Kitabı oku: «Die Sagen des klassischen Altertums», sayfa 16
Die späteren Heldentaten des Herakles
Vor allen Dingen machte er sich auf den Weg, den gewalttätigen und eigenmächtigen König Laomedon, den Erbauer und Beherrscher Trojas, zu züchtigen. Denn als Herakles, von dem Amazonenkampfe zurückkehrend, die von dem Drachen bedrohte Tochter dieses Fürsten, Hesione, befreit hatte, hielt ihm der wortbrüchige Laomedon den versprochenen Lohn, die schnellen Zeuspferde, zurück und hieß ihn scheltend weiterziehen. Jetzt nahm Herakles nicht mehr als sechs Schiffe und nur eine geringe Menge Kriegsvolkes mit sich. Aber unter diesen waren die ersten Helden Griechenlands, Peleus, Oïkleus, Telamon. Zu dem letztern war Herakles in seine Löwenhaut gekleidet gekommen und hatte ihn eben beim Schmause getroffen. Telamon erhob sich vom Tische und reichte dem willkommenen Gast eine goldne Schale voll Weines, hieß ihn sitzen und trinken. Freudig bewegt von solcher Gastfreundschaft, hub Herakles die Hände gen Himmel und betete: »Vater Zeus, wenn du je meine Bitten gnädig erhöret hast, so flehe ich jetzt zu dir, daß du dem kinderlosen Telamon hier einen kühnen Sohn zum Erben verleihen mögest, so unverwundbar, wie ich es in dieser Haut des Nemeischen Löwen bin. Hoher Mut soll ihm immer zur Seite sein!« Kaum hatte Herakles das Wort geredet, so sandte ihm der Gott den König der Vögel, einen mächtigen Adler. Dem Herakles lachte darüber das Herz im Leibe; wie ein Wahrsager rief er begeistert aus: »Ja, Telamon, du wirst den Sohn haben, den du begehrst; herrlich wird er werden wie dieser gebieterische Adler, und Ajax soll sein Name sein, weithin gewaltig im Werk des Kriegsgotts«. So sprach er und setzte sich wieder nieder zum Schmause; dann zogen sie, Telamon und Herakles, vereint mit den andern Helden, in den Krieg gegen Troja. Als sie dort ans Land gestiegen, übertrug Herakles die Wache bei den Schiffen dem Oïkleus; er selbst mit den übrigen Helden rückte gegen die Stadt vor. Inzwischen hatte Laomedon mit eilig zusammengerafftem Volke die Schiffe der Heroen überfallen und den Oïkleus im Kampfe getötet; aber als er sich wieder entfernen wollte, wurde er von den Gefährten des Herakles umringt. Die Belagerung wurde unterdessen scharf betrieben; Telamon durchbrach die Mauer und war der erste, der in die Stadt eindrang. Erst hinter ihm kam Herakles. Es war das erste Mal in seinem Leben, daß der Held sich in Tapferkeit von einem andern übertroffen sah; die schwarze Eifersucht bemächtigte sich seines Geistes, und ein böser Gedanke stieg in seinem Herzen auf. er zückte das Schwert und war im Begriffe, den vor ihm herschreitenden Telamon niederzuhauen. Dieser blickte sich um und erriet das Vorhaben des Herakles an seiner Gebärde. Schnell besonnen, las er die nächstgelegenen Steine zusammen, und auf des Nebenbuhlers Frage, was er hier mache, erwiderte er: »Ich baue Herakles, dem Sieger, einen Altar!« Diese Antwort entwaffnete den eifersüchtigen Zorn des Helden. Sie kämpften wieder gemeinsam, und Herakles erlegte den Laomedon samt allen seinen Söhnen, nur einen ausgenommen, mit seinen Pfeilen. Als die Stadt erobert war, schenkte er Laomedons Tochter Hesione seinem Freunde Telamon als Siegesbeute. Zugleich gab er ihr die Erlaubnis, nach eigener Wahl einen der Gefangenen in Freiheit zu setzen. Sie wählte ihren Bruder Podarkes. »Es ist recht, er sei dein«, sagte Herakles, »aber er muß vorher die Schmach erlitten haben und Knecht gewesen sein; dann magst du ihn um den Preis, den du für ihn geben willst, hinnehmen!« Als der Knabe nun wirklich zum Sklaven verkauft war, riß Hesione ihren königlichen Schmuck vom Haupte und gab ihn als Lösegeld für den Bruder hin; daher trug dieser den Namen Priamos (der Losgekaufte) davon. Von ihm wird die Sage vieles zu erzählen haben.
Hera gönnte dem Halbgotte diesen Triumph nicht. Auf der Heimfahrt von Troja wurde er durch ihre Schickung von schweren Ungewittern überfallen, bis der ergrimmte Zeus ihrem Schalten Einhalt tat. Nach mancherlei Abenteuern beschloß der Held eine zweite Rache am König Augias zu nehmen, der ihm auch einst den versprochenen Lohn vorenthalten hatte; er bewältigte seine Stadt Elis und tötete ihn mitsamt seinen Söhnen. Dem Phyleus aber, der wegen seiner Freundschaft für Herakles vertrieben worden war, übergab er das Königreich Elis. Nach diesem Siege setzte Herakles die Olympischen Spiele ein und weihte ihrem ersten Stifter, Pelops, einen Altar, auch den zwölf Göttern Altäre, je zweien einen. Damals soll selbst Zeus in Menschengestalt mit Herakles gerungen und, überwunden, seinem Sohn zur Götterstärke Glück gewünscht haben. Dann zog Herakles gegen Pylos und den König Neleus, der ihm einst die Entsündigung verweigert hatte; er überfiel seine Stadt und machte ihn mit zehn seiner Söhne nieder. Nur der junge Nestor, der in der Ferne bei den Gereniern erzogen wurde, blieb verschont. In dieser Schlacht verwundete Herakles selbst den Gott der Unterwelt, den Hades, der den Pyliern zu Hilfe gekommen war.
Noch war Hippokoon von Sparta übrig zu bestrafen, der zweite König, der sich nach der Ermordung des Iphitos der Reinigung des Mörders entzogen hatte. Auch die Söhne dieses Königs hatten den Haß des Helden aufs neue sich zugezogen. Als er nämlich mit Öonos, seinem Oheim und Freunde, nach Sparta gekommen war, fiel diesen, der den Palast des Hippokoon betrachtete, ein großer molossischer Schäferhund an. Öonos begrüßte ihn mit einem Steinwurfe. Da rannten die Söhne des Königs hervor und erschlugen den Fremdling mit Knüppeln. Um nun auch seines Freundes Tod zu rächen, versammelte Herakles ein Heer gegen Sparta; auf dem Marsche durch Arkadien lud er auch den König Kepheus mit seinen zwanzig Söhnen zum Kampfe ein. Dieser fürchtete jedoch einen Einfall von seinen Nachbarn, den Argivern, und lehnte es anfangs ab, mitzuziehen. Aber Herakles hatte von Athene in einer ehernen Urne eine Locke des Medusenhaupts erhalten. Diese übergab er der Tochter des Kepheus, Sterope, und sprach: »Wenn das Heer der Argiver anrückt, so darfst du nur diese Locke, ohne auf sie hinzublicken, dreimal über die Stadtmauern emporhalten; dann werden eure Feinde die Flucht ergreifen!« Als Kepheus solches hörte, ließ er sich bewegen, mit allen seinen Söhnen auszuziehen. Die Argiver wurden auch glücklich von seiner Tochter abgetrieben; ihm selbst aber schlug der Feldzug zum Unheil aus: er wurde mit allen seinen Söhnen erschlagen und außer diesen auch der Bruder des Herakles, Iphikles. Herakles selbst aber eroberte Sparta, und nachdem er den Hippokoon und seine Söhne getötet, führte er den Tyndareos, den Vater der Dioskuren Kastor und Pollux, zurück und setzte ihn wieder auf den Thron, behielt sich aber das eroberte Reich, das er ihm übergab, für seine Nachkommen vor.
Herakles und Deïanira
Nachdem der Heros noch mancherlei Taten im Peloponnes verrichtet, kam er nach Ätolien und Kalydon zum Könige Öneus, der eine wunderschöne Tochter, Deïanira mit Namen, hatte. Diese erlitt mehr als irgendein andres Ätolerweib bittere Not durch eine sehr lästige Brautbewerbung. Sie lebte anfangs zu Pleuron, einer andern Hauptstadt ihres väterlichen Reichs. Dort hatte sich ein Fluß, Acheloos genannt, als Freier eingefunden, und in drei Gestalten verwandelt, erbat er sie von ihrem Vater. Das eine Mal kam er in einen leibhaftigen Stier verzaubert, das andre Mal als schillernder, gewundener Drache, endlich zwar in Menschengestalt, aber mit einem Stierhaupte, dem vom zottigen Kinne hernieder frische Quellbäche strömten. Deïanira konnte einem so entsetzlichen Freier nicht ohne tiefe Bekümmernis entgegensehen; sie flehte zu den Göttern inbrünstig um ihren Tod. Lange hatte sie dem Bewerber widerstrebt, aber dieser wurde immer dringender, und ihr Vater zeigte sich nicht abgeneigt, sie dem Stromgotte von uraltem Götteradel zu überlassen. Da erschien, wenn auch spät, doch immer noch zu rechter Zeit, als zweiter Freier Herakles, dem sein Freund Meleager von der hohen Schönheit dieser Königstochter erzählt hatte. Er kam mit der Vorahnung, daß er die liebliche Jungfrau nicht ohne heißen Kampf gewinnen würde; daher war er streitbar ausgerüstet, wie wenn er sonst in Fehden zog. Während er auf den Palast zuwandelte, flatterte ihm die Löwenhaut im Winde vom Rücken, sein Köcher hallte von Wurfpfeilen, und er schwang in der Luft prüfend die Keule. Als der gehörnte Stromgott ihn kommen sah, quollen die Adern seines Stierhauptes auf, und er versuchte sein Horn im Stoße. Der König Öneus, wie er beide so kampflustig und furchtbar mit ihrer Werbung vor sich stehen sah, wollte keinen der mächtigen Liebhaber durch eine abschlägige Antwort beleidigen und versprach, seine Tochter demjenigen zum Weibe zu geben, der den andern im Kampfe überwinden würde.
Bald begann auch vor den Augen des Königs, der Königin und ihrer Tochter Deïanira der wütende Zweikampf. Von der Faust des Herakles, von seinem Bogen klang es, aber mitten durch Streich und Schuß fuhr, lange unverwundet, das gewaltige Stierhaupt des Stromgottes und suchte den Gegner mit den tödlichen Stößen seiner Hörner auf. Endlich wurde das Gefecht zum Ringkampfe, Arm verschlang sich mit Arm, Fuß in Fuß, der Schweiß strömte den Ringern von Haupt und Gliedern, beide stöhnten laut unter übermenschlicher Anstrengung. Zuletzt bekam der Sohn des Zeus die Oberhand und warf den starken Flußgott zu Boden. Dieser verwandelte sich sofort in eine Schlange; aber Herakles, der mit Schlangen längst zu hantieren verstand, faßte sie und hätte sie erdrückt, wenn nicht Acheloos plötzlich, zu einer andern Verwandlung schreitend, die Gestalt eines Stieres angenommen hätte. Doch Herakles ließ sich nicht irremachen, er ergriff das Untier an einem Horne und stürzte es mit solcher Macht zur Erde, daß das ergriffene Horn abbrach. Nun erkannte sich der Stromgott für überwunden und überließ dem Sieger die Braut. Acheloos, der vorzeiten von der Nymphe Amaltheia das Horn des Überflusses, mit Obst aller Art, Granatäpfeln und Trauben angefüllt, erhalten hatte, tauschte gegen dieses Horn das eigene, das ihm Herakles abgebrochen hatte, wieder ein.
Die Vermählung des Helden brachte in seiner Lebensweise keine Veränderung hervor; er eilte, wie zuvor, von Abenteuer zu Abenteuer; und als er wieder bei seiner Gattin und ihrem Vater zu Hause war, nötigte ihn der unvorsätzliche Totschlag eines Knaben, der ihm bei der Mahlzeit das Wasser zum Händewaschen reichen sollte, abermals zur Flucht, auf welcher ihn seine junge Gemahlin und sein kleiner Sohn Hyllos, den sie ihm geboren hatte, begleitete.
Herakles und Nessos
Die Reise ging von Kalydon nach Trachis, zu dem Freunde des Helden, Keyx. Es war die verhängnisvollste, die Herakles je unternommen hatte. Als er nämlich am Flusse Euenos angelangt war, fand er dort den Zentauren Nessos, der für Lohn die Reisenden auf seinen Händen über den Fluß zu setzen pflegte und dieses Vorrecht von den Göttern seiner Ehrlichkeit wegen erhalten zu haben behauptete. Herakles selbst bedurfte nun freilich seiner nicht; er durchschritt den Fluß mit mächtigen Schritten, ohne fremde Beihilfe. Deïaniren aber überließ er zum Hinüberschaffen dem Nessos, der ihn um den gewohnten Lohn ansprach; der Zentaur nahm die Gemahlin des Herakles auf die Schulter und trug sie rüstig durch das Wasser. Mitten in der Furt aber, durch die Schönheit des Weibes betört, wagte er es, sie mit schnöder Hand anzurühren. Herakles, der am Ufer war, hörte den Hilferuf seiner Frau und wendete sich schnell um. Als er sie in der Gewalt des rauhbehaarten Halbmenschen sah, besann er sich nicht lange, holte aus seinem Köcher einen beflügelten Pfeil hervor und schoß den Nessos, der mit seiner Beute eben ans Ufer emporstieg, durch den Rücken, so daß das Geschoß zur Brust wieder herausging. Deïanira hatte sich den Armen des zu Boden Sinkenden entwunden und wollte ihrem Gatten zueilen, als der Sterbende, der noch im Tod auf Rache sann, sie zurückrief und die trügerischen Worte sprach: »Höre mich, Tochter des Öneus! Weil du die letzte bist, die ich getragen habe, so sollst du auch noch einen Vorteil von meinem Dienste haben, wenn du mir folgen willst! Fasse das frische Blut auf, das mir aus der Todeswunde quoll und das jetzt da, wo der Pfeil, vom Geifer der lernäischen Schlange vergiftet, mir im Leibe steckt, ganz verdickt und leicht zu sammeln ringsum steht; es wird dir zu einem Zauber für das Gemüt deines Gatten dienen. Färbst du damit sein Unterkleid, so wird er niemals ein anderes Weib, das ihm je vorkommt, mehr lieben denn dich!« Nachdem er Deïaniren dieses tückische Vermächtnis hinterlassen, verschied er augenblicklich an der vergifteten Wunde. Deïanira, obgleich sie an der Liebe ihres Gatten nicht zweifelte, tat doch nach seiner Vorschrift, sammelte das verdickte Blut in ein Gefäß, das sie bei der Hand hatte, und bewahrte es ohne Wissen des Herakles auf, der zu ferne stand, um zu sehen, was sie tat. Sie kamen darauf nach einigen andern Abenteuern miteinander glücklich zu Keyx, dem Könige von Trachis, und ließen sich mit ihren Begleitern aus Arkadien, die dem Herakles überall hin folgten, dort häuslich nieder.
Herakles, Iole und Deïanira. Sein Ende
Die letzte Fehde, die Herakles bestand, war sein Feldzug gegen Eurytos, den König von Öchalia, gegen welchen er einen alten Groll hegte, weil derselbe ihm seine Tochter Iole verweigert hatte. Er versammelte ein großes Heer von Griechen und zog nach Euböa, den Eurytos und seine Söhne in ihrer Stadt Öchalia zu belagern. Der Sieg folgte ihm: die hohe Burg wurde in den Staub geworfen, der König mit seinen drei Söhnen erschlagen, die Stadt vertilgt. Iole, noch immer jung und schön, wurde die Gefangene des Herakles.
Derweil hatte Deïanira in Sorgen zu Hause auf Nachricht von ihrem Gatten geharrt. Endlich jauchzte im Palaste Freudengeschrei empor. Ein Bote kam herangesprengt: »Dein Gemahl, o Fürstin, lebt« so meldete er der ängstlich auf seine Botschaft Horchenden »naht in Siegesruhm und führt jetzt eben die Erstlinge des Kampfes den heimatlichen Göttern zu. Sein Diener Lichas, den er hinter mir her gesendet hat, verkündet auf offener Wiese dem Volke den Sieg. Seine eigene Ankunft verzögert sich nur dadurch, daß er auf Euböas Vorgebirge Kenaion dem Zeus das schuldige Dankopfer darzubringen sich anschickt«. Bald erschien der Abgeordnete des Helden, Lichas, und in seinem Geleite die Gefangenen. »Heil dir, Gemahlin meines Herrn«, sprach er zu Deïanira; »die Himmlischen lieben den Frevel nicht: Herakles’ gerechte Sache ist gesegnet worden; die üppigen Prahler mit ihrem verruchten Munde sind alle in den Hades hinabgeeilt, die Stadt ist in Knechtschaft. Doch der Gefangenen, die wir hier bringen, sollst du schonen, läßt dein Gemahl dir sagen, vor allem der unglücklichen Jungfrau, die sich hier vor deine Füße wirft«. Deïanira heftete einen Blick voll tiefen Mitleids auf das schöne, jugendliche Mädchen, das von Gestalt und Auge lieblich glänzte, erhob sie vom Boden und sprach: »Ja, ihr Lieben, herbes Mitgefühl hat mich gefaßt, sooft ich Unglückselige heimatlos durch fremde Landschaft herumgeschleppt und Freigeborne Sklavenlos dulden sah. Zeus, Überwinder, mögest du nie deinen Arm so gegen mein Haus erheben! Aber wer bist du, jammervolles Mägdlein? Du scheinst unvermählt und von hohem Stamme! Sage mir, Lichas, wer sind die Eltern dieser Jungfrau?« »Wie weiß ich das? Weswegen fragst du dies?« antwortete der Abgesandte mit verstelltem Sinne, und seine Miene verriet ein Geheimnis. »Sie ist«, fuhr er nach einigem Zögern fort, »gewiß aus keinem der niedrigsten Häuser Öchalias«. Da das arme Mädchen selbst nur seufzte und schwieg, so forschte Deïanira auch nicht weiter, sondern befahl, sie in das Haus zu führen und dort auf das schonendste zu behandeln. Während Lichas diesem Befehl Folge leistete, trat der zuerst angekommene Bote seiner Gebieterin näher, und sobald er sich unbelauscht wußte, flüsterte er ihr die Worte zu: »Traue dem Abgesandten deines Gemahls nicht, Deïanira. Er verbirgt dir die Wahrheit. Aus seinem eigenen Munde habe ich mitten auf dem Marktplatz von Trachis in vieler Zeugen Gegenwart gehört, daß dein Gatte Herakles ganz allein um dieser Jungfrau willen die hohe Burg Öchalias niedergeworfen hat. Es ist Iole, die Tochter des Eurytos, die du aufgenommen hast, von deren Liebe Herakles entbrannt war, ehe er dich kennengelernt hat. Nicht als deine Sklavin, sondern als deine Nebenbuhlerin, als Nebenweib ist sie in dein Haus gekommen!« Ober diese Mitteilung brach Deïanira in laute Wehklagen aus. Doch faßte sie sich bald wieder und rief den Diener ihres Gatten, Lichas, selbst herbei. Dieser schwur anfangs beim höchsten Zeus, daß er ihr die Wahrheit gesagt habe und ihm unbewußt sei, wer die Eltern der Jungfrau wären. Lange beharrte er bei dieser Lüge. Deïanira aber beschwor ihn, des höchsten Zeus nicht länger zu spotten. »Wäre es auch möglich, daß ich meinem Gatten seiner Untreue wegen abhold würde«, sagte sie zu ihm weinend, »so bin ich nicht so unedler Gesinnung, daß ich dieser Jungfrau zürne, die mir nie einen Schimpf angetan hat. Nur mit Mitleiden schaue ich sie an; denn ihr hat die Schönheit all ihr Lebensglück zertrümmert, ja ihr ganzes Geburtsland in Knechtschaft gestürzt!« Als Lichas sie so menschlich reden hörte, gestand er alles. Hierauf entließ ihn Deïanira ohne Vorwurf und befahl ihm, nur solange zu warten, bis sie für die reiche Schar von Gefangenen, die der Gemahl ihr zugesendet und zur Verfügung gestellt hatte, diesem eine Gegengabe gerüstet hätte.
Fern vom Feuer, unberührt vom Strahle des Lichtes hatte Deïanira, der Vorschrift des tückischen Zentauren gemäß, die Salbe, die sie vom giftigen Blute seiner Pfeilwunde gesammelt, am verborgenen Orte bewahrt. An dieses Zaubermittel, das sie, unerfahren in den Ränken, welche Rache spinnt, für ganz unschädlich hielt und das ihr nur das Herz und die Treue des Gatten wiedergewinnen sollte, dachte nun die bedrängte Fürstin zum ersten Male wieder, seit sie es sorgsam verhüllt im Schranke geborgen. Jetzt galt es zu handeln. Sie schlich sich daher in das Gemach und färbte mit einer Flocke von weißem Lämmervliese, welche sie mit der Salbe getränkt hatte, im verborgenen ein köstliches Unterkleid, das für Herakles bestimmt war. Sorgfältig hütete sie während dieser Arbeit Flocke und Gewand vor dem Sonnenstrahl und schloß das blutrot gefärbte Kleid, schön zusammengefaltet, in ein Kästchen ein. Als dies geschehen war, warf sie die Wolle, die zu nichts mehr dienlich, auf die Erde, ging und überreichte dem herbeigerufenen Lichas das für ihren Gatten bestimmte Geschenk. »Bring meinem Gemahl«, sprach sie, »dieses schöngewobene Leibgewand, meiner eigenen Hände Werk. Kein andrer soll es tragen als er selbst; auch soll er das Kleid nicht dem Feuerherde oder dem Sonnenglanze aussetzen, bevor er es, am feierlichen Opfertage damit geschmückt, den Göttern gezeigt hat; denn dieses Gelübde habe ich getan, wenn ich ihn je siegreich zurückkehren sehen würde. Daß du ihm wirklich meine Botschaft bringest, soll er an diesem Siegelringe erkennen, den ich dir für ihn anvertraue«. Lichas versprach alles auszurichten, wie die Herrin befohlen; er verweilte keinen Augenblick länger im Palast, sondern eilte mit der Gabe nach Euböa, um den opfernden Herrn nicht länger ohne Kunde von der Heimat zu lassen. Einige Tage vergingen, und der älteste Sohn des Herakles und der Deïanira, Hyllos, war seinem Vater entgegengeeilt, um ihm die Ungeduld der harrenden Mutter zu schildern und ihn zu beschleunigter Heimkehr zu bewegen. Inzwischen hatte Deïanira zufällig das Gemach wieder betreten, wo das Zaubergewand von ihr gefärbt worden war. Sie fand die Wollenflocke, wie sie dieselbe unachtsam hingeworfen, auf dem Boden liegen, dem Sonnenstrahl ausgesetzt und von ihm durchwärmt. Ihr Anblick aber entsetzte sie; denn die Wolle war wie zu Staub oder Sägspänen zusammengeschwunden, und aus dem Überbleibseln zischte ein blasenvoller, giftiger Schaum auf. Eine dunkle Ahnung ergriff die jammervolle Frau, daß sie Unglückseliges begangen habe, und in entsetzlicher Unruhe durchirrte sie seit diesem Augenblicke den Palast.
Endlich kam Hyllos zurück, aber ohne den Vater. »O Mutter«, rief er ihr mit Abscheu zu, »ich wollte, du hättest nie gelebt, oder du wärest nie meine Mutter gewesen, oder die Götter hätten dir eine andere Sinnesart gegeben!« So unruhig die Fürstin schon vorher war, so erschrak sie doch noch mehr bei diesen Worten ihres Sohnes. »Kind«, erwiderte sie ihm, »was ist denn so Gehässiges an mir?« »Ich komme vom Vorgebirge Kenaion, Mutter«, entgegnete ihr der Sohn mit lautem Schluchzen, »du bist es, die mir den Vater dahingewürgt!« Deïanira wurde totenbleich, doch raffte sie sich zusammen und sprach: »Von wem weißt du solches, mein Sohn, wer darf mich so entsetzlicher Untat zeihen?« »Kein fremder Mund hat mich belehrt«, fuhr der Jüngling fort, »mit eigenen Augen habe ich mich von dem Jammerlose des Vaters überzeugt. Ich traf ihn auf dem Vorgebirge Kenaion, wo er eben dem Überwinder Zeus auf vielen Dankaltären zugleich Brandopfer schlachten wollte. Da erschien der Herold Lichas, sein Diener, mit deiner Gabe, deinem verfluchten, mörderischen Gewande. Deinem Auftrage folgend, legte der Vater das Unterkleid sogleich an, und damit geschmückt begann er die Opferung zwölf stattlicher Stiere. Anfangs betete der Unglückselige, deines schönen Schmuckes froh, voll Heiterkeit. Plötzlich aber, als die Opferglut schon gen Himmel flammte, durchbrach ein heftiger Schweiß seine Haut, das Gewand schien, wie vom Schmied angelötet, an seinen Seiten zu kleben, und ein Zucken fuhr durch sein ganzes Gebein. Als fräße eine Natter an seinem Leibe, schrie der Gequälte brüllend nach Lichas, dem unschuldigen Überbringer deines giftigen Gewandes; dieser kam und wiederholte unbefangen deinen Auftrag; der Vater aber ergriff ihn am Fuße und warf ihn an die Felsen des Meeres, daß er zerschmettert in der aufspritzenden Flut untersank. Das ganze Volk jammerte bei dieser Tat des Wahnsinnes auf, und niemand wagte sich dem rasenden Helden zu nähern. Dieser wälzte sich bald auf dem Boden, bald sprang er heulend wieder empor, daß rings Fels und Waldgebirge widerhallten. Er verfluchte dich und euren Ehebund, der ihm zur Todesqual geworden. Endlich kehrte er sich zu mir und rief. »Söhnlein, wenn du Mitleid mit deinem Vater empfindest, so schiffe mit mir ohne Zögerung fort, daß ich nicht im fremden Lande sterbe!« Auf dieses Verlangen legten wir den Armen in das Schiff, und unter Zuckungen brüllend ist er hier angelangt, und bald wirst du ihn lebendig oder tot vor dir sehen. Das alles ist dein Werk, Mutter. Den allerbesten Helden hast du jämmerlich dahingemordet!«
Deïanira, ohne sich auf diese schreckliche Rede zu rechtfertigen, verließ ihren Sohn Hyllos in schweigender Verzweiflung. Das Hausgesinde, dem sie ihr Geheimnis, den Gatten sich durch des Nessos Zaubersalbe treu zu erhalten, früher anvertraut hatte, belehrte den Knaben, daß sein Jähzorn der Mutter unrecht getan. Er eilte der Unglücklichen nach, aber er kam zu spät. Sie lag im Schlafgemach tot auf dem Lager ihres Gatten ausgestreckt, die Brust mit einem zweischneidigen Schwerte durchbohrt. Der Sohn umarmte jammernd die Leiche und streckte sich dann zu ihrer Seite hin, seine Unbedachtsamkeit beseufzend. Die Ankunft des Vaters im Palaste störte ihn aus dieser kläglichen Ruhe auf. »Sohn«, rief dieser, »Sohn, wo bist du? Zieh doch das Schwert gegen deinen Vater, durchhaue mir den Nacken und heile so die Wut, in welche deine gottlose Mutter mich versetzt hat! Zage nicht, sei mitleidig mit mir, mit einem Helden, der wie ein Mägdlein in Tränen schluchzen muß!« Dann wandte er sich verzweiflungsvoll an die Umstehenden, streckte seine Arme aus und rief. »Kennet ihr diese Glieder, denen das Mark entsaugt ist, noch? Es sind dieselben, die den Schrecken der Hirten, den Nemeischen Löwen, gebändigt, die den Drachen von Lerna erwürgt, die den Erymanthischen Eber erlegen halfen, die den Kerberos aus der Hölle heraufgetragen! Kein Speer, kein wildes Tier des Waldes, kein Gigantenheer hat mich überwältigt; die Hand eines Weibes hat mich vertilgt! Darum, Sohn, töte mich und strafe deine Mutter!«
Aber als Herakles aus dem Munde seines Sohnes Hyllos unter heiligen Beteuerungen erfuhr, daß seine Mutter die unfreiwillige Ursache seines Unglücks gewesen und ihre Unbedachtsamkeit mit dem Selbstmorde gebüßt habe, wandte sich sein Sinn vom Zorn zur Wehmut. Er verlobte seinen Sohn Hyllos mit der gefangenen Jungfrau Iole, die ihm selbst so lieb gewesen war, und da ein Orakel von Delphi gekommen, daß er auf dem Berge Öta, der zum Gebiete von Trachis gehörte, sein Leben beschließen müsse, so ließ er sich, seinen Qualen zum Trotz, auf den Gipfel dieses Berges tragen. Hier ward auf seinen Befehl ein Scheiterhaufen errichtet, auf welchem der kranke Held seinen Platz nahm. Und nun befahl er den Seinigen, den Holzstoß von unten anzuzünden. Aber niemand wollte ihm den traurigen Liebesdienst erweisen. Endlich entschloß sich auf die eindringliche Bitte des von Schmerzen bis zur Verzweiflung gequälten Helden sein Freund Philoktet, ihm den Willen zu tun. Zum Danke für diese Bereitwilligkeit reichte Herakles ihm seine unüberwindlichen Pfeile nebst dem siegreichen Bogen. Sobald der Scheiterhaufen angezündet war, schlugen Blitze vom Himmel darein und beschleunigten die Flammen. Da senkte sich eine Wolke herab auf den Holzstoß und trug den Unsterblichen unter Donnerschlägen zum Olymp empor. Als nun, da der Scheiterhaufen schnell zur Asche verbrannt war, Iolaos und die andern Freunde der Brandstätte sich näherten, die Überbleibsel des Helden zusammenzulesen, fanden sie kein einziges Gebein mehr. Sie konnten auch nicht länger zweifeln, daß Herakles, dem alten Götterspruche zufolge, aus dem Kreise der Menschen in den der Himmlischen versetzt worden sei, brachten ihm ein Totenopfer als einem Heros und weihten ihn so zu einer allmählich von ganz Griechenland verehrten Gottheit ein. Im Himmel empfing den vergötterten Herakles seine Freundin Athene und führte ihn in den Kreis der Unsterblichen. Hera selbst versöhnte sich mit ihm, nachdem er sein sterbliches Geschick vollendet. Sie gab ihm ihre Tochter Hebe, die Göttin der ewigen Jugend, zur Gemahlin, und diese gebar ihm droben im Olymp unsterbliche Kinder.