Kitabı oku: «Der Abenteuerliche Simplicissimus Teutsch», sayfa 11
Das 8. Kapitel: Redet von Etlicher wunderbarlichem Gedächtnis, und von Anderer Vergessenheit
Am Morgen als ich erwachte, waren meine beiden verkälberten Schlafgesellen schon fort, derowegen stund ich auch auf, und schlich, als der Adjutant die Schlüssel holete, die Stadt zu öffnen, aus dem Haus zu meinem Pfarrer, demselben erzählte ich alles, wie mirs sowohl im Himmel als in der Höll ergangen. Und wie er sah, dass ich mir ein Gewissen machte, weil ich so viel Leut und sonderlich meinen Herrn betröge, wenn ich mich närrisch stellete, sagte er: »Hierum darfst du dich nicht bekümmern, die närrische Welt will betrogen sein, hat man dir deinen Witz noch übrig gelassen, so gebrauche dich desselben zu deinem Vorteil, bilde dir ein, als ob du gleich dem Phönix vom Unverstand zum Verstand durchs Feuer und also zu einem neuen menschlichen Leben auch neu geboren worden seiest: Doch wisse dabei, dass du noch nicht über den Graben, sondern mit Gefahr deiner Vernunft in diese Narrenkappe geschloffen bist, die Zeiten sind so wunderlich, dass niemand wissen kann, ob du ohne Verlust deines Lebens wieder herauskommest, man kann geschwind in die Hölle rennen, aber wieder herauszuentrinnen wirds Schnaufens und Bartwischens brauchen, du bist bei weitern noch nicht so gemannet, deiner bevorstehenden Gefahr zu entgehen, wie du dir wohl einbilden möchtest, darum wird dir mehr Vorsichtigkeit und Verstand vonnöten sein, als zu der Zeit, da du noch nicht wusstest, was Verstand oder Unverstand war, bleibe demütig und erwarte in Geduld der künftigen Veränderung.«
Sein Diskurs war vorsetzlich so variabel, denn ich bilde mir ein, er habe mir an der Stirn gelesen, dass ich mich groß zu sein bedünkte, weil ich mit so meisterlichem Betrug und feiner Kunst durchgeschloffen; und ich mutmaßete hingegen aus seinem Angesicht, dass er unwillig und meiner überdrüssig worden, denn seine Mienen gabens, und was hatte er von mir? Derowegen verändert ich auch meine Reden, und wusste ihm großen Dank für die herrlichen Mittel, die er mir zu Erhaltung meines Verstands mitgeteilt hatte, ja ich tat unmögliche Promessen, alles, wie meine Schuldigkeit erfordere, wieder dankbarlich zu verschulden: Solches kitzelte ihn, und brachte ihn auch wieder auf eine andre Laun, denn er rühmte gleich darauf seine Arznei trefflich, und erzählte mir, dass Simonides Melicus eine Kunst aufgebracht, die Metrodorus Sceptius nicht ohne große Mühe perfektioniert hätte, vermittelst deren er die Menschen lehren können, dass sie alles, was sie einmal gehöret oder gelesen bei einem Wort nachreden mögen, und solches wäre, sagte er, ohne hauptstärkende Arzneien, deren er mir mitgeteilt, nicht zugangen! »Ja«, gedachte ich, »mein lieber Herr Pfarrer, ich habe in deinen eigenen Büchern bei meinem Einsiedel viel anders gelesen, worinnen Sceptii Gedächtnis-Gunst bestehet.« Doch war ich so schlau, dass ich nichts sagte, denn wenn ich die Wahrheit bekennen soll, so bin ich, als ich zum Narren werden sollte, allererst witzig und in meinen Reden behutsamer worden. Er der Pfarrer fuhr fort, und sagte mir, wie Cyrus einen jeden von seinen 30000 Soldaten mit seinem rechten Namen hätte rufen, Lucius Scipio alle Bürger zu Rom bei den ihrigen nennen, und Cyneas Pyrrhi Gesandter, gleich den andern Tag hernach als er gen Rom kommen, aller Ratsherren und Edelleute Namen daselbst ordentlich hersagen können. »Mithridates, der König in Ponto und Bithynia«, sagte er, »hatte Völker von zweiundzwanzig Sprachen unter sich, denen er allen in ihrer Zungen Recht sprechen, und mit einem jeden insonderheit, wie Sabell. lib. 10 cap. 9 schreibet, reden konnte. Der gelehrte Griech Charmides sagte einem auswendig, was einer aus den Büchern wissen wollte, die in der ganzen Liberei lagen, wenn er sie schon nur einmal überlesen hatte. Lucius Seneca konnte zweitausend Namen herwieder sagen, wie sie ihm vorgesprochen worden, und wie Ravisius meldet, zweihundert Vers von zweihundert Schülern geredet vom letzten an bis zum ersten hinwiederum erzählen. Esdras, wie Euseb. lib. temp. fulg. lib. 8 cap. 7 schreibet, konnte die fünf Bücher Mosis auswendig, und selbige von Wort zu Wort den Schreibern in die Feder diktieren. Themistocles lernete die persische Sprach in einem Jahr. Crassus konnte in Asia die fünf unterschiedlichen Dialectos der griechischen Sprach ausreden, und seinen Untergebenen darin Recht sprechen. Julius Cäsar las, diktierte und gab zugleich Audienz. Von Aelio Hadriano, Portio Latrone, den Römern und andern will ich nichts melden, sondern nur von dem heiligen Hieronymo sagen, dass er Hebräisch, Chaldäisch, Griechisch, Persisch, Medisch, Arabisch und Lateinisch gekonnt. Der Einsiedel Antonius konnte die ganze Bibel nur vom Hörenlesen auswendig. So schreibt auch Colerus lib. 18 cap. 21 aus Marco Antonio Mureto von einem Korsikaner, welcher 6 000 Menschen-Namen angehöret, und dieselbigen hernach in richtiger Ordnung schnell herwieder gesagt.«
»Dieses erzähle ich alles darum«, sagte er ferner, »damit du nicht für unmöglich haltest, dass durch Medizin einem Menschen sein Gedächtnis trefflich gestärket und erhalten werden könne, gleichwie es hingegen auch auf mancherlei Weis geschwächt und gar ausgetilgt wird, maßen Plinius lib. 7 cap. 24 schreibet, dass am Menschen nichts so blöd sei, als eben das Gedächtnis, und dass es durch Krankheit, Schrecken, Furcht, Sorg und Bekümmernis entweder ganz verschwinde oder doch einen großen Teil seiner Kraft verliere. Von einem Gelehrten zu Athen wird gelesen, dass er alles was er je studiert gehabt, sogar auch das ABC vergessen, nachdem ein Stein von oben herab auf ihn gefallen. Ein anderer kam durch eine Krankheit dahin, dass er seines Dieners Namen vergaß, und Messala Corvinus wusste seinen eigenen Namen nicht mehr, der doch vorhin ein gut Gedächtnis gehabt. Schramhans schreibst in fasciculo Historiarum fol. 60 (welches aber so aufschneiderisch klinget, als ob es Plinius selbst geschrieben), dass ein Priester aus seiner eigenen Ader Blut getrunken und dadurch schreiben und lesen vergessen, sonst aber sein Gedächtnis unverrückt behalten, und als er übers Jahr hernach eben an selbigem Ort und damaliger Zeit abermal desselbigen Bluts getrunken, hätte er wieder wie zuvor schreiben und lesen können. Zwar ists glaublicher, was Jo. Wierus de praestigiis daemon. lib. 3 cap. 18 schreibet, wenn man Bärenhirn einfresse, dass man dadurch in solche Phantasei und starke Imagination gerate, als ob man selbst zu einem Bären worden wäre, wie er denn solches mit dem Exempel eines spanischen Edelmanns beweiset, der, nachdem er dessen genossen, in den Wildnissen umgelaufen und sich nicht anders eingebildet, als er sei ein Bär. Lieber Simplici, hätte dein Herr diese Kunst gewusst, so dürftest du wohl ehender in einen Bärn, wie die Callisto, als in einen Stier, wie Jupiter, verwandelt worden sein.«
Der Pfarrer erzählte mir des Dings noch viel, gab mir wieder etwas von Arznei und instruierte mich wegen meines fernern Verhalts, damit machte ich mich wieder nach Haus und brachte mehr als hundert Buben mit, die mir nachliefen und abermals alle wie Kälber schrien, derowegen lief mein Herr, der eben aufgestanden war, ans Fenster, sah soviel Narren auf einmal und ließ sich belieben, darüber herzlich zu lachen.
Das 9. Kapitel: Ein überzwerches Lob einer schönen Dame
Sobald ich ins Haus kam, musste ich auch in die Stub, weil adelig Frauenzimmer bei meinem Herrn war, welches seinen neuen Narrn auch gerne hätte sehen und hören mögen. Ich erschien, und stund da wie ein Stumm, dahero diejenige, so ich hiebevor beim Tanz ertappet hatte, Ursach nahm zu sagen: Sie hätte sich sagen lassen, dieses Kalb könne reden, so verspüre sie aber nunmehr, dass es nicht wahr sei. Ich antwortet: »So hab ich hingegen vermeinet, die Affen können nicht reden, höre aber wohl, dass dem auch nicht also sei.« »Wie«, sagte mein Herr, »vermeinst du denn, diese Damen seien Affen?« Ich antwortet: »Sind sie es nicht, so werden sie es doch bald werden, wer weiß wie es fällt, ich habe mich auch nicht versehen ein Kalb zu werden, und bins doch!« Mein Herr fragte, woran ich sehe, dass diese Affen werden sollen? Ich antwortet: »Unser Aff trägt seinen Hintern bloß, diese Damen aber allbereit ihre Brüst, denn andere Mägdlein pflegten ja sonst solche zu bedecken.« »Schlimmer Vogel«, sagte mein Herr, »du bist ein närrisch Kalb, und wie du bist, so redest du, diese lassen billig sehen was sehenswert ist, der Aff aber gehet aus Armut nackend, geschwind bringe wieder ein, was du gesündiget hast, oder man wird dich karbeitschen und mit Hunden in Gänsstall hetzen, wie man Kälbern tut, die sich nicht zu schicken wissen, laß hören, weißt du auch eine Dam zu loben, wie sichs gebührt?« Hierauf betrachtete ich die Dame von Füßen an bis oben aus, und hinwieder von oben bis unten, sah sie auch so steif und lieblich an, als hätte ich sie heiraten wollen. Endlich sagte ich: »Herr, ich sehe wohl wo der Fehler steckt, der Diebsschneider ist an allem schuldig, er hat das Gewand, das oben um den Hals gehört und die Brüst bedecken sollte, unten an dem Rock stehen lassen, darum schleift er so weit hinten hernach, man sollte dem Hudler die Händ abhauen, wenn er nicht besser schneidern kann. Jungfer«, sagte ich zu ihr selbst, »schafft ihn ab, wenn er Euch nicht so verschänden soll, und sehet, dass Ihr meines Knans Schneider bekommt, der hieß Meister Paulchen, er hat meiner Meuder, unserer Ann und unserm Ursele so schöne gebrittelte Röck machen können, die unten herum ganz eben gewesen sind, sie haben wohl nicht so im Dreck geschleppt wie Eurer, ja Ihr glaubt nicht, wie er den Huren so schöne Kleider machen können.« Mein Herr fragte, ob denn meines Knans Ann und Ursele schöner gewesen, als diese Jungfer? »Ach wohl nein, Herr«, sagte ich, »diese Jungfrau hat ja Haar, das ist so gelb wie kleiner Kinderdreck, und ihre Scheitel sind so weiß und so gerad gemacht, als wenn man Säubürsten auf die Haut gekappt hätte, ja ihre Haar sind so hübsch zusammengerollt, dass es siehet, wie hohle Pfeifen, oder als wenn sie auf jeder Seiten ein paar Pfund Lichter oder ein Dutzend Bratwürst hangen hätte: Ach sehet nur, wie hat sie so eine schöne glatte Stirn; ist sie nicht feiner gewölbet als ein fetter Arsbacken und weißer als ein Totenkopf, der viel Jahr lang im Wetter gehangen? Immer Schad ists, dass ihre zarte Haut durch das Haarpuder so schlimm bemakelt wird, denn wenns Leut sehen, die es nicht verstehen, dürften sie wohl vermeinen, die Jungfer habe den Erbgrind, der solche Schuppen von sich werfe; welches noch größerer Schad wäre für die funklenden Augen, die von Schwärze klarer zwitzern als der Ruß vor meines Knans Ofenloch, welcher so schrecklich glänzete, wenn unser Ann mit einem Strohwisch davorstund, die Stub zu hitzen, als wenn lauter Feuer darin steckte, die ganze Welt anzuzünden: Ihre Backen sind so hübsch rötlich, doch nicht gar so rot als neulich die neuen Nestel waren, damit die schwäbischen Fuhrleut von Ulm ihre Lätz gezieret hatten: Aber die hohe Röte, die sie an den Lefzen hat, übertrifft solche Farb weit, und wenn sie lacht oder redt (ich bitte, der Herr geb nur Achtung darauf) so siehet man zwei Reihen Zähn in ihrem Maul stehen, so schön zeilweis und zuckerähnlich, als wenn sie aus einem Stück von einer weißen Rüben geschnitzelt worden wären: O Wunderbild, ich glaub nicht, dass es einem wehe tut, wenn du einen damit beißest. So ist ihr Hals ja schier so weiß, als eine gestandene Saurmilch, und ihre Brüstlein, die darunter liegen, sind von gleicher Farb und ohn Zweifel so hart anzugreifen wie ein Geißmämm, die von übriger Milch strotzt: Sie sind wohl nicht so schlapp, wie die alten Weiber hatten, die mir neulich den Hintern putzten, da ich in Himmel kam. Ach Herr, sehet doch ihre Händ und Finger an, sie sind ja so subtil, so lang, so gelenk, so geschmeidig, und so schicklich gemacht, natürlich wie die Zigeunerinnen neulich hatten, damit sie einem in Schubsack greifen, wenn sie fischen wollen. Aber was soll dieses gegen ihren ganzen Leib selbst zu rechnen sein, den ich zwar nicht bloß sehen kann; ist er nicht so zart, schmal und anmutig, als wenn sie acht ganzer Wochen die schnelle Katharina gehabt hätte?« Hierüber erhob sich ein solch Gelächter, dass man mich nicht mehr hören noch ich mehr reden konnte, ging hiermit durch wie ein Holländer, und ließ mich, so lang mirs gefiel, von andern vexiern.
Das 10. Kapitel: Redet von lauter Helden und namhaften Künstlern
Hierauf erfolgte die Mittagsmahlzeit, bei welcher ich mich wieder tapfer gebrauchen ließ, denn ich hatte mir vorgesetzt, alle Torheiten zu bereden und alle Eitelkeiten zu strafen, wozu sich denn mein damaliger Stand trefflich schickte; kein Tischgenoß war mir zu gut, ihm sein Laster zu verweisen und aufzurupfen, und wenn sich einer fand, der sichs nicht gefallen ließ, so wurde er entweder noch dazu von andern ausgelacht oder ihm von meinem Herrn vorgehalten, dass sich kein Weiser über einen Narrn zu erzürnen pflege: Den tollen Fähnrich, welcher mein ärgster Feind war, setzte ich gleich auf den Esel. Der erste aber, der mir auf meines Herrn Winken mit Vernunft begegnete, war der Secretarius, denn als ich denselben einen Titel-Schmied nannte, ihn wegen der eiteln Titel auslachte und fragte, wie man der Menschen ersten Vater tituliert hätte? antwortet' er: »Du redest wie ein unvernünftig Kalb, weil du nicht weißt, dass nach unsern ersten Eltern unterschiedliche Leut gelebt, die durch seltene Tugenden, als Weisheit, männliche Heldentaten und Erfindung guter Künste sich und ihr Geschlecht dermaßen geadelt haben, dass sie auch von andern über alle irdischen Ding, ja gar übers Gestirn zu Göttern erhoben worden; wärest du ein Mensch, oder hättest aufs wenigst wie ein Mensch die Historien gelesen, so verstündest du auch den Unterschied, der sich zwischen den Menschen enthält, und würdest dannenhero einem jeden seinen Ehrentitel gern gönnen, sintemal du aber ein Kalb und keiner menschlichen Ehr würdig noch fähig bist, so redest du auch von der Sach wie ein dummes Kalb und mißgönnest dem edlen menschlichen Geschlecht dasjenige, dessen es sich zu erfreuen hat.« Ich antwortet: »Ich bin so wohl ein Mensch gewesen als du, hab auch ziemlich viel gelesen, kann dahero urteilen, dass du den Handel entweder nicht recht verstehest oder durch dein Interesse abgehalten wirst, anderst zu reden als du weißt: Sag mir, was sind für herrliche Taten begangen und für löbliche Künste erfunden worden, die genugsam seien, ein ganz Geschlechte etlich hundert Jahr nacheinander, auf Absterben der Helden und Künstler selbst, zu adlen? Ist nicht beides der Helden Stärk, und der Künstler Weisheit und hoher Verstand mit hinweggestorben? Wenn du dies nicht verstehest, und der Eltern Qualitäten auf die Kinder erben, so muss ich dafürhalten, dein Vater sei ein Stockfisch und dein Mutter ein Platteis gewesen.« »Ha!« antwort der Secretarius, »wenn es damit wohl ausgericht sein wird, wenn wir einander schänden wollen, so könnte ich dir vorwerfen, dass dein Knan ein grober Spessarter Baur gewesen, und ob es zwar in deiner Heimat und Geschlecht die größten Knollfinken abgibt, dass du dich annoch noch mehr verringert habest, indem du zu einem unvernünftigen Kalb worden bist.« »Da recht«, antwortet ich, »das ists was ich behaupten will, dass nämlich der Eltern Tugenden nicht allweg auf die Kinder erben, und dass dahero die Kinder ihrer Eltern Tugendtitel auch nicht allweg würdig seien; mir zwar ists kein Schand, dass ich ein Kalb bin worden, dieweil ich in solchem Fall dem großmächtigen König Nabuchodonosor nachzufolgen die Ehr habe, wer weiß, ob es nicht Gott gefällt, dass ich auch wieder wie dieser zu einem Menschen, und zwar noch größer werde als mein Knan gewesen? Ich rühme einmal diejenigen, die sich durch eigene Tugenden edel machen.« »Nun gesetzt, aber nicht gestanden«, sagt' der Secretarius, »dass die Kinder ihrer Eltern Ehrentitel nicht allweg erben sollen, so musst du doch gestehen, dass diejenigen alles Lobs wert seien, die sich selbst durch Wohlverhalten edel machen; wenn denn dem also, so folget, dass man die Kinder wegen ihrer Eltern billig ehret, denn der Apfel fällt nicht weit vom Stamm: Wer wollte in Alexandri M(agni) Nachkömmlingen, wenn anders noch einige vorhanden wären, ihres alten Ur-Ahnherrn herzhafte Tapferkeit im Krieg nicht rühmen. Dieser erwies seine Begierde zu fechten in seiner Jugend mit Weinen, als er noch zu keinen Waffen tüchtig war, besorgend, sein Vater möchte alles gewinnen, und ihm nichts zu bezwingen übrig lassen; hat er nicht noch vor dem dreißigsten Jahr seines Alters die Welt bezwungen und noch ein andere zu bestreiten gewünscht? hat er nicht in einer Schlacht, die er mit den Indianern gehalten, da er von den Seinigen verlassen war, aus Zorn Blut geschwitzet? War er nicht anzusehen, als ob er mit lauter Feurflammen umgeben war, so, dass ihn auch die Barbaren vor Furcht streitend verlassen mussten? Wer wollte ihn nicht höher und edler als andere Menschen schätzen, da doch Quintus Curtius von ihm bezeuget, dass sein Atem wie Balsam, der Schweiß nach Bisem und sein toter Leib nach köstlicher Spezerei gerochen: Hier könnte ich auch einführen den Julium Caesarem und den Pompejum, deren der eine über und neben den Victorien, die er in den bürgerlichen Kriegen behauptet, fünfzigmal in offenen Feldschlachten gestritten und 1 152 000 Mann erlegt und totgeschlagen hat, der ander hat neben 940 den Meerräubern abgenommenen Schiffen vom Alpgebirg an bis in das äußerste Hispanien 876 Städt und Flecken eingenommen und überwunden. Den Ruhm Marci Sergii will ich verschweigen und nur ein wenig von dem Lucio Sucio Dentato sagen, welcher Zunftmeister zu Rom war, als Spurius Turpejus und Aulus Eternius Bürgermeister gewesen, dieser ist in 110 Feldschlachten gestanden und hat achtmal diejenigen überwunden, so ihn herausgefordert, er konnte 45 Wundmäler an seinem Leib zeigen, die er alle vor dem Mann und keine rückwärts empfangen, mit neun Obrist Feldherren ist er in ihren Triumphen (die sie vornehmlich durch ihre Mannheit erlangt) eingezogen. Des Manlii Capitolini Kriegsehr wäre nicht geringer, wenn er sie im Beschluß seines Lebens nicht selbst verkleinert, denn er konnte auch 33 Wundmäler zeigen, ohn dass er einsmals das Capitolium mit allen Schätzen allein vor den Franzosen erhalten. Wo bleibt der starke Herkules, Theseus und andere, die beinahe beides zu erzählen und ihr unsterbliches Lob zu beschreiben unmöglich! Sollten diese in ihren Nachkömmlingen nicht zu ehren sein?
Ich will aber Wehr und Waffen fahren lassen und mich zu den Künsten wenden, welche zwar etwas geringer zu sein scheinen, nichts desto weniger aber ihre Meister ganz ruhmreich machen. Was findet sich nur für ein Geschicklichkeit am Zeuxe, welcher durch seinen kunstreichen Kopf und geschickte Hand die Vögel in der Luft betrog; item am Apelle, der eine Venus so natürlich, so schön, so ausbündig und mit allen Lineamenten so subtil und zart dahermalet', dass sich auch die Junggesellen darein verliebten. Plutarchus schreibet, dass Archimedes ein groß Schiff mit Kaufmannswaren beladen mitten über den Markt zu Syracusis nur mit einer Hand an einem einzigen Seil dahergezogen, gleich als ob er ein Saumtier an einem Zaum geführt, welches zwanzig Ochsen, geschweige zweihundert deinesgleichen Kälber nicht hätten zu tun vermocht. Sollte nun dieser rechtschaffene Meister nicht mit einem besondern Ehrentitel, seiner Kunst gemäß, zu begaben sein? Wer wollte nicht vor andern Menschen preisen denjenigen, der dem persischen König Sapor ein gläsernes Werk machte, welches so weit und groß war, dass er mitten in demselben auf dessen Centro sitzen und unter seinen Füßen das Gestirn auf- und niedergehen sehen konnte? Archimedes machte einen Spiegel, damit er der Feinde Kriegsschiff mitten im Meer anzündet': So gedenket auch Ptolemaeus eine wunderliche Art Spiegel, die so viel Angesichter zeigten, als Stund im Tag waren. Welcher wollte den nicht preisen, der die Buchstaben zuerst erfunden? ja wer wollte nicht vielmehr den über alle Künstler erheben, welcher die edle und der ganzen Welt höchst nutzbare Kunst der Buchdruckerei erfunden? Ist Ceres, weil sie den Ackerbau und das Mühlwerk erfunden haben soll, für eine Göttin gehalten worden, warum sollte dann unbillig sein, wenn man andern, ihren Qualitäten gemäß, ihr Lob mit Ehrentiteln berühmt? Zwar ist wenig daran gelegen, ob du grobes Kalb solches in deinem unvernünftigen Ochsenhirn fassest oder nicht: Es gehet dir eben wie jenem Hund, der auf einem Haufen Heu lag und solches dem Ochsen auch nicht gönnete, weil er es selbst nicht genießen konnte; du bist keiner Ehr fähig, und eben dieser Ursachen halber mißgönnest du solche denjenigen, die solcher wert sind.«
Da ich mich so gehetzt sah, antwortet ich: »Die herrlichen Heldentaten wären höchlich zu rühmen, wenn sie nicht mit anderer Menschen Untergang und Schaden vollbracht worden wären. Was ist das aber für ein Lob, welches mit so vielem unschuldig-vergossenem Menschenblut besudelt: und was ist das für ein Adel, der mit so vieler tausend anderer Menschen Verderben erobert und zuwegen gebracht worden ist? Die Künste betreffend, was sinds anders als lauter Vanitäten und Torheiten? ja sie sind ebenso leer, eitel und unnütz als die Titel selbst, die einem von denselbigen zustehen möchten; denn entweder dienen sie zum Geiz oder zur Wollust oder zur Üppigkeit oder zum Verderben anderer Leut, wie denn die schrecklichen Dinger auch sind, die ich neulich auf den halben Wagen sah; so könnte man der Druckerei und Schriften auch wohl entbehren, nach Ausspruch und Meinung jenes heiligen Manns, welcher dafür hielt, die ganze weite Welt sei ihm Buchs genug, die Wunder seines Schöpfers zu betrachten und die göttliche Allmacht daraus zu erkennen.«