Kitabı oku: «Carl Friedrich von Weizsäcker», sayfa 4

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1913 Niels Bohr:

Stark vereinfachtes Atommodell (wie ein Planetensystem im Kleinen).

Die Atomhülle besteht aus negativ geladenen Elektronen, die auf ganz bestimmten Bahnen den Atomkern umkreisen. Jedoch bewegen sich die Elektronen im Mikrokosmos des Atoms so, dass sie keine Energie verlieren (entgegen den Gesetzen der Elektrodynamik, die in der klassischen Physik gelten). Bei entsprechender Energieaufnahme oder -abgabe wechselt ein Elektron auf eine äußere oder innere „Umlaufbahn“ (Quantensprung). Bei sehr starker Energiezufuhr verlässt das Elektron die Atomhülle endgültig, und es bleibt ein positiv geladenes Atom (sogenanntes Ion) zurück.

Nobelpreis 1922 „für seine Verdienste um die Erforschung der Struktur der Atome und der von ihnen ausgehenden Strahlung“.

1926 Erwin Schrödinger:

Wellenmechanisches Atommodell. – Es gibt keine scharfe Außengrenze des Atoms, vielmehr kann für jedes Elektron nur eine Wahrscheinlichkeit berechnet werden, mit der es sich an einem bestimmten Ort in der Atomhülle aufhält. Eine bildhafte Vorstellung des Atoms ergibt sich hier aufgrund der sogenannten Wahrscheinlichkeitsdichte (entsprechend einer speziell geformten „Elektronenwolke“).

Nobelpreis 1933 für seine Weiterentwicklung der Quantenmechanik.

1927 Werner Heisenberg:

Unschärferelation – Es ist prinzipiell unmöglich, Ort und Impuls (Geschwindigkeit) eines Elementarteilchens gleichzeitig völlig exakt zu messen. Ist z.B. der Ort genau bekannt, so wird der Impuls unbestimmt (unscharf) und umgekehrt. Der Zusammenhang gilt in der Quantenphysik allgemein für alle komplementären Eigenschaften eines Teilchens. Es gibt auch eine Unschärferelation zwischen Energie und Zeit.

Nobelpreis 1932 (verliehen 1933) für die Begründung der Quantenmechanik.

1927 Niels Bohr:

Komplementaritätsprinzip (entdeckt in Diskussion mit Heisenberg). – „Wellen- und Teilchenbild sind komplementär. Beweist eine Messung den Wellencharakter von Strahlung oder Materie, dann ist es unmöglich, in derselben Messung den Teilchencharakter nachzuweisen. Das Experiment bestimmt, welches Bild zu benutzen ist.“

Die Bedeutung der Quantentheorie

Max Planck entdeckte die Formel zur Berechnung der Quantenenergie und legte damit den ersten Grundstein zur umwälzend neuen Theorie. Niels Bohr hat dann mit seinem Komplementaritätsprinzip den entscheidenden Schritt zur Ausarbeitung der Quantentheorie getan. Doch erst Heisenberg und Schrödinger brachten die Theorie in eine mathematisch ausformulierte, abgeschlossene Form.

Bohr und Heisenberg zusammen entwickelten die sogenannte „Kopenhagener Deutung“: ,,Die Quantentheorie bezieht sich auf das atomare Naturgeschehen, wie es sich zeigt, wenn es mit realisierbaren Messgeräten untersucht wird.“

Dies ist gleichsam der Vorgedanke zur umstrittenen und oft falsch verstandenen Subjektivitätsthese, wonach die Quantentheorie lediglich solche Ergebnisse zutage fördert, wie sie Menschen in bewusster Wahrnehmung (eben durch physikalische Messungen) erst erzeugen können. Subjektiv ist dabei eigentlich nicht die menschliche Wahrnehmung selbst, sondern die im Prinzip willkürlich gewählte Art der Messung.

Plancks Entdeckungen hoben bereits den Wissensstand in Bezug auf die atomare Welt auf ein völlig neues Niveau. Man wusste nun: Atome geben ihre Energie nicht stetig, sondern in Portionen ab (nach vorheriger Anregung bzw. bei entsprechenden Temperaturen). Dies ist die physikalische Grundlage der sogenannten Quantentheorie. Was noch sehr wichtig ist: Strahlungen (elektromagnetische Wellen) können auch als Teilchen verstanden werden. Umgekehrt ist im Prinzip jedwede Materie ebenso als Welle deutbar.

Da die Energie eine universelle physikalische Größe darstellt, ist es problemlos möglich, die beiden „Phänomene“ ineinander umzurechnen. Mit dem Begriff „Phänomen“ und überhaupt mit anschaulichen Deutungsversuchen muss man jedoch sehr vorsichtig umgehen; denn beide Vorstellungen (Welle und Teilchen) sind überhaupt keine real existierenden Zustände. Es sind lediglich gleichberechtigte physikalische Modellvorstellungen. Man spricht deshalb vom sogenannten Welle/Teilchen-Dualismus.

Welche „Existenzweise“ die wahre ist, was nun genau der Natur entspricht, kann vom Physiker nicht entschieden werden.

Aufbauend auf Versuchen des deutschen Physikers Philip Lenard, der den „Fotoeffekt“ entdeckte, untersuchte Planck die Wechselwirkung von elektromagnetischer Strahlung (Licht) mit Materie theoretisch noch genauer. Mit seiner neuen Formel (E = h x f) konnte er die experimentellen Ergebnisse exakt erfassen und z.B. die spektrale Verteilung der Temperaturstrahlung vorausberechnen.15

Jedoch bedeutete die Quantelung der Energie, die zur Erklärung notwendig war, einen eklatanten Bruch mit der bisherigen „klassischen“ Physik; denn die alte Physik konnte sich die Natur bislang nur als eine kontinuierlich gestaltete Welt vorstellen. Diskontinuierlich auftretende physikalische Eigenschaften waren undenkbar. Es galt der Spruch: „Die Natur macht keine Sprünge.“

Bei Rutherfords Streuversuch hatte man theoretisch Folgendes erwartet: Da die Atome im Metall sehr dicht gelagert sind, kann keine Teilchenstrahlung hindurchdringen. Aber das Ergebnis sah tatsächlich völlig anders aus: Fast die gesamte Strahlung durchdringt nämlich die Atome der Metallfolie ungehindert, und nur ein sehr geringer Teil wird zurückgeworfen.16

Aus den Experimenten drängt sich die wichtige Schlussfolgerung auf, dass die Atome größtenteils aus leerem Raum bestehen. Fast die gesamte Masse ist im winzigen Atomkern konzentriert. Die Größe des Atomkerns beträgt nur ca. ein Zehntausendstel des Atomdurchmessers. Der Atomkern ist positiv geladen, denn die Alphateilchen werden durch Abstoßung gleicher elektrischer Ladungen daran gestreut.

Von nun an gibt es drei Arten von Atomphysik, je nachdem ob man die äußere Atomhülle (bestehend aus Elektronen), den Atomkern (bestehend aus Protonen und Neutronen) oder sonstige Elementarteilchen (die man bald noch finden sollte) untersucht. Somit ist auch der Unterschied zwischen Atom- und Kernphysik klar, obwohl es natürlich Überschneidungen in den Experimenten gibt.

Das von Niels Bohr in die Diskussion gebrachte Komplementaritätsprinzip hat Generationen von Physikern Kopfzerbrechen bereitet und ist auch heute noch nicht endgültig verstanden. Gerade Carl Friedrich von Weizsäcker machte sich darum verdient, die philosophischen Konsequenzen der Quantentheorie und speziell auch der geheimnisvollen Komplementarität bis in die letzten Feinheiten zu durchdenken. Dabei liegt es in der Natur der Sache, dass die Erkenntnis vorerst nur dadurch fortschreiten kann, Denkfehler und vorschnelle populärwissenschaftliche Deutungen aufzudecken und zu vermeiden. Eine positive Aussage mit neuem, vielleicht auch revolutionärem oder gar endgültigem Wahrheitsgehalt darf man sich wohl nicht erwarten. Weizsäcker war wie kaum ein anderer dazu befähigt, die Tatsachen und ihre korrekte Interpretation seriös und auch relativ leicht verständlich auszubreiten.

Weizsäckers
Leistungen als Physiker

Seine Liste von Veröffentlichungen in wissenschaftlichen Zeitschriften ist außerordentlich lang. Sie beginnt 1931, als Weizsäcker noch Student war, mit dem Thema „Ortsbestimmung eines Elektrons durch ein Mikroskop“ (Zeitschrift für Physik). Weizsäcker arbeitete nur bis 1957 offiziell als Physiker und war dann als Philosophie-Professor tätig. 1937 und 1938, in den Jahren nach der Habilitation, beschäftigte er sich mit der Höhenstrahlung, neuen Modellvorstellungen vom Bau der Atomkerne und „Elementumwandlungen im Innern der Sterne“ (Physikalische Zeitschrift). Nach dem Krieg wird die Entstehung des Planetensystems, also Astrophysik, Weizsäckers großes Thema. Herausragend ist jedoch eine Arbeit des Jahres 1939 mit dem Thema „Kernumwandlungen als Quelle der Sternenergie“.

Etwas lapidar, aber nicht ohne Stolz bemerkte er in seiner „Selbstdarstellung“: „Ich dachte mir den Kohlenstoffzyklus aus, den Bethe gleichzeitig fand und gründlicher ausarbeitete.“ 17 Eine gewisse Tragik ist darin zu sehen, dass Hans Bethe, der während des Krieges in die USA auswanderte, allein die wissenschaftlichen Lorbeeren erntete.

Bethe erhielt den Nobelpreis zwar erst im Jahr 1967, aber genau für jenes Thema des Jahres 1938, womit auch Weizsäcker befasst gewesen war. Immerhin blieb Weizsäcker der relativ schwache Trost, als Mitentdecker des Bethe-Weizsäcker-Zyklus in den Lehrbüchern genannt zu werden.

Was den verwehrten Ruhm anbelangt, könnte man die Entscheidung des Nobelpreis-Komitees als ungerecht empfinden, doch im Jahr 1967 war nur Bethe noch voll als Physiker tätig, während Weizsäcker sich längst völlig anderen Aufgaben widmete. Auch die Frage der „Gleichzeitigkeit“ von Entdeckungen ist eine diffizile Sache. Die Frage, wer denn wirklich der Erste war, der den entscheidenden Schritt unternahm, musste in der Geschichte der Wissenschaften immer wieder gestellt werden. Im Fall Weizsäckers scheint klar zu sein, dass er tatsächlich als Erster, nämlich schon 1935, die Grundformel zur Berechnung der Bindungsenergie im Atomkern präsentierte, nur wurde sie dann durch Hans Bethe und Enrico Fermi weiter verfeinert und schließlich als „Bethe-Weizsäcker-Formel“ bezeichnet.

Die erwähnte Formel ist nicht zu verwechseln mit dem sogenannten „Bethe-Weizsäcker-Zyklus“. Er beschreibt eine mehrstufige, kreisförmige Reaktion, die vor allem eins liefert: Energie! Bei dieser Reaktion entstehen verschiedene Isotope von Kohlenstoff, Stickstoff und Sauerstoff. Im ersten Schritt reagiert Kohlenstoff, C-12 (also das bei Weitem häufigste Isotop dieses Elements), mit Wasserstoff zu Stickstoff N-13. Die Grafik verdeutlicht die einzelnen Reaktionen, die sich in den Atomkernen abspielen, wobei vier Fusionen auftreten und zwei Zerfälle. Jeder Atomkern enthält Protonen und Neutronen, nur beim Element Wasserstoff enthält der Kern lediglich ein Proton. An den Reaktionen des Bethe-Weizsäcker-Zyklus sind ausschließlich Atomkerne und einige Elementarteilchen beteiligt. Wasserstoff liegt hier in Form des bloßen Atomkerns, ohne Elektron, also als sogenanntes Proton vor. N-13 zerfällt wieder zu C-13 und einem Positron. Jetzt reagiert C-13 mit Wasserstoff zu N-14. Bei den nächsten beiden Schritten entsteht Sauerstoff, der wieder zerfällt, so dass N-15 übrig bleibt. Eine erneute Fusion des N-15 mit Wasserstoff ergibt nun im letzten Schritt neben C-12 auch etwas völlig Neues, nämlich Helium. Da hier wieder das Kohlenstoffisotop C-12 freigesetzt wird, das am Anfang die Reaktionen eingeleitet hat, ist der Zyklus somit komplett. Als Endergebnis aller genannten Zwischenschritte des Bethe-Weizsäcker-Zyklus wurde durch Kernfusion ein neues Element erzeugt. Was diesen Vorgang so besonders macht: Es wird ein ungeheurer Überschuss an Energie freigesetzt. Das ist, grob gesagt, der maßgebende atomphysikalische Prozess, der im Inneren der Sonne abläuft und diejenige Energie liefert, von der wir auf der Erde profitieren, die hier das Leben erst ermöglicht. Damit ist das alte Rätsel um die Entstehung der Sonnenenergie gelöst. Die materielle Grundlage dieser Energie ist letztlich die Kernfusion.


Grafik: Bethe-Weizsäcker-Zyklus.

In sechs Reaktionsschritten entsteht Helium aus Wasserstoff.

Bei jedem Schritt wird sehr viel Energie frei. N-13 und O-15 sind instabil,

die übrigen Isotope sind sehr stabil.

In die Gesamtbilanz des Zyklus geht viermal Wasserstoff ein, zweimal wird ein Positron freigesetzt. Dies ist in der Grafik leicht zu erkennen. Insgesamt geht Masse verloren, die in Energie verwandelt wird. Positronen haben eine extrem geringe Masse, sie beträgt nur etwa ein Zweitausendstel von der Masse eines Protons oder Neutrons. Als entscheidendes Ergebnis aller sechs Reaktionsschritte entsteht Helium, das leichter ist als die vier Protonen, woraus es letztlich hervorging. Jeder der einzelnen Schritte liefert einen sehr hohen Überschuss an Energie.

Wichtig ist auch, dass unter dem Strich Masse verlorengeht, was man als „Massendefekt“ bezeichnet. Diese Masse kann man nach der berühmten Einstein-Formel E = m x c² mit einem bestimmten Betrag an Energie gleichsetzen. Der Wasserstoff stellt gewissermaßen das Brennmaterial zur Kernfusion dar, er wird im Prozess immer mehr verbraucht; denn er wird einerseits zu Helium andererseits auch in Energie verwandelt. Man spricht deshalb auf lange Sicht vom Ausbrennen der Sterne. Es ist dies ein kosmisches Schicksal, das nach Kenntnis der modernen Physik und Astronomie auch unsere Sonne in sehr ferner Zukunft einmal erleiden wird.

Wer die Einstein-Formel zu „lesen“ versteht und weiß, dass c das physikalische Symbol für Lichtgeschwindigkeit darstellt, die rund 300.000 Kilometer pro Sekunde beträgt, der kann erahnen wie groß die Energiebeträge sein müssen, um die es hier geht. Denn c steht „im Quadrat“, und c mit sich selbst multipliziert macht bereits 9 x 1010 oder neunzig Milliarden. Selbst bei sehr geringer Masse eines einzelnen atomaren Teilchens ist der Endbetrag enorm; denn wir haben auf der Sonne auch eine riesige Zahl von Teilchen, die an der energieerzeugenden Reaktion teilnehmen.

Alle diese Erklärungen, die heute bereits zum allgemeinen Wissensschatz gehören und oft in populärwissenschaftlichen TV-Sendungen zum Besten gegeben werden, gehen im Prinzip auf Weizsäckers außerordentliche wissenschaftliche Entdeckung zurück.

Wissenschaft und Wirklichkeit im Licht der Quantentheorie

Die vorstehenden Ausführungen sind die Voraussetzung, um den philosophischen Gedankengängen Weizsäckers im Bereich der Physik folgen zu können. Jedenfalls bilden die dort aufgeführten Fakten die Grundlage, welche den Zugang einigermaßen erleichtern kann.

Es sei noch einmal darauf hingewiesen, was das Komplementaritätsprinzip heute üblicherweise aussagt: Jedes quantenphysikalische „Objekt“ hat sowohl Teilchen- als auch Wellencharakter. Ein wenig weiter gedacht kommt man zu dem Schluss, dass hierin der eigentliche Grund für die Heisenbergsche Unschärferelation liegt. Es ist aber auch richtig, gleichzeitig folgenden Zusammenhang hervorzuheben: Die Messungen im subatomaren Bereich verursachen notwendigerweise eine Störung des zu untersuchenden Systems, und deshalb sind keine exakten Wertepaare (z.B. Ort und Impuls) feststellbar.

Im folgenden Abschnitt kommt Weizsäcker selbst öfters zu Wort. Sämtliche Zitate stammen aus seinem Buch „Zum Weltbild der Physik“18. Die folgenden Ausführungen sollen Weizsäckers philosophische Haltung möglichst detailgetreu wiedergeben, und zwar so allgemeinverständlich und deutlich wie nur möglich. Drei fortlaufende Kapitel werden im Detail untersucht. Die Darstellung verfolgt die Absicht, die wichtigsten Erkenntnisse hervorzuheben. Gelegentlich werden zu diesem Zweck kurze Kommentare und Erklärungen angefügt.

Die Atomlehre der modernen Physik19

Die Quantentheorie „steht zur klassischen Mechanik nicht eigentlich im Gegensatz. Sie ist vielmehr umfassender und enthält die klassische Mechanik als einen Grenzfall in sich, welcher gültig wird für das Zusammenwirken einer sehr großen Anzahl von Atomen“. (S. 39)

Weizsäcker trifft zuerst die Feststellung, dass zwischen Welle und Teilchen ein Gegensatz besteht, behauptet aber dann (S. 40), dieser Widerspruch könne aufgelöst werden, wenn man nur Folgendes berücksichtigt: Atome stellen eine physikalische Wirklichkeit dar, die sich unserer sinnlichen Wahrnehmung entzieht, und nicht nur das, sie lassen sich prinzipiell nicht anschaulich beschreiben, selbst wenn man viele Messungen und Untersuchungen anstellt. Man kann sogar mit gewisser Berechtigung sagen: Die Vorgänge im Atom sind einfach mit unseren gewohnten räumlichen und zeitlichen Begriffen nicht erfassbar. Darin liegt das eigentliche Problem, das Wesen der Atome bzw. ihr physikalisches Verhalten zu verstehen.

Natürlich ist in der heutigen Wissenschaft und Forschung kaum noch ein Sachverhalt mit der wünschenswerten Anschaulichkeit darstellbar. Der Hinweis darauf, dass mangelnde Anschaulichkeit kein entscheidendes Hindernis und keinesfalls die Grenze der wissenschaftlichen Erkenntnis sein kann, erübrigt sich heute. Weizsäcker gibt diesen Hinweis trotzdem, nur etwas anders formuliert. (S. 41) Vermutlich will er damit die Sonderstellung der atomaren Welt in Erinnerung rufen.

Mit Hilfe der Quantenmechanik (Psi-Funktion) kann man immerhin die Wahrscheinlichkeit dafür berechnen, wie ein bestimmtes Experiment ausfallen wird, z.B. an welchem Ort man ein Elektron vorfindet. Ein bekannter Zusammenhang, der letztlich auf den Welle/Teilchen-Dualismus zurückzuführen ist.

Weizsäcker folgert daraus: „Dass man hierbei im Allgemeinen nicht mit Sicherheit prophezeien kann, ist nur ein anderer Ausdruck der Tatsache, dass wir die atomaren Gebilde nicht in einem der beiden Bilder vollständig beschreiben können.“ (S. 41)

Atome und Elementarteilchen begegnen dem Forscher so, wie er sie untersucht, nicht wie sie eigentlich sind. Die Möglichkeiten wissenschaftlicher Erkenntnis stoßen hier offenbar an ihre Grenzen. Versucht man die Welt richtig zu deuten, bekommt man Probleme mit dem scheinbar so einfachen Begriff der Wahrheit oder Wirklichkeit. Auch der Physiker ist mit dem Anspruch überfordert, die Wirklichkeit zu erklären.

Die missliche Lage der Kernphysiker, nicht definitiv feststellen zu können, welchen Ortswechsel ein Elektron innerhalb der Atomhülle vollzieht, wurde vereinzelt als ein Versagen des Kausalgesetzes im atomaren Bereich interpretiert. Doch dagegen wehrt sich Weizsäcker mit Nachdruck. Das „Kausalgesetz“ ist eine sehr allgemeine logische Gesetzmäßigkeit, die nichts weiter aussagt als dies: Es gibt einen eindeutigen Zusammenhang zwischen einer Ursache und einer Wirkung. Dieses Prinzip ist eine sehr grundlegende Voraussetzung für sinnvolles Forschen an der Natur.

Carl Friedrich von Weizsäcker hält am Kausalgesetz fest und schlägt vor, besser von einem „Versagen des Determinismus“ zu sprechen. Außerdem weist er noch auf eine andere Ebene des Problems hin: Lediglich unser Wunsch nach einer „dinglichen Objektivierbarkeit“ (S. 42), einer anschaulichen Erklärung des Naturgeschehens, wird hier enttäuscht. Physiker sind es gewohnt, gemäß der klassischen Physik im makroskopischen Bereich, z.B. im alltäglichen praktisch-technischen Zusammenhang, exakte Berechnungen und Vorhersagen anstellen zu können. Doch auf der Mikroebene ist das nicht mehr möglich. „Jede Messung über das Atom hat nur einen klaren Sinn in Bezug auf die Messung, durch die sie gewonnen wurde. Wir können wählen, welchen Ausschnitt der Wirklichkeit wir jeweils anschaulich erfassen wollen; das Ganze aber entzieht sich dem Zugriff des messenden Menschen.“ (S. 42) Dies rechtfertigt jedoch noch nicht den Schluss, die Vorgänge im Atom erfolgten nicht nach kausalen Gesetzmäßigkeiten. Eine solche Behauptung geht Weizsäcker zu weit. In profunder Kenntnis der Sachlage weiß er selbstverständlich genau, welche Deutungen sinnvoll und zulässig sind.

An der „Undinglichkeit der atomaren Welt“ wird besonders deutlich, dass unsere Kenntnis der Natur abstrakten Charakter besitzt, sie ist lediglich „das treue Abbild des Weges, der zu ihr führt“. Diese Aussage Weizsäckers ähnelt der vorher zitierten (S.42), drückt den Sachverhalt aber noch deutlicher und wesentlich allgemeiner aus. Weizsäcker versucht hier, eine geistige Brücke zu bauen zwischen der Atomphysik und der gesamten technisch dominierten Naturwissenschaft. In beiden Bereichen, so sein Argument, können wir meist keine unmittelbare sinnliche Erfahrung der untersuchten Natur gewinnen; denn die Naturwissenschaft arbeitet mit „Hebeln und Schrauben“ (Goethe), und die alte Kritik der Ästheten und Feingeister ist sicher berechtigt, dass jegliche technisch angewandte Untersuchungsmethode eigentlich nur künstliche Erlebnisse schafft, die von der grundlegenden Realität immer noch weit entfernt sein können.

Experimente üben einen Zwang auf die Natur aus, der so nicht natürlicherweise vorkommt, selbst wenn einige Größen und Bedingungen möglichst realitätsnah gewählt werden. Weizsäcker spricht sogar von Gewaltakten, wodurch die moderne Physik ihre Erfahrungen hervorbringt. Wenn man an Hochspannungsanlagen oder die riesigen Teilchenbeschleuniger denkt, ist dies wohl keine Übertreibung. Die Reaktionen der Natur, konkret ist es immer nur ein kleiner Ausschnitt der Natur, den man im Experiment gezielt auswählt, werden gemessen, und anhand dieser Ergebnisse stellt man Formeln auf. Die Rede ist dann von gesetzmäßigen Reaktionen oder kurz „Naturgesetzen“, die sich im Experiment immer wieder bestätigen, meist ohne jegliche Ausnahme. Der Zusammenhang ist in der klassischen Physik so eindeutig, dass sich aus genügender Kenntnis eines Anfangszustands die folgende Entwicklung exakt vorausberechnen lässt, freilich nur dann, wenn keine sonstigen Störeinflüsse hinzukommen. Doch selbst wenn starke Störungen des zunächst erwarteten Ablaufs eintreten, kann der Physiker in Kenntnis der ursächlichen Faktoren seine Voraussagen korrigieren und wieder ein verblüffend genaues Bild des Geschehens darlegen. In der Miniaturwelt der Atome geht dies jedoch grundsätzlich nicht. „Jede Aussage gilt nur in Bezug auf das Experiment, durch das sie gewonnen wurde, und kann nicht verallgemeinert werden auf einen hypothetischen objektiven, ungestörten Zustand der Teilchen oder Wellen.“ (S. 49f)

Das mechanistische und materialistische Weltbild hat im Atomzeitalter arge Risse bekommen. Es liegt an jedem Einzelnen, die Erkenntnisse der modernen Physik, speziell auch der Quantentheorie, in ein neues Weltbild zu integrieren, das sowohl der Wirklichkeit als auch seinen geistigen Fähigkeiten angemessen ist. Die philosophischen Konsequenzen aus den genannten Entdeckungen sind erheblich, wenn nicht sogar umwälzend. Weizsäcker fordert in seinen Werken nachdrücklich dazu auf, bis in unerreichte Tiefen weiter zu denken und dabei den Geist selbst neu zu entwickeln. Er gibt mit seinen detaillierten, aber sehr prägnanten Ausführungen physikalischer und philosophischer Art eine geistige Schulung, die das moderne Bewusstsein, mithin die Erkenntnis von Ich und Welt, durchaus herausfordert.

Jene Andeutungen, die seine persönliche Einstellung aufzeigen, werden in vielen Büchern und Zeitungsartikeln über Weizsäcker meist völlig ignoriert, obwohl gerade hier das interessanteste Material vorliegt. Man muss zwischen den Zeilen lesen und alle seine Aufsätze mit größter Aufmerksamkeit Satz für Satz analysieren, um solche Aussagen zu entdecken. Sie können als Fingerzeig dafür dienen, worum es ihm im Tiefsten als Physiker ging – und als Philosoph. Eine dieser „Andeutungen“ findet sich am Ende des Kapitels „Die Atomlehre der Physik“: „Es darf wohl zum Schluss dieser Betrachtung bemerkt werden, dass wir hier unter physikalischem Blickwinkel einen der geheimnisvollsten Punkte der menschlichen Erkenntnisfähigkeit überhaupt zu sehen bekommen haben.“ (S. 50) Einige Nebenbemerkungen dazu sind mindestens ebenso interessant. Weizsäcker sagt es in unerreichter Deutlichkeit, noch klarer und mutiger als in seinen übrigen Werken und Schriften, dass seiner Meinung nach das „Erkenntnisvermögen selbst eine Art schöpferische Kraft besitzt“.

Wenn das physikalische Weltbild die Phänomene in Ich und Außenwelt, in Subjekt und Objekt spaltet, so zerreißt es damit den lebendigen Zusammenhang des Seienden. Es macht sich einer „Umdichtung der Wirklichkeit“ schuldig! Doch Weizsäcker sieht darin weder eine Schuld im moralischen Sinn noch einen rein willkürlichen Akt, sondern eine produktive Umdichtung, wozu gerade die atomare Wirklichkeit zwingt, sofern wir Erkenntnisse erlangen wollen. Aus seiner Begeisterung als Physiker macht er keinen Hehl, wenn er feststellt, das atomphysikalische Experiment selbst sei „eine besonders eindrucksvolle Manifestation des Geistes, der nur erkennt, indem er schafft“. (S. 50)

Man kennt heute einen ganzen Zoo an Elementarteilchen, wobei die vielen Sorten dieser Teilchen und ihre Eigenschaften von der Quantentheorie nicht erklärt werden. Auf die neuesten Theorien können wir hier nicht eingehen, Weizsäcker tat es auch nicht. Allerdings hebt er ein besonders mysteriöses Teilchen extra hervor, das sogenannte Neutrino.

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