.

Das Familien-Modell

Dieses Organisations-Bild entlehnt seine Prinzipien aus dem Kontext Familie. Es zeichnet sich durch wenig formale Regelungen und festgelegte Entscheidungsprozeduren aus. Entscheidungen werden von Fall zu Fall durch die Firmen-»Eltern«, z.B. den Patriarchen getroffen. In vielen dieser familiären Systeme gibt es aber auch an maßgeblicher Stelle heute eine Frau, die dem Patriarchen zur Seite steht. Mitarbeiter sehnen sich in solchen Systemen entgegengesetzt zu anderen Organisationsbildern oft nach mehr bürokratischen, verschriftlichten Strukturen. [PATRIARCHEN UND KINDER] Zum familiären System gehört auch das »Adoptionsprinzip«. Von den Führungskräften werden einzelne Mitarbeiter quasi an Sohnes- oder Tochterstatt angenommen und besonders gefördert, andere stehen im Vorankommen eher außen vor. Das familiäre Modell trifft man nicht nur in Familienunternehmen an, dies sei explizit vermerkt.

Das Denken im familiären Prinzip ist nur allzu natürlich, weil jeder Mensch diesen Erfahrungsraum mitbringt. Es ist sogar so, dass jeder hier auch unerfüllte Sehnsüchte mitbringt, die dann das Organisationssystem vermeintlich zu füllen verspricht. Helmut Kohl soll einmal gesagt haben, in der Politik könne man die gleichen Prinzipien walten lassen wie in der Familie. Seine Art Politik zu machen, indem er die in der Welt maßgeblichen Politiker zu sich nach Hause einlud (Kohls »Strickjackenpolitik«), brachte von der Kommunikationsseite interessante Möglichkeiten. Er bezeichnete einen ausländischen Staatsmann dann auch schon einmal als einen persönlichen Freund.

Familiäre Systeme schaffen Bindungen auf einer sehr unbewussten Ebene. [BINDUNGEN AUF DER UNBEWUSSTEN EBENE] Einem Freund kann man weniger abschlagen als einem Geschäftspartner. Auch das Lösen aus einem familiären System ist emotional oft eher einer Scheidung ähnlich als der Beendigung eines Vertragsverhältnisses.

Das Modell der »Radikalen Marktwirtschaft«

Von der psychologischen Forschung her hat eine Forschergruppe um den Familientherapeuten Fritz Simon ebenfalls einen Ansatz entwickelt, der strikt wirtschaftliche Kriterien an alle Austauschbeziehungen anlegt. Auch Verhalten wird nach diesem radikalen Denkmodell auf einem Markt angeboten und wird entweder nachgefragt oder nicht.

In der Regel versucht ein lebendes System sein Leben zu erhalten, wenn es in einer Krise ist. [SELBSTERHALT ALS VORDERSTE MAXIME] Dies gilt auch für Organisationssysteme. Restrukturierungen und strategische Neupositionierungen versuchen, aus Krisen heraus ein Überleben zu ermöglichen. Dabei spielt in der letzten Zeit die Kostenersparnis eine gewichtige Rolle. Die Bewältigungsversuche für die Krise stehen in der Gefahr, dass das System sich aber genau von den Kräften trennt, die sein Leben bisher wesentlich erhalten haben.

Geht ein System beispielsweise in ein größeres über, so ist der Prozess oft so, dass der Größere, Machtvollere dafür sorgt, dass seine Leute im System überleben und man sich von den Mitgliedern des Kleineren trennt. Dabei spielt weniger eine Rolle, was die Mitglieder zur Performance des neuen Systems beitragen können. Das Kräftespiel kann dazu führen, dass man wesentliche Kräfte des Bisherigen nicht mehr braucht und diese abstößt. Oft erreicht man so einen Effekt der sich selbst erfüllenden Prophezeiung, wenn sich dann genau die leistungsmäßige Unterlegenheit des bisher Kleineren herausstellt. Man hatte es ja vermeintlich aus dem Größenverhältnis schon vorher vermutet. Ein Beispiel dazu: Eine bisher selbstständige Bank mit umfassender Organisation entschloss sich, mit einer größeren Bank zusammenzugehen, weil dies mehr Marktchancen bot. Nach etwa drei Jahren waren die wesentlichen Führungskader des kleineren Partners durch Manager des größeren ersetzt.

Radikale Marktwirtschaft beschreibt wertneutral, dass jedes Handeln gehandelt wird, also vom Markt beurteilt wird. Sie verdeutlicht jedoch, dass nichts ohne Konsequenz ist. Aber sie legt für die Lenkung der Prozesse nahe, zumindest die ganzheitlichen Konsequenzen zu betrachten. Die radikale Marktwirtschaft entkleidet viele Soft-fact-Aktionen (psychologische Handlungen) auch ihrer moralischen Seite und schaut vom Standpunkt der Marktresonanz darauf.

Das Modell »Intelligente Organisation«

Organisationen, die aus sich heraus eine Anpassungsfähigkeit an Marktund andere Umweltveränderungen zeigen, bezeichnet man als intelligente Organisationen. Die Organisation hat dann so viele Achtsamkeitssysteme geschaffen, dass man sich rechtzeitig orientieren kann. Die inneren Informations- und Kommunikationssysteme sind so effizient, dass die richtigen Informationen kommuniziert werden. [INTELLIGENZ ALS ANPASSUNG AN ÄUSSERE ANFORDERUNGEN]

Die Intelligenz der Organisation ist dabei unabhängig von der Intelligenz der Mitglieder der Organisation. Die Mitglieder können im Sinne der herkömmlichen (Leistungs-)intelligenz sehr intelligent sein, aber aus anderen Gründen systemische Bedingungen geschaffen haben, die die Gesamtorganisation suboptimal wirken lassen. Der britische Organisationsforscher Stafford Beer hat hier wesentliche Forschung betrieben. Demnach gibt es bestimmte Bedingungen, die eine intelligente Organisation erfüllen muss. [GLEICHE PRINZIPIEN] Dazu gehören die erwähnten fairen und offenen Kommunikationssysteme. Es braucht aber auch das Prinzip der Rekursivität. Es bedeutet, dass auf allen Ebenen des Unternehmens gleiche Prinzipien herrschen. Dies betrifft zum Beispiel, wie der Aufwand verteilt wird, um nicht zu sagen, wie Verschwendung gehandhabt wird. Hier sind auch sehr stark ethische Aspekte betroffen. Diese sind aber sowieso, wie man heute weiß, zentrale Erfolgsfaktoren für Firmen.

Das Modell der intelligenten Organisation ist das von der Theorie als erstrebenswert betrachtete Organisationsmodell.

Insgesamt kann es für eine Organisation Sinn machen, vor einer Entscheidung einmal alle sechs Perspektiven zu scannen, was sie für die Entscheidungssituation an Empfehlung abgeben.

2.1.4 Die Entwicklung gemeinsamer Aufmerksamkeit

Das Gemeinsame

Treffen Menschen über eine längere Zeit in einem unternehmerischen System zusammen, entwickeln sie ihre Wirklichkeitssicht so, dass es Überschneidungsbereiche gibt. [HARMONISCHE GEMEINSAMKEITEN UND DAUERKONFLIKTE] Man nähert sich dadurch an, dass man die Aufmerksamkeit in einer gemeinsamen Weise richtet. Dies kann harmonische Gemeinsamkeiten bedeuten, aber auch einen Dauerkonflikt beinhalten, der ebenso vertraute Heimat werden kann. Menschen verbleiben im unternehmerischen System, wenn sie die Gewohnheitshaltungen, die dort so üblich sind, attraktiver finden als andere Angebote.

Wird Aufmerksamkeit eine Zeitlang in eine bestimmte Richtung gelenkt, entsteht eine Aufmerksamkeitsgewohnheit. [UNTERNEHMERISCHE AUFMERKSAMKEIT] Dies trifft auch auf Gruppen von Mitarbeitern in Unternehmen zu, deren Aufmerksamkeit immer in eine bestimmte Richtung gelenkt wird.

Die Aufmerksamkeitsfokussierung lässt mit der Zeit bestimmte Kriterien mehr Bedeutung erlangen als andere.

– Was gilt in einer Organisation?

– Was bestimmt wesentlich das Handeln und Denken der Menschen in der Organisation?

Von den individuellen Perspektiven ausgehend entsteht dann durch einen feinen Selektionsprozess mit sehr viel unmerklichen Bewegungen ein Set an gemeinsamen Weltsichten. [AUFMERKSAMKEITSGEWOHNHEITEN] Es gibt Aspekte der Welt, die besonders herausgegriffen werden und an denen man Positionen bestimmt. Diese haben mit dem produzierten Gut zu tun. Beispielsweise müssen die meisten Banker solide aussehen. Gleichzeitig gibt es hier aber auch Impulse aus der Historie des Unternehmens. Gründungsmythen, überstandene Überlebenskämpfe und auch simple Gewohnheiten machen das spezifische Set von Aufmerksamkeitspunkten eines Unternehmens aus. Kontroverse Haltungen zu den Aufmerksamkeitspunkten, wie sie einzelne Subgruppen, etwa Geschäftsleitung und Betriebsrat einnehmen, sind stabilisierende Bedingungen der Aufmerksamkeitspunkte. [EIN FEINER SELEKTIONSPROZESS] So kann beispielsweise sehr viel Aufmerksamkeit auf eine kleine Sozialleistung (der Zuschuss zu den Fahrtkosten) gelegt werden. Alle schauen darauf wie das Kaninchen auf die Schlange. Eigentlich geht es aber darum, dass im Unternehmen keine adäquaten Anerkennungsformen für Menschen gelebt werden. Genauso kann die Hauptaufmerksamkeit des Tuns auf den einen Kunden X gelegt werden, der mit seinen Sonderwünschen alles auf sich zieht, den man kennt und über den man sich gewohnheitsmäßig ärgert. Alternativen sind nicht mehr im Blick. Die Leute, die andere Dinge im Fokus haben, werden erst gar nicht in das Unternehmen aufgenommen. »Der passt nicht zu uns«. Oder sie bleiben nicht lange.

Insgesamt ist hier vor allem auf die Relevanz der Aufmerksamkeitspunkte zu achten. Die Kernfrage lautet: Ist die Aufmerksamkeit auf die zur Zeit relevanten Punkte gerichtet?

Die offizielle und die effektive Identität

Bei der Aufmerksamkeitsfokussierung ist die formulierte Idealvorstellung in einer Corporate Identity (C.I.)-Broschüre wenig relevant. [SCHÖNE BROSCHÜREN] Die schön gestaltete C.I.-Broschüre wird häufig von ambitionierten Leuten geschrieben. Entscheidend ist aber die praktisch gelebte Seite. Aufmerksamkeit erhält ein Thema in der Konkurrenz mit vielen Themen in Organisationen durch aktive Beschäftigung damit. Konkret kann eine neue Werte-, Visions- oder Identitäts-Debatte nur aktiv mit den Mitarbeitern in Angriff genommen werden.

Auch der Trick von cleveren Sprachfans, die Ziele grammatikalisch schon in der Präsenz-Form zu formulieren, um damit deren Realisierung bereits zu suggerieren, erreicht die meisten Führungspraktiker nicht. [FROMME REDEN] Ziele werden nicht durch ihre Grammatik wirksam. Hier kommt es darauf an, dass maßgebliche Kräfte im Unternehmen einen Aufmerksamkeitsfokus durch konkretes Handeln und vor allem Vorbild schaffen.

Symbole suggerieren gemeinsame Identität und Bedeutung

Der Mensch ist ein in den »Wäldern von Symbolen verirrtes Kind«, schreibt Baudelaire. Menschen sind mit der symbolischen Darstellung der Medien konfrontiert. [SYMBOLISCHE AUSDRUCKSFORMEN] Nur auf das, worauf die Aufmerksamkeit hingelenkt wird, findet überhaupt eine Reaktion statt. Oft sind es vereinfachende Symbole, die wichtige kulturelle Nervenstränge in uns berühren und alarmieren. Sie erreichen die Schlüsselbedeutung.

Vielfach wird in Unternehmen sehr viel Aufwand betrieben, um symbolisch Status und Größe sichtbar zu machen. Dies sind teuer möblierte Vorstandsetagen oder Firmenpaläste, die daran erinnern, wie früher Herrscher Untertanen von ihrer Stärke beeindrucken wollten. Der betriebswirtschaftliche Nutzen solcher Symbole ist heute umstritten, da Mitarbeiter und Kunden einen effizienten Einsatz der Ressourcen erwarten. Unterschwellig lassen sich viele davon jedoch beeindrucken, vor allem die, die drin sitzen.

Die relevante Frage für eine Organisation ist allerdings: (Er)findet sie Symbole, die einerseits den strukturellen Charakter eines Problems aufdekken und aufzeigen sowie andererseits handlungsfähig machen? Nur diese Symbole sind nutzbringend und nicht ressourcenverschwendend.

Die tatsächliche Aufmerksamkeit

In einem Unternehmen gab die Firmenleitung über viele Jahre den Mitarbeitern immer wieder zu verschiedenen Anlässen Hinweise zum Leistungsverhalten. [DER TATSÄCHLICHE HINWEIS] Die Absicht war dabei, die Menschen zu mehr Einsatz zu motivieren. Bei jedem Führungskräftemeeting erklang von Geschäftsleitungsseite eine Maxime: Sie, die Unternehmensleitung stelle die tollsten Rahmenbedingungen zur Verfügung, organisatorische Strukturen, Büros und EDV. Die Mitarbeiter würden dies aber nicht nützen. Es wurde eingeräumt: Vielleicht läge es auch an bestimmten Führungskräften des mittleren Managements, die aber nicht benannt wurden. Zusätzlich wurden einzelne Unternehmensbereiche regelmäßig – gerade im Beisein anderer – diskreditiert, indem ihre Leistungen als unzureichend dargestellt wurden.

Die unterschwellige Botschaft war: »Ihr leistet nicht genug. Wir tun doch alles für Euch, aber Ihr seid undankbar.« [UNTERSCHWELLIGE BOTSCHAFTEN] Die Aufmerksamkeit der Unternehmensangehörigen begann sich langsam in der Blickrichtung zu verschieben. Mit der Zeit entstand bei den Mitarbeitern der Eindruck, dass sie immer nur Fehler machen und nicht genügen. Die Unternehmensleitung suggerierte, die Belegschaft sei entweder nicht in der Lage oder sie nütze die Zugehörigkeit zum Unternehmen nur aus. Die Mitarbeiter waren zunehmend verunsichert. Sie trachteten bald in erster Linie danach, keine Fehler mehr zu machen, und sicherten jedes Vorgehen umfassend ab. Die offizielle Strategievorgabe war, Erträge zu erzielen. Zu der bekannte sich auch jeder immer wieder im offiziellem Rahmen. Aber die tatsächlich gelebte Strategie war, keine Fehler zu machen, möglichst nichts Risikobehaftetes zu unternehmen. [DIE AUFMERKSAMKEITSREAKTION] Die hauptsächliche Aufmerksamkeit war auf die Vermeidung des Diskreditiert-Werdens gerichtet. Am besten fiel man überhaupt nicht auf. Also unternahm man am besten auch nichts. Sicherheitshalber suchte man schon sehr eingehend nach Gründen, warum etwas nicht funktionieren konnte. Denn diese Argumente waren bei einem potenziellen Angriff, der einen jederzeit ereilen konnte, immer sehr nützlich. Die Hauptaufmerksamkeit und die Hauptzeitinvestition lag damit in der Abwehr von Diskreditierung. Dieser Aufmerksamkeitsfokus verzehrte sehr viel Zeit, Energie und Ressourcen und stand dem Kernziel somit diametral entgegen.

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