Kitabı oku: «I. Die Bio-Ökonomie - Die nachhaltige Nischenstrategie des Menschen», sayfa 3
Über die Angemessenheit einer jeweiligen Analogiebildung kann folglich nur ganz konkret entschieden werden. Im Übrigen sind die strukturellen Analogien zwischen den Entwicklungsmustern von natürlichen und sozialen, gesellschaftlichen Systemen schon sehr früh erkannt worden. So haben die Pioniere der amerikanischen Sozialökologie schon seit den frühen zwanziger Jahren die anhand der Abläufe in ökologischen Systemen erkannten Gesetzmäßigkeiten genutzt, um Fehlentwicklungen in den sozialen Strukturen der Gesellschaft aufzudecken und durch eine Rückbesinnung auf universelle und umgreifende Entwicklungsgesetze zu therapieren. Die Sozialökologie befasst sich mit der Untersuchung von Form und Entwicklung der menschlichen Gemeinde und verwendet dabei auch die Begriffe der Dominanz und Sukzession. Mit letzterer wird dabei, anknüpfend an die biologische Ökologie, der nacheinander erfolgende Austausch von Bevölkerungen in einem gemischten Gebiet beschrieben: „Auch die(se) Entwicklung kulminiert in einer Klimaxphase, in der die Bevölkerung so gut an die Umwelt angepasst ist, dass sie ihre Kontrolle über das Gebiet unbegrenzt aufrechterhalten kann.”[42] Nicht nur Sozialwissenschaftler, auch physische Anthropologen verwenden ökologische Begriffe in ihren Untersuchungen über die menschliche Entwicklung, ohne jedoch eine formale Definition des Gegenstandes zu geben. Wenn es auch scheint, als habe die Ökologie nur eine einzige Herkunftsquelle, so kann sie doch auf unterschiedliche Kontexte zurückblicken. Schon seit ihrer Entstehung machen Soziologen und andere Wissenschaftler bei den unterschiedlichen Begriffsbildungen der Pflanzen- und Tierökologen Anleihen für ihre eigenen Konzeptionen. Die Möglichkeit erweiterter Anwendungen ist im Übrigen in der Ökologie selbst angelegt. Es gibt nämlich bis heute noch keine allgemein verbindliche und anerkannte Typologie und Klassifikation von Ökosystemen.[43] So bestehen auch hinsichtlich der maximalen Größe von Ökosystemen keine Beschränkungen. Wenn schon übereinstimmend das Weltmeer als zusammenhängendes globales Ökosystem betrachtet wird, warum dann nicht den gesamten Erdball als riesiges Ökosystem auffassen, das in die Energieströme des Kosmos eingebettet und auf externe Energiezufuhr durch die Sonne angewiesen ist, im Prinzip jedoch von den gleichen Steuerungsprinzipien reguliert wird, wie jedes kleinere, abgegrenzte Ökosystem auch. Diese Sichtweise dürfte auch bei dem Bild der Erde als riesiges Raumschiff Pate gestanden haben, wie es der amerikanische Ökonom Kenneth E. Boulding schon zu Beginn der siebziger Jahre gezeichnet hat.[44] Boulding beschreibt den Planeten als geschlossenes System mit beschränkten Vorräten an Brennstoffen und Energie. Er fordert eine Wirtschaftspolitik, die diesem Bild entspricht, das heißt der Begrenztheit der Ressourcen Rechnung trägt und die Erde als die Lebensnische des Menschen zu erhalten bestrebt ist. Die herrschende Wachstumswirtschaft nennt er eine Cowboy-Ökonomie, für die allein hohe Produktions- und Konsumraten und eine wachsende Einsatzmenge der Produktionsfaktoren die Kriterien des Erfolgs sind. Der Cowboy-Ökonomie stellt er die Spacemen-Ökonomie gegenüber, in der das Bewahren der Natur wichtiger ist als hohe Raten von Produktion und Verbrauch und die daher auf einem sparsamen Umgang mit natürlichen Ressourcen besonderen Nachdruck legt.
Die ökonomischen Aktivitäten der Menschen können in ihren verschiedenen Ausprägungen als nischenspezifische Strategien gesehen werden, die im Kern alle auf das Ziel ausgerichtet sind, Lebensmöglichkeiten im globalen ökologischen System zu erhalten und zu erweitern. Im Folgenden wird die Entwicklung der industriellen Wachstumswirtschaft mit der Kolonisierungsphase eines Ökosystems in Beziehung gesetzt und die klimaktische Phase eines reifen und stabilen Ökosystems mit der Perspektive einer nachhaltigen und post-industriellen Wirtschaftsordnung und Lebensweise verknüpft. Während die koloniale Pioniergesellschaft durch hohe Geburtenraten, hohe Wachstumsraten und hohe Profite sowie eine massive Ausbeutung der natürlichen Ressourcen bestimmt ist, herrschen in der klimaktischen Gesellschaft ausgeglichene Geburtenraten, symbiotische Beziehungen zwischen den Lebewesen, weitestgehendes Recycling von Rohstoffen und eine Gleichgewichtsstrategie in allen Beziehungs-Netzwerken. Gleichgewicht in solchen Systemen bedeutet jedoch kein statisches, sondern ein kybernetisches Gleichgewicht, durch das eine einmal entwickelte Systemstruktur beim Durchlauf von Materie und Energie unterhalten wird. Industrielle Wachstumsökonomien bringen solche Gleichgewichtsstrukturen nur sehr zeitweilig zustande. Im Kern handelt es sich um permanent Instabilitäten erzeugende Systeme. Um die Gefahr des Kollabierens zu umgehen, ist es notwendig, ihre Regelungsmechanismen in Übereinstimmung mit allgemeinen ökodynamischen Prinzipien zu bringen. Die vier grundlegenden ökodynamischen Prinzipien liegen - vereinfacht ausgedrückt - darin, dass alle lebenden Systeme in Richtung eines klimaktischen, stabilen Zustandes tendieren und bestrebt sind, ihre Strukturen und ihr Verhalten zu konservieren, weiterhin dass sie selbstgesteuert arbeiten und nachhaltige Gleichgewichtszustände anstreben und auf Störungen ihrer Stabilität schließlich, jedes Mal mit der Suche nach neuen klimaktischen Zuständen reagieren.[45]
Im Konzept einer nachhaltigen Wirtschaftsweise wird die Re-Orientierung an ökologischen Steuerungsprinzipien zunächst um die Begriffe der Stabilität, Diversität (Artenreichtum und Artenvielfalt) und Komplexität gruppiert und später um die Aspekte der Energietransformation, der Stoffkreisläufe und der Entropie (Ausdruck der unumkehrbaren Verlaufsrichtung aller energetisch-physikalischen Prozesse) erweitert. Wie später anhand der Entropiediskussion gezeigt wird, ist das Phänomen der Komplexität von zwei Seiten her zu betrachten: Einerseits ist die Entstehung moderner Industriegesellschaften durch eine gewaltige Zunahme an Komplexität auf allen Stufen der gesellschaftlichen Organisation gekennzeichnet, während andererseits dieser Komplexitätszuwachs in der gesellschaftlichen Sphäre mit einer allgemeinen Komplexitätsreduktion, das heißt der Rückführung auf einfache Strukturen (zum Beispiel durch Raubbau und Monokultur) im Bereich der ökologischen Systeme bezahlt werden muss, auf deren Kosten sich die menschliche Nischenstrategie etabliert.
Wenn wir zwischen stofflichen, energetischen und gesellschaftlichen Betrachtungsebenen unterscheiden, kommen wir nicht umhin, verschiedene Prinzipien zu formulieren, welche die jeweils unterschiedlichen Verlaufsrichtungen der zu untersuchenden Prozesse bestimmen. Materielle Austauschprozesse kennen weder Zu- noch Abnahme. Es sind lediglich die Formen der Stoffe, die sich in unendlichen Kreislaufbewegungen über Zerstörung zu Neubildung, erneuter Zerstörung und folgende Neubildung usw. verändern, aber dabei letztlich weder an Quantität gewinnen noch verlieren. Stoffliche, also unter dem Gesichtspunkt des Materieaustausches auftretende Prozesse sind jedoch vom Standpunkt der energetischen Transformationen aus gesehen Verlustvorgänge, weil durch eine Zunahme von Entropie gekennzeichnet. Was allerdings materiell als Umformung und energetisch als Verlust erscheint, ist von der gesellschaftlichen Ebene der Verwandlung von Naturstoffen zu Gebrauchswerten her betrachtet, die Erwirtschaftung eines Überschusses, der aufgrund seiner Nützlichkeit menschliche Bedürfnisse befriedigt. Bei der Diskussion um Strategien zur Überwindung der Kontraproduktivitäten der industriellen Wachstumswirtschaft und Wegen zur Nachhaltigkeit sollte man diese unterschiedlichen Betrachtungsebenen nicht aus dem Blick verlieren.
Das Konzept einer nachhaltigen Wirtschaftsweise, einer in gewisser Hinsicht stationären Wirtschaft, die eine Harmonie von Mensch und Natur anstrebt, geht auf John Stuart Mill zurück, der schon vor über hundert Jahren vorausgesehen hatte, dass am Ende des progressiven Wachstums der stationäre Zustand als unwiderstehliche Notwendigkeit liegt, und der in ihm einen erstrebenswerten Zustand menschlicher Entwicklung sah.[46] Umfassendere neue Überlegungen einer Steady-State-Wirtschaft wurden von Herman E. Daly[47] in den siebziger Jahren vorgetragen. Weil in einer begrenzten Welt nichts mit unbegrenzter Geschwindigkeit wachsen kann, fordert das Steady-State-Konzept, dass bestimmte physische Größen konstant zu halten sind, um die Nischenstrategie des Menschen mit den Existenzbedingungen seines ökologischen Lebensraums in Einklang zu bringen. Dadurch soll der menschlichen Gattung eine maximale Lebensdauer ermöglicht werden. Dalys Konzept bezieht sich nur auf das Konstanthalten von physischen Größen. Keinesfalls sollen Wissen, Information, kulturelle Entwicklung und andere nicht-physische Größen konstant gehalten werden. Heute wird offensichtlich, dass der herrschende industrielle Wachstumskurs nicht unbeschränkt fortgeführt werden kann. Die Menschheit befindet sich vor einer Transformationsperiode, deren wahrscheinliche Strukturen sich bereits deutlich abzeichnen. Aus dieser Perspektive erscheint die ökologische Krise nicht als bloße Katastrophe, sondern auch als eine Chance zur Umwandlung. Veränderung wird somit zum Leitbild der Zukunftsentwicklung.[48]
Das Konzept einer nachhaltigen, auf Stabilität und Dauer gerichteten Wirtschafts- und Lebensweise gründet auf Erkenntnissen gewonnen aus der Beobachtung natürlicher Ökosysteme und traditioneller Mischkulturen. Anstelle des Kampfes gegen die Natur stehen hier Kooperation und Dialog mit der Lebensumwelt. Orientierungspunkte sind maximales Verstehen und minimale Einmischung. Die gesellschaftliche Perspektive liegt in einem Zusammenschluss sich auf eigene Kräfte stützender kommunaler Einheiten auf der Basis innerer Autonomie und Stärke. Solche konzeptionellen Orientierungen sehen die Wirklichkeit als komplexes Netzwerk vielfach ineinander verwobener Faktoren, die sich alle in wechselseitiger Abhängigkeit voneinander entwickeln. Nicht nur in der modernen Systemtheorie und Arthur Koestlers Idee des Holons als Entität finden sich Muster eines solchen Bildes der Wirklichkeit, sondern bereits im Lehrgebäude des Pali-Buddhismus wird mit der Metapher vom Juwelennetz Indras das Entstehen aller Dinge in Abhängigkeit gelehrt. Das Juwelennetz Indras verkörpert im frühen Buddhismus die Lehre vom Entstehen in Abhängigkeit, die besagt, dass sich alle Phänomene wechselseitig bedingen. An jeder Verzweigung dieses Netzes liegt ein lichtreflektierendes Juwel (das heißt ein Phänomen, Ding etc.) und jedes Juwel enthält ein weiteres Netz ad infinitum. Aber jedes Juwel existiert nur als Reflexion aller anderen und besitzt keine Selbstnatur. Alle Phänomene können daher mit dem Ganzen identifiziert werden. Keines hat eine Eigenexistenz, außer als Manifestation des Ganzen.[49] Unsere Bild von uns selbst und unsere Wahrnehmung der Natur sind keine separaten Entitäten, sondern Teile einer zusammenhängenden komplexen Realität. Der Zustand der Welt hängt maßgeblich vom Zustand unseres Denkens und Fühlens ab. Ökologische Veränderung beginnt daher mit einer veränderten Wahrnehmung unseres Selbst und der Art und Weise unseres Seins in der Welt. Die Umgestaltung des eigenen Selbst ist der erste Schritt einer ökologischen Umgestaltung der Wirklichkeit.
Fragen der Wirtschaftsweise sind immer Fragen der menschlichen Naturbegegnung, weil ohne Natur weder Produktion noch Verbrauch möglich sind. Die Art und Weise, wie wir mit Natur umgehen, wird durch kulturelle und religiöse Faktoren nachhaltig gesteuert. Die Gewalt, die der Mensch gegenüber der Natur ausübt steht im engen Zusammenhang mit entfremdeten Lebensstrukturen und Herrschaftsverhältnissen innerhalb der menschlichen Gesellschaft selbst. Vielfach ist vermutet worden, dass die naturzerstörerische Wachstumsdynamik auch eine Auslagerung und Abwälzung sozialer Konflikte auf dem Rücken der Natur ist.[50] So wie die Vorstellung, dass der Mensch die Natur beherrschen müsse direkt aus der Beherrschung des Menschen entstanden ist[51], so schließt die Forderung nach einer ökologienahen Wirtschaftsweise auch die Perspektive einer humanen und von Ausbeutung freien gesellschaftlichen Ordnung ein. Es gibt gute Gründe zu hoffen, dass ein neues Verhältnis des Menschen zur Natur auch zum Vehikel eines neuen Verhältnisses der Menschen zueinander werden kann. Wenn es keine Schlachthöfe und industrielle Massentierhaltung mehr gibt und einmal ein erweitertes Selbst an die Stelle selbstsüchtiger Ich-Ziele tritt, könnte es dann noch Kriege geben? Wie sehr die Unterwerfung der Natur und die Unterdrückung des Menschen miteinander verzahnt sind, zeigt auch die Deformation des menschlichen Körpers in der Industriegesellschaft. Es sind nicht allein in der Bundesrepublik die Millionen behandlungsbedürftiger Neurotiker, Alkoholkranker und Drogenabhängiger, die trauriges Zeugnis über die Zerstörung der Leiblichkeit durch eine auf abstrakte Zielgrößen wie Geld, Macht und Prestige gerichtete Lebensform ablegen, sondern bereits das Ineinanderwirken zwischen seit früher Kindheit erzwungener Erregungsbeherrschung einerseits und dem Dauererregungszustand des Einzelnen durch Hektik, Lärm und Stress der industriellen Lebensumwelt andererseits, die den verspannten und schmerzenden Körper zum verzerrten Spiegelbild gesellschaftlicher Spannungen macht. Die industriell-kapitalistische Wachstumsdynamik hat die Gier des Menschen bis aufs Äußerste angestachelt und damit den Menschen aus der Selbstgenügsamkeit und Ganzheit, dem In-sich-Ruhen früherer Wirtschaftsweisen herausgeschleudert.[52] Doch die Gier nach grenzenlosem Sinnengenuss kann ihr selbst gegebenes Versprechen nicht einlösen. Statt neue und dauerhaft befriedigende Erfahrungsqualitäten zu verschaffen, hat die kapitalistische Lebensform mit ihrer auf den Protestantismus zurückgehenden Ethik den Menschen der ursprünglichen Sinnlichkeit seines Körpers enthoben, während sie ihn gleichzeitig in gigantische virtuelle Scheinwelten katapultiert. Immer mehr lösen sich die Menschen so von den sinnlichen Qualitäten unmittelbarer Naturbegegnung und echter menschlicher Kommunikation, um uneinlösbaren Glücksversprechen in phantasmagorischen Scheinwelten nachzujagen.
Wir wissen um die Gefahren unseres zivilisatorischen Kurses, doch es fehlt an ausreichender Handlungsbereitschaft, um nachhaltige Veränderungsprozesse in Gang zu setzen. Gerade unser ständiges Verweilen in imaginären Scheinwelten und dieLoslösung von den Dimensionen unmittelbarer Erfahrung verleiht den Abstraktionen, denen wir nachjagen, eine solch fesselnde Macht über unser Leben. Betroffenheit kann Handlungsbereitschaft aktivieren, doch damit sie wirksam werden kann, ist Wissen erforderlich. Nun stellt sich jedoch die Frage nach der Qualität eben dieses Wissens. Wie viel Wissen über Umweltgefahren ist notwendig, um Menschen zum Handeln zu veranlassen. So tun Menschen bei gravierenden Umweltschäden, wie der schleichenden Trinkwasservergiftung durch Pestizide und andere Umweltgifte oft relativ wenig, während auf - gesamtökologisch betrachtet - eher kleinere Schäden - wie zum Beispiel die Verunreinigung eines Badesees durch Fäkalien und Überfütterung - vergleichsweise heftig reagiert wird.
Hinzu kommen das Problem der Zuschreibung von Verantwortlichkeit und der Umfang individueller Handlungsmöglichkeiten.[53] Ein besonders heikler Punkt ist die Zeitdimension zwischen einer umweltbezogenen Handlung und der erfahrbaren Rückwirkung der Natursysteme auf die menschliche Sphäre. So liegt die Zeit des hauptsächlichen Einflusses von Flurkohlenwasserstoffen (FCKW) in der Atmosphäre erst im Zeitraum von mehr als zehn Jahren nach ihre Herstellung bzw. Emission. Die Amtszeiten politischer Entscheidungsträger betragen vier Jahre, die Amortisationszeiten für größere Investitionen liegen vielleicht bei 5-7 Jahren.[54] Handlung und Handlungsfolgen, Verursacher und Geschädigter drohen im anonymen Getümmel zwischen Harmlosigkeitsbeteuerungen, vollmundigen Sicherheitsversprechen und einsamer Gefahrenwarnung sich wie Nebel ins Nichts zu zerstreuen.
Die etablierten Regeln der Zuordnung von Kausalität und Schuld versagen, weil sie der Komplexität der Handlungs- und Verantwortungslinien der modernen Industriegesellschaft immer weniger gerecht werden. Die bestehenden Beweislasten sind extrem ungleich verteilt. Großgefahren sind auch kraft technisch-medizinischer Autorität oft nicht eindeutig fassbar und gegen den Normalfall abzugrenzen. Sie werden zur Angelegenheit aller, aber letztlich fühlen sich doch nur wenige persönlich zum Handeln veranlasst. Die Hilflosigkeit auf das Ganze gerichteter Handlungsorientierung manifestiert sich dann in Vertröstungsformel wie jeder einzelne muss ... oder die Gesellschaft muss oder einfach des man sollte ... Die Welt, schreibt Beck (1988, S.19f).,
„... ist zum Experimentierfeld riskanter Technologien geworden, das heißt zu einer potentiellen Widerlegung der Sicherheitsversprechen staatlicher, wirtschaftlicher, technischer Autorität (...) Politik, Recht und Verwaltung haben die Sicherheitskonstruktionen von Industrie und Technikwissenschaft 'verinnerlicht' und verspielen nun mit dem Aufbrechen des Jahrhundertfehlers in der sie leitenden, technikzentrierten 'Sicherheitsphilosophie' ihre Autorität.”
In diesem Widerspruch zwischen dem Versagen etablierter Zurechnungsregeln von Kausalität und Schuld einerseits und wachsenden Gefahren und ihrer Anonymisierung andererseits zeigt sich die tiefe Krise menschlichen Herrschaftswissens, bis hin zur Selbstwiderlegung wissenschaftlicher Rationalität. Risikokalküle können in die verschiedensten Richtungen ausgelegt werden. Am Ende steht dann die Logik Kopf: Atomkraftwerke müssen gebaut werden, bevor und damit ihre Sicherheit überprüft und erforscht werden kann. Beck sieht folglich im Fortschritt der Risikowissenschaft den Niedergang wissenschaftlicher Sicherheitsautorität.
Die Krise der Umwelt ist die Krise der Herrschaft des Menschen über die Natur und damit die Krise der vor allem auf Herrschaftswissen gegründeten westlichen Lebensform. Der Westen hat kaum eine Kultur der inneren Erfahrung entwickelt, wie sie die Gestalt der östlichen Lebensform so entscheidend geprägt hat. Im Osten hat Heilswissen immer einen höheren Rang als Herrschaftswissen genossen. Das Verhältnis zur äußeren Natur war hauptsächlich dialogisch-symbolisch, während es sich im Westen im Entwicklungsverlauf der industriellen Nischenstrategie immer mehr zum herrschaftlich-destruktiven hin gewandelt hat. Doch wie sich Odysseus einst von seinen Seeleuten an den Mast seines Bootes fesseln ließ, um den Sirenen lauschen zu können, ohne von ihrem betörendem Gesang an die Felsbrandung gelockt und dort zerschmettert zu werden, so schlug in Europa die archaische Ethik unmittelbarer Sinnlichkeit um, in eine subjektfeindliche und objektfixierte, die Akkumulation und Besitz prämiert. So wendet sich die odysseische List, die ozeanische Hingebung an das Andere der Natur mit der Selbstbewahrung des gefesselten Egos verknüpfen wollte, am Ende doch gegen den Erfinder.
Wir können das Dilemma der ökologischen Zivilisationskrise ohne Bezug auf diese Selbstentfaltungsmomente des Ego nur sehr bruchstückhaft erklären. Was wir nach tiefenökologischer Überzeugung brauchen ist ein neues Konzept eben dieses Selbst. Das ich-brauche, ich-will-Ego des um Autonomie ringenden Kindes muss einem Selbst weichen, das seine umfassenden Verwirklichungsmöglichkeiten vor allem im Zusammenhang und in Verbindung mit den Verwirklichungsmöglichkeiten anderer Menschen und Spezies sucht. Über Wege, Strategien und Ziele ökologischer-ökonomischer Systemsteuerung sprechen, heißt immer, auch das Konzept des die Welt zentrierenden Selbst zu reflektieren. Alle Konzepte, Vorschläge und Modelle des ökologischen Umgangs mit Situationen verweisen immer zugleich auf einen tieferen Bereich, nämlich auf die Ebene unserer existentiellen Grundstruktur und die Frage der rechten Lebensführung.
Im Folgenden werden zunächst einige Überlegungen zum begrifflichen Bezugsrahmen des hier entwickelten ökologischen Wirtschaftskonzepts angestellt und die Grundzüge eines nachhaltigen Wirtschaftsmodells kurz skizziert. Kapital III richtet den Blick dann auf die Geschichte der Wirtschaftsweisen und untersucht die Entstehung und Entfaltung historischer Wirtschaftsformen im Hinblick auf ihren nachhaltigen bzw. stationären Charakter. Dabei wird sich zeigen, dass die Menschheit im überwiegenden Teil ihrer Geschichte nachhaltig gewirtschaftet hat und dass erst der Industrialismus als jüngster Ableger am Zweig der menschlichen Wirtschaftsgeschichte eine Herrschaft des Anorganischen und Synthetischen über das Organische und Naturgeschaffene errichtet hat. Mit der nischenspezifischen Strategie dieses Ablegers wird sich dann in Kapitel IV unter besonderer Berücksichtigung des Phänomens der Entropie auseinandergesetzt. Die Kapitel V, VI und VII thematisieren daran anknüpfend den Zusammenhang von Natur und menschlicher Arbeit mit den Wertbegriffen der Ökonomie. Dabei werden unter anderen die Bedeutung sprachlicher Abstraktionen in Bezug auf die menschliche Naturaneignung diskutiert sowie einige Möglichkeiten skizziert, die sich aus der Verwendung nicht-monetärer Messgrößen zur Erfassung und Regulierung ökonomischer Aktivitäten ergeben. Zum Schluss wird dann das Modell einer zukünftigen, nachhaltigen und vorsorgenden Wirtschaftsweise in Abgrenzung vom idealtypischen Erscheinungsbild der dynamischen Wachstumswirtschaft beschrieben.