Kitabı oku: «Simons Weg», sayfa 3

Yazı tipi:

Die ersten Jahre

Trotz aller Gebete, die sie sich angewöhnt hatte, im Stillen zu sprechen und entgegen jeder Hoffnung, die sie im Geheimen gehegt hatte, entwickelte sich der Gesundheitszustand Simons so, wie die Ärzte es vermutet hatten. Im Alter von 8 Monaten hatte Claudia die ersten

Versuche unternommen, Simon gerade in einen Sitz für Babys zu setzen. Als die ersten Versuche nicht den gewünschten Erfolg brachten, hieß sie sich ungeduldig und eine Närrin. Ihre Mutter und kurz darauf den Kinderarzt um Rat fragend, wurde ihr von beiden gesagt, dass Kinder zu unterschiedlichen Zeiten das alleinige Sitzen erlernen würden. Eine Meinung, die sie in den verschiedensten Büchern, wieder und wieder bestätigt fand. Als jedoch die Zeit vorangeschritten war und Simon auch zum Ende seines ersten Lebensjahres, nicht in der Lage war, aufrecht in seinem Kindersitz bleiben zu können, sah sie sich zunehmend mit der Wahrscheinlichkeit konfrontiert, dass die Vermutungen der Ärzte, grausame Wirklichkeit werden würden. Wieder und wieder setzte sie ihren Sohn in seinem Sitz auf, richtete seinen Rücken gerade – der bereits in diesem Alter eine Verformung aufzuweisen begann, brachte seinen Kopf in eine gerade Position, der kurz darauf wieder nach hinten an die Stuhllehne glitt. Nach dem ersten Lebensjahr, hatte sie unzählige Male versucht, ihn zum Gehen zu animieren. Eines um das andere Mal hatte sie ihn auf seine viel zu dünnen Beinchen gestellt, ihn an den ebenso viel zu dünnen Ärmchen gehalten, ihm gut zugeredet. Hielt ihn gleichzeitig am Kopf und am Rücken, wollte es ihm so ermöglichen jene ersten Schritte zu tun, auf die Mütter genauso stolz sind wie auf das erste „Mama-Sagen.“ Doch alles Bemühen – etwas das sie genauso viel Kraft kostete wie Simon auch – brachten nicht den Hauch eines Erfolges. Dr. Haslauer, so war sie mittlerweile dahintergekommen, gehörte zu jenen Ärzten die es nicht über das Herz brachten, ihr das letzte bisschen Zuversicht zu nehmen. Irgendwann, unfähig es sich durch ausgesprochene Worte einzugestehen, war ihr bewusst geworden, dass Simon niemals ein normales Leben führen würde. Die Arztbesuche, welche zahlreich geworden waren, endeten entweder mit einer Überweisung an einen weiteren Spezialisten, oder einer Empfehlung für diese oder jene Therapie. Derweilen verliefen die Monate in gewohnter Manier. Des Nachts wachte er alle zwei bis drei Stunden auf, um sie auf seine besondere Art zu rufen, weil er, wie Claudia schnell herausgefunden hatte, umgedreht werden wollte oder durstig war. Wenn er jedoch zu schreien begann, wusste sie, dass er, wo auch immer Schmerzen hatte. Endlos lange saß sie dann an seinem Bett um ihm gut zuzureden und ihm über die verhärteten Muskeln der Beine, Arme oder Schultern zu streichen, welche, egal wie viel Zeit auch verging, nicht zunahmen. Anfangs weinte sie stille Tränen, welche sie sich erst dann zu weinen getraute, wenn sie alleine war.

Etwas, dass sie ohnehin nur selten war.

Mit zwei Jahren - die Befürchtung das Simon Spastiker war, hatte sich längst bestätigt, war es nötig geworden, ihm einen eigens für seine Bedürfnisse angepassten Rollstuhl zu besorgen. Selbst Dr. Haslauer, jener Arzt der wie es ihr vorkam, kam nun nicht mehr umhin, das zu bestätigen, was zumindest für sie, feststand. Das Gehirn Simons, hatte bei der Geburt Schaden genommen. Vom zweiten bis zum fünften Lebensjahr verschlimmerten sich die Spastiken so sehr, dass sie gezwungen war, ihm relaxierende Medikamente zu verabreichen. Mitunter …, (das Bild ägyptischer Tänzerinnen kam ihr dabei in den Sinn), hatten sich die Armmuskeln Simons so weit verkürzt, sodass er diese meistens, ab dem Ellbogen aufwärts, nur in erhobener Art und Weise, die Händen nach außen gebogen, halten konnte. Dankbar darüber, dass diese es ihm und ihr erlaubten, dass er damit mehr wie nur zwei bzw. drei Stunden am Stück schlafen konnte. So sehr dies auch eine Erleichterung mit sich brachte, so war es auch eine Zeit, die es den kleinen Dämonen, die ihren Kopf als Spielplatz ansahen, ein Vergnügen, sie mit Fragen zu quälen. „Bin ich daran schuld? Hätte ich mich mehr anstrengen müssen?“

Fragen, die sie öfters bejahte denn verneinte. Sich

Vorwürfe machend, die sie nahe an die Grenze zur Selbstzerfleischung brachten, brachten den Gedanken in ihr hervor, es nicht verdient zu haben ein glückliches und gesundes Kind zu haben. Zwischendurch, in Zeiten, wo sie es leid war, sich selbst die Schuld zu geben, richtete sich ihr ganzer Zorn gegen einen Gott an den sie schon lange nicht mehr glaubte. Wenigstens, so fand sie heraus, schwächte dies die Wut die sie mit Vorliebe gegen sich selbst zu richten gewohnt war.

So wuchsen die Bedürfnisse Simons je älter er wurde, während ihre eigenen bis zur Unkenntlichkeit in den Hintergrund verschwanden. Bereits früh war ihr klar geworden, dass ihr Sohn, ihr eigenes Kind, nie (eine Tatsache, die sie sich selbst untersagt hatte als wahr anzusehen, selbstständig laufen, essen und trinken könnte. Ganz zu schweigen vom Benutzen der Toilette. War es für andere Eltern die größte Herausforderung die Kleider ihrer Kinder sauber zu halten, sie dazu anzuhalten das Gemüse auf ihrem Teller nicht als ihre persönlichen Feinde anzusehen und zu akzeptieren, dass Einsen und Zweien im Zeugnis ebenso eine Möglichkeit darstellten, so war es für Claudia, das ständige Wachsen mit den Aufgaben, die das Leben eines behinderten Kindes, mit sich brachte. Eine Aufgabe, die ihr alles abverlangte.

Irgendwann, war ihr klar geworden, dass sich in ihr ein Wandel vollzogen hatte. Ein Wandel, der ihr leichter gefallen war, als sie vermutet hatte und der sich so leise vollzogen hatte, dass es ihr wie von einem Tag auf den anderen vorkam. Hatte sie zu Beginn, als die Behinderung Simons mehr Vermutung, denn eine Tatsache war, an sich selbst gezweifelt, dass sie der Aufgabe jemals gewachsen sein würde, so wusste sie mit einem Mal, dass sie (von wem auch immer) alles zur Verfügung gestellt bekommen hatte, dass sie brauchen würde. Aus Verzweiflung war Zuversicht, aus beginnender Ohnmacht war Gewissheit geworden, die es ihr ermöglichten, den Umständen und Zuständen, mit einer liebevollen Selbstverständlichkeit zu begegnen, die sie nicht für möglich gehalten hatte. Bis zum Zeitpunkt, an dem sie diesen Wandel erfahren hatte, war sie abgemagert und mit tiefschwarzen Ringen unter den Augen (die sich auch mit dem besten Makeup nicht mehr vertuschen lassen wollten), dem Rest der Menschheit begegnet. Etwas, das sie mit annähernd ausreichendem Schlaf und einer mehr oder weniger gesunden Ernährung, einigermaßen wieder in den Griff bekam.

Anders als wie jene Änderung, die sich in ihrem Bekannten- und Freundeskreis vollzog. Hatte sie sich zu Anfang noch mit der Hoffnung getragen, auf Verständnis in diesen zu treffen, wurde ihr alsbald bewusst, dass sie mehr Bekannte wie Freunde hatte. Keiner in diesem Kreis, hätte es jemals gewagt, offen jene Ansichten zu äußern, die ihnen im Gesicht geschrieben standen. „Ein behindertes Kind! Und auch noch so missgestaltet! Was da wohl passiert ist? Was soll denn aus dem einmal werden? Ob sie wohl daran Schuld hat?“

Anfänglich enttäuscht, wie sich diese sogenannten Freundinnen verhielten – die Einladungen zu diesen wurden seltener bis gar nicht mehr ausgesprochen – hielt sie es bald mit dem Ausspruch ihrer Mutter: „Die Familie bekommst du mit, die Freunde kannst du dir aussuchen!“

Ohnehin ließen ihr, Simons Bedürfnisse, kaum Zeit, für solche Dinge, wie sich den neuesten Tratsch über dieses und jenes anzuhören. Erstaunt darüber, wieviel zusätzliche Qualität ihr Leben dadurch erhalten hatte, sich nicht mit dem Geschwafel unbefriedigter und gelangweilter Hausfrauen, abgeben zu müssen, sagte sie ihrem Sohn Dank dafür, dass er sie davor bewahrt hatte, so zu werden, wie jene Frauen, die sie als Freudinnen, bezeichnet hatte. Simon, von dem sie nicht wusste, wie viel er wirklich von dem verstand, was sie zu ihm sagte, schenkte ihr auch hierbei ein Lächeln. Es war einer jener Augenblicke, in der ihr eine der Tataschen bewusst geworden war, die sie, so sie dazu fähig gewesen wäre, aus ihrer beider Leben, entfernt hätte.

Simon würde nie in der Lage sein, auch nur einen Satz, kaum ein Wort so aussprechen können, wie es ein anderes Kind tat. Nie würde er in der Lage sein, aufzustehen, um nach draußen zu gehen, weil er das Verlangen danach hatte, mit anderen Kindern zu spielen. Niemals würde er ein Bild malen, dass sie sich dann auf den Kühlschrank kleben würde oder ein Lied singen, wofür sie ihm, ganz stolze Mutter, applaudieren würde. Eine Katze oder einen Hund streicheln können.

Nue würde er ihr direkt sagen können, wenn ihm etwas weh tat, ihm etwas ge -oder missfiel.

Immer wieder war sie versucht, jenen Gott den ihr die römisch-katholische Kirche, als alles und jeden liebenden Gott verkauft hatte, zum Teufel zu wünschen. Hätte dieser, der Teufel, sich auch darüber gefreut. Als jedoch der Verdacht in ihr aufkam, dass, wenn es den himmlischen Vater nicht geben würde, auch der Sohn keine Daseins-Wahrscheinlichkeit haben würde, sparte sie sich die Energie.

So wich ihre innere Unausgeglichenheit, welche nicht zuletzt deswegen entstanden war, dass sie – wenn auch nur zwischendurch - auf einen weißbärtigen Gott gehofft hatte, der partout nicht gewillt war, einen Finger zu rühren, der Gewissheit, dass es besser wäre, sich auf das zu verlassen, wozu sie selbst in der Lage war zu tun.

Nichtsdestotrotz verspürte sie in ihrem Inneren, dass sie nicht alleine war. Irgendetwas, so war sie sich sicher, gab es etwas zwischen Himmel und Erde (oder sonst wo), dass die Sache, wie sie das Leben manchmal nannte, zusammenhielt. Etwas, an das sie sich wenden konnte.

Gedanken, die sie für sich behielt. Es reichte ihr, sich dieses Gefühls zu erinnern.

Als es darum ging, Simon auf die Einschulung vorzubereiten, besuchte sie zwei infrage kommende Schulen für beeinträchtigte Kinder, wie der Amts Esel jene Kinder betitelte, die mit einer Behinderung geboren worden waren. Die nächste Herausforderung mit der sie sich konfrontiert sah. Mit Simon im Rollstuhl hatte sie sich auf den Weg gemacht, um beide zu besuchen. Das Gefühl, dass sie dabei beschlich, glich einer Hilflosigkeit, derer sie sich, kaum dass das Problem anstand, kaum entledigen konnte. „Wie soll das funktionieren“, fragte sie sich immerzu. „Was ist, wenn er einen Krampfanfall bekommt? Wer wird ihm die Beine massieren? Was ist, wenn ich gerade unterwegs bin und ich nicht schnell genug hier sein kann, um mich um ihn zu kümmern?“ Fragen, welche die Lehrerinnen bemüht waren zu beantworten. Doch so groß es deren Bemühen auch war, ihre Bedenken zu zerstreuen, blieb immer noch jenes Quantum Zweifel, dass sie zu Beginn fast verzweifeln ließ.

Schließlich hatte sie sich für jene Schule entschieden, die näher an ihrem Zuhause lag. Claudia, ganz stolze Mutter, brachte Simon am ersten Tag zur Schule. Nachdem sie ihn im Rollstuhl in die Klasse geschoben hatte, wobei sie ihren Abschied so lange wie nur eben möglich, hinausgezögert hatte, ging sie nach draußen zu ihrem Wagen und setzte sich hinein.

Zum ersten Mal seit sechs Jahren, würde sie von ihrem Sohn für eine so lange Zeit getrennt sein. Erst nachdem eine halbe Stunde vergangen war, und sie keinen Anruf der Schulleitung erhalten hatte, entschied sie sich, loszufahren.

Die ersten Tage vergingen, ohne dass etwas vorgefallen wäre. Doch dann, am Freitag der ersten Woche, kam der Anruf, vor dem sie sich so sehr gefürchtet hatte. „Frau Stahlheimer“, meldet sich die Direktorin, die sich offensichtlich um eine ruhige Stimme bemühte, am anderen Ende der Leitung. „Könnten sie bitte schnell kommen.“ Claudia war augenblicklich in Alarmstellung. „Es sieht so aus, als hätte Simon einen Krampfanfall gehabt. Es geht ihn mittlerweile wieder einigermaßen gut, aber ich denke, es wäre besser, wenn sie ihn abholen kommen.

„Ja, natürlich“, sagte Claudia. „Ich mache mich sofort auf den Weg.“ Kaum hatte Claudia das Telefonat beendet, hatte sie sich bereits ihre Jacke und ihren Schlüsselbund gegriffen und war auf dem Weg zu ihrem Auto. Es fiel ihr schwer, sich zu beruhigen, doch es half nichts. Es würde nichts bringen, wenn sie ihren Wagen, um einen der sechs Bäume wickeln würde, die irgendein Pseudo-Grüner, ausgerechnet am Rand jener Straße hingestellt hatte, die sie entlangfahren musste.

Nachdem sie ein paar Mal tief Luft geholt hatte, steckte sie den Zündschlüssel in das Zündschloss und drehte ihn um. Binnen einer viertel Stunde hatte sie - mehr als nur einmal hatte sie unterwegs das Tempolimit überschritten - die Schule erreicht.

Laufend legte sie die paar Meter zum Klassenzimmer zurück. Dort angekommen riss sie die Tür, ohne vorher angeklopft zu haben auf, und stürmte hinein. Hektisch blickte sie sich um, suchte Simon, den sie schließlich an einem der Fenster in seinem Rollstuhl sitzen sah. Ohne irgendjemand zu begrüßen ging sie zu ihm hin, beugte sich zu ihm hinunter, um ihm mit zittrigen Händen, über sein schweißnasses Gesicht zu streichen.

„Hallo mein Süßer“, sagte sie zu ihm.

Simon lächelte sie an.

„Es waren nur wenige Minuten“, hörte sie eine der Lehrerinnen sagen, die von hinten an sie herangetreten war. „Plötzlich hat er einen Krampf bekommen. So schnell konnten wir gar nicht bei ihm sein, da war er…, irgendwie weggetreten.“ Claudia die hörte, was die Lehrerin sagte, reagierte nicht darauf. Ihre ganze Aufmerksamkeit galt Simon. Aus seinen blaugrauen Augen drang ihr ein Lächeln, ein zartes kaum wahrnehmbares Funkeln entgegen, kaum dass sie vor ihm hingekniet hatte. „Wollen wir nach Hause fahren“, fragte sie ihn.

Simon, noch immer schwach, ließ ein gezogenes leises „Jaaaa“, hören. Eines der beiden Worte die er zu sagen imstande war und das schönste „Jaaa“, dass sie seit Langem gehört hatte.

Von diesem Tag an war die Zeit, in der Simon in der Schule war, eine Zeit des nervösen Wartens. Viele Tage, manchmal Wochen passierte nichts. Bei jedem Läuten ihres Telefons fuhr sie zusammen. Darauf gefasst, dass es wieder die Schule war die anrief, um sie wissen zu lassen, dass es wieder ein Problem gegeben hatte.

Liebe mit Hindernissen

Claudia, die sich, nach der Trennung von ihrem Ex-Mann Martin, Simons Vater geschworen hatte, das Thema Mann sein zu lassen, bemerkte schnell, dass es eine Sache war einen Schwur zu leisten, eine andere diesen auch einzuhalten. Da half es auch nichts, sich einzureden, dass sie, eine alleinerziehende Mutter, ohnehin keine Zeit, geschweige denn das Verlangen haben würde, wieder eine Beziehung einzugehen. Dass sie der Ansicht war, dass sie als solche auf dem freien Beziehungsmarkt, so gut wie keine Chance haben würde. So beließ sie es bei diversen Geplänkeln, um ihren Hormonhaushalt, wenigstens einigermaßen im Gleichgewicht zu halten. Jedoch, so merkte sie bald, viel es ihr ausgesprochen schwer, dass ihr einziger Sexpartner, ihr der immerhin Attraktiven-und-nicht-auf-den-Kopf-Gefallenen, ein batteriebetriebenes Stück Kunststoff sein sollte. Abends, nachdem sie Simon zu Bett gebracht hatte, besah sie sich nach dem Duschen des Öfteren vor dem angelaufenen Badezimmerspiegel. Wobei sie immer wieder zum Entschluss kam, dass es eine Verschwendung wäre, das Ganze ungenützt dahinwelken zu lassen. Schließlich musste sie es zugeben, war dies nicht der einzige Grund vor dem sie sich insgeheim fürchtete. Nun, da sie sich im besten Alter befand, spürte sie, trotz aller Grenzen die sie sich selbst gesetzt hatte, den Wunsch, nicht alleine durchs Lebens gehen zu wollen.

Auch sie, als Frau, mit einschlägiger, nicht gerade positiver Beziehungslandschaft, verspürte zunehmend das Verlangen, jemanden an ihrer Seite zu haben, der nicht nur daran interessiert war, sie über das Bett zu scheuchen. Da ihre Möglichkeiten, sich nach potenziellen Kandidaten umzusehen, begrenzt waren, richtete sie, dem Internet sei Dank, ihr Augenmerk auf Online Dating Plattformen. Wissend, dass sie ihre Einstellung gegenüber Parship und Co ändern musste. Wozu sie sich, wenigstens teilweise, durchringen konnte. Nachdem sie das eine oder andere Abo abgeschlossen hatte – nur um aus diesen Abo-Fallen, wie sie sie betitelte, wieder auszutreten, fand sie eine, deren Hauptaufgabe nicht darin bestand, ihr das Geld aus der Tasche zu ziehen. Wieder frohen Mutes, sah sie sich dabei bald mit der nächsten Hürde konfrontiert. Nämlich jener, dass sie lernen musste, die echten von den Fake-Profilen zu trennen. Eine Aufgabe, die sie mehr und mehr als unterhaltsam ansah. Spätestens, als der jeweilige potenzielle Kandidat - von dem sie anfangs dachte, zu mehr zu taugen, als nur eine Nacht zu überstehen - sich aus fadenscheinigen Gründen virtuell verabschiedete, war sie drauf und dran, das Handtuch zu werfen. Dabei war Ansturm an sogenannten, jedoch selbst ernannten Traummännern, überwältigend. Bereits in der ersten Woche bekam sie über 50 Zuschriften von allen möglichen Typen, die die Single Männerwelt hergab.

Darunter nicht wenige die keineswegs Single waren.

Welches die Auswahl drastisch reduzierte. Nach und nach mit Enttäuschungen zugepflastert, meldete sich ein Mann bei ihr, der entgegen den meisten anderen, einen auf sie vernünftigen Eindruck machte. Der, wie er von sich behauptete, Ende 40, gutaussehend, intelligent und berufstätig sei. Einer Selbstbeschreibung der sie, aufgrund ihrer bisherigen Erfahrungen, eher misstrauisch gegenüberstand. Nichtsdestotrotz, gewillt dem Prinzip Hoffnung noch eine letzte Chance einzuräumen, beschloss sie, es mit diesem zu versuchen. Leise zum Himmel betend, dass ihre Bemühungen nicht ganz umsonst sein würden. „Es muss doch einen geben, den man als normal bezeichnen kann. Der einen Job hat, statt einem Bierbauch und der mich nicht gleich beim ersten Treffen auf der Toilette vernaschen will“, stöhnte sie.

Die Überraschung ihres relativ kurzen Dating-Daseins, erlebte sie nachdem sie sich tatsächlich dazu entschlossen hatte, auf seine Kontaktaufnahme zu reagieren. Zum ersten Mal traf sie ihn in einem Café, in der nahe gelegenen Stadt Mistelbach. Sie war bereits eine gute viertel Stunde früher eingetroffen, und nippte an ihrem Café Latte herum. „Was bist du doch für eine dumme Kuh“, schimpfte sie mit sich selbst. „Selbst wenn der Typ überhaupt auftauchen wird, wird er aller Wahrscheinlichkeit nach, klein, fett, hässlich und Sozialhilfeempfänger sein.“ Noch ganz in diesen missmutigen Gedanken verfangen, hörte sie plötzlich eine Männerstimme, die sie ansprach. „Guten Morgen Claudia!“

Sie war gerade dabei gewesen einen Schluck von ihrem Kaffee zu nehmen und hätte sich fast verschluckt.

Schnell stellte sie ihr Glas ab, wischte sich einen Tropfen von ihrem Mundwinkel, um überrascht zu ihm hochzusehen. Sie war schon dabei aufzustehen, um ihn zu begrüßen, als er sagte: „Nein, nein, bleib bitte sitzen! Ich bin Markus. Ich glaube, wir sind verabredet“, wobei er ihr höflich die Hand zur Begrüßung hinhielt. „Ich hoffe, ich habe dich nicht warten lassen“, sagte er.

„Nein, nein, alles gut“, sagte sie nur kurz, während sie versuchte das nervöse Lächeln aus dem Gesicht zu bekommen, dass sie dort vermutete. „Der sieht gut aus“, sagte sie sich selbst, wobei sie hoffte, dass er ihre Gedanken nicht an ihren Augen ablesen konnte. „Ich freu` mich, dich kennenzulernen“, sagte Markus.

Das erste das Claudia auffiel war, neben der Tatsache, dass ihm seine online Fotos nicht gerecht wurden, sein charmantes Lächeln, und seine offensichtlich ruhige selbstsichere Art. Da stand er nun. Einer der potenziellen Kandidaten.

Wofür auch immer. Und dass was sie sah, gefiel ihr.

Er war, etwas das ihr ganz besonders gefiel, gute 1,80 Meter groß, schlank und machte auch im Casual Look eine gute Figur.

„Sportlich“, sagte sie sich selbst. Er trug seine Haare, die bereits ein wenig graumeliert waren, recht kurzgeschnitten. Seine Augen, die sie aus seinem gleichmäßig geschnittenen Gesicht ansahen, schienen Grün zu sein. Etwas worüber sie sich noch nicht ganz sicher war. Sie meinte, sich an das After Shave oder was immer es auch war, zu erinnern. Konnte es aber augenblicklich nicht einordnen und wusste, dass es sie den Rest des Tages verrückt machen würde. „Terre de Hermes, Davidoff Adventure“, überlegte sie.

„Auf jeden Fall kein billiges Parfum“, stellte sie mit Zufriedenheit fest. Etwas, dass sie an Männern partout nicht ausstehen konnte.

Fast wäre sie versucht ihn danach zu fragen ließ es dann aber. „Ein weiterer Pluspunkt. Check“, ging es ihr durch den Kopf.

„Und er kann sich ausdrücken. Check!“

„Ok“, dachte Claudia sich. „Wo ist der Haken?“ „Stimmt irgendwas nicht“, fragte er sie, mit einem jenem charmanten Lächeln, dass sie noch öfters in Verlegenheit bringen sollte.

Erst da bemerkte sie, dass sie ihn angestarrt hatte.

„Entschuldige bitte“, sagte Claudia.

„Schon gut“, erwiderte Markus. „Bin ich denn solch eine Überraschung“, wollte er mit einem warmen Lächeln von ihr wissen. „Nein“, sagte sie zuerst, um sich gleich darauf mit einem „Doch“, selbst zu widersprechen.

Claudia nahm aus reiner Verlegenheit heraus einen Schluck von dem mittlerweile kalten Kaffee und verzog unwillkürlich ihr Gesicht. Sie hatte das Gefühl, rot angelaufen zu sein.

Markus musste lachen. „Ich habe dich eigentlich nicht in Verlegenheit bringen wollen“, sagte er und lächelte sie an. Eine Kellnerin tauchte an ihrem Tisch auf.

„Was darf´s denn sein“, fragte sie, an Markus gewandt. „Ich hätte gerne einen großen schwarzen Kaffee“, sagte er zu der Kellnerin. Was hältst du von einem Kaffee, der weniger kalt aussieht“, fragte er Claudia. „Ja, bitte gerne“, erwiderte sie zur Kellnerin gewandt.

Diese notierte sich die Bestellung und ging davon. „Also, Claudia“, begann Markus. „Nachdem es mir schon mal gelungen ist, dich in Verlegenheit zu bringen …;“ Wieder zeigte er sein charmantes Lächeln, dass Claudia mehr gefiel, als sie es sich selbst eingestehen wollte. „Und um es mit der Regel … Ladies First … zu halten“; „Erzähl mir doch ein bisschen was von dir“, forderte er sie auf. Diese, fühlte sich ein wenig überrumpelt. Eigentlich war sie es gewesen, die diese Aufforderung als Erste aussprechen wollte. „Na ja, das Wesentliche weißt du ja schon“, sagte sie. Markus erkannte, dass es ihr schwerfiel den Anfang zu machen und kam ihr entgegen. „Du hast gesagt, du hast einen Sohn, stimmt`s“, fragte er sie. „Ja, stimmt. Den Simon.“

„Ja genau, Simon,“ wiederholte Markus kopfnickend.

„Du hast erwähnt, dass er im Rollstuhl sitzt, richtig?“ „Ja, das stimmt, leider“, bestätigte Claudia ihm. Beide bemerkten, dass die Unterhaltung, kaum dass sie begonnen hatte, holperig zu werden schien. Die Kellnerin kam mit der Bestellung zurück und stellte diese auf den Tisch. „Darf ich fragen, wie das gekommen ist“, fragte er Claudia, nahm dabei die Tasse hoch, um einen Schluck von seinem Kaffee zu nehmen. „Es hat eine Komplikation bei der Geburt gegeben“, setzte sie an. „Er hat für eine Zeit lang zu wenig Sauerstoff bekommen!“ Er sah sie an, erkannte das es ihr nicht leichtfiel, über das Thema zu reden. Claudia holte tief Luft, bevor sie weitererzählen konnte.

So schwer es ihr im ersten Moment fiel, über das Thema, vor allem mit einem ihr noch Fremden zu sprechen, spürte sie in ihrem Inneren, dass es ihr guttat. „Auf jeden Fall hat das gereicht, um einen Schaden an seinem Gehirn zu verursachen“, sagte sie. „Er ist Spastiker.“ Markus nickte. Sein Gesicht war ernster geworden. „Auf jeden Fall braucht er immer jemanden, wird immer jemanden brauchen, der sich um ihn kümmert“, fuhr Claudia fort, die Markus Gesicht genauer zu beobachten begann. „Ich kann mir vorstellen, dass das nicht immer so einfach ist“, sagte Markus nachdenklich. „Nicht so einfach, trifft es auf den Punkt“, bestätigte Claudia, kopfnickend.

Völlig überrascht, welche Richtung die Unterhaltung genommen hatte, fragte sie sich nach dem Warum. „Irgendwie hab‘ ich mir die Unterhaltung ein wenig anders vorgestellt“, sagte sie sich.

„Wenn wir schon beim Persönlichen angelangt sind“, begann Claudia, die nun ihrerseits darauf bedacht war, in die Offensive zu gehen. „Ich weiß ja nicht so genau, wonach du auf der Suche bist“; sagte sie, um den Ball an ihn abzugeben. Kaum, dass sie den Satz zu Ende gesprochen hatte, wurde ihr bewusst, wie direkt der Satz in seinen Ohren klingen musste. Zu direkt. „Ich meine, ich bin aus deinem Profil nicht so ganz schlau geworden!“ Markus spitzte die Lippen und lächelte. „Ich sehe, du gehst die Dinge gerne ebenso direkt an“, stellte er schmunzelnd fest. Nachdem er kurz die Augenbrauen hochgezogen hatte, etwas das seiner Stirn zu ein paar Falten verhalf, die ihm außerordentlich gut standen, wie Claudia fand, sagte er zu ihr: „Wonach ich suche ...“, wiederholte er die Frage. „Na ja“, begann er zögerlich. „Im Grunde genommen, bin ich nicht wirklich auf der Suche, nach dem was man „One-Night-Stands“, nennt. Jedenfalls hoffe ich, dass die mein Profil nicht den Eindruck vermittelt hat.“ Claudia sah ihm direkt in die Augen, so als wolle sie herausfinden, ob das was er gesagt hatte, der Wahrheit entsprach oder einfach nur eine Masche war. Langsam wurde ihr die Pause zu lang. Schließlich sagte sie: „Gut, dann sind wir schon mal Zwei!“ Wieder erschien dieses warme Lächeln auf seinem Gesicht, von dem sie nicht wusste, wie sie darauf reagieren sollte. „Wenn du mich noch einmal so anlächelst, schlepp` ich dich heute noch ab“, dachte sie sich. „Versteh` mich bitte nicht falsch“, setzte Markus an, wobei er, wie um Verständnis bittend, seine Hände hob. „Ich glaube, aus deinem Profil herausgelesen zu haben, dass du erst einmal schauen willst, wie und ob sich … etwas, entwickeln kann.“

Claudia hatte noch einmal einen Verlegenheitsschluck von ihrem Kaffee genommen.

„Na ja“, begann Claudia. „Ich geh` die Sache lieber langsam an“, hörte Claudia sich sagen.

„Gebranntes Kind“, fragte Markus sie.

Sie war sich nicht sicher, ob ihr die Frage etwas zu persönlich war, wischte aber den Eindruck so schnell beiseite, wie er gekommen war. War sie es doch gewesen, die damit begonnen hatte. „Das sind wir doch alle. Auf die eine oder andere Weise“, setzte sie schnell hinzu.

„Das stimmt wohl“, bestätigte Markus ihr. „Auf jeden Fall“, begann Claudia; „… hat man es als alleinerziehende Mutter, auf dem Single-Markt nicht so einfach, wie du dir sicher vorstellen kannst. Erst recht nicht, mit einem Kind, dass…, beeinträchtigt ist“, fügte sie hinzu. Markus nickte und sagte: „Das kann ich mir gut vorstellen.“ „Du möchtest aber deswegen nicht auf einen Partner verzichten“, vermutete Markus. „Deswegen bist du auch auf dieser Partnerwebseite.“

„Stimmt“, erwiderte Claudia.

„So sehr Simon mich auch braucht. So viel Zeit und Energie ich auch aufwenden muss. Es fehlt mir einfach ..., etwas. Ganz einfach“, fügte sie zum Abschluss hinzu. „Warum erzählst du ihm das alles“, wunderte sie sich selbst. Sie wusste, dass sie den letzten Satz stotternd von sich gegeben hatte und ihr war unwohl dabei. Gerade ihm gegenüber. Diesem charmant-lächelnden, gutaussehenden Typen, der sich so gekonnt auszudrücken wusste.

Wenigstens hatte sie ihm reinen Wein eingeschenkt.

Markus sah sie an.

Zu lange, wie es Claudia schien.

Um die Stille zu unterbrechen, sagte sie: „Wenn du also auf der Suche nach einer harmonisch-unproblematischen Beziehung bist“, setzte sie an. „Die wird es so nicht geben. Zumindest nicht so wie es in einer normalen Familie der Fall ist.

„Zeig mir mal eine normale Familie oder eine, in der es keine Probleme, gibt“, forderte Markus, sie mit einem Lächeln auf. Die Antwort gefiel ihr. Es war genau jene, die sie sich erhofft hatte. Auch auf ihrem Gesicht war nun ein Lächeln erschienen.

Eines, dass er gerne sehen konnte.

„Na ja, da hast du sicher recht“, bestätigte sie ihm. „Aber trotzdem, das Leben mit einem behinderten Kind ist schon etwas ganz anderes! Simon ist trotz seiner Behinderung ein sehr aufgeweckter Junge“, fuhr sie fort. Sehr sensibel und intelligent. Auf jeden Fall nimmt er das meiste meiner Zeit in Anspruch …, und die meiste Energie“, gestand sie, lächelnd.

„Hörst du wohl auf, so blöd nervös zu sein“, schimpfte sie in Gedanken mit sich selbst. „Was machst du da eigentlich? Willst du den Kerl absichtlich vertreiben?“ Sie beschloss solange den Mund zu halten, bis er wieder etwas von sich geben würde. Dieser aber saß da, seine Tasse in der Hand und sah sie konzentriert an.

Das Interesse und das Verständnis, dass er ohne Worte auszudrücken verstand, schien aufrichtig zu sein, wie sie zu erkennen glaubte. „Ich kann mir, glaube ich, gar nicht wirklich vorstellen, wie es wirklich ist“, gestand er ihr. „Ich meine, ich habe noch keine Erfahrung damit machen können.“ Halb fürchtete sie sich vor dem Entschluss, von dem sie dachte, dass er ihn fällen würde. Umso mehr überraschte sie sein Vorschlag. „Warum lässt du mich Simon nicht einfach kennenlernen“, fragte er sie. Claudia sah ihn mit offensichtlich überraschtem Blick an, welches er natürlich umgehend registrierte. „Was sagst du dazu“, setzte er nach.

Die Frage hatte sie wachgerüttelt. „Äh nun...,“ meinte sie. „Das kommt etwas plötzlich“, gestand sie ihm. „Wir machen es einfach so …“, begann Markus vorzuschlagen. „Du unterhältst dich mit Simon, ob und wann es euch passen würde und ihr lasst mich wissen, wie ihr entschieden habt. Was hältst du davon?“

„Äh, ja. Klar. Warum nicht“, stotterte sie vor sich hin. Am liebsten hätte sie sich über den Tisch gelehnt, diesen seltsamen Mann mit dem warmen Lächeln geschnappt um ihm einen Kuss zu geben. Zumindest auf die Wange! „Gut“, sagte Claudia schließlich. „Ich werde mich heute mit Simon darüber unterhalten und ich lass dich dann wissen, wie, was und wann.“

„Das klingt wunderbar“, sagte Markus und trank den letzten Schluck seines Kaffees. Ihm fiel auf, dass auch Claudia nur mehr einen kleinen Schluck ihres, wie er sich denken konnte, lauwarmen Latte im Glas hatte, und fragte sie: „Magst du noch etwas?“ Claudia sah auf ihr Glas, dachte kurz nach und sagte dann: „Ja, gerne, ich hätte gerne einen Tee.“ Markus rief die Kellnerin mit einem Winken seiner Hand herbei und bestellte für Claudia und sich.

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