Kitabı oku: «Staatsrecht III», sayfa 18

Yazı tipi:

c) Regelung im GG

367

Gemäß Art. 59 Abs. 2 Satz 1 GG bedürfen Verträge, welche die politischen Beziehungen des Bundes regeln (Alternative 1) oder sich auf Gegenstände der Bundesgesetzgebung beziehen (Alternative 2), der Zustimmung oder Mitwirkung der jeweils für die Bundesgesetzgebung zuständigen Körperschaften in der Form eines Bundesgesetzes. Daraus ergibt sich, dass für derartige Verträge innerstaatlich das mehrphasige Verfahren vorgeschrieben ist. Für Verwaltungsabkommen (Art. 59 Abs. 2 Satz 2 GG; s. Rn 404 ff) ist hingegen grundsätzlich das einphasige Verfahren vorgesehen.

368

Der Sinn des Art. 59 Abs. 2 Satz 1 GG erhellt erst im Lichte des gewaltenteiligen Systems der Organkompetenzen im Bereich der auswärtigen Gewalt (s. dazu im Einzelnen Rn 1242 ff). Hierzu hat das BVerfG für das Verhältnis von Bundesregierung und Bundestag Folgendes grundlegend klargestellt (BVerfGE 131, S. 152 ff, 195 f):

„Das Grundgesetz hat in Anknüpfung an die traditionelle Staatsauffassung der Regierung im Bereich auswärtiger Politik einen weit bemessenen Spielraum zu eigenverantwortlicher Aufgabenwahrnehmung überlassen … Die Rolle des Parlaments ist schon aus Gründen der Funktionsgerechtigkeit in diesem Bereich beschränkt … Zwar sieht Art. 59 Abs. 2 Satz 1 GG für den Abschluss völkerrechtlicher Verträge, welche die politischen Beziehungen des Bundes regeln oder sich auf Gegenstände der Bundesgesetzgebung beziehen, die Notwendigkeit der Zustimmung oder Mitwirkung der jeweils für die Bundesgesetzgebung zuständigen Körperschaften in Form eines Bundesgesetzes vor. Der Verkehr mit anderen Staaten, die Vertretung in internationalen Organisationen, zwischenstaatlichen Einrichtungen und Systemen gegenseitiger kollektiver Sicherheit (Art. 24 Abs. 2 GG) sowie die Sicherstellung der gesamtstaatlichen Verantwortung bei der Außenvertretung Deutschlands fallen aber grundsätzlich in den Kompetenzbereich der Exekutive, insbesondere der Bundesregierung. Die grundsätzliche Zuordnung der Akte des auswärtigen Verkehrs zum Kompetenzbereich der Exekutive beruht auf der Annahme, dass institutionell und auf Dauer typischerweise allein die Regierung in hinreichendem Maße über die personellen, sachlichen und organisatorischen Möglichkeiten verfügt, auf wechselnde äußere Lagen zügig und sachgerecht zu reagieren, und so die staatliche Aufgabe, die auswärtigen Angelegenheiten verantwortlich wahrzunehmen, bestmöglich zu erfüllen … Eine erweiternde Auslegung der Zustimmungs- oder Mitwirkungsbefugnisse des Bundestages unter Überspielung der konkreten Ordnung der Verteilung und des Ausgleichs staatlicher Macht im Grundgesetz würde die außen- und sicherheitspolitische Handlungsfähigkeit der Bundesregierung ungerechtfertigt beschneiden und liefe auf eine nicht funktionsgerechte Teilung der Staatsgewalt hinaus … Sie lässt sich nicht auf einen aus dem Demokratieprinzip abgeleiteten allumfassenden Parlamentsvorbehalt stützen …

Auch die der Bundesregierung anvertraute auswärtige Gewalt steht aber nicht außerhalb parlamentarischer Kontrolle … Das parlamentarische Regierungssystem des Grundgesetzes stellt dem Deutschen Bundestag auch insoweit geeignete Instrumente für die politische Kontrolle der Bundesregierung zur Verfügung. Der Bundestag kann sein Frage-, Debatten- und Entschließungsrecht ausüben, seine Kontroll- und Haushaltsbefugnisse wahrnehmen und dadurch auf die Entscheidungen der Regierung einwirken oder durch Wahl eines neuen Bundeskanzlers die Regierung stürzen, Art. 67 Abs. 1 Satz 1 GG …

Bei der Gestaltung völkerrechtlicher Verträge ist der Bundestag grundsätzlich auf die nachträgliche Zustimmung gemäß Art. 59 Abs. 2 GG verwiesen (‚Ratifikationslage‘). Inwieweit die Bundesregierung in diesem Zusammenhang Unterrichtungspflichten treffen, die in den Bereich der vorausgehenden Vertragsverhandlungen hineinreichen, ist nicht grundsätzlich geklärt und hier nicht zu entscheiden.“

369

Vor diesem Hintergrund wird der Sinn und Zweck der Beteiligung der gesetzgebenden Körperschaften im Fall des Abschlusses völkerrechtlicher Verträge gemäß Art. 59 Abs. 2 Satz 1 GG deutlich (s. auch BVerfGE 141, S. 1 ff, 18 f). Zunächst ermöglicht der Gesetzesvorbehalt des Art. 59 Abs. 2 Satz 1 GG die parlamentarische Kontrolle der Exekutive, insbesondere der Bundesregierung, welche den Vertrag ausgehandelt und damit dessen Inhalt politisch gestaltet hat, ferner aber auch des Bundespräsidenten, der durch das Vertragsgesetz erst zur Wahrnehmung seiner (formalen) Außenvertretungsbefugnis ermächtigt wird. Über das parlamentarische Vertragsgesetz wird zugleich die demokratische Legitimation (Art. 20 Abs. 1 und Abs. 2 GG) des völkerrechtlichen Vertrags gewährleistet. Schließlich wird der Gleichlauf zwischen völkerrechtlicher Vertragsbindung und innerstaatlicher Rechtsetzung (jedenfalls auf Bundesebene) insofern gesichert, als die gesetzgebenden Körperschaften des Bundes im Bilde sind, welchen gesetzgeberischen Umsetzungsverpflichtungen sie ausgesetzt sind bzw welche gesetzgeberischen Spielräume ihnen noch verbleiben. Denn die Verabschiedung des Vertragsgesetzes gemäß Art. 59 Abs. 2 Satz 1 GG impliziert die Bereitschaft, die innerstaatliche Gesetzeslage an dem Vertrag auch für die Zukunft auszurichten. Schließlich wird durch die Zustimmung des Gesetzgebers zu einem Vertrag, der Pflichten des Einzelnen begründet bzw begründen soll, dem Vorbehalt des Gesetzes entsprochen, indem der Gesetzgeber diese (grundrechts-)wesentliche Entscheidung mit dem Erlass des Zustimmungsgesetzes gleichfalls in seinen Willen aufgenommen hat.

aa) Verträge, die die politischen Beziehungen des Bundes regeln

370

Der Begriff des sog. „politischen Vertrags“ iSv Art. 59 Abs. 2 Satz 1 GG ist eng auszulegen. Dies ergibt sich aus der Überlegung, dass im Grunde genommen jeder Vertrag mit einem Völkerrechtssubjekt die politischen Beziehungen des Bundes regelt. Es ist kaum ein Vertrag denkbar, der nicht auch eine politische Dimension hat. In diesem Sinne hat auch das BVerfG Folgendes ausgeführt (BVerfGE 1, S. 372 ff, 380 f):

„Ein Staatsvertrag wird nicht dadurch zu einem politischen im Sinne des Art. 59 Abs. 2 GG, daß er sich ganz allgemein mit öffentlichen Angelegenheiten, dem Gemeinwohl oder den Staatsgeschäften befaßt. Wäre dies der Fall, so wäre jeder Staatsvertrag politisch …“

371

Eine derart breite Begriffsbestimmung hätte zur Folge, dass damit praktisch jeder Vertrag der Zustimmung oder der Mitwirkung der jeweils für die Bundesgesetzgebung zuständigen Körperschaften gemäß Art. 59 Abs. 2 Satz 1 Alternative 1 GG bedürfte. Damit würde jeder Vertrag zugleich dem mehrphasigen Verfahren unterliegen. Die bewusst auf eine Unterscheidung zur 2. Alternative und zu anderen Verträgen iSv Art. 59 Abs. 2 Satz 2 GG angelegte Bestimmung des Art. 59 Abs. 2 Satz 1 Alternative 1 GG hätte damit jeden Sinn verloren.

372

Man wird daher – dem BVerfG folgend – den Begriff auf eine bestimmte Art von politischen Verträgen beschränken müssen. Die Faustformel lautet dabei „politisch = hochpolitisch“. Damit ist Folgendes gemeint (vgl BVerfGE 1, S. 372 ff, 381 f; 90, S. 286 ff, 359):

(1) Der Vertrag muss die Existenz der Bundesrepublik, ihre territoriale Integrität, ihre Unabhängigkeit, ihre Stellung oder ihr maßgebendes Gewicht in der Staatengemeinschaft berühren. Dazu zählen insbesondere solche Verträge, die die Machtstellung Deutschlands anderen Staaten gegenüber behaupten, befestigen oder erweitern.

(2) Diese politische Dimension muss Inhalt und Zweck des Vertrages sein. Es genügt nicht, wenn sie sich als Nebenwirkung des Vertrages ergibt.

Beispiele:

Friedensverträge, militärische Beistandsverträge, Abrüstungsverträge, Verträge über wesentliche Änderungen des Staatsgebiets, Nichtangriffsverträge etc. Die sog. Ostverträge (mit der ehemaligen UdSSR, Polen, der ehemaligen Tschechoslowakei und der ehemaligen DDR) waren nach Meinung des BVerfG politische Verträge iSv Art. 59 Abs. 2 Satz 1 Alternative 1 GG (BVerfGE 36, S. 1 ff, 13; 40, S. 141 ff, 164 f; 43, S. 203 ff, Leitsatz). Dasselbe gilt für den Beitritt der Bundesrepublik zur NATO und zu den VN (BVerfGE 90, S. 286 ff). Auch Verträge, welche die Übertragung von Hoheitsrechten auf supranationale Organisationen vorsehen (vgl Art. 23 Abs. 1 Satz 2, Art. 24 Abs. 1 GG), gehören regelmäßig zu den „hochpolitischen Verträgen“ (s. Rn 115 f, 127).

373

Lösung Fall 6 (Rn 336):

Der Vertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Tuvalu regelt nicht die politischen Beziehungen des Bundes iSv Art. 59 Abs. 2 Satz 1 Alternative 1 GG. Er ist kein „hochpolitischer“ Vertrag. Seine politische Dimension ergibt sich allenfalls als Nebenwirkung. Auf Grund dieser Vorschrift wäre daher kein mehrphasiges Verfahren vorgeschrieben.

374

Der Begriff des „politischen Vertrags“ iSv Art. 59 Abs. 2 Satz 1 Alternative 1 GG sollte aber nicht allzu restriktiv ausgelegt werden. Denn das BVerfG hat zu Recht auch Verträge, „die … die Ordnung der Staatengemeinschaft betreffen“, als „politisch“ aufgefasst (BVerfGE 1, S. 372 ff, 382). Zu solchen Verträgen dürften vielfach Verträge gehören, welche als „law-making treaties“ bezeichnet werden. Das sind völkerrechtliche Verträge, die – im Gegensatz zu Austauschverträgen („contractual treaties“) – rechtsetzender Natur sind, also auf völkerrechtlicher Ebene ein „Gesetz“ schaffen, indem sie einen bestimmten Bereich rechtlich ordnen. Dazu gehören zB die multilateralen Verträge des internationalen Menschenrechtsschutzes, des Humanitären Völkerrechts, des internationalen Umweltrechts oder des Wirtschaftsvölkerrechts. Freilich bedürfen diese Verträge vielfach (auch) deshalb eines Vertragsgesetzes, weil sie unter Art. 59 Abs. 2 Satz 1 Alternative 2 GG fallen.

bb) Verträge, die sich auf Gegenstände der Bundesgesetzgebung beziehen

375

Bei der Beurteilung, ob sich ein Vertrag auf Gegenstände der Bundesgesetzgebung iSv Art. 59 Abs. 2 Satz 1 Alternative 2 GG bezieht, darf nicht auf die bloße Zugehörigkeit der im Vertrag geregelten Materie zu einer Gesetzgebungskompetenz des Bundes abgestellt werden. Es kommt dabei also nicht auf die Verteilung der Gesetzgebungskompetenzen zwischen Bund und Ländern gemäß Art. 70 ff GG an. Vielmehr ist nach der hL und der Rechtsprechung des BVerfG entscheidend, „ob im konkreten Fall ein Vollzugsakt unter Mitwirkung der gesetzgebenden Körperschaften erforderlich ist“ (BVerfGE 1, S. 372 ff, 388). Daher bezieht sich ein Vertrag nur dann auf Gegenstände der Bundesgesetzgebung, „wenn zur Vollziehung des Vertrages ein Bundesgesetz erforderlich wird, wenn also der Bund durch den Vertrag Verpflichtungen übernimmt, deren Erfüllung allein durch Erlass eines Bundesgesetzes möglich ist.“ (BVerfGE 1, S. 372 ff, 389).

376

Man hat sich daher zu fragen, ob die deutschen Behörden, wenn sie den Vertragsinhalt vollziehen (den Vertrag also erfüllen), dazu einer bundesgesetzlichen Grundlage bedürfen oder nicht. Bedürfen sie einer bundesgesetzlichen Grundlage, so handelt es sich um einen Vertrag, der sich auf Gegenstände der Bundesgesetzgebung bezieht. Man kann auch so vorgehen, dass man sich vorstellt, der Vertragsinhalt sollte nicht auf der völkerrechtlichen, sondern auf der innerstaatlichen Ebene geregelt werden, und dabei untersucht, in welcher Form dies zu geschehen hätte. Kommt man zu dem Ergebnis, dass es dazu eines Bundesgesetzes bedürfte, kann man daraus wieder den Schluss ziehen, dass es sich um einen Vertrag handelt, der sich auf die Gegenstände der Bundesgesetzgebung bezieht. Der Begriff „Bundesgesetzgebung“ ist also zu sehen als Gegensatz zu „Bundesverwaltung“. Wenn die Bundesverwaltung den Vertrag auch ohne Gesetz vollziehen kann, dann liegt eben kein Fall des Art. 59 Abs. 2 Satz 1 Alternative 2 GG vor, und eine Zustimmung oder Mitwirkung der für die Bundesgesetzgebung zuständigen Körperschaften ist nicht notwendig.

377

Lösung Fall 6 (Rn 336):

1. Art. 17 Buchst. c des Vertrages zwischen der Bundesrepublik und Tuvalu sieht vor, dass die in der Bundesrepublik ansässigen Staatsangehörigen von Tuvalu zur Einkommensteuer nur bezüglich inländischer Einkommen herangezogen werden. Es ist daher zu untersuchen, ob sich diese Bestimmung auf Gegenstände der Bundesgesetzgebung bezieht.

2. Gemäß Art. 105 Abs. 2 iVm 106 Abs. 3 GG hat der Bund die (konkurrierende) Gesetzgebungszuständigkeit für die Einkommensteuer.

Daraus allein kann nun aber nicht abgeleitet werden, dass es sich um einen Vertrag gemäß Art. 59 Abs. 2 Satz 1 Alternative 2 GG handelt. Hingegen muss geprüft werden, ob die auf das inländische Einkommen beschränkte Besteuerung eines im Inland ansässigen Ausländers einer gesetzlichen Regelung bedarf.

3. Gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 iVm § 2 Abs. 1 Einkommensteuergesetz unterliegt ein im Inland ansässiger Ausländer mit seinem Welteinkommen der Einkommensteuerpflicht. Soll diese Regelung dahingehend geändert werden, dass für die Staatsangehörigen von Tuvalu nicht mehr das Welteinkommen, sondern nur mehr das inländische Einkommen steuerpflichtig ist, bedarf es dazu einer gesetzlichen Regelung in Form einer Änderung der genannten Rechtsgrundlage. Daher handelt es sich bei dem Vertrag zwischen der Bundesrepublik und Tuvalu um einen Vertrag, der sich auf Gegenstände der Bundesgesetzgebung bezieht, und deshalb ist gemäß Art. 59 Abs. 2 Satz 1 Alternative 2 GG die Zustimmung oder Mitwirkung der jeweils für die Bundesgesetzgebung zuständigen Körperschaften in Form eines Bundesgesetzes notwendig.

4. Aus alledem folgt, dass der Vertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Tuvalu nicht nur wegen des Ratifikationsvorbehalts (s. Rn 366), sondern auch wegen des Inhalts des Art. 17 Buchst. c im mehrphasigen Verfahren abgeschlossen werden muss.

378

Zur Begründung für eine derartige Auslegung des Art. 59 Abs. 2 Satz 1 Alternative 2 GG (Rn 375 f) wird allgemein angeführt, dass damit erreicht werden solle, dass der Bundespräsident keine Verträge abschließt, die ohne Mitwirkung der gesetzgebenden Körperschaften nicht erfüllt werden können, deren Einhaltung er also gar nicht garantieren kann (vgl BVerfGE 1, S. 372 ff, 390). Wenn Gesetze zur Vollziehung eines Vertrages notwendig sind, muss zum Zwecke der Erfüllungsgarantie die Gesetzgebung von vornherein mitbeteiligt und einbezogen werden.

379

Das BVerfG hat den Kreis der von Art. 59 Abs. 2 Satz 1 Alternative 2 GG umfassten Verträge noch erweitert, indem es auch für die Verträge eine Zustimmung oder Mitwirkung der gesetzgebenden Körperschaften fordert, zu deren Vollziehung zwar nicht ein Gesetz, aber eine Verordnung notwendig ist, die der Zustimmung von Bundestag oder Bundesrat bedarf (BVerfGE 1, S. 372 ff, 390). Dabei handelt es sich meist um Verordnungen gemäß Art. 80 Abs. 2 GG. Die Praxis folgt – unterstützt von Teilen der Literatur – dieser Auslegung allerdings nicht unbedingt (s. Rn 392 f).

Beispiel:

Gemäß Art. 5 Abs. 1 des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Österreich über den erleichterten Straßendurchgangsverkehr zwischen Salzburg und Lofer über deutsches Gebiet und zwischen Garmisch-Partenkirchen und Pfronten/Füssen über österreichisches Gebiet vom 14. September 1955 (BGBl. 1957 II, S. 586 ff) bedurften deutsche bzw österreichische Staatsangehörige beim Straßendurchgangsverkehr durch das fremde Staatsgebiet keines Reisepasses, sondern lediglich eines amtlichen Lichtbildausweises.

Gemäß § 1 des damals geltenden Gesetzes über das Passwesen waren Ausländer, die in das Gebiet des Geltungsbereiches des Gesetzes einreisen oder dieses Gebiet verlassen, verpflichtet, sich durch einen Pass über ihre Person auszuweisen.

Gemäß § 3 Abs. 1 Buchst. a und b des Gesetzes konnte der Bundesminister des Inneren durch Rechtsverordnung davon Ausnahmen festlegen. Eine solche Verordnung bedurfte der Zustimmung des Bundesrates.

Daraus folgt, dass der Vertrag zwischen der Bundesrepublik und Österreich ein Vertrag war, der sich auf Gegenstände der Bundesgesetzgebung bezog und daher eines Vertragsgesetzes bedurfte, was auch geschah (BGBl. 1957 II, S. 585). Folgt man allerdings der in der Praxis und in Teilen der Literatur vertretenen Gegenansicht (s. Rn 392 f), dann bedarf es in einem derartigen Fall nicht eines Vertragsgesetzes. Es genügt, dass der Bundesrat dem Vertrag durch schlichten Beschluss zustimmt.

380

Ein besonderes Problem stellt sich in den Fällen, in denen der Bund völkerrechtliche Verträge über Gegenstände der Landesgesetzgebung abschließt (s. Rn 310 ff). Wenn solche Verträge nur dadurch erfüllt werden können, dass die Länder Gesetze erlassen, scheint nach der dargestellten Auslegung des Art. 59 Abs. 2 Satz 1 Alternative 2 GG kein Vertrag anzunehmen zu sein, der sich auf Gegenstände der Bundesgesetzgebung bezieht. Auch fällt die Begründung für die herrschende Auslegung weg, da die für die Bundesgesetzgebung zuständigen Körperschaften durch ihre Zustimmung oder Mitwirkung nicht mehr die Erfüllung des Vertrages garantieren können, weil sie für den Erlass der die Erfüllung sichernden Gesetze gar nicht zuständig sind. Dennoch geht die hL davon aus, dass auch in diesen Fällen Art. 59 Abs. 2 Satz 1 GG zur Anwendung kommt. Das bedeutet, dass Art. 59 Abs. 2 Satz 1 Alternative 2 GG entgegen seinem Wortlaut ausgelegt wird, indem man „Bundesgesetzgebung“ liest als „Bundes- oder Landesgesetzgebung“, „Gesetzgebung“ oder „Gesetzgebung in der Bundesrepublik“.

381

Auf Art. 73 f GG kommt es für die Einordnung eines völkerrechtlichen Vertrags unter Art. 59 Abs. 2 Satz 1 Alternative 2 GG also nicht an (s. Rn 375). Wie auch der Normzusammenhang zeigt, geht es in Art. 59 Abs. 2 Satz 1 GG nämlich nicht um das bundesstaatliche Verhältnis von Bund und Ländern, sondern um das gewaltenteilige Verhältnis zwischen Organen der Legislative (Bundestag, Bundesrat) und der Exekutive (Bundesregierung, Bundespräsident, Verwaltung).

382

Verträge, die sich im vorgenannten Sinne gemäß Art. 59 Abs. 2 Satz 1 Alternative 2 GG auf Gegenstände der „Gesetzgebung“ (sei es des Bundes, sei es der Länder) beziehen, sind zB Verträge, deren Umsetzung die innerstaatliche Normierung von Pflichten des Einzelnen erfordert. Weil und soweit damit Eingriffe in Grundrechte verbunden sind, wird nämlich der grundrechtliche Vorbehalt des Gesetzes ausgelöst. Auch haushaltswirksame Vertragsverpflichtungen zB zur Leistung von Finanztransfers oder Übernahme von Bürgschaften kann zur Notwendigkeit eines Vertragsgesetzes nach Art. 59 Abs. 2 Satz 1 Alternative 2 GG führen (vgl Art. 110 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1, Art. 115 Abs. 1 GG). Ferner fallen solche Verträge unter Art. 59 Abs. 2 Satz 1 Alternative 2 GG, die nur durch Änderung formeller Gesetze des Bundes oder der Länder erfüllt werden können.

383

Lösung Fall 6 (Rn 336):

1. Art. 5 des Vertrages zwischen der Bundesrepublik und Tuvalu sieht vor, dass die Staatsangehörigen von Tuvalu in der Bundesrepublik ein freies und ungehindertes Zugangsrecht zu allen Schulen genießen. Damit ist (neben dem ohnehin auf Grund der Schulpflicht existierenden Zugangsrecht zu öffentlichen Schulen) auch das Zugangsrecht zu Privatschulen impliziert, auch wenn diese den Zugang zB von einer bestimmten religiösen oder weltanschaulichen Zugehörigkeit abhängig machen. Die Erfüllung des Vertrages ist nur möglich, wenn die Privatschulgesetze der Länder, die eine solche Beschränkung der Zugangsmöglichkeit zulassen, geändert werden. Dazu besitzen aber nur die Länder die Gesetzgebungskompetenz. Da die hL Art. 59 Abs. 2 Satz 1 Alternative 2 GG aber dahingehend auslegt, dass „Bundesgesetzgebung“ „Bundes- oder Landesgesetzgebung“ heißt, bedarf der Vertrag der Zustimmung oder Mitwirkung von Bundestag und Bundesrat.

2. Aus alledem folgt, dass der Vertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Tuvalu nicht nur wegen des Ratifikationsvorbehalts (s. Rn 366) und des Inhalts des Art. 17 Buchst. c (s. Rn 377), sondern auch wegen des Inhalts des Art. 5 im mehrphasigen Verfahren abgeschlossen werden muss.

384

Das am meisten umstrittene Problem bei der Auslegung des Art. 59 Abs. 2 Satz 1 Alternative 2 GG ist das der sog. Parallelverträge. Darunter versteht man Verträge, die zwar der Zustimmung oder Mitwirkung von Bundestag und Bundesrat unterliegen, da zu ihrer Erfüllung ein Bundes- oder Landesgesetz notwendig ist, deren Inhalt aber bereits mit der bestehenden innerstaatlichen Rechtslage übereinstimmt. Für die Erfüllung des Vertrages wäre zwar ein Gesetz notwendig, aber dieses existiert bereits. Es geht bei dem Problem der Parallelverträge also darum, ob die Notwendigkeit der Vertragserfüllung durch Bundes- oder Landesgesetz konkret oder abstrakt geprüft werden muss.

385

Die Rechtsprechung des BVerfG scheint eher der konkreten Theorie zuzuneigen, wenn ausgeführt wird: „Entscheidend ist vielmehr, ob im konkreten Fall ein Vollzugsakt unter Mitwirkung der gesetzgebenden Körperschaften erforderlich ist“ (BVerfGE 1, S. 372 ff, 388). In der Lehre wird heute mehrheitlich die abstrakte Theorie vertreten. Dabei ist darauf abzustellen, dass der Sinn des Art. 59 Abs. 2 Satz 1 Alternative 2 GG auch darin zu sehen ist, dass bei gewissen völkerrechtlichen Verträgen ein Mitbestimmungsrecht der gesetzgebenden Körperschaften existieren soll. Dies kann nicht davon abhängen, ob zufällig schon paralleles innerstaatliches Recht existiert oder nicht. Zudem hat ein solcher Vertrag Auswirkungen auf die Gesetzgebung insofern, als das innerstaatliche Gesetz (ohne Vertragsverstoß) solange nicht abgeändert werden darf, als der Vertrag existiert. Damit aber muss der Gesetzgeber einverstanden sein; das darf ihm nicht durch den Vertragsabschluss seitens der Exekutive aufgezwungen werden. In der Praxis werden daher auch bei Parallelverträgen üblicherweise Vertragsgesetze erlassen.

Beispiele:

(1) Das Europäische Übereinkommen über die Zollbehandlung von Paletten, die im internationalen Verkehr verwendet werden (BGBl. 1964 II, S. 407 ff), sieht unter bestimmten Umständen die abgabenfreie Einfuhr von Paletten vor. Nach § 5 des Zollgesetzes (BGBl. 1961 I, S. 737 ff) iVm § 43 der (damals geltenden) Allgemeinen Zollordnung (BGBl. 1961 I, S. 1949 f) war für solche Fälle eine zollfreie Einfuhr bereits vorgesehen. Das Übereinkommen bezog sich zwar auf Gegenstände der Bundesgesetzgebung, da eine bundesgesetzliche Ausnahme von der allgemeinen Zollschuld notwendig war, um das Übereinkommen erfüllen zu können. § 43 AZO stellte aber paralleles Recht dar. Trotzdem wurde ein Vertragsgesetz gemäß Art. 59 Abs. 2 Satz 1 Alternative 2 GG erlassen (BGBl. 1964 II, S. 406).

(2) Zur UNESCO-Welterbekonvention (Übereinkommen zum Schutz des Kultur- und Naturerbes der Welt vom 2. Februar 1977; BGBl. 1977 II, S. 215 ff) erging kein Vertragsgesetz iSv Art. 59 Abs. 2 Satz 1 GG. Vielmehr wurde dieser völkerrechtliche Vertrag lediglich aufgrund eines zustimmenden Beschlusses des Bundeskabinetts, also als Verwaltungsabkommen iSv Art. 59 Abs. 2 Satz 2 GG, ratifiziert. Die Bundesregierung begründete ihr Vorgehen seinerzeit damit, dass die innerstaatliche Gesetzeslage bereits der Welterbekonvention entsprach. Nach der abstrakten Theorie wäre gleichwohl ein Vertragsgesetz gemäß Art. 59 Abs. 2 Satz 1 Alternative 2 GG erforderlich gewesen.

386

Ein besonderes Problem im Zusammenhang mit Artikel 59 Abs. 2 Satz 1 GG stellt sich auch im Hinblick auf die Fortentwicklung völkerrechtlicher Verträge und deren Abgrenzung von der Änderung solcher Verträge (vgl dazu Rn 443 ff), die ihrerseits in der Regel die erneute Zustimmung der gesetzgebenden Körperschaften erforderlich macht (s. Rn 446 ff). Es stellt sich dabei also die Frage, ob die tatsächliche Entwicklung, die ein völkerrechtlicher Vertrag durchläuft, noch von seinem Vertragsgesetz gedeckt ist. Während eine bloße Fortentwicklung eines völkerrechtlichen Vertrages von dem ursprünglichen Vertragsgesetz getragen wird, ist sowohl bei einer förmlichen als auch bei einer konkludenten Änderung die erneute Zustimmung geboten. Wann eine Änderung in diesem Sinne anzunehmen ist, hängt stark vom jeweiligen völkerrechtlichen Vertrag bzw dem Verhalten der Vertragsparteien ab und kann nicht allgemeingültig geklärt werden.

Beispiele:

(1) Die Zustimmung der Bundesregierung zum neuen Strategischen Konzept der NATO von 1999 erfolgte ohne Zustimmung der gesetzgebenden Körperschaften. Dieses sicherheitspolitische Konzept sah ua sog. Krisenreaktionseinsätze der NATO außerhalb des Bündnisgebietes vor, ohne dass es hierfür eines vorgängigen Angriffs auf eines der NATO-Staaten bedurfte. Das von der Bundestagsfraktion der PDS im Rahmen eines Organstreitverfahrens angerufene BVerfG sah darin keinen Verstoß gegen Art. 59 Abs. 2 Satz 1 (und Art. 24 Abs. 2) GG. Durch die Zustimmung der Bundesregierung seien weder die Grenzen des Vertragsgesetzes zum Nordatlantikvertrag noch die Zweckbestimmung der NATO als Bündnis der Friedenswahrung für Europa und Nordamerika überschritten worden. Für die Fortentwicklung des Vertrags unterhalb der Schwelle der Vertragsänderung sei eine Zustimmung der gesetzgebenden Körperschaften, namentlich des Bundestages, nicht erforderlich (BVerfGE 104, S. 151 ff).

(2) Ebenso verhält es sich nach Meinung des BVerfG bei dem durch die NATO geführten Einsatz einer Internationalen Sicherheitsunterstützungsgruppe (ISAF) in Afghanistan. Dieser Einsatz – auch außerhalb des Gebiets der NATO-Staaten – diente der Sicherheit des euro-atlantischen Raums und damit dem regionalen Verteidigungsbündnis der NATO. Er überschreite auch nicht die wesentlichen Strukturentscheidungen des Nordatlantikvertrags, sondern bewege sich mit seiner friedenswahrenden Ausrichtung gerade innerhalb des Integrationsprogramms der NATO. Deshalb bedürfe der deutsche Tornado-Einsatz in Afghanistan entgegen der Forderung der Bundestagsfraktion PDS/Die Linke auch nicht der Zustimmung der gesetzgebenden Körperschaften, namentlich des Bundestages gemäß Art. 59 Abs. 2 Satz 1 iVm Art. 24 Abs. 2 GG (BVerfGE 118, S. 244 ff).

(3) Erfolglos blieb auch ein Antrag der Bundestagsfraktion DIE LINKE im Organstreitverfahren gegen Bundestag und Bundesregierung, der im Auslandseinsatz der Bundeswehr zur Bekämpfung des sog. „Islamischen Staats“ (IS) eine Verletzung der Rechte des Bundestags mit der Begründung sah, dass ein solcher Einsatz auf einer unvertretbar weiten Auslegung des Rechts auf individuelle und kollektive Selbstverteidigung aus Art. 51 SVN beruhe und deshalb nicht mehr vom Vertragsgesetz zur SVN (BGBl. 1973 II, S. 430 ff) gemäß Art. 59 Abs. 2 Satz 1 iVm Art. 24 Abs. 2 GG gedeckt sei. Das BVerfG hielt dem mit Rücksicht auf Wortlaut sowie Sinn und Zweck des Art. 51 SVN entgegen, die Auffassung, dass sich das Selbstverteidigungsrecht auch gegen Angriffe nichtstaatlicher Gewaltakteure, namentlich von Terrororganisationen, richten könne, sei zumindet vertretbar (BVerfG, Beschluss vom 17. September 2019 – 2 BvR 2/16, Rz 49 ff).

387

Keine Zustimmung oder Mitwirkung der gesetzgebenden Körperschaften ist notwendig, wenn der Vertrag durch eine Verordnung vollzogen werden kann, weil und soweit bereits eine gesetzliche Verordnungsermächtigung gemäß Art. 80 Abs. 1 GG vorliegt (BVerfGE 1, S. 372 ff, 393). Allerdings wird gefordert, dass diese Ermächtigung zumindest nach dem mutmaßlichen Willen des Gesetzgebers die Befugnis zum Abschluss eines Vertrags beinhaltet („Auslandsbezogenheit“ der Ermächtigung). Anderenfalls müssten die gesetzgebenden Körperschaften beteiligt werden (s. Streinz, in: Sachs, Art. 59, Rz 36 mwN).

388

Zusammenfassend ist nach den vom Bundesministerium der Justiz herausgegebenen „Richtlinien für die Fassung von Vertragsgesetzen und vertragsbezogenen Verordnungen“ (Neufassung 2007) eine Zustimmung oder Mitwirkung der gesetzgebenden Körperschaften regelmäßig dann erforderlich, wenn der Vertrag (Ziff. 1.1.3 der Richtlinien):

(1) Rechte und Pflichten für den Einzelnen begründet;

(2) Bestimmungen enthält, deren Durchführung die Mitwirkung des formellen Bundes- oder Landesgesetzgebers erforderlich macht;

(3) Bestimmungen enthält, mit denen die gegenwärtige innerstaatliche Gesetzeslage bereits übereinstimmt (sog. Parallelabkommen: durch die Vereinbarung entsteht die völkerrechtliche Verpflichtung der Aufrechterhaltung der Gesetzeslage);

(4) finanzielle Verpflichtungen – über bloße haushaltsmäßige Auswirkungen hinaus – enthält, die nach den finanzverfassungsrechtlichen Vorschriften des GG eine gesetzliche Regelung erfordern (vgl Art. 115 GG);

(5) einen bestehenden Vertrag, der Gegenstand eines Vertragsgesetzes war, ändert oder ergänzt.

Ücretsiz ön izlemeyi tamamladınız.

Türler ve etiketler
Yaş sınırı:
0+
Hacim:
1103 s. 6 illüstrasyon
ISBN:
9783811492813
Yayıncı:
Telif hakkı:
Bookwire
İndirme biçimi:
epub, fb2, fb3, ios.epub, mobi, pdf, txt, zip