Kitabı oku: «Exit Covid!», sayfa 2

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Daran anschließend will ich die rechtliche Situation ausleuchten. Deutschland und Österreich sind moderne Verfassungsstaaten. Alles Recht geht daher auf die jeweiligen Verfassungsordnungen zurück, in Deutschland auf das Grundgesetz, in Österreich auf das Bundesverfassungsgesetz. Wir sind jedoch darüber hinaus Teil der Europäischen Union. Wir haben den europäischen Rechtsrahmen zu achten. Auch dieser kann Richtlinien vorgeben, die durch staatliches Recht nicht beeinträchtigt werden dürfen. Unsere Staaten haben sich dazu verpflichtet, das Rechtsregime nach der Charta der Grundrechte der Europäischen Union und der Europäischen Menschenrechtskonvention zu beachten.

Sämtliche dieser übergeordneten Rechtsordnungen gebieten einerseits den Schutz menschlichen Lebens, untersagen jedoch staatliche Eingriffe in dieses Recht, sofern solche nicht unmittelbar durch extreme Gefährdungen höherwertiger Rechtsgüter gefährdet werden. Steht die staatliche Ordnung auf dem Spiel, sind derartige Eingriffe zulässig. Fraglich ist im Zusammenhang mit Covid-19, ob dieses Pandemiegeschehen eine Durchbrechung individuellen Willens einer Person in Form einer Pflichtimpfung erlaubt. Eine Impfung durch Injektion ist zweifelsfrei ein Eingriff in die physische Integrität eines Menschen. Stimmt dieser nicht zu, braucht es schon eine sehr gute Begründung, um diese Integrität zu verletzen.

Ich werde zeigen, dass die Verhängung einer Impfpflicht während eines fortgesetzten und unkontrollierten pandemischen Geschehens bei stagnierender Impfbereitschaft grundsätzlich zulässig ist. Der Schutz des Lebens verpflichtet den Staat, in dramatischen Gefährdungslagen Schutzmaßnahmen zu treffen. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat schon deutlich gemacht, dass Umweltgefahren solche Eingriffe rechtfertigen, ja erforderlich machen können. Die derzeitige Phase der Pandemie ist ein Paradebeispiel für Gefahr in Verzug – handeln wir nicht, werden wir weitere Tausende Todesopfer erleben, die wir verhindern könnten. Sie erlaubt keine vernünftige Alternative: Abermalige konsequente Maßnahmen des Lockdowns, der Maskenpflicht und von Testungen würden unser alle Rechte erheblich beeinträchtigen – und letztlich ohne relevante Auswirkung bleiben. Mit einer hohen Durchimpfungsrate im Rücken, die nur durch Impfpflicht in absehbarer Zeit erreicht werden kann, besteht jedoch eine realistische Chance auf Herdenimmunität. Dann wäre das Infektionsgeschehen nachhaltig, hoffentlich endgültig eingedämmt.

Diese Interessensabwägung hat individuelle und allgemeine Interessen zu berücksichtigen. Die Letzteren überwiegen hier die möglichen der Einzelperson deutlich. Der Schutz schutzbedürftiger Personen (Risikogruppen und solche, für die keine Impfempfehlung oder -zulassung gilt) wiegt schwerer. Eine Impfpflicht ist daher rechtlich nicht nur möglich, sondern in der vorliegenden Ausnahmesituation sogar notwendig.

Aber wie verhält es sich auf moralisch-ethischer Ebene? In die Beurteilung auch dieser Fragestellung fließen Elemente mit ein, die deutlich über bloß individuelle Interessen hinausreichen. Wir alle haben unsere persönliche Meinung, ob wir grundsätzlich Impfungen an uns zulassen wollen oder nicht. Manche sind dazu sofort bereit, wenn ihnen der Nutzen plausibel erscheint. Early adopters gibt es auch im Impfbereich, wie die teilweise stürmische Nachfrage nach den neuartigen mRNA-Vakzinen zeigt. Andere wollen sich auf gar keinen Fall impfen lassen und befürchten nachteilige Auswirkungen auf den eigenen Körper. Wieder andere – ein Phänomen, das uns gerade nach den ersten Wellen von Covid-19 zu begleiten scheint – ziehen zurück oder verweigern sich; es sind doch genügend andere geimpft. Warum solle man, erfolgreiche/r Trittbrettfahrer*in, selbst ins mögliche Risiko gehen?

Ich will zunächst die wesentlichen ethischen Aspekte präsentieren, die in dieser Fragestellung mitschwingen. Immanuel Kant hat vor gut 200 Jahren die Pflichtenethik etabliert, die unserem mitteleuropäisch-neuzeitlichen Verständnis noch immer zugrunde liegt. Pflichtenethik heißt diese deswegen, weil sie Pflichten des Individuums festlegt. Kant folgert dies unmittelbar aus dem Begriff der Freiheit: Negative Freiheit (von äußeren Beschränkungen) ist die Basis, als deren positive Seite muss sich der Mensch jedoch selbst Beschränkungen auferlegen, um sich seinen Fähigkeiten, seinem Auftrag und dem Funktionieren der Gesellschaft würdig zu erweisen.

Etwas später haben Jeremy Bentham und John Stuart Mill auf der britischen Insel den Grundstein für den Konsequentialismus gelegt, der den anglo-amerikanischen Bereich bis heute dominiert. Dieser fragt nach dem Nutzen: Welche Handlung verspricht welchen Nutzen? Gut ist ein Verhalten dann, wenn es den Gesamtnutzen maximiert. Maximaler Nutzen für die maximale Personenanzahl entscheidet, so lautet hier die Devise.

Diese beiden Varianten bestimmen noch heute die Diskussion, auch wenn sie nicht ausdrücklich als Triebfedern benannt werden. Daneben sind die ethischen Theorien der Tugendethik nach Aristoteles, die dieser schon vor rund 2500 Jahren entwickelt hat (unsere menschlichen Tugenden, die wir uns erarbeitet haben und die wir Tag für Tag durch unser Handeln bestätigen müssen, haben unseren Charakter geprägt, der uns richtige Entscheidungen zu treffen erlaubt) und medizinethische Theorien vor allem nach Tom Beauchamp und James Childress (mit den Elementen Autonomie, Schadensvermeidung, Fürsorge und Gerechtigkeit) von Bedeutung.

Ich werde zum Ergebnis gelangen, dass aus moralischer Sicht eine Impfung nicht nur als sinnvoll erachtet werden sollte, sondern ethisch sogar erforderlich ist. Die Begründung läuft zu weiten Teilen analog der zuvor angeschnittenen rechtlichen, trifft aber auf eine breitere Basis. Das Recht sagt mir: Was muss ich tun? Die Moral gibt vor: Was soll ich tun? Diese Sollensanforderung ist umfassender als die rechtliche Verpflichtung, mit anderen Worten: Das Recht gibt jenes Verhalten vor, das ich setzen muss, um reibungslos mit anderen Menschen leben zu können. Recht ist daher mehr oder weniger die Verkörperung eines ethischen Minimums. Um richtige Handlungen im Sinne von moralisch guten zu setzen, reicht es aber nicht aus, sich bloß an die Rechtsordnung zu halten. Ein guter Mensch ist nicht nur rechtsbewusst, sondern rechtschaffen. Er hat eine moralisch wertvolle Einstellung und fügt sich nicht bloß der Autorität.

Wir werden die verschiedenen moralischen Aspekte abwägen. Wir werden nach Kant fragen, ob eine Impfpflicht in dieser pandemischen Ausnahmesituation gerechtfertigt, ja sogar geboten ist; mit dem Konsequentialismus, ob eine solche oder Impffreiheit den größten Nutzen für die größte Zahl bringt? Ob nach der modernen Medizinethik die Aspekte der Fürsorge für andere schutzbedürftige Personen, die auf andere Weise nicht geschützt werden können, der Gerechtigkeit (als Blindheit gegenüber materiellen Voraussetzungen) und der Schadensvermeidung nicht die individuelle Selbstbestimmung, die sich im Einzelfall gegen die Impfung entscheiden könnte, überwiegen?

Auch hier wird die Antwort wie schon vorweggenommen eindeutig ausfallen. Die herrschenden ethischen Theorien befürworten in der derzeitigen fortgeschrittenen Infektionsphase mangels anderer zumutbarer Alternativen eine Impf- plicht.

Dieser rechtliche und ethische Auftrag muss allerdings – noch – nicht zwangsläufig bedeuten, mit körperlicher Gewalt die Impfung einer dazu nicht bereiten Person vorzunehmen. In Extremfällen kann dies gerechtfertigt sein, jedoch sicherlich nicht als Regelfall. Ich werde dies eingehend diskutieren und zeigen, dass ein sanfter Druck auf verweigernde Kreise das erste Mittel der Wahl sein wird. Erst nach dessen Verpuffen, das wir schon weitgehend beobachten konnten, wird sich die Frage stellen, auf welche Art und Weise eine derartige Pflicht durchgesetzt werden kann. Immer ist jedoch der Maßstab der Verhältnismäßigkeit zu beachten.

Dieses Plädoyer will nicht polemisch sein. Ich muss zugestehen: Es fällt mir manchmal schwer, gegen absurde Behauptungen nicht zynisch zu werden. Auch ich bin ein Mensch, der beruflich – als Rechtsanwalt – mit dem Pandemiegeschehen auf die eine oder andere Art in Kontakt gekommen ist; viel einprägsamer ist allerdings noch meine persönliche Verstrickung. Ich habe Todesopfer im Bekannten- und Familienkreis zu beklagen.

Dieses Bewusstsein ist es auch, das mich antreibt. Es hat mich dazu veranlasst, dieses Buch zu schreiben. Ich sehe es als meinen persönlichen Auftrag, einer leider weit verbreiteten Indifferenz entgegenzutreten. Wir alle leben nun schon monatelang mit dramatischen Einschränkungen, teilweise sind wir in unserer finanziellen Existenz bedroht. Das ist mir nur zu bewusst. Keine/r von uns hat sich die Pandemie herbeigesehnt, auch nicht deren Folgen, die wir als zuvor unvorstellbaren Eingriff in unsere Rechte wahrnehmen. Dennoch ersuche ich zu berücksichtigen: Es ist die unvergleichliche Gesundheitskrise, die uns den Boden unter den Füßen wegzieht – und die leider scharfe Eindämmungsmaßnahmen erfordert.

Unsere Höchstgerichte sind tagtäglich damit beschäftigt, die einzelnen politischen Maßnahmen auf ihre Verhältnismäßigkeit zu prüfen. Es wäre sehr verwunderlich, wenn manche nicht tatsächlich als unverhältnismäßig aufgehoben werden würden (was ja auch schon geschehen ist). Das ist auch gut so – gerade in Zeiten des größten Drucks passieren Fehler, die aufgezeigt und korrigiert werden müssen. Die wohl schlimmsten Fehler macht aber derjenige, der gar nichts tut. Wie viele Todesopfer hätte Passivität gefordert? Ein Blick nach Brasilien, in die USA unter Trump, immer wieder nach Großbritannien und anfangs Schweden macht uns sicher, dass dies keine menschenwürdige Alternative gewesen sein würde.

Ich werde daher die Argumente für und gegen eine Impfpflicht ihrem wesentlichen Inhalt nach darstellen und fachlich gegeneinander abwägen. Ich werde dazu die aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisse heranziehen. Zur besseren Lesbarkeit werde ich im Text selbst die diesbezüglichen Quellen, vor allem Studien, nicht vollumfänglich zitieren. Bei Interesse ersuche ich Sie, sehr geehrte Leserin, sehr geehrter Leser, die Quellennachweise zu verfolgen. Ich habe im Anhang jeweils die Quelle der herangezogenen Information benannt. Hier habe ich mich ausschließlich auf vertrauenswürdige, ja soweit möglich gesicherte, verlassen.

Hier eine ausdrückliche Einschränkung meinerseits: Verschiedenste Thesen, die allgemein üblicherweise unter dem Siegel der Verschwörungsmythen firmieren, will ich nicht präsentieren. Dieses Buch steht im Zeichen von Vernunft und Verantwortung. Es wäre aus meiner Sicht höchst unvernünftig wie unverantwortlich, derartige teilweise groteske Quellen im Sinne einer false balance darzustellen. YouTube, Instagram und andere einschlägige Kanäle können das besser.

Ich denke, die aktuelle Entwicklung des Infektionsgeschehens in Form der kommenden Wellen lässt sich am sinnfälligsten mit dem nachstehenden Zitat der amerikanischen Bühnenberühmtheit Irwin Corey auf den Punkt bringen: „If we don’t change direction soon, we’ll end up where we’re going“.17

Wir haben es in der Hand, unser wie auch anderes mitmenschliches Leben zu schützen. Lassen Sie uns beginnen!

Covid-19: Die Fakten
Entstehung und Entwicklung

Covid-19, üblicherweise COVID-19 geschrieben, ist eine Infektionskrankheit. Auslöser ist das Virus SARS-CoV-2 aus der Gruppe der SARS-Viren.18 Diese wiederum gehören zur Familie der Coronaviren. Deren Name leitet sich vom lateinischen corona für Kranz, Krone ab und beschreibt deren äußeres Erscheinungsbild: Dieses erinnert an jenes unserer Sonne, deren Umrisse als Korona bezeichnet werden.19

Erstmals einer größeren Öffentlichkeit bekannt geworden sind die Begriffe SARS und Corona in den Jahren 2002 und 2003. SARS steht für schwerwiegende und akute Beeinträchtigung der Atmungsfunktion (severe acute respiratory syndrome-related coronavirus, Schweres Akutes Atemwegssyndrom). Die Viren SARS-CoV und CoV-1 haben nämlich die gleichlautende SARS-Pandemie ausgelöst, die ab Ende 2002 nach dem Ausbruch in China mehr als ein halbes Jahr lang über mehrere Dutzend Staaten hinweg ihr Infektionsgeschehen entfalten sollte. Knapp 800 offiziell gemeldete Todesfälle waren die Folge.20

SARS wird als die erste Pandemie des neuen Jahrtausends bezeichnet. Eine Pandemie ist ein schwerwiegendes ansteckendes Krankheitsgeschehen, das auf mehrere Kontinente übergegriffen hat und daher weltweit wirksam ist. Darin liegt auch die Abgrenzung zur Epidemie: Eine solche wirkt lokal, befällt jedoch einen nicht im Vorhinein abgrenzbaren Personenbereich und ist infektiös. SARS hat primär die Lunge befallen. Schwere Erkrankungsverläufe waren durch urplötzliches, schnell ansteigendes hohes Fieber gekennzeichnet; Muskel- und Kopfschmerzen sowie Heiserkeit und vor allem schwere Atemnot waren begleitende Symptome. Gerade die regelmäßig auftretenden Entzündungen beider Lungenflügel und die damit Hand in Hand gehenden Atemprobleme haben oftmals zum Tod der infizierten Personen geführt. Zum damaligen Zeitpunkt war man auf dieses Krankheitsbild völlig unvorbereitet. Zielgerichtete Behandlungsmöglichkeiten waren noch nicht vorhanden, da man keinerlei Erfahrungen mit derartigen kombinierten Problematiken hatte.

Neben der akuten Gefährdung durch die genannten Krankheitssymptome sind in einer Vielzahl von Fällen Dauerschäden verblieben. Solche, in der Fachsprache als Long Covid bekannt, drohen auch bei leichtem Verlauf, möglicherweise auch nach einer bloß symptomlosen Infektion. Berüchtigte Folgen sind eine merkbare Intelligenzminderung und Konzentrationsschwierigkeiten (Brain Fog21), Atemprobleme, Kreislaufschwierigkeiten und ganz allgemein eine teilweise stark herabgesetzte Leistungsfähigkeit. Oder vernarbtes Lungengewebe ermöglicht nur mehr eine flache Atmung; der Körper wird unzureichend mit Sauerstoff versorgt, die psychische und physische Leistungsfähigkeit sinkt enorm. Dieses Krankheitsbild ist in der Medizin als Lungenfibrose bekannt.22

Zurückgeführt wurde die Entstehung des Virus auf tierischen Ursprung. Es wird vermutet, dass Fledermäuse die ursprünglichen Produzenten waren. Durch engen Kontakt – etwa auf Viehmärkten in Südchina – zu anderen Tieren (aktuell geht man davon aus, dass der unmittelbare Wirt eine Schleichkatze war) und schlussendlich zum Menschen soll es dem Virus gelungen sein, in diesen zu gelangen. Dort herrschten Verhältnisse, die uns in Mitteleuropa nicht nachvollziehbar sind: Mitten in sehr dicht besiedelten Gebieten werden Wildtiere wie vor allem besagte Fledermäuse in Käfigen gehalten, um aus ihnen jederzeit menschliche Nahrung zubereiten zu können. Die Tiere werden vor Ort getötet und oft unmittelbar im Anschluss, teilweise roh, gegessen. Die WHO bezeichnet diese Umgebung als geradezu optimalen Nährboden für die Ausbreitung einer Infektion. Durch rasche Eindämmungsmaßnahmen und konsequente Behandlung der bestehenden Beschwerdesymptomatiken ist es schließlich nach einigen Monaten im Sommer 2003 gelungen, der Pandemie ein Ende zu bereiten.23 Die Auswirkungen dieser Seuche auf den asiatischen Bereich waren erheblich. Konsumverhalten und Tourismus brachen in den Folgejahren drastisch ein. Soziologische Untersuchungen haben ergeben, dass etwa in den Vereinigten Staaten eine regelrechte Stigmatisierung von aus Asien stammenden Personen die Folge war.24

SARS-CoV-2 ist öffentlich, soweit derzeit bekannt, erstmals mit Beginn 2020 in Erscheinung getreten. Auch wenn es immer wieder anderslautende Medienberichte gibt, scheint der Erstkontakt zum Menschen mit Ende 2019 in der chinesischen Großstadt Wuhan zu verorten. Die Weltgesundheitsorganisation WHO hat zunächst von einer lokalen epidemischen Lungenkrankheit gesprochen, die nicht näher spezifiziert werden könne; aufgrund der offenkundigen hohen Ansteckungskraft des Virus wurde jedoch bald eine gesundheitliche Notlage von internationaler Tragweite ausgerufen – und mit 11. März 2020 schließlich die Einstufung zur Pandemie ausgesprochen.25

Ursprünglich wurden als Folge einer Ansteckung, die sich nach einem Krankheitsausbruch gezeigt hatten, schwere Lungenentzündungen festgestellt. Diese waren zunächst auf keine klare Ursache zurückzuführen. Eine Übertragung von Mensch zu Mensch hielt man zunächst für ausgeschlossen, man dachte an ein Grippevirus. Anfang 2020 war man der Klassifikation aber einen wesentlichen Schritt nähergekommen: Nun war klar, dass ein Coronavirus vorliegen musste.

Aufgrund der Erfahrungen mit der vorangegangenen SARS-Pandemie zwei Jahrzehnte zuvor gab es folgende Verhaltensempfehlungen, die von den Gesundheitsbehörden im Wesentlichen gleichlautend verlautbart wurden: Besonders sei auf die Handhygiene zu achten, regelmäßiges Händewaschen sei Pflicht, eine Desinfektion dringend anzuraten. Man hatte als primären Übertragungsweg eine Schmierinfektion vermutet. Auch sollte man es dringend vermeiden, sich mit den Händen ins Gesicht, gerade in Mund, Nase oder Augen zu greifen. Auch dies sollte den Eintritt von Erregern über diese Schleimhäute unterbinden.

Erst im Zuge des Jahres 2020 konnte dies aufgrund zwischenzeitig vorliegender Forschungsergebnisse erweitert werden. Nachdem die Übertragung vor allem durch Aerosole – feinste Partikel schweben in der Luft, werden von dieser transportiert und können durch Einatmen in den Körper gelangen – als Hauptursache von Infektionen ausgemacht werden konnte, wurde das Tragen entsprechender Schutzmasken empfohlen. Im Ländervergleich hat es hier durchaus Unterschiede gegeben; teilweise wurde anfangs die Meinung vertreten, Masken wären kontraproduktiv, da diese keinen effektiven Schutz bieten, allerdings notwendige Hemmschwellen im Hinblick auf menschliche Kontakte herabsetzen würden. Überwiegend jedoch ist man zur Einsicht gelangt, dass selbst relativ durchlässige Stoffmasken für zumindest passiven Schutz sorgen: Diese halten einen guten Teil der ausgeatmeten Partikel zurück und vermindern somit das Risiko einer viralen Übertragung. Als Goldstandard wurde schließlich die Maskenqualität FFP2 auserkoren. Diese kann über neunzig Prozent der Partikel aus der Luft filtern und dadurch sowohl wirksamen passiven (Verhinderung des Partikeltransports beim Ausatmen) als auch aktiven Schutz (Filterung der einzuatmenden Luft) bieten.

Zwischenzeitig hatten sich auch erhebliche Unterschiede im Verhältnis Covid-19 und SARS 2002/2003 herausgestellt. Anders als Letzterer war dieses Virus wesentlich infektiöser. Auch Infizierte, die keinerlei Symptome verspürten, waren offenkundig Überträger*innen. Die Zahlen ergaben, dass rund ein Drittel der infizierten Personen als sogenannte asymptomatisch Infizierte ansteckend sein konnten. Dies stellte die Gesundheitsbehörden weltweit vor ein großes Problem. Wie wollte man die Ausbreitung einzudämmen versuchen, ohne schwerwiegende Freiheitsbeschränkungen zu produzieren?26

Die Welt wurde in der Folge von mehreren pandemischen Wellen überzogen. Im deutschsprachigen Europa war die Reaktion auf die erste Welle ab Mitte März 2020 eine scharfe. Die Regierungen haben hier zu Notmaßnahmen gegriffen, die menschliche Kontakte auf ein Mindestmaß beschränken sollten. Ausgangsverbote wurden verhängt, Abstandsvorschriften erlassen. Verschiedenste Unternehmen, gerade aus den Sparten Gastwirtschaft, Beherbergung und Einzelhandel, wurden geschlossen.

Der Sommer 2020 sollte eine Erleichterung bringen. Die Ansteckungszahlen gingen deutlich zurück. Dies wird überwiegend auf zwei Umstände zurückgeführt: Einerseits schien das Virus bei höheren Temperaturen weniger infektiös zu sein, andererseits war das Sozialverhalten der Menschen in der warmen Jahreszeit ein anderes. In dieser hält man sich weniger in geschlossenen Räumen auf; eine Übertragung durch Aerosole gilt in der Außenluft als höchst unwahrscheinlich.

Im Herbst 2020 jedoch setzte die zweite Welle ein, die in Deutschland und Österreich wesentlich dramatischer verlaufen sollte als die vorangegangene. Täglich waren in Deutschland etwa teilweise über 30 000 Neuinfektionen zu verzeichnen, in Österreich teilweise knapp 10 000. Die Todeszahlen gingen in Deutschland kumuliert in die Zehntausende, in Österreich eine Zehnerpotenz darunter. Gerade in Alten- und Pflegeheimen haben massive Durchseuchungen stattgefunden. Ein Gutteil der Todesopfer ist auf einen Aufenthalt in derartigen Stätten zurückzuführen.

Im Frühjahr 2021 folgte hier schließlich eine dritte, vergleichsweise weniger schadensträchtige Welle.

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