Kitabı oku: «Hochschullehre variantenreich gestalten», sayfa 3
2.2Eine alte Idee neu verpackt?
Die Wurzeln von Kollaborativem und Kooperativem Lernen werden in der Literatur auf die Ansätze von John Dewey (1859–1952) und Kurt Lewin (1890–1947) zurückgeführt. In Bildungsprozessen sollte nach Dewey allen Individuen die Möglichkeit gegeben werden, Verantwortung zu übernehmen und einen Beitrag in der Gesellschaft zu leisten. Sein Anliegen war es, Demokratie in pädagogischen Prozessen zu verwirklichen. Wesentliche Impulse zur Entwicklung der Gruppendynamik gab Lewin, Mitbegründer einer experimentellen Sozialpsychologie, der menschliches Verhalten als Handeln in Situationen betrachtete und erforschte. Bezüglich kognitionstheoretischer Grundlagen für die Entwicklung des Kollaborativen und Kooperativen Lernens wird jeweils auf die Annahmen von Jean Piaget (1896–1980) und Lew Wygotsky (1896–1934) verwiesen. Piaget hat erkannt, dass Lernen ein Konstruktionsprozess ist und dass Sprache, Werte, Regeln, Moral oder Symbolsysteme wie Mathematik und Schrift nur in Interaktion mit anderen gelernt werden können. Auch nach Wygotsky kann Lernen nur im gemeinschaftlichen Kontext durch die Verinnerlichung von sozialen Aktivitäten erfolgen. Dazu kamen in jüngerer Zeit sozialkonstruktivistische Überlegungen. Ausgehend von der Bedeutung sozialer Interaktion als Anlass für Konstruktionsprozesse betont Reich (2006) die Beziehungsseite von Lehr-Lern-Prozessen: «Lernen ist immer eine soziale Situation und ein zwischenmenschliches kommunikatives Ereignis» (S. 18). Demzufolge können Lernprozesse mittels gemeinsamer Konstruktion von Bedeutung und entsprechender Aushandlungsprozesse durch die Gesprächspartner in der Gruppe angestoßen werden. Die aktive Rolle der Lernenden entspricht zudem den Ergebnissen der aktuellen Lernforschung. Es gilt mittlerweile als gesichert, dass aktive Eigenkonstruktionen eine wesentliche Basis «jedes kognitiv konstruktivistischen Lernens darstellen – dies im Gegensatz zu rein reproduktiven und mechanisch-passiven Formen des Lernens» (Reusser 2001 S. 127).
Es gibt nicht nur unterschiedliche Begründungen, sondern ebenso verschiedene Zielebenen für Kooperatives Lernen. Aus einer lerntheoretischen Perspektive wird argumentiert, dass beim Lernen durch Austausch- und Aushandlungsprozesse sowohl Wissen als auch Denkstrukturen erworben und erweitert werden. Die Pädagogik und Didaktik argumentiert mit der Mehrdimensionalität von Kooperativem Lernen: Es wird ein Inhalt gelernt, wobei Wissen (re)konstruiert und damit gefestigt wird. Je nach Aufgabenstellung werden Fertigkeiten wie zum Beispiel Plakatgestaltung eingeübt. Über den Lernweg werden soziale Ziele verfolgt und Haltungen wie Respekt oder Verantwortungsübernahme können sich entwickeln. Zudem müssen Lernstrategien angewendet und reflektiert werden, und weil die Dozentin oder der Dozent die Steuerung zu einem großen Teil abgibt, können Selbstständigkeit, Disziplin und Eigenverantwortung wachsen.
3Merkmale Kooperativen Lernens
Im Vergleich zur herkömmlichen Gruppenarbeit lassen sich spezifische Merkmale Kooperativen Lernens beschreiben, die das Potenzial dieses Ansatzes verdeutlichen (Green & Green 2007; Huber 2006/1993; Johnson, Johnson & Holubec 2005; Konrad & Traub 2001).
3.1Heterogene Gruppen und Ressourcenorientierung
Heterogene Gruppen beim Kooperativen Lernen haben zum Ziel, der Verschiedenheit der Lernenden gerecht zu werden. Die Aufgabe der Gruppenarbeit muss so gestellt sein, dass unterschiedliche Kompetenzen für die Zielerreichung gefragt sind. Jede Studentin und jeder Student stellt die eigenen Ressourcen und Fähigkeiten für die Lösung des Problems und das Gruppenergebnis zur Verfügung. Es ist je nach Situation die Aufgabe der Lehrenden, einerseits über die Gruppenzusammensetzung und andererseits über die Rollenverteilung (Rollen, S. 34) den Zugang zu vorhandenen Ressourcen zu regeln. Der Dozent oder die Dozentin stellt die Aufgabe so, dass für die Lösung unterschiedliche Fertigkeiten und Fähigkeiten gefragt sind, und ist darauf bedacht, die Lernenden so auf die Gruppen zu verteilen, dass diese gesamthaft über alle nötigen Ressourcen verfügt (vgl. auch Komplexe Instruktion).
3.2Jede/r kann etwas gut und niemand ist gut in allem
Immer wieder kommt es vor, dass die Mitglieder einer Gruppe überhaupt nicht miteinander zurechtkommen, sei es, weil die Arbeitsgeschwindigkeiten zu unterschiedlich sind, die Arbeit wenig produktiv und effektiv aufgeteilt wurde, weil Machtkämpfe um die Führungsrolle ausgetragen werden oder weil unsichere Studierende Schwierigkeiten haben, sich einzubringen. In der Literatur wird dieses Phänomen oft als eine Art «soziales Faulenzen» beschrieben. Dies ist eine eingeschränkte Sichtweise, da hinter solchen Phänomenen auch der Umgang mit Verschiedenheit steht.
Die moderne Gesellschaft hat einen neuartigen Charaktertyp hervorgebracht – einen Menschen, der darauf bedacht ist, die Ängste zu verringern, die durch Unterschiede ausgelöst werden können, ob sie nun politischer, rassischer, religiöser, ethnischer oder erotischer Natur sind. (Richard Sennett 2012, S. 21)
Der Umgang mit Differenz wird beim Kooperativen Lernen zum Thema. Die Dozentin oder der Dozent weist im Plenum auf diesen Zusammenhang hin, indem zum Beispiel betont wird, dass niemand in der Gruppe über alle, aber jedes Mitglied über unentbehrliche Fähigkeiten und Fertigkeiten verfügt. Deshalb muss zusammengearbeitet werden. Diese Bedingung ist von großer Wichtigkeit. Es soll offen darüber diskutiert werden, welche Differenzen beim Lernen bedeutsam sind und wie der Diskriminierung Einzelner entgegengewirkt werden kann. Zumindest phasenweise muss deshalb auch Coaching durch die Lehrenden angeboten werden.
Abbildung 1: Beispiel für die Taktik Placemat (Platzdeckchen)
Bei der Präsentation der Ergebnisse beteiligt sich jeweils jedes Gruppenmitglied. Die zugeteilte Rolle und deren Übernahme involviert alle Mitglieder in den Gruppenprozess, sie sichert eine klare Position und ein spezifisches Aufgabenfeld. Dadurch erhalten alle Beteiligten eine Stimme. Kooperatives Lernen schult die Fähigkeit, die Verschiedenartigkeit der Gruppenmitglieder zu erkennen und als unauflösbare Spannung zu akzeptieren. Im Kooperativen Lernprozess kann sich der Sinn für Zugehörigkeit und Respekt füreinander entwickeln. Ein einleuchtendes Beispiel dafür, wie Interaktion beim Lernen unterstützt werden kann, ist die Taktik Placemat (Green & Green 2007, S. 136). Dabei handelt es sich um eine Methode, Wissen zusammen zu führen und zu erweitern. Durch die vorgegebene Einteilung eines möglichst großen Papierbogens und Phasen der Bearbeitung wird die Interaktion strukturiert. Die Taktik ist einfach und situativ einsetzbar. Die Aufgabenstellung zu Abbildung 1 lautete: Was wissen Sie über qualitative Forschung und wissenschaftliches Arbeiten?
Das hier abgebildete Placemat entstand im Rahmen eines Forschungsprojektes in der Ausbildung «Soziales Feld Schule – mehr als Unterricht und Didaktik» unter der Leitung von Sibylle Künzli und Petra Hild an der Pädagogischen Hochschule Zürich (FS12/HS13).
Placemat eignet sich besonders gut für die Sammlung von Ideen und das Zusammentragen von Vorschlägen, Leitgedanken oder Argumentationen. Passend ist es auch innerhalb des ersten Schrittes einer Lerneinheit, um Vorwissen zu einem bestimmten Thema zu aktivieren, wie in diesem Beispiel. In der anschliessenden Diskussion kann im Plenum auf einzelne Punkte näher eingegangen werden, und es können Differenzen zwischen dem zu erlernenden Inhalt und den von den Studierenden zusammengetragenen Gedanken aufgezeigt und diskutiert werden. Die Methode verdeutlicht zudem den Anspruch, die individuellen Beiträge für das Gesamtprodukt sichtbar zu machen. Die Urheber und Urheberinnen ihres Werkes unterschreiben auch deshalb mit ihrem Namen oder ihren Initialen. Im folgenden Kasten sind die Phasen und Schritte der Taktik Placemat zusammengefasst:
Phasen der Taktik Placemat
A Einzelarbeit: Schreiben, Zeichnen, Sammeln
In einer vereinbarten Zeit denken die Lernenden zuerst einmal die Aufgabenstellung durch und schreiben ihre Ideen und Vorschläge ins dafür vorgesehene Außenfeld, dies ohne miteinander zu sprechen. Ein Placemat braucht so viele Außenfelder wie Gruppenmitglieder und muss jeweils entsprechend eingeteilt werden.
B Einzelarbeit: Lesen und Verstehen
Im nächsten Schritt wird das Placemat gedreht, sodass alle die Vorschläge in den Feldern der Gruppenmitglieder nachlesen können. Klärungsfragen sind erwünscht.
C Interaktion: Diskutieren, Aushandeln, Entscheiden
Nach der Klärung von sachlichen Fragen werden die einzelnen Ergebnisse diskutiert. Es wird zum Beispiel ausgehandelt, welches die wichtigsten Kennzeichen wissenschaftlichen Arbeitens sind. Gleichzeitig gilt es, die individuellen Beiträge nicht nur zu analysieren, sondern auch zu synthetisieren, indem zum Beispiel ein Oberbegriff gefunden werden muss, der unterschiedliche Teilaspekte integriert. Diese werden in der Mitte festgehalten.
D Alle: Präsentation
Während der Präsentation der Ergebnisse können diese den anderen Gruppen vorgestellt werden und die Dozentin, der Dozent und alle Studierenden kommentieren, verknüpfen und diskutieren die Ergebnisse. Variante: Die einzelnen Placemats wandern von Gruppe zu Gruppe und werden gegengelesen. Mit einem Haken zeigt die Gruppe ihr Einverständnis. Ein Minuszeichen bedeutet Ablehnung. Mit einem Fragezeichen werden Unklarheiten gekennzeichnet. Danach werden die Placemats aufgehängt und wie in einer Galerie einzeln betrachtet, kommentiert und diskursiv verglichen.
3.3Austausch im Dialog
Mit Austausch im Dialog ist keine Konversation gemeint wie sie beispielsweise beim Smalltalk an Partys üblich ist. Kooperation, die auf Austausch im Dialog beruht, verlangt gewisse Fertigkeiten und Fähigkeiten. Das Spektrum reicht «von gutem Zuhören und taktvollem Verhalten über das Ausfindigmachen von Übereinstimmungen bis hin zum geschickten Umgang mit Meinungsverschiedenheiten oder der Vermeidung von Frustration in schwierigen Situationen» (Sennett 2012, S. 19). Für all diese Teilkompetenzen gibt es eine Bezeichnung, die der «Dialogfähigkeiten» (ebd., S. 19).
Eine Quelle des Dialoggedankens ist Sokrates. Ihm ging es um das direkte Gespräch, in dem das Wissen des Gesprächspartners an die Oberfläche zu holen ist. Im Diaolog geht es um die Aufmerksamkeit und das Interesse für andere. «Menschen, die nicht beobachten, können auch keine Gespräche führen» (ebd., S. 29). Beobachten und die Fähigkeit, Fragen zu stellen, sind wesentlich für einen Dialog. Zuhören wiederum «erfordert eine Reihe anderer Fähigkeiten. Hier gilt es, genau darauf zu achten, was andere sagen, und es zu interpretieren, bevor man antwortet, und zwar die Gesten und Sprechpausen ebenso wie das explizit Gesagte. Obwohl wir uns möglicherweise zurückhalten müssen, um beobachten zu können, wird das Gespräch dadurch reicher, kooperativer, dialogischer» (ebd., S. 29). Fähigkeiten zur Mitgestaltung eines Dialogs unterstützen das gemeinsame Lernen, sie ermöglichen verbindliche Abmachungen und Entscheidungen mit hoher Akzeptanz. Nach Bohm (1998) können im Dialog die Erfahrungs- und Lebensgeschichten der Teilnehmenden erkundet werden. Daraus entsteht zugleich ein tieferes Verstehen der Dialogpartner untereinander, ebenso wie des besprochenen Sachzusammenhangs. Zudem eröffnet sich die Möglichkeit, Standpunkte und Haltungen zu überdenken. Die Grundfrage beim Dialog lautet: Was tust/denkst du da, und wie kommst du dazu, das … so zu verstehen, wie du es tust?
Diese Frageform gewährt Raum und Zeit zur Annahme dessen, was jetzt wirklich bedeutsam ist, und fordert nicht zur Beurteilung und Bewertung heraus. Eine Anlage, die sich für den Austausch im Dialog eignet, ist zum Beispiel die Taktik Inside-Outside-Circle (Konrad & Traub 2001, S. 85, Stichwort Kugellager).
Wie der Name dieser Interaktionsform anzeigt , stellen sich die Lernenden zu zwei realen Kreisen formiert – einander zugewandt – auf. Damit immer wieder ein neues Gegenüber für den dialogischen Austausch zur Verfügung steht, drehen sich entweder die Lernenden des Außen- oder aber des Innenkreises um eine oder zwei Positionen. Zu einer Frage können sich Studierende jeweils mit mehreren anderen Interaktionspartnern und -partnerinnen austauschen, oder aber mit jeder Drehung des Außen- oder Innenkreises erfolgt eine neue Fragestellung. Ohne Druck findet so Aktivierung und Involvierung der Lernenden statt. So gestaltetes dialogisches Denken hilft auch gegen Blockaden. Im Dialog werden weniger Argumente ausgetauscht als vielmehr Horizonte eröffnet. Dazu gehört die Kommunikation über Mehrdeutigkeiten ebenso wie die Einsicht, dass «der Konjunktiv Raum für Experimente» (Sennett 2012, S. 40) ermöglicht. Grundlegendes wie auch weiterführende Gedanken und konkretisierende Beispiele zum Dialog, dem «Miteinanderdenken», finden sich bei Hartkemeyer, Hartkemeyer & Freemann (1999).
Abbildung 2: Inside-Outside-Circle (S. 28, Quelle: http://pketko.com/Unit%20Design/popups/instructtactics.htm)
3.4Direkte Interaktion
Das Lernen, das Aushandeln, die Kontroverse (Da bin ich anderer Meinung …) und der dialogische Austausch sind beim Kooperativen Lernen wesentlich. Die Lernsituation muss Möglichkeiten zu vielfältiger Interaktion bieten. Das Ausmaß an Interaktivität ist hierbei nicht einfach an der Häufigkeit der Interaktionssequenzen zu messen, sondern der Beitrag der einen sollte auch einen Einfluss auf die folgenden Beiträge der anderen auslösen. Das, was es zu tun gibt, muss ein Miteinander und ein Voneinanderlernen durch gegenseitiges Verhandeln nötig machen. Die Aushandlungsprozesse über die Art und Weise des Miteinanders im Sinne einer bestimmten Aufgabe wie Wie wollen wir vorgehen? Lasst uns doch erst einmal unsere Fragen zum Text gegenseitig vorstellen, und dann diskutieren wir die für uns zentralen Probleme! spiegeln dieses Wirkungsanliegen wieder. Die direkte Kommunikation und Interaktion hängt wesentlich von der Aufgabenstellung und deren Formulierung ab. Geeignet sind Aufforderungen wie ‹Vergleicht …›, ‹Beurteilt gemeinsam …›. Durch Austauschen und Aushandeln erreichen Lernende eine höhere kognitive Ebene (Bloom’sche Taxonomie). Sie bewerten, analysieren oder führen zusammen. Sie verstehen etwas und können es in neue Zusammenhänge übertragen.
Lernende brauchen Zeit, um ihre eigenen Ideen zu formulieren. Sie müssen ihren selbst gefundenen Standpunkt verteidigen, und sie müssen erklären können. Wie aus der Kognitions- und Gedächtnisforschung bekannt, hat dieser Vorgang besonders günstige Effekte für die Erklärenden. Das Vorentlasten (z.B. durch ein vorgelagertes Lehrgespräch oder Illustrationen) ungewöhnlicher Begriffe und Gedankengänge eines neuen Konzeptes sowie das Übertragen von Wörtern, mathematischen Gefügen oder Textstellen in eine Sprache, die den Studierenden vertraut ist, bieten nötige Grundlagen für nachfolgende Erklärungs- und Aushandlungsprozesse.
Eine der einfachsten Taktiken mit der Bezeichnung «Denken – Austauschen – Vorstellen» (Green & Green 2007, S. 130) strukturiert auf simple Art und Weise die Vernetzung von Wissen und fördert die Interaktion und Kommunikation. Wenn die Lerngruppe ihre Perspektiven austauscht, kann jedes Mitglied ein Problem unter mehreren Aspekten kennenlernen. Vergleichen, Erklären und Nachfragen sind Voraussetzungen für Verstehensprozesse, die durch die Interaktion ermöglicht werden. Dadurch, dass sich mehr Betrachtungsweisen und Lösungswege ergeben, kann Wissen langfristig erhalten bleiben. In ihrer Einfachheit kann diese Taktik als eine Art Muster für Kooperative Lernprozesse gelten.
Denken – Austauschen – Vorstellen (think – paire – share)
A Denken
In einer individuellen Phase machen sich die einzelnen Lernenden allein Gedanken zur gestellten Aufgabe (z.B.: Welche Vor- und Nachteile beinhaltet Kooperatives Lernen?) und aktivieren somit ihre Vorerfahrungen und ihr Vorwissen. Die Dozentin, der Dozent gibt dafür genügend Zeit.
B Austauschen
In einer anschließenden kooperativen Phase (zu zweit oder in Kleingruppen) werden die Einzelbeiträge ausgetauscht. Alle kommen zu Wort. Der Vergleich von Ergebnissen und die Diskussion abweichender Resultate fördert die Vernetzung von Wissen. Gleichzeitig findet in einfacher Form «Lernen durch Lehren» statt. Die notwendige Diskussion einzelner Zwischenschritte kann zur Erfüllung einer komplexeren Aufgabenstellung beitragen.
C Vorstellen
In der letzten Phase werden die Erkenntnisse und Lösungen im Plenum präsentiert. Die erneute Aktivierung des Wissens festigt damit das Gelernte.
Dieses überaus einfache Prinzip ist wirksam, weil es Lehrende davor bewahrt, diejenigen aufzurufen, die die Antwort bereits parat haben, bevor die Frage ausformuliert ist. Darüber hinaus werden alle Lernenden aktiviert, nicht nur diejenigen, die sich melden. Die Beteiligung aller am Lerngeschehen steigt. Dadurch, dass Studierende aufgefordert werden, immer wieder mit anderen Studierenden ins Gespräch zu kommen, besteht die Möglichkeit, sich über gedanklichen Austausch zu einem Thema näher kennenzulernen – und wiederum wird Vielfalt und Verschiedenheit erlebbar gemacht.
3.5Gegenseitige positive Abhängigkeit (Interdependenz)
Gegenseitige positive Abhängigkeit besteht immer dann, wenn verschiedene Personen gemeinsame Ziele verfolgen und das Ergebnis jedes Einzelnen vom Handeln der anderen abhängt. Die Dozentin, der Dozent stellt eine so spannende und komplexe Aufgabe, dass eine positive Abhängigkeit in der Gruppe entsteht, weil alle das Ziel erreichen wollen und dabei aufeinander angewiesen sind. Den Lernenden wird klar, dass das Ziel nur erreicht wird, wenn alle ihren Beitrag leisten. Beispielsweise bekommt jedes Gruppenmitglied nur einen Teil des Materials oder der Information, sodass in direkter Interaktion diskutiert und ausgehandelt werden muss, um die Aufgabe zu erfüllen oder das Problem zu lösen. Mit der Strategie STAD oder auch Gruppenralley genannt (Slavin 1993, S. 154) kann die gegenseitige positive Abhängigkeit in der Gruppe unterstützt werden (Abbildung 3).
Falls eine Gruppe für eine längere Lerneinheit zusammenbleibt, wie beispielsweise in einer Projektwoche, kann das Zusammengehörigkeitsgefühl auch durch Identitätssymbole (Entwerfen eines Logos oder Namensgebung) oder durch Rituale (wie einen Song oder Slogan) unterstützt werden. Wenn die Studierenden mit Kooperativem Lernen noch nicht vertraut sind, ist es ratsam, die Aufgaben stärker zu strukturieren. Mit wachsender Erfahrung können Lehrende ihre Vorgaben vereinfachen und reduzieren und den Lernenden auch mehr Spielraum für Entscheidungen überlassen. Das bedeutet, dass die Studierenden selbst bestimmen, wie sie ihre Teams und ihre Gruppenarbeit organisieren, die Recherche ausführen oder das Ergebnis im Plenum präsentieren. Wenn immer möglich, sollten auch dann die individuellen Beiträge der einzelnen Gruppenmitglieder beurteilt werden, um ungünstige gruppendynamische Prozesse zu vermeiden.
3.6Verbindlichkeit und Verantwortlichkeit
Jede oder jeder kann drankommen, alle müssen ihren Teil beitragen. Die Leistungen der Gruppenmitglieder sind verschieden. Im Idealfall sind sie daran interessiert, dass die Lernresultate jedes einzelnen Mitglieds maximiert werden, dass das erarbeitete Produkt funktioniert und gefällt. Jedes Gruppenmitglied muss den Prozess und das Ergebnis der Gruppe verantworten. Jedes Gruppenmitglied tut, was seinen Möglichkeiten entspricht. Wenn diese Haltung entsteht, gibt es z.B. kein «Trittbrettfahren». Für die Präsentation einer diskutierten Fragestellung wird ein Gruppenmitglied zufällig ausgewählt. Die sechs Mitglieder nummerieren sich von 1 bis 6. Dann entscheidet der Würfel darüber, wer für alle stellvertretend präsentiert oder Bericht erstattet. Bei größeren Produkten und Lerneinheiten gilt hingegen, dass alle Teammitglieder für die Präsentation verantwortlich sind (Verantwortungsübernahme und gegenseitige positive Abhängigkeit). Durch eine Lernkontrolle am Ende einer kooperativen Lernphase können alle Lernenden zeigen, wie sie die geforderten Lernziele erreicht haben. Und aufgrund der Vergabe von Punkten nach individuellem Leistungszuwachs können individuelle Lernfortschritte Berücksichtigung finden (Kapitel 4.2).
Zur Unterstützung der Interaktion und der Stärkung des individuellen Verantwortungsgefühls übernehmen die Lernenden explizite Rollen. Die im Folgenden aufgeführten Rollen bedienen die Grundfunktionen Kooperativen Lernens. Es sind durchaus auch andere denkbar, wie z.B. Motivator, Journalistin, Kundschafter (schauen, was andere Gruppen machen, die Ergebnisse abgleichen und die daraus resultierenden Erkenntnisse in das eigene Team zurückbringen). Wichtig ist, dass die Beteiligten ihre Rolle konsequent einhalten und reflektieren. Da die Lernenden je nach Rolle spezifische Handlungen durchführen – Planen, Organisieren, Kontrollieren usw. –, erweitern sie ihr Repertoire an Lern- und Arbeitstechniken ständig. So erarbeiten sie sich nicht nur neues Wissen, sondern auch Lernstrategien, und sie erweitern ihre überfachlichen Kompetenzen wie beispielsweise die Moderationsfähigkeit.