Kitabı oku: «Der letzte Funke Licht», sayfa 3
Kapitel 5
Als ich um sechs Uhr von einem schrillen Piepen neben meinem Bett geweckt wurde, wollte ich es einfach nur abstellen und mich noch weitere fünf Stunden in mein Bett legen, so wie die letzten drei Wochen.
Aber ich hatte heute meinen ersten Schultag in der neuen Schule und wusste, dass ich keine andere Wahl hatte. Ich musste hingehen, ob ich wollte oder nicht. Also stand ich widerwillig auf und zog mich an. Ich entschied mich heute für ein schlichtes weißes Champion T-Shirt, eine schwarze Hose und eine schwarze Lederjacke. Meine Haare trug ich offen und als Accessoire band ich eine Kette mit silbernen Engelsflügeln um, die mir meine Mutter zu meinem 14. Geburtstag geschenkt hatte. Damals hatte sie gesagt, diese Kette würde mich immer beschützen und mir immer Glück bringen. Heute musste dies einfach stimmen, denn wenn ich gleich am ersten Tag negativ auffallen würde, wäre ich der Loser der Schule und darauf hatte ich wirklich keine Lust.
Ich ging in die Küche und begrüßte meine Großmutter: „Morgen, wie lange bist du denn schon wach?“ Meine Großmutter antwortete mit einem Gähnen: „Ich stehe jeden Morgen um halb sechs auf, was du auch schon wissen würdest, wenn du nicht immer bis elf geschlafen hättest.“ Wie konnte sie immer nur so früh aufstehen? Menschen, die freiwillig so früh aufstanden, hatte ich noch nie verstanden.
„Wo ist Cass? Soll ich ihn wecken?“, fragte ich sie mit einem unterdrückten Gähnen. Diese antwortete mit einem Grinsen im Gesicht: „Nein, er ist schon seit zwanzig Minuten wach.“
„Er möchte nicht gestört werden, hat er gesagt“, setzte sie hinzu und ich musste augenblicklich anfangen zu grinsen. Ich machte das Radio an und aß Müsli.
Gerade als ich fertig gegessen hatte, kam Cass in die Küche. Er hatte heute ein schwarzes T-Shirt von Star Wars an und eine blaue Jeanshose. Er sah mit seinen verwuschelten Haaren einfach zum Anbeißen aus. „Morgen“, sagte Cass fröhlich und umarmte erst unsere Großmutter und danach mich. Er nahm sich schnell einen Müsliriegel aus dem Kühlschrank und sagte zu mir: „Ave, ich muss dir etwas zeigen!“ Er nahm mich an der Hand und zog mich aus der Küche in sein Zimmer. Ich war gespannt, was Cass mir zeigen wollte.
„Mach die Augen zu“, verlangte er von mir und ich gehorchte ihm. „Jetzt mach sie wieder auf“, sagte er voller Vorfreude. Als ich die Augen öffnete, konnte ich nicht anders als zu lächeln. Cass war zwar noch sehr jung, konnte aber schon, genauso wie ich, sehr gut zeichnen. Wieder eine Gemeinsamkeit von uns beiden. Cass hatte mir ein Bild gemalt, auf dem wir beide Hand in Hand am Strand vor dem Sonnenuntergang saßen. Sofort fiel ich Cass in die Arme und quietschte: „Danke Cass, das ist so toll. Ich hab dich so lieb.“
Cass erwiderte meine Umarmung und als ich ihm direkt in die Augen sah, sah ich, dass seine Augen glitzerten. Waren das etwa Tränen? „Cass, was ist los? Warum weinst du denn?“, fragte ich ihn verwundert. Cass wischte sich schnell die Tränen weg, aber sah mir weiterhin ganz tief in die Augen: „Ich habe Angst, dass du, wenn du in die neue Schule gehst, Freunde findest, mit denen du dann viel mehr machst, als mit mir und dass ich dir dann nicht mehr so wichtig bin wie jetzt.“
Jetzt traten mir doch tatsächlich auch Tränen in die Augen, obwohl ich mir fest vorgenommen hatte, egal was passiert, an meinem ersten Schultag nicht zu weinen. „Cass, eins musst du wissen: Du bist der wichtigste Mensch für mich und ich werde immer für dich da sein, egal was passiert. Ich werde ganz sicher nicht, wenn ich neue Freunde finden sollte, mehr mit ihnen machen, denn du bist mein Ein und Alles und du wirst immer meine Nummer eins sein. Egal, was passiert. Ich liebe dich so sehr und du bist der beste kleine Bruder auf Erden! Das musst du mir glauben, okay?“ Cass umarmte mich noch ein zweites Mal und ich merkte, wie er sich langsam beruhigte. „Hey, nicht mehr weinen, okay?“
Ich wischte ihm die Tränen aus den Augen und er nickte tapfer. Er nahm mich an der Hand und kurz bevor wir aus seinem Zimmer gingen, sagte er zu mir: „Ave, du bist auch die beste Schwester und ich hab dich auch lieb!“ Damit mir nicht wieder die Tränen kamen, nickte ich nur, drückte seine Hand fester und mit dem Bild in der anderen Hand gingen wir aus seinem Zimmer zurück in die Küche. Ich zeigte meiner Großmutter schnell das Bild und hing es direkt in meinem Zimmer auf, putzte mir noch schnell meine Zähne, zog meine Schuhe an und dann stand ich vor meiner Haustür.
Meine Großmutter wünschte mir viel Glück und sagte, ich würde das rocken.
Dann liefen mein Bruder und ich Hand in Hand zur Bushaltestelle, wo wir noch zehn Minuten warten mussten. Mein Bruder hatte einen besten Freund. Sein Name war Connor und als er Cass und mich sah, kam er zu uns. „Hi Cass und du bist Avery?“, fragte er mich. „Ja, das bin ich. Und du musst wohl Connor sein, Cass´ bester Freund?“, antwortete ich mit einer Gegenfrage. „Ja, das bin ich“, antwortete er mir mit einem verschmitzten Lächeln.
„Connor, willst du dich neben uns setzten?“, fragte mein Bruder ihn und dieser nickte. Als der Bus endlich kam und wir uns hinsetzten, erzählte Connor mir etwas über sich und seine Hobbys. Er redete sehr viel. Ich hörte ihm zu und fand ihn sehr süß. Obwohl es eventuell ein bisschen seltsam aussah, eine Sechszehnjährige alleine neben zwei Achtjährigen im Bus sitzen zu sehen, war es mir egal. Die Fahrt dauerte circa zehn Minuten und als wir ausstiegen, umarmte ich Cass noch ein letztes Mal, gab ihm einen Kuss auf die Stirn und sagte: „Denk dran, nach der Sechsten treffen wir uns wieder hier.“ Er antwortete mir mit einem: „Ja, hab dich lieb Ave!“
„Ich dich auch“, flüsterte ich ihm ins Ohr und verabschiedete mich noch kurz von Connor.
Jetzt war ich also auf mich allein gestellt, aber ich würde es schaffen. Ich würde den Tag hier überstehen! Ich lief also zum Sekretariat, um meinen neuen Stundenplan abzuholen und die restlichen Sachen zu klären. Den Weg ins Sekretariat kannte ich auswendig, da Cass ihn mir zu Hause gefühlte hunderte Male erklärt hatte. Als ich vor der Tür stand, atmete ich noch einmal kräftig ein und aus und klopfte schließlich.
Von drinnen erklang eine nette Stimme: „Herein!“ Ich trat ins Sekretariat ein und sah einen schlichten schönen Raum. Hinter dem weißen Tresen saß eine schlanke Frau, mit langen braunen Haaren und blauen Augen. Diese strahlte mich herzlich an. „Hallo, du musst bestimmt Avery sein, die Neue?“ Ich antwortete ihr schüchtern: „Ja, genau die bin ich.“ Die Dame stellte sich kurz vor: Sie heiße Rose und sei die Sekretären an dieser Schule. Sie gab mir meinen Stundenplan und sagte mir, in welchen Raum ich als erstes müsse. Ich bedankte mich schnell und machte mich eilig auf den Weg zu Raum 116. Obwohl wir erst in 20 Minuten Unterricht hatten, war die Schule schon sehr voll. Ich lief an einem Jungen vorbei, der gerade versehentlich seine Bücher fallen ließ. Ich war hin- und hergerissen, einfach dran vorbeizugehen oder zu helfen. Aber da ich nicht unhöflich sein wollte, entschied ich mich für Letzteres. Ich ging in die Knie und half dem Jungen, seine Bücher aufzuheben. Als wir aufstanden und ich ihm die Bücher geben wollte, sah ich ihm direkt in die Augen.
Wer ist das denn?, hörte ich eine Stimme. „Ich bin Avery, neu an der Schule“, sagte ich verwirrt und gab ihm seine Bücher. Er antwortete: „Ähm, hi, danke. Ich bin Niclas.“
Avery, schöner Name … „Ähh, was hast du gesagt?“, fragte ich ihn verwirrt. „Nichts“, erwiderte er und wurde ein bisschen rot. Dann lächelte er mich an und ich wandte meinen Blick ab. „In welche Klasse kommst du?“, erkundigte er sich bei mir. „Ich gehe in die 10b“, offenbarte ich ihm und als ich dies sagte, lächelte er mich an: „Ich auch, komm, wir können zusammen zur Klasse laufen und in der nächsten Pause zeig ich dir alles.“ Er setzte etwas schüchterner hinzu: „Natürlich nur, wenn du willst.“ Ich war darüber zwar sehr überrascht, nickte jedoch zögernd.
Also gingen wir schnell, ohne uns noch lange zu unterhalten, in die Klasse. Als wir den Raum betraten, war ich überrascht. In meiner alten Schule waren die Klassen immer mit circa 30 Schülern besetzt. Im Gegensatz dazu war meine neue Klasse sehr klein. Mit mir waren wir gerade mal 20 Schüler. Das beruhigte mich etwas. Ich war keine, die sich gerne unter Menschen mischte und ich stand auch nicht gerne im Mittelpunkt. Niclas ging zu seinem Platz und ich lief ihm hinterher. Er sagte zu mir: „Du kannst dich gerne neben mich setzen. Am Tisch neben dir nimmt noch meine Schwester Riley Platz. Ich hoffe, das ist in Ordnung für dich.“ Als ich zögernd nickte, lächelte er mir noch einmal zu und nahm Platz.
Ich holte meine Schulsachen für die erste Stunde heraus. Da ich morgens noch nicht wusste, was wir für Stunden haben würden, hatte ich mir einfach mal zwei karierte und zwei linierte Hefte mitgenommen und vier einfache Schnellhefter. Meine Bücher würde ich heute in der ersten Pause in der Bücherei abholen können. Als ich einen Blick auf den Stundenplan warf, stellte ich fest, dass heute ein recht leichter Schultag für mich sein würde, da wir Mathe, Musik und Chemie hatten. Alle Fächer fand ich sehr leicht. In meiner früheren Klasse kam ich in diesen Fächern sehr gut mit und schrieb meistens Einser und Zweier. Als ich alle meine Schulsachen auf dem Tisch hatte, kam ein Mädchen mit schulterlangen braunen Haaren in die Klasse.
Sie hatte Sommersprossen und eine Brille. Das Mädchen kam auf mich und Niclas zu und begrüßte ihn: „Hi Niclas, kannst du nicht einmal auf mich warten?“
Als er nur schief grinste, schüttelte sie den Kopf. „Hi, wer bist du?“, fragte mich das Mädchen voller Interesse. „Hallo, ich bin Avery. Ich bin neu auf der Schule. Niclas hat gesagt, ich darf mich zu euch setzen, aber wenn du das nicht möchtest, kann ich mich natürlich auch woandershin setzen“, antwortete ich mit einem schuldbewussten Blick.
Das Mädchen weitete die Augen: „Nein, nein! Setz dich gerne neben uns, ich freue mich, wenn mal jemand außer Niclas neben mir sitzt. Ich heiße übrigens Riley und wie du eventuell schon mitbekommen hast, bin ich Niclas´ Zwillingsschwester.“ Stimmt, wenn man näher hinsah, sahen sich die beiden wirklich ziemlich ähnlich. „Ich will Avery später noch die Schule zeigen, wenn du willst und wenn Avery es auch will, kannst du ja vielleicht mitkommen“, sagte Niclas an seine Schwester gewandt und sah mich anschließend fragend an. „Na klar kann sie mitkommen, ich würde mich sehr freuen“, sagte ich und Riley antwortete mit einem aufgeregten: „Jippi!“
Ich war froh, dass ich so leicht zwei Menschen gefunden hatte, die mich anscheinend mochten. Ich mochte die beiden auch und fand sie direkt sympathisch, jedoch wollte und konnte ich sie noch nicht meine Freunde nennen, denn ich hatte bis jetzt gerade mal um die zehn Minuten mit ihnen verbracht. Außerdem konnte ich Leuten immer noch nicht leicht vertrauen.
Es dauerte nicht lange und dann kam unsere Mathelehrerin herein. Sie hieß Frau Masadri und war außerdem noch unsere Klassenlehrerin. Natürlich sagte sie direkt nach der Begrüßung: „Wie manche vielleicht schon mitbekommen haben, haben wir seit heute eine neue Schülerin in unserer Klasse“, und setzte mit einem Lächeln an mich gewandt hinzu, „Avery, schön dich kennenzulernen. Willst du dich einmal kurz der Klasse vorstellen?“
Da ich nicht unhöflich rüberkommen wollte, stand ich auf und ging vor die Tafel. Als ich einmal tief ein- und ausgeatmet hatte, fing ich an, ein bisschen über mich zu erzählen: „Hallo, mein Name ist Avery Kingston, ich bin sechzehn Jahre alt und lebe seit drei Monaten in Norddeich. Früher habe ich in Ehringshausen gewohnt, ich weiß nicht, ob es jemand kennt. Ehringshausen ist circa fünf Stunden von Norddeich entfernt.“ Als ich fertig gesprochen hatte, setzte leises Gemurmel ein und ein Junge in der ersten Reihe hob die Hand. Als die Lehrerin den Jungen drannahm fragte er: „Hallo, darf ich fragen, warum du hierhin gezogen bist?“ Ich biss mir auf die Zunge. Ich wusste zwar, dass diese Frage irgendwann kommen würde, aber dass sie so früh gestellt werden würde, hätte ich nicht gedacht.
Als ich gerade antworten wollte, wurde die Klassenzimmertür aufgerissen. Als ich meinen Blick in Richtung Tür warf, kam ein Junge herein. Er hatte schwarze Haare und grüne Augen. Ich konnte meinen Blick nicht von ihm abwenden, denn er strahlte eine gewisse Autorität aus.
Er wirkte stark und mysteriös. Als er in der Klasse stand, murmelte er nur: „‘Schuldigung für die Verspätung“ und lief zu seinem Platz. Er setzte sich neben ein Mädchen mit hellblonden Haaren und gab ihr erstmal einen Kuss. Diese schlang die Arme um ihn und es kam ein tiefes Seufzen aus ihrer Kehle. Meine Lehrerin räusperte sich: „Grace, es wäre vielleicht besser, wenn du dich mal genauso gut auf den Unterricht konzentrieren würdest wie auf Knox.“
Eins war mir klar, ich hasste diese Grace jetzt schon.
Kapitel 6
Als die Stunde endlich rum war, wollten mir Niclas und Riley gerne die Schule zeigen. Ich fand die beiden wirklich nett und freute mich tatsächlich darauf, mir die Schule von ihnen zeigen zu lassen.
Als erstes führten die beiden mich in die Cafeteria. „Dieser Ort ist der Wichtigste, das musst du dir merken. Hier ist das Essen einfach wunderbar“, sagte Riley zu mir und ihr Bauch fing an zu knurren. Daraufhin mussten wir laut loslachen. „Du musst wissen, dass Riley ein Vielfraß ist. Sie frisst mir noch die Haare vom Kopf“, sagte Niclas. „Hey, das stimmt gar nicht!“, widersprach Riley und schlug ihm gespielt auf die Schulter. Ich musste schon wieder lachen.
Obwohl ich Menschen nicht so leicht vertraute und ich mich auch nicht so gerne mit anderen anfreundete, war es mit den beiden genauso wie mit Cass. Die beiden waren witzig und hatten mich direkt so akzeptiert, wie ich war. Sie wussten zwar noch nicht so viel über mich, aber sie wollten trotzdem etwas mit mir unternehmen und wenn sie mir eine Chance gaben, wollte ich ihnen auch eine geben.
Als nächstes bekam ich von den beiden noch die Sporthalle, die Toiletten, die Aula und vieles mehr gezeigt. Nach unserem Rundgang hatten wir noch fünf Minuten Pause. Da wir in der Nähe des Sekretariats standen, holten wir noch schnell die Schulbücher für mich ab, bevor wir zurück in die Klasse gingen. Die letzten vier Schulstunden gingen recht schnell um. Ich musste mich zwar bei jedem neuen Lehrer kurz vorstellen, aber das machte mir nicht mehr so viel aus. Ich musste schließlich nicht mehr vor der ganzen Klasse vor der Tafel reden.
Als die letzte Stunde endlich vorbei war, packte ich schnell meine Sachen zusammen und Riley fragte mich, ob ich heute Mittag mit ihr und Niclas an den Strand gehen mochte. Ich war überrascht, sagte aber: „Ja, gerne. Wann?“ Daraufhin sagte Riley, sie und Niclas würden mich um halb drei abholen. Ich gab den beiden meine Telefonnummer und schickte ihnen meine Adresse. Danach verabschiedeten wir uns und ich ging aus dem Klassenraum.
Als ich schnell nochmal auf dem Weg zur Toilette war, rempelte mich jemand von links an. „Mann ey, kannst du nicht aufpassen?“, blaffte der Typ mich an und als er mich ansah, bemerkte ich, dass es dieser Knox aus meiner Klasse war. Eins war mir jetzt klar, er war ein arrogantes Arschloch!
Ich schüttelte nur ärgerlich den Kopf, da es nichts bringen würde, einen Streit mit ihm vom Zaun zu brechen. Ich sah ihm noch einen Moment nach, bis er zu Grace lief und diese ihm wieder um den Hals fiel. Ich konnte da nicht mehr zusehen. Die beiden passten perfekt zusammen: Ein arrogantes Arschloch und eine eingebildete Zicke.
Als ich ein paar Minuten später an der Bushaltestelle stand und auf Cass wartete, kam ein Junge aus meiner neuen Klasse auf mich zu. Es war der Junge, von dem ich mich den ganzen Tag schon beobachtet gefühlt hatte. Nicht das noch! Auf ein Gespräch mit ihm hatte ich jetzt gar keine Lust. „Ähm, hallo, ich bin Jack aus deiner Klasse“, stotterte er vor sich hin und versuchte sich an einem Lächeln. Ich nickte nur kurz und er ergriff leider wieder das Wort: „Ich bin Jack und möchte nur sagen, dass du voll korrekt rüberkommst und dich fragen, ob du Lust hast, morgen mit mir Eis ...“
Weiter kam er zum Glück nicht, da Cass ihn unterbrach: „Hi Ave!“ Ich war gerade echt froh, dass mein Bruder genau in diesem Moment auftauchte, deshalb sagte ich schnell: „Jack, darf ich vorstellen, das ist Cass, mein kleiner Bruder. Cass, das ist Jack, mein Klassenkamerad.“ Ich setzte noch schnell hinzu: „Wir sehen uns dann ja morgen in der Schule, hat mich gefreut dich kennenzulernen Jack.“ Auch wenn Jack mir zwar nichts getan hatte, fand ich ihn trotzdem nicht sehr sympathisch. Deshalb war es mir gerade auch sowas von egal, das ich ihm einen Korb gegeben hatte.
„So, Cass, wie war dein Tag?“, fragte ich ihn und dieser erzählte mir: „Heute war eigentlich ein ganz toller Tag, wir hatten heute Mathe, Sport und Kunst. Obwohl das zwar, außer Mathe, nur Nebenfächer sind, haben wir allerdings richtig viele Hausaufgaben auf. In Mathe müssen wir zwei ganze Seiten in unserem Arbeitsheft erledigen, in Sport sollen wir etwas zu unserer Lieblingssportart recherchieren, was total unnötig ist und in Musik ein Plakat machen.“ Wenn ich ihm jetzt sagen würde, dass er später in den höheren Klassen noch viel mehr aufbekommen würde, wäre er noch deprimierter, also antwortete ich nur: „Das ist ja nicht so toll.“ Daraufhin nickte Cass nur und umarmte mich erst einmal.
„Wie war dein Tag so?“ Ich antwortete ihm mit einem Grinsen im Gesicht: „Nicht so anstrengend wie deiner, aber die Einzelheiten erzähle ich dir und Oma beim Mittagessen. Eins kann ich dir aber schon mal sagen, ich habe bereits zwei Freunde gefunden.“ Cass freute sich für mich und als der Bus kam, setzten wir uns ganz hinten in die Sitzreihen, da Cass es immer sehr cool fand, hinten zu sitzen.
Warum? Keine Ahnung.
Als wir nach circa zehn Minuten Busfahrt wieder zu Hause waren, klingelte Cass an der Haustür und unsere Großmutter machte auf. Sie hatte heute mein Lieblingsessen gemacht: Pellkartoffeln mit Quark. Als wir endlich am Tisch saßen, verlangte Cass von mir eine ausführliche Zusammenfassung meines ersten Schultags.
Ich erzählte von Riley und Niclas, daraufhin sagte meine Großmutter: „Ich kenne die beiden. Ihre Großmutter, Sahra, ging früher auch in meinen Buchclub.“ Ich erzählte noch von meinen neuen Lehrern und von Jack, Grace und Knox. Ich ließ jedoch aus, dass ich Knox und Grace nicht leiden konnte. Anschließend fragte ich meine Großmutter, ob ich mit Niclas und Riley zum Strand dürfe. „Natürlich darfst du, amüsiere dich ruhig mit den beiden“, antwortete sie. Als wir alle fertig gegessen hatten, half ich noch schnell, den Tisch abzuräumen.
Pünktlich halb drei klingelte es an der Haustür. Ich zog mir schnell eine Jacke und meine Schuhe an, sagte meiner Großmutter und Cass, das ich jetzt weg sei und ging nach draußen. „Hey“, begrüßten mich die beiden. „Ist es nicht ein bisschen zu warm für eine Jacke?“, fragte mich Riley. Tatsächlich, es war bestimmt um die dreißig Grad und ich Idiot hatte eine Jacke mitgenommen. Ich antwortete mit gespielter Stimme: „Nein, es ist doch voll kalt.“ Danach lief ich schnell rein und hing die Jacke wieder an den Kleiderständer zurück.
Niclas, Riley und ich gingen am Strand entlang und aßen Eis. „Avery, ich habe da mal eine Frage“, sagte Riley zu mir. Ich hatte schon so ein Gefühl, was sie mich jetzt fragen würde, jedoch sagte ich zu ihr: „Egal, was es ist, frag mich.“ Und setzte dabei ein gezwungenes Lächeln auf. Wie ich mir schon denken konnte, kam genau die Frage, von der ich gehofft hatte, sie nicht beantworten zu müssen: „Okay, also du hast ja zu uns in der Klasse gesagt, du seist von Ehringshausen hierher gezogen. Warum, wenn ich es wissen darf?“
Ich biss mir auf die Zunge: „Ähm, also, … meine Mutter hatte vor drei Monaten einen Unfall und kam dabei ums Leben.“ Niclas ergriff als erster das Wort: „Das tut mir schrecklich leid, wenn wir irgendetwas für dich tun können … Eins musst du wissen: Obwohl wir dich nicht lange kennen, wir sind immer für dich da.“ Riley griff nach meiner Hand und drückte sie liebevoll: „Weißt du, unser Opa ist auch vor ein paar Monaten gestorben und er war immer für uns da. Nach seinem Tod dachten wir, das Leben hätte keinen Sinn mehr, aber unsere Familie war für uns da und hat uns geholfen, den Schmerz zu verkraften. Genauso wie unsere Familie uns geholfen hat, werden wir dir helfen.“ Ich war so dankbar, diese beiden kennengelernt und gerade an meiner Seite zu haben, aber eine wichtige Frage hatte ich ebenfalls. Nachdem ich mich bei ihnen für ihre Hilfsbereitschaft bedankt hatte und wir noch fünf Minuten am Deich entlanggelaufen waren, fragte ich: „Aber eins verstehe ich nicht. Ich bin ja neu in der Schule und ihr seid schon viel länger hier, warum wollt ihr eher etwas mit mir unternehmen als mit euren Freunden?“ Niclas guckte ein bisschen traurig und antwortete: „Wir haben nicht viele Freunde. Wir sind nicht so perfekt wie unsere Klassenkameraden … Als du kamst, hatten wir gehofft, dass wir vielleicht bei dir eine Chance als Freunde bekommen würden, denn du kamst uns direkt sympathisch vor und nicht so arrogant und eingebildet wie die meisten aus unserer Schule.“
Wow, ich hatte eigentlich gedacht, dass die beiden echt beliebt wären, aber das hatte ich jetzt eher weniger erwartet. Natürlich war ich sehr gerührt von ihrem Geständnis. So quatschten wir noch ein bisschen. Ich erzählte den beiden etwas über Cass und meine Großmutter, über Sky und dass es mir immer schwer falle, Menschen zu vertrauen. Daraufhin sagte Riley zu mir: „Okay, wir spielen ein Spiel, damit du weißt, dass du uns vertrauen kannst.“ Sie war ganz aufgeregt: „Zuerst stehe ich in der Mitte von euch beiden, schließe meine Augen und lasse mich abwechselnd nach vorne und nach hinten fallen. Vorne fängt mich immer Niclas auf und hinten immer du. Nach einer Zeit wechseln wir, dann stellst du dich und dann Niclas sich in die Mitte. Dann kannst du dir nämlich sicher sein, dass du uns vertrauen kannst.“
Ich fand es echt süß, dass Riley mein Vertrauen gerne gewinnen mochte und stimmte deshalb zu. Das Spiel machte echt Spaß und kein einziges Mal ließ mich einer der anderen fallen. Als wir alle einmal in der Mitte gewesen waren, legten wir uns lachend auf die Dünen. Es war schon halb sechs. Ich musste jetzt schon gleich gehen. Da Riley und Niclas darauf bestanden, mich nach Hause zu begleiten, nahmen wir uns alle noch schnell ein Eis mit und machten uns auf den Weg. Als wir vor meiner Haustür standen, verabschiedeten wir uns. „Es hat sehr großen Spaß gemacht, ich hoffe, das können wir bald wiederholen“, sagte Riley zu mir und umarmte mich. Niclas gab mir ein High Five und sagte: „Bis morgen in der Schule.“ Ich verabschiedete mich auch mit einem „Bis morgen“ und schloss die Tür auf. Als ich drinnen war, stieg mir der Geruch von Toast in die Nase. Obwohl ich schon zwei Kugeln Eis gegessen hatte, hatte ich immer noch Hunger. Ich zog meine Schuhe schnell aus, ging in die Küche und begrüßte meine Großmutter und Cass. Die beiden umarmten mich und ich nahm mir eine Scheibe Toast aus dem Toaster und bestrich sie mit Butter und Nutella. Das schmeckte köstlich.
Später, um circa sieben Uhr, spielte ich mit Cass Mau-Mau und rief noch einmal Sky an. Es klingelte … Nach dem fünften Klingeln ging sie endlich ran. „Hallo“, begrüßte sie mich, „wie war dein erster Schultag?“ „Hi, eigentlich ganz in Ordnung“, sagte ich, um sie ein bisschen auf die Folter zu spannen.
„Na sag schon, ich will jedes Detail erfahren. Hast du schon ein paar hotte Jungs kennengelernt?“ Das klang ganz nach Sky. Ich war froh, ihre Stimme zu hören. Also erzählte ich ihr nach und nach von Niclas und Riley, von unserem Treffen, von Jack und Knox und Grace. Wir plauderten noch ein bisschen über Sky´s Tag und danach verabschiedeten wir uns. Ich las noch ein bisschen in meinem Buch und fiel danach in einen unruhigen Schlaf.
Vor mir stand ein Mann, ich würde ihn um die 45 schätzen. Er ähnelte mir sehr: wir hatten die gleichen Gesichtszüge, die gleiche Haar- und Augenfarbe. Das war sehr beängstigend. Der Mann kam auf mich zu und sagte mit einer angenehm weichen Stimme zu mir: „Nimm dich vor ihnen in Acht, ich habe dich verlassen, da ich keine andere Wahl hatte, ich bin aber immer für dich da, genauso wie das Licht.“
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