Kitabı oku: «Henry Morton Stanley: Im dunkelsten Afrika»

Yazı tipi:

Henry Morton Stanley

Henry Morton Stanley: Im dunkelsten Afrika

Band 152 in der gelben Buchreihe

Dieses ebook wurde erstellt bei

Inhaltsverzeichnis

Titel

Vorwort des Herausgebers

Der Autor Henry Morton Stanley

Henry Morton Stanley: Im dunkelsten Afrika

Vorreden – Brief an F. A. Brockhaus in Leipzig

Brief an Sir William Mackinnon als Vorrede

Erstes Kapitel – Einleitung

Zweites Kapitel – Ägypten und Sansibar

Drittes Kapitel – Zur See nach dem Kongo

Viertes Kapitel – Nach dem Stanley-Pool

Fünftes Kapitel – Vom Stanley-Pool nach Jambuja

Sechstes Kapitel – In Jambuja

Siebentes Kapitel – Nach den Panga-Fällen

Achtes Kapitel – Von den Panga-Fällen nach der Station Ugarrowwa’s

Neuntes Kapitel – Von der Station Ugarrowwa’s bis zur Station Kilonga-Longa’s

Zehntes Kapitel – Bei den Manjema in Ipoto

Elftes Kapitel – Durch den Wald bis zu Masamboni‘s Pic

Zwölftes Kapitel – Ankunft am Albert-See und Rückkehr nach Ibwiri

Dreizehntes Kapitel – Leben in Fort Bodo

Vierzehntes Kapitel – Zum zweiten Mal nach dem Albert-Njansa

Fünfzehntes Kapitel – Zusammentreffen mit Emin Pascha

Sechzehntes Kapitel – Mit dem Pascha zusammen

Siebzehntes Kapitel – Persönliches von Emin Pascha

Achtzehntes Kapitel – Aufbruch zum Entsatze der Nachhut

Neunzehntes Kapitel – Ankunft in Banaja – Barttelot’s Tod

Zwanzigstes Kapitel – Die traurige Geschichte der Nachhut

Anhang – Major Barttelot’s letzter Bericht über die Ereignisse in Jambula

Die maritime gelbe Buchreihe

Weitere Informationen

Impressum neobooks

Vorwort des Herausgebers

Vorwort des Herausgebers


Von 1970 bis 1997 leitete ich das größte Seemannsheim in Deutschland am Krayenkamp am Fuße der Hamburger Michaeliskirche.


Dabei lernte ich Tausende Seeleute aus aller Welt kennen.

Im Februar 1992 entschloss ich mich, meine Erlebnisse mit den See­leuten und deren Berichte aus ihrem Leben in einem Buch zusammenzu­tragen. Es stieß auf großes Interesse. Mehrfach wurde in Leser-Reaktio­nen der Wunsch laut, es mögen noch mehr solcher Bände erscheinen. Deshalb folgten dem ersten Band der „Seemannsschicksale“ weitere.

Hamburg, 2021 Jürgen Ruszkowski


Ruhestands-Arbeitsplatz

Hier entstehen die Bücher und Webseiten des Herausgebers

* * *

Der Autor Henry Morton Stanley

Der Autor Henry Morton Stanley


Sir Henry Morton Stanley wurde am 28. Januar 1841 als John Rowlands in Denbigh, Wales geboren und starb am 10. Mai 1904 in London. Er war ein britisch-amerikanischer Journalist, Afrikaforscher und Buchautor. Er wurde bekannt durch die Suche nach David Livingstone und die Erforschung sowie die Erschließung des Kongo im Auftrag des belgischen Königs Leopold II. Stanleys Literaturagent war G. W. Appleton.

* * *

Henry Morton Stanley: Im dunkelsten Afrika

Henry Morton Stanley: Im dunkelsten Afrika


Im dunkelsten Afrika

Erster Band

Aufsuchung, Rettung und Rückzug Emin Pascha’s, Gouverneurs der Äquartorialprovinz

Autorisierte deutsche Ausgabe

Aus dem Englischen von H. von Wobeser.

Erschienen bei F. A. Brockhaus Leipzig 1890 – mit 150 Abbildungen und 3 Karten


* * *


Stanley und seine Offiziere

Dr. Parke, Nelson, Stanley, Stairs, Jephson

Ich will nicht aufhören, vorwärts zu gehen,

bis ich zu der Stelle komme,

wo die beiden Seen sich begegnen,

selbst wenn ich neunzig Jahre reise.

Koran, XVIII. Kapitel, Vers 62.

* * *

Vorreden – Brief an F. A. Brockhaus in Leipzig

Vorreden – Brief an F. A. Brockhaus in Leipzig

34, De Vere Gardens, 27. Mai 1890.

Mein lieber Freund!

Allwöchentlich schreiben mir eine Anzahl Deutsche und Österreicher, leider aber in ihrer eigenen Sprache, von der ich, zu meiner Schande sei's gesagt, kein Wort verstehe. Wenn ich erst mit einer gewissen schönen Dame verheiratet bin, werde ich, da sie eine fast ebenso große Linguistin ist wie Emin, besser imstande sein, die Gesinnungen der Briefschreiber zu würdigen; bis dahin muss ich mich damit begnügen, die deutschen Ergüsse in den Papierkorb zu werfen, ohne zu wissen, ob dieselben Segnungen oder Verwünschungen sind. Denn ich erliege tatsächlich der Last der täglich eintreffenden Briefe und den Scharen von Besuchern. Das Buch ist, Gott sei Dank, aus meinen Händen und ich würde gern eine nette Summe für ein Privilegium langen Schlafes bezahlen, den ich zu verdienen glaube. Ich brauche absolute Ruhe, denn von dem Tage, an welchem ich Emins wegen nach Afrika aufbrach, habe ich mich dieses süßen Balsams für den ermüdeten Körper, den ich so sehnlich zu erlangen wünschte, nicht erfreut. Hoffentlich ist meine geliebte Braut von kräftiger Disposition und trägt mich mit sich hinweg in die Gefilde träumerischen Glückes, wo die Verheirateten Ruhe finden sollen.

Carlyle pflegte zu sagen, die Deutschen seien ein philosophisches Volk, doch habe ich das nicht gefunden. Sie sind ebenso leicht erregbar und leidenschaftlich wie die Franzosen. Was waren die Deutschen beispielsweise in der Sache Emins diesem oder er ihnen, ehe er von uns aus dem Negerlande gebracht wurde? Emin war seiner Gesinnung nach Engländer, wenn auch seine Natur im Wesentlichen deutsch war. Er strebte danach, was er jetzt auch sein mag, in den Dienst Englands zu kommen, das beweisen seine Briefe an das Britische Auswärtige Amt. Allein was kümmerte das mich nach der einen oder anderen Richtung hin? Ich habe mich nicht aufgemacht, um einem Deutschen oder einem Engländer, sondern um einem idealen Gouverneur zu helfen, der sich in meiner Phantasie festgesetzt hatte als ein des Beistands ganz besonders würdiger Mann. Er war ein Statthalter von Gordon, war tief nach Äquatoria hineingeschickt worden und, wie ich glaubte, von den Mahdisten belagert. Mit etwas Munition hoffte ich ihn in den Stand zu setzen, auszuhalten, bis weitere Aufklärung über seine Lage einen noch allgemeineren Wunsch, ihm zu helfen, zur Folge gehabt hätte.

Sie erinnern sich wohl, welche albernen Ansichten über Livingstone herrschten.


David Livingstone – 1813 – 1873

Zu meiner Freude konnte ich bei meiner Rückkehr von ihm der Lesewelt ein anderes Bild von ihm geben, wie er sich als Mann, als Christ, als guter Kamerad und als Gentleman zeigte. Weshalb sollte ich nicht dasselbe für Emin tun, da ich doch mit einer vorgefassten Vorliebe und einem günstigen Vorurteil für ihn aufgebrochen war? Einfach, weil Emins Verhalten mir dies nicht gestattete. Es gelang ihm in der erstaunlichsten Weise, meine Zuneigung zu ihm zu zerstören. Nachstehend Einiges von ihm, was mir heute noch ebenso rätselhaft an ihm ist wie je. Nachdem ich ihn von unserm Kommen in Kenntnis gesetzt hatte, begreife ich nicht, weshalb er nicht auf dem See neun Stunden weiter nach Süden hätte dampfen sollen, um den Eingeborenen mitzuteilen, dass er uns erwarte. An demselben Tage, dem 25. März 1888, an welchem er so zuversichtlich an mich schrieb, schreibt er an Petermann: „Kommt Stanley nicht bald, so sind wir verloren.“ Als ich sechs Wochen später mit ihm zusammentreffe, sagt er mir nichts von allem diesen, und als ich mich von ihm trenne, um die Nachhut aufzusuchen, befinde ich mich in vollständiger Unkenntnis über seine wirkliche Lage, während ein wenig Offenheit viel hätte helfen können. Als ich neun Monate später zu ihm zurückkehre, ist er ein Gefangener. Wenn ich eine Seite an mir entdecken könnte, die in irgendeiner Weise, Gestalt oder Form in ihm Ärgernis erregen durfte, würde ich mit mir streng ins Gericht gehen, allein bis jemand mir dieselbe nachweist, muss ich mich damit begnügen, dies Rätsel ungelöst zu lassen. Ich war bei meinem ersten Besuche 26 Tage mit ihm zusammen und mein Tagebuch ist voll von angenehmen Dingen, fröhlichen Plaudereien am Ufer des Sees und wohltuender Ruhe. Es findet ein ziemlich reger Briefwechsel zwischen uns statt und jedes Schreiben kennzeichnet das gegenseitige Vergnügen aneinander. Je entgegengesetzter unsere Anschauungen über Menschen und Denkweise sind, umso mehr dient dies dazu, das Vergnügen, welches der eine an der Gesellschaft des anderen empfindet, zu steigern und ein herzliches Lachen beendet den Meinungsaustausch. Nichtsdestoweniger erregte manches den Argwohn in mir, dass an Emin etwas sehr seltsam sei, doch gehörte, was dies sei, zu den unentdeckten Dingen, bis ich mit der letzten Abteilung der Entsatz-Expedition zurückkehrte. Dann ist Emin aber Gefangener und es ist zu spät. Ich finde, dass das Geheimnis darin besteht, dass Emin weder eine wirkliche Regierung ausübte, noch eine Provinz besaß und nur von seinen rebellischen Offizieren geduldet gelebt hatte. Vermutlich hatte Stolz ihn schweigen lassen, allein es war ein Fehler, dass er nicht offen genug war, während noch etwas hätte geschehen können. Als er Gefangener war, blieb ihm nichts weiter übrig, als fortzugehen. Wie er fortgegangen ist, wird das Buch am besten schildern, das über die Ereignisse eines jeden Tages Aufklärung gibt. Ich muss jedoch der Wahrheit gemäß sagen, dass er mir von meinem Gesichtspunkte aus heute so unbegreiflich bleibt, wie damals im Lager von Kavalli. Jeder wird sich sein eigenes Urteil über ihn bilden, der eine ein freundliches, der andere ein strenges. Ich will nur das reflektierende Medium sein, und da ich mich bemüht habe, ihn in wohlwollender Weise zu schildern, werden die meisten Leser zu gleichgültig sein, um über die Sache weiter nachzudenken, und zufrieden, in Ruhe gelassen zu werden. Und sie werden weise daran tun.

Was nun Emins Eintritt in deutsche Dienste betrifft, so hat meiner Ansicht nach niemand ein Recht ihn zu tadeln. Ich hoffe, er wird reichen Erfolg erzielen, jedenfalls kann ihm nicht mehr Erfolg beschieden sein, als ich ihm wünsche. Allein die Art und Weise seines Eintritts ist mir ebenso unbegreiflich wie irgendein Teil seiner Geschichte. Ich vermag nicht zu verstehen, weshalb er sich nicht hätte nach Kairo begeben, dem Khedive danken, sein Entlassungsgesuch in gehöriger Form einreichen und nach Europa kommen können, um ebenso viele Festmahle in London wie in Berlin zu genießen und so viele goldene Medaillen zu erhalten, wie er nur weg zu stauen vermochte. Wenn er je den Wunsch nach Festmahlen oder Medaillen ausdrückt, werde ich mein Möglichstes tun, um ihm alles, was er wünscht, zu verschaffen. Er kann alle die meinigen bekommen, sobald er sie wünscht. Wahrscheinlich sind nur seine krankhafte Empfindlichkeit und sein Stolz bei dieser wie bei anderen Gelegenheiten sein größtes Hindernis gewesen. Jedenfalls hat sein Sturz in Bagamoyo jegliche Theorie, die ich mir je über ihn gebildet hatte, über den Haufen geworfen. Als er ins Hospital kam, trat zwischen ihn und mich ein Schatten so dichter und handgreiflicher Art, dass die angenehmen Beziehungen, welche, wie ich glaubte, beständig zwischen uns herrschen sollten, vollständig verdunkelt wurden. Alle unsere Offiziere – und selbst Casati – sind verblüfft, und keiner von uns wagt es, sich eine Ansicht über die Ursache zu bilden.

Über die Bestrebungen der Deutschen in Ost- und Zentralafrika möchte ich nicht viel sagen. Ich habe kein materielles, aber ein ziemlich starkes Gefühlsinteresse an der Angelegenheit. Während ich den Wunsch hege, dass die Deutschen das ernstliche Bestreben zeigen möchten, in ihrem ungeheuren wertvollen Gebiet zwischen den drei Seen, dem Victoria, Tanganjika und Njassa, Gutes zu schaffen, ist es nicht meines Amtes, eine Beschränkung ihres Ehrgeizes zu versuchen, wenn es ihnen belieben sollte, den ganzen Kontinent zu annektieren. Mir ist es keinen Pfifferling wert, wer Afrika gewinnt, aber da ich zahlreiche Freunde bei der Britisch-Ostafrikanischen Gesellschaft besitze, kann ich nicht untätig zuschauen, wenn sie bei den Versuchen, mit dem Deutschen Reiche zu rivalisieren, ihre Tausende nutzlos ausgeben. Ich habe ihnen gesagt, dass sie bis zur Feststellung der Grenzen ihres Gebiets das Geld einfach vergeuden auf Aussendung von Expeditionen, solange sie nicht wissen, wie bald sie in einem Anfall von Überdruss die Deutschen auffordern werden, ihnen das Ganze abzunehmen. Die bei ihnen anzuwendenden Argumente sind auch bei den Deutschen anwendbar. Wenn die Kolonialfreunde in Deutschland der Meinung sind, mehr Geld verdienen zu können, wenn sie die Engländer erst aus Afrika vertreiben, befinden sie sich in einem großen Irrtum. Die gesunde Rivalität zwischen den beiden Nationen ist es, die Ostafrika Wert verleiht.

Wenn die Engländer sich im Überdruss aus Afrika zurückziehen, wird das deutsche Interesse an dem Kontinent untergehen, und wenn die Deutschen infolge irgend eines Zufalles aus einem ähnlichen Grunde Afrika verlassen müssten, würde das britische Interesse daran absterben. Ich würde mich freuen, beide Nationen zu einer gerechten und ehrenhaften Verständigung gelangen zu sehen, dann würden beide prosperieren und ihre beiderseitigen Gebiete nutzbringend machen. Erwägen Sie selbst diesen Gedanken sorgfältig und Sie werden zu demselben Schlusse kommen. Ganz Afrika ist für Großbritannien nicht das wert, was ein Streit mit Deutschland ihm kosten würde, noch wiegt der Kontinent für Deutschland die Kosten eines Bruches mit England auf. Um daher ein gesundes, eifriges Interesse an Afrika anzuregen, sollten beide Nationen sich über ihre Grenzen verständigen; der Reibungsprozess des Einen am Anderen würde hervorbringen, was ich, als Verehrer Afrikas, von ganzem Herzen zu sehen wünsche. England kümmert sich beispielsweise nicht im geringsten mehr um den Kongostaat, weil es keinen Teil daran hat und haben kann; es wird sich, wenn es aus Ostafrika vertrieben wird, auch darum nicht mehr kümmern, und auch die Deutschen werden dann das rege Interesse verlieren, welches ihr Stolz, ihre Eigenliebe usw. jetzt an Ostafrika in der Nachbarschaft einer reichen, starken und unternehmenden Macht nimmt.

Ihr ergebener

Henry M. Stanley.

* * *

Brief an Sir William Mackinnon als Vorrede

Brief an Sir William Mackinnon als Vorrede


Sir William Mackinnon – 1823 – 1893

– schottischer Schiffseigner und Geschäftsmann

Mein lieber Sir William!

Es gereicht mir zu großem Vergnügen, Ihnen dieses Werk zu widmen. Dasselbe soll für Sie selbst sowie für das Komitee zum Entsatze Emins ein offizieller Bericht sein über das, was wir während unserer Entsatz-Mission, die durch die Verhältnisse in eine Rettungsmission umgewandelt wurde, erlebt und erduldet haben. Sie wollen den Bericht als eine wahrhafte Schilderung der Märsche der Expedition betrachten, deren Führung Sie und das Komitee mir anvertraut haben.

Ich bedauere, dass ich nicht imstande gewesen bin, alles das zu erfüllen, was auszuführen ich vor Begier brannte, als ich im Januar 1887 von England abreiste. Allein der vollständige Zusammenbruch der Regierung von Äquatoria bürdete uns die Pflicht auf, so viele alte und kranke Leute in Hängematten zu befördern und so viele hilflose und entkräftete Menschen zu beschützen, dass wir aus einem kleinen kampfbereiten Corps erprobter Männer in eine reine Hospitalkolonne umgewandelt wurden, welcher tatkräftige Abenteuer versagt waren. Der Gouverneur selbst, halb erblindet, besaß viel Gepäck; Casati war schwächlich und musste getragen werden, und 90 Prozent des Gefolges waren bald nach unserm Aufbruch wegen Alters, Krankheit, Schwäche oder großer Jugend kaum imstande zu marschieren. Ohne unsere, den Zweck der Expedition bildende, unverletzliche Aufgabe, Hilfe zu leisten, zu opfern, konnten wir weder nach rechts noch links von der allerdirektesten Route nach der See abweichen.

Sie haben während Ihres langen und abwechslungsreichen Lebens standhaft an den Gott der Christen geglaubt und öffentlich Ihre inbrünstige Dankbarkeit für die Ihnen zuteil gewordenen vielen Gnadenbeweise ausgesprochen, und Sie werden daher besser als viele andere das Gefühl verstehen, welches mich beseelt, nun ich mich, ohne Schaden an Leben und Gesundheit genommen zu haben, wieder inmitten der Zivilisation befinde, nachdem ich so stürmische und kummervolle Zeiten durchgemacht habe. Als ich in der dunkelsten Stunde gezwungen war, demütig einzugestehen, dass ich ohne Gottes Hilfe verloren sei, da tat ich in der Waldeinsamkeit das Gelübde, dass ich seine Hilfe vor den Menschen bekennen wolle. Rund um mich herum herrschte Todesstille; es war Mitternacht; ich war durch Krankheit geschwächt, lag vor Erschöpfung darnieder und quälte mich mit Sorgen um meine weißen und schwarzen Gefährten, deren Schicksal für mich damals ein Geheimnis war. In dieser physischen und geistigen Not flehte ich zu Gott, dass er mir meine Leute zurückgeben möge. Neun Stunden später frohlockten wir in höchster Freude. Vor uns allen zeigte sich die rote Flagge mit dem Halbmond und unter ihren wehenden Falten die lange vermisste Nachhut.

Alsdann waren wir, nachdem wir Erfahrungen gemacht hatten, deren gleichen es in den Annalen sämtlicher afrikanischen Reisen nicht gibt, aus dem Walde in das offene Land hinausgetreten. Wir näherten uns der Gegend, wo der Gouverneur, unser Ideal, belagert sein sollte. Alles, was wir von den durch unsere Patrouillen gefangen genommenen Eingeborenen hörten, bereitete uns auf verzweifelte Kämpfe mit großen Scharen vor, über deren Stärke und Eigenschaften uns niemand verlässliche Mitteilungen machen konnte. Als dann die Bevölkerung von Undussuma in Myriaden von den Hügeln herabschwärmte und die Täler von Kriegern lebendig geworden zu sein schienen, da glaubten wir in unserer vollständigen Unwissenheit bezüglich ihres Charakters und ihrer Stärke tatsächlich, dass wir diejenigen vor uns hätten, welche den Pascha im Westen umzingelt hatten. Wenn er mit seinen 4.000 Soldaten um Hilfe bat, was konnten wir dann mit 173 Mann ausrichten? Am Abend vorher hatte ich die Ermahnung Mosis an Josua gelesen. War es nun die Nachwirkung dieser kraftvollen Worte, oder war es eine Stimme, ich weiß es nicht, doch glaubte ich zu hören: „Sei stark und guten Mutes; fürchte dich nicht und habe keine Furcht vor ihnen, denn der Herr dein Gott ist bei dir; er wird dich nicht verlassen.“ Als Masamboni am nächsten Tage den Befehl erteilte, uns anzugreifen und zu vernichten, gab es keinen einzigen Feigling im Lager, während wir am Abend vorher, als wir vier unserer Leute vor einem einzigen Eingeborenen fliehen sahen, voller Bitterkeit ausgerufen hatten: „Und das sind die Wichte, mit denen wir bis zum Pascha dringen müssen!“

Und ferner. In der Nähe des Zusammenflusses des Ihuru und des Dui hatten wir im Dezember 1888 150 unserer besten und stärksten Leute ausgesandt, um Lebensmittel aufzusuchen. Dieselben waren schon viele Tage länger fort, als sie hätten sein sollen, und inzwischen befanden sich 130 Männer, außer den Knaben und Frauen, dem Verhungern nahe. Um den Tod solange wie möglich fernzuhalten, bekamen sie täglich eine Tasse warmer, dünner Brühe, welche aus Butter, Milch und Wasser hergestellt war. Als die Lebensmittel derart auf die Neige gegangen waren, dass nur noch so viel übrig war, um 13 Mann zehn Tage lang mit der dünnen Brühe und vier kleinen Stücken Zwieback täglich zu versehen, wurde es für mich zur Notwendigkeit, die vermissten Leute aufzusuchen. Möglicherweise waren dieselben, weil sie keinen Führer hatten, sorglos gewesen und wurden von einer überwältigenden Menge der bösartigen Zwerge belagert. Mein Gefolge bestand aus 66 Mann, einigen Weibern und Kindern, welche, tatkräftiger als die übrigen, die dünne Flüssigkeit mit den Beeren des Phrynium und des Amomum, sowie mit an feuchten Stellen entdeckten Schwämmen verbessert hatten und deshalb noch ein wenig Kraft besaßen, obwohl die armen Burschen fürchterlich abgemagert waren. 51 Mann nebst Knaben und Weibern waren vor Erschöpfung und Krankheit dermaßen entkräftet, dass keine Hoffnung war, sie am Leben zu erhalten, wenn nicht innerhalb weniger Stunden Lebensmittel eintrafen. Mein weißer Gefährte und 13 Mann hatten die Gewissheit, genügend Nahrung zu besitzen, um den Kampf gegen einen peinvollen Tod noch zehn Tage in die Länge zu ziehen; wir, die wir zur Aufsuchung der Vermissten bestimmt waren, besaßen nichts. Wir konnten uns von Beeren ernähren, bis wir vielleicht eine Pflanzung zu erreichen vermochten. Auf dem Marsche kamen wir im Laufe des Nachmittags an mehreren Leichen in verschiedenen Stadien der Verwesung vorüber, und der Anblick der dem Tode Geweihten, der Sterbenden und Toten rief in meinen Nerven ein solches Gefühl der Schwäche hervor, dass ich derselben fast erlag. Jeder im Lager war durch Mutlosigkeit und Leiden gelähmt, die Verzweiflung hatte alle stumm gemacht und kein Laut unterbrach das Todesbrüten. Es war eine Gnade für mich, dass ich kein vorwurfsvolles Murren hörte, kein Zeichen des Tadels bemerkte. Ich fühlte aufs tiefste die Schrecknisse der Stille von Wald und Nacht. Schlaf war unmöglich. Meine Gedanken verweilten bei dem wiederholten Ungehorsam, welcher so viel Elend und Sorge verursacht hatte. Halsstarrige, aufrührerische, unverbesserliche menschliche Natur, die stets ihr tierisches, brutales Wesen zeigt – mögen die Elenden für ewige Zeiten verdammt sein! Ihre vollständige Gedankenlosigkeit, ihre Vergesslichkeit und das fortwährende Nichthalten von Versprechen töten mehr Menschen und verursachen mehr Elend, als das Gift der Wurfspieße, die Widerhaken und Spitzen der Pfeile. Wenn ich sie treffe, werde ich… – Aber ehe ich den Entschluss gefasst hatte, tauchten in meiner Erinnerung die Leichen am Wege, die dem Tode Geweihten im Lager und die Verhungernden in meiner Nähe auf, und ich dachte an die 150 Mann, die in dem unbarmherzigen Walde rettungslos verirrt oder ohne Hoffnung auf Rettung von Wilden umzingelt waren. Wundert es Sie, dass die natürliche Verbitterung des Herzens sich milderte und dass ich wiederum meine Sache Ihm empfahl, der uns allein helfen konnte? – Am nächsten Morgen, kaum eine halbe Stunde nach dem Aufbruche, trafen wir die Fouragierer wohlbehalten, gesund, kräftig und mit vier Tonnen Paradiesfeigen beladen. Sie können sich denken, welches Freudengeschrei diese wilden Kinder der Natur ausstießen, wie dieselben sich auf die Früchte stürzten, wie rasch sie die Feuer anzündeten, um zu rösten, zu kochen und zu backen, und wie schnell wir, nachdem sie sämtlich gesättigt waren, nach dem Lager zurückeilten, um auch die bei Herrn Bonny zurückgebliebenen Unglücklichen zu erfreuen!

Wenn ich die vielen schrecklichen Episoden im Geiste vorüberziehen lasse und über die wunderbare Rettung vor vollständiger Vernichtung nachdenke, welche uns während der verschiedenen Hin- und Hermärsche durch den dunkeln, ungeheuren Urwald bedroht hat, so bin ich außer Stande, unsere Errettung einer anderen Ursache zuzuschreiben, als der gnadenreichen Vorsehung, welche uns zu ihren eigenen Zwecken beschützt hat. Die gesamte Kriegsmacht Europas würde in der schrecklichen Not, in welcher wir in jenem Lager zwischen dem Dui und Ihuru uns befanden, uns keine Hilfe haben leisten können; eine Armee von Forschungsreisenden hätte, wenn wir bei dem letzten Kampfe umgekommen wären, unsere Spur bis zu dem Schauplatz desselben nicht verfolgen können, denn wir würden sicherlich tief, bis zur vollsten Vergessenheit tief unter dem Humus der weglosen Wildnis begraben gewesen sein.

In diesem demütigen und dankbaren Gefühle beginne ich die Schilderung des Verlaufs der Expedition von ihrem ersten Entwurf durch Sie bis zu dem Tage, als der Indische Ozean, so klar und blau wie der Himmel, sich zu unseren Füßen ausdehnte und wir mit Recht ausrufen konnten: „Es ist zu Ende!“

Ich habe niedergeschrieben, was das Publikum erfahren sollte, doch gibt es viele Dinge, welche murrende, zynische, ungläubige und gemeine Menschen nicht zu wissen brauchen. Ich schreibe für Sie und Ihre Freunde und für diejenigen, welche mehr Licht über das dunkelste Afrika wünschen, sowie für diejenigen, welche Interesse an allem nehmen, was die Menschheit berührt.

Mein Glaubensbekenntnis war, ist und wird, wie ich hoffe, auch bleiben: für das Beste zu wirken, den richtigen Gedanken zu fassen und das richtige Wort zu sprechen, soweit gute Beweggründe dies gestatten. Wenn mir eine Mission anvertraut wird, wenn mein Gewissen dieselbe als edel und recht billigt und ich das Versprechen gegeben habe, sie nach meinen besten Kräften dem Buchstaben und dem Sinne nach zur Ausführung zu bringen, dann trage ich ein Gesetz in mir, dem zu gehorchen ich gezwungen bin. Und wenn meine Gefährten mir durch ihr Benehmen und ihre Taten den Beweis liefern, dass dieses Gesetz für sie ebenso zwingend ist, dann erkenne ich sie als meine Brüder an. Es macht mir daher ein unbeschreibliches Vergnügen, die unschätzbaren Dienste meiner Freunde Stairs, Jephson, Nelson und Parke zu bezeugen, vier Männer, die sich ihren verschiedenen Pflichten in so vollkommener Weise gewidmet haben, als die menschliche Natur überhaupt dessen fähig ist. Da man einem Menschen einen Nachruf eigentlich erst schreiben kann, wenn er in seinem Grabe ruht, habe ich es während der Reise selten versucht ihnen zu sagen, wie hoch ich den stets bereiten Gehorsam schätzte, welchen Stairs bewies, den Ernst, welcher Jephson bei der Arbeit auszeichnete, den tapferen, soldatischen Charakter Nelson's und die zarte, sorgsame Liebe, welche unser Arzt seinen leidenden Patienten zuteilwerden ließ. Jetzt aber, nun die beschwerlichen Märsche vorüber sind und sie ohne Murren die ganze lange Zeit hindurch geduldet und gearbeitet haben, fühle ich, dass meine Worte zu arm sind, um die dauernden Verpflichtungen, die ich gegen einen jeden von ihnen habe, vollständig auszudrücken.

Dass jeder derjenigen, welche gefallen sind oder wegen Krankheit oder wegen eines Unfalls zurückgesandt wurden, solange er sich in meiner Gesellschaft befand, vollständig fähig zu sein schien, den höchsten Erwartungen zu entsprechen, gebe ich mit Vergnügen zu. Ich habe niemals an irgendeinem von ihnen gezweifelt, bis Herr Bonny mir die traurige Geschichte von der Nachhut vortrug. Während ich positive Beweise dafür besitze, dass Major Barttelot und Herr Jameson während des monatelangen Aufenthalts in Jambuja von Pflichteifer und Tatenlust durchdrungen waren, habe ich mich vergeblich bemüht, festzustellen, weshalb sie nicht ihrer schriftlichen Instruktion gemäß vordrangen, oder weshalb die Herren Ward, Troup und Bonny nicht den Vorschlag machten, in kleinen Märschen vorwärts zu marschieren, anstatt in Jambuja wie die 100 gestorbenen Leute zu verkommen, wozu offenbar Gefahr vorhanden war. Auf diese einfache Frage gibt es keine Antwort. Ihre acht Reisen nach den Stanley-Fällen und Kasongo belaufen sich insgesamt auf über 1.900 km; ihre Tagebücher, Logbücher und Briefe enthalten zahlreiche Beweise, dass sie die Elemente des Erfolgs in sich trugen. Ich vermag nicht zu verstehen, weshalb die fünf Offiziere, welche die Mittel zum Vordringen besaßen, eingestandenermaßen begierig waren den Marsch anzutreten und vom höchsten Mute beseelt waren, sich nicht auf unserer Route fortbewegten, wie es ihnen befohlen war; oder weshalb die Offiziere, obwohl sie immer noch glaubten, dass ich noch am Leben sei, mein Privatgepäck den Fluss hinabschickten und ihren Oberbefehlshaber in einen Zustand der Not versetzten; oder weshalb sie den europäischen Proviant in Konservenbüchsen und zwei Dutzend Flaschen Madeirawein flussabwärts sandten, während sich 33 kranke und hungrige Leute im Lager befanden; oder weshalb Herr Bonny gestattete, dass seine eigenen Rationen während seiner Anwesenheit fortgesandt wurden; oder weshalb Herr Ward mit einer Depesche flussabwärts geschickt und ihm auch noch ein Befehl nachgesandt wurde, der seine Rückkehr zur Expedition verhindern sollte. Das sind einige der Fragen, welche mir rätselhaft sind und für die ich befriedigende Lösungen nicht habe erhalten können. Hätte mir irgend sonst jemand mitgeteilt, dass solche Dinge sich ereignet hätten, ich würde dieselben bezweifelt haben, aber ich schöpfe meine Kenntnis einzig und allein aus dem offiziellen Berichte des Majors Barttelot (vgl. Anhang). Das Telegramm, welches Herr Ward nach der See hinabbrachte, verlangte von dem Komitee in London Instruktionen. Die Herren in London erwiderten jedoch: „Wir verweisen Sie auf das Instruktionsschreiben des Herrn Stanley“. Es wird jedem verständlich sein, dass hier ein Geheimnis vorliegt, für welches ich keine vernünftige Lösung finden kann; möge jeder Leser dieser Erzählung sich deshalb seine eigene Meinung bilden, das Ganze aber in milder Weise beurteilen.

Nach der Auffindung des Herrn Bonny in Banalja hatte ich häufig Gelegenheit, ihm gegenüber zu bemerken, dass seine Bereitwilligkeit und Ergebenheit nicht hinter derjenigen der übrigen zurückstehe, und was Tapferkeit anbelangt, so glaube ich, dass er davon so viel besaß wie der tapferste der anderen. Ich habe nie Ursache gehabt, wegen der Ausführung einer ihm übertragenen Arbeit unzufrieden zu sein, und da er von Banalja bis zum Indischen Ozean sich bei uns stets in vorzüglicher Weise geführt und den vollständigsten und respektvollsten Gehorsam bewiesen hat, so verschleiert sich das Geheimnis des Lebens in Jambuja noch mehr, denn mit 2.000 Soldaten wie Bonny, unter einem tüchtigen Führer, könnte man den ganzen Sudan unterwerfen, beruhigen und regieren.


Teilnehmer der Rettungsexpedition, 1890, ganz rechts Artur Jephson

Türler ve etiketler

Yaş sınırı:
0+
Hacim:
872 s. 188 illüstrasyon
ISBN:
9783753192109
Yayıncı:
Telif hakkı:
Bookwire
İndirme biçimi:
Metin
Ortalama puan 0, 0 oylamaya göre