Kitabı oku: «Das Zillebuch», sayfa 2

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Schließlich einigten sie sich auf Zille und den Hauszeichner.

Der Verlag stiftete eben zwei Preise ....

*

Zu einer berühmten Sängerin sagte Zille nach Schluss des Konzertes:

»Wie glücklich sind Siel Wenn Ihre Arbeit vorbei is, denn is se wech . . . Unsa Dreck bleibt immer!«

*

Einen bekannten, modernen Maler, der alles nach dem Modell zeichnet und malt, belehrte Zille:

»Sie müssen das ins Auge klemm'n un denn nachher zu Hause ausschütten. Wenn Sie das nich können, denn is 'ne Photographie besser.«

Überhaupt steht Zille der jüngsten Kunst – sehr kritisch gegenüber. So sagte er öfter:

»Die soll'n man erst so'n Stiebel malen, wie'n der Anton (Werner) jemalt hat!«

Diese Äußerung ist bezeichnend für seine Kunstauffassung. Ihm ist kein Gegenstand zu geringwertig. Er muss nur künstlerisch durchgearbeitet sein.

Er bleibt dabei, dass »Kunst« von »Können« kommt.

*

Auch von andern Eindrücken sprach Zille, von solchen aus der Kunst früherer Zeit. Er ließ manchen gelten, der eine Zeitlang übersehen worden war. Sprach achtungsvoll von Paul Meyerheim, vergaß nie Hosemann und erläuterte mit der Eindringlichkeit des Schaffenden die Unterschiede zwischen dem Pessimismus von Wilhelm Busch und seiner eigenen, aufbegehrenden, auf Besserung dringenden Weltanschauung.

Und wenn er gefragt wurde, ob das Volk ihm denn für das liebevolle Hinweisen auf seine Leiden und Nöte gedankt habe, fragte er mutwillig:

»Soll es mir verhauen? ... Nee – dazu is't nich gekommen. Aber so'n bißken Liebe merkt man doch, wenn man sich ums Volk kümmert –«

*

Mit gutem Humor sieht er auf sein früheres Leben zurück und lacht über Erlebnisse und Angriffe mannigfacher Art:

»Meine erste eigene Wohnung war im Osten Berlins im Keller; nun sitze ich schon im Berliner Westen, vier Treppen hoch, bin also auch ›gestiegen‹. Einige Radierungen sind ins Kupferstichkabinett gelangt und eine Anzahl Zeichnungen und Skizzen in die Nationalgalerie. Jetzt, 1924, bin ich sogar Mitglied der Akademie geworden. Dazu schreibe ich das, was das völkische Blatt, der ›Fridericus‹ sagt: ›Der Berliner Abort- und Schwangerschaftszeichner Heinrich Zille ist zum Mitglied der Akademie der Künste gewählt und als solcher vom Minister bestätigt worden. – Verhülle, o Muse, dein Haupt.«

Z.

*

Wenn er auch nicht mehr ganz so handelt, wie er im Motto seines Lebens und Schaffens angegeben hat – wenn er auch längst den Schluck in der Destille und das Kille-Kille abgeschworen hat: mit dem Ergebnis seiner frohen Arbeit kann er gewiß zufrieden sein.

Zwar zweifelt er manchmal und meint:

»Das kommt ja doch alles in den großen Müllkasten der Zeit!«


10. Verhülle, o Muse, dein Haupt!

Skizzenblatt, zum 1. Mal veröffentlicht.

Aber er hat auf seine Zeit gewirkt, hat beste Zeitkunst geschaffen, hat Augen und Herzen geöffnet. Und da er das mit wahrhaft klassischem Können und mit ernstestem Willen tat, wird er nicht im Müllkasten der Zeit verschwinden, sondern Zille, der Künstler unseres Volkes bleiben.

Zille in der Liebe des Volkes

Kein heutiger Künstler kann sich rühmen, so wie Zille vom Volke geliebt und gekannt zu sein. Das Volk hat, trotzdem er es in den humoristischen Zeichnungen für die Zeitschriften oft ein wenig komisch und von oben herab darstellen musste, immer seine große Liebe hindurch empfunden – und hat sie ihm auch reichlich vergolten. Er selbst konnte denn auch auf die Frage eines Schriftstellers erwidern:

»Ach ja – man merkt schon, dass man immer fürs Volk gearbeitet hat – so'n bißken Liebe merkt man schon. –«

Im weitesten und gemütvollsten Sinne des Wortes war Heinrich Zille eben ein Heimatskünstler. Nicht zum geringsten schmeichelte er sich in die Liebe des Volkes ein durch das Mitgefühl für die Kümmernisse und für die Freuden, das aus allen seinen Blättern sprach. Nicht zum wenigsten machte ihn beliebt die Darstellung der Berliner Kinder. (Siehe Kapitel: »Zille-Kinder« und die Kinderstudien im Abschnitt: »Studien und Akte«.) Wer Kinder so wie Zille ablauschen und durch seinen Zeichenstift festhalten kann, wird immer beim Volke die allerwärmste Gegenliebe erleben.

Er ging immer mit dem Zeichenstift in der Hand den Weg des Volkes. Nicht nur in die Kaschemmen und auf die Rummelplätze. Als um 1905 die sommerliche Auswanderung der Berliner in die Freibäder an den Spree- und Havelufern eine Wendung in der ganzen Lebensart der Hauptstädter brachte, ward Zille der Maler des Freibads. Aus einer Unzahl von Zeichnungen und Skizzen, in denen er die Lust der Berliner an Luft und Sonne betonte, sei hier wenigstens sein Blatt »Zurück zur Natur«, Bild 13, wiedergegeben. Auch in einigen andern Kapiteln (»Zille-Fräuleins« und »Zille-Witze«) sind mehrere Freibadbilder zu finden.

Heinrich Zille fand auch den richtigen Weg, dem Volk die großen Kriegserlebnisse mit Humor zu würzen.


11. Een kleener Berliner Dickkopp.

Nach dem Original zum 1. Mal veröffentlicht.

Seine Bilderreihe »Vadding in Frankreich – Vadding im Osten« brachte fast zweihundert heitere Erlebnisse eines Landsturmmannes und seines Freundes »Korl« während des Weltkriegs. Nie kamen auf diesen Blättern blutige Ereignisse vor. Zille wusste sie stets zu umgehen und dem in allen Lebenslagen, selbst im Granattrichter noch aufleuchtenden Humor des Volkes gerecht zu werden.

Den schönsten Grund zur Liebe, mit der ihn das Volk umgibt, legte er aber durch die Schilderungen des Volkslebens und durch die Darstellung der Stadtgegenden und der Häuser und Winkel, in denen das Volk wohnte und wohnt. Er brachte naturgetreue Wiedergaben aus dem Scheunenviertel, aus dem baufälligen »Alt-Berlin«, aus Hinterhäusern und Höfen, wie sie in Neukölln wie am Wedding, in Moabit wie in Schöneberg, eben in allen Volksgegenden sich finden. (Siehe »Studien« und »Milljöh«.)

Er brachte gewissermaßen die Landschaft, in der das Volk lebt.

Das Volk fand sich und seine Umgebung durch die Arbeit eines überaus gutherzigen Künstlers auf den Blättern von Heinrich Zille wieder. Und das vergalt es dem Künstler.

Kaum eine Ausstellung wurde so besucht, wie die Zille-Ausstellung zu seinem siebzigsten Geburtstag im Märkischen Museum. Der Bau an der Waisenbrücke, sonst kaum beachtet, hatte seine großen Tage. Des gewaltigen Andranges wegen musste er oft geschlossen werden. Monatelang konnte man vor dem Eingang die Besucher in langen Schlangen anstehen finden – als gäbe es dort wichtige Lebensmittel. In vielen Familien sind Zeichnungen gesammelt oder wenigstens einzeln an die Wand genagelt worden. Und bei fast allen Gewerbetreibenden und in unzähligen Arbeiter- und Angestellten-Haushaltungen wird irgendein Zillebuch wie ein kleines Heiligtum aufbewahrt und von Zeit zu Zeit vorgeholt, um die Herzen zu erquicken und zu erfrischen.

Wie er selbst zum Volke steht, drückte er einmal in einer kurzen, sehr treffenden Zeitungsplauderei aus:

»Immer hab' ich mit den kleinen Leuten gelebt, mit denen ich aufgewachsen, die für mich die Großen waren: – Volk – die Armen. Die den Besitz und die Wohlhabenheit weniger müssen erhalten, vermehren und sich selbst mit Brosamen sollen abfinden. Ich versuchte mit Bild und Wort die Vergessenen zu bannen, so nach und nach kam ich in die Zeitungen, illustrierten Zeitschriften, in die Witzblätter und wurde so der ›Arme-Leute-Maler‹ – leider Witzblätter – es tut weh, wenn man den Ernst als Witz verkaufen muss.


12. »Det is mein Auto janz alleene!«

Nach dem Original zum 1. Mal veröffentlicht.

Der Verschönerungsrat, der Barbier, der mich betreute, hielt viel Zeitschriften zur Unterhaltung seiner Kunden, aber auch zu seiner eigenen Belehrung. Er legte mir schmunzelnd immer die neuesten Journale mit Zille-Bildern vor und sagte: ›Großartig!‹ Er kannte mich aber nicht.

Ich fragte mal, wie sich das Publikum, seine Kunden, über die Bilder aussprechen. ›Großartig! Sie könn' jarnich erwarten, jeder will die Zeitung oder das neue Buch haben – aber es sin ooch Jegner dabei, die da sagen: Berlin würde dadurch beleidigt, verschandelt! Da hab' ick ihn' jesagt: ›Meine Herren – det verstehn Se wohl nicht – det is eben Zille sein Milljöh – und aus sein Milljöh kann er eben nich mehr raus!‹ –

Und ich sagte: ›Er will es auch nicht.‹«

Z.

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Zur Vollendung seines siebzigsten Lebensjahres wurde eine große Übersicht über seine Werke von der Stadt Berlin im Märkischen Museum veranstaltet. Große Eröffnungsfeier. Der Oberbürgermeister – Stadträte – Stadtväter – mancherlei wichtige Personen aus der Staats- und Stadtverwaltung.

Der Oberbürgermeister hält eine gründliche Rede auf Zille und sein Werk. Würdigt sein Wirken. Durch seine Arbeit sei das Berliner Volk in allen seinen Nöten und in seinem humorvollen Wesen erst so richtig in die Kunst eingeführt worden. Ihm sei es zu verdanken, wenn das Berliner Volk nun auch ebenbürtig sei in der großen Kunst. Durch sein Medium habe er es verklärt und habe auch seine scheinbaren Schattenseiten überwunden und auch die Elendesten dem Herzen der andern Schichten näher gebracht. Zille aber, der sich nicht wohl fühlte, dachte:

»Die Brust schmerzt, als wenn sie mich sprengen wollte.«

Und als auch der Direktor des Museums ihm bei anderer Gelegenheit Ähnliches sagte, da bedankte sich Heinrich Zille und wies mit einer Geste auf die Zeichnungen hin, auf denen das Berliner Volk in seiner ganzen ungeschminkten Art erscheint:

»Das gilt ja nur dem Volk. Sie wollen in mir nur das Volk streicheln. ...«

Die Feiern machte er vielleicht nicht ganz ungern mit. Aber bei allem Wohlgefühl, das er über seine Popularität empfand, war es ihm oft im Kreise der ihn umringenden Gratulanten und Standespersonen höchst ungemütlich. Ja, bei der öffentlichen Feier seines Geburtstages, inmitten von mehr als hundert hohen Beamten und andern Prominenten, plagte ihn sein Alter und sein Altersleiden, die Zuckerkrankheit. Und bei den langen Reden dachte er: Wenn's doch zu Ende wäre!


13. Zurück zur Natur.

Aus: »Rund ums Freibad«, Verlag Dr. Selle-Eysler A.-G. Bilder aus den Freibädern.

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Am schlimmsten wurde Zille von seinen Verehrern bedrängt, als er durch die Feier seines siebzigsten Geburtstags in der Öffentlichkeit, in allen Zeitungen, in vielen Reden und bei allen möglichen Gelegenheiten genannt wurde. Er nahm alle die ihm überreich gespendeten Gaben gern an. Sein langer Arbeitstisch war mit Feinkostkörben und Blumentöpfen und Sträußen gefüllt. Nur über die Blumen war er nicht ganz begeistert. Am wenigsten über die weißen, großblumigen Chrysanthemen, von denen ihm mehrere gebracht worden waren. Er sah sie über seine Brillengläser hinweglugend an und meinte leise abwehrend:

»Die haben was Totes an sich, wie weißes Papier. Ohne Farbe ... Das ist ja, wie wenn sie mich schon beerdigen wollen!«

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Und eine junge Dame, die gar zu gern doch ein Zille-Autogramm haben wollte und mit einem großen eingehüllten Blumentopf sich durch die Tür hineingezwängt hatte in Zilles Arbeitszimmer, reichte schüchtern und wortlos dem Meister ihren Blumentopfgruß hin, den er schon mit stillem Grausen in die Hände nahm:

Richtig – wieder eine weiße Chrysantheme!

Er stellte sie zu den übrigen – sah mit gerunzelter Stirn zu der angstvoll Harrenden hin – und ging dann doch auf sie zu, ihre Hand zwischen seine Hände nehmend:

»Na – Kindchen – Sie wollen gewiß auch meine Unterschrift haben? ... Und schönen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! ...«

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Aber er erlebte nicht nur die Schattenseiten des Berühmtseins. Er weiß auch von den heiteren Erlebnissen zu berichten, die ihm begegneten:

»Einmal habe ich mich doch gefreut. Da kam es raus, wie bekannt ich bin. Ich bekam eine Postkarte, auf der nichts als ein Kahn3 auf der Adressenseite gezeichnet war.


14. Vadding in Frankreich. Weihnacht 1914.

»Wenn ick man blot wüßt, wat ›Stille Nacht, heilige Nacht‹ uf französisch heet! Ick möcht de Lütt mal een dütsches Wihnachtslied vorsingen.«

Ulk 1914.

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Der Postbote gab sie mir:

›Det können Sie doch bloß sein!‹

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»Neulich musste ich mir'n Auto nehmen, um nach Hause zu fahren. Und als ich nun meine Straße und Hausnummer sagte, nickte der Schofför und sah mir so komisch prüfend an, dass mir ordentlich bange wurde.

Und als wir dann durch den Tiergarten kamen, da stoppte er'n bißchen.

Nanu, denke ich, was soll das werden?

Da dreht er sich um und fragt lächelnd:

›Sie sind doch Zille, der Maler Zille?‹

Ich musste nun ›Ja‹ sagen.

›Na, ick habe Sie doch jleich erkannt – nach den Bildern in der Zeitung. Haben Sie't eilig?‹

›Das gerade nicht‹, antwortete ich. ›Aber ich muss fahren, weil meine Beine mich nicht mehr so weit tragen.‹

›Woll'n Sie nich noch'n bißken spazieren fahren? Ick stelle de Uhr ab. Sie kommen doch jewiß nich mehr ville an de frische Luft! .. Un for Zille'n hab' ick immer'n bißken Zeit!‹

Und er fuhr mich raus bis Spandau und dann wieder nach Hause – So richtig durch die schöne Luft ...«

*

»Ein anderer Schofför hatte mich auch mal nach Hause gefahren. Als ich nach der Taxe sah, war die Uhr nicht eingestellt.

Ich fragte: ›Ja, was habe ich Ihnen denn für die Fahrt zu zahlen?‹

›Nischt. Herr Zille, nischt!‹ sagte er lächelnd.

›Was denn?‹

›Na – Sie sind doch Meester Zille! Ick habe doch zu Hause alle Bücher von Ihnen. Und da müssen Sie mir schon mal das Vergnügen machen ...‹

Was sollte ich tun? Ich konnte ihm nur die Hand schütteln.«

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»Als die Vorwahlen zur Wahl des ersten deutschen Reichspräsidenten waren (und die Wahl fiel auf Fritz Ebert), saß ich mit am Wahltisch, in einer kleinen Kneipe, als Beisitzer. Gegen 11 Uhr Vormittag kam ein vergnügtes Volk, Masken vom Maskenball – hatten aber keine Ausweise und wurden durch die Verkleidung auch nicht erkannt. ›Na, aber Herr Direktor,‹ sagten die Mädels, ›wir sind doch alles Zillekinder!‹«

*

Sehr hübsche Erlebnisse erzählt Zille von Aufwärterinnen und anderen weiblichen Wesen, die seine Kunst verehrten:


15. Vadding in Frankreich. Vierzehn Tage Urlaub.

»Du Korl, ick glöw, de Unnerstand von dien Patenkind is naß!«

Ulk 1915.

»Eine Aufwärterin fragte mich, ob ich denn nun wirklich Professor sei?

›Nee,‹ sagte ich, ›das gibt's doch jetzt nicht mehr in der Republik, dass einer einen Titel kriegt, der nicht auch das Amt ausübt. Ich lehre doch nicht. Also kann ich doch auch nicht Professor sein.

Ja früher, da kriegte jeder Steißtrommler, jeder Gymnasiallehrer den Professor!‹

›Aber in de Akademie sind Se doch, Herr Zille! Det weeß ick doch. Een Schwager von mir is doch ooch da! Der freut sich immer so über Ihre Bilder!‹

Ich sah sie erstaunt an: ›Kennt er sie denn?‹

»Ja, er kennt sie alle.‹

›Ein Schwager von Ihnen? Wer ist denn das? Was ist er denn? Ist er Dichter?‹

›Nee‹ –

›Macht er laut? (d. h. ist er Musiker?)‹

›Na – er is doch Heizer in de Akademie!‹«

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»Da habe ich in dem Zimmer nebenan ganze Packen Studien-Blätter und Mappen. Die wollte ich eigentlich mal alle in den Ofen schieben. Was soll der ganze Kram in der Welt, wenn ich nicht mehr bin? ... Das hörte auch meine Aufwartefrau und bat:

›Och nee – machen Se doch det nich. Jeben Sie mir wat! Und wenn't bloß 'n paar Zettel mit so 'n paar Kinderkens oder Frauen sind – ick würde mir det zu jerne an de Wand hängen!'«

*

Ein kleines Geschäftsmädchen brachte Zille ein Paket. Sie bekam ihr Trinkgeld, druckste aber eine Weile und bat dann zögernd, ob sie nicht lieber »ne kleene Zeichnung kriejen könnte«.

»Ja, aber Kind,« erwiderte Zille, »was soll ich Ihnen denn geben? Das ist nicht so leicht – ich werde ohnehin schon so geplündert!«

»Ach,« meinte sie, »wenn't ooch janz wat Rüdijes is, ick freu mir darüber!«

*

Ein andermal erzählte Zille:

»Einmal schrieb ein Konditor aus Chemnitz an mich, er hätte meine Bücher gekauft – und ob denn das wirklich so schlimm wäre mit der Not in Berlin. Ich möchte ihm doch einige Adressen schicken, wo es einen Zweck hätte, zu Weihnachten Stollen hinzuschicken.


16. Im Scheunen-Viertel, Füsilierstraßen-Ecke, inzwischen abgerissen.

Nach dem Original.

Es ist noch viel schlimmer in Berlin! antwortete ich ihm und schickte ihm die gewünschten Adressen. Und dann hörte ich auch, dass mehrere arme Luders so rechte schöne große sächsische Stollen von ihm bekommen haben.

Schließlich tauchte er selbst in Berlin auf und wollte sich überzeugen, ob's so schlimm war. Ging hin zu den Leuten, denen er Stollen geschickt hatte. Und besuchte mich nachher.

›Ja, das ist wirklich schlimmer als bei uns‹, sagte er mir. ›So elend wie hier sind die Menschen bei uns nicht. Wenn einer bei uns Unglück hat, dann kümmern sich doch die Nachbarn oder sonst wer um ihn. Wir kennen doch unsere Armen. Aber hier – so elend – so einsam – so. verlassen ... Es ist ja, als ob hier die Menschen allein sind, wenn sie ins Unglück kommen.‹

Seh'n Sie«, fügte Zille hinzu – »dadrum muss ich zu Weihnachten soviel Päckchen verschicken, damit sich die Leute nicht so allein auf der Welt fühlen ...«

*

Bei diesen unmittelbaren Erlebnissen blieb es nicht. Ganze Stöße von Briefen erfreuten den Meister. Manche kamen spontan, wenn irgendein Bild oder ein neues Album von Zille erschienen war. Viele Freunde aber dachten an ihn zu Weihnachten. Aus der Fülle solcher Festgrüße seien hier einige Proben gegeben. Aus dem Gedicht von zwei jungen Leuten zu Weihnacht 1924, aus dem Zille den mittleren Teil für ein Bild entnahm: »Alle Menschen sin vaeint –« seien hier die ersten und die letzten Zeilen nachgedruckt:

»Stille Nacht, heil'je Nacht«

Und da hab'n wa jedacht,

Unsern lieben alten Zillen

Woll'n wa 'n Weihnachtsjruß vapillen.


17. »Aetsch –Unser Vater is ooch in Tegel.«

Nach dem Original zum 1. Mal veröffentlicht.

Lieba juta Weihnachtsmann,

Streng dir mal 'n bißken an:

Keenen Haß nich, keene Hiebe,

Frieden wolln wa: Christboomliebe.

*

Mit herzlichem Weihnachtsgruß und allen guten Wünschen unserm lieben und verehrten Herrn Heinrich Zille

W... C... und B... W... Weihnachten 1924

*

Ein sehr hübsches Gedicht bekam Zille von einem Mann, den er bei seinen Fahrten durchs »Milljöh« kennengelernt hatte. Auch hier seien Anfang und Ende wiedergegeben. Hier haben wir gleich den heiteren Widerhall von Dingen, die in einigen folgenden Abschnitten – »Zille und seine Modelle«, »Wenn man berühmt ist« usw. – berührt werden.

Lieber Onkel Heinrich höre

Und verzeihe, wenn ich störe,

Aber ich und meine Olle,

Wir bekamen eine Stolle.

Chemnitz/Sachsen, Anton Müller,

Sandte als Befehls-Erfüller,

Wunschgemäß, in Deinem Namen,

Was wir gestern nun bekamen.

Dieserhalb und derowegen

Wünschen wir Dir Glück und Segen,

Wollen wir uns auch bedanken,

Doch die Sendung traf 'nen Kranken!

Denke Dir, ich armer Schlucker

Laboriere jetzt an Zucker,

War ja stets ein süßer Junge,

Pflegte Gaumen stets und Zunge.

Wenn ich mir das recht bedenke,

Krieg' ich allemal die Kränke,

Möcht' mit »Dichten« mich beeilen

Und sche die n.

verman denn Zeile

*

Käte, wegen ihrer Gicht,

Darf sie gleichfalls essen nicht.

Doch ich bin der Lösung Finder,

Gibt es denn nicht arme Kinder?

Ja wir werden sie verteilen

Und in Freude bei verweilen,

Wenn die kleinen Krabben schlingen,

Werden wir ein Liedchen singen.

Auf das Lied, das altbekannte,

Singen wir 'ne Variante:


18. »Mutta, wächst so ne Wurscht immer wieder?«

Nach dem Original.

Zille Nacht, heitere Nacht,

Die uns den Humor gebracht,

Die uns lachend ertragen lässt,

Lachend das Elend am Weihnachtsfest.

Lachen, das bringt uns Ruh,

Zille, ein Zaub'rer bist Du!

So, mein lieber Onkel Zille,

Klingt der Gruß aus uns'rer Stille,

Nimm' ihn frohen Herzens an,

Denke uns'rer dann und wann!

Karl Maria Völkel.

*

Eine große Zahl von kennenswerten Gedichten brachte dem Meister sein siebzigster Geburtstag. Eine sehr bekannte Vortragskünstlerin schrieb ihm:

An den großen Meister!

Wenn ich nicht war an Grippe erkrankt,

So kam ich zu Dir raufgewankt

Und hätt' Dich als 70er bewundert.

Und so ruf ich nur: Zille bis 100!

Ich wollt' mein Haupt in Deinen Sauerkohl drücken,

Aber du bist ja nicht sehr für ältere Zicken.

Darum schick' ich lieber 'n paar Pullen Mosel hin,

Das ist doch sicher mehr nach Deinem Sinn.

Also bis 100! vielleicht wer'n wir dann

Beide ein Paar – –

Zilleken, das wäre doch wunderbar.

Bis dahin drückt Dir in Verehrung die Hand

Deine Dich liebende

Söneland.

*

Ein Arzt schrieb:

Altmeister Zille zum 70. Geburtstag.

Heinrich heeßt er,

Der große Meester.

Dient als Lito-Graf

Treu und brav

Nur des Volkes Kunst

Und steht hoch in dessen Gunst.

Ihm gehört sein warmes Herz.

Mit ihm teilt er Freud und Schmerz.

Dufte Jungen, leichte Maid

Zeichnet er stets stiftbereit,

Frauen, dick mit ohne Linie,

Andre schlank wie eine Pinie.

Kesse Kinder, kugelrund,


19. »Was Junge – du rauchst?! Ich sollte dein Vater sein!« – »Det kenn' Se hab'n – Mutta is Witwe.«

Nach dem Original.

Nicht gefallen auf den Mund,

Kommen fix,

Machen einen Knix:

Mutta, die is sehr dafür,

Dass man Dir gratulier'.

Hab' für Deine Güte Dank,

Bleibe lang noch mang uns mang.

Und Gott Vater in der Höh'

Erhalt' gesund Dich unserm »Milljöh«.

Ja, beim Meister Zille kann man's sehn:

Es muss der Zeichner mit dem Volke gehn.

Dr. Sch.

*

Und ein anderer Arzt wusste das Fest des 70. Geburtstages recht humorvoll zu schildern:

An Vater Zillen .

Heit liejen de Briefe hochaufjeschichtet.

Se ham Dir stillen, bescheidenen Mann

Von oben bis unten angedichtet,

Und Du heerst allens jeduldig an.

Se ham Dir jemalt, radiert und jekurbelt,

Dir ooch noch interwivt hinterher;

Und Du – Du denkst Dir, festlich umwirbelt:

Wenn bloß der Klamauk schon vorieber wär'! –

Sonst lebste so ruhig, sonst lebste so heißlich –

Heit holen se Dir schon frieh aus dem Bett.

Zu nischt haste Zeit mehr! 's is jradezu scheißlich.

Se warten uff Dir schon vor dem Klosett.

Et kommt von de Acker- und Linienstraße

Der Orje, der Ede, der Fritz, die Marie; –

Die scheenen Blumen! Keener verjaß se!

Et kommt sogar »Max« von de Akademie.

Und dann de Vereine, jroße und kleene –

Wie sich det Volk uff de Treppe steeßt! –

Und Brennert und Ilyan und Heilborn und Behne,

Und wie det Federvieh sonst noch heeßt.

Du – wer kloppt denn an't Fenster? Mensch is det meechlich?

De Spatzen, die kommen ooch alle heit,

De dankbaren Vejelchen, denen Du teechlich

Uff Deinem Balkon det Futter jestreit! – –

Au Backe, nu hätt ick beim vielen Quatschen

Beinahe det Jratulieren verdöst! –

Na also Heinrich, ick drick Der de Patschen

Und winsch Der, dass De den Tach ieberstehst.

Denn biste morjen frieh noch am Leben,

Nach der Strapaze noch uff dem Kiehn, Dann wird's noch manchet Jubiläum jeben, Trotz Fachinger Wasser und trotz Insulin!

Dr. E. H......(der andere H......, weeste, der Leibtierarzt von de Sammetbrieder).

*

Welchen Widerhall Zille im Volke gefunden, erläutern wohl am besten diese kleinen Beispiele und manche Erlebnisse, die in andern Kapiteln geschildert sind. Viele hundert solche Geschichten ließen sich erzählen. Und sie wirken noch überzeugender als die Menschenmassen auf den Zillefesten, als die vielen Zillebälle, die zur Karnevalzeit in ganz Deutschland, in den schlesischen Bergen wie in hinterpommerschen Städten, in Thüringen und im Hannoverschen gefeiert werden. Und auch die Ausstattungen so vieler Kneipen mit Zillebildern reden eine deutliche Sprache.

Das liebste an seiner Berühmtheit aber ist Zille doch jene Liebe des Volkes, wie sie sich immer wieder in solchen kleinen Erlebnissen äußert.

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