Kitabı oku: «Das Holly Summer Lesebuch», sayfa 21
Kapitel 2
Mit dem Kribbeln der Vorfreude im Bauch steigt Alexa in ihren Wagen und fährt nach Hause. Sie muss jetzt noch schmunzeln, als sie an Heathers Reaktion zurückdenkt. Ganz große Augen hat ihre Assistentin bekommen und sich mit einer überschwänglichen Umarmung bei Alexa bedankt. Alexa weiß, dass dies die Chance ist, auf die Heather wartet. Nun kann sie zeigen, was in ihr steckt.
Alexa parkt den Wagen in der Garage. Marc ist noch nicht zu Hause. Typisch. Dabei hatten sie sich mit William und Christabel im Golf- und Countryclub verabredet. Sie holt ihr Handy aus der Tasche, während sie das Auto verlässt, und ruft Marc an.
»Alexa, tut mir leid. Ich schaffe es nicht pünktlich. Fahr doch schon vor und sag William und Christabel, dass ich später nachkomme.«
Wie oft hat sie diesen Satz schon gehört? Aber gerade heute Abend wollte sie mit Marc über den neuen Auftrag reden. Außerdem hätte sie mit ihm gerne über die Reise gesprochen. »Verdammt, Marc, wird sich das denn nie ändern? Ich dachte, wir könnten auf dem Weg zum Goldclub noch einige Dinge besprechen.« Alexas Ton ist mehr als vorwurfsvoll.
»Schatz, versteh das doch. Ich kann hier nicht alles stehen und liegen lassen, nur weil wir Golfspielen gehen.«
»Darum geht es doch gar nicht. Aber ist okay. Wann wirst du da sein?« Resignation macht sich in Alexas Worten breit.
»Ich verspreche dir, ich komme so schnell wie möglich. Vielleicht nehmt ihr drei noch einen Drink an der Bar, bis ich bei euch bin.«
»Natürlich, die beiden verstehen das.«
»Ich hoffe, du verstehst es auch. Ich beeile mich. Ciao.«
Dann ist das Gespräch beendet. Alexa atmet einmal tief durch, dann geht sie ins Haus, um eine Dusche zu nehmen, bevor sie sich auf den Weg in den Club macht.
»Alexa, hier sind wir«, wird sie von weitem von ihrer Freundin begrüßt. Alexa betritt die Terrasse und winkt Christabel und William zu. Die beiden stehen mit einigen anderen Clubmitgliedern an einem der runden Tische und unterhalten sich.
»Wo ist Marc?«, fragt William, als sie bei der kleinen Gruppe ankommt und deutet ein paar Wangenküsse an. Dann wendet sie sich der wieder perfekt gestylten Christabel zu und begrüßt die Freundin genauso freundschaftlich wie William, bevor sie den anderen zunickt.
»Er hat es nicht pünktlich geschafft, aber versprochen, so schnell wie möglich nachzukommen.«
William schaut überrascht auf seine teure Armbanduhr und hebt die Augenbrauen. Als Kieferorthopäde kann er es sich leisten, seine Praxis zweimal die Woche bereits nachmittags zu schließen oder die Nachmittage frei zu nehmen. Wofür hat er denn seine Mitarbeiter?
»Ich sag ja immer, Marc hätte damals auf mich hören und ebenfalls Medizin studieren sollen, anstatt sich mit langweiligen Paragraphen und Wortklaubereien zu beschäftigen.«
»Es ist schon gut William«, unterbricht ihn seine Frau und runzelt die Stirn.
»Es kann eben nicht jeder sein Geld mit Nichtstun verdienen«, kontert Alexa und knufft ihm dabei freundschaftlich in den Arm.
»Ach, du glaubst, ich arbeite nicht genauso hart wie Marc?«
»Na ja, in der Regel schaust du den Kindern und Jugendlichen in den Mund und ziehst deren Eltern das Geld aus der Tasche.«
»Ach glaubst du? Und wie denkst du, kommt die Zahnspange in den Mund meiner Patienten?«
»Ach kommt schon, dafür hast du doch dein Personal«, stichelt Alexa weiter.
»Ja das habe ich. Aber das war nicht immer so.«
»Können wir jetzt das Thema wechseln?«, fragt Christabel leicht genervt.
»Natürlich, tut mir leid, ich wollte euch nicht die Laune verderben«, entschuldigt sich Alexa. Sie versteht selbst nicht, was in sie gefahren ist, William so aufzustacheln. Schließlich kann er nichts dafür, dass sie frustriert ist.
»Hattest du einen anstrengenden Tag?« Christabel versucht, die Situation zu entschärfen.
»Nicht mehr als sonst.«
»Du siehst müde und abgespannt aus. Du solltest dringend einen Termin bei deiner Kosmetikerin machen. Oder wir beide gönnen uns wieder mal einen Tag im Day Spa, was hältst du davon?«
»Klingt wirklich gut, aber mir fehlt die Zeit. Du hast Recht, ich bin in letzter Zeit tatsächlich etwas gestresst.«
»Ich bin auch fix und fertig. Heute hat sich eine neue Putzfrau vorgestellt und dann haben die Handwerker angefangen, das halbe Haus auf den Kopf zu stellen.« Dabei rollt sie die Augen und schüttelt den Kopf, als würde gleich die Welt untergehen. William wirkt gelangweilt.
Alexa muss sich ein Grinsen verkneifen. Christabel ist eine der Frauen, die ihr Studium abgebrochen haben, um direkt in den Hafen der Ehe einzulaufen. Sie hat nie einen richtigen Beruf ausgeübt.
Typisch Christabel, denkt Alexa. Manchmal versteht sie ihre Freundin überhaupt nicht. Sie ist nun mal die Frau eines erfolgreichen Mannes.
»Ein kleines Opfer, dafür habt ihr aber doch ein Traumhaus mit allem erdenklichen Luxus.«
»Du redest schon wie William.«
»Wie geht es denn den Kindern? Fühlt sich Edward wohl im Internat?«, wechselt Alexa das Thema.
»Oh ja, er ist Kapitän der Baseballmannschaft und seine Noten sind viel besser geworden.«
»Das ist doch schön. Dann hast du jetzt nur noch die Katzen und William zu versorgen.«
»Du vergisst, dass wir die Handwerker im Haus haben.«
»Ach ja, wie läuft die Renovierung denn?« Alexa heuchelt Interesse, dabei ist ihr klar, dass Christabel selbst keinen Finger rührt. Bei Christabel geht die Welt schon unter, wenn sich ihre Putzfrau krankmeldet und sie selbst mal Hand anlegen muss. Was für ihre künstlichen Fingernägel praktisch das Aus bedeutet.
»Sie haben heute erst angefangen. Aber ich sage dir, ich würde am liebsten in ein Hotel ziehen, bis alles fertig ist.«
»Warum tust du es nicht?«
»Würde ich ja, aber William ist dagegen. Er meint, wenn wir zu Hause sind, können wir die Arbeiten besser überwachen. Mit „wir“ meint er mich. Als ob ich nicht Besseres zu tun hätte, als ständig hinter den Handwerkern zu stehen.« Dabei wendet sie sich zu William und wirft ihm einen hämischen Blick zu.
Alexa muss lachen.
»Sag mal, wie läuft es denn mit deiner Assistentin? Heather heißt sie, oder?« Christabel steht die Neugier ins Gesicht geschrieben.
Alexa bestellt ein Mineralwasser und wendet sich dann wieder ihrer Freundin zu.
»Sehr gut. Sie ist wirklich engagiert. In den letzten Wochen haben wir auch privat viel Zeit zusammen verbracht.«
»Ach richtig, sie ist ja aus dem Norden hierher gezogen«, erinnert sich Christabel.
»Ja, sie kennt hier noch nicht viele Leute und wir haben sie unter unsere Fittiche genommen.«
»Ist sie nicht erst Anfang zwanzig?«
»25«, stellt Alexa klar.
»Ich könnte mir vorstellen, dass sie ganz andere Interessen hat als wir, oder?«
Wieder so ein unbewusster Seitenhieb von Christabel, der Alexa hart trifft. Wie sollte die Freundin auch wissen, was seit einiger Zeit in Alexa vorgeht? Sie hat es bisher vermieden, mit ihr darüber zu sprechen.
»Heather scheint sich mit uns zusammen sehr wohl zu fühlen. Freundschaft hat doch nichts mit dem Alter zu tun. Ich frage mich nur, warum wir Paul noch nie kennengelernt haben.«
»Paul? Wer ist das? Heathers Freund?«
»Hm, sie erwähnt ihn öfter, aber gesehen haben wir ihn noch nie.«
»Vielleicht hat sie ihn nur erfunden«, mutmaßt Christabel. »Oder er ist hässlich oder noch besser: Er ist peinlich.« Dabei zieht sie eine Grimasse.
»Das glaube ich nicht.«
»Na, wer weiß. Wenn du verliebt bist, stellst du doch deine bessere Hälfte in deinem Freundeskreis vor, oder nicht?«
Alexa denkt kurz über Christabels Worte nach.
»Ich habe keine Ahnung und solange sie das Thema nicht anschneidet, werde ich es auch nicht tun.«
»Hauptsache, sie macht sich nicht an Marc ran.«
Alexas Gesichtsausdruck wird starr.
»Hat man alles schon gehabt. Über die Ehefrau an den Mann«, redet Christabel unbeirrt weiter.
»Was du dir wieder zusammenspinnst.« Alexa kann nur noch mit dem Kopf schütteln. Manchmal geht Christabels Fantasie mit ihr durch.
»Tut mir leid. Natürlich würde Marc niemals mit einer anderen etwas anfangen. Du solltest dir nicht so viel Stress aufladen. Wir werden schließlich alle nicht jünger.«
Das sitzt. Entgeistert schaut Alexa die Freundin an.
»Was willst du damit sagen?«
»Na ja, es wird langsam Zeit, die schönen Dinge des Lebens zu genießen.« Geschickt windet sich Christabel aus ihrem Fauxpas, mit Geldausgeben kennt sie sich aus.
»Wenn du so anfängst, dann weiß ich schon, was kommt.«
Christabel grinst Alexa schelmisch an.
»Hey, das ist nicht fair. Weißt du, wie viele Stunden ich gestern im Internet verbracht habe, um für uns die perfekte Reise herauszusuchen?«
»Aber wir haben doch noch nichts Konkretes besprochen.«
Christabel winkt ab. »Wenn du diese Kreuzfahrt siehst, wirst du ausflippen. Ich habe die Unterlagen alle ausgedruckt.« Sofort lässt sie ihre Tasche von der Schulter gleiten und greift hinein.
»Da muss ich meiner Frau ausnahmsweise einmal recht geben«, mischt William sich wieder ins Gespräch.
»Wann soll das Ganze denn stattfinden?«
»Na ja, es ist schon kurzfristig. Aber wenn ihr beide euch zwei Wochen freischaufeln könntet, dann könnten wir schon in sechs Wochen in See stechen.«
»So bald schon? Da kann ich nicht.«
»Du hast es nicht mal versucht.« Christabel wirkt enttäuscht und legt die Unterlagen auf den Tisch. »Weißt du was, du nimmst die Unterlagen mit und besprichst alles in Ruhe mit Marc und deinem Chef.«
»Christabel, ich würde schon gerne und Urlaub haben Marc und ich dringend nötig. Aber wir fangen gerade eine neue Reportage an. Das ist ein größeres Projekt und braucht Zeit für Recherchen und dann ist ja auch noch unsere Silberhochzeit.«
»Ach, die Recherchen kann doch Heather erledigen. Wofür hat Lance sie denn eingestellt?«
»Nein, dieser Auftrag interessiert mich persönlich. Außerdem ist es ein Gemeinschaftsprojekt von Heather und mir.« Wie stellt sich Christabel das eigentlich vor? Alexa hat einen Job und Verantwortung. Gerade hat sie Lance zugesagt und jetzt soll sie das Feld räumen und Heather den Vorrang lassen? Auf keinen Fall!
Alexa greift zu den ausgedruckten Zetteln und schaut mit einem wehleidigen Auge darauf. Eine Reise durch Südamerika mit Start in Rio de Janeiro bis nach Feuerland. Es ist die Reise, die Patricia für sie bereits heute Mittag herausgesucht hat. Sie würden in den besten Hotels absteigen und den Karneval in Rio live miterleben. Nicht, dass sie nicht gerne mit Christabel und William zusammen ist. Doch diese Reise würde sie lieber nur mit Marc unternehmen. Mit ihm an ihrer Seite diesen faszinierenden Trip zu erleben, wäre eine wunderbare Erfahrung, die sie wieder zusammenschweißen könnte. Aber daraus wird nichts werden. Weder der Zeitpunkt noch ein Kreuzfahrtschiff könnten Marc überzeugen, mit ihr an Bord zu gehen.
»Muss ja mächtig interessant sein,« wirft William gelangweilt ein und hält weiter nach Marc Ausschau.
»Ist es auch.«
Jetzt wird William hellhörig und wendet seine Aufmerksamkeit wieder dem Gespräch der beiden Frauen zu.
»Ach ja, erzähl doch mal oder ist das noch topsecret? Wer hat denn wen betrogen, oder geht es um eine wirkliche Skandalgeschichte?« Er greift zu seinem Glas, führt es zu seinen Lippen und grinst süffisant.
»Nichts von alledem. Für Skandalgeschichten bin ich nicht zuständig. Ich schreibe im Bereich Lifestyle, falls du es vergessen hast. Aber wenn es dich wirklich interessiert: Es geht um Paare, deren sexuelles Verhalten und ihre Vorlieben. Ihre ganz persönlichen Eigenarten, wenn du so willst«, setzt sie hinzu, immer noch mit der Reiseroute beschäftigt. Alexa fühlt sich von William angegriffen. Er wertet ihre Arbeit bei der Zeitung ab. Nur weil sie sich gerade einen Scherz erlaubt hat, meint er, er müsse es ihr mit gleicher Münze heimzahlen. Sie ist schließlich nicht eine von den Klatschreporterinnen, die alles für eine skandalöse Story tun würden. Ihre Artikel sind weder schmierig noch anrüchig. Ganz im Gegenteil, sie sind aktuell und haben Stil.
»Okay«, sagt er ernüchtert und stellt sein leeres Glas ab. »Und ich dachte schon, es geht um etwas Spannendes.«
Jetzt hebt Alexa den Kopf und lässt die Blätter sinken. An Williams Reaktion kann sie erkennen, dass es nicht nur um gekränkte Eitelkeit geht. William hat scheinbar mit dem Thema Sex im Allgemeinen nicht mehr viel zu tun. Christabel räuspert sich verlegen.
»Vielleicht ist es für dich nicht besonders interessant. Aber es gibt Menschen, die lesen sicher gerne darüber.«
William zuckt nur mit den Achseln. »Sicher gibt es die. Besonders die Verklemmten, die holen sich bei deinem Artikel noch einen runter«, sagt er schmunzelnd und zieht damit Alexas Arbeit weiter in den Schmutz.
Alexa atmet angestrengt aus. »Das wohl eher nicht. Wir sollten über etwas anderes sprechen.« Sie versteht überhaupt nicht, was in William gefahren ist. Er, der sonst immer einen lockeren Spruch auf den Lippen hat, geht heute bei jedem Thema hoch. Alexa wird schnell klar, dass es keinen Zweck hat, mit William dieses Gespräch weiterzuführen. Er ist es scheinbar, der verklemmt ist. Auch für Christabel scheint das Gespräch in unangenehmen Bahnen zu verlaufen. Hilfesuchend schaut sie sich nach einer Ablenkung auf der Terrasse um, bevor sie sich wieder Alexa zuwendet.
»Was ist? Warum schaust du mich so merkwürdig an? Hab ich irgendetwas Falsches gesagt?« Alexa kann es kaum glauben, dass ihre Freunde so prüde sind. Christabel zieht Alexa ein Stück von William weg. »Da drüben habe ich Monica gesehen. Du entschuldigst uns kurz, Schatz«, sagt sie zu ihrem Mann, greift Alexa am Arm und drängt sie zu der imaginären Person auf die andere Seite der Terrasse.
»Was soll das denn?« Alexa bleibt stehen. »So kenne ich William überhaupt nicht.«
»Du darfst seine Worte nicht ernst nehmen. Er ist in letzter Zeit etwas launisch.«
»Launisch nennst du das?« Alexa kann es kaum fassen.
»Tut mir leid, aber William und ich, wir hatten schon ewig keinen ... na ja, du weißt schon.« Die Worte kommen Christabel schwer über die Lippen. Sie kann ihrer Freundin dabei kaum ins Gesicht sehen. Verlegen dreht sie sich leicht zur Seite, so als würde sie nach jemandem Ausschau halten.
»Sex?« Bei diesem Wort fliegt Christabels Blick regelrecht zu Alexa zurück, die jetzt wieder die volle Aufmerksamkeit ihrer Freundin genießt.
»Nicht so laut, ja.«
»Ich versteh nicht, warum man in seiner Gegenwart nicht darüber sprechen darf. Wir sind schließlich erwachsene Leute, die die Teenagerphase, in der Worte wie Sex eine Panikattacke auslösen, schon lange hinter uns gelassen haben. Außerdem hat er mich gefragt. Was ist denn bloß los mit ihm? Ich hätte nie gedacht, dass er so verklemmt ist, was dieses Thema angeht.«
Christabel wirkt bedrückt.
»Er ist auch nicht verklemmt. William gibt mir die Schuld daran, dass es bei uns im Bett nicht mehr harmoniert. Ach Alexa, wenn du wüsstest. Ich war froh, dass der Abend so gut begonnen hat und jetzt ...« Bedrückt verzieht sie das Gesicht. Solche Worte aus Christabels Mund zu hören, sind für Alexa Neuland.
»Was soll das heißen?«
Christabel legt die Arme um ihren Körper, als würde sie frieren und weicht Alexas Blick aus.
»Hey, was ist denn los?«
»Ich weiß auch nicht. Aber in letzter Zeit kommt William oft spät nach Hause. Er hat sich irgendwie verändert.« Wieder öffnet sich Christabel ihrer Freundin ein Stück mehr und gibt Dinge aus ihrem Eheleben preis, die in der Vergangenheit tabu waren.
»Das ist mir heute auch schon aufgefallen. Er war ja regelrecht gereizt. Egal welches Thema ich angeschlagen habe.«
»Da siehst du, was ich meine. Er redet nicht nur mit dir so herablassend und arrogant. Selbst mich behandelt er in letzter Zeit wie ein lästiges Insekt. Irgendetwas stimmt nicht mit ihm.«
»Hast du ihn mal darauf angesprochen?«
Christabel schüttelt den Kopf.
Alexa spürt, wie unangenehm ihrer Freundin das Thema ist. Es ist überhaupt ein Wunder, dass Christabel mit Alexa über ihre Probleme spricht. Es muss sie sehr belasten.
»Das solltest du aber tun.«
»Ich habe es ja versucht, aber er weicht mir aus. Kannst du dir vorstellen, dass es zwischen uns schon seit Wochen keine Zärtlichkeiten mehr gibt?« Leicht beschämt schaut sie auf den Boden und wischt mit der Schuhspitze ein trocknes Blatt zur Seite.
»Vielleicht ist er einfach zu sehr mit seiner Praxis beschäftigt oder es ist das Alter. Manche Männer haben in der zweiten Lebensphase Probleme mit der Erektion.« Alexa versucht, ihrer Freundin Mut zu machen.
»Nein, nein, das ist es nicht. Ich habe in seiner Praxis angerufen und da sagte man mir, er wäre bereits gegangen und auf dem Weg nach Hause. Aber da war er nicht. Kannst du mir sagen, wo er dann war?« Christabels trauriger Blick verleitet Alexa, die Hand auf ihren Rücken zu legen, um leicht darüberzustreichen, als wollte sie sagen: Das wird schon.
»Du glaubst also, er hat ein Verhältnis?«
Christabel zuckt die Schultern.
»Was sagt er denn dazu?«
Wieder ein Schulterzucken.
»Ich weiß es nicht und ich traue mich auch nicht, ihn darauf anzusprechen.«
»Christabel? Kann es sein, dass du vor der Wahrheit Angst hast?«
»Vielleicht. Er spricht nicht mehr mit mir wie früher. Er kommt mir irgendwie fremd vor.« Christabel scheint für eine Weile in Gedanken weit weg zu sein, bevor Alexa die unangenehme Pause unterbricht und weiterspricht.
»Warum hast du ihn nicht unter irgendeinem Vorwand angerufen?«
»Natürlich habe ich das versucht. Aber sein Handy war aus.«
»Und? Was hat er gesagt, wo er war?«
»Unterwegs, nichts Konkretes.« Christabel winkt ab. »Du glaubst doch nicht, dass ich ihn ausfrage. Das würde ja aussehen, als würde ich ihm misstrauen.«
»Tust du das denn nicht?«
»Vielleicht, aber nur, weil er mir so fremd ist und mich nicht mehr an sich ran lässt.«
»Über zuviel Zärtlichkeiten kann ich mich auch nicht beklagen. Aber das liegt daran, dass Marc beruflich sehr eingebunden ist«, gesteht Alexa.
»Ihr habt auch Probleme?«
»Probleme würde ich es nicht nennen. Ich habe das Gefühl, dass jeder nur noch mit seiner Welt beschäftigt ist.«
»Wenn es nur das wäre. Ich glaube, William betrügt mich.«
»Weil er nicht in der Praxis ist, wenn du anrufst?«
Die Freundin zuckt die Achseln. »Sicher bin ich mir nicht. Aber wie würdest du sein seltsames Verhalten sonst erklären?«
»Ich finde, du solltest auf jeden Fall mit ihm reden, bevor du falsche Schlüsse ziehst.«
»Wenn er nur nicht so verschlossen wäre. Irgendwie verändert.«
»Inwiefern?«
»Ich weiß nicht, wie ich es beschreiben soll.«
Alexa schaut ihre Freundin aufmerksam an.
»Es ist nur so eine Ahnung, aber er ist mit den Gedanken oft woanders. Er erzählt mir auch nicht mehr alles. Früher haben wir über unsere Probleme gesprochen. Doch jetzt hüllt er sich in Schweigen. Ich habe das Gefühl, er entgleitet mir immer mehr. Als würden wir nur noch nebeneinander herleben.«
»Christabel?«
Die Freundin schaut auf.
»Sei mir bitte nicht böse, wenn ich das sage, aber hast du schon mal darüber nachgedacht, einen Job anzunehmen?«
Völlig entgeistert öffnet Christabel den Mund und will protestieren, als sie von Alexa unterbrochen wird.
»Versteh mich bitte nicht falsch. Aber ich glaube, es würde dir die Bestätigung geben, die du jetzt brauchst. Außerdem würde es deinem Leben eine neue Richtung geben. Du bist doch nur auf William fixiert.«
»Wie stellst du dir das denn vor?«, fragt Christabel, überzeugt, dass sie diesen utopischen Gedanken ihrer Freundin niemals umsetzen kann. »Ich habe doch die letzten vierundzwanzig Jahre damit zugebracht, mich ausschließlich um die Kinder, das Haus und um William zu kümmern.«
»Genau das meinte ich. Es wird Zeit, mal an dich zu denken.«
»Ich habe doch überhaupt keine Berufserfahrung und dazu noch ein abgebrochenes Studium.«
»Du hast doch jahrelang die Buchhaltung in Williams Praxis geführt.«
»Das macht seit Neustem jemand anderes.«
»Na dann steht dir doch nichts mehr im Weg. Zufällig weiß ich, dass der Herausgeber der Woman Today jemanden sucht.«
»Ich weiß nicht.«
»Du könntest es dir zumindest mal anschauen.« Alexa greift in ihre Handtasche, holt ein Visitenkärtchen heraus und reicht es ihrer Freundin.
Christabels Blick ist in die Ferne gerichtet. Plötzlich fängt sie an, leise zu kichern. »Weißt du, dass es das erste Mal ist, dass wir beide über so ein Thema sprechen? Ich meine, wir führen gerade ein tiefgehendes Gespräch und nicht einen dieser belanglosen, oberflächlichen Smalltalks. Ich habe dir praktisch mein Herz ausgeschüttet. Dir meine geheimsten Gefühle offenbart.«
Alexa zieht leicht die Augenbrauen hoch und drückt Christabel an sich.
»Ich weiß und ich finde es gut. Und so schlimm ist es nun auch nicht, wie du tust. Du hast mir lediglich erklärt, dass du Bedenken hast, was Williams Treue dir gegenüber betrifft.«
»Na ja, normalerweise spreche ich nicht so offen über meine Probleme und Gefühle. Aber ich weiß, dass ich dir vertrauen kann.«
»Was denkst du denn von mir? Wir sind Freundinnen, natürlich kannst du mir vertrauen. Oder hast du das irgendwann einmal anders empfunden?«
»Natürlich nicht. Es hat gut getan, sich mal die Sorgen von der Seele reden zu können.«
»Das können wir gerne wiederholen. Wenn du mal jemanden zum Reden brauchst, ich bin da.«
»Das merke ich mir. Also gut, ich ruf da mal an, versprochen. Ich bin gespannt, was William dazu sagen wird, wenn ich plötzlich einen Job haben würde.«
»Hast du eine Ahnung, warum es bei euch soweit kommen konnte?« Alexa kommt noch einmal auf das eigentliche Thema zurück. Aber im Grunde geht es ihr nicht um die Beziehung ihrer Freundin, sondern ihr eigenes Glück.
»Na ja, erst waren da die Kinder und dann die neue Praxis. Irgendwie haben wir uns aus den Augen verloren. Ich will ihm nicht die Schuld geben. Es stimmt schon, dass ich andere Dinge in den Vordergrund gestellt habe. Sex ist mir nicht so wichtig. Das war es mir nie.«
Aus den Augen verloren! Ist es bei Marc und ihr nicht genau das Gleiche? Das letzte Mal Sex ist schon verdammt lange her.
»Weißt du, vielleicht will ich gerade aus diesem Grund diese Story machen.«
»Was hat das mit euch zu tun?«
»Kannst du dir das nicht denken? Ich will Marc wieder auf Kurs bringen, ganz einfach.«
»Und du glaubst, das klappt? Wie denn? Willst du ihn in einen Stripclub schleifen, damit ihn eine heiße Tussi an einer Poledancestange anmacht?« Jetzt lacht Christabel sarkastisch auf.
»Quatsch. Ich will selbst die Akteurin sein. Verstehst du?«
»Werde konkreter.« Jetzt hat Alexa ihre Freundin vollkommen aus der Reserve gelockt. Christabel nimmt die Maske ab, die sie jahrelang getragen hat.
»Also, diese Reihe befasst sich mit allen möglichen Sexpraktiken. Die Vorlieben, an welchen Orten man Sex hat und welche Sextoys die besten sind. Ich werde natürlich auch mal Swingerclubs und andere Etablissements besuchen und mit den Inhabern und Gästen sprechen.«
Einen Moment herrscht Schweigen. Dann schaut sich Christabel nach beiden Seiten um, um sicher zu gehen, nicht belauscht zu werden, bevor sie direkt auf den Punkt kommt.
»Du willst doch nicht ernsthaft in einem Swingerclub Sex haben?«
»Warum denn nicht?«
»Alexa! Das kannst du doch nicht machen. Mit wem denn?«
»So wie du das sagst, klingt es abwertend. Aber das ist es nicht. Es ist vollkommen normal.«
»Okay, für manche Leute mag das normal sein. Aber wir? Ich könnte mir nie vorstellen, es mit einem anderen Partner zu treiben.«
»Siehst du, genau deshalb schreibe ich diese Story. Darum geht es doch nicht. Wer sagt denn, dass du den Partner tauschen musst? Das wäre doch die Gelegenheit, William wieder näherzukommen. Mal was auszuprobieren, die Grenzen überschreiten. Hast du früher nie mal etwas Verbotenes getan?«
Die Freundin zuckt nur die Achseln.
»Sag bloß, du hast es nie im Freien getan oder auf der Toilette im Restaurant.« Alexa muss leise kichern, als sie sich an das eine Mal erinnert, als sie mit einem Typen tatsächlich einen Quickie in der Damentoilette eines Hotels hatte. Das war kurz, bevor sie Marc kennengelernt hatte.
»Du etwa?« Christabel wirkt schockiert.
Alexa nickt und kann nur schwer ihr Lachen unterdrücken.
»Ich glaube, ich habe einiges versäumt«, sagt Christabel und wirkt frustriert, wie sie so dasteht und Alexa anstarrt. »Und trotzdem, allein der Gedanke.« Sie schüttelt sich leicht.
»Was nicht ist, kann ja noch werden, oder?«
»Du bist verrückt. Ich könnte mich nicht vor anderen Leuten ausziehen und mich dann von meinem Mann vögeln lassen, wenn andere wie bei einer Fleischbeschau um mich herumstehen und mich mit ihren gierigen Blicken auffressen.« Angeekelt schüttelt sie sich ein noch einmal.
»Bürgerliche Zwangsvorstellungen, nichts weiter. Ich könnte es mir vorstellen.«
»Alexa! Ich bin schockiert. Weißt du, was du da redest?«
»Ganz genau.«
Christabel wirft Alexa einen argwöhnischen Blick zu und gibt ein leises Schnaufen von sich. »Ich weiß nicht, ob ich das könnte ... nein, nein, das könnte ich nicht«, sagt sie jetzt vollkommen überzeugt. Und doch scheint es, als hätte sie für einen kleinen Moment die Möglichkeit tatsächlich für sich in Betracht gezogen und darüber nachgedacht.
Alexa zieht leicht die Lippen nach oben. Christabel ist wie viele ihrer Freundinnen. Es kommt ihr nur auf die Meinung der Gesellschaft an. Bloß nicht unangenehm auffallen oder irgendetwas tun, was andere kritisieren könnten. Arme Christabel! Sie scheint gefangen in ihrer selbst gestalteten perfekten Welt. Immer schön in der Reihe tanzen.
Aber für Alexa kommt das nicht mehr in Frage. Dabei weiß sie genau, dass auch tief in Christabel eine Leidenschaft und Sehnsucht glüht, die nur darauf wartet, angefacht zu werden. Erst vor wenigen Minuten hat sie den ersten Schritt getan und sich Alexa anvertraut.
»Ich werde auf jeden Fall nicht mit ansehen, wie meine Ehe immer langweiliger wird und am Ende noch zugrunde geht. Ich will wieder Sex mit meinem Mann. Verdammt guten und versauten Sex. Und du solltest auch mal darüber nachdenken, was in eurer Beziehung falsch gelaufen ist und deinen William wieder einfangen.«
Jetzt fängt Christabel plötzlich an zu lachen.
»Was ist los? Warum lachst du?«
»Ich stelle mir gerade vor, wie William reagieren würde, wenn ich ihm vorschlage, es mit mir in einen Swingerclub zu treiben.«
»Warum versuchst du es nicht mal?«
Plötzlich verstummt Christabel und wird ernst.
»Du meinst das wirklich ernst, oder?«
»Klar.«
»Hey Schatz.«
Marc steht hinter Alexa und küsst sie in den Nacken. Alexa zuckt zusammen. Die Gelegenheit ist vorbei, das Gespräch noch weiterzuführen, und Alexa weiß, dass sie so schnell nicht wiederkommen wird.
»Mein Gott, hast du mich erschreckt.«
»So ein schlechtes Gewissen?«
»Natürlich nicht.«
»Hallo Christabel. Über was habt ihr gesprochen?«
»Nichts Wichtiges«, antwortet Alexa an Christabels Stelle und zwinkert ihrer Freundin zu.
»Das sah mir aber ganz anders aus.«
»Frauengespräche eben«, sagt Alexa grinsend zu ihrem Mann und stupst ihn leicht an.
»Wollen wir anfangen?«, fragt Marc und winkt William zu.
»Warum hast du Marc nichts gesagt?«, flüstert Christabel hinter vorgehaltener Hand Alexa zu, während sie den Rasen betreten.
»Ich finde, hier ist nicht der richtige Ort dafür. Aber sobald wir zu Hause sind, werde ich es tun.«
Alexa hakt sich bei Marc unter, der heute unverschämt gute Laune zu haben scheint, was ihr wiederum ein gewinnendes Lächeln ins Gesicht zaubert.