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Kitabı oku: «Die Uhr», sayfa 3

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IX

Nie, so kam es mir vor, war David so spät eingeschlafen . . . David, der schweigsame David fing sogar ein Gespräch mit mir au! Noch nie hatte man so spät im Hause gelärmt und gesprochen, nie war man so lange herumgegangen! Worüber mögen sie doch sprechen? dachte ich; haben sie vom Morgen an dazu nicht Zeit genug gehabt? Auch draußen hörte der Lärm lange nicht auf; bald bellte ein Hund schwach und hartnäckig, bald lärmte ein betrunkener Bauer und wollte sich nicht beruhigen, bald rasselte eine Taluga auf wackligen Rädern und wollte gar nicht vorbeikommen! Diese Töne regten mich übrigens nicht auf; ich freute mich ihrer im Gegentheile, ich weiß nicht weshalb. Sie lenkten meine Aufmerksamkeit etwas ab. – Endlich war nun Alles still. Nur der Pendel unserer alten Uhr im Speisezimmer tickte heiser und würdevoll und man hörte das regelmäßige, gedehnte, gleichsam schwere Athmen schlafender Menschen.

Ich will mich soeben erheben . . . aber, da zischt wieder Etwas vorüber . . . dann ächzt es plötzlich . . . etwas Weiches fällt – und es erhebt sich ein Flüstern; das Flüstern gleitet an den Wänden hin . . .

Oder ist von alledem Nichts – und es neckt mich nur meine Phantasie?

Endlich ist Alles verstummt: jetzt ist es tiefe, dunkle, stille Nacht. – Jetzt ist es Zeit! Ich bin schon ganz kalt, ich werfe meine Bettdecke ab, setze die Füße auf den Boden und erhebe mich . . . Einen Schritt, einen zweiten . . . Ich schleiche mich davon. Die Fußsohlen sind so schwer, als gehörten sie mir gar nicht, sie traten schwach und unsicher auf. Halt! Was ist das für ein Ton? Irgendwo wird gesägt oder gescheuert . . . oder geseufzt? Ich horche auf . . . es ist, als liefen mir Ameisen über die Wangen, in die Augen traten mir kalte, wässerige Thränen . . . Nichts! Ich schleiche mich weiter. Es ist finster; aber ich kenne den Weg. Plötzlich stoße ich an einen Stuhl . . . Welch’ ein Geräusch und wie weh es thut! Der Stoß traf gerade das Schienbein . . . ich erstarre auf dem Flecke . . . was, wenn sie seht erwachen? Ha! Wie dem auch sei! Plötzlich kommt Kühnheit und sogar Zorn zum Vorschein. Vorwärts! Vorwärts! Schon ist das Speisezimmer durchschritten; schon ist die Thüre tappend gefunden und mit einem Ansatze geöffnet . . . Die verdammte Hänge ächzte doch . . . Daß sie! . . . Schon steige ich die Treppe hinauf . . . Eins! Zwei! Eins! Zwei! Eine Stufe knarrte unter meinem Fuße – ich blickte zornig auf sie hin, als könnte ich sie sehen. Schon habe ich die andere Thüre am Griffe gezogen . . . Wenn diese doch auch nur das geringste Geräusch gemacht hätte! Sie öffnete sich so leicht, als wollte sie sagen: Treten Sie gefälligst herein . . . Und jetzt bin ich schon im Corridor!

Im oberen Corridor ist ein kleines Fensterchen unter der Decke. Ein schwachen nächtlicher Lichtschimmer dringt durch die dunkeln Scheiben. Und ich sehe bei diesem dämmernden Scheine, aus der Diele; aus einer Filzdecke liegt, beide Hände unter dem zerzausten Kopfe, unser kleines Mädchen, das zum Schicken gebraucht wurde; sie schläft fest, athmet schnell, und die verhängnißvolle Thüre ist dicht neben ihrem Kopfe. Ich trete über die Filzdecke, über das Mädchen weg . . . Wer mir jene Thüre aufgemacht . . . ich weiß es nicht, schon bin ich in dem Zimmer der Tante und hier ist das Lämpchen in einem Winkel des Zimmers und das Bett der Tante in dem andern, und die Tante liegt in Haube und Nachtjacke, mir zugewandt, ans dem Bette. Sie schläft und regt sich nicht; man hört sie nicht einmal athmen. Die Flamme des Lämpchens bewegt sich, von dem Zudrange frischer Lust angefacht, leise auf und nieder: und über das ganze Zimmer und über das wachsgelbe Gesicht der Tante ziehen schwankende Schatten dahin . . .

Und hier ist auch die Uhr! Hinter dem Bette an der Wand hängt sie auf einem gestickten Kißchen. Welch! ein Glück! Wenn man es bedenkt . . . Jetzt darf nicht gezögert werden! Doch, was sind das für rasche, weiche Tritte hinter meinem Rücken? Ach nein! es ist nur mein klopfendes Herz! . . . Ich hebe einen Fuß auf . . . O Gott! Etwas Rundes, ziemlich Großes stößt mich unterhalb des Kniees . . . einmal, und noch einmal! Ich bin auf dem Punkte, aufzuschreien und vor Schreck umzufallen . . . Ein gestreifter Kater, unser Hauskater steht vor mir, macht einen Buckel und hebt den Schwanz. Und jetzt springt er auf das Bett – schwer und weich – dreht sich herum und sitzt ohne zu schnurren da, wie so ein Richter; – da sitzt er und sieht mich mit seinen goldenen Augensternen an. Kis! Kis! . . . flüstere ich kaum hörbar. Ich beuge mich über die Tante, ich habe schon die Uhr ergriffen . . . Da erhebt sie sich plötzlich, schlägt die Augenlider weit auf . . . Himmlischer Vater! Was wird jetzt? . . . Aber ihre Augenlider beben und schließen sich wieder, und ihr Kopf fällt mit einem schwachen Lallen auf die Kissen zurück.

Noch ein Augenblick – und ich bin wieder in meinem Zimmer, auf meinem Bette und halte die Uhr in meiner Hand . . .

Federleicht war ich zurückgeeilt! Ich bin ein unternehmender Bursche, ein Dieb, ein Held! Ich ersticke vor Freude, mir ist warm, ich bin froh – ich will David sogleich wecken, ihm Alles erzählen und – unglaublich! schlafe, wie ein Todter! Ich öffne endlich die Augen, . . . es ist hell im Zimmer; die Sonne ist schon aufgegangen. Zum Glück ist noch Niemand auf. Ich springe auf, als wäre ich bebrüht, wecke David, theilt ihm Alles mit. Er hört mich lächelnd bis zu Ende an. – »Weißt Du was?« sagt er mir endlich, »wir wollen diese alberne Uhr in die Erde vergraben, damit Nichts mehr von ihr zu hören ist.« Ich finde seinen Gedanken vortrefflich. Einige Augenblicke später sind wir gekleidet und laufen in den Obstgarten, welcher hinter unserem Hause angelegt war. Unter einem alten Apfelbaum, in einer tiefen Grube, die wir mit David’s großem Messer eiligst in der lockeren Frühlingserde gegraben, verschwindet für immer das verhaßte Geschenk meines Taufvaters, welches nun doch nicht dem widerwärtigen Tranquillilatin in die Hände gefallen ist! Wir stampfen die Grube fest, bewerfen sie mit Schutt und kehren stolz und glücklich, von Niemand bemerkt, in’s Haus zurück, legen uns in unsere Betten und genießen noch eine oder zwei Stunden eines leichten glückseligen Schlummers!

X

Man stelle sich den Lärm vor, der sich am andern Morgen erhob, sobald meine Tante erwachte und die Uhr vermißte. Ihr durchdringendes Geschrei klingt mir bis jetzt in die Ohren. »Zu Hilfe! Ich bin bestohlen; bestohlen!« – knirschte sie und brachte das ganze Haus auf die Beine. Sie ras’te, wir aber mit David lachten innerlich, und süß war uns dieses Lächeln. »Alle, alle müssen durchgepeitscht werden!« – schrie die Tante! – »unter meinem Kopfe, unter meinem Kissen ist sie mir herausgezogen worden!« – Wir waren auf Alles gefaßt und erwarteten den Sturm . . . Allein, gegen all’ unser Erwarten entlud sich gar kein Sturm über uns. Im ersten Augenblicke war mein Vater wirklich sehr zornig – er sprach sogar von der Polizei; aber, schon das gestrige Verhör hatte ihn gelangweilt und plötzlich stürzte er, zu unserem unbeschreiblichen Erstaunen nicht über uns, sondern über sie her!

»Sie langweilen mich mehr, als ein bitterer Rettig, mit ihrer Uhr, Pulcheria Petrowna,« schrie er! – »Ich will Nichts mehr von ihr hören! Sie ist nicht durch Zauberei verschwunden, sagen Sie? Was kümmert das mich? Und wäre es durch Zauberei! ist sie Ihnen gestohlen? Nun, so ist sie ihren Weg gegangen! Was wird Nastasei Nastaseitsch sagen? Hole ihn der Teufel, Ihren Nastaseitsch! Ich erfahre Nichts von ihm als Unheil und Unannehmlichkeiten. Daß man sich nicht mehr erdreiste, mich damit zu behelligen! Hört Ihr!« —

Der Vater schlug die Thüre zu und ging in sein Cabinet.

David und ich, wir verstanden zuerst nicht die Andeutung, welche in seinen letzten Worten enthalten war, später erst erfuhren wir, daß mein Vater gerade um jene Zeit sehr ungehalten über meinen Taufvater war, der ihm ein vortheilhaftes Geschäft aus der Hand gespielt hatte. Und so blieb denn meine Tante zum Narren gehalten. Sie wäre fast geborsten vor Aerger, aber dabei war Nichts zu thun. Sie mußte sich damit begnügen, daß sie, wenn sie an mir vorüberging, den Mund nach meiner Seite hin verzog und in einem schneidenden Geflüster rief: »Dieb, Dieb! Züchtling! Spitzbube!« —

Die Vorwürfe meiner Tante gewährten mir eine aufrichtige Freude. Auch sehr angenehm war es, beim Vorübergehen am Gärtchen, einen gleichgültig sein sollenden Seitenblick nach jenem Platze unter dem Apfelbaume hinüberschweifen zu lassen, wo die Uhr ruhte, und mit David, wenn er sich in der Nähe befand, einen Blick des Einverständnisses zu wechseln . . .

Die Tante fing an, Tranquillilatin auf mich zu heben; da half mir aber David. Er erklärte dem robusten Seminaristen gerade heraus, daß er ihm den Bauch mit einem Messer aufschlitzen würde, wenn er mich nicht in Ruhe ließe . . . Tranquillilatin erschrak. Ob er gleich nach dem Aussprache der Tante ein Grenadier und Kavalier war, so zeichnete er sich doch keinesweges durch Muth aus.

Da vergingen etwa fünf Wochen . . . Sie denken vielleicht, daß die Geschichte mit der Uhr hier zu Ende ist? Nein, sie ist noch nicht zu Ende. Ehe ich noch in meiner Erzählung fortfahre, muß ich eine neue Persönlichkeit einführen; um diese neue Persönlichkeit einzuführen, muß ich aber etwas zurückgehen.

XI

Mein Vater war lange Zeit sehr befreundet, sogar vertraut mit einem verabschiedeten Beamten, Latkin, einem hinkenden, verkrüppelten Männchen mit ängstlichen, sonderbaren Manieren, einem jener Wesen, von denen das Gerücht geht, daß sie von Gott selbst geschlagen sind. Gleich meinem Vater und Nastaseitsch führte er Proceßsachen und war privatim »Adocat« und Bevollmächtigter; da er aber weder ein empfehlendes Aeußere noch die Gabe des Wortes und zu wenig Selbstvertrauen besaß, wagte er nicht selbstständig zu handeln und schloß sich meinem Vater an. Seine Handschrift war eine »Reihe von Perlen«, in den Gesetzen war er gut bewandert und verstand alle die Feinheiten und Chikanen des Bittschriften- und Ukasenstyles. Er handhabte mit meinem Vater zusammen die verschiedensten Geschäfte, sie theilten die Vortheile und Verluste mit einander und es schien, als wenn Nichts ihre Freundschaft erschüttern könne; trotz alledem stürzte sie eines Tages zusammen und für immer. Mein Vater entzweite sich gänzlich mit seinem Mitarbeiter.

Wenn Latkin ein vortheilhaftes Geschäft meines Vaters an sich gerissen, wie der später an seine Stelle getretene Nastaseitsch es gethan, – so hätte mein Vater ihm nicht mehr gezürnt, wie Nastaseitsch, vielleicht sogar weniger; aber, unter dem Einflusse eines unerklärlichen und unbegreiflichen Gefühles von Neid, Habgier – oder vielleicht auch in einer momentanen Anwandlung von Ehrlichkeit – hatte er meinen Vater »bloßgestellt«, ihn einem gemeinschaftlichen Clienten, einem jungen, reichen Kaufmannssohne verrathen, indem er dem sorglosen Jünglinge über ein gewisses, – ein gewisses Kunststück die Augen öffnete, welches meinem Vater große Vortheile einbringen sollte.

Nicht der Geldverlust, wie groß er auch sein mochte. – nein! der Verrath tränkte und empörte meinen Vater. Hinterlist konnte er nicht vergeben!

»Seht doch, welch’ ein Heiliger sich hier gefunden,« – sprach er, am ganzen Leibe vor Zorn bebend, so daß die Zähne wie im Fieber aneinander schlugen.

Ich befand mich gerade im Zimmer und war Zeuge dieser häßlichen Scene. – »Gut also! Von dem heutigen Tage an – Amen! Es ist aus zwischen uns. Hier ist Gott – und dort die Schwelle! Weder ich bei Dir, noch Du bei mir; Sie sind für uns viel zu ehrlich – wie sollten wir da gemeinschaftliche Sache machen! Du sollst aber weder Boden noch Deckel habe!« – Vergebens flehte Latkin und that einen Fußfall bei meinem Vater; vergebens suchte er zu erklären, was seine eigene Seele mit schmerzlichen Zweifeln füllte. – »Ohne jeden Vortheil für mich, Porphyri Petrowitsch,« lallte er; – »ich habe ja mich selbst zu Grunde gerichtet!« Mein Vater ließ sich nicht erweichen . . . Latkin kam nicht mehr mit seinem Fuße in unser Haus.

Das Schicksal selbst schien den letzten, harten Wunsch meines Vaters zur Wahrheit machen zu wollen. Bald nach dem Bruch (er fand etwa zwei Jahre vor dem Beginne meiner Erzählung statt) starb Latkin’s Frau, die freilich schon lange gekränkelt hatte; seine zweite Tochter, ein dreijähriges Mädchen, wurde in einem Tage vor Schreck taub und stumm, ein Bienenschwarm setzte sich auf ihren Kopf; Latkin selbst wurde von einem Schlaganfall heimgesucht und versank in die äußerste Armuth.

Man konnte sich gar nicht vorstellen, wie er sich durchschlug und wovon er lebte. Er wohnte in einem verfallenen Hüttchen in geringer Entfernung von unserem Hause. Seine älteste Tochter Raïsa lebte auch bei ihm und führte die Wirthschaft nach Möglichkeit. Und diese Raïsa war namentlich die neue Persönlichkeit, die ich in meiner Erzählung einführen muß.

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Litres'teki yayın tarihi:
10 aralık 2019
Hacim:
70 s. 1 illüstrasyon
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