Kitabı oku: «Einfach alles teilen?», sayfa 5

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Hier hat die Gruppe das Sagen: das selbstverwaltete Wohnen

Nach der Planungs- und Bauphase – also in der Wohnphase – verwaltet, organisiert und bewirtschaftet die Gruppe das Projekt selbstbestimmt. Im Zentrum eines gemeinschaftlichen Wohnprojekts stehen die von allen genutzten Innen- wie Außenräume (z. B. Gemeinschaftsräume, Spielplätze, Gemeinschaftsgärten etc.) sowie Sharing-Angebote wie z. B. Car-Sharing oder Food-Coops. Es können auch Räume geschaffen werden, die öffentlich genutzt oder anderen Vereinen und Initiativen zur Verfügung gestellt werden.

In der Selbstorganisation spielen gegenseitige Unterstützung, Solidarität, Integration, Inklusion und häufig auch Klimaschutz eine große Rolle. In diesem Sinne können solche Wohnprojekte auch als Teil der Sustainable Development Goals (SDG) aufgefasst werden. Auch in der Transition-Towns-Bewegung des britischen Permakulturisten Rob Hopkins4 spielt die Idee des gemeinschaft-lichen Wohnens in nachhaltig gebauten und solidarisch organisierten Siedlungsgemeinschaften eine große Rolle.

Jetzt fragst du dich wahrscheinlich: Wie wird das Ganze finanziert? Auch hier gibt es viele verschiedene Herangehensweisen, die zeigen, welche nachhaltigen und kreativen Lösungen es abseits von Kredithaien und Co. gibt. Näheres dazu erzählen wir dir ab Seite 177.


› So kann kollektives Wohnen aussehen. Unser Start in den Tag: mit Kaffee auf der Bauwagen-Veranda und einem guten Gespräch.

Unsere Kollektivpartner*innen: Gemeinschaften und Hofkollektive in Österreich

Du hast nun also schon einiges über Kollektive gelernt. Und du hast wahrscheinlich erkannt: Es gibt ziemlich viele Arten von Kollektiven! Vereine, Betriebe, Genossenschaften, jegliche Zusammenschlüsse unter einem gemeinsamen, solidarischen Ziel … Die Art von Kollektivität, wie wir sie leben, geht gewissermaßen noch einen Schritt weiter. Denn: Wir leben in der Gemeinschaft und bewirtschaften zusammen einen Hof. Unser kollektiver Gedanke zieht sich nicht nur durch ein bestimmtes Vorhaben, sondern ganz existenziell durch unsere gemeinsamen Ziele, unser gemeinsames Leben und Schaffen. Wir teilen uns einen Lebensmittelpunkt. Diese Art und Weise des gemeinsamen, kollektiven Lebens ist in Österreich insgesamt nicht sehr verbreitet. In der Vergangenheit gab es, vor allem im Anschluss an die 68er-Bewegung, einige Versuche. Manche existierten für ein paar Jahre.

Kommune oder Kollektiv? Was das eine (nicht) mit dem anderen zu tun hat

Der bekannteste darunter war in Österreich wohl die Otto-Muehl-Kommune Friedrichshof. Lass uns gleich zu Beginn sagen: Was dort alles passiert ist und gelebt wurde, hat sehr wenig bis gar nichts mit dem zu tun, was wir hier und heute unter Gemeinschaft verstehen. Es würde zu weit führen, darauf im Detail einzugehen. Mit (vermutlich) besten Absichten versuchten die damaligen Menschen in kollektiven Zusammenhängen Schritte zu setzen, die mit dem vorherrschenden System brechen wollten.

Im Verlaufe ihres fast 20-jährigen Bestehens entfernte sich die Kommune von diesem ursprünglichen Gemeinschaftsgedanken, bis Muehl selbst eine immer destruktivere Herrschaft über das Projekt ausübte. Letztlich wurden gegen ihn zahlreiche Vorwürfe erhoben, er wurde strafrechtlich verurteilt. Wer Näheres dazu erfahren möchte: Zu diesem Thema kann ich einen sehr interessanten, kritischen Dokumentarfilm empfehlen: In „Meine keine Familie“5 berichtet der Regisseur Paul-Julien Robert von seinem Aufwachsen und Leben inmitten der Kommune.

Was wir dir damit jedenfalls und ganz klar verdeutlichen möchten: Wir wollen uns von dem Wort Kommune ganz bewusst abgrenzen. Nicht zuletzt, da dieser Begriff durch solche gescheiterten Beispiele aus der Vergangenheit wie die Otto-Muehl-Kommune stark gefärbt wurde. Sehr viele, vor allem Menschen älterer Generationen, assoziieren dieses Wort sofort damit, was damals und dort passiert ist.

Stattdessen verwenden wir die Bezeichnung Kollektiv: Sie bezieht sich auf eine Zusammenarbeit auf Augenhöhe, gleichwertiges Stimmrecht, Konsensentscheidungen. Hier gibt es keinen Guru an der Spitze. Es ist ein Ausdruck, der sich vor allem in der anarchistischen Bewegung durchgesetzt hat. In dieser verorten auch wir uns. Das Hofkollektiv ist demnach ein Kollektiv, das einen Bauernhof bewohnt und bewirtschaftet.

Diese Bezeichnung hat sich für ähnliche Orte wie das Wieserhoisl in Österreich im Moment durchgesetzt. Synonym dazu wird der Begriff Gemeinschaft verwendet. Als Kommune bezeichnen sich unseres Wissens keine aktuellen oder neuen Projekte – eben weil dieser Begriff im Verlaufe der Zeit eine bestimmte ungünstige und auf uns und andere nicht zutreffende Konnotation erhalten hat.


Anarchie in … wenigen Worten erklärt


Es gibt viele Missverständnisse dazu, was der Begriff Anarchismus wirklich bedeutet. Viele denken, wenn sie das Wort Anarchist*innen hören, an Umstürzler*innen, die die Welt ins Chaos befördern möchten. Das ist nicht korrekt, zumal sich der Begriff primär auf eine ideologische Ebene bezieht und eine friedvolle Umsetzung jeder gewaltvoll-aktionistischen Herangehensweise vorzieht. Anarchismus bezeichnet eine bestimmte politische Philosophie, die davon ausgeht, dass jegliche Art von Hierarchie die Menschen in ihrer persönlichen Freiheit beschränkt und somit unterdrückt. Gefordert werden eine Aufhebung hierarchischer Strukturen und damit eine hohe Selbstverantwortung der Individuen. Anhänger*innen des Anarchismus stehen also für Gleichheit, Gleichberechtigung und Selbstbestimmung ein. Sie verurteilen den staatlich sanktionierten kapitalistischen Konkurrenzkampf eines „Jede*r gegen jede*n“, der soziale Ungerechtigkeiten fördert und eine kleine Elite immer reicher werden lässt, während die Mehrheit zunehmend verarmt.

Longo maï – unsere Wegweiser und Wegbegleiter

Die einzige Gemeinschaft, die es seit der Zeit der Alternativbewegungen in den 1970er-Jahren in Österreich noch immer gibt, ist ein Kollektiv, das Teil der weltweit tätigen Gemeinschaft Longo maï ist. Diese wurde 1973 in Basel gegründet. Die erste Kooperative entstand in der französischen Provence. Aus der Regionalsprache Provenzalisch stammt auch der Name für die Initiative. „Longo maï“ bedeutet so viel wie: Es möge lange dauern. Heute gibt es insgesamt 10 Kooperativen mit rund 200 Mitgliedern, die weltweit in 5 Ländern tätig sind: in Frankreich, der Schweiz, Deutschland, Österreich, der Ukraine und in Costa Rica. Sie sind alle über eine gemeinsame Stiftung verbunden und kooperieren in verschiedenen Bereichen miteinander. Einmal jährlich findet eine Vereinsversammlung statt. Zusätzlich zum Vorstand gibt es eine Finanzkommission, bestehend aus Mitgliedern aus den unterschiedlichen Kooperativen, diese trifft sich 3-mal jährlich.

Der Hof Stopar im kärntnerisch-slowenischen Bad Eisenkappel zählt zu den ältesten Longo-maï-Höfen. Das Kollektiv wurde im Jahr 1977 gegründet und feiert somit sein 45-jähriges Bestehen. Die Menschen am Hof Stopar waren für uns das greifbarste Beispiel einer Gemeinschaft in jener Form, die auch wir uns wünschten, vor allem in den Anfangsjahren. Und sie haben uns seit jeher unterstützt: Da gab es einen regen Austausch von Wissen und gegenseitiger Hilfe sowie gemeinsame landwirtschaftliche und politische Aktionen und Workshops. Inspiriert von ihren Erfahrungen schufen wir dann unser eigenes System.

Es gibt natürlich noch andere Wohn-, Lebens- und Arbeitsgemeinschaften in Österreich, die wir weniger gut kennen bzw. mit denen wir wenig bis gar nichts zu tun haben. Wir können in diesem Rahmen nicht auf alle eingehen. Im Folgenden möchten wir dir von Hofkollektiven erzählen, die eine ähnliche Vision verfolgen wie wir und mit denen wir in engem Kontakt stehen.

Vernetzen wir uns: andere Hofkollektive und wir

Das Jahr unserer Gründung, 2006, markiert einen Zeitpunkt, an dem es in Österreich schon lange zu keiner Neubildung von Hofkollektiven mehr gekommen war. Und auch einige Jahre nach uns ist nichts mehr passiert. Klar: Wir kannten viele Menschen, die sich mit Hofsuche und Gruppenbildung beschäftigten. Durch bürokratische Hürden, Probleme bei der Suche nach einer gemeinsamen Bleibe oder gruppeninterne Schwierigkeiten kam aber kein weiteres Hofkollektiv zustande.

Deswegen war unsere Freude umso größer, als nach längerer Zeit im Jahr 2012 die „Mühle Nikitsch“ im Burgenland und im Jahr 2014 das „Hofkollektiv Zwetschken“ in Niederösterreich gegründet wurden. 2017 folgte die größenmäßig bis jetzt ambitionierteste Gemeinschaft „Cambium – Leben in Gemeinschaft“ mit 50 Mitgliedern im Osten der Steiermark und im selben Jahr das „Hofkollektiv Weltenende“ gleich nebenan im Burgenland. Auch andere, kleinere Hofgruppen entstanden im selben Zeitraum.

Von Beginn an war unser Wunsch nach Vernetzung und Austausch mit jungen Menschen, die in ähnlichen Situationen leben, sehr groß. Nach den älteren Gruppierungen, die noch aus der Zeit der 68er-Bewegung stammten, waren wir eine neue Generation von Kollektiven. Wir hatten teilweise andere Beweggründe, unser Aufwachsen und unsere Kindheiten unterschieden sich sehr stark von denen der vorherigen Generation. Und nicht zu vergessen: Wir standen vor ganz anderen, neuen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Herausforderungen. Gleichzeitig besitzen ältere Gemeinschaften eine Erfahrung und Expertise, die für uns von unschätzbarem Wert sind. Für heutige Gemeinschaften gilt es, Altbewährtes mit neuen Lösungen zu kombinieren und zu erarbeiten.

Lass uns gemeinsame Sache machen: Vernetzungstreffen

Dabei ist der direkte Erfahrungsaustausch zwischen Kollektivmitgliedern verschiedener Gemeinschaften und Orte sehr hilfreich. Was haben wir also getan? Genau: Mit dieser Motivation haben wir 2010 ein solches Vernetzungstreffen organisiert. Das „Hoko-Treffen“ am Wieserhoisl wurde als Info-Veranstaltung konzipiert, bei dem wir unsere Erfahrungen teilten und über allgemeinere Themen sprechen wollten – und brachte insgesamt 35 interessierte Menschen zusammen. Darunter fanden sich vor allem kollektiv-interessierte Teilnehmer*innen, die noch auf der Suche waren. Daneben waren auch kollektiv-erfahrene Personen dabei, manche wohnten bereits in einem Kollektiv und erzählten davon, was sie darin alles erlebten.

Du kannst dir gar nicht vorstellen, was für ein herzliches, hochspannendes und gemeinschaftsbildendes Treffen das war: Über ein ganzes Wochenende belagerten wir sämtliche Räumlichkeiten des Wieserhoisl-Hofes und setzten uns mit den unterschiedlichsten Aspekten des Lebens in einer Gemeinschaft auseinander. Was spricht für das Leben in der Gemeinschaft? Was muss mensch dabei beachten, worauf kommt es an, was ist manchmal anstrengend? Das Ergebnis nach drei intensiven Tagen: Unter den Interessierten formierten sich mehrere Gruppen, um gemeinsam auf Hofsuche zu gehen.

Eine langjährige Freundin erinnert sich an das erste Kennenlernen am „Hoko-Treffen“ zurück:

„Ich bin angekommen und konnte sofort an das Organisieren anknüpfen. Es war so ein einfaches, schönes Ankommen, das hat mich sehr beeindruckt und geprägt. Mit sehr viel Wärme. Was mich dabei auch sehr stark beeindruckt hat, war, dass ich vordergründig Frauen* als organisierende, Raum gebende Menschen wahrgenommen habe. Es hat sich angefühlt, als würde ich in meiner Großfamilie ankommen.“


› Teilen statt egoistisch handeln, Solidarität statt Konkurrenz – ein Grundgedanke des Kollektivwesens.

Im Jahr 2014 initiierte das Hofkollektiv Zwetschken, inspiriert von der gleichnamigen Initiative aus Deutschland, das „Losgeht’s-Treffen“ bei sich am Hof im Waldviertel. Alle damals österreichweit bestehenden Kollektive und andere motivierte, kollektivnahe Menschen wirkten mit. Das explizite Ziel des Treffens war es, Interessierte über bestehende Kollektive und deren Funktionsweise zu informieren. Es war eine sehr bunte, lustige, informative und spannende Veranstaltung mit ungefähr 60 Teilnehmenden.

Wir und die anderen: Austausch mit befreundeten Hofkollektiven

Das war auch das erste Mal, dass die drei bis dato bestehenden selbstverwalteten Hofkollektive – die Mühle Nikitsch, das Hofkollektiv Zwetschken und wir – an einem Ort aufeinandertrafen. Endlich konnten wir uns in einen „richtigen“ Erfahrungsaustausch begeben, bei dem wir uns konkret mit Fragen, Antworten, den positiven wie negativen Seiten des Zusammenlebens beschäftigen konnten. In der Folge beschlossen wir mit neuem Elan, ein wiederkehrendes Treffen zu organisieren. Einmal jährlich sollte fortan das „Easy-Cheesy-Treffen“ stattfinden. Wir vereinbarten, uns jedes Jahr abwechselnd an einem der Höfe zu treffen, der zugleich die Hauptorganisation übernehmen soll.

Und jedes Jahr freuten wir uns auf diese Treffen. Mensch konnte sich über Abläufe, Probleme, einfach alles, was sich als Thema innerhalb des Kollektivs ergeben hat, unterhalten. Wie läuft das bei euch so? Wie löst ihr dieses und jenes Problem? Was funktioniert für euch am besten? Das ist deswegen so bereichernd, weil mensch dadurch einen Blick von außen gewinnt. Manchmal sind Situationen festgefahren, Routinen und Arbeitsweisen ineffizient geworden; im Kollektivleben ist mensch ständig mit neuen Herausforderungen und ungeplanten Entwicklungen konfrontiert. Ein Austausch mit Gleichgesinnten gibt eine völlig andere Perspektive darauf. Genauso konnten in den Gesprächen neue Ideen und Gedankenanstöße entstehen. Nicht zuletzt fand auch ein politischer Austausch statt. Das sind beflügelnde Augenblicke, wenn wir erkennen, dass wir in denselben Bereichen Schwierigkeiten haben, aber insgesamt auf dem für uns richtigen Weg sind.

In den letzten Jahren ist das „Easy-Cheesy“ etwas eingeschlafen. Das hat einerseits sicherlich damit zu tun, dass jedes Kollektiv schon sehr gefordert mit seinen eigenen Angelegenheiten ist. Das kann natürlich auch eine temporäre Erscheinung sein: Wenn intern viel los ist, hat mensch nicht so viel Motivation, sich nach außen zu vernetzen. Andererseits gibt es da natürlich noch das Platzproblem: Es ist gar nicht so einfach, eine immer wachsende Gruppe von inzwischen bereits knapp 35 Menschen an einem Ort zu vereinen und unterzubringen. Nicht zuletzt, da wir uns immer im Winter getroffen haben, damit die Termine nicht mit den Haupt-Hofarbeiten kollidieren. Da braucht jede*r ein warmes Plätzchen, und die Sofas bei uns in der Scheune oder das Kellerstöckl, die sich im Sommer zu einem wunderbar bequemen Bettenlager umfunktionieren lassen, kommen bei Minusgraden weniger gut als Schlafplatz infrage. Im Moment gibt es den Austausch über Erfahrungen und Herausforderungen in erster Linie über persönliche Freundschaften und Kontakte innerhalb der Kollektive: Wir telefonieren und schreiben uns regelmäßig.

Ich will was, das du nicht willst: Interessenkonflikt und Schwierigkeiten bei Kollektiv-Veranstaltungen

Bei den Kollektiv-Treffen erlebten wir aber auch immer wieder den Widerspruch zwischen den unterschiedlichen Wünschen und Bedürfnissen von Kollektivmitgliedern und Kollektivinteressierten. Während sich Erstere nach einem möglichst konkreten Erfahrungsaustausch sehnten, waren Letztere vor allem an einer informativen Veranstaltung mit Tipps für ihre Suche und eine potenzielle Gründung interessiert. Diese thematische und inhaltliche Diskrepanz wurde sehr schnell sichtbar, weswegen es für uns sinnvoll erschien, unterschiedliche Formate für die Treffen zu entwickeln. Mit unserem „Easy-Cheesy-Treffen“ möchten wir natürlich andere Kollektivambitionierte nicht ausschließen, nicht zuletzt, da es als einziges regelmäßiges Treffen natürlich Anknüpfungspunkte für Interessierte bietet. Aber es hat sich doch gezeigt, dass beide Gruppierungen zufriedener sind, wenn die Formate getrennt werden. Dann können die unterschiedlichen Bedürfnisse möglichst gut bedient werden.

Für alle, die sich für kollektives Leben interessieren, soll das also heißen: Bitte kontaktiert uns! Jedes (Hof-)Kollektiv freut sich, wenn Menschen an es herantreten, und jede*r gibt gerne seine*ihre Erfahrungen weiter oder hilft bei konkreten Fragen. Oft ist es vielleicht einfacher, sich direkt an einzelne Kollektive zu wenden. Andererseits ist natürlich jede*r gerne eingeladen, von sich aus ein Treffen oder eine Veranstaltung ins Rollen zu bringen – auch hierbei helfen wir natürlich gerne. Und nicht zuletzt gibt es die Möglichkeit, eine Zeitlang bei einem Kollektiv mitzuwirken, z. B. als Wwoofer *in (für mehr Infos schau auf Seite 252). Was es für Kollektivambitionierte für den Start zu berücksichtigen gibt, erfährst du auf Seite 52.

Weitere Schwierigkeiten bei den Treffen ergeben sich daraus, wenn die eigenen Ziele und die Ansprüche an das Treffen zu hoch gesteckt werden. Wir wollten sowohl zu verschiedenen inhaltlichen Themen gemeinsam Lösungen erarbeiten als auch mögliche weitere Kooperationsprojekte entwickeln. Ein Wochenende bietet da einfach zu wenig Zeit. Anliegen und Fragen, die sich seit dem letzten Treffen angesammelt haben, wollten besprochen und beantwortet werden. Gleichzeitig hatten wir so viele Ideen dazu, welche Veranstaltungen wir noch organisieren und welche Gemeinschaftsarbeiten wir noch angehen wollten. Wenn mensch sich vor allem auf die unmittelbaren Fragen des Kollektivlebens fokussiert, scheint ein informeller Austausch ohne Zwang angemessener zu sein. Wir stecken kollektiv bei ähnlichen oder gleichen Themen fest. Sich einfach zwanglos darüber auszutauschen erweitert die eigene Perspektive. Meistens kommen in solchen Gesprächen bereits Lösungsansätze, einfach andere Wege und Möglichkeiten, die zum selben Ziel führen sollen, in den eigenen Gedankenhorizont.

Für unsere Anliegen und Wünsche, die über die unmittelbare Kollektivarbeit hinausgehen, soll daneben natürlich ebenfalls noch Raum bleiben: Kooperationen, Veranstaltungen, Aktivismus … Wir wollen weiterhin öffentlich auf Missstände hinweisen, gegen das protestieren, was wir schlecht finden, und auf das hinweisen, was wir gut finden. Wir wollen uns mit anderen Kollektiven und kollektivnahen Menschen gemeinsam überlegen, wohin die Reise noch gehen könnte, weitere Möglichkeiten der Zusammenarbeit erkunden, unsere Idee des Gemeinwesens noch weiter nach außen tragen – sei es auf Pflanzenmärkten, im Gespräch mit vorbeiwandernden Menschen oder überhaupt mit allen, die sich für unser Tun interessieren. Die Zeit, um die Gesellschaft dazu anzuregen, über den Status Quo nachzudenken, ist jetzt. Und um ihr zu zeigen, wer wir sind und wofür wir stehen.

Das Kollektivwesen heute: Immer mehr Menschen schließen sich zusammen

Über die letzten Jahre hat sich die „kollektive Landschaft“ in Österreich also erheblich gewandelt. Während zum Zeitpunkt unserer Gründung nur ein anderes Hofkollektiv bestand und wir die Ersten waren, die seit langer Zeit neu starteten, gibt es inzwischen mehrere Lebensgemeinschaften und Hofkollektive, die in regem Austausch miteinander stehen. Plötzlich kam der Moment, an dem sich mehrere Gruppen gleichzeitig formierten und neue Orte im Kollektiv belebt wurden. Bei einem unserer Zusammentreffen kommentierte jemand dieses Phänomen so: „Wie die Pilze schießen jetzt die Kollektive aus dem Boden. Davor haben sie sich (wie das Myzel bei Pilzen) langsam im Untergrund formiert und ausgebreitet und plötzlich treten sie mehrfach in Erscheinung.“

Es gibt natürlich viele Hindernisse, die sich Kollektivwilligen auf der Reise in Richtung eines eigenen Hofkollektivs in den Weg stellen. Eine Zeit lang war die knappe Ressource „freie, erschwingliche Höfe“ (also der Mangel daran) ein ausschlaggebender Grund dafür, dass keine neuen Kollektive zustande kamen. Es haben sich Gruppen formiert, die sich theoretisch mit dem Leben im Kollektiv auseinandergesetzt haben und nach möglichen Plätzen suchten. Wir haben auch mitbekommen, dass sich Gruppen nach Jahren der Suche wieder aufgelöst haben, weil sie keinen passenden Ort gefunden haben und die Beteiligten dann beschlossen, in ihrem Leben andere Ziele weiterzuverfolgen. Die Energie dafür, das Vorhaben umzusetzen, ist schwer zu halten, wenn nicht irgendwann absehbar wird, dass mensch die Ideen auch verwirklichen kann.

Aus unserer persönlichen Beobachtung hängt die Aktivität der letzten Jahre insbesondere damit zusammen, dass junge Menschen in unserem Alter Höfe von ihren Großeltern oder Eltern übernehmen können. Da gibt es jetzt auf einmal viele mögliche Orte, die gemeinsam bezogen werden könnten. Ob und wie sich dann eine passende Gruppe dazu formiert, ist gar nicht so sicher. Manchmal stehen auch ganz klassische Themen rund um die Hofübergabe im Raum. Zum Beispiel sind Eltern oder Großeltern vielleicht nicht einverstanden damit, dass der Hof mit anderen zusammen weitergeführt wird. Manchmal ist alleine schon die Umstellung von konventioneller auf biologische Produktion eine Schwierigkeit. Es gibt also häufig das Problem, dass mensch als zusammengeschweißte Gruppe mit gleichen Zielen und Interessen keinen passenden Schaffensort findet. Und andererseits kann es sein, dass mensch als Hofübernehmer*in mit Kollektivambitionen keine Gleichgesinnten findet oder dass die familiären Hürden zu groß sind. Daneben gibt es natürlich noch die Möglichkeit, dass der gemeinsame Fokus fehlt. Manche Kollektive starten und verlieren sich schon nach kurzer Zeit in unauflösbaren Konflikten oder unüberwindbaren Herausforderungen.

Jedes Kollektiv in Österreich hat seine ganz individuelle Geschichte. Wir unterscheiden uns alle – sei es in der Zusammensetzung der Menschen oder der Ausrichtung im Hinblick auf die Tätigkeiten. Nicht zuletzt sind die Orte selbst sehr verschieden. Aber: Es gibt dieses große Gefühl des Zusammenhalts. Wir fühlen uns miteinander verbunden und teilen viele ähnliche Erfahrungen und Lebenssituationen. Und nicht zuletzt natürlich: die gemeinsame Vision von einer nachhaltigeren Welt.


› Zusammen leben, arbeiten, wirtschaften, teilen – klingt doch gar nicht so schlecht, oder?

Deine Checkliste zur Kollektivgründung

Du hast Bock darauf, dich mit anderen zusammenzuschließen? Oder kennst du vielleicht schon ein paar coole Menschen, mit denen du dir vorstellen könntest, das Abenteuer Kollektiv zu wagen? Hier haben wir ein paar Tipps für dich zusammengefasst, wie du dich auf den Weg dorthin machen kannst.

FINDET EURE CREW: Ja, unserer Meinung nach ist es tatsächlich am besten, wenn die Gruppe schon zu Beginn, also im ersten Schritt, zusammenfindet. Vielleicht hast du ja bereits Freund*innen, die eine ähnliche Vorstellung wie du haben? Oder du suchst noch nach Gleichgesinnten – dann schau dich auf Kollektivveranstaltungen oder in Internet-Gruppen oder -Foren um. Das Wichtigste am Kollektiv sind die Menschen, die es ausmachen. Es gilt, früh herauszufinden, ob eure Vorstellungen im Blick auf die Gruppe und eure Zukunft übereinstimmen – und ob es einfach menschlich zwischen euch passt.

LERNT DAS KOLLEKTIVWESEN KENNEN: Wer sich für die eigene Kollektivgründung interessiert, tritt am besten auch gleich mit anderen Kollektiven in Kontakt, z. B. bei Vernetzungstreffen oder einfach direkt über Mail oder Telefon. So kann mensch Tipps von Kollektiv-Erfahrenen einholen. Vielleicht erkennst du dann ja auch, dass es doch nichts für dich ist. Oder es bestärkt dich darin, den Weg weiter zu verfolgen.

ORGANISIERT EUER ZUSAMMENLEBEN: Es reicht nicht, einfach die gleichen Vorstellungen zu haben – wer sich unvorbereitet ins gemeinsame Leben stürzt, wird über kurz oder lang wahrscheinlich vor den Kopf gestoßen. Es braucht einen organisatorischen Rahmen. Das beginnt damit, eine Rechtsform (z. B. Verein oder Genossenschaft) zu wählen, die zu euch passt, um das Kollektiv zu gründen. Es empfiehlt sich auch, Überlegungen zur Entscheidungsstruktur und Besitzstruktur zu verschriftlichen. Wenn ihr eine gemeinsame Solidarökonomie verfolgen möchtet, bietet es sich an, Ein- und Ausstiegsverträge zu formulieren, in denen festgehalten wird, wie viel die Einzelnen einbringen bzw. wieder mitnehmen, sollten sie das Kollektiv verlassen.

FINDET EINEN SCHAFFENSORT: In der zeitlichen Abfolge verlaufen die Gruppenfindung, Kollektivgründung und Ortssuche oft parallel. Ein passendes Plätzchen zu finden, stellt sicher eines der größten Probleme dar. Mit Blick auf die Hofbewirtschaftung gibt es glücklicherweise inzwischen viele Online-Foren und -Börsen, in denen sich Hofanbieter*innen und -übernehmer*innen vernetzen können (schau auf Seite 255). Nähere Infos zu anderen kollektiven Wohnformen findest du auf Seite 41.

GEHT DIE FINANZIERUNG AN: Wollt ihr als Gruppe einen Hof übernehmen oder eine Liegenschaft mieten oder kaufen, geht es um große finanzielle Aufwendungen. Auch hier sei gut überlegt, welches Finanzierungsmodell am besten zu euch passt und wie ihr das gemeinsam am besten organisiert. Unterschiedliche bzw. bewährte Arten von Finanzierungsmöglichkeiten für das kollektive Leben (abseits des klassischen Bankkredits) stellen wir dir ab Seite 177 vor.

FINDET IMMER WIEDER ZUEINANDER: Es ist geschafft – ihr habt euch gegenseitig und einen Platz zum Leben gefunden? Wunderbar. Dann geht es nämlich erst wirklich los. Ja, du hast uns richtig gehört: Jetzt stellt sich heraus, ob alle Vorbereitungen Früchte tragen werden. Viele Gruppen brechen nach kurzer Zeit auseinander, weil sich herausstellt, dass die Mitglieder doch zu unterschiedliche Visionen haben. Unser Tipp: Lasst euch Zeit. Lernt euch kennen. Seid geduldig. Gerade in der Anfangsphase schwankt die Gemütslage zwischen dieser Euphorie, gemeinsam etwas geschaffen zu haben, den eigenen Weg eingeschlagen zu haben, und der Ungewohntheit des Kollektivlebens. Gebt euch die Zeit für die Eingewöhnungsphase. Findet heraus, was für euch am besten funktioniert. Eine offene und häufige Kommunikation ist essenziell. Findet Wege dafür, wie ihr die Kommunikation und Entscheidungsfindung gestalten könnt. Anpassungen an eurer Organisationsform sind immer wieder nötig und vor allem bei längerem Bestehen auch besonders wichtig für die Weiterentwicklung.

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