Kitabı oku: «Verbot, Verfolgung und Neubeginn», sayfa 7
140 Vgl. dazu P. Leisching, Freimaurertum und Katholizismus, in: Die Habsburgermonarchie 1848–1918, Bd. 4, Die Konfessionen, Wien 1985, S. 152 ff.
141 H. Reinalter, Liberalismus und Kirche im 19. Jahrhundert, in: Der deutsche und österreichische Liberalismus, Innsbrucker Historische Studien 26. Bd., Innsbruck 2010, S. 149 ff.
142 E. Lennhoff/O. Posner/ D.A. Binder, Internationales Freimaurer Lexikon, S. 496 f. ; H. Reinalter, Freimaurerei, Politik und Gesellschaft, S. 158 ff.
143 E. Weinzierl-Fischer, Die österreichischen Konkordate von 1855 und 1933, Wien 1960, S. 79 ff.; K. Vocelka, Verfassung oder Konkordat? Der publizistische und politische Kampf der österreichischen Liberalen um die Religionsgesetze des Jahres 1868, Wien 1978.
144 E.E. Eckert, Der Freimaurer-Orden in seiner wahren Bedeutung, Dresden 1852.
145 S. dazu H. Reinalter (Hg.), Handbuch der Verschwörungstheorien, Leipzig 2018, S. 97 f.
146 F. Bausenwein, Das Pestübel der modernen Gesellschaft oder der tote Illuminatenbund und der lebendige Freimaurerorden, Preßburg 1874.
147 Österreichisches Staatsarchiv, Haus-, Hof- und Staatsarchiv, Brevi-Manu Akten des Chefs der Obersten Polizeibehörde betreffend Freimaurer.
148 H. Reinalter, Die Freimaurer, München, 7. Auf., 2016, S. 207; M. H. Weninger, Loge und Altar. Über die Aussöhnung von katholischer Kirche und regulärer Freimaurerei, Wien 2020, S. 302f.
149 H. J. Bidermann, Zur Geschichte der Aufklärung in Tirol, Innsbruck 1828; J. Wieser, Tirol und die Aufklärung, Graz 1869; vgl. weiters auch J. Fontana, Der Kulturkamp in Tirol, Innsbruck 1972; H. Reinalter, Geheimbünde in Tirol, Bozen 1982, S. 121 f.
150 Vgl. dazu H. Reinalter, Die Freimaurerei in Österreich im 19. und 20. Jahrhundert, S. 133 f.
IV. Die Grenzlogenzeit
Das Wiederaufleben der Freimauerei nach dem österreichisch-ungarischen Ausgleich bedeutete für die österreichische Bruderkette insofern einen Neubeginn, als nach mehreren Jahrzehnten der Verbotszeit kaum noch personelle Kontinuitäten vorhanden waren. In den sogenannten „Dezembergesetzen“ wurden staatsbürgerliche Rechte und Freiheiten festgelegt, die die Wiedereinführung der Freimaurerei begünstigten. Ludwig Lewis und Franz Julius Schneeberger stellten 1868 an die Behörden den Antrag, eine Loge „Zum heiligen Joseph“ zu genehmigen, die vorher während der Revolution kurzen Bestand gehabt hatte. Dieser neuerliche Versuch scheiterte allerdings am neuen Vereinsgesetz, in dem eine Kontrolle der Vereine durch staatliche Kommissare vorgesehen war.151 Die Initiatoren wollten diese Bestimmungen jedoch nicht akzeptieren. Das Vereinsgesetz des cisleithanischen, österreichischen Teiles der Monarchie enthielt Bestimmungen, die eine Logengründung ungemein erschwerten. So wurde gesetzlich den Behörden gestattet, zu jeder Vereinszusammenkunft und damit auch zu jeder Logenarbeit Vertreter entsenden zu können, was für die Freimaurer nicht akzeptabel erschien, weil durch ihre Rituale die Anwesenheit von Nicht-Freimaurern verboten war. In den Jahren 1874/1875 gab es einen neuerlichen Vorstoß von freimaurerischer Seite, der eine parlamentarische Behandlung dieses Themas und Abänderungsanträge für das bestehende Vereinsgesetz erreichte, aber zu keiner für die Freimaurerei positiven Lösung führte.
Wenige Wochen nach der Vereinbarung über den „österreichisch-ungarischen Ausgleich“, die Geburtsstunde der österreichisch-ungarischen Monarchie, meldete die „Neue Freie Presse“ am 18. Juli 1867:
Vor einigen Tagen fand in der inneren Stadt eine Zusammentretung von ehemaligen Mitgliedern der im Jahre 1848 in Wien bestandenen Freimaurerloge ‚Zum hl. Joseph‘ statt. Nach längeren Beratungen wurde der Beschluss gefasst, sich an die Große deutsche Landesloge zu Berlin, um die Ermächtigung zur Wiedereröffnung der Wiener Loge ‚Zum hl. Joseph‘ zu wenden. Wird diese Ermächtigung erteilt, so will man an das Ministerium die Bitte richten, dass es diese Wiedereröffnung bewillige.“
Ungefähr zur gleichen Zeit hieß es in der Wiener Vorstadt-Zeitung: „Die Freimaurer in Ungarn und Österreich sind ziemlich zahlreich; das weiß jedermann. In dem Augenblick, wo die Freimaurer bei uns ihre Logen öffnen und ihre Tätigkeit ausüben, wie es der Fall ist in Deutschland, England, Frankreich, Belgien, in der Schweiz, in Italien, Nord- und Südamerika, in den englischen Kolonien in Asien, Afrika und Australien usw., … dann ist es eine Macht, die wieder in der Welt imponieren kann.“152
1. Konfidententätigkeit in den Jahren 1868/69
Zu dieser Zeit gab es auch eine rege Konfidententätigkeit, insbesondere in den Jahren 1868/69. Die Polizeibehörde sammelte zielstrebig Material, damit ein erneuter Antrag um Genehmigung einer Freimaurerloge in Österreich entsprechend abgelehnt werden könne. Die Bespitzelung übernahm das Landesverteidigungsministerium unter Graf Eduard Taaffe, dessen Konfidenten zahlreiche Berichte zusammentrugen. In diesem umfangreichen Material der Polizeiakten finden sich wichtige Hinweise über die österreichische Freimaurerei, darüber hinaus aber auch viele Materialien über die Geheimbünde im Ausland. Unter diesen befindet sich auch ein Polizeibericht von 1868 über die Loge „Zum heiligen Joseph“, betreffend die Wiedererrichtung 1848 und die fünf Mitglieder, die noch lebten. In einer weiteren vertraulichen Mitteilung vom April 1869 sind die Namen sämtlicher Mitglieder der Loge von 1848 angeführt.153 Im Niederösterreichischen Landesarchiv finden sich weitere Akten. Dort gibt es eine Vielzahl von Vorakten zur Loge „Zum heiligen Joseph“, darunter auch die Statuten der Loge.154
Da Dr. Lewis nach Budapest übersiedelte, musste die Polizei ihn kontaktieren, um weitere Informationen über die Freimaurerei zu erhalten. Ein Konfident der Wiener Polizeidirektion erhielt den Auftrag, eine Verbindung mit Lewis herzustellen. Lewis war bereit, diesen Konfidenten in seine Absichten und Ziele einzuweihen. Der Wiener Polizeidirektor Hofrat von Strobach legte am 3. Oktober 1868 dem Ministerium für Landesverteidigung und öffentliche Sicherheit zwei Berichte über die Freimaurerei vor, nämlich das Aufnahmezeremoniell in den Freimaurerorden und Informationen des Vertrauensmannes der Polizei, die dieser auf einer Reise nach Leipzig von Lewis erhalten hatte.155 Die Berichte des Konfidenten enthielten neben einigen Tatsachen bewusst falsche Informationen, um ein Eingreifen der Polizei besser begründen zu können und das Interesse der Auftraggeber zu steigern. In einem der Berichte stellte der Konfident fest, dass er von Lewis den Zweck der Freimaurerei erfahren habe. Das Ziel der Freimaurerei sei ein politisches und gleiche in vielem dem Jesuitenorden, „obschon sie beide einander feindlich seien. Humanität, Bruderliebe, Kosmopolitismus seien nur das Aushängeschild, da aber diese Ideen ohne völlige Gleichheit aller Menschen nicht realisiert werden können, so müsse die Freimaurerei notwendig auf den Sturz der Throne, auf eine demokratische Republik hinarbeiten. Man suche Protektion, in dem man z.B. Könige zu Mitgliedern mache, doch diesen sei das Nähere der Freimaurerei nicht bekannt.“156 Der Konfident spitzte hier seine Kritik an der Freimaurerei zu, in dem er ganz im Sinne der Polizei eine Verschwörungstheorie konstruierte. Laut Mitteilung des Konfidenten habe ihn Lewis zum Hauptagenten für Wien vorgeschlagen. Zweck der Reise nach Leipzig war die Frage, „von welcher Großloge die zu gründenden österreichischen Logen ihre Konstitution nehmen sollten“?157 Der Konfident konnte auch die Namen einiger Wiener Freimaurer herausfinden und die Namen an die Polizei weiterleiten. Nach Leipzig erhielt der Hauptagent von Lewis ein vollständiges Verzeichnis der Wiener Freimaurer und traf mit ihm folgende Vereinbarung:
„1. dass er in Vollmacht des Dr. Lewis bei der Regierung die nötigen Schritte zur Errichtung einer Loge tun werde,
2. dass keine neue Loge begründet, sondern die im Jahre 1849 sistierte L. „Zum hl. Josef “ reaktiviert werde;
3. dass Anzeige bei der Regierung zu machen sei sobald eine entsprechende Anzahl Freimaurer in Wien ihren Beitritt erklärt haben werden;
4. dass die L. „Zum hl. Josef “ sich als österreichische Großloge erklärt.“158
Der erwähnte Konfident war bei seinen Nachforschungen sehr erfolgreich und konnte sehr viel Material zusammentragen. Ziel war, die Gründung einer Loge in Österreich zu verhindern und alle österreichischen Freimaurer unter Polizeiaufsicht zu stellen. Im Jahre 1904 wurde in der freimaurerischen Agenda der Schriftsteller und Journalist Ernst Viktor Zenker wieder aktiv, sodass erneut ein für die Freimaurerei akzeptabler Statutenentwurf für eine Loge bei den Behörden eingereicht wurde. Diese Initiative erfuhr eine Ablehnung, sodass Zenker einen Rekurs beim Reichsgericht einreichte, der aber erfolglos blieb. „Diese Misserfolge waren nicht nur auf die exklusiven freimaurerischen Vorstellungen zurückzuführen, sondern sind auch Ausdruck des starken Widerstands, den Hofkreise, weite Teile des Staatsapparates und konservativ-klerikale Politiker der Freimaurerei entgegensetzten.“159
2. Die Gründung der ersten Grenzlogen
Aus dieser für die Freimaurerei in Österreich schwierigen Situation bot sich aber ein Ausweg, weil das erwähnte restriktive Vereinsgesetz nur für Cisleithanien, nicht aber für Ungarn galt. Weil in der österreichischen Reichshälfte keine Logen gegründet werden konnten, wurde ein unpolitischer Verein mit dem Namen „Humanitas“ in Wien ins Leben gerufen wurde, wobei dieser Verein das Sammelbecken der Wiener Brüder war.160 Auf ungarischer Seite hielt man offiziell die rituellen Arbeiten ab, und in Wien traf man sich in einem unpolitischen Verein, der sich ausschließlich aus Freimaurern zusammensetzte. Dann wurde der Plan gefasst, eine eigene Loge auf ungarischem Boden zu gründen und schlug Neudörfl, das von Wien leicht erreichbar war, als Ort vor. Die feierliche Lichteinbringung fand am 25. Februar 1872 statt. Das Logenleben spielte sich aber hauptsächlich in den Wiener Vereinen ab. Die ersten Logengründungen wurden von der Wiener Polizeidirektion genau beobachtet und dazu auch entsprechende Berichte geschrieben, die sehr detailliert formuliert waren.161
Die Freimaurerei entwickelte sich jenseits der Leitha nach 1868 sehr rasch, wobei für Österreich die Gründung der Ödenburger Loge „Zur Verbrüderung“ 1869 im grenznahen Raum wichtig wurde, weil nun auch Brüder aus Österreich an den rituellen Arbeiten teilnehmen konnten. Dieser Bauhütte gehörte auch Franz Julius Schneeberger an, der 1869 versuchte, in Wien einen unpolitischen Verein zu gründen, dessen Mitglieder ausschließlich Freimaurer sein sollten, ohne aber eine Loge zu bilden und rituelle Arbeiten durchzuführen. Das war der Verein Humanitas mit dem Sitz in Wien, der den Zweck hatte, unter Ausschließung jedweder Diskussion über kirchliche oder politische Tagesfragen die echte Humanität zu wahren und werktätig zu fördern.162 Am 4. November 1969 wurde der Verein bewilligt, der sofort rege Aktivitäten entwickelte und eine eigene Zeitschrift „Der Zirkel“ herausgab.163 Die Zeitschrift erschien ab dem 01. Jänner 1871. Sie war zweifelsohne für die Wiener Freimaurer repräsentativ. Zunächst erschien die Zeitschrift monatlich und dann sogar wöchentlich. Leiter der Redaktion war ab 1900 Heinrich Glücksmann. Gleichzeitig mit dem Kriegsbeginn kam es zu einer Umstellung des Erscheinungsmodus. Die Zeitschrift erschien wieder mit dem Monatsrhythmus. 1917 wurde die Zeitschrift eingestellt.164 Neben historischen Beiträgen enthielt der „Zirkel“ auch Beiträge zu prinzipiellen Fragen der Bruderkette und umfangreichere Informationen über das freimaurerische Weltgeschehen als Rundschau. Der Verein gab sich Statuten, die den Zweck, die Wirksamkeit und andere wichtige Paragraphen enthielt. Über die Wirksamkeit des Vereins heißt es:
„Der Verein stellt sich im Sinne des §. 1 im allgemeinen die Aufgabe, durch die praktische Ausübung einer alle Lebensverhältnisse durchdringenden Nächstenliebe, ohne Unterschied der Nationalität und Confession, auf die Veredlung der Menschheit hinzuwirken und insbesondere die Wohlfahrt, Ehre und Einigkeit sämmtlicher Nationen des gemeinsamen Vaterlandes unter getreuer Beobachtung aller zu Recht bestehenden Gesetze anzustreben.
In seiner speziellen Thätigkeit wird der Verein „Humanitas“ alle wie immer Namen habenden und gesetzlich anerkannten Humanitätsanstalten oder Vereine in ihrem statutenmässigen Wirken mit Rath und That unterstützen.
Namentlich wird der Verein „Humanitas“ in erster Linie es sich zur Aufgabe machen, verschämte und sittenreine Arme von Bildung, ohne Unterschied der Nationalität und Confession, theils durch Geldspenden, theils durch Zuweisung einer ehrlichen und standesgemässen Beschäftigung zu unterstützen. Der Verein wird, ferner, insoferne die Besserung der Existenz solcher Hilfsbedürftigen nur durch Uebersiedlung von einem Orte zum anderen möglich ist, bei den Verkehrsanstalten von Fall zu Fall alle erreichbaren Begünstigungen anstreben, sich überhaupt zur Verwirklichung seiner rein humanitären Ziele aller gesetzlich erlaubten Mittel bedienen.“165
Die Grenzloge „Zukunft“ im Orient Preßburg166 gab 1874 auch eine Verfassung heraus, in der sowohl der Zweck der Loge als auch die Mittel zur Erreichung des Zieles festgelegt wurden.
„Die ger.: und vollk.: Joh.: L „Zukunft“ zu Preßburg ist eine unter dem Schutze der Ehrwüdigst.: Gr.: L.: von Ungarn arbeitende freimaurerische Körperschaft zu dem Zwecke: Die allgemeinen frmr’schen Tendenzen zu verfolgen, außerdem alle gesetzlichen Mittel anzuwenden, um die Reactivierung der FrMrei und die Gründung einer Großloge für die 3 Joh.: Gr.: in Oesterreich zu erwirken.
Die Loge arbeitet daher nach den Grundsätzen der Johannes. Frei und in Uebereinstimmung mit der Verfassung der Ehrwürdigst.: Gr.: L.: von Ungarn, die sie als bindendes Grundgesetz anerkennt.
Als Mittel zur Erreichung des Zweckes dienen:
a) Die Abhaltung von Logen.
b) Die Abhaltung von Konferenzen.
c) Vorträge, Diskussionen und Besprechungen über maurerische Angelegenheiten.
d) Die Herausgabe einer maurerischen Zeitschrift unter dem Titel: ‚Allgemeine Oesterreichische Freimaurer-Zeitung‘.
e) Die Gründung eines allgemeinen Armen-Fonds.
f) Die Gründung einer Kasse zur Unterstützung der Witwen und Waisen verstorbener Vereinsmitglieder.“167
Die Zusammenarbeit der ungarischen und der österreichischen Brüder gestaltete sich aber, nicht zuletzt wegen der Debatten über die Wahl der Arbeitssprache, problematisch. Die 1871 in Neudörfl an der Leitha gegründete Loge „Humanitas“ hatte von Beginn an mit Schwierigkeiten zu kämpfen, weil die Leiter der früheren Mutterloge „Zur Verbrüderung“ die Entscheidung zu einer Neugründung massiv infrage stellten. Die Hauptprobleme der Spannungen waren finanzielle und auch nationale Fragen. Die von den österreichischen Brüdern eingezahlten Rezeptions-, Affiliations- und Beförderungsgebühren bildeten die wichtigste Einnahmequelle der Ödenburger Loge „Zur Verbrüderung“, mit dem Austritt der Brüder aus Cisleithanien erwuchsen der Loge große finanzielle Probleme. Ein weiterer Konflikt betraf den Sprachgebrauch in der Loge. Dazu klagten die österreichischen Brüder, dass auf ihre mangelnden ungarischen Sprachkenntnisse keine Rücksicht genommen wurde, während die ungarischen Brüder meinten, dass diese Klage das Nationalitätenproblem in die Loge hineintragen würde.168
1871 verließen 25 Brüder die Loge „Zur Verbrüderung“ und gründeten in Neudörfl eine eigene Bauhütte, die Loge „Humanitas“, die erste sogenannte „Grenzloge“. Diese Neugründung stand unter dem Schutz der Großloge von Ungarn, die bis 1918 als maurerische Oberbehörde der „Humanitas“ und aller weiteren Grenzlogen fungierte. Die allgemeinen Bestimmungen aus den Statuten der Symbolischen Großloge von Ungarn lauteten:
„1. Der Bund der Freimaurer ist eine zur Wahrung, Pflege und Verbreitung der wahren Humanität geschaffene Vereinigung, dessen Mitglieder einander „Brüder“ nennen.
2. Als oberste Richtschnur für das Betragen einzelner Brüder und der Logen gilt das rein menschliche Sittengesetz.
3. Der Bund fordert von seinen Mitgliedern keinerlei Glaubensbekenntnis. Er nimmt als Mitglieder unabhängige Männer von gutem Ruf auf, die sich brüderlich vereinigen im Streben nach geistiger und sittlicher Veredlung, ohne Rücksicht auf Rasse, Nationalität, Glauben, gesellschaftliche Stellung oder politische Parteistellung.
4. Der Freimaurer achtet jede wahre Ueberzeugung. Der Bund fordert von seinen Mitgliedern, dass sie, trotz der Verschiedenheit ihrer Stellung und Ansichten einander als Brüder achten und nie die Liebe verletzen, welche die Menschen als Kinder eines Vaters untereinander verbindet.
5. Der Bund huldigt den ethischen Grundprinzipien der Gewissens-, Glaubens und Geistesfreiheit. Derselbe verdammt jeden Zwang, der diese Freiheit gefährdet und jede Verfolgung, welche gegen einen Glauben oder eine Denkungsweise welcher Art immer geübt wird; nicht minder jedes Bestreben, das sich im Widerspruche mit der Nächstenliebe befindet.
6. Der Freimaurer-Bund achtet die religiöse und politische Ueberzeugung seiner Mitglieder und schliesst jede religiöse oder politische Discussion aus seinen Versammlungen entschieden aus. Er verpflichtet die Mitglieder zum Gehorsam gegen die Gesetze jenes Landes, in welchem sie leben.
7. Die Hauptthätigkeit der Loge richtet sich nach Innen, indem sie hauptsächlich die Brüder in ihrer Selbstvervollkommnung unterstützt und zur Erkenntniss und Uebung der Humanität aneifert.
8. Ausserdem eifert die Loge die Brüder zu gemeinnütziger und humanitärer Thätigkeit an und zur Uebung der Tugend in der Familie und im bürgerlichen Leben. Vaterlandsliebe und nützliche Thätigkeit für das Gemeinwohl gehören zu den heiligsten Pflichten des Freimaurers.
9. Der Bund selbst, seine Geschichte, Prinzipien und Ziele sind nicht geheim. Das freimaurerische Geheimniss, zu dessen Einhaltung die Brüder verpflichtet sind, dient blos dazu, um das gegenseitige Erkennen, die vertrauensvolle Meinungsäusserung in der Loge und den moralischen Einfluss der Loge zu ermöglichen.
10. Die Freimaurer sind verpflichtet, an ihrer Selbstveredlung zu arbeiten und einander in diesem ihrem Bestreben zu unterstützen, die Logengesetze treu zu halten, über die innere Thätigkeit der Loge und die persönlichen, vertraulichen Verhältnisse der Brüder eine gewissenhafte Diskretion zu beobachten und die Ehre und das Interesse der Loge ihren Kräften angemessen zu wahren und zu fördern.
11. Den Freimaurern steht es frei, ihrer Ueberzeugung frei zu folgen und derselben, innerhalb der Grenzen des Bundes-Constitution und der eventuellen besonderen Ordnung der Loge offen Ausdruck zu verleihen.
12. Die Freimaurerei betrachtet die Arbeit als gebieterisches Gesetz der Menschheit, sie macht sie ihren Mitgliedern zur Pflicht und verdammt den Müssiggang.
13. Nachdem die Freimaurerei sich auf die Solidarität des Menschengeschlechtes gründet, ist sie bestrebt, jenes Band der Brüderlichkeit, welches die Freimaurer auf der Erdenrunde vereint, auf die gesammte Menschheit auszudehnen, sie eifert daher ihre Mitglieder zur Verbreitung des brüderlichen Gefühles durch Wort und gutes Beispiel an.“169
Die Mitgliederzahl der ersten Grenzloge steigerte sich innerhalb eines Jahres auf fast 300, was zu Spannungen innerhalb der Loge führte, die auf Eigeninteressen, Intrigen und Machtkämpfe unter den Brüdern zurückzuführen waren. Der Meister vom Stuhl, Franz Julius Schneeberger, führte die Loge mit eiserner Hand.
Das Grenzlogenleben betrachtete man aus Ungarischer und Wiener Sicht gleichsam als vorübergehendes Provisorium, die Großloge von Österreich entstand jedoch erst 1918, sodass die Wiener Brüder auf die Gastfreundschaft ihrer ungarischen Freunde auf längere Zeit angewiesen blieben. Die Konstruktion der „Grenzlogen“ war allerdings schon im Vorfeld umstritten, was auch mit den Verhandlungen der Wiener Behörde zusammenhing. Die Loge „Humanitas“ war sehr für das Konzept der „Grenzlogen“, die später ins Leben gerufene Loge „Zukunft“ war gegen dieses Konstrukt. Mit der Gründung der Loge „Humanitas“ entstand eine Situation, die weitgehend unverändert bis 1880 Bestand hatte. Die eigentlichen rituellen Arbeiten fanden in Tempeln in Neudörfl bzw. in Preßburg statt, während in Wien administrative Angelegenheiten besprochen und Vorträge sowie Diskussionen organisiert wurden.170 Das Scheitern eines weiteren Versuchs 1874, die Loge „Zukunft“ in Wien zu gründen, lässt darauf schließen, dass politischer Widerstand gegen die Freimaurerei die Ursache war.171 Vorstöße zu einer Änderung des Vereinsgesetzes blieben weiterhin ergebnislos. Die Freimaurerei wurde zu dieser Zeit von den Exekutivorganen des Staates abgelehnt und ihr tatsächliches Wirken maßlos überschätzt: „Der Staat … kann und darf die Verbindungen der Freimaurer nicht freigeben, will er nicht selbst zu ihren Gunsten abdicieren.“172
Probleme des freimaurerischen Stils und prinzipielle Auffassungsunterschiede in Weltanschauungsfragen führten später zu einer Abspaltung der Loge „Humanitas“, in dem eine weitere Grenzloge, die Bauhütte „Zukunft“, ins Leben gerufen wurde. Die Mitglieder setzten sich aus dem liberalen nicht-jüdischen und jüdischen Bürgertum zusammen, das die gesellschaftliche Anerkennung suchte. Viele unter ihnen bekannten sich zu einem Radikalliberalismus und verstanden sich als freimaurerische Reformer. Ein Programm des Aktivismus sollte die Freimaurerei als eine zeitgemäße humanitäre Vereinigung erscheinen lassen.173 Die Loge arbeitete in Preßburg, während in Wien nach dem Vorbild der „Humanitas“ der Bruderverein „Literarischer Geselligkeitsclub“ gegründet wurde. Die Auseinandersetzungen zwischen diesen beiden Grenzlogen waren wohl ein Ringen um den Standort der Freimaurerei, zumal sich zwei Positionen heftig gegenüberstanden: „die aufklärerisch-aktivistische und die kontemplativ-traditionalistische oder esoterische Richtung“. Die Auseinandersetzungen, die in der Loge „Humanitas“ einsetzten, wurden in der von der Loge „Zukunft“ herausgegebenen „Freimaurer-Zeitung“ und in dem von der Loge „Humanitas“ redigierten Zirkel fortgeführt. In der Freimaurer-Zeitung wurde Schneeberger als Tyrann dargestellt und seine starre traditionelle Einstellung kritisiert. Die Loge „Zukunft“ war stärker zukunftsorientiert und bemüht, sich den zeitlichen Veränderungen anzupassen. Um die Jahrhundertwende setzte sich dann stärker die aufklärerisch-aktivistische Position durch, die das Klima der Grenzlogen stark beeinflusste.