Während des Essens hatte Mr. Bennet kaum einmal sein Schweigen gebrochen; aber nachdem abgeräumt worden war, hielt er die Zeit für gekommen, auch etwas zur Unterhaltung beizusteuern, und brachte daher das Gespräch auf ein Thema, das, wie er annahm, seinen Gast zu rhetorischen Glanzleistungen hinreißen musste. Er warf leicht hin, Mr. Collins scheine ganz ungewöhnlich glücklich in der Wahl seiner Gönnerin gewesen zu sein; Lady Catherine de Bourghs Willfährigkeit gegenüber seinen Wünschen, ihre Rücksichtnahme auf sein Wohlergehen seien doch überaus bemerkenswert. Er hätte keinen besseren Gesprächsstoff finden können: Mr. Collins setzte seine ganze Beredsamkeit zu ihrem Lobe ein. Seine feierliche Würde wurde noch feierlicher und würdiger, und mit einem Gesicht, als ob er den Schleier von den letzten Dingen zu heben im Begriff war, gab er seiner Begeisterung Ausdruck: Er habe in seinem ganzen Leben noch nie eine solche Behandlung von einer so hochgestellten Dame erfahren. Diese Güte und die freundliche Herablassung, die Lady Catherine ihm entgegenbringe! – Sie habe sich auf das gnädigste über die beiden Predigten ausgesprochen, die er vor ihr zu halten bereits die Ehre gehabt habe. Schon zweimal sei er zum Essen auf Rosings geladen gewesen, und erst am vergangenen Sonnabend habe sie ihn hinübergebeten, um die Quadrille vollzählig zu machen. Es sei ihm wohl zu Ohren gekommen, dass viele Menschen Lady Catherine für hochfahrend hielten, aber er könne nur von ihrer großen Liebenswürdigkeit Zeugnis ablegen. Sie spreche zu ihm nicht anders als zu den anderen vornehmen Herren ihrer Bekanntschaft; sie habe nicht den geringsten Widerspruch dagegen erhoben, dass er sich in der Gesellschaft der Nachbarschaft bewege oder dass er hin und wieder auf ein, zwei Wochen seine Gemeinde verlasse, um zu seinen Verwandten auf Besuch zu fahren. Sie habe ihm sogar in einer höchst freundschaftlichen Weise bedeutet, dass sie es gern sähe, wenn er bald heirate, vorausgesetzt, dass er seine Wahl mit Sorgfalt treffe; und sie habe ihn sogar einmal in seinem bescheidenen Pfarrhause mit ihrem Besuch beehrt, in dessen Verlauf sie sich vollkommen mit allen Änderungen, die er getroffen hatte, einverstanden erklärte, und sie habe selbst noch weitere Vorschläge vorgebracht, nämlich einige Borde in den Schränken der oberen Zimmer anzubringen.
»Sehr freundlich und äußerst liebenswürdig«, meinte Mrs. Bennet, »sie muss eine ungewöhnlich angenehme Dame sein. Zu schade, dass nicht alle vornehmen Damen ihr ähnlich sind. Wohnt sie in Ihrer Nähe?«
»Nur ein schmaler Weg trennt den Garten, in dem mein bescheidenes Häuschen steht, von Rosings Park, dem Besitztum Lady Catherines.«
»Sagten Sie nicht, sie sei verwitwet? Wie groß ist ihre Familie?«
»Sie hat eine einzige Tochter, die Erbin von Rosings und eines beträchtlichen Vermögens.«
»Ach«, seufzte Mrs. Bennet und schüttelte den Kopf, »dann ist sie allerdings bedeutend besser gestellt als viele andere Kinder. Und wie ist das junge Fräulein? Sieht sie gut aus?«
»Das junge Fräulein ist eine ganz reizende junge Dame. Lady Catherine selbst meint, dass Miss de Bourgh den schönsten ihrer Altersgenossinnen überlegen sei. Denn außer Schönheit zeigt ihr Gesicht auch noch die unverkennbaren Zeichen ihrer vornehmen Herkunft. Leider kränkelt sie leicht, wodurch es ihr unmöglich gemacht wird, die Vollkommenheit in den verschiedenen weiblichen Künsten zu erlangen, die zu erreichen sie sonst gewiss nicht verfehlt haben würde. Dieses erfuhr ich von der Dame, in deren Händen Miss de Bourghs Erziehung lag und die noch auf Rosings wohnt. Aber sie ist eine sehr liebenswerte junge Dame und erweist mir oft die Ehre, in ihrem kleinen Ponywagen an meiner bescheidenen Behausung vorüberzufahren.«
»Ist sie bei Hofe vorgestellt? Ich erinnere mich nicht, ihren Namen in der ›Times‹ gelesen zu haben.«
»Nein, ihre angegriffene Gesundheit verbietet ihr ja den Aufenthalt in London; und dadurch ist – wie ich mich gelegentlich Lady Catherine gegenüber ausdrückte – der britische Hof seines leuchtendsten Schmuckes verlustig gegangen. Lady Catherine schien Gefallen an dieser Wendung zu finden. Und Sie können sich wohl denken, welche Freude es mir macht, bei allen Gelegenheiten solch feinsinnige kleine Komplimente zu äußern, die ihren Eindruck bei den Damen nie verfehlen. Mehr als einmal habe ich mir erlaubt, Lady Catherine zu versichern, dass ihre entzückende Tochter zur Herzogin geboren scheint und dass sie dem höchsten Titel nicht nur keine Unehre bereiten, sondern im Gegenteil erhöhten Glanz verleihen würde. – Solche kleinen Artigkeiten bereiten Lady Catherine ein großes Vergnügen, und ich fühle in mir die Begabung, sie auf das delikateste präsentieren zu können.«
»Und Ihr Gefühl täuscht Sie wahrlich nicht«, sagte Mr. Bennet. »Sie können sich glücklich preisen, dieses Talent, Schmeicheleien nur zart anzudeuten, in so hohem Maße zu besitzen. Darf ich fragen, ob diese angenehmen kleinen Aufmerksamkeiten der Regung des Augenblicks entspringen, oder sind sie das Ergebnis eines eingehenden Studiums?«
»Im Allgemeinen lasse ich mich von meiner Eingebung leiten, aber es macht mir auch bisweilen Vergnügen, elegante Wendungen für mich auszudenken und zurechtzulegen, wenn ich auch immer bemüht bin, sie in einer möglichst natürlichen Weise, sozusagen aus dem Stegreif, vorzubringen.«
Mr. Bennets Erwartungen wurden noch übertroffen: sein Vetter war weitaus komischer, als er ihn sich vorgestellt hatte, und er hatte seinen Spaß an ihm, ohne seine Miene indes anderes als korrekteste Höflichkeit verraten zu lassen. Nur hin und wieder schweifte sein Blick für einen Augenblick zu Elisabeth hinüber, sonst brauchte er keinen Gefährten in seinem Vergnügen.
Später jedoch, als der Tee serviert wurde, freute er sich fast ebenso über die willkommene Unterbrechung: für den ersten Tag, fand er, reichte es ihm. Daher beeilte er sich auch, nach dem Tee seinen Gast zu bitten, den Damen etwas vorzulesen. Mr. Collins erklärte sich gern dazu bereit, und Lydia holte ein Buch. Als er es aber in die Hand nahm, verwandelte sich sein Eifer in Bestürzung, und er bat, ihn entschuldigen zu wollen, aber Romane lese er grundsätzlich nicht. Kitty sah ihn entgeistert an, und Lydia konnte einen erstaunten Ausruf nicht unterdrücken. Man legte ihm dann andere Bücher vor, und nach sorgfältiger Prüfung entschied er sich für eine Sammlung ›Erbaulicher Gespräche‹. Lydia riss Augen und Mund vor Entsetzen auf, als er den Band öffnete, und unterbrach ihn schon, bevor er noch drei Seiten mit eintöniger Feierlichkeit hatte zu Ende lesen können.
»Weißt du was, Mutter? Onkel Philips wird vielleicht Richard entlassen. Und wenn er es tut, möchte Oberst Forster ihn bei sich anstellen. Tante hat es mir selbst am Sonnabend erzählt. Ich will gleich morgen früh nach Meryton hinübergehen, um zu hören, was weiter geschehen ist; vielleicht kann ich auch in Erfahrung bringen, ob Mr. Denny bald aus London zurückkommt.«
Lydia wurde von ihren beiden älteren Schwestern gebeten, den Mund zu halten; aber Mr. Collins legte schon das Buch schwer gekränkt beiseite und sagte:
»Ich habe schon häufig die Gelegenheit gehabt, das geringe Interesse junger Damen für Bücher ernsthaften Inhalts zu bemerken, obgleich solche doch gerade für sie geschrieben sind. Es erstaunt mich, ich muss es offen gestehen; denn wahrlich, was könnte mehr in ihrem Interesse liegen, als ihre Bildung zu fördern? Aber ich möchte meinen jungen Cousinen nicht länger lästig fallen.«
Und damit wandte er sich an Mr. Bennet und forderte ihn zu einer Partie Dame auf. Mr. Bennet nahm die Aufforderung an und bemerkte dabei, Mr. Collins tue gut daran, die Mädchen ihren eigenen kindischen Vergnügungen zu überlassen. Mrs. Bennet und ihre anderen Töchter baten sehr herzlich für die erlittene Störung um Entschuldigung und versprachen, es solle nicht wieder vorkommen, wenn er die Liebenswürdigkeit habe, mit dem Vorlesen fortzufahren. Aber Mr. Collins versicherte, dass er seiner jungen Cousine nichts nachtrage und nicht daran denke, ihr Betragen als persönliche Kränkung aufzufassen. Er setzte sich dann mit Mr. Bennet an einen anderen Tisch, an dem sie ungestört Dame spielen konnten.
Mit Mr. Collins’ Verstand war es von Geburt an nicht weit her gewesen, und diese stiefmütterliche Behandlung seitens der Natur war durch seine Erziehung und seinen späteren Umgang nur unmerklich berichtigt worden. Den größten Teil seines Lebens hatte er unter der Aufsicht seines ungebildeten und geizigen Vaters verbracht. Und wenn er auch eine Universität besucht hatte, zu mehr als den notwendigsten Vorlesungen war er nie gegangen, noch hatte er die Gelegenheit benutzt, sich einem anregenden und gebildeten Kreise anzuschließen. Infolge der kleinen Verhältnisse, in denen er aufgewachsen war, zeichnete er sich zunächst durch eine große Bescheidenheit aus. Aber ein Schwachkopf, der fernab von der Welt lebt, bildet sich leicht etwas ein; und gesellt sich dazu noch eine frühzeitige und ungewohnte Wohlhabenheit, um das Gefühl der eigenen Bedeutung zu stärken, dann wird die Bescheidenheit einen sehr schweren Stand haben. Mr. Collins’ Bescheidenheit war es jedenfalls so ergangen. Ein glücklicher Zufall hatte ihn Lady de Bourgh empfohlen, als gerade die Pfarrstelle frei war; und die Hochachtung, die er ihrer Vornehmheit zollte, und die Ehrerbietung, die er ihr gegenüber empfand, zusammen mit seiner hohen Meinung von sich selbst und seiner geistlichen Würde zeitigten in ihm eine eigenartige Mischung von Unterwürfigkeit und Stolz, von Überheblichkeit und Bescheidenheit.
Er besaß jetzt ein schönes Haus; sein Einkommen war reichlich – also beschloss er, zu heiraten. Als er der Familie in Longbourn den Ölzweig anbot, hatte er das im Sinne gehabt; denn er beabsichtigte, eine seiner Cousinen zur Frau zu nehmen, wenn er sie so liebenswert und hübsch finden sollte, wie sie ihm allgemein geschildert worden waren. Das war es auch, was er mit der Entschädigung für sein Erbe und einer Wiedergutmachung meinte, und seiner Ansicht nach war der Plan ganz vorzüglich, nicht nur passend und angemessen, sondern überdies höchst edelmütig und selbstlos.
So gut sein Plan ihm schon von vornherein erschienen war, beim Anblick seiner schönen Cousinen fand er ihn geradezu unübertrefflich. Janes liebliches Gesicht bekräftigte ihn in seinem Edelmut und enthob ihn zudem noch der Schwierigkeit, seiner Überzeugung von den Vorrechten der Ältesten zuwiderhandeln zu müssen. Jane war die feste Wahl seines ersten Abends auf Longbourn, und daran sollte sich für alle Zeiten nichts mehr ändern. Wider Erwarten musste er sich indessen bereits am nächsten Morgen zu einer Änderung bequemen: ein viertelstündiges Gespräch unter vier Augen mit Mrs. Bennet, das seinen natürlichen Gang von den Vorzügen seines bescheidenen Heims bis zur mehr oder weniger offenen Erklärung seiner Hoffnungen auf eine aus Longbourn stammende Hausfrau nahm, gipfelte unter billigendem Kopfnicken und ermunterndem Lächeln in einer Warnung vor eben der Jane seiner Wahl. Was ihre jüngeren Töchter beträfe – so könne sie natürlich noch nicht ja oder nein sagen – doch beständen ihres Wissens da keine Bindungen; – ihre älteste Tochter aber – das wolle sie ihm lieber gleich anvertrauen – sie empfinde es als ihre Pflicht, es ihm wenigstens anzudeuten – werde sich voraussichtlich schon binnen kurzem verloben!
Es blieb Mr. Collins daher nichts weiter übrig, als Jane zu vergessen und durch Elisabeth zu ersetzen. Das war denn auch schnell getan – Mr. Collins brauchte dazu weniger Zeit, als Mrs. Bennet gebrauchte, um ein neues Scheit in das Feuer zu legen. Elisabeth kam dem Alter und Äußeren nach an zweiter Stelle; Mr. Collins wurde also die nächstfolgende Wahl nicht schwer.
Das Gespräch war so recht nach Mrs. Bennets Herzen gewesen; sie wiegte sich jetzt in der Hoffnung, in Bälde zwei verheiratete Töchter zu haben. Und der Mann, von dem sie tags zuvor nichts hatte hören wollen, war jetzt hoch in ihrer Achtung gestiegen.
Lydias Spaziergang nach Meryton wurde zu einem Spaziergang aller Schwestern außer Mary. Auch Mr. Collins folgte der überaus liebenswürdigen Aufforderung Mr. Bennets, der seine Bibliothek endlich wieder für sich allein haben wollte, und schloss sich seinen Cousinen an. Seit dem Frühstück hatte Mr. Bennet es sich gefallen lassen müssen, von seinem Vetter, der zum Schein den umfangreichsten Band aus der ganzen Sammlung vor sich hatte, endlose Beschreibungen seines Hauses und Gartens anzuhören. Mr. Bennets Gleichmut war bedenklich ins Wanken geraten: er war es gewohnt, in seiner Bibliothek ungestört und in Ruhe zu arbeiten und zu lesen; er wolle es gern auf sich nehmen, wie er einmal zu Elisabeth sagte, in jedem anderen Zimmer seines Hauses ausschließlich Dummheit und Einbildung anzutreffen, aber seine Bibliothek wolle er davon frei wissen. Seine höfliche Aufforderung an seinen Vetter entsprang also einem übervollen Herzen, das sich endlich Luft machen konnte. Und Mr. Collins, der seinerseits weit mehr ein Spaziergänger als ein Bücherfreund war, verschob seine weiteren Studien auf einen späteren Zeitpunkt, schloss sein gewichtiges Buch und folgte seinen Cousinen auf die Landstraße.
Mit hochtrabend klingenden Nichtigkeiten von seiner Seite und einsilbigen Entgegnungen ihrerseits verging die Zeit, bis sie in Meryton anlangten. Nun konnte nicht einmal das Gebot der Höflichkeit die jüngeren Schwestern länger zwingen, ihm zuzuhören. Ihre Augen wanderten hierhin und dorthin, in der Hoffnung, einen roten Offiziersrock zu entdecken.
Sie waren die Hauptstraße noch nicht weit entlanggegangen, als der Anblick eines unbekannten Herrn, der an der Seite eines Offiziers ging, die Neugierde aller Schwestern erregte. Der Offizier war eben jener Mr. Denny, nach dessen Verbleib Lydia sich hatte erkundigen wollen, und er verbeugte sich höflich, als er ihrer ansichtig wurde. Aber alle Aufmerksamkeit hatte sich dem Fremden zugewandt; alle hätten gar zu gern gewusst, wer er wohl sein könne. Fest entschlossen, wenn möglich nicht zu lange in Ungewissheit zu bleiben, kreuzten Lydia und Kitty, gefolgt von den anderen, die Straße und trafen am gegenüberliegenden Bürgersteig zu ihrer großen Freude in demselben Augenblick ein wie die beiden Herren, die den Weg wieder zurückgegangen waren. Mr. Denny begrüßte sie und bat um die Erlaubnis, seinen Freund, Mr. Wickham, vorstellen zu dürfen, der am Tage zuvor mit ihm von London eingetroffen sei, um, wie er sich freue ihnen mitteilen zu können, in sein Regiment einzutreten.
Das hätte auch gar nicht anders sein dürfen: eine Uniform war nämlich genau das, was dem jungen Mann noch fehlte, um ihn vollkommen zu machen. Aussehen, Haltung und Manieren schienen sonst tadellos zu sein. Er knüpfte sogleich mit größter Selbstverständlichkeit ein Gespräch an, ohne jedoch den Eindruck zu erwecken, sich vordrängen zu wollen. Und so stand die ganze Gesellschaft in lebhaftester Unterhaltung beieinander, als Pferdegetrappel laut wurde und Darcy und Bingley aus einer Seitenstraße auftauchten. Als sie die Damen erkannten, ritten sie an die Gruppe heran und beteiligten sich mit den üblichen höflichen Redensarten am Gespräch. Bingley führte dabei das Wort, und seine Worte galten in der Hauptsache Jane. Er sei gerade auf dem Wege nach Longbourn begriffen, um sich nach ihrem Befinden zu erkundigen. Darcy bestätigte dies mit einer schweigenden Verbeugung, während er sich selbst innerlich ermahnte, Elisabeth nicht allzu viel Aufmerksamkeit zu schenken. Als er seinen Augen daraufhin eine andere Richtung zu geben versuchte, fiel sein Blick unwillkürlich auf den Fremden, und Elisabeth, die zufällig die Gesichter der beiden Herren betrachtete, erstaunte höchlich über beider Mienenspiel: beide verfärbten sich, der eine wurde rot, der andere blass. Mr. Wickham fasste zögernd wie zum Gruß an seinen Hut, eine Geste, die Darcy nur sehr knapp erwiderte. Was mochte dahinter stecken? Unmöglich, es zu erraten – unmöglich auch, es nicht brennend gern in Erfahrung bringen zu wollen. Gleich darauf verabschiedete sich Bingley, der anscheinend nichts bemerkt hatte, und die beiden Freunde setzten ihren Ritt fort.
Mr. Denny und Mr. Wickham begleiteten die jungen Damen bis vor Onkel Philips’ Haus; dort trennten sie sich von ihnen, obgleich Lydia sie auf das herzlichste aufforderte, doch mit einzutreten, und Mrs. Philips vom Wohnzimmerfenster aus laut und nicht minder herzlich die Einladung ihrer Nichten unterstützte.
Mrs. Philips sah ihre Nichten immer gern bei sich; über den Besuch der beiden älteren, die so lange abwesend gewesen waren, freute sie sich jetzt besonders, und sie würde ihrem lebhaften Erstaunen über die plötzliche Rückkehr nach Longbourn noch des längeren Ausdruck gegeben haben, wenn sie sich nicht genötigt gesehen hätte, sich Mr. Collins zuzuwenden, den Jane ihr eben vorstellte. Sie empfing ihn mit größter Freundlichkeit, die er mit verdoppelter Artigkeit erwiderte, indem er für sein Eindringen um Vergebung bat, das – obwohl er ein Fremder sei – doch insofern eine gewisse Berechtigung habe – wenigstens schmeichele er sich, so folgern zu dürfen –, als er sich ebenfalls einer näheren Verwandtschaft zu diesen jungen Damen rühmen dürfe.
Mrs. Philips hatte nicht Zeit genug, sich von einer solchen Wohlerzogenheit so erschlagen zu fühlen, wie sie es für passend empfunden hätte; denn die immer dringlicher klingenden Ausrufe und Fragen ihrer Nichten lenkten ihre Aufmerksamkeit von diesem Fremden auf jenen anderen, über den sie allerdings leider auch nichts weiter zu berichten wusste, als wir schon erfahren haben: dass er mit Mr. Denny aus London angekommen sei und das Leutnantspatent des in Meryton liegenden Regiments erwerben wolle. Sie habe ihn gerade eine Stunde lang mit Denny die Straße auf- und abgehen sehen, sagte sie, und wäre Mr. Wickham noch zu entdecken gewesen, hätten Lydia und Kitty sie sicherlich in dieser Beschäftigung abgelöst; aber zu ihrem Leidwesen passierten jetzt nur vereinzelte Offiziere das Haus, die im Vergleich zu dem Neuankömmling zu ›blöden, unsympathischen Kerlen‹ degradiert wurden. Einige von diesen ›Kerlen‹ waren am folgenden Abend bei den Philips zu Gast, und Tante Philips versprach, dafür Sorge zu tragen, dass ihr Mann noch vorher Mr. Wickham seine Aufwartung mache, um die Einladung auch auf ihn auszudehnen; selbstverständlich sollten sich die Nichten ebenfalls dazu einfinden. Die Schwestern stimmten diesem Vorschlag begeistert zu, und Mrs. Philips meinte, man könne sich zuerst mit einigen Partien Lotto vergnügen, bei denen es immer lustig und ein wenig ausgelassen zuging, und danach werde sie für ein kleines warmes Essen Sorge tragen. Die Aussicht auf ein derartiges Fest weckte Begeisterungsstürme, und man schied voneinander in aufgeräumtester Laune. Mr. Collins trug noch einmal seine Entschuldigungen vor, zu denen gar kein Anlass vorlag, wie ihm auf das herzlichste versichert wurde. Auf dem Heimweg berichtete Elisabeth Jane von dem Zwischenfall, dessen Zeuge sie geworden war; auch Jane hatte keine befriedigendere Erklärung zur Hand als ihre Schwester.
Mr. Collins’ bewundernde Schilderung von Mrs. Philips’ Lebensart und Zuvorkommenheit ließ ihn noch höher in Mrs. Bennets Ansehen steigen. Er erklärte, außer Lady Catherine und deren Tochter noch niemals in seinem ganzen Leben eine feinere Dame getroffen zu haben; denn nicht genug damit, dass sie ihn mit der größten Liebenswürdigkeit empfing, habe sie ihn auch noch ausdrücklich in ihre Einladung für den nächsten Abend mit eingeschlossen ungeachtet der Tatsache, dass er ihr vollkommen fremd sei. Zu einem gewissen Teil, glaube er annehmen zu können, möchte dies auf seine nahe Verwandtschaft zu Mr. Bennet zurückzuführen sein, aber selbst das mit in Betracht gezogen, wisse er nicht, wann er in seinem ganzen Leben mit so viel Aufmerksamkeit bedacht worden sei.
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