Kitabı oku: «Der Abenteuerliche Simplicissimus Teutsch», sayfa 10
Das 4. Kapitel: Vom Mann der Geld gibt, und was für Kriegsdienste Simplicius der Kron Schweden geleistet, wodurch er den Namen Simplicissimus bekommen
Wie man nun also schlampamte und wieder wie gestern gut Geschirr machen wollte, meldet' die Wacht mit Einhändigung eines Schreibens an den Gouverneur einen Commissarium an, der vor dem Tor sei, welcher von der Kron Schweden Kriegsräten abgeordnet war, die Garnison zu mustern und die Festung zu visitieren. Solches versalzte allen Spaß, und alles Freudengelach verlummerte wie ein Sackpfeifen-Zipfel, dem der Blast entgangen: Die Musikanten und die Gäst zerstoben wie Tobakrauch verschwindet, der nur den Geruch hinter sich lässt; mein Herr trollte selbst mit dem Adjutanten, der die Schlüssel trug, samt einem Ausschuß von der Hauptwacht und vielen Windlichtern dem Tor zu, den Blackschmeißer, wie er ihn nennete, selbst einzulassen: Er wünschte, dass ihm der Teufel den Hals in tausend Stück breche, ehe er in die Festung käme! Sobald er ihn aber eingelassen und auf der innern Fallbrücken bewillkommte, fehlte wenig oder gar nichts, dass er ihm nicht selbst an Stegreif griff, seine Devotion gegen ihn zu bezeugen, ja die Ehrerbietung wurde augenblicklich zwischen beiden so groß, dass der Commissarius abstieg, und zu Fuß mit meinem Herrn gegen sein Losament fortwanderte, da wollte jeder die linke Hand haben, etc. »Ach!« gedachte ich, »was für ein wunderfalscher Geist regiert doch die Menschen, indem er je den einen durch den andern zum Narren macht.« Wir näherten also der Hauptwacht, und die Schildwacht rief ihr ›Wer da?‹ wiewohl sie sah, dass es mein Herr war; dieser wollte nicht antworten, sondern jenem die Ehr lassen, daher stellte sich die Schildwacht mit Wiederholung ihres Geschreis desto heftiger. Endlich antwortet' er auf das letztere ›Wer da?‹: »Der Mann ders Geld gibt!« Wie wir nun bei der Schildwacht vorbeipassierten und ich so hinten nach zog, hörete ich ermeldte Schildwacht, die ein neugeworbener Soldat, und zuvor ihres Handwerks ein wohlhäbiger junger Bauresmann auf dem Vogelsberg gewesen war, diese Wort brummten: »Du magst wohl ein verlogener Kund sein; ›ein Mann ders Geld gibt!‹ Ein Schindhund ders Geld nimmt! das bist du; so viel Gelds hast du mir abgeschweißt, dass ich wollte, der Hagel erschlüg dich, ehe du wieder aus der Stadt kämest.« Von dieser Stund an faßte ich die Gedanken, dieser fremde Herr im sammeten Mutzen müsse ein heiliger Mann sein, weil nicht allein keine Flüch an ihm hafteten, sondern dieweil ihm auch seine Hasser alle Ehr, alles Liebs und alles Gutes erwiesen, er wurde noch dieselbe Nacht fürstlich traktiert, blind voll gesoffen und noch dazu in ein herrlich Bett gelegt.
Folgende Tage gings bei der Musterung bunt über Eck her, ich einfältiger Tropf war selbst geschickt genug, den klugen Commissarium (zu welchen Ämtern und Verrichtungen man wahrlich keine Kinder nimmt) zu betrügen, welches ich eher als in einer Stund lernete, weil die ganze Kunst nur in fünf und neun bestand, selbige auf einer Trommel zu schlagen, weil ich noch zu klein war, einen Musketierer zu präsentieren. Man staffierte mich zu solchem End mit einem entlehnten Kleid und auch mit einer entlehnten Trommel (denn meine geschürzten Pagehosen taugten nichts zum Handel), ohne Zweifel darum, weil ich selbst entlehnt war, damit passierte ich glücklich durch die Musterung. Demnach man aber meiner Einfalt nicht zugetraute, ein fremden Namen im Sinn zu behalten, auf welchen ich antworten und hervortreten sollte, musste ich der Simplicius verbleiben, den Zunamen ersetzte der Gouverneur selbsten, und ließ mich Simplicius Simplicissimus in die Roll schreiben, mich also wie ein Hurenkind zum ersten meines Geschlechts zu machen, wiewohl ich seiner eigenen Schwester, seinem Selbstbekenntnis nach, ähnlich sah. Ich behielt auch nachgehends diesen Namen und Zunamen, bis ich den rechten erfuhr, und spielte unter solchem meine Person zu Nutz des Gouverneurs und geringen Schaden der Kron Schweden ziemlich wohl, welches denn alle meine Kriegsdienste sind, die ich derselben mein Lebtag geleistet, derowegen denn ihre Feinde mich deswegen zu neiden kein Ursache haben.
Das 5. Kapitel: Simplicius wird von vier Teufeln in die Hölle geführt und mit spanischem Wein traktiert
Als der Commissarius wieder hinweg war, ließ vielgemeldter Pfarrer mich heimlich zu sich in sein Losament kommen, und sagte: »O Simplici, deine Jugend dauret mich, und deine künftige Unglückseligkeit bewegt mich zum Mitleiden. Höre mein Kind, und wisse gewiß, dass dein Herr dich aller Vernunft zu berauben und zum Narren zu machen entschlossen, maßen er zu solchem End bereits ein Kleid für dich verfertigen lässt, morgen musst du in diejenige Schul, darin du deine Vernunft verlernen sollst; in derselben wird man dich ohne Zweifel so greulich drillen, dass du, wenn anders Gott und natürliche Mittel solches nicht verhindern, ohne Zweifel zu einem Phantasten werden musst. Weil aber solches ein mißlich und sorglich Handwerk ist, also hab ich um deines Einsiedlers Frommkeit und um deiner eigenen Unschuld willen aus getreuer christlicher Liebe dir mit Rat und notwendigen guten Mitteln beispringen und gegenwärtige Arznei zustellen wollen; darum folge nun meiner Lehr und nimm dieses Pulver ein, welches dir das Hirn und Gedächtnis dermaßen stärken wird, dass du unverletzt deines Verstands alles leicht überwinden magst: auch hast du hierbei einen Balsam, damit schmiere die Schläf, den Wirbel und das Genick samt den Naslöchern, und diese beiden Stück brauche auf den Abend, wenn du schlafen gehest, sintemal du keine Stund sicher sein wirst, dass du nicht aus dem Bett abgeholet werdest, aber sieh zu, dass niemand dieser meiner Warnung und mitgeteilten Arznei gewahr werde, es möchte sonst dir und mir übel ausschlagen, und wenn man dich in dieser verfluchten Kur haben wird, so achte und glaube nicht alles, was man dich überreden will, und stelle dich doch, als wenn du alles glaubtest, rede wenig, damit deine Zugeordneten nicht an dir merken, dass sie leer Stroh dreschen, sonsten werden sich deine Plagen verändern, wiewohl ich nit wissen kann, auf was Weis sie mit dir umgehen werden; wenn du aber den Strauß und das Narrenkleid anhaben wirst, so komm wieder zu mir, damit ich deiner mit fernerm Rat pflegen möge. Indessen will ich Gott für dich bitten, dass er deinen Verstand und Gesundheit erhalten wolle.« Hierauf stellt' er mir gemeldtes Pulver und Sälblein zu, und wandert' damit wieder nach Haus.
Wie der Pfarrer gesagt hatte, also gings. Im ersten Schlaf kamen vier Kerl in schrecklichen Teufelslarven vermummt zu mir ins Zimmer vors Bett, die sprangen herum wie Gaukler und Fastnachtsnarren, einer hatte einen glühenden Hacken, und der ander eine Fackel in Händen, die anderen zween aber wischten über mich her, zogen mich aus dem Bett, tanzten ein Weil mit mir hin und her, und zwangen mir meine Kleider an Leib, ich aber stellte mich, als wenn ich sie für rechte natürliche Teufel gehalten hätte, verführte ein jämmerliches Zetergeschrei und ließ die allerfurchtsamsten Gebärden erscheinen; aber sie verkündigten mir, dass ich mit ihnen fort müßte, hierauf verbanden sie mir den Kopf mit einer Handzwell, dass ich weder hören, sehen noch schreien konnte: Sie führten mich unterschiedliche Umweg, viel Stiegen auf und ab und endlich in einen Keller, darin ein großes Feuer brannte, und nachdem sie mir die Handzwell wieder abgebunden, fingen sie an mir in spanischem Wein und Malvasier zuzutrinken. Sie hatten mich gut überreden, ich wäre gestorben und nunmehr im Abgrund der Höllen, weil ich mich mit Fleiß also stellete, als wenn ich alles glaubte, was sie mir vorlogen: »Saufe nur tapfer zu«, sagten sie, »weil du doch ewig bei uns bleiben musst, willst aber nicht ein gut Gesell sein und mitmachen, so musst du in gegenwärtiges Feur.« Die armen Teufel wollten ihre Sprach und Stimm verquanten, damit ich sie nicht kennen sollte, ich merkte aber gleich, dass es meines Herrn Furierschützen waren, doch ließ ichs mich nicht merken, sondern lachte in die Faust, dass diese, so mich zum Narren machen sollten, meine Narren sein mussten. Ich trank meinen Teil mit vom spanischen Wein, sie aber soffen mehr als ich, weil solcher himmlischer Nektar selten an solche Gesellen kommt, maßen ich noch schwören dürfte, dass sie eher voll worden als ich; da michs aber Zeit zu sein bedünkte, stellte ich mich mit Hin- und Hertorkeln, wie ichs neulich an meines Herrn Gästen gesehen hatte; und wollte endlich gar nicht mehr saufen, sondern schlafen, hingegen jagten und stießen sie mich mit ihrem Hacken, den sie allezeit im Feuer liegen hatten, in allen Ecken des Kellers herum, dass es sah, als ob sie selbst närrisch worden wären, entweder dass ich mehr trinken oder aufs wenigste nicht schlafen sollte, und wenn ich in solcher Hatz niederfiel, wie ich denn oft mit Fleiß tat, so packten sie mich wieder auf und stellten sich, als wenn sie mich ins Feuer werfen wollten: also ging mirs wie einem Falken dem man wacht, welches mein großes Kreuz war. Ich hätte sie zwar Trunkenheit und Schlafs halber wohl ausgedauret, aber sie verblieben nicht allweg beieinander, sondern lösten sich untereinander ab, darum hätte ich zuletzt den kürzern ziehen müssen: Drei Tag und zwo Nächt hab ich in diesem raucherichten Keller zubracht, welcher kein ander Licht hatte, als was das Feur von sich gab, der Kopf fing mir dahero an zu brausen und zu wüten, als ob er zerreißen wollte, dass ich endlich einen Fund ersinnen musste, mich meiner Qual samt den Peinigern zu entledigen, ich machte es wie der Fuchs, welcher den Hunden ins Gesicht harnt, wenn er ihnen nicht mehr zu entrinnen getraut, denn weil mich eben die Natur trieb, meine Notdurft (s. v.) zu tun, bewegte ich mich zugleich mit einem Finger im Hals zum Unwillen, dergestalt dass ich mit einem unleidenlichen Gestank die Zech bezahlte, also dass auch meine Teufel selbst schier nicht mehr bei mir bleiben konnten; damals legten sie mich in ein Leilach, und zerplotzten mich so unbarmherzig, dass mir alle innerlichen Glieder samt der Seelen heraus hätten fahren mögen. Wovon ich dermaßen aus mir selber kam und des Gebrauchs meiner Sinnen beraubt wurde, dass ich gleichsam wie tot dalag, ich weiß auch nicht was sie ferners mit mir gemacht haben, so gar war ich allerdings dahin.
Das 6. Kapitel: Simplicius kommt in Himmel, und wird in ein Kalb verwandelt
Als ich wieder zu mir selber kam, befand ich mich nicht mehr in dem öden Keller bei den Teufeln, sondern in einem schönen Saal, unter den Händen dreier der allergarstigsten alten Weiber, so der Erdboden je getragen; ich hielt sie anfänglich, als ich die Augen ein wenig öffnete, für natürliche höllische Geister, hätte ich aber die alten heidnischen Poeten schon gelesen gehabt, so hätte ich sie für die Eumenides oder wenigst die eine eigentlich für die Tisiphone gehalten, welche mich wie den Athamantem meiner Sinn zu berauben aus der Höllen ankommen wäre, weil ich zuvor wohl wusste, dass ich darum da war, zum Narren zu werden: Diese hatte ein paar Augen wie zween Irrwisch, und zwischen denselben eine lange magere Habichtsnas, deren Ende oder Spitz die untere Lefzen allerdings erreichte, nur zween Zähn sah ich in ihrem Maul, sie waren aber so vollkommen, lang, rund und dick, dass sich jeder beinahe der Gestalt nach mit dem Goldfinger, der Farb nach aber sich mit dem Gold selbst hätte vergleichen lassen; in Summa, es war Gebeins genug vorhanden zu einem ganzen Maul voll Zähn, es war aber gar übel ausgeteilt, ihr Angesicht sah wie spanisch Leder, und ihre weißen Haar hingen ihr seltsam zerstrobelt um den Kopf herum, weil man sie erst aus dem Bett geholt hatte; ihre langen Brüst weiß ich nichts anderm zu vergleichen als zweien lummerichten Kuhblasen, denen zwei Drittel vom Blast entgangen, unten hing an jeder ein schwarzbrauner Zapf halb Fingers lang; wahrhaftig ein erschrecklicher Anblick, der zu nichts anderm als für eine treffliche Arznei wider die unsinnige Liebe der geilen Böck hätte dienen mögen, die anderen zwo waren gar nicht schöner, ohne dass dieselben stumpfe Affennäslein, und ihre Kleider etwas ordentlicher angetan hatten: Als ich mich besser erkoberte, sah ich, dass die eine unser Schüsselwäscherin, die anderen zwo aber zweier Furierschützen Weiber waren. Ich stellte mich, als wenn ich mich nicht zu regen vermochte, wie mich denn in Wahrheit auch nicht tanzerte, als diese ehrlichen alten Mütterlein mich splitternackend auszogen und von allem Unrat wie ein junges Kind säuberten. Doch tat mir solches trefflich sanft, sie bezeugten unter währender Arbeit ein große Geduld und treffliches Mitleiden, also dass ich ihnen beinahe offenbart hätte, wie wohl mein Handel noch stünde; doch gedacht ich: »Nein Simplici! vertraue keinem alten Weib, sondern gedenke, du habest Victori genug, wenn du in deiner Jugend drei abgefeimte alte Vetteln, mit denen man den Teufel im weiten Feld fangen möchte, betrügen kannst; du kannst aus dieser Occasion Hoffnung schöpfen, im Alter mehrers zu leisten.« Da sie nun mit mir fertig waren, legten sie mich in ein köstlich Bett, darinnen ich ohngewieget entschlief, sie aber gingen und nahmen ihre Kübel und anderen Sachen, damit sie mich gewaschen hatten, samt meinen Kleidern und allem Unflat mit sich hinweg. Meines Dafürhaltens schlief ich diesen Satz länger als vierundzwanzig Stund, und da ich wieder erwachte, stunden zween schöne geflügelte Knaben vorm Bett, welche mit weißen Hemden, taffeten Binden, Perlen, Kleinodien, güldenen Ketten und andern scheinbarlichen Sachen köstlich gezieret waren: einer hatte ein vergüldtes Lavor voller Hippen, Zuckerbrot, Marzipan und ander Konfekt, der ander aber einen vergüldten Becher in Händen; diese als Engel, dafür sie sich ausgaben, wollten mich bereden, dass ich nunmehr im Himmel sei, weil ich das Fegfeur so glücklich überstanden und dem Teufel samt seiner Mutter entgangen, derohalben sollte ich nur begehren, was mein Herz wünschte, sintemal alles, was mir nur beliebte, genug vorhanden wäre, oder doch sonst herbeizuschaffen in ihrer Macht stünde. Mich quälte der Durst, und weil ich den Becher vor mir sah, verlangte ich nur den Trunk, der mir auch mehr als gutwillig gereicht wurde; solches war aber kein Wein, sondern ein lieblicher Schlaftrunk, welchen ich ohnabgesetzt zu mir nahm und davon wieder entschlief, sobald er bei mir erwarmt.
Den andern Tag erwachte ich wiederum (denn sonst schlief ich noch), befand mich aber nicht mehr im Bett noch in vorigem Saal, sondern in meinem alten Gänskerker, da war abermal eine greuliche Finsternis wie in vorigem Keller, und überdas hatte ich ein Kleid an von Kalbfellen, daran der rauhe Teil auch auswendig gekehrt war, die Hosen waren auf polnisch oder schwäbisch und das Wams noch wohl auf ein närrischere Manier gemacht, oben am Hals stund eine Kappe wie ein Mönchsgugel, die war mir über den Kopf gestreift und mit einem schönen Paar großer Eselsohren geziert. Ich musste meines Unsterns selbst lachen, weil ich beides am Nest und den Federn sah, was ich für ein Vogel sein sollte: Damals fing ich erst an, in mich selbst zu gehen und auf mein Bestes zu gedenken. Ich setzte mir vor, mich auf das Närrischste zu stellen, als mir immer möglich sein möchte, und daneben mit Geduld zu erharren, wie sich mein Verhängnis weiters anlassen würde.
Das 7. Kapitel: Wie sich Simplicius in diesen bestialischen Stand geschickt
Vermittelst des Lochs, so der tolle Fähnrich hiebevor in die Tür geschnitten, hätte ich mich wohl erledigen können, weil ich aber ein Narr sein sollte, ließ ichs bleiben, und tat nicht allein wie ein Narr, der nicht so witzig ist, von sich selbst herauszugeben, sondern stellte mich gar wie ein hungerig Kalb, das sich nach seiner Mutter sehnet, mein Geplärr wurde auch bald von denjenigen gehört, die dazu bestellt waren; maßen zween Soldaten vor den Gänsstall kamen und fragten, wer darinnen wäre? Ich antwortet: »Ihr Narren, hört ihr denn nicht, dass ein Kalb da ist!« Sie machten den Stall auf, nahmen mich heraus und verwunderten sich, dass ein Kalb sollte reden können! Welches ihnen anstund wie die gezwungenen Aktionen eines neugeworbenen ungeschickten Komödianten, der die Person, die er vertreten soll, nicht wohl agieren kann, also dass ich oft meinte, ich müßte ihnen selbst zum Possen helfen. Sie beratschlagten sich, was sie mit mir machen wollten, und wurden eins, mich dem Gubernator zu verehren, als welcher ihnen, weil ich reden könnte, mehr schenken würde, als ihnen der Metzger für mich bezahlte. Sie fragten mich, wie mein Handel stünde? Ich antwortet: »Liederlich genug.« Sie fragten: »Warum?« Ich sagte: »Darum, dieweil hier der Brauch ist, redliche Kälber in Gänsstall zu sperren. Ihr Kerl müßt wissen, dafern man will, dass ein rechtschaffener Ochs aus mir werden soll, dass man mich auch aufziehen muss, wie einem ehrlichen Stier zustehet.« Nach solchem kurzen Diskurs führeten sie mich über die Gaß gegen des Gouverneurs Quartier zu, uns folgte eine große Schar Buben nach, und weil dieselbe ebensowohl als ich das Kälbergeschrei schrien, hätte ein Blinder aus dem Gehör urteilen mögen, man triebe ein Herd Kälber daher, aber dem Gesicht nach sah es einem Haufen so junger als alter Narren gleich.
Also wurde ich von den beiden Soldaten dem Gouverneur präsentiert, gleichsam als ob sie mich erst auf Partei erbeutet hätten, dieselben beschenkte er mit einem Trinkgeld, mir selbst aber versprach er die beste Sach, so ich bei ihm haben sollte. Ich gedachte wie des Goldschmieds Jung und sagte: »Wohl Herr, man muss mich aber in keinen Gänsstall sperren, denn wir Kälber können solches nicht erdulden, wenn wir anders wachsen und zu einem Stück Hauptvieh werden sollen.« Der Gouverneur vertröstete mich eines Bessern, und dünkte sich gar gescheit sein, dass er einen solchen visierlichen Narren aus mir gemacht hätte; hingegen gedacht ich: »Harre mein lieber Herr, ich hab die Prob des Feuers überstanden und bin darin gehärtet worden; jetzt wollen wir probieren, welcher den andern am besten agieren wird können.« Indem trieb ein gedehnter Baur sein Vieh zur Tränke, sobald ich das sah, verließ ich den Gouverneur und eilete mit einem Kälbergeplärr den Kühen zu, gleichsam als ob ich an ihnen saugen wollte, diese, als ich zu ihnen kam, entsetzten sich ärger vor mir als vor einem Wolf, wiewohl ich ihrer Art Haar trug, ja sie wurden so schellig und zerstoben dermaßen voneinander, als wenn im Augusto ein Nest voll Hornissen unter sie gelassen worden wäre; also dass sie ihr Herr an selbigem Ort nicht mehr zusammenbringen konnte, welches ein artlichen Spaß abgab. In einem Hui war ein Haufen Volk beieinander, das der Gaukelfuhr zusah, und als mein Herr lachte, dass er hätte zerbersten mögen, sagte er endlich: »Ein Narr macht ihrer hundert.« Ich aber gedachte: »Und eben du bist derjenige, dem du jetzt wahrsagest.«
Gleichwie mich nun jedermann von selbiger Zeit an das Kalb nennete, also nennete ich hingegen auch einen jeden mit einem besonders spöttischen Nachnamen, dieselben fielen mehrenteils der Leut und sonderlich meines Herrn Bedünken nach gar sinnreich, denn ich taufte jedweden nachdem seine Qualitäten erforderten. Summariter davon zu reden, so schätzte mich männiglich für einen ohnweisen Toren, und ich hielt jeglichen für einen gescheiten Narrn. Dieser Gebrauch ist meines Erachtens in der Welt noch üblich, maßen ein jeder mit seinem Witz zufrieden, und sich einbildet, er sei der Gescheiteste unter allen.
Obige Kurzweil, die ich mit des Bauren Rindern anstellete, machte uns den kurzen Vormittag noch kürzer, denn es war damals eben um die winterliche Sonnenwende: Bei der Mittagsmahlzeit wartete ich auf wie zuvor, brachte aber benebens seltsame Sachen auf die Bahn, und als ich essen sollte, konnte niemand einzige menschliche Speis oder Trank in mich bringen, ich wollte kurzum nur Gras haben, so damals zu bekommen ohnmöglich war. Mein Herr ließ ein paar frische Kalbfell von den Metzgern holen und solche zweien kleinen Knaben über die Köpf streifen: Diese setzte er zu mir an den Tisch, traktierte uns in der ersten Tracht mit Wintersalat und hieß uns wacker zuhauen, auch ließ er ein lebendig Kalb hinbringen und mit Salz zum Salat anfrischen. Ich sah so starr darein, als wenn ich mich darüber verwunderte, aber der Umstand vermahnete mich mitzumachen. »Jawohl«, sagten sie, wie sie mich so kaltsinnig sahen, »es ist nichts Neues, wenn Kälber Fleisch, Fisch, Käs, Butter und anders fressen: Was? sie saufen auch zu Zeiten ein guten Rausch! die Bestien wissen nunmehr wohl, was gut ist; ja«, sagten sie ferner, »es ist heutigen Tags soweit kommen, dass sich nunmehr ein geringer Unterscheid zwischen ihnen und den Menschen befindet, wolltest du denn allein nicht mitmachen?«
Dieses ließ ich mich um so viel desto ehender überreden, weil mich hungerte, und nicht darum, dass ich hiebevor schon selbst gesehen, wie teils Menschen säuischer als Schwein, grimmiger als Löwen, geiler als Böck, neidiger als Hund, unbändiger als Pferd, gröber als Esel, versoffener als Rinder, listiger als Füchs, gefräßiger als Wölf, närrischer als Affen, und giftiger als Schlangen und Kröten waren, welche dennoch allesamt menschlicher Nahrung genossen und nur durch die Gestalt von den Tieren unterschieden waren, zumalen auch die Unschuld eines Kalbs bei weitem nicht hatten. Ich fütterte mit meinen Mitkälbern, wie solches mein Appetit erforderte, und wenn ein Fremder uns ohnversehens also beieinander zu Tisch hätte sitzen sehen, so hätte er sich ohne Zweifel eingebildet, die alte Circe wäre wieder auferstanden, aus Menschen Tier' zu machen, welche Kunst damals mein Herr konnte und praktizierte. Eben auf den Schlag, wie ich die Mittagsmahlzeit vollbrachte, also wurde ich auch auf den Nachimbiß traktiert; und gleichwie meine Mitesser oder Schmarotzer mit mir zehrten, damit ich auch zehren sollte, also mussten sie auch mit mir zu Bett, wenn mein Herr anders nicht zugeben wollte, dass ich im Kühestall über Nacht schlief; und das tat ich darum, damit ich diejenigen auch genug narrete, die mich zum Narren zu haben vermeinten: Und machte diesen festen Schluß, dass der grundgütige Gott einem jeden Menschen in seinem Stand zu welchem er ihn berufen, so viel Witz gebe und verleihe, als er zu seiner Selbsterhaltung vonnöten, auch dass sich dannenhero, Doktor hin oder Doktor her, viel vergeblich einbilden, sie seien allein witzig und Hans in allen Gassen, denn hinter den Bergen wohnen auch Leut.