Kitabı oku: «Gebrüder Grimm: Kinder- und Haus-Märchen – Band 183e in der gelben Buchreihe – bei Jürgen Ruszkowski», sayfa 10
Hochdeutsche Version: Von dem Fischer und seiner Frau
Hochdeutsche Version: Von dem Fischer und seiner Frau
Es war einmal ein Fischer und seine Frau, die wohnten zusammen in einer kleinen Fischerhütte, dicht an der See, und der Fischer ging alle Tage hin und angelte, und angelte und angelte.
So saß er auch einmal mit seiner Angel und sah immer in das klare Wasser hinein: und so saß er nun und saß. Da ging die Angel auf den Grund, tief hinunter, und als er sie heraufhohe, da holte er einen großen Butt heraus. Da sagte der Butt zu ihm: „Hör mal, Fischer, ich bitte dich, lass mich leben, ich bin kein richtiger Butt, ich bin ein verwunschener Prinz. Was hilft's dir denn, wenn du mich tötest? Ich würde dir doch nicht recht schmecken: Setz mich wieder ins Wasser und lass mich schwimmen.“ – „Nun“, sagte der Mann, „du brauchst nicht so viele Worte zu machen: einen Butt, der sprechen kann, werde ich doch wohl schwimmen lassen.“ Damit setzte er ihn wieder in das klare Wasser. Da ging der Butt auf Grund und ließ einen langen Streifen Blut hinter sich. Da stand der Fischer auf und ging zu seiner Frau in die kleine Hütte.
„Mann“, sagte die Frau, „hast du heute nichts gefangen?“ – „Nein“, sagte der Mann. „Ich fing einen Butt, der sagte, er wäre ein verwunschener Prinz, da hab ich ihn wieder schwimmen lassen.“ – „Hast du dir denn nichts gewünscht?“ sagte die Frau. „Nein“, sagte der Mann, „was sollte ich mir wünschen?“ – „Ach“, sagte die Frau, „das ist doch übel, immer hier in der Hütte zu wohnen: die stinkt und ist so eklig; du hättest uns doch ein kleines Häuschen wünschen können. Geh noch einmal hin und ruf ihn. Sag ihm, wir wollen ein kleines Häuschen haben, er tut das gewiss.“ – „Ach“, sagte der Mann, „was soll ich da nochmal hingehen“ – „I“, sagte die Frau, „du hattest ihn doch gefangen und hast ihn wieder schwimmen lassen – er tut das gewiss. Geh gleich hin!“ Der Mann wollte noch nicht recht, wollte aber auch seiner Frau nicht zuwiderhandeln und ging hin an die See.
Als er dorthin kam, war die See ganz grün und gelb und gar nicht mehr so klar. So stellte er sich hin und sagte:
„Männlein, Männlein, Timpe Te,
Buttje, Buttje in der See,
meine Frau, die Ilsebill,
will nicht so, wie ich wohl will.“
Da kam der Butt angeschwommen und sagte: „Na, was will sie denn?“ – „Ach“, sagte der Mann, „ich hatte dich doch gefangen; nun sagt meine Frau, ich hätt mir doch was wünschen sollen. Sie mag nicht mehr in der Hütte wohnen, sie will gern ein Häuschen.“ – „Geh nur“, sagte der Butt, „sie hat es schon.“
Da ging der Mann hin, und seine Frau saß nicht mehr in der kleinen Hütte, denn an ihrer Stelle stand jetzt ein Häuschen, und seine Frau saß vor der Türe auf einer Bank. Da nahm ihn seine Frau bei der Hand und sagte zu ihm: „Komm nur herein, sieh, nun ist doch das viel besser.“ Da gingen sie hinein, und in dem Häuschen war ein kleiner Vorplatz und eine kleine reine Stube und Kammer, wo jedem sein Bett stand, und Küche und Speisekammer, alles aufs beste mit Gerätschaften versehen und aufs schönste aufgestellt, Zinnzeug und Messing, was eben so dazugehört. Dahinter war auch ein kleiner Hof mit Hühnern und Enten und ein kleiner Garten mit Grünzeug und Obst. „Sieh“, sagte die Frau, „ist das nicht nett?“ – „Ja“, sagte der Mann, „so soll es bleiben; nun wollen wir recht vergnügt leben.“ – „Das wollen wir uns bedenken“, sagte die Frau. Dann aßen sie etwas und gingen zu Bett.
So ging es wohl nun acht oder vierzehn Tage, da sagte die Frau: „Hör, Mann, das Häuschen ist auch gar zu eng, und der Hof und der Garten ist so klein: der Butt hätte uns auch wohl ein größeres Haus schenken können. Ich möchte wohl in einem großen steinernen Schloss wohnen. Geh hin zum Butt, er soll uns ein Schloss schenken.“ – „Ach Frau“, sagte der Mann, „das Häuschen ist ja gut genug, warum wollen wir in einem Schloss wohnen?“ – „I was“, sagte die Frau, „geh du man hin, der Butt kann das schon.“ – „Nein, Frau“, sagte der Mann, „der Butt hat uns erst das Häuschen gegeben. Ich mag nun nicht schon wieder kommen, den Butt könnte das verdrießen.“ – „Geh doch“, sagte die Frau, „er kann das recht gut und tut es auch gern; geh du nur hin.“ Dem Mann war sein Herz so schwer, und er wollte nicht; er sagte zu sich selber: „Das ist nicht recht.“ Aber er ging doch hin.
Als er an die See kam, war das Wasser ganz violett und dunkelblau und grau und dick, und gar nicht mehr so grün und gelb, doch war es noch still. Da stellte er sich hin und sagte:
„Männlein, Männlein, Timpe Te,
Buttje, Buttje in der See,
meine Frau, die Ilsebill,
will nicht so, wie ich wohl will.“
„Na, was will sie denn?“ sagte der Butt. „Ach“, sagte der Mann, halb betrübt, „sie will in einem großen steinernen Schloss wohnen.“ – „Geh nur hin, sie steht vor der Tür“, sagte der Butt.
Da ging der Mann hin und dachte, er wollte nach Hause gehen, als er aber dahin kam, da stand dort ein großer steinerner Palast, und seine Frau stand oben auf der Treppe und wollte hineingehen: da nahm sie ihn bei der Hand und sagte: „Komm nur herein.“ Damit ging er mit ihr hinein, und in dem Schloss war eine große Diele mit einem marmornen Estrich, und da waren so viele Bediente, die rissen die großen Türen auf, und die Wände waren alle blank und mit schönen Tapeten ausgestattet, und in den Zimmern lauter goldene Stühle und Tische, und kristallene Kronleuchter hingen von der Decke; alle Stuben und Kammern waren mit Fußdecken versehen. Auf den Tischen stand das Essen und der allerbeste Wein, dass sie fast brechen wollten. Und hinter dem Haus war auch ein großer Hof mit Pferde- und Kuhstall, und Kutschwagen: alles vom allerbesten; auch war da ein großer herrlicher Garten mit den schönsten Blumen und feinen Obstbäumen, und ein herrlicher Park, wohl eine halbe Meile lang, da waren Hirsche und Rehe drin und alles, was man nur immer wünschen mag. „Na“, sagte die Frau, „ist das nun nicht schön?“ – „Ach ja“, sagte der Mann, „so soll es auch bleiben. Nun wollen wir auch in dem schönen Schloss wohnen und wollen zufrieden sein.“ – „Das wollen wir uns bedenken“, sagte die Frau, „und wollen es beschlafen.“ Darauf gingen sie zu Bett.
Am andern Morgen wachte die Frau als erste auf; es war gerade Tag geworden, und sah von ihrem Bett aus das herrliche Land vor sich liegen. Der Mann reckte sich noch, da „sie ihn mit dem Ellbogen in die Seite und sagte: "Mann, steh auf und guck mal aus dem Fenster. Sieh, können wir nicht König werden über all das Land? Geh hin zum Butt, wir wollen König sein.“ – „Ach Frau“, sagte der Mann, „warum wollen wir König sein?“ – „Nun“, sagte die Frau, „willst du nicht König sein, so will ich König sein. Geh hin zum Butt, ich will König sein.“ – „Ach Frau“, sagte der Mann, „was willst du König sein? Das mag ich ihm nicht sagen.“ – „Warum nicht?“ sagte die Frau, „geh stracks hin, ich muss König sein.“ Da ging der Mann hin und war ganz bedrückt, dass seine Frau König werden wollte. Das ist und ist nicht recht, dachte der Mann. Er wollte nicht hingehen, ging aber dann doch hin.
Und als er an die See kam, war die See ganz schwarzgrau, und das Wasser drängte so von unten herauf und stank auch ganz faul. Da stellte er sich hin und sagte:
„Männlein, Männlein, Timpe Te,
Buttje, Buttje in der See,
meine Frau, die Ilsebill,
will nicht so, wie ich wohl will.“
„Na, was will sie denn?“ sagte der Butt. „Ach“, sagte der Mann, „sie will König werden.“ – „Geh nur hin, sie ist es schon“, sagte der Butt.
Da ging der Mann hin, und als er zu dem Palast kam, war das Schloss viel größer geworden, mit einem großen Turm und herrlichem Zierat daran: und die Schildwache stand vor dem Tor, und da waren so viele Soldaten und Pauken und Trompeten. Und als er in das Haus kam, so war alles von purem Marmor und Gold, und sammtne Decken und große goldene Quasten. Da gingen die Türen von dem Saal auf, wo der ganze Hofstaat war, und seine Frau saß auf einem hohen Thron von Gold und Diamanten und hatte eine große goldene Krone auf und das Zepter in der Hand von purem Gold und Edelstein. Und auf beiden Seiten von ihr standen sechs Jungfrauen in einer Reihe, immer eine einen Kopf kleiner als die andere. Da stellte er sich hin und sagte: „Ach Frau, bist du nun König?“ – „Ja“, sagte die Frau, „nun bin ich König.“ Da stand er nun und sah sie an; und als er sie eine Zeitlang so angesehen hatte, sagte er: „Ach Frau, was ist das schön, dass du nun König bist! Nun wollen wir uns auch nichts mehr wünschen.“ – „Nein, Mann“, sagte die Frau, und war ganz unruhig, „mir wird schon Zeit und Weile lang, ich kann das nicht mehr aushalten. Geh hin zum Butt: König bin ich, nun muss ich auch Kaiser werden.“ – „Ach Frau“, sagte der Mann, „warum willst du Kaiser werden?“ – „Mann“, sagte sie, „geh zum Butt, ich will Kaiser sein!“ – „Ach Frau“, sagte der Mann, „Kaiser kann er nicht machen, ich mag dem Butt das nicht zu sagen; Kaiser ist nur einmal im Reich: Kaiser kann der Butt nicht machen.“ – „Was“, sagte die Frau, „ich bin König, und du bist doch mein Mann; willst du gleich hingehen? Gleich geh hin! – Kann er Könige machen, so kann er auch Kaiser machen; ich will und will Kaiser sein! Geh gleich hin!“ Da musste er hingehen. Als der Mann aber hinging, war ihm ganz bang; und als er so ging, dachte er bei sich: Das geht und geht nicht gut: Kaiser ist zu unverschämt, der Butt wird's am Ende leid. Inzwischen kam er an die See. Da war die See noch ganz schwarz und dick und fing an, so von unten herauf zu schäumen, dass sie Blasen warf; und es ging so ein Wirbelwind über die See hin, dass sie sich nur so drehte. Und den Mann ergriff ein Grauen. Da stand er nun und sagte:
„Männlein, Männlein, Timpe Te,
Buttje, Buttje in der See,
meine Frau, die Ilsebill,
will nicht so, wie ich wohl will.“
„Na, was will sie denn?“ sagte der Butt. „Ach, Butt“, sagte er, „meine Frau will Kaiser werden.“ – „Geh nur hin“, sagte der Butt, „sie ist es schon.“
Da ging der Mann hin, und als er dort ankam, war das ganze Schloss von poliertem Marmor mit Figuren aus Alabaster und goldenen Zieraten. Vor der Tür marschierten die Soldaten, und sie bliesen Trompeten und schlugen Pauken und Trommeln; aber in dem Haus, da gingen die Barone und Grafen und Herzöge herum und taten, als ob sie Diener wären. Die machten ihm die Türen auf, die von lauter Gold waren. Und als er hereinkam, da saß seine Frau auf einem Thron, der war von einem Stück Gold und war wohl zwei Meilen hoch; und sie hatte eine große goldene Krone auf, die war drei Ellen hoch und mit Brillanten und Karfunkelsteinen besetzt. In der einen Hand hatte sie das Zepter und in der anderen den Reichsapfel, und auf beiden Seiten neben ihr, da standen die Trabanten so in zwei Reihen, immer einer kleiner als der andere, von dem allergrößten Riesen, der war zwei Meilen hoch, bis zu dem allerwinzigsten Zwerg, der war so groß wie mein kleiner Finger. Und vor ihr standen viele Fürsten und Herzöge. Da trat nun der Mann zwischen sie und sagte: „Frau, bist du nun Kaiser?“ – „Ja“, sagte sie, „ich bin Kaiser.“ Da stellte er sich nun hin und besah sie sich recht, und als er sie so eine Zeitlang angesehen hatte, da sagte er: „Ach, Frau, wie steht dir das schön, dass du Kaiser bist.“ – „Mann“, sagte sie, „was stehst du da? Ich bin nun Kaiser, nun will ich auch Papst werden; geh hin zum Butt.“ – „Ach Frau“, sagte der Mann, „was willst du denn nicht alles? Papst kannst du nicht werden, ihn gibt's nur einmal in der Christenheit: das kann er doch nicht machen!“ – „Mann“, sagte sie, „ich will Papst werden, geh gleich hin, ich muss heute noch Papst werden.“ – „Nein, Frau“, sagte der Mann, „das mag ich ihm nicht sagen, das ist nicht gut, das ist zuviel verlangt, zum Papst kann dich der Butt nicht machen.“ – „Mann, schwatz kein dummes Zeug!“ sagte die Frau. „Kann er Kaiser machen, so kann er auch einen Papst machen. Geh sofort hin; ich bin Kaiser, und du bist doch mein Mann. Willst du wohl hingehen?“ Da wurde ihm ganz bang zumute, und er ging hin, aber ihm war ganz flau dabei; er zitterte und bebte, und die Knie und Waden schlotterten ihm. Und da strich so ein Wind über das Land, und die Wolken flogen, und es wurde so düster wie gegen den Abend zu: die Blätter wehten von den Bäumen, und das Wasser ging hoch und brauste so, als ob es kochte, und platschte an das Ufer, und in der Ferne sah er die Schiffe, die gaben Notschüsse ab und tanzten und sprangen auf den Wogen. Doch war der Himmel in der Mitte noch ein bisschen blau, aber an den Seiten, da zog es so recht rot auf wie ein schweres Gewitter. Da ging er ganz verzagt hin und stand da in seiner Angst und sagte:
„Männlein, Männlein, Timpe Te,
Buttje, Buttje in der See,
meine Frau, die Ilsebill,
will nicht so, wie ich wohl will.“
„Na, was will sie denn?“ sagte der Butt. „Ach“; sagte der Mann, „sie will Papst werden.“ – „Geh nur hin, sie ist es schon“, sagte der Butt.
Da ging er hin, und als er ankam, da war da eine große Kirche, von lauter Palästen umgeben. Da drängte er sich durch das Volk; inwendig war aber alles mit tausend und tausend Lichtern erleuchtet, und seine Frau war ganz in Gold gekleidet und saß auf einem noch viel höheren Thron und hatte drei große goldene Kronen auf, und um sie herum, da war so viel geistlicher Staat, und zu beiden Seiten von ihr, da standen zwei Reihen Lichter, das größte so dick und so groß wie der allergrößte Turm, bis zu dem allerkleinsten Küchenlicht. Und all die Kaiser und Könige, die lagen vor ihr auf den Knien und küssten ihr den Pantoffel. „Frau“, sagte der Mann und sah sie so recht an, „bist du nun Papst?“ – „Ja“, sagte sie, „ich bin Papst.“ Da ging er hin und sah sie recht an, und da war ihm, als ob er in die helle Sonne sähe. Als er sie so eine Zeitlang angesehen hatte, sagte er: „Ach Frau, wie gut steht dir das, dass du Papst bist!“ Sie saß aber ganz steif wie ein Baum und rührte und regte sich nicht. Da sagte er: „Frau, nun sei zufrieden, dass du Papst bist, denn nun kannst du doch nichts mehr werden.“ – „Das will ich mir bedenken“, sagte die Frau. Damit gingen sie beide zu Bett. Aber sie war nicht zufrieden, und die Gier ließ sie nicht schlafen; sie dachte immer, was sie noch werden könnte.
Der Mann schlief recht gut und fest, er hatte am Tag viel laufen müssen; die Frau aber konnte gar nicht einschlafen und warf sich die ganze Nacht von einer Seite auf die andere und dachte immer darüber nach, was sie wohl noch werden könnte, und konnte sich doch auf nichts mehr besinnen. Indessen wollte die Sonne aufgehen, und als sie das Morgenrot sah, setzte sie sich aufrecht im Bett hin und sah da hinein. Und als sie aus dem Fenster die Sonne so heraufkommen sah: Ha, dachte sie, kann ich nicht auch die Sonne und den Mond aufgehen lassen? – „Mann“, sagte sie und stieß ihn mit dem Ellenbogen in die Rippen; „wach auf, geh hin zum Butt, ich will werden wie der liebe Gott.“ Der Mann war noch ganz schlaftrunken, aber er erschrak so, dass er aus dem Bett fiel. Er meinte, er hätte sich verhört, rieb sich die Augen aus und sagte: „Ach Frau, was sagst du?“ – „Mann“, sagte sie, „wenn ich nicht die Sonne und den Mond kann aufgehen lassen, das kann ich nicht aushalten, und ich habe keine ruhige Stunde mehr, dass ich sie nicht selbst kann aufgehen lassen.“ Dabei sah sie ihn ganz böse an, dass ihn ein Schauder überlief. „Gleich geh hin, ich will werden wie der liebe Gott.“ – „Ach Frau“, sagte der Mann und fiel vor ihr auf die Knie, „das kann der Butt nicht. Kaiser und Papst kann er machen; – ich bitte dich, geh in dich und bleib Papst.“ Da überkam sie die Bosheit, die Haare flogen ihr so wild um den Kopf und sie schrie: „Ich halte das nicht aus! Und ich halte das nicht länger aus! Willst du hingehen?!“ Da zog er sich die Hose an und lief davon wie unsinnig.
Draußen aber ging der Sturm und brauste, dass er kaum auf den Füßen stehen konnte. Die Häuser und die Bäume wurden umgeweht, und die Berge bebten, und die Felsenstücke rollten in die See, und der Himmel war ganz pechschwarz, und es donnerte und blitzte, und die See ging in so hohen schwarzen Wogen wie Kirchtürme und Berge, und hatten oben alle eine weiße Schaumkrone auf. Da schrie er, und konnte sein eigenes Wort nicht hören:
„Männlein, Männlein, Timpe Te,
Buttje, Buttje in der See,
meine Frau, die Ilsebill,
will nicht so, wie ich wohl will.“
„Na, was will sie denn?“ sagte der Butt. „Ach“, sagte er, „sie will werden wie der liebe Gott.“ – „Geh nur hin, sie sitzt schon wieder in der Fischerhütte.“
Da sitzen sie noch bis auf den heutigen Tag.
* * *
Das tapfere Schneiderlein
Das tapfere Schneiderlein
An einem Sommermorgen saß ein Schneiderlein auf seinem Tisch am Fenster, war guter Dinge und nähte aus Leibskräften. Da kam eine Bauersfrau die Straße herab und rief: „Gut Mus feil! gut Mus feil!“ Das klang dem Schneiderlein lieblich in die Ohren, er steckte sein zartes Haupt zum Fenster hinaus und rief: „Hier herauf, liebe Frau, hier wird Sie ihre Ware los.“ Die Frau stieg die drei Treppen mit ihrem schweren Korb zu dem Schneider herauf und musste die Töpfe sämtlich vor ihm auspacken. Er besah sie alle, hob sie in die Höhe, hielt die Nase dran und sagte endlich: „Das Mus scheint mir gut, wieg Sie mir doch vier Lot ab, liebe Frau, wenn's auch ein Viertelpfund ist, kommt es mir nicht darauf an.“ Die Frau, welche gehofft hatte, einen guten Absatz zu finden, gab ihm was er verlangte, ging aber ganz ärgerlich und brummig fort. „Nun, das Mus soll mir Gott gesegnen“, rief das Schneiderlein, „und soll mir Kraft und Stärke geben“, holte das Brot aus dem Schrank, schnitt sich ein Stück über den ganzen Laib und strich das Mus darüber. „Das wird nicht bitter schmecken“, sprach er, „aber erst will ich den Wams fertig machen, ehe ich anbeiße.“ Er legte das Brot neben sich, nähte weiter und machte vor Freude immer größere Stiche. Indes stieg der Geruch von dem süßen Mus hinauf an die Wand, wo die Fliegen in großer Menge saßen, sodass sie herangelockt wurden und sich scharenweise darauf niederließen. „Ei, wer hat euch eingeladen?“ sprach das Schneiderlein und jagte die ungebetenen Gäste fort. Die Fliegen aber, die kein deutsch verstanden, ließen sich nicht abweisen, sondern kamen in immer größerer Gesellschaft wieder. Da lief dem Schneiderlein endlich, wie man sagt, die Laus über die Leber, es langte aus seiner Hölle nach einem Tuchlappen, und „wart, ich will es euch geben!“ schlug es unbarmherzig drauf. Als es abzog und zählte, so lagen nicht weniger als sieben vor ihm tot und streckten die Beine. „Bist du so ein Kerl?“ sprach er, und musste selbst seine Tapferkeit bewundern, „das soll die ganze Stadt erfahren.“ Und in der Hast schnitt sich das Schneiderlein einen Gürtel, nähte ihn und stickte mit großen Buchstaben darauf: „Sieben auf einen Streich!“ „Ei was, Stadt!“ sprach er weiter, „die ganze Welt soll's erfahren!“ und sein Herz wackelte ihm vor Freude wie ein Lämmerschwänzchen.
Der Schneider band sich den Gürtel um den Leib und wollte in die Welt hinaus, weil er meinte, die Werkstätte sei zu klein für seine Tapferkeit. Ehe er abzog, suchte er im Haus herum, ob nichts da wäre, was er mitnehmen könnte, er fand aber nichts als einen alten Käse, den steckte er ein. Vor dem Tor bemerkte er einen Vogel, der sich im Gesträuch gefangen hatte, der musste zu dem Käse in die Tasche. Nun nahm er den Weg tapfer zwischen die Beine, und weil er leicht und behend war, fühlte er keine Müdigkeit. Der Weg führte ihn auf einen Berg, und als er den höchsten Gipfel erreicht hatte, so saß da ein gewaltiger Riese und schaute sich ganz gemächlich um. Das Schneiderlein ging beherzt auf ihn zu, redete ihn an und sprach: „Guten Tag, Kamerad, gelt, du sitzest da und besiehst dir die weitläufige Welt? ich bin eben auf dem Weg dahin und will mich versuchen. Hast du Lust mitzugehen?“ Der Riese sah den Schneider verächtlich an und sprach: „Du Lump! du miserabler Kerl!“ „Das wäre!“ antwortete das Schneiderlein, knöpfte den Rock auf und zeigte dem Riesen den Gürtel, „da kannst zu lesen was ich für ein Mann bin.“ Der Riese las: „Sieben auf einen Streich“, meinte, das wären Menschen gewesen, die der Schneider erschlagen hätte, und kriegte ein wenig Respekt vor dem kleinen Kerl. Doch wollte er ihn erst prüfen, nahm einen Stein in die Hand, und drückte ihn zusammen, dass das Wasser heraustropfte. „Das mach mir nach“, sprach der Riese, „wenn du Stärke hast.“ „Ist's weiter nichts?“ sagte das Schneiderlein, „das ist bei unsereinem Spielwerk“, griff in die Tasche, holte den weichen Käse und drückte ihn, dass der Saft herauslief. „Gelt“, sprach er, „das war ein wenig besser?“ Der Riese wusste nicht was er sagen sollte, und konnte es von dem Männlein nicht glauben. Da hob der Riese einen Stein auf und warf ihn so hoch, dass man ihn mit Augen kaum noch sehen konnte: „Nun, du Erpelmännchen, das tu mir nach.“ „Gut geworfen“, sagte der Schneider, „aber der Stein hat doch wieder zur Erde herabfallen müssen, ich will dir einen werfen, der soll gar nicht wieder kommen;“ griff in die Tasche, nahm den Vogel und warf ihn in die Luft. Der Vogel, froh über seine Freiheit, stieg auf, flog fort und kam nicht wieder. „Wie gefällt dir das Stückchen, Kamerad?“ fragte der Schneider. „Werfen kannst du wohl“, sagte der Riese, „aber nun wollen wir sehen, ob du imstande bist, etwas Ordentliches zu tragen.“ Er führte das Schneiderlein zu einem mächtigen Eichbaum, der da gefällt auf dem Boden lag, und sagte: „Wenn du stark genug bist, so hilf mir den Baum aus dem Wald heraustragen.“ „Gern“, antwortete der kleine Mann, „nimm nur den Stamm auf deine Schulter, ich will die Äste mit dem Gezweig aufheben und tragen, das ist doch das schwerste.“ Der Riese nahm den Stamm auf die Schulter, der Schneider aber setzte sich auf einen Ast, und der Riese, der sich nicht umsehen konnte, musste den ganzen Baum und das Schneiderlein noch obendrein forttragen. Es war da hinten ganz lustig und guter Dinge, pfiff das Liedchen: „Es ritten drei Schneider zum Tor hinaus“, als wäre das Baumtragen ein Kinderspiel. Der Riese, nachdem er ein Stück Weges die schwere Last fortgeschleppt hatte, konnte nicht weiter und rief: „Hör, ich muss den Baum fallen lassen.“ Der Schneider sprang behendiglich herab, fasste den Baum mit beiden Armen, als wenn er ihn getragen hätte, und sprach zum Riesen: „Du bist ein so großer Kerl und kannst den Baum nicht einmal tragen.“
Sie gingen zusammen weiter, und als sie an einem Kirschbaum vorbei kamen, fasste der Riese die Krone des Baumes, wo die zeitigsten Früchte hingen, bog sie herab, gab sie dem Schneider in die Hand und hieß ihn essen. Das Schneiderlein aber war viel zu schwach, um den Baum zu halten, und als der Riese losließ, fuhr der Baum in die Höhe, und der Schneider ward mit in die Luft geschnellt. Als er wieder ohne Schaden herabgefallen war, sprach der Riese: „Was ist das, hast du nicht Kraft, die schwache Gerte zu halten?“ „An der Kraft fehlt es nicht“, antwortete das Schneiderlein, „meinst du, das wäre etwas für einen, der sieben mit einem Streich getroffen hat? ich bin über den Baum gesprungn, weil die Jäger da unten in das Gebüsch schießen. Spring nach, wenn du's vermagst.“ Der Riese machte den Versuch, konnte aber nicht über den Baum kommen, sondern blieb in den Ästen hängen, also dass das Schneiderlein auch hier die Oberhand behielt.
Der Riese sprach: „Wenn du ein so tapferer Kerl bist, so komm mit in unsere Höhle und übernachte bei uns.“ Das Schneiderlein war bereit und folgte ihm. Als sie in der Höhle anlangten, saßen da noch andere Riesen beim Feuer, und jeder hatte ein gebratenes Schaf in der Hand und aß davon. Das Schneiderlein sah sich um und dachte: „Es ist doch hier viel weitläufiger als in meiner Werkstatt.“ Der Riese wies ihm ein Bett an und sagte, er sollte sich hineinlegen und ausschlafen. Dem Schneiderlein war aber das Bett zu groß, er legte sich nicht hinein, sondern kroch in eine Ecke. Als es Mitternacht war und der Riese meinte, das Schneiderlein läge in tiefem Schlaf, so stand er auf, nahm eine große Eisenstange und schlug das Bett durch, und meinte, er hätte dem Grashüpfer den Garaus gemacht. Mit dem frühesten Morgen gingen die Riesen in den Wald und hatten das Schneiderlein ganz vergessen, da kam es auf einmal ganz lustig und verwegen dahergeschritten. Die Riesen erschraken, fürchteten, es schlüge sie alle tot und liefen in aller Hast fort.
Das Schneiderlein zog weiter, immer seiner spitzen Nase nach. Nachdem es lange gewandert war, kam es in den Hof eines königlichen Palastes, und da es Müdigkeit empfand, so legte es sich ins Gras und schlief ein. Während es da lag, kamen die Leute, betrachteten es von allen Seiten und lasen auf dem Gürtel: „Sieben auf einen Streich.“ „Ach“, sprachen sie, „was will der große Kriegsheld hier mitten im Frieden? Das muss ein mächtiger Herr sein.“ Sie gingen und meldeten es dem König, und meinten, wenn Krieg ausbrechen sollte, wäre das ein wichtiger und nützlicher Mann, den man um keinen Preis fortlassen dürfte. Dem König gefiel der Rat und er schickte einen von seinen Hofleuten an das Schneiderlein ab, der sollte ihm, wenn er aufgewacht wäre, Kriegsdienste anbieten. Der Abgesandte blieb bei dem Schläfer stehen, wartete, bis er seine Glieder streckte und die Augen aufschlug, und brachte dann seinen Antrag vor. „Eben deshalb bin ich hierher gekommen“, antwortete er, „ich bin bereit, in des Königs Dienste zu treten.“ Also ward er ehrenvoll empfangen und ihm eine besondere Wohnung angewiesen.
Die Kriegsleute aber waren dem Schneiderlein aufgesessen und wünschten, es wäre tausend Meilen weit weg. „Was soll daraus werden?“ sprachen sie untereinander, „wenn wir Zank mit ihm kriegen und er haut zu, so fallen auf jeden Streich sieben. Da kann unsereiner nicht bestehen.“ Also fassten sie einen Entschluss, begaben sich allesamt zum König und baten um ihren Abschied. „Wir sind nicht gemacht“, sprachen sie, „neben einem Mann auszuhalten, der sieben auf einen Streich schlägt.“ Der König war traurig, dass er um des einen willen alle seine treuen Diener verlieren sollte, wünschte, dass seine Augen ihn nie gesehen hätten und wäre ihn gern wieder los gewesen. Aber er getraute sich nicht, ihm den Abschied zu geben, weil er fürchtete, er möchte ihn samt seinem Volk totschlagen und sich auf den königlichen Thron setzen. Er sann lange hin und her, endlich fand er einen Rat. Er schickte zu dem Schneiderlein und ließ ihm sagen, weil er ein so großer Kriegsheld wäre, so wollte er ihm ein Anerbieten machen. In einem Wald seines Landes hausten zwei Riesen, die mit Rauben, Morden, Sengen und Brennen großen Schaden stifteten, „niemand dürfte sich ihnen nahen, ohne sich in Lebensgefahr zu setzen. Wenn er diese beiden Riesen überwände und tötete, so wollte er ihm seine einzige Tochter zur Gemahlin geben und das halbe Königreich zur Ehesteuer; auch sollten hundert Reiter mitziehen und ihm Beistand leisten.“ „Das wäre so etwas für einen Mann, wie du bist“, dachte das Schneiderlein, „eine schöne Königstochter und ein halbes Königreich wird einem nicht alle Tage angeboten.“ „O ja“, gab er zur Antwort, „die Riesen will ich schon bändigen, und habe die hundert Reiter dabei nicht nötig: wer sieben auf einen Streich trifft, braucht sich vor zweien nicht zu fürchten.“
Das Schneiderlein zog aus und die hundert Reiter folgten ihm. Als er zu dem Rand des Walds kam, sprach er zu seinen Begleitern: „Bleibt hier nur halten, ich will schon allein mit den Riesen fertig werden.“ Dann sprang er in den Wald hinein und schaute sich rechts und links um. Über ein Weilchen erblickte er beide Riesen; sie lagen unter einem Baum und schliefen und schnarchten dabei, dass sich die Äste auf und nieder bogen. Das Schneiderlein, nicht faul, las beide Taschen voll Steine und stieg damit auf den Baum. Als es in der Mitte war, rutschte es auf einen Ast, bis es gerade über die Schläfer zu sitzen kam, und ließ dem einen Riesen einen Stein mach dem andern auf die Brust fallen. Der Riese spürte lange nichts, doch endlich wachte er auf, stieß seinen Gesellen an und sprach: „Was schlägst du mich?“ „Du träumst“, sagte der andere, „ich schlage dich nicht.“ Sie legten sich wieder zum Schlaf, da warf der Schneider auf den zweiten einen Stein herab. „Was soll das?“ rief der andere, „warum wirfst du mich.“ „Ich werfe dich nicht“, antwortete der erste und brummte. Sie zankten sich eine Weile herum, doch weil sie müde waren, ließen sie's gut sein, und die Augen fielen ihnen wieder zu. Das Schneiderlein fing sein Spiel von neuem an, suchte den dicksten Stein aus und warf ihn dem ersten Riesen mit aller Gewalt auf die Brust. „Das ist zu arg!“ schrie er, sprang wie ein Unsinniger auf und stieß seinen Gesellen wider den Baum, dass dieser zitterte. Der andere zahlte mit gleicher Münze, und sie gerieten in solche Wut, dass sie Bäume ausrissen, aufeinander losschlugen, solange, bis sie endlich beide zugleich tot auf die Erde fielen. Nun sprang das Schneiderlein herab. „Ein Glück nur“, sprach es, „dass sie den Baum, auf dem ich saß, nicht ausgerissen haben, sonst hätte ich wie ein Eichhörnchen auf einen andern springen müssen; doch unsereiner ist flüchtig!“ Es zog sein Schwert und versetzte jedem ein paar tüchtige Hiebe in die Brust, dann ging es hinaus zu den Reitern und sprach: „Die Arbeit ist getan, ich habe beiden den Garaus gemacht; aber hart ist es hergegangen, sie haben in der Not Bäume ausgerissen und sich gewehrt, doch das hilft alles nichts, wenn einer kommt wie ich, der sieben auf einen Streich schlägt.“ „Seid Ihr denn nicht verwundet?“ fragten die Reiter. „Das hat gute Wege“, antwortete der Schneider, „kein Haar haben sie mir gekrümmt.“ Die Reiter wollten ihm keinen Glauben beimessen und ritten in den Wald hinein; da fanden sie die Riesen in ihrem Blut schwimmend, und ringsherum lagen die ausgerissenen Bäume.
Das Schneiderlein verlangte von dem König die versprochene Belohnung, den aber reute sein Versprechen und er sann aufs neue wie er sich den Helden vom Hals schaffen könnte. „Ehe du meine Tochter und das halbe Reich erhältst“, sprach er zu ihm, „musst du noch eine Heldentat vollbringen. In dem Wald läuft ein Einhorn, das großen Schaden anrichtet, das musst du erst einfangen.“ „Vor einem Einhorn fürchte ich mich noch weniger als vor zwei Riesen; sieben auf einen Strich, das ist meine Sache.“ Er nahm sich einen Strick und eine Axt mit, ging hinaus in den Wald, und hieß abermals die, welche ihm zugeordnet waren, außen warten. Er brauchte nicht lange zu suchen, das Einhorn kam bald daher und sprang geradezu auf den Schneider los, als wollte es ihn ohne Umstände aufspießen. „Sachte, sachte“, sprach er, „so geschwind geht das nicht“, blieb stehen und wartete bis das Tier ganz nahe war, dann sprang er behendiglich hinter den Baum. Das Einhorn rannte mit aller Kraft gegen den Baum und spießte sein Horn so fest in den Stamm, dass es nicht Kraft genug hatte, es wieder herauszuziehen, und so war es gefangen. „Jetzt habe ich das Vöglein“, sagte der Schneider, kam hinter dem Baum hervor, legte dem Einhorn den Strick um den Hals, dann hieb er mit der Axt das Horn aus dem Baum und als alles in Ordnung war, führte er das Tier ab und brachte es dem König.