Kitabı oku: «Meine Seele will endlich fliegen», sayfa 7
Mit Hilfe der Lektüre dieser Bücher fing ich an, mich selbst durch meine Lebensthemen zu coachen. Und habe nebenbei geschrieben, geschrieben und geschrieben. Neben dem Lesen wurde das Schreiben zu einer immer größeren Leidenschaft für mich. Ich habe zwar immer schon viel und gerne geschrieben, doch jetzt nahm dieses Schreiben noch einmal ganz andere Formen an. Es wurde für mich eine Art von „Selbst-Therapie“. Dies alles hat mich inzwischen zu der Person gemacht, die ich heute bin. Und so begann die bisher aufregendste und spannendste Reise meines Lebens. Eine Reise, die mich mitunter extrem gefordert hat. Doch heute sage ich: Sie hat mir auch unendlich viele kleine und große Geschenke gebracht. Geschenke, die ich zunächst gar nicht sehen konnte, weil ich viel zu sehr in meiner anfänglichen Situation verhaftet war. Doch mit der Zeit entdeckte ich sie. Eines nach dem anderen. Und ich darf sagen: Das, was sich mir heute zeigt, ist wieder schön. Und diese ganzen Umstände lehrten mich: Wir leben zwar unser Leben vorwärts, doch die „Lehren“, die wir aus all den Herausforderungen und Erfahrungen ziehen, können wir sehr oft erst im Nachhinein verstehen. Und genau so ist dies auch mit den Geschenken. Auch sie zeigen sich uns erst hinterher. – Sind wir direkt im Prozess des Erlebens, sind wir in aller Regel „blind“ für sie. Die Geschenke zeigen sich uns erst im Nachhinein.
Von der Heilkraft des Schreibens
Eines dieser Geschenke war für mich, dass ich die intensive Heilkraft des Schreibens entdecken konnte. Wenn ich dem Papier meine Gefühle anvertraute, dann entlastete das nicht nur meine Seele. Schreibend lernte ich mich selbst besser kennen. Schreibend befreite ich mich aus meinen Grübel-Schleifen. Wenn mir Familie, Freunde, der kommunikative Austausch mit anderen fehlte, dann wurde für mich das Papier zu meinem Zuhörer und besten Freund. Und das Schöne daran ist, dass das Papier ein sehr geduldiger Zuhörer ist. Ein Zuhörer, vor dem ich keine Angst haben muss, dass ich mit dem, was ich schreibend sage, auf irgendeine Art und Weise bewertet werde. Ich kann mich einfach dem Fluss des Schreibens hingeben. Ganz egal wie sich dieser gerade gestaltet. Holperig, flüssig, stockend – ganz egal. Es ist immer richtig, so wie es ist.
Anfangs notierte ich mir einfach nur meine Gedanken und spürte schon bald, dass ich so dem heillosen Durcheinander in meinem Kopf wieder etwas mehr an Struktur geben konnte. Dabei wurde es immer wichtiger für mich, meinen Geist vom Grübeln zu befreien. Das geschriebene Wort, das dann auf dem Papier stand, war erst einmal geduldig. Es wurde zur Kenntnis genommen. Es fühlte sich damit bereits wertgeschätzt und gehört an. – Begonnen habe ich anfangs mit 30 Minuten täglichem Schreiben. Musste aber schon bald feststellen, dass es damit nicht mehr getan war. Die Worte strömten nur so aus mir heraus. Und je mehr sie strömten, umso leichter wurde mir. – Setzte ich mich anfangs oft mit verweinten Augen vor mein Notizbuch, so trat mit der Zeit durch das automatische Schreiben eine immense Erleichterung bei mir ein. Ich schrieb und schrieb. Und schreibend „befreite“ ich mich nach und nach von meinen Gedanken. Irgendwann – meist nach circa 10–15 Minuten – verspürte ich so etwas wie einen Switch.
Dann spürte ich, wie sich die Worte veränderten, wie meine Sprache klarer wurde. Wie ich zusehends positiver in meiner Ausdrucksweise wurde und mir Botschaften notierte, als hätte mir da gerade eine gute Freundin, ein guter Freund geantwortet. Und mit der Zeit begriff ich: Ja, es gibt diesen inneren Freund. Und ich muss dafür nicht einmal zum Telefonhörer greifen, eine Nummer anrufen oder gar das Haus verlassen, um Freund „A“ oder Freundin „B“ aufzusuchen. Und ein ganz großer Vorteil von diesem Gesprächspartner war, dass ich ihn Tag und Nacht aufsuchen konnte. Er war immer für mich da. Dieser „Freund“ wurde ein weiterer Rettungsanker für mich, mit dessen Hilfe ich meine Gedanken sortieren konnte. Meist war die erste Phase des Schreibens noch sehr tränenreich, weil hier der Schmerz seinen Platz bekam. Doch je mehr Raum ich den so lange unterdrückten Gefühlen gab und mich schreibend durch sie hindurchfühlte, entstand so etwas wie ein geschützter Raum um mich herum. Ein Raum, in dem Schniefen und Weinen genauso erlaubt war wie wütend und patzig sein. In dem ich schreibend meine Stimme erhob. Mal ganz laut, mal ganz leise. So, wie mir gerade danach war. Und je mehr ich mich dieser zweiten Phase des Schreibens hingab, umso klärender, umso befreiender fühlte sich das Ganze an. Nach und nach konnte ich mich immer besser in den Prozess hineinfallen lassen und mir so meine Wut, meine Enttäuschung, Bitterkeit, Groll etc. von der Seele schreiben und mir die Themen anschauen, die hinter meiner Diagnose standen. Ich lernte die Dinge aus verschiedenen Perspektiven heraus zu betrachten und ließ es in aller Ruhe auf mich wirken. Dabei hatte ich stets das Gefühl, als ob mich eine „innere Stimme“, ein „innerer Coach“ durch den gesamten Prozess führt. Mein „innerer Heiler“, mein „innerer Therapeut“.
Wofür ich unendlich dankbar bin: Die Lektüre der Bücher, sowie das automatische Schreiben schenkten mir eine gelassenere Sicht auf die Themen. So manche Lektüre brachte mir wichtige wissenschaftliche Erklärungen, mit denen sich dann auch mein Verstand zufriedengab. Und mit Hilfe der neuesten Bücher aus den Bereichen der Neurowissenschaften und Psychologie wurde mir nach und nach klar, dass dies alles nicht mein Einzel-Schicksal ist, sondern dass dies die Lebens- und Entwicklungsthemen von uns allen sind, die sich uns früher oder später zeigen. – Jedem zu seiner Zeit.
Und immer mehr erkannte ich, dass es sehr wohl die Möglichkeit gibt, nicht nur den Körper, sondern auch den Geist selbst zu heilen und dass es hier nur der Disziplin, sowie eines mentalen Trainings bedarf. Also wurden Meditation, Achtsamkeit und „Gedanken-Hygiene“ wichtig für mich. Und schon bald stellte ich fest: Mein Stresslevel ließ tatsächlich nach. Das passierte zwar nicht von heute auf morgen, sondern bedurfte regelmäßigen Trainings. Und natürlich gab es auch Zeiten, in denen es wieder Rückfälle gab. Doch sie wurden immer weniger, weil ich inzwischen wusste, wie ich mir helfen kann ein solches Tal der Tränen auch wieder zu überwinden. Das Wichtigste und Befreiende hierbei war, dass ich wieder handlungsfähig wurde. Das Schreiben half mir, mir das Erlebte noch einmal in meinem Tempo und auf meine Art anzuschauen, daraus zu lernen und es letztlich als eine Erfahrung anzunehmen. Ich entdeckte, wie wohltuend es war, Dinge in Worte zu kleiden, von denen ich ursprünglich annahm, dass es dafür keine Worte gibt. Während des Schreibens war ich plötzlich nicht mehr allein. Das Gefühl der Einsamkeit veränderte sich. Ich brauchte schmerzvolle Gefühle nicht mehr länger wegzusperren. Hatte endlich einen geduldigen Zuhörer gefunden. Dem Papier konnte ich einfach alles anvertrauen. Es sprach nicht mit anderen Personen über mich. Es verletzte mich nicht. Mit dem Schreiben bekam ich Abstand zu meiner eigenen Geschichte. Konnte mich besser aus meinem „Grübelzwang“ befreien. Schreibend erleichterte sich mein Herz. Mein Innerstes bahnte sich einen neuen Weg. Im Prozess des Schreibens kam ich mir wieder nah. War ich fürs Erste unfähig und blockiert meine Gedanken und Gefühle (Trauer, Schmerz, Wut, Ärger etc.) sprachlich auszudrücken, so fand ich über die Schriftsprache Unterstützung und Halt. Hier konnte ich mich sicher fühlen. Im Grunde genommen gab mir Schreiben meine Stimme wieder. – Schreiben besitzt eine immense „Heilkraft“ für mich.
„Die letzte Freiheit, die ein Mensch besitzt,
ist die Entscheidung, die Dinge anders zu sehen.
Jedes Leben hat sein Maß an Leid.
Manchmal bewirkt eben dies unser Erwachen.“
Viktor Frankl
Viktor Frankl, der es in der schlimmsten Situation seines Lebens vermochte, aus einem anderen Blickwinkel heraus auf all das zu schauen, was ihm im Holocaust widerfuhr, hat mich zusätzlich inspiriert, ebenfalls aus einer ganz anderen Perspektive heraus auf all meine Lebensthemen (beruflich wie privat) und die Symptomsprache meines Körpers zu schauen.
Sein Buch … trotzdem Ja zum Leben sagen: Ein Psychologe erlebt das Konzentrationslager, Kösel Verlag, half mir wieder neugierig und offen zu werden für das, was mir die Lektionen meines Lebens mitzuteilen hatten. Und da uns wichtige Botschaften meist nie allein erreichen, kamen gleichzeitig mit der Lektüre dieses Buches folgende Worte Buddhas in mein Leben. Und so kristallisierte sich nach und nach mein neuer Denkansatz heraus:
Okay, die Situation ist, wie sie ist. Du kannst augenblicklich nichts daran ändern.
Nimm die Gegebenheiten so an, wie sie sind, und mache das Beste daraus.
Nutze die Zeit und frage dich stattdessen: Wann hat es angefangen anders zu werden? – Was war das auslösende Moment?
Welche Menschen waren daran beteiligt? – Was hat es mit dir gemacht? – Wie hast du reagiert? – Wie hast du dich dabei gefühlt?
Welche Konsequenzen hast du daraus gezogen? – Hast du konsequent danach gehandelt oder nicht? – Was hat dich daran gehindert konsequent zu sein?
Was hält dich in der Situation? – Wovor hast du Angst?
Wo warst du dir selbst gegenüber untreu? – Wo hast du dich verloren?
Gehe in diese Zeit, in diese Situation zurück und schau dir an, was zeitgleich, aber auch in den Jahren davor bereits an Veränderung geschah.
Notiere dir alles, was kommt, sowohl beruflich als auch privat. Benenne die Fakten.
Erkennst du bestimmte Zusammenhänge?
Gibt es ein bestimmtes Verhaltensmuster bei dir, bei anderen?
Was würdest du deiner besten Freundin raten, wenn nicht du, sondern sie in dieser Situation wäre? – Welche Hilfestellung würdest du ihr geben?
Was kann ein erster Schritt sein? – Welche Schritte sollten folgen?
Was brauchst du, um lösungsorientiert zu denken?
Was will dich das Ganze lehren? – Was gilt es zu begreifen?
Was ist das Positive daran? – Lerne dich darauf zu konzentrieren.
Wie kannst du deine Aufmerksamkeit so lenken und deine Gedanken so beeinflussen, dass du etwas Gutes in allem siehst?
Erlaube dir Fragen, Fragen, Fragen. Auch dann, wenn die Antwort nicht sofort kommt.
Und um irgendwann wieder wie Phoenix aus der Asche aus der „alten“ Lebenssituation herausgehen zu können, wollte ich verstehen: Was sagen mir Burnout, Depression und Posttraumatische Belastungsstörung bzw. all die anderen Symptome? – Was habe ich zu begreifen? – Was habe ich zu lernen?
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Was sagen mir Burnout, Depression und Posttraumatische Belastungsstörung?
Welche Botschaft steht hinter einem Burnout, einer Depression und einer Posttraumatischen Belastungsstörung (= PTBS)? – Wenn ich diese Diagnose schon hinzunehmen hatte, so wollte ich doch wenigstens in Erfahrung bringen, was die tieferen Ursachen für Burnout, Depression und PTBS sind, bzw. was ich anhand meiner Thematik und Symptomatik über mich selbst zu lernen habe. Im Rahmen meiner Ausführungen werde ich aber bei weitem nicht auf alle meine Themen eingehen. Das würde den Rahmen dieses Buches sprengen. Ich konzentriere mich vornehmlich auf die Themenbereiche, von denen ich glaube, dass sie auch für Sie als Leser von Interesse sein könnten. Egal ob Sie selbst Betroffener/Betroffene sind, oder einer Ihrer Familienmitglieder, Freunde, Arbeitskollegen, Schutzbefohlenen …
Lassen Sie mich anhand der von mir gewählten Ausführungen Beispiele dafür geben, dass nichts in unserem Leben umsonst geschieht. – Nichts ist einfach so. Hinter allem verbirgt sich ein höherer Sinn. In allem steckt mehr oder weniger sichtbar eine wichtige Lernaufgabe, die es anzunehmen, zu begreifen und zu lösen gilt. Eine erste wichtige Hilfestellung, um den Sinn, die Sprache des Lebens bzw. ihre Symbolik besser zu verstehen, erhielt ich durch die beiden Bücher von Dr. Ruediger Dahlke Krankheit als Symbol, ein Handbuch der Psychosomatik, Symptome, Be-Deutung, Einlösung, C. Bertelsmann Verlag. Sowie weitere tiefe Einblicke durch sein Buch Krankheit als Sprache der Seele, Be-Deutung und Chance der Krankheitsbilder, 2. Auflage 2008, Goldmann Arkana Verlag, München.
Was sagt mir das Burnout?
Was gilt es zu wissen, zu begreifen, zu verstehen, damit Heilung geschieht? Burnout hat viele Gesichter und – wie in meinem Fall – liegt oft eine versteckte Depression dahinter. Burnout und die tiefe Traurigkeit der Seele gehören zusammen wie Geschwister. Viele Menschen suchen Grenzerfahrungen, indem sie sich nicht erlauben, schwach zu sein. Sie halten durch, obwohl ihr Akku schon lange „ROT“ blinkt. Doch sich selbst aus den Mühlen des Alltags herauszunehmen und Lebensveränderungen anzugehen, die mitunter schon längst überfällig sind, kostet sehr viel Mut. – Mut, den ich damals so nicht hatte. Doch diesen Mut zur Verbesserung der eigenen Situation aufzubringen und lebensverändernde Maßnahmen anzustreben, ist sehr wichtig, hat dies letztlich doch auch sehr viel mit Selbstrespekt, Selbstwertschätzung und Selbstliebe zu tun. Wenn wir spüren, dass unsere Seele weint, tut sie dies nicht erst seit gestern. In aller Regel haben wir dann schon viel zu lange versucht, Stärke zu zeigen, obwohl wir uns innerlich schwach fühlten. Sich leer und ausgebrannt zu fühlen ist ein Zeichen der Frustration und Erschöpfung. Meistens verursacht durch zu viel Stress.
Warnzeichen von Burnout sind z. B. eine hohe Arbeitsaktivität, wobei man sich immer mehr zwingen muss, die Erwartungen (die eigenen und die der anderen) zu erfüllen, weil die Kraftreserven schnell erschöpft sind, bis man irgendwann nicht einmal mehr Energie für die eigenen Bedürfnisse hat. Rastlosigkeit, das Gefühl, nie Zeit zu haben, Vernachlässigung von privaten Dingen, Versagensängste, Schlafstörungen, Niedergeschlagenheit, ein gesteigertes Aggressionspotential bis hin zu Symptomen wie Herzstörungen, hoher Blutdruck, Kopfschmerzen oder Tinnitus. Um nur einige Symptome von Burnout zu nennen. Man fühlt sich nur noch unendlich schwach und hat dennoch keine andere Chance, als diese Schwäche im Außen nicht zu zeigen, denn gerade hier befürchtet man ja, dass das Zeigen von Schwäche von Nachteil sein könnte. – Irgendwann habe auch ich gemerkt, dass dieser Kreislauf meiner verschiedensten Beschwerden aus eigener Kraft nicht mehr durchbrochen werden kann. Aufgrund meines Versuchs durchzuhalten, obwohl ich tief in mir bereits ahnte, dass ich bald nicht mehr kann, kam es erst recht zu einem inneren Konflikt zwischen der „Ich muss stark sein, aber ich kann nicht mehr“-Präsenz in mir und meiner Seelenebene.
Wut, Ärger, Frust, Groll: Ich unterdrücke alles und schlucke viel zu viel. Immer wieder versäume ich es, meine Bedürfnisse durchzusetzen und meine Wahrheit auszusprechen. Viel zu oft unterlasse ich es klare Grenzen zu setzen und entschieden „Nein“ zu sagen. Ich definiere mich im Grunde genommen nur noch über die Anerkennung und Wertschätzung meiner Leistung. Lebe ich um zu arbeiten, oder arbeite ich um zu leben? – Verwirkliche ich mich mit all dem denn eigentlich selbst? – Lebe ich überhaupt mich selbst? – Mein wahres, authentisches Selbst? Warum habe ich so viel Angst davor, außerhalb meiner Arbeit ein Nichts zu sein, dass ich mit panischer Angst an allem festhalte, obwohl Loslassen das Mittel der Wahl zu sein scheint? Begehe ich mit all dem einen Verrat an meinem Herzen, einen Verrat an meiner Seele, weil mir der Wert meiner selbst viel zu wenig bewusst ist? – Was habe ich zu lernen?
„So sehr du auch suchst, du wirst in diesem
grenzenlosen Universum niemanden finden,
der deine Liebe so sehr verdient wie du selbst.“
Buddha
Was lehrt mich die Depression?
Befinden wir uns in einem gesunden, natürlichen Zustand, fließt eine Menge Energie, Lebenskraft, Chi durch uns hindurch. Positive, freudvolle, lichtvolle, liebevolle Gedanken halten unsere Energiebahnen offen und ermöglichen es so, dass unsere Energie ungehindert fließt. Werden unsere Energiebahnen hingegen durch vermehrt negative Erfahrungen und die damit einhergehenden Gefühle wie Wut, Hass, Neid, Kummer, Groll etc. blockiert, fühlen wir uns mit der Zeit immer lustloser, hilfloser, vor allem aber auch machtloser. Hält dieser Zustand von negativen Gefühlen dann auch noch über einen längeren Zeitraum hinweg an, öffnen wir uns nach und nach unbewusst immer mehr den schweren und düsteren Gedanken und verfallen so in die Depression. Was wir während der Depression dann vor allem spüren, sind, neben der Angst und den Sorgen, vor allem Gefühle von tiefer Verzweiflung, von Ohnmacht, von Hoffnungslosigkeit und Hilflosigkeit. Auch bei mir war es diese Mischung aus Ängsten, Sorgen, emotionaler Anspannung, eine tiefe Einsamkeit, der Verlust von Geborgenheit und Sicherheit, das Gefühl nicht mehr geliebt zu sein, das Gefühl von Ohnmacht und Scham, die Schmach und Schande des Betrogen-Worden-Seins, sowie eine Vielzahl körperlicher Symptome, die meine Gesundheit nach und nach untergruben und mir sehr viel meiner Lebens-Energie raubten.
Alles schien mich einfach nur noch zu erdrücken. Die nervliche Anspannung aufgrund all der Lebensthemen, die sich mir in den letzten sieben Jahren zeigten, war so groß, dass ich nachts wach lag und grübelte und grübelte und grübelte und infolgedessen nicht mehr entspannt und gelassen in den Tag gehen konnte. Im Grunde genommen stand ich über einen sehr langen Zeitraum hinweg unter Dauerstress. Körperlich und nervlich war ich vollkommen am Ende. Spürte nur noch tiefste Verzweiflung. Zum einen ob meiner eigenen, ganz persönlichen Situation. Zum anderen aber auch, weil ich wie ein Schwamm zusätzlich auch noch so viel schwere Energie anderer Menschen in meiner Umgebung aufgenommen hatte und deren Sorgen und Probleme irgendwie mit zu den meinen machte. Ich konnte zu all dem nicht mehr auf Abstand gehen. Es dauerte seine Zeit, bis mir überhaupt bewusstwurde, dass ich die Energie, die Schwingungen, die Stimmungen und Gefühle anderer Menschen sehr stark wahrnahm und dass ich auf diese Fremd-Energien zusätzlich reagierte, so dass ich zu manchen Zeiten allein schon dadurch „erschöpft“ war, dass ich mich mit diesen Menschen in einem Raum aufhielt. – Doch später dazu dann mehr.
Zeiten der Unruhe und des Umbruchs bieten Gelegenheit zu wachsen und zu lernen.
In der Zeit meiner Genesung lernte ich, dass ein Mensch, der seine Gefühle ständig unterdrückt, oft in tiefe Depression verfällt, weil er sich letztlich seinen Problemen und den Gefühlen daraus nicht stellt, weil er sie nur unterdrückt und versteckt. Mit Hilfe der Depression drücken wir dann aus, dass es uns sicherer erscheint, bestimmte Dinge auf sich beruhen zu lassen. Doch „aufgeschoben“ ist nicht „aufgehoben“. Nur weil die Probleme nicht mehr zu sehen sind, heißt das nicht, dass sie nicht mehr da sind.
Unsere Probleme – zum Beispiel die unterdrückten Gefühle des Verletzt-Seins, der Aggression, der Wut – lösen sich nur dadurch auf, dass wir sie anschauen und offen darüber kommunizieren. Ob wir es wollen oder nicht, aber im Laufe unseres Lebens erhalten wir vom Leben immer wieder Gelegenheit, der Wahrheit ins Gesicht zu schauen und zu erkennen, was wir bis dahin in unser Unterbewusstsein verdrängt haben, denn die Probleme führen im Unterbewusstsein so lange ein Schattendasein, bis wir sie uns bewusst anschauen und in unser Leben integrieren. – Und sobald wir das Problem einmal gelöst haben, ist es für immer verschwunden.
Werden also Emotionen und die mit ihnen einhergehenden Energien nicht gelebt, so bauscht sich all das Unterdrückte in uns auf. Es raubt uns alle Energie. Saugt uns förmlich aus und führt uns auf direktem Weg in ein schon sehr früh erlerntes Opfer-Bewusstsein. In Folge davon leben wir leider nicht ausbalanciert. Soll heißen: Die weiblichen und männlichen Aspekte in uns sind nicht im Gleichgewicht. Wir leben vielleicht zu viel die linke Seite, unsere weibliche Seite (die angepasste, liebe, brave Eva). Es kann aber sein, dass bestimmte Lebenssituationen von uns verlangen, dass wir mehr die Kraft des starken Mannes bzw. der starken Frau (die Kriegerin, die Lilith, die Amazonin) in uns aktivieren sollten, um so besser aus dem Opfer-Modus auszusteigen und uns kraftvoll für unsere eigenen Bedürfnisse und Interessen einzusetzen. Erst wenn kein Teil (weiblich wie männlich) unterdrückt wird, lenken wir unser Leben auf eine autonome Weise. Dann können wir uns in allem, was da ist, selbst erleben und können unser Leben und unsere Liebe mit anderen teilen. Es bedarf einer stabilen Basis in uns selbst. Es bedarf des Glaubens an uns selbst. Erst dann können wir unsere innere Sonne für uns selbst und andere strahlen lassen.
Wenn wir so leben, dann lassen wir uns nicht länger von Gefühlen, Emotionen und Einflüssen von außen umwerfen. Wir erkennen frühzeitig, ob andere unsere Gefühle manipulieren. Und wir leben kraftvoller und machtvoller, denn wir investieren in unseren Glauben anstatt in unsere Ängste! – Doch wie finde ich nun von der Dysbalance, der Depression wieder zurück zu einem Mehr an Lebensfreude, Harmonie, innerem Frieden, Gleichgewicht und Balance? – Was gilt es hier zu begreifen, zu verstehen?
Reduziere ich die Phase der Depression auf eine kurze Formel, dann verstehe ich heute darunter eine Zeit des Umbruchs, des Aufbruchs. Was ich gelernt habe, ist, dass die Depression ein deutliches Signal dafür ist, dass es notwendig ist, im Leben etwas grundlegend zu verändern, auch wenn wir uns zunächst noch so sehr dagegen wehren. Mit der Depression gilt es zu erkennen: Jetzt ist die Zeit, all das Alte loszulassen, was nicht mehr dem persönlichen Wachstum dient, und sich stattdessen für die persönliche Weiterentwicklung zu entscheiden. Und es ist Zeit, um in mehr Vertrauen und Liebe in sich selbst zu investieren und für sein Leben voll und ganz die Verantwortung zu übernehmen.
Außerdem gilt es zu erkennen, dass nichts im Leben einfach nur so geschieht. Alles – und damit auch unsere Vergangenheit ganz genau so wie sie war – hat seine Bedeutung und unterliegt einem höheren Sinn. Selbst die unangenehmsten Situationen und Erfahrungen, all die „dunklen“ Dinge, die eventuell geschehen sind, ziehen wir unbewusst an, damit wir aus ihnen lernen können. Ob es uns gefällt oder nicht: Jeder Mensch, jede Krankheit, jede Situation, die in unser Leben kommt, hat immer mit uns zu tun und dient letztlich unserem persönlichen Wachstum, auch wenn uns das nicht bewusst ist. Die Schule des Lebens will uns stets zu Diensten sein. Will uns in welcher Person und Gestalt auch immer „Lehrer/Lehrerin“ sein. Das Leben funktioniert auf diese sonderbare und gleichzeitig doch auch „wunderbare“ Weise. Es verhilft uns so zu unserer persönlichen Weiterentwicklung. Und dient letztlich damit unserer persönlichen Evolution. Unsere Seele lernt sehr viel durch den Schmerz der Erkenntnis. Ohne Schmerz keine Auseinandersetzung mit einem Problem. Ohne Auseinandersetzung mit dem Problem keine Phase der Reflexion. Ohne Reflexion keine Phase der Bewusstmachung. Ohne Bewusstmachung keine Phase der Erkenntnis. Ohne Erkenntnis keine Phase der Annahme des vermeintlichen Problems, das im Grunde genommen eine „Lernaufgabe“ ist. Ohne Annahme dieser Aufgabe keine Möglichkeit zur Transformation. Ohne Transformation keine weitere Phase in unserer Selbstentwicklung und Evolution.
Es gilt daher, uns der Aufgabe, die in einer bestimmten Herausforderung begründet ist, bewusst zu werden, uns unsere Probleme, Sorgen, Ängste, Krankheiten und Traumata anzuschauen, sie zu verarbeiten und sie loszulassen. Somit auch ein tradiertes und uraltes Opfer-Bewusstsein loszulassen. Sich mit unterdrückter Trauer und Wut bewusst auseinanderzusetzen. Sich mit der eigenen Sterblichkeit zu beschäftigen. Die Reise in die eigene Unterwelt zu wagen und bewusst in die Angst hineinzugehen. Sich vom Alltagsdruck zurückzuziehen, um Zeit für sich selbst zu haben. Viel gesünder, achtsamer und bewusster zu leben. Nicht mehr bloß zu funktionieren, sondern den eigenen wahren Kern zu leben.
Das ungeheure Potential unseres eigenen Schöpfergeistes zu erkennen. Zu begreifen, dass wir mit unserem Denken, unseren Worten und unserem Fühlen im Innen wie im Außen genau die Realität erschaffen, in der wir letztlich leben. Zu erkennen, dass wir mit der Art und Weise wie wir gelernt haben zu denken, zu fühlen und etwas zu bewerten, uns den Zustand von Disharmonie, Frust, Zerrissenheit und Krieg genauso selbst erschaffen wie ein Leben in Harmonie, Frieden, Wertschätzung, Respekt und Liebe.
Es gilt, an sich selbst zu glauben und mit der Liebe in Resonanz zu treten. In Harmonie und Frieden mit sich selbst zu sein. Mit jeder Faser des Seins anzuerkennen, dass es gut ist, dass ich bin wie ICH BIN, weil mich Gott genau so gemeint hat wie ich bin. Nicht länger irgendeine Kopie von „…“ zu sein, sondern sich auf die ureigene Individualität, auf das „Göttliche“ in uns selbst zu besinnen und so den Weg der Individuation zu gehen. Es gilt sich selbst Farbe und Struktur zu geben und damit dem Leben wieder mehr an Leuchtkraft und Leichtigkeit zu verleihen. Seinen eigenen individuellen Lebenssinn und Lebensinhalt zu finden und dabei den Weg der Seele zu gehen. Nicht mehr länger an sich selbst zu zweifeln, sondern ganz und gar aus dem Bewusstsein und Gefühl heraus zu leben: Ich kann das, denn ich bin ich selbst!
Es liegt allein an uns, Herr/Herrin, Gebieter/Gebieterin über unser Leben zu sein.
Werden wir dergestalt zum Meister/zur Meisterin über unser Denken, Fühlen, Sprechen, Handeln, so können wir bewusst jegliche Art von Veränderungen in unserem Leben, unserem Wirken und Sein herbeiführen. Können letztlich dann auch die entscheidenden Wandlungs- und Prozessabläufe ganz tief in unserem Selbst-Kern „aufrufen“, so dass bis in unser Zell-Bewusstsein und genetisches System hinein positive Veränderungen stattfinden können. Nur so können eine wirklich tiefe Heilung und Transformation geschehen.
Was hat mich die Depression noch gelehrt? Bei all der Literatur, die es zur Depression gibt, kommen die Ausführungen von Dr. Ruediger Dahlke am Treffendsten an die Beschreibung der Symptomatik heran, wie ich sie erlebt habe. Dr. Ruediger Dahlke schreibt in seinem Buch Krankheit als Symbol (S. 246 ff), dass bei einer Depression alle Körperebenen betroffen sein können. „Speziell das Gehirn im Sinne einer überzogenen Schutzreaktion in scheinbar aussichtsloser (Stress-)Situation.“ Auf der Symptomebene nennt er unter anderem das Thema der unterdrückten Aggression; Lebens-Energie, die gegen sich selbst gerichtet als Selbstmordtendenz, in Schuldgefühlen oder maskiert in Form verschiedener Symptombilder (larvierte Depression) zutage tritt; ein Mangel an Sinn und Inhalt im Leben bzw. ein fehlender Gefühlsbezug zum Leben; unterdrückte Trauer, ein Blockiert-Sein zwischen Wut und Trauer; Unterdrückung der Lebens-Energie an einem Wendepunkt des Lebens; Flucht vor dem Druck (De-pression im Sinne von De-kompression); die Unfähigkeit zu leben und zu sterben; eine unerlöste Form der Beschäftigung mit dem Sterben (Selbstmordgedanken) und mit dem „dunklen“ weiblichen Archetyp.
„Das Ja zu den eigenen Schwächen
ist der Königsweg zum Glück.“
Raphael Bonelli
Posttraumatische Belastungsstörung (= PTBS)
Ich bin schon lange nicht mehr ich selbst.
Ich kann andere besser fühlen als mich selbst.
Ich verliere mich in den Beziehungen zu anderen Menschen.
Ich kümmere mich zwar um andere, aber was ist mit mir?
Was macht mich überhaupt aus? – Wer bin ich?
Ich sehne mich danach, einfach nur noch ich selbst zu sein.
Jetzt habe ich auch noch die Diagnose Burnout, Depression, Posttraumatische Belastungsstörung. – Wo kommt letztere denn überhaupt her?
Bereits von Geburt an haben wir ein starkes biologisches Bedürfnis nach der Bindung zu unseren Eltern, vor allem zur Mutter. Nur dank ihrer Unterstützung, Feinfühligkeit und Verlässlichkeit können sich unser Urvertrauen, sowie unsere spätere Beziehungsfähigkeit ausreichend entwickeln. Verfügt die Mutter über eine feine Wahrnehmung hinsichtlich der Bedürfnisse des Kindes, sowie über Empathie (= Einfühlungsvermögen bzw. die Fähigkeit und Bereitschaft, Empfindungen, Emotionen, Gedanken, Motive und Persönlichkeitsmerkmale einer anderen Person zu erkennen), kann sich das Kind ungestört entwickeln.
Anhand von Tierversuchen konnte gezeigt werden, dass postnatale Trennungserlebnisse eine erhöhte Sekretion von CRH (Corticotropin-releasing Hormon), ACTH (Adrenocorticotropes Hormon) und Cortisol bewirken, da die Endorphinausschüttung im Gehirn durch Verlust des Körperkontaktes zur Mutter unterbrochen ist. Ähnliche Messergebnisse finden sich auch bei depressiven Patienten. Dieser damit einhergehende frühkindliche Stress führt – je nachdem wie langanhaltend die Trennung ist – im unreifen Gehirn des Säuglings zu einer erhöhten Empfindlichkeit der Hypothalamus-Hypophysen-Nebennierenrinden-Achse, sowie zu einer verminderten Ausbildung des Hippocampus durch erhöhte Glucokortikoidspiegel. Damit bedingen frühkindliche Traumata oder Stress eine Dysfunktion in der Ausbildung von Synapsen, Störungen bei sich entwickelnden Nervenzellen oder es kommt zu Beeinträchtigungen in der Ausdifferenzierung funktioneller Neuronenverbände (Amygdala, Hippocampus, anteriorer Gyrus cinguli, präfortaler Kortex). Vermutet wird eine spezifische Vulnerabilität im Bereich des limbischen Systems und des Hirnstamms der rechten Hirnhälfte, da Funktionen wie Bindungs- und Beziehungsverhalten, Affektregulation und Stressmodulation primär rechtshemisphärisch gesteuert werden. Sichere Bindungserfahrungen gelten demzufolge als Voraussetzung für eine effiziente neuronale Vernetzung und für die Balance der Stressachse im kindlichen Gehirn.1
In der Psychopathologie (= Lehre von den Leiden der Seele) können somit Bindungsdefizite eine mögliche Ursache für eine Erkrankung beim Erwachsenen sein. Neurowissenschaftliche Studien belegen heute, dass frühkindliche Erfahrungen an der Ausbildung des Netzwerkes an Neuronen im Gehirn maßgeblich beteiligt sind und unsere Persönlichkeit formen. Wird zum Beispiel ein zweijähriges Kind durch seine Bezugsperson des Öfteren lautstark getadelt, so wird dieser Reiz direkt in der Großhirnrinde verarbeitet. Ähnlich einer „Narbe“ schreibt sich diese Wahrnehmung unlöschbar im impliziten Gedächtnis fest (Priming) und führt unter Umständen selbst noch im Erwachsenenalter zu einer Angststörung oder zu einer unsicheren sozialen Kompetenz, ohne dass die betreffende Person um die eigentliche Ursache für eine solche Störung weiß. – Hat das Kind jedoch einen engen Körperkontakt zur Mutter, die sich ihm empathisch zuzuwenden vermag, entwickelt sich ein Beziehungsverhalten, das vom Kind positiv verinnerlicht wird. Diese inneren Gedächtnisinhalte (Repräsentanzen) durch frühe Beziehungserfahrungen sind so stark, dass ihre unbewusste Festschreibung in der Großhirnrinde unmittelbar über den Grad an Wohlbefinden, sowohl beim Kind als auch beim Erwachsenen, entscheidet. Heute ist bekannt, dass die ersten drei Lebensjahre und die mit ihr erfahrene Sozialisation maßgeblich mit der Ausbildung unseres neuronalen Netzwerkes im Gehirn zusammenhängen. Diese Struktur bestimmt letztlich sogar, wie wir unsere Beziehungen (Partnerschaften, Freunde …) suchen und gestalten. Ein Kind wird somit nur dann zu einer starken Persönlichkeit, wenn ihm seine Bezugspersonen immer wieder vermitteln, dass es gehört, gesehen und wahrgenommen wird, dass es nicht allein ist. Dass es gut ist, so wie es ist, weil es in seiner Art wertvoll und einzigartig ist. Dass es geliebt ist.