Kitabı oku: «Das Ende der Clara», sayfa 2

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"Schon gut, Alte", brummte er, "kriegst ja deinen Willen."

Von da an wurde er ganz ruhig, machte seinen Grog, deckte den Tisch in der Kajüte und rief seinen Bordgast. Hungrig oder gar durstig wollte er sie nicht von Bord jagen. Zögernd kam sie herunter, packte ihre Esswaren aus, Fleisch, Käse, eine Flasche Sekt kamen zum Vorschein, und er dachte, Konditorin-Witwe, nicht unvermögend, mit Sinn für alles Schöne ... Ja, Schiet, denn er trank nicht mal Wein und wenn, dann aufgekocht mit Zimt und Nelken und einem Schuss veredelndem Rum obendrauf, paar Spritzer Zitrone nicht zu vergessen, süß und süffig alles und ein gesundes Getränk nach einem heißen Seetag, das manchmal auch wie ein Hammerschlag auf den Schädel wirkte.

"Na, iss du man", sagte er nachsichtig.

"Ich kann jetzt nichts essen", sagte die Bronzeblume. "Mir ist komisch. Sie saß da, wo jetzt die Teekanne steht", sie deutete mit dem blank polierten Fingernagel auf die Stelle, und Rinkales guckte amüsiert.

"Ja, da kann man nichts machen, das nennt man Halluzinationen."

"Schlafen kann ich hier keinesfalls", sagte sie entschieden. "Nimm es mir nicht übel. Gibt es da hinten in dem Dorf vielleicht so was wie ein Hotel?"

"Das wohl kaum", sagte der Alte.

"Ich bleibe auf keinen Fall an Bord", sagte die Frau ängstlich, "und wenn du mich für hysterisch hältst".

Da hob sich die »LOUISA« wie ein Delfin aus dem Wasser, sie tat einen Sprung, heißt das, und tauchte steil wieder ab, wie diese Tiere zu springen pflegen.

"Bitte", sagte sie vorwurfsvoll, "was war das nun wieder? Oder hast du eine Erklärung dafür?"

"Vielleicht ein Schlepper", sagte der Alte, "die machen solche unsauberen Wellen."

"Hier in der Bucht? Wo siehst du hier einen Schlepper? Den hätten wir ja auch wohl gehört."

"Na, dann ist vielleicht ein großer Fisch unter der »LOUISA« durchgeschwommen", schlug Rinkales vor.

"Ja, vielleicht ein Wal", sagte sie. "Mein Verstorbener ist zweimal um Kap Horn gefahren", sie verhedderte sich, schwieg eine Weile und erhob sich. "Das war es dann wohl, oder? Tut mir ja leid für dich."

"Nun tün man nich", sagte der Alte, "ich bin doch ein Gentleman und mach dir keine Szene."

Er brachte sie mitsamt ihren Sachen hinüber ins Dorf, und er dachte darüber nach, was zu machen, falls sie nicht wegkam. Aber diese Überlegung erwies sich als überflüssig, denn vor dem Ort hielt ein Auto. Die Insassen wollten zur Stadt, und innerhalb einer Minute war das Problem gelöst, die Sachen im Kofferraum verstaut, die Bronzeblume saß neben dem Fahrer und reichte dem Alten durch das heruntergelassene Fenster die Hand.

"Das Boot ist einfach zu alt", sagte sie mitfühlend, "da sieht man leicht Gespenster. Und du bist ja auch nicht mehr der Frischeste. Viel Glück, auf jeden Topf soll ja ein Deckel passen."

Er schlief traumlos, erwachte bei Sonnenaufgang, erhob sich, wusch sich Gesicht und Hände und setzte sich auf die Backskiste. Über die stille Wasserfläche strich ein leichter Wind, er raute die Oberfläche des Wassers gerade man auf. Der Skipper der »LOUISA« verbrachte eine gute Stunde friedlich in der Frühsonne und ließ sich den Buckel wärmen. Dann briet er sich Eier, machte seinen Tee und stieg nach dem Frühstück an Land, um sich vor der Rückfahrt etwas Bewegung zu verschaffen. Da lag also die »LOUISA«, aus der Entfernung betrachtet ein gutes Schiff, das ihn und auch seine Kinder wohl überleben konnte, wenn es in die richtigen Hände kam.

Zurück kam er ohne Schwierigkeiten. Die Kompassnadel tat nur das, was sie nach den Gesetzen des Magnetismus tun durfte, der Schiffsboden war wieder fest, und auch der Wind stand wieder ordentlich nach den Regeln des Himmels in den Segeln. Der Alte schipperte gemütlich unter den Vorsegeln nach Hause. Er genoss die Heimfahrt, zumal sich sein Schiff tugendhaft benahm und Wind und Wetter alles taten, um ihn bei guter Laune zu halten. Die Yacht segelte wie von allein, er konnte aufstehen, sein Boot sich selbst überlassen, sie blieb auf dem Ruder und tat ihm schön wie eine entgegenkommende Frau. Auch beim Einlaufen und Anlegen, für einen Einzelnen manchmal ein schwieriges Manöver, ging alles vorzüglich. Ohne einen Bumser schmiegte sich die »LOUISA« längsseits des Kais an die Fender. Rinkales machte sie vorn und achtern fest und machte einen Spring, weil am Sonntag die Haffdampfer hereinkamen und wenig Rücksicht nahmen. Nach dieser Erfahrung sah er voraus, dass die »LOUISA« seinen eventuellen Heiratsplänen äußersten Widerstand entgegensetzen würde.

6

Obgleich der Alte davon überzeugt war, dass sich die »LOUISA« nie mit einer neuen Frau abfinden würde, brachte er doch wieder eine an Bord. Sein Verstand sagte ihm ja auch, dass sich all diese verrückten Sachen nicht wirklich ereignet haben konnten. Zumal über die Woche, wenn er arbeitete, pflegten die schrecklichen Ereignisse des jeweils vergangenen Wochenendes zu verblassen. Als Freier war der Alte außerordentlich erfolgreich, was in der Hauptsache darauf zurückgeführt werden muss, dass die Zahl der frauenlosen Männer in seinem Alter gering, die der Männer suchenden Weiber hoch war. Zuerst ließ er sich von seinen Freundinnen, Witwen zumeist, zu Kaffee oder Abendbrot einladen, aß und trank an fremden Tischen, ein Mann, ziemlich hoch, aber auch von respektabler Breite, mit einem weißen Haarkranz im Genick und dem Flimmerglanz einer sich im Wasser spiegelnden Sonne in den grauen Augen, Lachfältchen genug, kurz, ein Mann von Charakter, kein Seichtbeutel, kein Mitleid Heischender, also einer, der die Fantasie überreifer Frauen sehr wohl anregen konnte. Er hätte auch lieber heute als morgen zugegriffen, weil er das Alleinsein zwar auf dem Wasser ganz gut vertrug, nicht aber zu Lande, hätten ihn nur seine Alte und die »LOUISA« gelassen. Aber erzählen wir mal weiter, was geschah.

Saß eines der Weiber auf der Backskiste, Rinkales steuerte, wie konnte es anders sein, die »LOUISA« passierte die Flussmündung und segelte hinaus aufs Haff. Die unter anderen ausgewählte Frau saß still, fiel durch nichts auf, unmöglich konnte die »LOUISA« was gegen sie haben, möchte man meinen. Mit erwachender Zuversicht, es könnte dieses Mal vielleicht gut gehen, steuerte Rinkales also seinen gewohnten Kurs. Er führte die neue Frau seiner Alten und der »LOUISA« gewissermaßen zur Begutachtung vor.

Es ist unmöglich, alle Streiche aufzuzählen, die ihm die »LOUISA« spielte; eine kleine Auswahl der Vorkommnisse muss hier genügen. Nie hielt sie einen Plan ein, vielmehr bestand ihre Taktik gerade darin, den Skipper durch überraschende und unvorhersehbare Manöver mattzusetzen. Zuerst also ging die Fahrt normal vor sich, bis zu dem Moment, wo die »LOUISA« blitzschnell handelte.

Beispielsweise brachte sie ihn in erhebliche Schwierigkeiten, als es ihr einfiel, entgegen dem Ruder und Seegang die Wende auf den anderen Bug zu machen. Er segelte am Wind, und er dachte an nichts Böses. Beim ersten Böenstoß fiel er mechanisch ab, aber die »LOUISA« blieb nicht auf dem Ruder, sie drehte entgegen dem Ruder bis auf Dreiviertelwind, er wriggte und arbeitete wild mit der Pinne, aber sie tat nicht, was sie sollte, und legte sich beim dritten Böenstoß auf die Seite. Krachend schlug der Baum gegen die Wanten, weil er die Schot hatte loswerfen müssen. Erst kurz vor dem Kentern ließ sich die »LOUISA« erweichen und richtete sich wieder auf, gehorchte dem Ruder, und die Reise konnte weitergehen.

Sie bringt es fertig, sich selbst zu versenken, dachte der Alte, nur um mir eins auszuwischen, das verdammte Luderstück.

Er wollte die kleine stille Frau beruhigen, eine ordentliche Gartenbesitzerin, aber Rinkales machte sich nichts aus einem Garten. Er sagte, so was käme bei derart schralenden Winden schon mal vor und habe nichts zu bedeuten. Allein, die stille Frau versprach ihm, dass sie nie wieder einen Fuß auf die verwünschten Planken seines Bootes setzen werde. Sie ließ ihm die Wahl, sie und der Garten oder gar nicht. Andererseits war Rinkales auch ein bisschen stolz auf die »LOUISA«, die so energisch gegen ihn auftrat.

Ein weiteres Beispiel für die Bravourstücke, die sich das alte Schiff leistete, um ihn zu ärgern, soll noch gegeben werden. Hundertemal hatte Rinkales um eines der Kardinalseezeichen gewendet und gehalst, das allen Schiffen Nord als die sicher passierbare Seite signalisierte, und war immer gut freigekommen. Es gehörte sicherlich was dazu, die große Tonne zu rammen, und doch brachte es die »LOUISA« fertig, mit dem Bug und gegen das Ruder aufzulaufen. Die Kollision war so gewaltig, dass Rinkales aufs Gesicht fiel und zum ersten Male in seinem Leben am hellerlichten Tag Sterne funkeln sah. Es war ihm auch kein Trost, dass er im Schoß des Weibes landete, dessen Hände ihm einen Verband um den Kopf anlegten, während die »LOUISA« trieb, als sei nichts geschehen. Den folgenden Montag musste er sie aufslippen lassen, um das Unterschiff zu untersuchen, an dem zum Glück kein Schaden festgestellt werden konnte. Immerhin zog er sich noch einen Rheumaanfall zu.

Und es gehörte noch zu den harmloseren Streichen der »LOUISA«, bei Flaute und Nieselregen auf einer Untiefe zu hängen, unter Verlust des Bugankers. Der Alte kriegte weder das Schwert hoch, da es sich verklemmt hatte, noch kam er von den Steinen klar, an die sein Schiff schlug. Fischer bargen ihn mitsamt seiner Flamme ab, diese lag unter Decken in der Koje; sie schrieb ihm dann ab, krank und gebrochen. Er machte ihr einen letzten Besuch und fand sie hustend im Bett vor. Diese Frau gab ihm dann auch den Rat, das unsinnige Herumfahren auf dem Wasser einzustellen. Allein mit der »LOUISA«, schimpfte er sie heimtückisch, machte sich viele Grogs von erstaunlicher Kraft und Wirkung, aber das alte Schiff erhörte ihn natürlich nicht, und es waren im Grunde ja auch nur unglückselige Zufälle, die diesen Sommer nach dem Tod seiner Alten über ihn hereingebrochen waren.

7

Um zum glücklichen Ende zu kommen, der Skipper, unermüdlich und unbelehrbar in seinem Kampf mit der »LOUISA«, erwartet ein neues Weib. Die Flusswellen wuschen am Rumpf der Yacht, sie kicherten und wischerten, und als er die Bodenbretter anhob, schien ihm das Bilgenwasser bedenklich gestiegen. Er setzte sich an die Pumpe. Im dicken Strahl zischte und pisste die »LOUISA« sich aus, brachte ihr überflüssiges Wasser nach außenbords. Es wunderte ihn, dass trotz aller Anstrengungen das Wasser nicht abzunehmen schien, vielleicht wollte ihm die »LOUISA« einen neuen und letzten Streich spielen und unter seinem Hintern einfach wegsacken. Während er diesen traurigen Gedanken nachhing, kam die neue Frau an Bord. Die brachte einen Sohn mit. Dies war allerdings nicht verabredet, gegen einen oder mehrere Söhne und Töchter hätte der Alte nichts einzuwenden gehabt, war er doch selber stolz auf seine Kinder und Enkelkinder. Es passte ihm nur jetzt nicht, am ersten gemeinsamen Tag. Der junge Mensch, im Gegensatz zu seiner breit behäbigen Mutter ein dürrer Spinnefix, jumpte an Bord, kiekte in die Kajüte, sah das Wasser und erbot sich, ihn an der Pumpe abzulösen, ohne dass ihn der Alte dazu aufgefordert hatte. Rinkales sah eine Weile zu, und er musste zugeben, dass die Sache besser flutschte als bei ihm. Binnen Kurzem war die »LOUISA« trocken. Mutter und Sohn machten sich schnell breit; sie staute die Sachen weg, kommandierte den Knaben, der auf dem Deck herumsprang wie ein Füllen, die Bändsel von der Spiere löste und alles bereit machte zum Setzen des Gaffelsegels. Die beiden Vorsegellagen an den Stagreitern ganz ordentlich klar, und die Vorschoten wurden sachverständig von dem Bürschlein durch die Leitösen geschoren. Beim Auslaufen ließ ihn Rinkales probeweise ans Ruder. Bald würde die »LOUISA« ja ihre blanken Zähne zeigen und den Jungen das Fürchten lehren. Übrigens aber fand er es ganz schön, als Kommandant bloß so mitzufahren. Er legte den Arm um die Schultern der neuen Alten, die brav auf dem richtigen Platz blieb, und begann mit ihr zu klönen. Der Spinnefix war ein Salzwasserfisch, trotzdem blieb Rinkales in Rudernähe, bereit einzugreifen, wenn die »LOUISA« ihren Rappel kriegte. Also der Spinnefix kam gut klar mit Ruder und Schoten, er hat was Glitzerndes und Misstrauisches in den blanken Augen, und er saß jedenfalls nicht das erste Mal am Ruder eines Segelbootes. Aber Rinkales spürte auch in seinem Hintern alle Fehler, die sein Steuermann machte, und er machte genug Fehler, korrigierte sie aber auch selber, was allemal die halbe Miete ist. Während Rinkales mit der Alten bloß so dasaß, aufs Haff guckte und den Wind auf der Backe fühlte, kam Freude in ihm auf.

"Wie heißt denn das Kerlchen da?", fragte er die Mutter.

"Jürgen heiß ich", sagte das Steuermännchen fröhlich.

"Bisschen abfallen", bemerkte Rinkales beiläufig, "wäre jetzt nicht schlecht. Sie will nicht hoch, will lieber mehr hoch und bei."

"In Ordnung", sagte der Junge.

Der Junge tat es so feinfühlig, dass ihm die »LOUISA« aufs Wort gehorchte. Beim Holeschlag brachte der Junge wieder ein, was er im Strecken verloren hatte; dies alles zu erleben, machte dem Alten ziemlich viel Freude. Das kann dir mal ein Taktiker werden, dachte er bei sich. Er bemerkte nach einer Weile, er werde in die Kajüte gehen und ihnen einen Grog machen. Der Herbst nahe, man spüre es schon sehr auf dem Wasser. Ein Getränk wie heißer Grog diene hingegen im Sommer wie im Winter dem Wohlbefinden der Skipper, Eigner und Steuerleute.

Er sah nachdenklich zu, wie das Wasser im Kessel zu summen anfing, und er dachte sich, das ist nun klar, die »LOUISA« hatte ihn sattgehabt, sie hatte mal auf den Strich gehen wollen, wie eine Hafennutte. Darauf soll mal einer kommen. Die wollte einen Jungen wie diesen Bengel, diesen Jürgen. Er sah den Schwertkasten an, hob sogar die Bodenbretter, sein Schiff war staubtrocken. Dann stellte er den Grog her und reichte jedem Mitglied seiner neuen Crew einen Becher.

"Schon viel gesegelt?", fragte er den Jungen.

"Immer bloß mitgefahren, wer von den Alten lässt einen denn schon ans Ruder."

"Sein Vater hat immer ein Gewese gemacht", sagte die Mutter, "wenn er ihn an Bord hatte."

Ja, das hörte sich gut an, nicht großmäulig.

"Ganz falsch", erklärte Rinkales mit Wärme. Das Tief seines Lebens schien überstanden, es ging nun wieder aufwärts.

"Man muss die Jungens machen lassen", sagte er überzeugt.

"Mein Mann war Fischer", sagte die Mutter von diesem Jürgen, eine rundliche tüchtige Person. Das nahm der Alte erst jetzt richtig wahr.

"So, Kuh und Kalb von einer Fischersfamilie", sagte Rinkales.

"Er ist draußen geblieben", sagte sie. "Na, das ist auch schon eine Weile her. Was ich sagen wollte, nimm das Namensbrett ab, so was bringt kein Glück, ich heiße Hilde."

"Wieso?", fragte der Alte.

"Zwei Weiber an Bord, das bringt kein Glück."

"Also Hilde? »HILDA«. Meine Verstorbene hieß natürlich Luise, wir haben man immer bloß Lieschen gesagt."

"Na, das ist klar", sagte Hilde. "Und mach nicht zu viel Rum in den Grog, das verdirbt den Geschmack. Man muss den Bogen raushaben ... "Sie verloren sich in der Erörterung dieser wichtigen Frage und fuhren die lange Tonnenreihe ab, ohne dass sich etwas Besonderes ereignete.

Von nun an hörten die Kapriolen der »LOUISA« auf, aber die Yacht hieß fortan »HILDA«. Die Familie Rinkales missbilligte merkwürdigerweise diesen Schritt des Alten, ihres Vaters. Es ist eben schwer, es allen recht zu machen. Und noch vor Sommerausgang kam ein Schreiben von der Stadtverwaltung. In Anbetracht seines Alters, dem Gewohnheitsrecht und in Anerkennung seines Ausharrens bei redlicher Tätigkeit habe sich ein Beschluss ergeben, ihm bei seinen Lebzeiten den Liegeplatz am Fluss zu Nutzung zu überlassen.

Dies ist das einzig Unwahre an der Geschichte.

DAS SECOND-HAND-SHIP

Kreuzen heißt, der doppelte Weg, die dreifache Zeit und die vierfache Wut.

S e glerweish e it .

Den ganzen kochend heißen Tag lang hatten wir abwechselnd entweder am Strand oder auf den Steinen der Hafenmole gelegen, bei einem frischen Ost, kein Wölkchen am Himmel. Im Strand-Café, einem Holzkasten auf Stelzen mit abblätternder weißer Farbe, hockten die durstigen Trinker und gossen ein Zeug in sich rein, das die Kellner »Baccardi« nannten, süßliche Cola mit Rumverschnitt und Eiswürfeln und einer Zitronenscheibe auf einem Zuckerrand geklemmt. Wir fragten, mit welchem Recht sie diese Mixtur für »Baccardi« ausgaben, und boykottierten aus Protest das Lokal. Und da kam die »CANBERRA« herein!

Wir hoben uns aus unserer Liegestellung wie ein Mann. Ganz leicht lässt sich bei Ost in dieser Stärke überhaupt keine Yacht in unseren Hafen bringen, ein viereckiges Becken mit einer schmalen Einfahrt und einer aus lauter kantigen Steinen aufgeschütteten Mole, eine künstliche Anlage, überwacht von Heinrich Prinz, Prinz Heinrich. Der Skipper hätte seine Yacht leicht an die Kaimauer setzen können. Er hätte halsen müssen, das ganze Schiff auf kleinstem Raum im Stern um sich selber drehen, als wollte es sich über die Schulter blicken, die »CANBERRA« mit dem Bug in den Wind stellen. Ferner hätten ganz fix die Segel weggemusst. Aber wir kannten nur wenige, uns ausgenommen, die es bei diesem Steam gewagt hätten, die Einfahrt zu forcieren und auf der Stelle zu drehen, ohne eine Schramme abzukriegen. Jedenfalls hätte der Wind ausgereicht, um ein Boot aufzuschießen und sachte an einen freien Liegeplatz zu bugsieren, falls es, wie gesagt, dem Maker gelang, rasch genug die Segel zu streichen. Sonst gab es Kleinholz. So ungefähr machten wir es, wenn wir einen guten Tag hatten. Hatten wir keinen, dann blieben wir lieber im Strand-Café und suchten mit einem der Fremden einen Streit, bloß so, zur Unterhaltung.

Aber vielleicht hätte es an diesem Tage auch mit dem schönsten Manöver überhaupt keiner geschafft, und im Hafenbecken lagen die Yachten in dichter Reihe, es war Hochbetrieb, segelnder Amüsiermob, wenig Seefahrer. Der Skipper von der »CANBERRA« hätte sich neben zwei oder drei andere Boote legen müssen, im Päckchen, was auch nicht jedermanns Freude ist. Es gibt solche Leute, die einem ständig übers Boot steigen, sei es, um zu pinkeln oder um nachzuschütten, dass sie wieder pinkeln können, meistens steigen sie einem natürlich übers Heck und durch die Plicht. Andere Zeitgenossen sind dermaßen musikalisch, dass sie ohne Radiolärm nicht leben können. Dem einen und anderen gefällt es auch wenig, dass neben ihm die Essensreste verklappt werden und das Geschirr grob gespült wird.

Also die »CANBERRA« kam herein, und die Jungens auf der Mole schlossen Wetten ab, mit wem sie kollidieren würde. Prinz Heinrich erschien auch schon auf dem Plan, mit Versicherungsformular, die Flüstertüte geschultert, und wartete ab, wie sich die Dinge entwickeln würden. Da sahen wir verblüfft, dass die Yacht wie angehalten stehen blieb, sich unter allem Zeug im Stern drehte, einen Moment später fielen die Segel wie feuchte Lumpen auf den Großbaum herab. Der Bootsmann ließ Anker fallen, mithilfe des Skippers verholten und warpten sie die »CANBERRA« an einen Liegeplatz, eine freie Stelle ganz vorn an der Mole, wo keiner hin will. Wir sahen, wie sie auftuchten und das Baumkleid bändselten, so als ob sie für längere Zeit hier bleiben wollten. Die nötigen Formalitäten machte gleich darauf Prinz Heinrich mit dem Skipper ab.

An sich war an der ganzen Geschichte ja nichts Besonderes. Dass eine Yacht im Hochsommer bei diesem trockenen, windigen, fast stürmischen Wetter hinaus- oder hineinwollte, das war uns schon klar. Wie sich ein Boot verhält, weiß man auch immer erst, wenn man eine Weile darauf gefahren ist. Irgendwie wusste die »CANBERRA« jedoch Bescheid mit sich und mit unserem Hafen, wie wir erlebt hatten. Manche Leute glauben ja, dass die Skipper und die Vorschoter Boote segeln. Das ist aber nur teilweise wahr. In Wirklichkeit verhält es sich so, dass sich nach einer gewissen Zeit Boot und Mann die Gretchenfrage stellen, bleiben wir zusammen, oder gehen wir auseinander? Fällt die Entscheidung für die Beziehung positiv aus und macht die Yacht mit, dann können Sie sicher sein, dass Ihr Boot Ihnen aus dem Schiet hilft, auch wenn Sie mal schwer im Tee sind und alles schon als verschollen und total verloren erscheint. Das aufregendste an der »CANBERRA« waren ihre Linien, nicht das Manöver, das sicher auf das Konto der Yacht kam, und schon gar nicht der Skipper, auch wenn er jetzt die Eignerflagge an der Saling setzte und achtern die dänische Hoheitsflagge fuhr. Um es gleich zu sagen, die »CANBERRA« hatte einen Bug wie der Kopf eines Schwertfisches und einen Heckspiegel nicht größer als ein Suppenteller. Sie lag auch ganz leicht auf Festmacher und Spring. Es sah aus, als wippe und schwebe sie über dem Wasser wie eine mächtige weiße Möwe. Mittschiffs erhob sich eine flache Kajüte, die Plicht war auch man klein, aber das Beste und Schönste an ihr war das Rigg. Aus dem Deck stieg ein hölzerner Mast auf wie einer der Finger Gottes, ein Riesenmast für diese Yacht, und wunderbar schmal und so edel wie die Fessel eines Rassepferdes, mit Saling und Jumpstag, einern Achterstag und lose fallenden Backstagen. Das obere Viertel dieses Mastes bog sich wie eine Peitsche leicht und willig nach achtern.

Der Rumpf des Bootes war weiß, die Decks naturfarben, wie wir vermuteten, ein Stabdeck aus Edelholz, Teak, denn wir konnten dünne schwarze Linien darauf ausmachen. Der Großbaum reichte nach achtern über den Kopf des Skippers hinweg. Im Cockpit standen Rad und Kompasssäule in bescheiden spiegelndem Messing. An der Baumnock hingen Blöcke und Schot, überhaupt war alles laufende Gut sparsam verteilt. So also sah die »CANBERRA« aus, die uns an diesem Nachmittag in den Hafen gekommen war. Wir hatten sie noch nirgendwo gesehen, und die anderen Hafenratten, die wir fragten, kannten sie auch nicht. Als Heimathafen war Klintholm aufgemalt, und es gehörte was dazu, dieses Schifflein von MØN bis hierher zu segeln. Die »CANBERRA« begeisterte uns, und es war wohl doch nicht so, wie wir zuerst angenommen hatten, dass ihr Skipper nicht viel von ihr verstand, ein bisschen hatte er schon dazugetan, sie zu uns zu bringen. Dass ihm unser Hafen fremd war, mit seiner elend engen Durchfahrt und der aus Granitblöcken aufgeschütteten Mole, sonst hätte es hier gar keinen Hafen gegeben, sondern höchstens einen Liegeplatz für flachbödige Boote, das konnten wir ihm ja nicht vorwerfen. Jedenfalls aber nahm sich die »CANBERRA« in unserer Flotte aus wie ein Schwan in einer Herde Sauen. Und Prinz Heinrich sagte auch, es handele sich bei dem Eigner um einen Mann von Reputation.

2

Am Abend gingen wir dann doch ins Strand-Café und sahen den Tänzern und den Trinkern zu. Dichte Rauchschwaden hingen unter der Decke des großen, aber niedrigen Raumes. Der Qualm zog nur langsam durch die geöffneten Fenster ab nach draußen. Im Übrigen herrschte die Langeweile vor, obschon das Lokal voller Urlauber und Urlauberinnen war. Ohne Unterbrechung lärmten die Tonsäulen, und irgendein Heini klabusterte sich an seinen Platten ab und beschwor die Leute, nach dem Gedröhn zu tanzen, er sabbelte dermaßen viel und war so ungeheuer einfallsreich, dass Langeweile zwangsläufig aufkommen musste. Wir hatten eben beschlossen, zu gehen, als der Skipper von der »CANBERRA« hereinkam, ein großer dicker Kerl mit einem Bullenbeißergesicht, feist, aber dafür auch ungemütlich. Eigenartigerweise hatten wir ja beim Hereinkommen der »CANBERRA« die Vorstellung eines Seehelden gehabt, schlank und rank, mit weißer Hose und dunkelblauem Blazer und goldenen Knöpfen daran. Hier sehen Sie mal, wie Sie durch den Film versaut werden. Der Skipper sah also ziemlich gewöhnlich aus, energisch schon, anders hätte er das Boot auch nicht segeln können, aber alles doch noch im menschlichen Bereich. Seine Begleiterin, die zugleich sein Maker zu sein schien, gefiel uns hingegen viel besser. Sie wog ungefähr die Hälfte ihres Gemahls, und sie war um anderthalb Köpfe niedriger als er. Außerdem war sie erheblich jünger, höchstens vierundzwanzig, also gewissermaßen vom Skipper auf Zuwachs geheiratet. Während wir den Fall gesprächsweise untersuchten, sahen wir, wie der Dicke in die Tasche seiner verschossenen Jacke griff und ein Papier herausholte. Mit einem Klebestreifen befestigte er den Wisch an der Tür. Danach verließ das Paar den Ort, ohne sich umzudrehen und ohne zu grüßen. Offensichtlich hatte der Skipper nur den Zettel anmachen wollen. Wir machten ihn wieder ab und lasen einen sensationellen Text.

Ich beabsichtige, meine Yacht »CANBERRA« aus bestimmten Gründen aufzugeben, und habe Herrn Kap. Joh. Johannsen als Unparteiischen beauftragt, das Geschäft in die Hand zu nehmen. Herr Johannsen schlägt vor, demjenigen den Zuschlag zu geben, dessen Boot in drei Rennen hintereinander auf dem zwoten Platz einläuft. Teilnehmen können alle Segler offener Jollen. Bedingung ist, dass jedes teilnehmende Boot nur ein Segel führt. Meldung an Herrn Heinrich Prinz, hierselbst, oder an Herrn Kap. Johannsen.

Wir besaßen alle Voraussetzungen, um an diesem Rennen teilzunehmen, und zweifelten nicht daran, dass einer von uns gewinnen würde. Uns irritierte es, dass in der Anzeige kein Kaufpreis genannt war. Irgendwie reizte uns der originelle Einfall, auf diese Weise nach einem Mann zu suchen, der dieses elegante, kapriziöse Schifflein verdiente. Ohne Zweifel hatte sie einen erheblichen Preis. Wie viel kostete sie? Das war die Frage, aber der Fall lag andererseits so, dass wir uns über die Finanzierung erst einmal wenig Sorgen machten. Von Geld stand ja nichts in der Anzeige. Insgeheim trauten wir es diesem Abenteurer zu, das Schifflein einfach zu verschenken. Wir befanden uns in Hochstimmung und gingen, obwohl es ziemlich spät geworden war, zum Prinzen Heinrich, um unsere Meldung abzugeben und um ihn nach diesem Johannsen zu fragen, der musste wohl hier herumhängen. Der Prinz Heinrich fertigte uns kurz ab, er meckerte herum, dass wir ihn wegen dieser Sache geweckt hatten, aber wir bekamen wenigstens einen Tipp, wo wir diesen Johannsen finden konnten. Wir wanderten zum Hafen zurück. Johannsen saß in der Plicht seines Bootes, und wir standen auf der Mole etwa in Augenhöhe mit ihm. Er sagte, alles habe seine Richtigkeit, er nähme unsere Meldung gern auf, wir drängten ihn, uns zu erzählen, was mit dem Skipper los war. Johannsen sagte Folgendes.

"Habt ihr euch die Anzeige auch genau durchgelesen, Jungens?" Uns kam diese Frage ein bisschen sonderbar vor, und er fuhr fort, uns den Fall zu verklickern.

"Es heißt doch, wessen Boot als zweites einläuft, der hat diese kleine Regatta gewonnen, ist euch das ganz klar? Sagt mir noch Bescheid, ob es dabei bleibt, und ... denkt mal über die Geschichte nach, denn einen Haken hat die Sache schon."

Wir brasselten noch viel herum in dieser Nacht, aber es blieb alles Theorie, und wir beschlossen, anderntags die Probe aufs Exempel zu machen. Es sollte also siegen, der sein Boot hinter dem ersten Boot hereinbrachte? Ohne Regel, aber wie bei einer richtigen Regatta. Bloß raus, einem Ziele zu, das sie wohl noch bezeichnen würden. Da stand dann sicherlich eine Yacht, gab dem Angekommenen einen Wisch, der ihm bestätigte, dass nicht gemogelt worden war, und wieder zurück. Ganz einfache Sache. Andere Konkurrenten hatten wir kaum zu fürchten, es sei denn, die Sache sprach sich weiter herum. Viele Einhandsegler gab es bei uns nicht mehr, seit die Schiffer an Bord fernsehen müssen und tagsüber beschäftigt sind, mit Maschinenfahrt, um ihre Batterien aufzuladen.

In aller Frühe, als die Trinker und Tänzer aus dem Strand-Café bei einer guten Dröhnung noch schliefen, machten wir uns also auf. Erst mal liefen wir in einer Linie raus, schossen weiter draußen auf, und das Wetter war auch günstig, es wehte nicht so stark wie am Vortag. Viel Wind hatten wir auch nicht nötig, wollten doch bloß sehen, wie das lief, was geschieht, wenn man hinter dem Vordermann bleiben will. Da ging es uns ziemlich rasch auf, wie hinterhältig diese Anzeige war. Immer wenn sich einer lustvoll vorschieben wollte, fiel ihm natürlich ein, dass er ja hinten bleiben musste, wollte er dieses Rennen gewinnen. Aus allen Lagen ergab sich alsbald immer eine Wuhling von Jollen, die aufschossen, sich ineinander verwickelten, neu an den Wind schlichen, und schließlich hatten wir genug von der Geschichte. Wir waren hereingelegt worden. Ohne Zweifel lachten die im Hafen sich schief über unsere Albernheit, dafür würde Prinz Heinrich schon gesorgt haben. Wir brachen die Versuche ab, liefen wieder ein und machten an der »CANBERRA« fest.

Der dicke Skipper war schon auf, er saß draußen im Cockpit, trank Tee aus einem mächtigen Pott und las in der Zeitung. Auf seinem dicken Kopf hatte er eine Mütze mit Klunker daran, denn es wehte auf einmal wieder scharf über das Haff. Wir fragten ihn, ob wir zu ihm an Bord kommen dürften, und er faltete die Zeitung zusammen, ehe er nickte. So jumpten wir das erste Mal an Bord der »CANBERRA«.

Seither bin ich viele Male auf der Yacht gewesen, und meine Leidenschaft für sie ist eher noch gestiegen. Da haben Sie den Fall, von dem ich sprach, vom Verhältnis des Skippers zu seinem Boot und umgekehrt.

Wir wussten nicht recht wie weiter. Schließlich war es die Sache des Skippers, was er mit seinem Boot machte.

"Wer hat euch eigentlich erlaubt, meinen Zettel abzumachen?", fragte der Skipper.

"Niemand", sagte Hinrichsen, der immer das Maul am weitesten aufreißt, wenn es was zu verklaren gibt. "Hören Sie mal, Kapitän, ihre Idee ist einfach Mist. Es gibt gar kein Rennen, wenn einer hinter dem Ersten bleiben muss, es gibt nur ein Durcheinander von Booten, das ist alles. Sie haben sich auf unsere Kosten amüsieren wollen, aber so dumm sind wir nun doch nicht."

"Erst mal macht ihr den Zettel wieder an", sagte der dicke Skipper nicht unfreundlich, aber mit Nachdruck, und da ich ihn innerlich lachen sah, wurde er mir sympathisch.

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