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ESCAPE
HYSTERIE LIEGT IN DER LUFT

Digitale Strukturen umgeben Tessa. Ihre Perspektiven und ihr Denken laufen wie Programmcodes ab. Die Macht der Vernetzung dringt tief in sie ein. Sie steht an ihrem Lieblingsplatz, einem kleinen See weit außerhalb der Stadt. Die Wasserfläche gleicht einem mit schwarzem Klavierlack überzogenem Boden. Die unzähligen kleinen feinen Poren wirken wie die Haut in ihrem Gesicht. Die reale und die virtuelle Welt verschwimmen vor ihr. Doch plötzlich sieht sie ihn. Sie lässt sich von seiner Schönheit einfangen, genießt seine Bewegungen, beobachtet das Licht auf seinem Gesicht, die Art, wie er aus einer Flasche trinkt. Immer wieder verliert sie ihn aus dem Blick, immer wieder sucht sie ihn. Tessa lässt sich mitziehen von dem Unbekannten ins Unbekannte, in ein anderes Leben. Sie hört neue seltsame Töne. Wechselt die Tonspur. Verlockende Klänge treiben ihre Phantasie an. Monotone Gesänge breiten sich in ihren Gehörgängen aus. Es ist der Gesang von der großen Welt, von unendlicher Verschwendung und Übertreibungen, der Gesang des Verschuldens, Verbrennens und Verglühens, der Gesang des Begehrens und der unendlichen Liebe. Die Lust verleiht ihr starke Energie. Tessa verfolgt nur ein Ziel. Sie fragt sich, ob sie an Wunder glaubt. Sie bräuchte eins. Alle Register von kokett bis naiv zieht sie. Geschminkt mit Sternenstaub verbreitet sie einen betörenden süßlichen Duft. Die Sonne versetzt ihre Haut in ein golden schimmerndes Kunstwerk. Es gibt keine Zweifel, sie wird Zeuge ihrer eigenen Metamorphose. Sie arbeitet wie eine humanoide Maschine, in der die virtuose Transparenz deutlich wird. Hysterie liegt in der Luft. Sie scheint zu zerbrechen an ihrer Gläubigkeit. Tessa flieht in die Unendlichkeit. Sie nimmt all die göttlichen Symbole mit auf ihre Reise. Aspergill und Hostienschale, Ziborium und Monstranz. Sie spürt jede einzelne Perle ihres Rosenkranzes zwischen ihren zarten Fingern. „Gegrüßet seist du.…“ Monotonie erwacht zu einem Ritual. Die immer gleichen Schritte, die immer gleichen Bewegungen, tausend-, ja hunderttausendmal ausgeführt. Neugierig erfasst ihr Blick den Altar. Die goldenen Türen blenden ihre Augen. Versteckt sich dahinter das Paradies oder nur ein trauriges Abbild der Welt, rätselhafter unbegreiflicher, langweiliger?

C-CODE
WORTTÜRME BAUEN SICH VOR IHM AUF
ABGEHOBEN VON DER REALEN WELT

Langsam tippt er das Passwort ein. Seine Finger tanzen über die Tastatur. Nicht immer im gleichen Rhythmus. Er fühlt sich in diesem Augenblick wie ein berühmter Pianist, der große Konzertsäle füllt. Inmitten einer elitären Gesellschaft, die frenetisch Beifall klatscht. Es ist, als ob seine Finger mit den Buchstaben sprechen. Worttürme bauen sich vor ihm auf. Text, nichts als Text. Tim ist programmiert auf Leben. Auf Überleben. In seinem Herz tickt eine Zeitbombe. Alle 60 Sekunden eine Detonation. 1440 Mal täglich. Seine Drogen 0.1.010001, Bits und Bytes. Seine Geschichte erzählt er in Millionen Zeilen undurchdringbarer Quellcodes, die über den dunklen Bildschirm huschen wie kleine Lichtpunkte im Universum. Tims Tastsinn erfühlt die Leerstellen auf seiner inneren Landkarte. Er rast mit Überschallgeschwindigkeit an einer Zeitinsel vorbei. Künstliche Intelligenzen begleiten Tim auf seiner Reise, die er wie in Trance weiter fortsetzt. Dunkle Algorithmen kreuzen die Umlaufbahn seiner Gedanken. Der Sinn von Sprache wird zur Sinnsuche. Wörter zerfallen zu Sternenstaub. Sätze verglühen im Sonnensturm. Geschichten verirren sich in der unendlichen Weite des Andromeda-Nebels. Metadaten reihen sich auf, wie schimmernde kostbare Südseeperlen auf der Perlenkette. Künstliche Intelligenz nimmt den Raum neben ihm ein. Computerviren infizieren alle Lebewesen. Schläft er? Träumt er? Er ist gefangen zwischen Lust und Langeweile. Ist es noch der selbe Himmel, der unter seinen Füßen verglüht? Von Milliarden Funkspitzen durchbohrt, unsichtbar durchtrennt, von Daten überfüllt, von Gigabytes überladen? Tims Hirnströme verlassen die Atmosphäre und verbinden sich mit all dem Datenmüll zu einer neuen Galaxie. Tag und Nacht teilen sich das Firmament. Die Gravitation ist außerhalb jeglicher Reichweite. Er blickt gedankenverloren auf seinen ultraflachen Bildschirm und sieht in hungernde Kinderaugen. Er sieht in das Paradies mit Hindernissen, das im Algorithmus der Zeit dahin schwebt. Abgehoben von der realen Welt. Abgekoppelt wie das Raumschiff Voyageur. Sein Herz klopft, das Leben kommt dazwischen. Tim schnappt nach Luft. Dieses unsichtbare Element, das ihm sein Überleben sichert. Ein letzter Atemzug…

THE UNPREDICTABILITY OF HAPPINESS
EIN SPIEL AUF LEBEN UND TOD
DIE EKSTASE IST FÖRMLICH SPÜRBAR

Schlaftrunken bringt Kimberley ihren makellosen Körper aus dem Bett. Sie dirigiert ihn vorbei an ihrem strahlend kaschmirweißen Traum aus Kleidern und Schuhen. Sie erinnert sich nicht an die letzte Nacht. Trotz ihres fotografischen Gedächtnisses hat sie keinerlei Erinnerung. Wo war sie und mit wem? Ihr Mund ist trocken wie Mondstaub. Über die Treppe gelangt sie in das offene Wohnzimmer. Es ist ein strahlender Sommertag. Das Sonnenlicht blendet sie, wie der Lichtbogen beim Schweißen von Stahlteilen. „After the Love has gone“ von Earth Wind and Fire schallt aus unsichtbaren Lautsprechern. Die Musik bringt ihre Erinnerung an den gestrigen Abend wieder zurück. Da war dieser gut aussehende Mann mit den grauen Schläfen und dem Dreitagesbart. Er lächelte ihr zu. Seine blauen Augen strahlten wie Bergkristalle. Er hatte eine unglaubliche Ausstrahlung. Nach schier endlosen Augenblicken sprach er sie an. Hätte sie da nur im Entferntesten erahnt, dass er ein absoluter Psychopath mit einem ausgeprägten Borderline-Syndrom ist. Ja, sie fand ihn im ersten Moment sehr interessant, vielleicht begehrenswert. Es war ein Spiel. Ein Spiel auf Leben und Tod. Er war unberechenbar, das wusste Kimberley. Könnte sie doch Gedanken lesen. Der Tag war noch jung und hatte doch seine Klarheit verloren. Dichte Wolken ziehen vorbei. Das Glück schien so nah und dann die nackte Angst. Sie konnte im Traum manchmal fliegen. Sie geht ihre skurrilen Geistesblitze nochmals durch. War alles nur Einbildung oder die harte Realität? Sie denkt darüber nach, dass man im Leben keinen Einfluss hat, zu wem man sich hingezogen fühlt, man kann sich hinterher einfach nur wundern. Er gab vor, Broker an der Wallstreet zu sein. Dann hat sie kein Wort mehr verstanden und ihn auch kurzzeitig nicht mehr gesehen. Er ist vom künstlichen silbernen Nebel auf der tennisplatzgroßen Tanzfläche verschlungen worden. Sie tanzen zwischen 100 äußerst jungen Skeletten mit teuren Markenklamotten auf ihrer Haut, die sich hinter ihren Designerbrillen verstecken, überwiegend weiblich. Die Musik des DJ mit Wahlheimat Mallorca dröhnt aus meterhohen Blackboxen. Irrwitzige Remixe laufen auf und ab. Funk, Soul und Groove wechseln sich mit Deep House ab und ergeben ein sich immer schneller drehendes Klangkarusell. Er dreht an den imaginären Reglern. Klangkaskaden fallen auf die sich immer schneller drehenden Figuren herab. Grelle Scheinwerfer tauchen alles in ein mystisches, unwirkliches Licht. Hände suchen irgendwo Halt in der aus Bewegung, Musik und süßlichem Duft bestehenden undurchsichtigen Bühne. Die Ekstase ist förmlich spürbar und überträgt sich auf die glatten schmucklosen Betonwände, deren unspektakuläres Grau alles zu verschlucken sucht. Die Bässe vibrieren in den Knochen, das Herz schlägt im 6/8 Rhythmus, wie nach der erfolgreichen Behandlung mit dem Defibrillator. Champagner spritzt wie Weihwasser auf die unheiligen Körper. Das Stroboskobgewitter wirkt dabei wie die Taube des Heiligen Geistes, der auf alle herniederfällt. Das Dickicht aus Körpern, Stimmen, Rauch und Musikfetzen lockert sich von Minute zu Minute. Da erscheint er wieder, der unsichtbare Fremde. Kimberley zögert eine Sekunde. Wägt ab und dann…

START

Seit langer Zeit hört er seine innere Stimme. Das Band im Kassettenrekorder ist auf Anfang gespult. Nun drückt Milan die Starttaste. M. verlässt das Haus schon lange nicht mehr. Das Versprechen vom admiralblauen Himmel liegt lange zurück. Der Tanz ins Licht. Die Welt da draußen ist eine einzige Show. Überbelichtet, das Negativ vom Positiv. Eine skurrile Welt, voll von scheinbarem Gold und kitschigem Plüsch. M. hat allmählich seinen Rhythmus gefunden, nicht zu schnell und nicht zu langsam.

Er balanciert auf dem Schwebebalken in eine neue Zukunft. Er versucht, allen Ballast abzuwerfen. Jeder Tag wird fein säuberlich eingeteilt in 24 gleiche Teile. Der Zeitraster nimmt seine Gedanken, seine Seele, seine Erinnerungen, seine Phantasie, seine Sehnsüchte, seine Freiheit auf. Zeitlos begrüßt er den Morgen, den Tag und die Nacht. Er schwimmt in einem Meer von Zeit – er taucht ab in die UHRzeit – er verschwendet seine LEBENSzeit – er erlebt die EISzeit, die FREIzeit. Er gerät in ein Labyrinth, das für ihn undurchsichtig, ja undurchdringbar ist.

Wie kam ich jetzt darauf? Ach ja, Lotterie des Lebens. M. ist überrascht von seiner irrwitzigen Comedy-Show. Er fühlt sich wie in einem Horror-Zirkus inmitten wilder Bestien. Zwischen Sex und Lametta, Freiheit und Abgrund. Er ahnt nur die Bilder von der Vergänglichkeit. In homöopathischen Dosen werden ihm die Worte verabreicht.

KALT FÜHLT SICH ALLES AN

M. riecht den Duft des Regens. Die Regentropfen prallen auf die feuchte Erde und katapultieren die Moleküle in seine Nase. Die Tropfen zerstäuben schlagartig und bilden kleine Wasserwolken. Nun steht er da, als stiller Held mit Herzkammerflimmern. Was für ein Genuss es doch war, beschützt zu sein. Beschützt in sich selbst. In seiner Liebe, in seiner Euphorie. M. wähnte in jedem Tropfen eine Gefahr. Der Regen hat alles um ihn verwandelt. Kalt fühlt sich alles an. Er spürt jeden Tropfen auf seiner Haut, wie tausende kleiner Explosionen. Die Erde bebt im Sekundentakt. Wie im Phantomschmerz liegt er da, beklemmend still, verletzlich. Stimmen und immer wieder Stimmen. Er hat ein Blind Date mit seinem Leben. Einem Leben, dessen Verlauf einer geraden Linie glich, ohne viel Höhen oder Tiefen. Ein Leben, das allmählich zu verglühen drohte wie ein Kaminfeuer ohne den entsprechenden Sauerstoff. Er hat sich selbst verloren in seiner kleinen perfekten Welt. Solide, gesichert, das eigene Ich umkreisend, in einer unendlichen Umlaufbahn. Wie der Mond um die Erde zieht er seine Kreise, wirkt anziehend und abstoßend. Er fühlt den schwerelosen Raum, die Atemlosigkeit und die Angst, dass das Raumschiff Schicksal seine Träume, seine Vollkommenheit durchtrennt. Zufällig, ja manchmal willkürlich wirkte die Szenerie. War er an der Schwelle zu einer neuen Zeit angekommen, deren Ende er nicht kannte?

GOLD
SEIN INSTIKT IST GESCHÄRFT

Das blütenweiße Hemd sitzt wie maßgeschneidert. Ecos ebenmäßiges Gesicht wirkt nachdenklich. Auf seinem Weg ins Büro ziehen einige Szenarien mit 36 Bildern pro Sekunde vorbei. Im Büro angekommen, sieht er aus dem Fenster mit dem gigantischen Panoramablick. Die Stadt liegt vor ihm, mit all den Glasfronten, die das Licht wie ein Prisma brechen. Regenbogenfarben reflektieren zwischen den Gebäuden und verbinden die Solitäre wie durch ein magisches Band. Die Silhouetten überlagern sich in alabastergrauen Schattenflächen. Der granitgraue Himmel lenkt seine Aufmerksamkeit auf ganz neue Dinge. Sein Instinkt ist geschärft. Wie ein Hellseher nimmt er die imaginäre Glaskugel und blickt damit in die Zukunft. Er hatte bisher immer alles goldrichtig vorausgesagt und vorhergesehen. Immer war sein Kompass auf Süden gerichtet. Seine Konzentration wird durch das Lied aus dem Radio kurz gestört. „Don‘t be so shy“, klingt es ihm entgegen. Er denkt einen kurzen Moment an Jennifer. Sie ist schön. Ganz sie selbst in seinen Gedanken. Er küsst ihre feuchten Lippen, streichelt ihre samtweiche Haut, er versinkt in ihr. Sie hebt leicht ihre muskulösen Arme und ihre Brüste ragen wie kleine Bergspitzen über ihr Dekolleté. Sein Handy meldet sich und er wird abrupt aus seinen Träumen gerissen. War nun der Tipp goldrichtig? Er checkt seine Mails und aktualisiert die Aktienberichte. Die Börse ist auf Talfahrt. Ging es doch lange immer nur bergauf. Man steigt an der Talstation nur in den Lift. Schon geht es bergauf ohne Mühe. Ecos Blick folgt dem Tragseil, das sich von Mast zu Mast spannt. Er gleitet mit dem Sessellift bequem über die Schluchten und die Schneisen, die sich wie Schlangen durch die Bäume schlängeln. Bunte Punkte wie in seinen unzähligen Diagrammen schwingen auf den schmalen weißen Bändern ins Tal. Im Zickzack bewältigen sie die kobaltblauen, die blutroten und pechschwarzen Pisten. Plötzlich ziehen Wolken auf und der Nebel wird dichter. Leere Sessel tauchen plötzlich aus dem Nichts auf. Endlich haben sie die Bergstation erreicht. Einzelne Schneeflocken tanzen gemütlich im ¾-Takt durch die kalte Luft. Ein letzter Blick auf das Profil des Hanges und dann stößt er sich kräftig mit seinen Stöcken ab und der Nebel verschlingt ihn.

Es ist, als ob ihm die Zeit durch die Finger gleitet. Jemand ruft laut seinen Namen. Sein Herz rast und zwischen den Herzschlägen schiebt sich in jeder Millisekunde eine Pause. Er war immer so ruhig und gelassen. Jetzt fühlte er sich urplötzlich so einsam und das trotz seines 100-köpfigen Expertenteams. Er ist der moderne Goldgräber in neuer Verpackung. Kaufen oder verkaufen? Das Aktienbarometer steigt nicht mehr. Die Stimmung ist frostig. Seine Mitarbeiter wirken wie Marionetten ohne eigenes Leben. Ihn umgibt eine sonderbare Stille. Augenblicke hüpfen vorbei wie Skispringer. Er möchte so gerne die Pausetaste drücken. Die Zeit anhalten. Aber dann würde die ganze Erde stillstehen.

LIGHT
SIE FÜHLT SICH WIE ROBINSON
TÖNE GLEITEN DURCH DIE NACHT

Isabella hat es sich geschworen. Dieses Jahr nimmt sie sich endlich die Zeit, Zeit für Gefühle. Sie ist schon im Sommerfeeling. In ihren Träumen sieht sie einen feinsandigen, zimtbraunen Strand, irgendwo auf einer Insel, vielleicht auf Mallorca, Menorca, Zypern, Sardinien. Das ganze Jahr Bikini-Wetter, der Puderzuckerstrand ist makellos. In den Lagunen glitzert türkisblaues Wasser, die Palmenblätter flüstern im Wind. Der Rest der Welt mit all seinen Sorgen ist weit, weit weg. Hinter dem Horizont. Deshalb ist eine Insel der ideale Ort, um zu lernen, im Moment zu leben, dachte sie sich. Das wichtigste Element immer vor Augen: das Wasser. Vergessen hat sie das WOHER oder das WOHIN. Sie steht auf, wenn die Sonnenstrahlen durch die Jalousien fallen und sie wachkitzeln. Sie fühlt sich wie Robinson. Frühstücken, was gestern noch an den Bäumen hing. Mangos, Ananas, Papayas. Sie spürt die Wärme der glutroten Sonne auf ihrer kaokaofarbenen Haut. Sie liest in den Wolken und entdeckt Schwärme tropischer Fische und gigantische Korallenriffe. Am Abend schlendert sie ziellos durch Palmenhaine und dörfliche Straßen. Ab und an streift ein feiner Duft die Nase, denn auf den erhitzten Steinen gart das Essen, das mit Palmblättern bedeckt ist. Sie entdeckt Süßkartoffeln, fangfrische Krustentiere und Fisch. Die Natur hält alles bereit. Sie schaut aufs Meer und in den Himmel. Die wahren Wünsche aus ihrem Innersten kommen an die Oberfläche und mit ihnen die Energie. Auf ihrem Gesicht erscheint ein Lächeln. Keine Uhr, kein Smartphone, kein Terminkalender – nur die Einfachheit des Seins. Und das Vertrauen in die Natur und in den Lauf der Dinge. Sie lehnt sich zurück und ist einfach glücklich. Farben mischen sich immer neu und schöne Körper vergnügen sich. Wind und Wellen sind wie Samt und Seide und kleine Schallwellen stranden. Isabellas Herzklopfen schallt ins Universum. Ein kurzer Blick – ein Lächeln – und dann auf gleicher Wellenlänge. Ihre Sinne applaudieren beim Meerblick ins Paradies. Am nächsten Abend entsteht knisternde Spannung. Vor ihr schweben Traumtänzer durch die tintenschwarze Nacht. Die Gischt glitzert wie tausend Diamanten und das Lachen flirrt durch die klare Luft. Tausende und abertausende Töne gleiten durch die Nacht. Hände zeichnen Worte in die Luft und um sie nur fröhliche Gesichter. Plötzlich Stille: Robinson lebt!

BEAUTY

Julians Blick umkreiste sie wie ein Satellit den Planeten in einer ihm vorgegebenen Umlaufbahn. Mit einem engen schneeweißen Seidenkleid war sie gekleidet. Ihre schmale Taille konnte man durch den fragilen Stoff erahnen. Ihr blondes Haar bedeckte ihre schmalen Schultern. Wie eine vollkommen gebildete Statue stand sie da. All die Proportionen waren dem Meister perfekt gelungen. Sie war der lebende GOLDENE SCHNITT. Grazil ihre Bewegungen, fein ihr Lächeln, unbeschreiblich ihre strahlenden Augen. Sie schien ihn nicht zu bemerken. Dessen ungeahnt, begann Julian ihr in Gedanken Geschichten zu erzählen. Das Licht schimmerte durch den dünnen Stoff und ähnlich einem Wasserzeichen, die filigranen Muskeln freigebend. Wie ein Orchester im Gleichklang passte scheinbar alles, fügte sich alles zu einem makellosen Ganzen zusammen. Sie ist vollkommen auf ihre Weise. Selbst ihr Schatten verfügt über die gewisse Grazie. Ein Schwalben-Ballett flog Kunststücke in den Himmel, an dem eine einzige weiße Wolke dahinirrte, und Julian schenkte den Künstlern der Lüfte kurz seine Aufmerksamkeit. Heute würde es vielleicht geschehen. Er blickte in ihre azurblauen Augen und vergaß dabei die Zeit und den Raum um sich. Er wünschte sich ein Fest im Park. In den Zweigen der Bäume hingen Lampions und an den Kieswegen tanzten die Flammen der Fackeln. Eine kleine Combo spielte seine Lieblingslieder. Julian betrachtete in seinem Traum von weitem die scheren-schnittartigen Kellner, die den Gästen bunte Cocktails reichten. Spärliche kleine Lichter legten funkelnde Bänder auf die glatte Wasseroberfläche des Sees. Völlig synchron waren ihre Bewegungen. Ihr strahlendes Lächeln war so natürlich, ihre Lippen so vollkommen. Wie feinstes chinesisches Porzellan war ihre Haut, so glatt und fein. Seine Augen verloren sich in ihrer anmutigen Gestalt. Ihre grazile Erscheinung fesselten ihn von Anfang an. Sie bewegten sich auf den beleuchteten See zu wie zwei Models. Ein Traum aus tausend und einer Nacht. Sie versprüht förmlich ihr Charisma. Menschen um sie herum tanzen zum Takt der Musik, schaukeln hin und her, wie kleine Boote auf dem Wasser. Julian reiste mit seinem Blick an ihrer Silhouette entlang. Er befand sich auf einer Weltreise. In Augenblicken durchreiste er Wüsten, Meere, Inseln, neue Kontinente. Er atmete die exotischen Gerüche ein. Pfefferminz mischt sich mit Safran. Rosenöl und Zedernholz. Er hört das rhythmische Klatschen, die Töne der Trommeln. Sie schwebt vor seinen Augen. Mit ihren langen braungebrannten Beinen tänzelte sie im Takt der Musik. Er war fasziniert von ihrer Schönheit in jeder Sekunde. Er stand neben ihr und plötzlich kommt sie näher und näher. Mit jedem Schritt zeigt sich ihre wahre Schönheit. Dann steht sie vor ihm. Das Gewitter hat sich verzogen. Die Luft ist klar und riecht frisch. Julian blickt in ihre Augen. Er umarmt sie vorsichtig. Er berührt sie und fühlt die weiche Haut, wie zerbrechliches Porzellan. Sie erwidert seine Berührungen und lächelt. Ihre strahlend weißen Zähne blitzen im Sonnenlicht. Für den Bruchteil einer Sekunde spürt er ihre Energie, ihre Freude. Er küsst sie auf ihre sinnlichen Lippen, vorsichtig spürt er die zarte Haut. Er ist fasziniert von ihrem Charme. Wie ein überdimensionales Weltraumteleskop spürt er ihre feinen Botschaften. Sein Lebensfluss scheint für einen kurzen Moment zu stehen. Wie ein Equilibrist versucht er, die Balance zu halten zwischen ihm und ihr. Das dünne Seil entlangzugehen, ohne abzustürzen. Wann wird er sie wiedersehen? Wann wird er sie wieder spüren? Wann…

ABSOLUT(ION)
DIE STERNE VERBLASSEN LANGSAM

Kim sieht aus dem Fenster. Der Festplatz am Ende der Straße leert sich langsam. Nur vereinzelte Musikfetzen dringen durch das Glas in den Raum. Sie trägt ein figurbetontes lavaschwarzes Kleid und ein mandarinfarbenes Armband mit einer silbernen Kugel. Ihre ahornbraunen Locken fallen lässig über ihren Hals. Sie sollte eigentlich in Muskat sein. Dort ist es jetzt sieben Uhr morgens. Die Sterne verblassen langsam im Dämmerlicht. Skelettartige Hunde stöbern in den Mauerresten nach Essbarem. Schrill klingt es aus den Lautsprechern, denn der Muezzin ruft zum Morgengebet. Leichen liegen verstreut wie ausgelegte Köder auf den staubigen Straßen. Kurzfristig wurde der Flug annulliert. Jetzt hat es nach dem Jemen, Iran, Irak, Saudi-Arabien auch den Oman erwischt. Der IS weitet sich wie ein Krebsgeschwür aus. Wie schön wäre es in Muskat doch gewesen. Im „The Chedi Hotel“. Sie sah sich schon im 103 m langen Pool schwimmen und abends bei Sonnenuntergang den feinen Lobster im Strandrestaurant bei Kerzenschein verkosten. Kreischende Möwen, Sonne, surferglitzerndes, unendlich scheinendes Meer. Wie würde sie den kühlen Schatten der großen mächtigen Dattelpalmen genießen und sich unter dem sichelförmigen Dach sicher und beschützt fühlen.

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