Kitabı oku: «Der Pfadfinder», sayfa 8

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„Und wir —," rief Jasper, welcher den Schmerz einer edlen Reue fühlte, denn der Gedanke vergegenwärtigte sich seinem Geiste, daß er wohl dieses Unglück abzuwenden vermocht hätte, wenn er seinen Kameraden nicht verlassen haben würde.

„Wir können dem Häuptling nichts nützen, Junge, und müssen diesen Platz so schnell als möglich verlassen."

„Ohne einen Versuch zu seiner Befreiung? — ja ohne zu wissen, ob er todt oder lebendig ist?"

„Jasper hat Recht," sagte Mabel, welche zwar zu sprechen vermochte, jedoch nur mit heiserer und erstickter Stimme. „Ich habe keine Furcht, Onkel, und will hier bleiben, bis ich weiß, was aus unserem Freunde geworden ist."

„Das scheint vernünftig, Pfadfinder," warf Cap ein. „Ein rechter Seemann kann nicht wohl seinen Kameraden verlassen, und es freut mich, so richtige Grundsätze unter diesem Frischwasservolk zu finden."

„Fort, fort damit," erwiederte der ungeduldige Wegweiser, indem er zugleich den Kahn in den Strom drängte. „Ihr wißt nichts, darum fürchtet Ihr nichts. Aber wenn Euch Euer Leben werth ist, so denkt daran, die Garnison zu erreichen und überlaßt den Delawaren den Händen der Vorsehung. Ach! der Hirsch, der zu oft zu der Lick geht, trifft am Ende doch mit dem Jäger zusammen!"

Siebentes Kapitel.

Dieß — Yarrow — ist der Strom, darob

In schönem wachem Traume

Die Phantasie sich kühn erhob —

Ein Bild, verwischt im Schaume!

O wär' des Sängers Harfe hier.

Daß frohe Lieder klängen.

Um aus dem schweren Busen mir

Die Oede zu verdrängen!

Wordsworth.

Die Scene war nicht ohne ihre erhabenen Momente. Die glühende, hochherzige Mabel fühlte ihr Blut durch die Adern dringen und ihre Wangen erröthen, als der Kahn in den Strom einlenkte, um den Platz zu verlassen. Die Finsterniß der Nacht hatte nachgelassen, da die Wolken sich zerstreuten; aber das überhängende Gehölz umnachtete die Ufer so sehr, daß die Kähne wie in einem dunkeln Schachte, welcher sie gegen Entdeckung schützte, in der Strömung hinabfuhren. Demungeachtet aber durften sich die in den Kähnen Befindlichen keineswegs für sicher halten, und selbst Jasper, welcher für das Mädchen zu zittern begann, warf bei jedem ungewöhnlichen Tone, der von dem Walde ausstieg, besorgte Blicke umher. Das Ruder wurde mit Leichtigkeit und der äußersten Sorgfalt geführt, denn der leichteste Ton mochte in der tiefen Ruhe dieser Stunde und dieses Ortes den wachsamen Ohren der Irokesen ihre Stellung verrathen.

Alles dieß erhob noch die großartigen Eindrücke der Lage des Mädchens und trug dazu bei, den gegenwärtigen Augenblick zu den aufregendsten zu machen, der Mabel je in ihrem kurzen Leben vorgekommen war. Muthig, voll Selbstvertrauen, wie sie war, und noch gehoben durch den Stolz, welchen sie als die Tochter eines Soldaten fühlte, konnte man kaum von ihr sagen, daß Furcht auf sie einwirke, aber ihr Herz schlug oft schneller als gewöhnlich, ihr schönes Auge strahlte, unbemerkt in der Finsterniß, mit dem Ausdruck der Entschlossenheit, und ihre belebten Gefühle steigerten noch die Erhabenheit dieser Scene und der Ereignisse dieser Nacht.

„Mabel," sprach Jasper mit unterdrückter Stimme, als die Kähne so nahe bei einander schwammen, daß die Hand des jungen Mannes sie zusammenhalten konnte. „Sie haben keine Furcht und vertrauen freimüthig unserer Sorgfalt und unserm guten Willen Ihren Schutz — nicht wahr?"

„Ich bin eines Soldaten Tochter, wie Ihr wißt, Jasper Western, und müßte erröthen, wenn ich Furcht bekennen sollte."

„Verlassen Sie sich auf mich — auf uns Alle. Euer Onkel, der Pfadfinder, der Delaware, wenn der arme Bursche hier wäre, — und ich selbst werden eher Alles wagen, ehe Ihnen ein Leides zustoßen soll."

„Ich glaube Euch, Jasper," erwiederte das Mädchen, indem sie unwillkürlich ihre Hand in dem Wasser spielen ließ. „Ich weiß, daß mein Onkel mich liebt und nie an sich selber denkt, ohne zuerst an mich gedacht zu haben; auch glaube ich, daß ihr Alle Freunde meines Vaters seid und gerne seinem Kinde beisteht. Aber ich bin nicht so schwach und zaghaft, als Ihr glauben mögt; denn obgleich ich nur ein Stadtmädchen und, wie die meisten von dieser Klasse, ein wenig geneigt bin, Gefahr zu sehen, wo keine ist, so verspreche ich Euch doch, Jasper, daß keine thörichte Furcht von meiner Seite der Ausübung Eurer Pflicht in den Weg treten soll."

„Des Sergeanten Tochter hat Recht, und sie ist werth, ein Kind des wackern Thomas Dunham zu sein," warf der Pfadfinder ein. „Ach, mein Kind, wie oft spähete oder marschirte ich mit Ihrem Vater an den Flanken oder der Nachhut des Feindes in Nächten, die dunkler waren als diese, und zwar unter Umständen, wo Keiner wissen konnte, ob ihn nicht der nächste Augenblick in einen blutigen Hinterhalt führe. Ich war an seiner Seite, als er in der Schulter verwundet wurde, und der wackere Kamerad wird, wenn wir zu ihm kommen, Ihnen erzählen, wie wir's anstellten, um über den Fluß, der uns im Rücken lag, zu setzen, und seinen Skalp zu retten."

„Er hat mir's erzählt," sagte Mabel mit mehr Feuer, als in ihrer gegenwärtigen Lage klug sein mochte. „Ich habe Briefe von ihm, in welchen er von allem Diesem Erwähnung thut, und ich danke Euch von Grund meines Herzens für Eure Dienste. Gott möge es Euch vergelten, Pfadfinder; und es gibt keine Erkenntlichkeit, die Ihr von der Tochter fordern könntet, welche sie nicht mit Freuden für ihres Vaters Leben leisten würde."

„Ja, das ist so die Weise von euch sanften und reinen Geschöpfen. Ich habe früher Einige von euch kennen gelernt, und von Andern gehört. Der Sergeant selbst hat mir von seinen jüngern Tagen erzählt, von Ihrer Mutter, von der Art, wie er um sie freite und von all den Querstrichen und widrigen Zufällen, bis er es zuletzt durchsetzte."

„Meine Mutter lebte nicht lange genug, um ihn für Alles zu entschädigen, was er that, sie zu gewinnen," sprach Mabel mit bebender Lippe.

„So sagt er mir. Der brave Sergeant hat gegen mich keinen Rückhalt, und da er um manches Jahr älter ist als ich, so betrachtete er mich auf unsern mannigfaltigen Späherzügen als so eine Art von Sohn."

„Vielleicht, Pfadfinder," bemerkte Jasper mit einer Unsicherheit der Stimme, welche den beabsichtigten Scherz vereitelte, „würde er erfreut sein, in Euch wirklich einen solchen zu besitzen?"

„Und wenn er's wäre, Eau-douce, läge etwas Arges darin? Er weiß, was ich auf der Fährte und als Kundschafter bin, und hat mich oft Aug' in Auge mit den Franzosen gesehen. Ich habe bisweilen gedacht, Junge, daß wir Alle uns Weiber suchen sollten, denn der Mann, der beständig in den Wäldern und in Berührung mit seinen Feinden oder seiner Beute steht, muß zuletzt einige Gefühle seines Geschlechts verlieren."

„Nach den Proben, die ich davon gesehen habe," erwiederte Mabel, „möchte ich sagen, daß die, welche viel in den Wäldern leben, auch vergessen, so Manches von der Hinterlist und den Lastern der Städte zu lernen!"

„Es ist nicht leicht, Mabel, immer in der Gegenwart Gottes zu weilen, und nicht die Macht seiner Güte zu fühlen. Ich habe den Gottesdienst in den Garnisonen besucht und, wie es einem braven Soldaten ziemt, versucht, an den Gebeten Antheil zu nehmen; denn, obgleich ich nicht auf der Dienstliste des Königs stehe, so kämpfe ich doch in seinen Schlachten und diene seiner Sache; — aber so sehr ich mich auch bemühte, den Garnisonsbrauch würdig mitzumachen, so konnte ich mich doch nie zu den feierlichen Gefühlen und zu der treuen Hingebung erheben, welche ich empfinde, wenn ich allein mit Gott in den Wäldern bin. Hier stehe ich Angesicht in Angesicht mit meinem Meister. Alles um mich ist frisch und schön, wie es aus Seiner Hand kommt. Da gibt es keine spitzfindigen Doktrinen, um das Gefühl zu erkälten. Nein, nein, die Wälder sind der wahre Tempel Gottes, in welchem die Gedanken frei sich erheben und über die Wolken dringen."

„Ihr sprecht die Wahrheit, Meister Pfadfinder," sagte Cap, „und eine Wahrheit, welche Alle, die viel in der Einsamkeit leben, kennen. Was ist zum Beispiel der Grund, daß die Seeleute im Allgemeinen so religiös und gewissenhaft in ihrem ganzen Thun und Lassen sind, wenn es nicht der Umstand ist, daß sie sich so oft allein mit der Vorsehung befinden, und so wenig mit der Gottlosigkeit des Landes verkehren? Oft und vielmal bin ich auf meiner Wache gestanden, unter dem Aequator oder auf dem südlichen Ocean, wenn die Nächte leuchteten von dem Feuer des Himmels; und dieses, meine Lieben, ist der geeignetste Zeitpunkt, dem sündigen Menschen seinen Zustand zu zeigen. Ich habe mich unter solchen Umständen wieder und wieder niedergeworfen, bis die Wandtaue und Talje-Reepen meines Gewissens mit Macht erknarrten. Ich stimme Euch daher bei, Meister Pfadfinder, und sage, wenn Ihr einen wahrhaft religiösen Mann sehen wollt, geht auf's Meer, oder geht in die Wälder."

„Onkel, ich habe geglaubt, die Seeleute ständen im Allgemeinen in dem Rufe, daß sie wenig Achtung vor der Religion hätten?"

„Alles heillose Verläumdung, Mädchen! frage einmal einen Seefahrer, was seine wirkliche Herzensmeinung über die Bewohner des Landes, die Pfarrer und alle Uebrigen sei, so wirst du etwas ganz Anderes hören. Ich kenne keine Menschenklasse, welche in dieser Beziehung mehr verläumdet wird, als die Seeleute, und aus keinem andern Grund, als weil sie nicht zu Hause bleiben, um sich zu vertheidigen und die Geistlichkeit zu bezahlen. Sie haben freilich nicht so viel Unterricht, als die auf dem Land; aber was das Wesen des Christenthums anbelangt, so segeln die Seeleute die Ufermenschen stets in den Grund."

„Ich will für alles Dieß nicht einstehen, Meister Cap," entgegnete Pfadfinder, „obschon Einiges davon wahr sein mag. Aber es bedarf nicht des Donners und des Blitzes, um mich an meinen Gott zu erinnern, und ich bin nicht der Mann, Seine Güte eher in der Verwirrung und Trübsal zu bewundern, als an einem feierlichen, ruhigen Tage, wo Seine Stimme aus dem Krachen der todten Baumzweige, oder im Gesange eines Vogels meinen Ohren wenigstens eben so lieblich tönt, als wenn ich sie in dem Aufruhr der Elemente vernehmen müßte. Wie ist es mit Euch, Eau-douce? Ihr habt es eben so gut mit Gewittern zu thun, als Meister Cap, und müßt etwas von den Gefühlen kennen, welche im Angesicht eines Sturmes auftauchen."

„Ich fürchte, daß ich zu jung und unerfahren bin, um viel über diesen Gegenstand sagen zu können," erwiederte Jasper bescheiden.

„Ihr fühlt aber doch Etwas dabei!" sagte Mabel rasch. „Ihr könnt nicht — Niemand kann unter solchen Scenen leben, ohne zu empfinden, wie sehr er des Vertrauens auf Gott bedarf."

„Ich will meine Erziehung nicht zu sehr verläugnen, und deßhalb gestehen, daß ich wohl dabei bisweilen meine Gedanken habe, aber ich fürchte, daß dieses nicht so oft und so viel geschieht, als es sollte."

„Frisch-Wasser!" erwiederte Cap nachdrücklich. „Du wirst doch nicht zu viel von dem jungen Mann erwarten, Mabel. Ich denke, man nennt Euch bisweilen mit einem Namen, der alles Dieß bezeichnet, Eau-de-vie, nicht wahr?"

„Eau-douce," entgegnete mit Ruhe Jasper, der sich bei Gelegenheit seiner Fahrten auf dem See sowohl die Kenntniß des Französischen, wie auch mehrere Dialekte der Indianer zu eigen gemacht hatte. „Es ist der Name, den die Irokesen mir gegeben haben, um mich von einigen meiner Gefährten zu unterscheiden, welche einmal eine Fahrt auf dem Meere mitgemacht haben, und nun die Ohren der Landbewohner mit Geschichten von ihren großen Salzwasserseen erfüllen."

„Und warum sollten sie das nicht thun? Sie thun dadurch den Wilden keinen Schaden, und wenn es auch nichts zu ihrer Civilisation beiträgt, so kommen sie dadurch doch nicht in eine noch größere Barbarei. Ja, ja, Eau-douce, denn das mag doch wohl den weißen Branntwein bedeuten, den man füglich genug Eau-deuce[Ein unübersetzbares Wortspiel Mischen dem im Englischen gleichlautenden Eau-douce und Eau-deuce, von denen das letztere Teufelswasser bedeutet.] nennen kann, weil er so ein verteufelter Stoff ist."

„Die Bedeutung von Eau-douce ist süßes Wasser, oder Wasser, welches getrunken werden kann; die Franzosen nennen so das frische Wasser," erwiederte Jasper, welchen die von Cap gemachte Bemerkung, obgleich er Mabels Onkel war, nicht auf's Angenehmste berührte.

„Wer wie zum Henker können sie aus Eau-in-deuce Wasser machen, wenn sie unter Eeau-de-vie Branntwein verstehen? So mögen es meinetwegen die Franzosen in dieser Gegend halten; das ist aber nicht der Brauch in Burdox und andern französischen Häfen. Außerdem versteht man bei den Seeleuten unter Eau immer Branntwein, und unter Eau-de-vie einen Branntwein von höherer Stärke. Ich verdenke Euch übrigens Eure Unwissenheit nicht, denn sie ist Eurer Stellung angemessen, und da ist nicht zu helfen. Wenn Ihr mich aber zurückbegleiten und eine Reise oder zwei auf dem Weltmeer mitmachen wollt, so möchte das für den Rest Eurer Tage einen geeigneten Wendepunkt abgeben, und Mabel hier, wie auch alle andere jungen Frauenspersonen werden besser von Euch denken, wenn Ihr auch so alt werden solltet, als einer von den Bäumen in diesem Forste."

„Nein, nein," unterbrach ihn der redliche und freimüthige Wegweiser, „ich kann Euch versichern, daß es Jaspern in dieser Gegend nicht an Freunden fehlt; und obgleich das Umsehen in der Welt ihm so gut als einem Andern von Nutzen sein kann, so soll doch Niemand geringer von ihm denken, selbst wenn er uns nie verläßt. Eau-douce oder Eau-de-vie — er ist ein braver, treuherziger Junge, und ich habe immer so gesund geschlafen, wenn er auf der Wache war, als wenn ich selbst aufgewesen wäre und mich umgethan hätte; ja, und eben deßhalb noch gesunder. Des Sergeanten Tochter wird es nicht für nöthig halten, daß ein junger Bursche auf's Meer gehe, um ein Mann zu werden oder sich Achtung und Ansehen zu erwerben."

Mabel erwiederte Nichts auf diese Berufung und blickte gegen das westliche Ufer, obgleich die Finsterniß auch ohne diese natürliche Bewegung ihr Antlitz verborgen hätte. Auch Jasper fühlte die Nothwendigkeit, hier zu sprechen, denn der Stolz der jugendlichen Männlichkeit empörte sich gegen den Gedanken, daß er nicht in der Lage sei, über die Achtung seiner Kameraden oder das Lächeln seiner Altersgenossinnen zu gebieten. Er wollte sich jedoch keine unfreundlichen Aeußerungen gegen Mabels Onkel erlauben, und so mochte vielleicht seine Selbstbeherrschung noch achtungswerther erscheinen, als seine Bescheidenheit und sein Geist.

„Ich mache keinen Anspruch auf Dinge, die ich nicht besitze," sprach er, „und habe nie gesagt, daß ich von dem Meere und einer Schifffahrt etwas verstehe. Wir steuern auf unsern Seen nach den Sternen und dem Compaß, und fahren von einem Vorgebirge zum andern, ohne uns der Figuren und Berechnungen zu bedienen, deren wir wenig bedürfen. Wir dürfen uns aber demungeachtet auch Etwas darauf zu Gute thun, wie ich oft von Solchen, welche sich Jahre lang auf dem Meere umgetrieben, gehört habe. Erstens haben wir überall das Land am Bord und oft an dem Legerwall, und dies macht, wie ich häufig gehört habe, kühne Segler. Unsere Winde sind plötzlich und heftig, und wir sind keine Stunde sicher, daß wir nicht nach einem Hafen eilen müssen —"

„Ihr habt Eure Lothe," unterbrach ihn Cap.

„Sie sind von geringem Nutzen und werden selten ausgeworfen."

„Das Tiefloth — «

„Ich habe von einem solchen Ding gehört, muß aber gestehen, daß ich nie eines sah."

„O! zum Henker!" rief Cap mit Heftigkeit. „Ein Schiffer und kein Tiefloth! Junge, Ihr könnt keinen Anspruch darauf machen, so ein Stück von einem Seemann zu sein. Wer, zum Teufel, hat je von einem Schiffer gehört ohne sein Tiefloth?"

„Ich mache keinen Anspruch auf irgend eine besondere Geschicklichkeit, Meister Cap—"

„Das Schießen über die Fälle und die Strömungen ausgenommen, Jasper," sagte Pfadfinder, der ihm zu Hilfe kam „in diesem Geschäft müßt auch Ihr, Meister Cap, ihm einige Gewandtheit zugestehen. Nach meinem Urtheil muß Jeder nach seinen Gaben geschätzt oder verurtheilt werden; und wenn Meister Cap bei dem Hinabschießen über die Oswegofälle zu Nichts nütze ist, so will ich nur daran erinnern, daß er gute Dienste zu leisten vermag, wenn er das Land aus dem Gesichte verloren hat. Wenn nun Jasper auch für die offene See nicht taugt, so vergesse ich dabei nicht, daß er ein treues Auge und eine sichere Hand hat, wenn er über die Fälle setzt."

„Aber Jasper taugt wohl — würde wohl für die offene See taugen," sagte Mabel mit einer Lebhaftigkeit in ihrer hellen und süßen Stimme, daß Alle mitten in der Stille dieser außerordentlichen Scene darüber erschraken. „Ich meine, ein Mann, der hier so viel zu leisten vermag, kann dort nicht untauglich sein, wenn er gleich nicht so mit den Schiffen vertraut ist, als mein Onkel."

"Ja, ja, unterstützt euch nur gegenseitig in eurer Unwissenheit," erwiederte Cap mit höhnischem Lächeln. Wir Seeleute haben immer die Mehrzahl gegen uns, wenn wir am Ufer sind, und können deßhalb selten zu unserem Recht kommen; aber wenn es die Vertheidigung gilt, oder die Führung des Handels, da sind wir dann doch der Gutgenug!"

„Aber, Onkel, die Bewohner des Landes kommen nicht, um unsere Küsten anzugreifen. Es treffen also die Seeleute nur mit Seeleuten zusammen."

„Da hat man wieder die Ignoranz! — Wo sind alle die Feinde, die in dieser Gegend gelandet haben, Franzosen und Engländer? Ich will nur das fragen."

„In der That, wo sind sie?" rief Pfadfinder aus. „Niemand kann das besser sagen, als die, welche sich in den Wäldern aufhalten, Meister Cap. Ich habe oft ihre Marschlinie verfolgt nach den Gebeinen, die im Regen bleichten; ich habe Jahre nachher ihre Spur bei Gräbern gefunden, nachdem sie und ihr Stolz lange verschwunden waren. Generale und Gemeine lagen durch das Land zerstreut, als eben so viele Beweise, was der Mensch ist, wenn ihn der Ehrgeiz und der Wunsch, mehr zu sein, als seine Nebenmenschen, leitet."

„Ich muß sagen, Meister Pfadfinder, daß Ihr bisweilen Meinungen äußert, die etwas merkwürdig klingen aus dem Munde eines Mannes, der stets unter dem Gewehr lebt und selten die Luft anders als mit Pulverdampf gemengt athmet — eines Mannes, der kaum seine Hängematte verläßt, ohne einem Feind zu Leibe zu gehen."

„Wenn Ihr glaubt, daß ich mein Leben im ewigen Krieg gegen mein Geschlecht zubringe, so kennt Ihr weder mich noch meine Geschichte. Der Mann, der in den Wäldern und an den Gränzen lebt, muß sich den Wechsel der Dinge, die ihn umgeben, gefallen lassen. Ich bin nur ein einfacher, machtloser Jäger, Kundschafter und Wegweiser, und dafür nicht verantwortlich. Mein wahrer Beruf ist jedoch, für die Armee auf dem Marsch sowohl als in Friedenszeiten zu jagen; obgleich ich eigentlich im Dienste eines Offiziers stehe, der aber abwesend und in den Ansiedlungen ist, wohin ich ihm nie folgen werde. Nein, nein: Blutdurst und Krieg sind nicht meine eigentlichen Gaben, sondern Mitleid und Friede. Dem Feinde aber blicke ich so gut als ein Anderer in's Gesicht, und was die Mingo's anbetrifft, so betrachte ich Jeden, wie man eine Schlange betrachtet — als ein Geschöpf, das man unter die Ferse tritt, sobald sich eine günstige Gelegenheit dazu darbietet."

„Wohl, wohl; ich habe mich in Eurem Beruf geirrt, den ich für so regelmäßig kriegerisch hielt, als den eines Schiffs-Constabels. Da ist nun auch mein Schwager; er ist von seinem sechszehnten Jahre an Soldat gewesen, und betrachtet sein Gewerbe jedenfalls als eben so respektabel, wie das eines Seefahrers. Das ist nun freilich ein Punkt, über den es kaum der Mühe werth ist, mit ihm zu streiten."

„Man hat meinen Vater gelehrt, daß es ehrenvoll sei, die Waffen zu tragen," sagte Mabel, „denn auch sein Vater war vor ihm Soldat."

„Ja, ja," fuhr der Wegweiser fort, „die meisten Gaben des Sergeanten sind kriegerisch, und er betrachtet die meisten Dinge dieser Welt nur über seinen Musketenlauf. So ist's auch einer von seinen Einfällen, ein königliches Gewehr einer regelmäßigen, langläufigen Büchse mit doppeltem Visirpunkt vorzuziehen. Aber solche Begriffe können wohl durch lange Gewohnheit aufkommen, und Vorurtheil ist vielleicht der allgemeine Fehler der Menschennatur."

„Am Lande, das geb' ich zu," sagte Cap. „Ich komme nie von einer Reise zurück, ohne dieselbe Bemerkung zu machen. Als ich das letztemal eingelaufen war, fand ich in ganz York kaum einen Mann, der im Allgemeinen über die Dinge und Gegenstände dachte wie ich. Jeder, mit dem ich zusammentraf, schien seine Ideen gegen den Wind aufgetaljet zu haben, und wenn er ein wenig von seinen einseitigen Ansichten abfiel, so war es gemeiniglich, um auf dem Kiel kurz umzuvieren, und so dicht als möglich auf einen andern Gang anzulegen."

„Versteht Ihr dich, Jasper?" flüsterte Mabel mit Lächeln dem jungen Manne zu, der sein eigenes Fahrzeug ganz dicht an ihrer Seite hielt.

„Es ist kein so großer Unterschied zwischen Salz- und Frischwasser, daß wir, die wir unsere Zeit aus denselben zubringen, uns nicht gegenseitig sollten verstehen können. Ich halte es für kein großes Verdienst, Mabel, die Sprache unseres Gewerbes zu verstehen."

„Selbst die Religion," fuhr Cap fort, „liegt nicht mehr an derselben Stelle vor Anker, wie in meinen jungen Tagen. Sie vieren und holen sie am Lande an, wie sie es mit andern Dingen auch machen, und es ist kein Wunder, wenn sie hin und wieder fest zu sitzen kommen. Alles scheint zu wechseln, nur der Compaß nicht, und auch der hat seine Abweichungen."

„Wohl," entgegnete Pfadfinder, „ich habe aber immer das Christenthum und den Compaß für etwas ziemlich Beständiges gehalten."

„Ja, wenn sie auf dem Meere sind, mit Ausnahme der Abweichungen. Die Religion auf dem Meere ist heute noch dasselbe, was sie war, als ich zum ersten Mal meine Hand in den Theekessel tauchte. Niemand wird mir das bestreiten, der die Gottesfurcht nicht aus den Augen läßt. Ich kann an Bord keinen Unterschied zwischen dem heutigen Zustand der Religion und dem aus der Zeit, da ich noch ein junges Bürschlein war, erkennen. So ist es aber keineswegs am Ufer. Nehmt mein Wort dafür, Meister Pfadfinder, es ist schwer, einen Mann zu finden — ich meine auf dem Festlande — dessen Ansichten über diesen Gegenstand noch genau dieselben wären, wie er sie vor vierzig Jahren hatte."

„Und doch ist Gott unverändert; Seine Werke sind unverändert; Sein heiliges Wort ist unverändert; es muß daher auch Alles, was zum Preise und zur Ehre Seines Namens dient, unverändert sein."

„Nicht am Lande. Es ist das gerade das Miserabelste von dem Lande, daß es beständig in Bewegung ist, obgleich es fest aussieht. Wenn Ihr einen Baum pflanzt, ihn verlaßt, und nach einer dreijährigen Reise wieder zurückkommt, so findet Ihr ihn nicht wieder, wie Ihr ihn verlassen habt. Die Städte vergrößern sich; neue Straßen thun sich auf, die Kojen werden verändert; und die ganze Oberfläche der Erde erleidet einen Wechsel. Ein Schiff aber, das von einer Indienfahrt zurückkommt, ist noch gerade so, wie es aussegelte, wenn man den fehlenden Anstrich, die Abnützung der Schiffsgeräthschaften und die Zufälligkeiten der Schifffahrt abrechnet."

„Das ist nur zu wahr, Meister Cap, und daher um so mehr zu beklagen. Ach! die Dinge, welche die Leute Verbesserungen nennen, dienen zu nichts, als das Land zu untergraben und zu verunstalten. Die herrlichen Werke Gottes werden täglich niedergeworfen und zerstört, und die Hand des Menschen scheint erhoben zu sein in Verachtung Seines mächtigen Willens. Man hat mir gesagt, es seien schreckenerregende Zeichen dessen, was noch kommen solle, in dem Süden und Westen der großen Seen anzutreffen; denn ich selbst bin in diesen Gegenden noch nie gewesen."

„Was meint Ihr damit, Pfadfinder?" fragte Jasper bescheiden.

„Ich meine die Stellen, welche die Rache des Himmels bezeichnete, oder die sich vielmehr als feierliche Warnungszeichen dem Gedankenlosen und Ueppigen in den Weg stellen. Man nennt sie die Prairien, und ich habe einen so wackern Delawaren, als ich nur je einen kannte, erzählen hören, die Hand Gottes liege so schwer auf ihnen, daß nicht ein Baum dort gedeihe. Eine solche Heimsuchung der unschuldigen Erde muß Scheu erregen und kann nur die Absicht haben, zu zeigen, zu welchen schrecklichen Folgen eine unbesonnene Zerstörungssucht führen mag."

„Und doch habe ich Ansiedler gesehen, welche sich viel von diesen offenen Plätzen versprachen, weil sie ihnen die Mühe der Lichtung ersparten. Euer Brod schmeckt Euch, Pfadfinder; und doch kann der Waizen dazu nicht im Schatten reisen."

„Aber ein redlicher Wille, einfache Wünsche und die Liebe Gottes können's, Jasper. Selbst Meister Cap wird Euch sagen, daß eine baumlose Ebene einer öden Insel gleichen muß."

„Kann sein," warf Cap ein; „indeß haben öde Inseln auch ihren Nutzen, denn sie dienen dazu, die Kursberechnungen zu corrigiren. Wenn es auf meinen Geschmack ankommt, so habe ich nie etwas gegen eine Ebene wegen ihres Mangels an Bäumen einzuwenden. Da einmal die Natur dem Menschen Augen zum Umherblicken und eine Sonne zum Scheinen gegeben hat, so kann ich, wenn es nicht wegen des Schiffbaues oder hin und wieder wegen Errichtung eines Hauses wäre, in einem Baum keinen besondern Nutzen entdecken, zumal, wenn keine Affen oder Früchte auf demselben sind."

Auf diese Bemerkung antwortete Pfadfinder nur durch einen leisen Ton, welcher die Absicht hatte, seine Gefährten zum Stillichweigen zu veranlassen. Während die eben erwähnte wechselnde Unterhaltung mit gedämpfter Stimme geführt wurde, waren die Kähne unter den tiefen Schatten des westlichen Ufers langsam mit der Strömung abwärts gegangen, ohne daß man sich der Ruder anders, als um ihnen die erforderliche Richtung und die geeignete Lage zu geben, bediente. Die Kraft des Stromes wechselte so bedeutend, daß das Wasser stellenweise ganz still zu stehen schien, indeß die Geschwindigkeit desselben an andern Orten mehr als zwei oder drei Meilen in der Stunde betragen mochte. Besonders drängte es an den Stromengen mit einer Eile vorwärts, welche ein ungeübtes Auge erschrecken konnte. Jasper war der Meinung, daß sie mit der Strömung die Mündung des Flusses in zwei Stunden, von der Zeit ihrer Einschiffung an gerechnet, erreichen dürften, und er und Pfadfinder hatten es für geeignet gehalten, die Kähne eine Zeit lang, oder wenigstens, bis sie über die ersten Gefahren ihres neuen Kursus hinaus waren, für sich schwimmen zu lassen. Der Dialog war in leise gehaltenen Tönen geführt worden; denn obgleich eine tiefe einsame Ruhe in diesem weiten und fast endlosen Forste herrschte, so sprach doch die Natur mit tausend Zungen in der beredten Sprache einer Nacht in den Wäldern. Die Luft seufzte durch Myriaden von Bäumen; das Wasser rieselte und brauste stellenweise an den Ufern; dann hörte man hin und wieder das Knarren eines Zweiges oder eines Stammes, der sich unter wogenden Bebungen an ähnlichen Gegenständen stieß. Aber alles Leben schwieg. Nur einmal glaubte Pfadfinder das Geheul eines entfernten Wolfes, deren einige durch diese Wälder streiften, zu vernehmen: dieser Ton war jedoch sehr vorübergehend und zweifelhaft, daß seine Deutung wohl auf Rechnung der Einbildungskraft kommen konnte. Als er aber gegen seine Gefährten den Wunsch des Stillschweigens in der eben erwähnten Weise ausdrückte, hatte sein wachsames Ohr den eigenthümlichen Ton erfaßt, der durch das Zerbrechen eines trockenen Baumzweiges hervorgebracht wird, und der, wenn ihn seine Sinne nicht täuschten, von dem westlichen Ufer herkam. Wer einen solchen Ton öfters gehört hat, weiß, wie leicht ihn das Ohr erkennt, und wie gut der Tritt, welcher den Zweig zerbricht, von jedem andern Geräusch des Waldes zu unterscheiden ist.

„Es ist der Fußtritt eines Mannes am Ufer," sagte Pfadfinder zu Jasper mit einer Stimme, die zwar nicht flüsternd, «jedenfalls aber nicht laut genug war, um in einiger Entfernung gehört zu werden. „Können die verfluchten Irokesen schon mit ihren Waffen und ohne ein Boot über den Fluß gesetzt haben?"

„Es kann der Delaware sein. Möglich, daß er unsern Kurs an dem Ufer abwärts verfolgt, da er weiß, wo er uns zu finden hat. Laßt mich dichter an's Ufer fahren und recognosciren."

„Geht, Junge, aber seid leicht mit dem Ruder, und in keinem Fall wagt Euch auf’s Unsichere an's Ufer."

„Ist das klug?" fragte Mabel mit einer Heftigkeit, welche sie die Vorsicht, ihre süße Stimme zu dämpfen, vergessen ließ.

„Sehr unklug, meine Liebe, wenn Sie so laut sprechen. Ich liebe zwar ihre sanfte und angenehme Stimme, nachdem ich so lange nur die der Männer gehört habe; aber sie darf sich im gegenwärtigen Augenblick doch nicht zu viel und zu frei vernehmen lassen. Ihr Vater, der wackere Sergeant, wird Ihnen sagen, daß Schweigen auf einer Fährte eine doppelte Tugend ist. Geht, Jasper, und benehmt Euch klug in der Sache."

Zehn drückende Minuten folgten dem Verschwinden von Jaspers Kahn, welcher von dem des Pfadfinder so geräuschlos weg glitt, daß er in der Dunkelheit verschwunden war, ehe noch Mabel glauben konnte, der junge Mann werde wirklich ein Unternehmen wagen, welches die Phantasie ihr mit so gefährlichen Farben malte. Während dieser Zeit fuhr die Gesellschaft fort, mit der Strömung zu schwimmen, ohne einen Laut, man möchte fast sagen, ohne einen Athemzug sich zu gestatten, um ja den leichtesten Ton, der vom Ufer herkäme, nicht zu überhören. Aber es herrschte dieselbe feierliche oder vielmehr erhabene Stille, wie früher. Nur das Plätschern des Wassers, wenn es gegen ein leichtes Hinderniß anstieß, und das Seufzen der Bäume unterbrach den Schlummer des Forstes. Am Ende des erwähnten Zeitraums wurde das Knacken dürrer Zweige wieder schwach gehört, und es war dem Pfadfinder, als ob er, den Ton gedämpfter Stimmen vernähme.

„Vielleicht irre ich mich, denn die Gedanken malen einem gerne, was das Herz wünscht; aber ich glaube, diese Töne gleichen der gedämpften Stimme des Delawaren."'

„Gehen die Wilden auch im Tode noch umher?" fragte Cap.

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