Kitabı oku: «Tin Star», sayfa 2
Es folgte eine kurze Pause, ehe sie fortfuhr: »Vielleicht könnte er auch Johnny die Schuld geben, weil du Johnnys bester Freund bist. Ich sag's dir, Ethan, er wird sich wie ein Arschloch aufführen… Ich weiß es einfach. Ich werde meinen kleinen Bruder so lange aufnehmen, wie es sein muss – du musst nicht in die Schusslinie geraten. Sag ihm, dass er mich anrufen soll, wenn er da ist. Er kann nach San Antonio kommen und bei mir wohnen.«
Ethan ging ein Stück über den Hof, sodass er vor Spot und seinen Mätzchen sicher war. »Und was soll er da tun, Julia? Er ist ein Cowboy. In der Stadt wird er verrückt. Liebes, du wohnst in einem Hochhaus. Du hast nicht mal eine Katze. Als ich das letzte Mal bei dir war, ist dein Efeu eingegangen. Jamie würde innerhalb einer Woche einen Tobsuchtsanfall bekommen. Außerdem komm ich mit deinem Daddy schon klar. Mach dir keine Sorgen um mich.«
»Ich, weiß, dass du recht hast, aber ich hasse es, dass du zwischen die Fronten geraten bist. Sag Jamie zumindest, dass er mich anrufen soll, damit ich ihm sagen kann, dass ich ihn liebe und es mir scheißegal ist, mit wem er schläft.«
Ethan nickte, stellte dann aber fest, dass sie ihn nicht sehen konnte. »Wozu hat man Freunde, Jules? Ich sag ihm, dass er anrufen soll.« Er hob den Blick und sah, wie Jamies vulkanroter 2005 Dodge die Einfahrt hochkam.
»Danke, Ethan. Ich leg mich wieder hin. Beruhig ihn, kümmer dich um John und sag Jamie, dass er mich anrufen soll… nach fünf.«
»Ruh dich aus, Jules.« Ethan klappte das Handy zu und steckte es wieder an seinen Gürtel. Jamies Pick-up hielt an und er ging hinüber, um ihn zu begrüßen.
Was für ein beschissener Tag! Tante Margaret war vielleicht das einzige Familienmitglied, das ihm noch geblieben war, aber langsam glaubte er, dass das nicht unbedingt etwas Schlechtes sein musste.
***
Jamie zog den Schlüssel aus dem Zündschloss und sah auf. Er fürchtete sich davor, seinem älteren Bruder über den Weg zu laufen. Während sich sein Dad heute Morgen nicht zurückgehalten hatte, hatte John einfach mit offenem Mund dagesessen. Was würde er jetzt tun?
Er stöhnte. Er verhielt sich albern. Herumzutrödeln hatte keinen Sinn. Entweder würde John ihn sehen und auf ihn einschlagen, oder eben nicht. Er hatte sich entschieden, Ethans Einladung anzunehmen und herzukommen, obwohl er gewusst hatte, dass John hier war. Er musste die Suppe auslöffeln, die er sich eingebrockt hatte, genau, wie seine Mama es immer gern gesagt hatte.
Jamie setzte seinen grauen Filzhut auf, stieg aus und umrundete den Wagen.
Ethan kam auf ihn zu. Er trug einen Strohhut auf den kurzen schwarzen Haaren, der die obere Hälfte seines Gesichts und seine Augen beschattete, aber Jamie wusste, dass diese Augen eine intensive schokoladenbraune Färbung hatten. Verdammt, der Mann sieht echt gut aus. Während er und die Killian-Männer schlank und sehnig waren, war Ethan groß, mit breiten Schultern, muskulös, mit schmalen Hüften und verdammt einschüchternd. Jamie war 1,80 Meter groß und Ethan überragte ihn um mindestens zehn Zentimeter.
Ethan trug ein schwarzes T-Shirt, verwaschene Jeans und schwarze Stiefel. Unter seinem Ärmel lugte das Tattoo hervor, das er sich als Teenager mit John hatte stechen lassen. Ethan und John waren nicht mal volljährig gewesen, aber irgendwie hatten sie es durchbekommen. Beide hatten sich das Wappen ihrer Ranches auf den linken Oberarm tätowieren lassen. Johns bestand aus vier Js, die oben von einem Balken zusammengehalten wurden, während Ethan einen Stern mit der Nummer zehn in der Mitte hatte. Mama und Daddy hatten tagelang getobt, als John damit nach Hause gekommen war. Er war sich ziemlich sicher, dass Ethan von seinem Daddy auch einen aufs Dach bekommen hatte.
Jamie hatte einmal gehört, dass Ethans Mama zur Hälfte Mexikanerin gewesen war. Und das war ihm anzusehen. Ethan hatte das ganze Jahr über einen dunkleren Teint und sehr wenig Körperbehaarung. Er hatte nur ein paar vereinzelte Haare auf der Brust und Jamie bezweifelte, dass sich Ethan einen Vollbart stehen lassen konnte, selbst wenn er es versuchte. Gott sei Dank – es wäre eine Schande, diese Perfektion von einem kantigen Kiefer zu verbergen. Dieser Mann war Sex auf zwei Beinen und hatte absolut keine Ahnung davon. Die Frauen warfen sich ihm praktisch vor die Füße, seit Jamie denken konnte, und es schien Ethan immer zu schockieren, als könnte er nicht glauben, dass sich Frauen seinetwegen so verhielten. Jamie würde liebend gern seinen Gesichtsausdruck sehen, falls ihm je klar wurde, dass er dieselbe Wirkung auf Männer hatte, denn Jamie wollte sich ihm verdammt noch mal auch zu Füßen werfen und flehen.
Jamie schüttelte den Kopf, um die Gedanken loszuwerden, als er auf Ethan zuging. Er war wegen eines Jobs hergekommen und selbst wenn er ihn aus Mitleid bekommen hatte, war es ein verdammt guter Job und er wollte sein Bestes geben, um Ethans Vertrauen zu rechtfertigen. Ethan war vielleicht der beste Freund seines Bruders, aber auch der Besitzer einer sehr profitablen Ranch. Die Tin Star gab es schon seit vier Generationen und war berühmt für ihre Langhornrinder.
Jamie trat vor Ethan und wurde erneut an seine Größe erinnert. Verdammt, er ist groß und, oh Gott… er riecht so gut!
Er streckte die Hand aus, die Ethan ergriff, doch anstatt sie zu schütteln, wie Jamie erwartet hatte, zog Ethan ihn in einer Art Umarmung an seine Brust und klopfte ihm auf den Rücken.
Jamie stockte der Atem. Oh, Ethan fühlte sich gut an. Jamies Bauch zog sich zusammen und sein Schwanz regte sich. Scheiße! Reiß dich zusammen, Killian! Er war immer mächtig in Ethan verknallt gewesen und hatte gehofft, es gut versteckt zu haben, aber aus irgendeinem Grund waren seine Sinne in höchster Alarmbereitschaft, seit er Ethans Stimme am Telefon gehört hatte. Er würde sich am Riemen reißen müssen. Es würde Ethan auf keinen Fall gefallen zu sehen, welche Wirkung er auf ihn hatte, vor allem jetzt, da er und John wussten, dass Jamie schwul war. Vorher hätte Ethan es vielleicht abgetan, aber mit seinem neu gefundenen Wissen über Jamies sexuelle Orientierung war es sehr unwahrscheinlich, dass er es irgendwie missverstehen könnte. Und es wäre wirklich beschissen, zweimal am selben Tag rausgeworfen zu werden.
Ethan trat einen Schritt zurück, ließ seine Hand aber nicht sofort los. »Wie geht's dir, Kleiner?«
Jamie blinzelte und versuchte, sich auf die Unterhaltung zu konzentrieren. Das war seltsam, es wirkte beinahe so, als würde Ethan ihn nur ungern loslassen. Aber schließlich – und viel zu früh, wenn man Jamie fragte – ließ Ethan die Hand sinken.
»Ähm, ganz gut, denke ich. Danke, Ethan. Du wirst es nicht bereuen. Ich werde meinen Beitrag leisten.«
Ethan grinste. »Das weiß ich. Du hast schon immer hart gearbeitet.« Er ging zum Haus und bedeutete Jamie mit einem Nicken, ihm zu folgen. »Hast du Hunger? Wie wäre es, wenn wir was zum Mittag essen? Ich wollte gerade was kochen.«
Jamie lief neben Ethan her. »Aber ist John nicht da drin?«
Ethan blieb stehen und sah ihn an. »Ja. Ist das ein Problem?«
»Nein… Ich dachte nur, dass ich gerade wahrscheinlich der letzte Mensch bin, den er sehen will.«
»Na ja, die Chancen stehen gut, dass er noch schläft, aber du solltest mit ihm reden. Auch mit deiner Schwester. Ich glaube, du wärst überrascht darüber, was sie zu sagen haben. Gib ihnen eine Chance, Jamie. Jules hat sich schon panisch bei mir gemeldet und gefragt, ob ich was von dir gehört habe. Dein Daddy hat sie angerufen.«
»Was? Daddy hat Julia angerufen?«
Ethan nickte.
»Verdammt!«
»Ja, sie war ziemlich aufgebracht, weil du nicht ans Handy gegangen bist. Komm schon, Jamie, lass uns was essen. Vielleicht ist John wach, wenn wir fertig sind.« Er setzte sich wieder in Bewegung.
Jamie blieb geschockt stehen. War es möglich, dass Julia und John auf seiner Seite waren?
Der Gedanke wurde unterbrochen, bevor er sich wirklich damit beschäftigen konnte – Ethan hatte gerade die Veranda betreten und trat sich die Stiefel auf der Fußmatte ab. Jamies Blick richtete sich auf seinen Hintern. Verdammt, dieser feste Arsch sah in der Jeans echt gut aus.
»Kommst du, Kleiner?«
»Was? Oh ja!« Jamie löste seinen Blick von Ethans Hintern und trabte zum Haus. Oh Mann, die Arbeit mit Ethan würde hart werden… wortwörtlich! Hoffentlich würde Daddy über seine Wut hinwegkommen. Und zwar bald.
Kapitel 3
Ethan wurde von Geschrei und Bellen geweckt. Er hatte nicht mal einen Hund. Blinzelnd öffnete er die Augen und warf einen Blick auf die Uhr. 02:13 Uhr.
Was zur Hölle? Oh, richtig! Nachdem John aus seiner Benommenheit aufgewacht war, etwas gegessen hatte und ein wenig nüchterner geworden war, war er losgefahren und hatte Jamie einige seiner Sachen von der Quad J geholt. Er hatte auch Fred mitgebracht.
»Pfeif deinen Hund zurück, du schwanzlutschende Schwuchtel!«
Das trieb Ethan aus dem Bett. Er schnappte sich die Jeans, die er vorhin noch getragen hatte, und hüpfte mit nacktem Arsch zum Fenster, während er sie sich mühsam anzog. Von seinem Schlafzimmer aus konnte er nach hinten raussehen und hatte einen klaren Blick auf die Baracke.
Zwei seiner Rancharbeiter, Jeff und Carl, umkreisten Jamie und Fred. Carl hatte eine Art Stange in der Hand und richtete sie auf Fred. Jamie sah aus, als hätte man ihn aus dem Bett gezerrt. Bis auf eine dunkle Jogginghose war er nackt, während Jeff und Carl vollständig angezogen waren. Na wunderbar!, dachte er bissig.
»Scheiße, Scheiße, Scheiße!« Ethan zerrte sich die Hose über die Hüften und rannte die Treppe hinunter. Er erreichte die hintere Veranda in dem Moment, als die Hölle losbrach und Bill mit einer Schrotflinte in der Hand aus der Baracke kam. »Was in aller Welt ist hier draußen los?!«
Carl versetzte Fred mit dem Stock einen Hieb, woraufhin sie winselte. Jeff versuchte, zu Jamie zu kommen, doch der wich aus und stürzte sich auf Carl.
»Wag es nicht, meinen Hund zu schlagen, du Stück Scheiße!« Jamie landete zwei gute Treffer in Carls Gesicht, bevor Jeff ihn von hinten ansprang. Fred knurrte und sprang ihrem Herrchen zu Hilfe, indem sie Carl bei den Eiern packte. Er kreischte.
Carl hatte seine Waffe verloren, Blut lief ihm aus der Nase und er schrie noch immer, während er versuchte, den Hund von sich zu schieben.
Ethan wurde nicht langsamer. Er stürzte sich direkt ins Getümmel und packte Jeff.
Der saß auf Jamies Rücken, hatte die Hände in Jamies schwarzen Haaren und versuchte, seinen Kopf auf den Boden zu schlagen. Ethan zerrte ihn am Kragen von Jamie weg.
Sobald Jeff auf den Füßen war, wandte er sich gegen Ethan und holte aus. Ethan duckte sich und schlug ihm in den Bauch. Gerade als Jeff auf die Knie sank, griff Jamie nach ihm.
Ethan öffnete den Mund, um Jamie zu sagen, dass er Jeff in Ruhe lassen sollte, als ein Schuss ertönte. Alle erstarrten. Selbst Fred. Sie ließ Carl los und rannte zu Jamie, während sie Jeff warnend anknurrte, der ihrem Herrchen für ihren Geschmack wohl etwas zu nah war.
Die beiden anderen Rancharbeiter kamen aus dem Haus und stopften sich hastig die T-Shirts in die geöffneten Hosen, drehten aber um, als Bill abwinkte.
Jamie legte Fred eine Hand auf den Kopf. »Schh, alles in Ordnung, Mädchen.«
Ethan seufzte erleichtert auf, stützte die Hände auf den Knien ab und versuchte, Luft in seine Lungen zu bekommen. »Will mir jemand erklären, was zum Teufel hier los ist?«
Jeff umklammerte seinen Bauch und kroch aus Freds Reichweite. Carl ließ sich auf die Veranda der Baracke fallen und hielt sich mit einer Hand die Eier, mit der anderen die Nase.
Fred hörte endlich auf zu knurren und Jamie wandte sich Ethan zu. Er zeigte auf Jeff und Carl. »Ich hab geschlafen, als mich diese Arschlöcher aus dem Bett und hier raus gezerrt haben. Sie haben angefangen, mich zu beschimpfen…«
Carl unterbrach ihn. »Weißt du, warum Killian ihn rausgeschmissen hat, Boss? Weißt du's? Er ist eine gottverdammte Schwuchtel!«
Es überraschte Ethan nicht, dass sie erfahren hatten, warum Jamie von der Quad J geflogen war. Diese verdammten Rancharbeiter waren genauso schlimm wie eine Gruppe alter Weiber in einem Strickzirkel, wenn es um Tratsch ging.
Ethan konnte nicht anders. Er wusste, dass es die Gemüter nicht abkühlen würde, aber er grinste trotzdem. »Tja, die Schwuchtel hat dir ziemlich gut in den Arsch getreten, nicht wahr?«
Jamie lachte leise neben ihm und Fred untermalte den Spott mit einem Bellen.
Bill seufzte und sah Ethan finster an. »Das ist nicht hilfreich, Junge!« Er blickte wieder zu den Arbeitern. »Carl, es ist mir völlig egal, mit wem der Kleine schläft, solange er seinen Job macht. Ich wusste nicht, dass man dich zur Ranch-Polizei gemacht hat.«
Ethan straffte sich und übernahm die Führung. »Jamie, hol dein Zeug und geh dann mit Fred ins Haus. Du kannst eins der Gästezimmer haben.«
Sobald Jamie und Fred in der Baracke waren, sah er zu Bill. »Sorg dafür, dass die zwei von meinem Grundstück verschwinden und uns keinen weiteren Ärger machen.«
Bill nickte knapp. »Ihr habt den Mann gehört, Leute. Packt eure Sachen.«
Ethan wandte sich ab und ging zurück zum Haus. Lautstarker Protest folgte ihm, aber er ignorierte ihn. Auf keinen Fall würde er diese beiden Arschlöcher weiter hierbehalten. Mit dem Lebensstil eines Mannes nicht einverstanden zu sein, war eine Sache, ihn im Tiefschlaf aus dem Bett zu zerren, nur um ihn zu verprügeln, weil man nicht damit einverstanden war, war eine ganz andere. Er wusste, dass Cowboys ein engstirniger Haufen waren, aber verdammt! Das hatte er einfach nicht erwartet, vor allem nicht auf seiner Ranch. Oh, Scheiße, vielleicht doch. Vielleicht hatte er sich deswegen gewünscht, Jamie hätte den Mund gehalten.
Ethan rieb sich mit den Händen über die Arme. Nun, da die Aufregung vorbei war, spürte er die Kälte in der Luft. Es war zu spät – oder zu früh, je nachdem, wie man es betrachtete –, um sich mit diesem Scheiß zu befassen.
Er füllte gerade Wasser in die Kaffeemaschine, als er Jamie und Fred hereinkommen hörte.
»Es tut mir leid, Ethan.«
»Es war nicht deine Schuld, Jamie. Sie hatten kein Recht dazu.« Er stellte die Maschine an, schob die Kanne an ihren Platz und drehte sich dann um. Jamie stand an der Tür, Fred saß neben ihm und wedelte mit dem Schwanz. Der Junge hatte seinen Cowboyhut auf, eine Reisetasche über der Schulter und ein paar Stiefel in der Hand. In der anderen hielt er zwei Edelstahlschüsseln und eine Tüte mit Hundefutter klemmte unter seinem Arm. Er trug noch immer seine Jogginghose und war barfuß, aber er hatte sich ein weißes T-Shirt übergezogen, das mindestens drei Nummern zu groß war.
Jamie war fast so groß wie er, wenn auch etwas weniger muskulös, aber diese lose rote Jogginghose und das übergroße T-Shirt ließen ihn so verdammt süß und unschuldig wirken, dass Ethan kaum ein Grinsen unterdrücken konnte. Ihn überkam das plötzliche Bedürfnis, ihn zu umarmen. »Alles in Ordnung? Geht's ihr auch gut?«, fragte er und deutete mit einem Nicken auf Fred.
Jamie verzog das Gesicht. »Ja, außer meinem Stolz ist nichts verletzt. Ich hätte wissen müssen, dass so was passiert. Ich hätte wohl von Anfang an nichts sagen sollen, hm?«
»Ja, hättest du.«
Jamie ließ den Kopf hängen und scharrte mit den Füßen.
Verdammt! Die Resignation, die er ausstrahlte, traf ihn wie ein Schlag direkt in den Magen. Er hätte selbst die Klappe halten sollen, anstatt dafür zu sorgen, dass sich der Junge noch schlechter fühlte, als er es ohnehin schon tat.
»Räum deine Sachen weg. Ich schlage vor, dass du das Zimmer neben meinem nimmst, es ist das nächstgrößte.« Er nahm die Schüsseln und das Hundefutter entgegen. »Geh schon. Ich kümmere mich um Fred. Komm wieder, wenn du fertig bist. Dann trinken wir eine Tasse Kaffee und reden.«
Jamie verließ die Küche und Fred folgte ihren Schüsseln mit freudig wedelndem Schwanz.
Ethan stellte eine Schüssel unter den Wasserhahn in der Spüle und das Futter und die andere Schüssel auf die Anrichte. Er stellte das Wasser an und tätschelte anschließend Freds Kopf.
»So ein gutes Mädchen! Dass du deinen Daddy beschützt hast. Sehen wir mal, ob wir eine Belohnung für das gute Mädchen haben.« Fred musste ihn verstanden haben, denn sie bellte glücklich und setzte sich sehr brav hin. Ethan lachte leise und kraulte sie hinter den Ohren. Er hatte Hunde schon immer geliebt.
Er stellte das Wasser ab und wühlte dann in der Vorratskammer herum. Irgendwo musste er noch etwas Trockenfleisch haben. Als er es fand, bellte Fred begeistert und kippte beinahe um, weil sie so heftig mit dem Schwanz wedelte. Lachend warf er ihr ein Stück zu. »Da hast du was, meine Hübsche.«
Nachdem er Freds Schüsseln in die Waschküche neben der Küche gebracht hatte, war der Kaffee fertig. Er schenkte zwei Tassen ein, setzte sich an den Tisch und wartete. Er wusste nicht, wie der Kleine seinen Kaffee trank, also ließ er ihn schwarz.
Jamie kam zurück und ließ sich ihm gegenüber auf den Stuhl fallen. Er sah hinüber zur Waschküche, in der Fred sich über ihr Futter hermachte, und lächelte. »Hat sie dich davon überzeugt, dass sie am Verhungern ist?«
»Nee. Ich dachte einfach nur, dass sie eine kleine Belohnung verdient hat. Sie ist ein guter Hund.«
»Ja, ist sie. Es stört dich nicht, sie im Haus zu haben?«
Ethan trank einen Schluck Kaffee und schüttelte den Kopf. »Nein. Ich vermisse es, einen Hund um mich zu haben. Es hat mir fast das Herz gebrochen, als Mutt gestorben ist, aber ich habe darüber nachgedacht, mir einen neuen anzuschaffen. Ich schwanke dazwischen, die Gesellschaft zu vermissen und mein Herz heil zu lassen. Weißt du, was ich meine?«
»Ja. Es würde mich umbringen, wenn Fred etwas passiert. Zum Glück ist sie erst ein Jahr alt, also haben wir noch viele gemeinsame Jahre vor uns.«
Ethan betrachtete den großen Schäferhund und pfiff leise. »Verdammt, sie wird riesig! Du weißt, dass große Hunde wachsen, bis sie zwei sind, richtig?«
Jamie griff nach seinem Kaffee und trank einen Schluck. »Jepp, weiß ich. Wenn sie jemals in ihre Pfoten reinwächst, wird sie ein Monster sein.«
»Da hast du recht.« Ethan nippte an seiner Tasse. »Du hast eine Hündin namens Fred und eine Stute, die George heißt. Ich weiß, dass George die Abkürzung für Georgia ist, aber wenn du so weitermachst, werden die Leute noch denken, dass du eine perverse Vorliebe dafür hast, weiblichen Tieren männliche Namen zu geben.« Er zwinkerte ihm zu.
Jamie grinste. »Fred ist die Abkürzung für Frederica. Ich dachte mir, dass sie einen deutschen Namen haben sollte, weil sie ein Deutscher Schäferhund ist. Ich hab im Internet nach deutschen Mädchennamen gesucht. Frederica hat mir gefallen, aber er ist ganz schön lang, also rufe ich sie Fred.« Plötzlich ernüchtert, warf er Ethan einen Blick zu. »Außerdem werden die Leute es jetzt einfach auf die Tatsache schieben, dass ich Männer mehr mag als Frauen.«
Ethan lehnte sich auf seinem Stuhl zurück und musterte ihn. Jamie war groß, schlank und muskulös, ohne massig zu wirken. Im Moment sah Jamie um einiges älter aus als seine 21. Die schwarzen Haare der Killians, die dazu neigten, sich zu locken, wenn sie zu lang wurden, hingen ihm ins müde wirkende Gesicht. Dunkle Ringe zeichneten sich unter den hübschen Augen ab, die etwas heller waren als die seines Bruders. Jamies Augen waren von einem kristallklaren Blau, so hell, dass sie von bestimmten Winkeln aus betrachtet beinahe farblos wirkten. Seine dunklen Augenbrauen und die hohen Wangenknochen betonten sein gutes Aussehen und er hatte ein starkes Kinn mit einer kleinen Vertiefung darin. Ein paar Stoppeln, die heute Nachmittag noch nicht da gewesen waren, bedeckten seine Wange und obwohl er von seiner Arbeit in der Sonne gebräunt war, war er eigentlich recht blass. Johns kleiner Bruder war zu einem verdammt attraktiven Mann geworden und die Tatsache, dass er erschöpft war, tat seinem guten Aussehen keinen Abbruch.
Ethans Magen zog sich bei diesen Gedanken zusammen. Warum hatte er den Kleinen vorher nie als Mann gesehen? Egal. Jetzt war nicht der richtige Zeitpunkt.
»Jamie, ich werde dich nicht anlügen. Ich glaube nicht, dass es außer dir jemanden etwas angehen sollte, dass du schwul bist. Trotzdem weißt du, wie verdammt störrisch dein Daddy ist. Du hättest wissen müssen, was er tun würde, wenn er es erfährt.«
Jamie wollte widersprechen, aber Ethan hob eine Hand. »Lass mich ausreden. Ich glaube, du hättest dich nicht outen sollen, aber du verdienst es ganz sicher nicht, wie du behandelt wurdest. Nicht nur von deinem Daddy, sondern auch von Carl und Jeff. Scheiße, es macht mich sogar sauer, dass sich John vor eurem Daddy nicht gleich für dich eingesetzt hat.« Ethan grinste plötzlich und nahm noch einen Schluck von seinem Kaffee. »Aber wahrscheinlich würde er auch hier leben und mit uns arbeiten, wenn er es getan hätte.«
Jamie lächelte, aber es erreichte diese blauen Augen nicht. »Ja. Zum Teufel, ich war einfach nur überrascht, dass John kein Problem mit mir hat. Ich hab irgendwie erwartet, dass Julia mich unterstützt, aber ich dachte wirklich, dass John so wütend sein würde wie Daddy. Wahrscheinlich ist er derselben Meinung wie du… dass ich es für mich hätte behalten sollen.«
Ethan nickte. »John ist nicht intolerant. War er nie.«
Jamie schien eine Weile darüber nachzudenken. Er schwieg einige Augenblicke, ehe er flüsterte: »Ich konnte nicht… ich konnte es nicht tun. Ich konnte nicht mehr so tun als ob.« Diese babyblauen Augen sahen aus, als würden sie ihn anflehen, ihn zu verstehen.
Ethan seufzte. »Das kapier ich, aber Scheiße, du wusstest, dass die Leute hier es nie akzeptieren würden, oder? Wir leben im verdammten Bibel-Gürtel, mit all den religiösen Fanatikern, Rassisten und Chauvinisten. Wenn du kein heterosexueller, weißer, baptistischer Mann bist, tust du besser so, als wärst du einer, und passt dich an.«
Jamie stand abrupt auf. »Den Kopf in den Sand zu stecken, macht es nicht richtig! Wie soll sich die Einstellung der Menschen je ändern, wenn sie nicht gezwungen werden, sich damit auseinanderzusetzen? Ich verstehe deine und Johns Einstellung einfach nicht!« Fred kam aus der Waschküche gerannt, starrte erst Jamie, dann Ethan und dann wieder Jamie an, während sie offensichtlich zu entscheiden versuchte, ob es eine Bedrohung gab oder nicht.
»Setz dich.«
Jamie schüttelte den Kopf, setzte sich aber trotzdem. »Du verstehst es einfach nicht! Für dich ist es einfach, mich zu kritisieren. Du wirst dir nie Sorgen darüber machen, verstecken zu müssen, wen du liebst. Scheiße, du kannst sogar heiraten! Ich nicht! Zumindest nicht legal und nicht hier.«
Ethan ließ den Kopf in die Hände sinken. Scheiße! Er wollte nicht damit anfangen. Ein anderer Zeitpunkt und ein anderer Ort wären passender gewesen. Er wusste, was der Kleine meinte. Wirklich. Er stimmte nur nicht zu. Das machte die Meinung des Jungen nicht zwangsläufig falsch, sie war nur… nicht seine. Er sah Jamie an.
»Ich verstehe wirklich, was du sagen willst. Ob du es glaubst oder nicht, ich verstehe es. Aber hast du noch nie vom Weg des geringsten Widerstands gehört? Die Frage, die du dir stellen musst, ist, ob du wirklich verstanden hast, was du getan hast. Wir leben in einem kleinen Kaff. Jetzt wirst du bis zu deinem Todestag gegen dieses Vorurteil ankämpfen… oder bis du wegziehst. Einige Menschen werden dich sofort akzeptieren, andere werden etwas Zeit brauchen, aber der Großteil der Leute hier wird es nie tun. Ihre Einstellung wird sich nicht über Nacht ändern, auch nicht in ein paar Jahren. Ich bezweifle, dass wir den Tag noch erleben, an dem schwule Männer Hand in Hand die Main Street entlanglaufen können, ohne dafür beschimpft zu werden.«
»Man muss sie zwingen, es zu akzeptieren. Du verstehst es nicht! Du und John, ihr werdet eure Gefühle für eure Frauen in der Öffentlichkeit nie verstecken müssen.«
War er je so jung und idealistisch gewesen? Verdammt, der Kleine weckte wirklich seinen Beschützerinstinkt. Er wollte ihn so dringend beschützen und ihn von dem Hass abschirmen, der ihm entgegenschlagen würde. Und das störte ihn mehr als alles andere an dieser Situation. Bis jetzt war er noch nie so aufgewühlt gewesen.
Schließlich streckte Ethan die Hand nach Fred aus, die noch immer unschlüssig zwischen ihnen hin und her sah. »Alles gut, Mädchen. Wir werden uns nicht prügeln. Leg dich hin.« Sie legte sich neben Jamies Stuhl. Was für ein kluger Hund.
Ethan richtete den Blick auf Jamie. »Trink deinen Kaffee, Kleiner. Wir sind uns einig, dass wir uns uneinig sind. Vielleicht bin ich mit deinen Methoden nicht einverstanden, aber ich werde hinter dir stehen. Du hast mein Wort. Eher soll ich verdammt sein, als dass ich zulasse, dass du verprügelst oder aus der Stadt getrieben wirst. Du hast hier eine Unterkunft und einen Job, solange du willst.«
»Danke, Ethan… für alles.«
»Gern geschehen.«
Schweigend tranken sie ihren Kaffee. Ethan wollte Jamie auf seinen Schoß ziehen und ihn trösten, sich dann aber für diesen Impuls treten. Aber die Vorstellung von Jamie auf seinem Schoß verschwand nicht. Seinem Schwanz gefiel diese Idee offenbar auch. Er stöhnte und rutschte ein wenig auf seinem Stuhl herum. Das war eine der schlechtesten Ideen die er – und sein Schwanz – jemals gehabt hatten. Jamie war nicht nur gute elf Jahre jünger als er, ganz zu schweigen davon, dass er der kleine Bruder seines besten Freundes war, sondern hatte sich auch noch selbst geoutet.
»Alles in Ordnung?«
Er sah in neugierige blaue Augen auf. »Hm?«
»Du hast gestöhnt. Hast du dir bei der Prügelei was gezerrt? In deinem Alter bist du so was wahrscheinlich nicht mehr gewohnt.«
Super! Er hatte wegen dem Kleinen einen Ständer, der glaubte, er wäre zu alt, um sich zu prügeln. Er seufzte. »Nein, alles gut. Hör zu, ich gehe ins Bett. Fühl dich mit Fred wie zu Hause. Mi casa es su casa und so weiter.« Er stand auf und sah, wie Jamies Blick an seinem nackten Oberkörper hinunter zu seinem Schritt glitt und sich seine Augen weiteten. Ein verträumter Ausdruck machte sich auf seinem Gesicht breit und er leckte sich über die Lippen. Dann blinzelte er Ethan an, wandte schnell den Blick ab, lief rot an und sah wieder zu ihm auf.
Sein Interesse half nicht, Ethan abzukühlen. Sein Schwanz zuckte und seine Hoden zogen sich angesichts dieser begeisterten Aufmerksamkeit zusammen. Er wusste, dass er hart war, aber war es wirklich so verdammt offensichtlich? Seine Jeans war nicht so eng. Ethan sah nach unten und, ja, es war so offensichtlich. Er wusste nicht, ob er mit Jamie erröten oder lachen sollte. Stattdessen überkam ihn das plötzliche Bedürfnis, dem Jungen seinen Kommentar über sein Alter heimzuzahlen.
Er grinste Jamie an und sagte: »Fang gar nicht erst an! Meine Willenskraft ist ziemlich stark, Kleiner, aber nicht so stark. Das fehlt mir gerade noch, dass du mich auch outest.«
Jamie riss die Augen so weit auf, dass Ethan fürchtete, sie würden ihm direkt aus dem Gesicht fallen. Dann ließ Jamie seine Tasse auf den Tisch fallen, sodass der Kaffee überschwappte. Hastig sprang er auf, um dem heißen Getränk auszuweichen, sodass der Stuhl klappernd umkippte.
Sein Blick huschte wieder zu Ethan. Die Röte war verschwunden, jetzt war er leichenblass. Er starrte Ethan an, als wäre ihm ein zweiter Kopf gewachsen.
Ethan konnte nur mit Mühe ein zufriedenes Grinsen unterdrücken. Er stellte seine Tasse in die Spüle. Als er durch die Küchentür hinausging, rief er über die Schulter: »Nacht, Kleiner. Mach das sauber, bevor du ins Bett gehst.«