Kitabı oku: «Schweizer Bahnen», sayfa 5
Frühe Elektrifizierung
In den Abschnitten über Bergbahnen und Tramstädte ist bereits darauf hingewiesen worden, dass Berg- und Strassenbahnen zu den frühen Anwendern von elektrischer Energie gehören. Die elektrische Energieversorgung benötigt Kraftwerke, Werke für die Stromübertragung, Kraftübertragungsleitungen und Anwendungseinrichtungen. Die Schweiz wird in diesem neuen Investitionsfeld eine Pioniernation. 1884 lieferte ein erstes Kraftwerk in der Schweiz Strom über grössere Distanzen: das Werk Biel-Bözingen. In Meiringen und Luzern gehen frühe Elektrizitätswerke ab 1889 ans Netz. 1896 können gleich drei Kraftwerke mit neuen Leistungsdimensionen eingeweiht werden: An der Aare die Laufkraftwerke Wynau und Ruppoldingen46 und an der Rhone bei Genf das Werk Chèvres.47 1897 ist das bisher grösste Wasserkraftwerk, Rheinfelden, mit deutscher und schweizerischer Konzession vollendet.48 Zu den frühesten Grossanlagen gehören auch diejenigen der «Bernischen Kraftwerke» BKW, die während der Aarekorrektion zum Schutz vor Überschwemmungen geplant werden: 1899 und 1900 gehen die Kraftwerke Spiez und Hagneck ans Netz.49 Das für die Zeit seiner Entstehung grosse Kraftwerk Beznau kommt zustande, weil die 1891 gegründete BBC den Absatz für ihre Maschinen vergrössern will. Sie gründet zu diesem Zweck 1895 in Baden die AG Motor, die spätere Motor-Columbus. Die AG Motor realisiert bis 1902 das erste grosse Verbundnetz der Schweiz. Die Inselnetze der zahlreichen kleineren Kraftwerke müssen verbunden werden, damit entfernte Abnehmer mit Strom beliefert werden können. Strom muss bekanntlich im Augenblick seiner Erzeugung verbraucht werden, da seine Speicherung in Batterien und anderen Energieträgern nicht wirtschaftlich ist. Die AG Motor stellt sich der Herausforderung und baut gleichzeitig das Flusslaufkraftwerk Beznau und das Speicherkraftwerk Löntsch mit dem höher gestauten Klöntalersee in den Glarner Alpen. Zwischen den Kraftwerken spannt die AG Motor Hochspannungsleitungen. In Hauptabnahmeorten wie Winterthur transformieren Umformerwerke und Trafohäuschen den Strom auf Mittel- und Industriespannung hinunter. Die AG Motor verbindet und verteilt so die Dauerleistung von 8000 PS aus Beznau mit der Spitzendeckungsleistung von 24 000 PS aus dem Kraftwerk Löntsch.
Für grosse Leistungen im Zugsbetrieb mit Steigungen genügen die 600 Volt Spannung des Gleichstromsystems nicht. Die Brown Boveri Company in Baden fördert 1899 das Drehstromsystem mit Grossmotor-Lokomotiven für die Burgdorf—Thun-Bahn.
H. P. Bärtschi im Verkehrshaus Luzern 1997.
Bereits in der Belle Epoque um 1900 ist absehbar, dass sich die Elektrizität zur «allmächtigen Zauberin unserer Zeit» entwickeln würde, dass alles von ihr abhängig werden würde.50 Ebenso bekannt ist, dass nichts – weder Kohle noch Öl oder Gas – so plötzlich versiegen kann wie Strom. So baut das Elektrizitätswerk der Stadt Zürich eine erste bedeutende eigene Stromversorgung auf, mit Flusskraftwerken an der Limmat und Speicherkraftwerken im Bündnerland. Dort fördert auch die Elektromaschinenfabrik Alioth mit Basler Kapital den Kraftwerkbau. Ein weiteres Absatzgebiet für die junge Elektroindustrie ist der Bau von Lokomotiven und Triebwagen, an dem sich auch die Maschinenfabrik Oerlikon und die Pionierfirma Sécheron aus Genf beteiligen.51 Bis zum Ersten Weltkrieg erstellen zehn Nebenbahnen eigene Wasserkraftwerke, 55 Betriebe speisen ihre Triebfahrzeuge mit Gleichstrom direkt oder durch Umformung von den im Aufbau begriffenen Elektrizitätswerken.
Für die Streckensicherung richtet die Gotthardbahn von Anfang an Wärterbuden mit Läutwerken ein.
H. P. Bärtschi, Urnersee 1980.
Katastrophen verhindern mit Unterhalt und Mechanik
Niemand denkt beim Eisenbahnfahren an eine Katastrophe, die sich ausgerechnet mit seinem Zug ereignen könnte. Die Zuverlässigkeit der Eisenbahn ist sprichwörtlich. Nur in Dürrenmatts «Tunnel» kommt es vor, dass ein Zug zwischen zwei Orten plötzlich spurlos verschwindet: «Wir sind in einem Tunnel, seit fünfundzwanzig Minuten», sagt ein junger Mann. Doch der Schachspieler antwortet etwas ärgerlich, in der Schweiz gebe es eben viele Tunnel, ausserordentlich viele. Der Zugführer: «Wie wir in diesen Tunnel geraten sind, weiss ich nicht … Doch bitte ich Sie, zu bedenken: Wir bewegen uns auf Schienen, der Tunnel muss also irgendwohin führen …». Sie finden den Führerstand leer vor. «Wir sassen noch in unseren Abteilen und wussten nicht, dass schon alles verloren war.»52 Dürrenmatts apokalyptisches Gleichnis deckt sich mit Wolfgang Schivelbuschs Analyse, dass die Verdrängung möglicher Gefahren bei einem Unfall zum Schock führt. Er sieht die Gewöhnung des Menschen an immer neue Apparaturen als Prozess der Angstverdrängung. Technisch verursachte Reize werden verinnerlicht, erscheinen als Naturbeherrschung.53 Diese neuen Wahrnehmungs- und Verhaltensformen führt die Eisenbahn als erstes weiträumig verbreitetes, technisches Ensemble ein. Bis dahin scheint es selbstverständlich zu sein, dass alles, was der Mensch mit seinen Händen schafft, einen Unfall erleiden kann, so die Formulierung in Diderots «Encyclopédie» von 1747–1765 [Erstausgabe]. Die Industrie und das industrialisierte Transportwesen haben mit ihrer gigantischen maschinellen Apparatur diese Option potenziert. Dieser Sicht schliesst sich auch Ernst Bloch an, wenn er über das Wesen des technischen Unfalls trotz aller Verbesserung der Sicherheitssysteme nachdenkt: «Je effektiver die Technik, um so katastrophaler die Destruktion».54
Eisenbahnkatastrophen in der Schweiz
Aufgrund von Unfallhäufungen am Ende des 19. Jahrhunderts lässt das russische Transportministerium bis 1906 eine internationale Vergleichsstudie über getötete und verletzte Passagiere auf eine Million Reisende ausarbeiten. Die Schweiz kommt nicht gut weg. Sie steht bei den durch die Eisenbahn verursachten Verletzungen und Todesfällen nach Russland, den USA und Belgien an vierter Stelle.55 Drei grosse Eisenbahnkatastrophen seien hier kurz geschildert.
Am 19. Juli 1870 erklärt Kaiser Napoleon III. Preussen den Krieg. Der Bundesrat setzt General Herzog an die Spitze der Armee. Nach Napoleons Gefangennahme führen die Preussen und ihre deutschen Verbündeten den Krieg weiter und lassen im Januar 1871 im Spiegelsaal von Versailles den preussischen König Wilhelm I. zum deutschen Kaiser krönen. Die Schweiz mobilisiert 20 000 Soldaten an der Jura-Grenze. Der General der Richtung Jura abgedrängten französischen Ostarmee, Bourbaki, unternimmt einen Selbsttötungsversuch; sein Stellvertreter überschreitet mit schweizerischer Zusage am 1. Februar 1871, mitten im Hochwinter, mit 87 000 demoralisierten, kranken, halb verhungerten Soldaten die Grenze. Die Schweizer Armee requiriert Eisenbahnzüge und Gebäude für die Unterbringung: leerstehende Fabriken, Lagerhäuser, Turnhallen. Sie zwingt die Privatbahnen, «Grosstransport-Fahrpläne» einzuführen, z. B. möglichst ohne Halt zwischen Genf und Romanshorn.56 13 Monate später, zwischen dem 13. und dem 22. März 1872, werden die Internierten nach Frankreich repatriiert. Am letzten Tag der Rückschaffung ist in Colombier eine Weiche falsch gestellt. Der Zug der Internierten fährt auf einen Güterzug auf. Aus den zersplitterten Holzwagen werden über 100 Menschen geborgen, 24 nur noch tot.
Die früheste in der Schweiz fotografisch festgehaltene Eisenbahnkatastrophe ist diejenige vom 22. März 1871 in Colombier. Infolge falscher Weichenstellung fährt ein Zug der Ouest Suisse auf eine stehende Komposition. Die Holzwagen mit den Internierten verschachteln sich.
HB Kreisdirektion I Lausanne 1983.
Am Tag nach der Eisenbahnkatastrophe in Münchenstein gaffen Schaulustige von der Strassenbrücke, während die Trümmer in der Birs von Befrackten, von Militär- und Bahnpersonal begutachtet werden.
HB Archiv Winterthur Versicherungen 1891.
Als 14. Juni 1891, einem Sonntag, ein dicht besetzter Festzug Basel Richtung Delémont verlässt, stürzt unter ihm in Münchenstein die Birsbrücke ein, die schweren Dampfloks voran, dahinter verschachteln sich die Wagen mit ihren hölzernen Aufbauten. «Münchenstein» ist die grösste Eisenbahnkatastrophe der Schweiz, 71 Reisende sterben, 171 teilweise schwer Verletzte werden geborgen. Der Bau der Brücke war 1875 von den ursprünglichen «Chemins de fer du Jura Bernois» JB beim Ingenieurbüro Eiffel in Paris in Auftrag gegeben worden. Der Einsturz scheint unbegreiflich zu sein, vor allem für die Verantwortlichen der Bahngesellschaft; eine Expertenuntersuchung soll die Ursache herausfinden.57
Bereits am 17. August desselben Jahres kommt es zu einer weiteren Eisenbahnkatastrophe. Beteiligt sind die überdurchschnittlich moderne Schweizerische Centralbahn SCB und wieder die Jura—Simplonbahn JS, die 1890 bis 1891 fusionierte Nachfolgegesellschaft u. a. der einstigen JB. Vom überlangen SCB-Festzug für die Feierlichkeiten «700 Jahre Stadt Bern» stehen die letzten Wagen bei Zollikofen noch auf der Strecke, als sich der Pariser Schnellzug nähert. Diesem sind neben den mit Druckluftbremse ausgerüsteten internationalen Wagen noch Sonderzugwagen ohne Druckluftbremse angehängt. Der Führer der Vorspannlok pfeift und versucht eine Schnellbremsung, die jedoch nicht gelingen kann. Leute aus dem hintersten Wagen springen ab, dennoch sterben im SCB-Zug 17 Personen, 23 sind schwer und 30 leichter verletzt, im auffahrenden Zug erleidet der Lokführer schwere Verletzungen.58
Sicherere Infrastruktur
Die drei geschilderten Eisenbahnkatastrophen haben wenig gemeinsame Ursachen. Doch alle ereignen sich in Situationen erhöhter Anspannung mit zusätzlichem Passagieraufkommen und höherer Zugsdichte. Die Bundesbehörden intensivieren die Ursachenforschung, pochen auf die Sicherheit des Unter- und des Oberbaus (Brücken, Schienenbrüche), des Rollmaterials (Bremsen, Fahrwerk), der Geschwindigkeit und der Signale.59 Während die Jura—Simplon-Gesellschaft als Eigentümerin des Rollmaterials und der Brücke von Münchenstein 1891 schleppend reagiert, beordert der Bundesrat über das Eidgenössische Polytechnikum sofort den ausgewiesenen Materialprüfer Ludwig von Tetmajer auf die Katastrophenstelle. Die Unfalluntersuchung ergibt, dass die Konstruktion von Eiffel nur geringe Schwächen besass und nicht als Ursache des Einsturzes gelten kann: Ein Hochwasser hat 1881 ein Widerlager unterspühlt und die Eisenträger geschwächt. Die Brücke ist wieder in Stand gestellt und 1890 für die neuen, schweren Lokomotiven verstärkt worden, jedoch nicht genügend. Tetmajer muss sich gegen verschiedene Spekulationen wehren, unter anderem, dass der Zug vor der Brücke entgleist sei. Die Ursachen des Einsturzes liegen im raschen Befahren der Brücke durch zwei 1889 eingeführte schwere Lokomotiven über die zu schwachen Mittelstreben, die nach einer Reparatur exzentrisch befestigt worden sind, ferner in der für das Baujahr 1875 zwar normalen, jedoch geringen Qualität des Eisens. Tetmajer wirft der Oberaufsicht des Bundes vor, Brücken zuzulassen, die für wenig Geld rasch erstellt worden seien und nun den schwereren und schnelleren Zügen nicht mehr genügen können. Als Professor des eidgenössischen Festigkeitsinstituts verlangt er vom Eisenbahndepartement die Erstellung von vollständigen Brückenbüchern mit Nachberechnungen.60 Als Sofortmassnahmen werden Geschwindigkeits- und Gewichtsreduktionen und der obligatorische Einbau von Leitschienen gegen Entgleisungen auf Brücken angeordnet. 1892 tritt die neue Brückenordnung in Kraft. Die Eidgenössische Materialprüfungsanstalt EMPA kann so unter Tetmajer die Bau- und Werkstoffprüfung und deren Kontrollen wirksam umsetzen. Die in jenen Jahren wieder rentableren Privatbahnen sind gezwungen, Brückenverstärkungen oder gar Ersatzbrücken zu erstellen, was sie angesichts der nun breit diskutierten Verstaatlichung nur zögerlich machen. Tatsächlich ist das Fanal von Münchenstein ein Grund für die erfolgreiche Verstaatlichungsabstimmung am 20. Januar 1898.61
Als Reaktion auf den Brückeneinsturz erlässt der Bund 1892 ein Normenwerk für den Brückenbau. Ältere Brücken müssen verstärkt oder ersetzt werden, andere wie diejenige der Nordostbahn über den Rhein bei Eglisau 1897 neu berechnet werden.
H. P. Bärtschi 1987.
Was im «Flachland» nicht obligatorisch ist, setzt sich bei Gebirgsbahnen durch: luftbetriebene automatische Bremsen. Die Rhätische Bahn bleibt lange bei Vakuumbremsen: Mittelpufferkupplung und Bremsschläuche.
H. P. Bärtschi 2013.
Sicherere Züge dank automatischer Bremsen
Die Untersuchung der Eisenbahnkatastrophe von Colombier 1871 weist nach, dass die vielen Toten und Verletzten unter anderem auf die unflexiblen Kupplungen der Centralbahn-Wagen zurückzuführen sind. Diese haben keine abfedernden Puffer und krachen trotz der geringen Auffahrgeschwindigkeit von 18 Stundenkilometern so stark ineinander, dass ihre Holzaufbauten zersplittern. Bei der Katastrophe von Zollikon wird 1891 festgestellt, dass vom auffahrenden Zug nur die halbe Komposition mit Druckluftbremsen ausgerüstet war. Und dies, obwohl das Eidgenössische Post- und Eisenbahndepartement seit 1882 für Personenzüge die durchgehende Bremse vorschreibt. Zu dieser Zeit wird zwar die Betriebssicherheit durch Einführung der Vakuum- und der Druckluftbremse vergrössert. Automatische Zugsbremsen sind für Gefälle ab 4 Promitte eine Notwendigkeit, da die Spindelhandbremsen zu langsam wirken. Vor 1900 bleiben durchgehende Luftbremsen ein Luxus, mit dem vor allem Personenzüge auf Hauptbahnen ausgestattet sind, nicht aber Güterzüge und Güterzüge mit Personenbeförderung (GmP). Güterwagen haben zum Teil gar keine Bremse und werden gruppenweise von Wagen mit Handbremsen in ihrem Lauf verlangsamt – von Bremsern auf den Plattformen oder im Bremserhäuschen, bei jedem Wetter. Bremserhäuschen bleiben bei Güterwagen bis Mitte 20. Jahrhundert weit verbreitet. Angesichts des wachsenden internationalen Wagenaustauschs setzt sich das System mit Schraubenkupplungen, Puffern und Schlauchverbindungen für Druckluftbremsen an jedem Wagen in den 1930er-Jahren durch.
Mechanische Stellwerke und Signale ersetzen Handzeichen
Die frühen Eisenbahnen fahren auf Sicht, wie die Fahrzeuge im Strassenverkehr. Streckenwärter und Stationsvorstände geben mit weissen, grünen und roten Flaggen die Strecke frei oder eben nicht. Ab 1875 verbessern auch in der Schweiz Bahntelegrafen die Kommunikation; entlang der Bahnstrecken ziehen sich Telegrafenleitungen, in den Stationen stehen Morsetelegrafen. Das verringert Gefahren infolge mangelnder Verständigung. Zusätzlich übermitteln Läutwerke und Lokomotivpfeifen akustische Signale.
Die Dampfpfeife und der «Gling-Glang» der Läutwerke begleiten die Züge. Als erste realisiert die Gotthardbahn entlang ihrer Strecken bis 1882 durchgehende elektromechanische Ketten von Läutwerken. Nachts und bei Nebel verbessern Lampen die Sicherheit. Die Kombinationen aller Zeichen sind in der Signalordnung festgehalten. Gefährlich schwierige Situationen können im Winterdienst entstehen. Auf einspurigen Strecken führen die Engländer zur Blocksicherung die Übergabe eines Stabes vom Lokomotivführer zum Stationsbeamten ein, und umgekehrt – auf dem jeweiligen Streckenabschnitt ist immer nur ein Zug mit einem Stab unterwegs. Erste Schwenksignale für Schwachstromimpulse über Telegrafenleitungen kommen in der Schweiz bereits ab 1863 bei der Nordostbahn in Betrieb. Erfinder ist der Uhrmacher und Elektropionier Mathias Hipp. Im Signal mit der Wendescheibe wird ein Uhrwerk von Hand aufgezogen. Per Schwachstrom löst der Stationsbeamte ferngesteuert eine Verriegelung aus, so dass sich die Scheibe um 90 Grad auf Fahren oder Halten wenden kann.62 Seit 1880 gibt es auch in der Schweiz Flügelsignale. Sicherheitsprobleme bestehen darin, dass zum Beispiel bei falscher Weichenstellung das zugehörige Signal trotzdem freie Fahrt aufzeigen kann. In England gibt es bereits Systeme für die Signalabhängigkeit über stangenförmige Riegel- und Stellleitungen. In Deutschland setzen sich Stelldrähte durch und für die Verriegelung Hebelwerke mit komplizierten Verschlussregistern. Diese mechanischen Kunstwerke sichern über die Verschlussapparate auch den Streckenblock an Stelle der früheren Stabübergabe. Die Zugsicherung erfährt so durch mechanisch gesicherte Stellwerke und Drahtzüge für Weichen, Signale und Barrieren eine wesentliche Verbesserung.63 Die neuen, automatischen Sicherheitseinrichtungen kommen hauptsächlich aus Deutschland, ebenso die Schienen. Die Schwellen und das Stopfmaterial – den Schotter – liefern Unternehmen oder die Bahngesellschaften selbst aus der Schweiz. Das Sicherheitssystem mit Streckenwärtern bleibt aber aufrecht erhalten, denn der Streckenwärter hat auch für die Sicherheit des Oberbaus zu sorgen: Sind Schienennägel oder Schrauben von Befestigungen locker? Ist der Schotter zwischen den Schwellen gut gestopft?64 Noch 1897 setzt die Jura—Simplon-Bahn einen Viertel des Unterhalts- und Erneuerungsbudgets für die Streckenüberwachung durch Menschen ein.
Die Centralbahn und die Gotthardbahn setzen mit den Firmen Jüdel und Bruchsal früh auf mechanische Sicherung des Bahnbetriebes.
Plan Buchloh 1882.
Sicherheit gegen Fremdeinflüsse
Neben Signalen und Tafeln dienen in Barrierenwärterhäuschen, Wärterbuden, Stationen und Stellwerken Schrift-Plättchen der Kommunikation bei aussergewöhnlichen Betriebsverhältnissen.
H. P. Bärtschi.
Da hätte man mit hohen Investionen die Sicherheit des Betriebs für das geschlossene System der Eisenbahn endlich auf einen hohen Stand gebracht, und gleich bedroht die Unzuverlässigkeit des Menschen das Erreichte. Die Unfallstatistik des Bundes zeigt für die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts als häufigste Ereignisse individuelle Unfälle, verursacht durch Stürze vom Zug, Auf- und Abspringen, Überfahren oder Hinauslehnen. Nebenbei bemerkt: Naturereignisse werden nicht zu den «sonstigen Unfällen» gezählt, auch wenn sie der Bahn für Verbauungen an Flüssen und im Gebirge riesige Kosten verursachen. An zweiter Stelle nach den individuell von Personen verursachten Unfällen folgen Kollisionen mit Strassenfahrzeugen; diese führen wiederum teilweise zu Entgleisungen. Das Eisenbahngesetz überantwortet die Erhaltung und Sicherung des Strassennetzes bei Kreuzungen den Bahngesellschaften. Allein die Bundesbahnen erben von den grossen Privatbahnkonzernen über 4000 Bahnübergänge. In einer Zeit, da der Strassenverkehr der Bahn zunehmend Konkurrenz macht, müssen die Bahngesellschaften immer mehr in die Sicherung und Beseitigung von Bahnübergängen investieren. Bei Feldwegen braucht es lange nur eine Anpassung des Trassees an die Schienenoberkante, diese unbewachten Bahnübergänge gelten als die gefährlichsten. Es folgt das Aufstellen von Warnkreuzen, womit die Verantwortung auf die Strassenverkehrsteilnehmer abgewälzt wird. Aufwändiger ist das Einrichten von Barrieren mit mechanischer Hebe- und Senkvorrichtung. Bis zur Verstaatlichung werden die meisten Barrieren von Wärterinnen in eigens erstellten kleinen Häuschen bedient. Die teuerste und beste Lösung für Bahnübergänge ist der Bau von Unter- und Überführungen. Sie sind bis Mitte des 20. Jahrhunderts vollständig von den Bahngesellschaften zu berappen, weshalb ein umfassendes Programm erst mit der rasanten Automobilisierung ab den 1950er-Jahren zustande kommt.65
Von Maffei aus München importiert, ist die 1891 nach den Grundsätzen des Genfer Ingenieurs Anatole Mallet konstruierte Centralbahnlok Ed 2 × 2/2. Die ganze Zugskomposition stammt aus dieser Zeit und fährt auf der fahrdrahtlosen Strecke nach Wolfhausen.
H. P. Bärtschi 2009.