Kitabı oku: «Das Geheimnis des Stiftes», sayfa 4

Yazı tipi:

Der hundertjährige Krieg war 1419 noch aktiv, das Wort ›Hexereye‹ ist entstanden. Schau selbst. Aber ich finde nichts, was etwas seltsames Andeuten würde.*

Ich schicke ihm den Link von Wikipedia und klicke selbst auf das Wort ›Hexereye‹, aber auch da geht es mehr um die Bedeutung des Wortes.

Ich komme nicht weiter und das wurmt mich.

Juliansbookland

*Das ist ziemlicher Quatsch, oder? Und bei dir steht wirklich nichts? Nicht mal ganz klein irgendwo?*

Einige Minuten warte ich, um ihm im Glauben zu lassen, ich würde noch einmal suchen.

Marinettesbookland

*Oh, wow. Tatsächlich. Ach je. Das ist doch kein Zufall mehr, oder?

1310

Das kann nur ein Datum sein.

Aber warum? Wozu?*

Juliansbookland

*Hast du mich auf die Probe gestellt, Marinette?*

Marinettesbookland

*Wie kommst du denn darauf?

Kannst du deine Mutter fragen, woher sie das Buch genau hat?*

Jetzt bin ich gespannt. Mehr als das. Nervös warte ich auf eine Antwort. Ich warte und ...

Etliche Minuten später:

Juliansbookland

*Meine Mutter hat uns vor einer Weile verlassen.*

Marinettesbookland

*Das tut mir sehr leid. Entschuldige, ich wollte nicht ...

Weißt du was, selbst wenn es ein Datum wäre,

es spielt keine Rolle, oder?

Wir können ja doch nichts damit anfangen.

Vielleicht brauchte das Lewis Caroll selbst bei seinen Recherchen oder jemand hatte sich einen Spaß

daraus gemacht und in zwei

Ausgaben einfach etwas gekitzelt.*

Juliansbookland

*Möglicherweise hast du recht. Okay,

vergessen wir das einfach, oder? *

Wir chatten über belangloses und beenden das Gespräch, nachdem wir uns in eine Diskussion über ein Buch ausreichend ausgelassen haben.

7. Überraschung zum Lehrbeginn

Die Wochen verstreichen und die Sommerferien neigen sich auch dem Ende zu.

Ein paar Tage bevor ich meine Lehre antreten werde, reicht mir meine Mutter eine kleine Tüte aus einer Buchhandlung und ich erkenne die Umrisse eines Buches darin. Sie bringt mir gerne Bücher mit, wenn sie unterwegs ist. Sie hat in der Regel jede Woche einen Auswärtstermin und von dort bringt sie mir, da ich den ganzen Tag im Blumenladen bleiben muss, etwas zu Lesen mit.

Gespannt auf das, was mich dieses Mal erwartet, öffne ich die Tüte und ziehe völlig überrascht Marinette Strike »Das mysteriöse Mädchen – Die unsichtbare Retterin« heraus.

»Über dieses Buch haben alle heute im Seminar erzählt. Es ist ganz neu herausgekommen, deshalb hoffe ich, dass du es noch nicht hast. Irgendwie finden es ihre Kinder total toll. Als ich es dann im Buchladen gesehen habe, musste ich es direkt mitnehmen.« Sie zögert etwas und fügt hinzu: »Ich hab mir auch ein Exemplar gekauft. Es klingt nach einer wirklich interessanten Geschichte«, sagt sie und ahnt gar nicht, wie stolz mich das macht. Ich muss mich beherrschen, nicht zu stark zu grinsen.

Sie hat mein Buch gekauft. Das ist wirklich sehr cool!

»Wow, vielen Dank! Ich hab es schon oft im Internet gesehen und die Meinungen sind auch recht gut.« Das ist nicht einmal übertrieben. Nachdem es Juliansbookland gezeigt hatte, hab ich das Buch wirklich oft entdeckt. Es freut mich ungemein und ich bin gespannt, was meine Mutter dazu sagen wird.

»Gerne. Vielleicht können wir uns darüber dann auch etwas austauschen, wenn du willst.«

Wir nähern uns wieder an und das freut mich noch mehr. Denn nach der Sache mit dem Büro, der komischen Organisation und dieser ganzen Geheimhaltung, hatten wir einige Tage kaum ein Wort miteinander gewechselt. Sogar unsere Serien haben wir uns stumm angeschaut, doch wirklich unterhalten haben wir uns nicht - nur über den Blumenladen.

Es ist nicht ihre Schuld, muss ich mir immer wieder ins Gedächtnis rufen. Mein Vater ist gegangen, er hat sich dafür entschieden. Dieses Mal hab ich nicht ›verschwunden‹ gesagt, denn wahrscheinlich ist es so, wie es meine Mutter erzählt hat: Er ist abgehauen.

»Das wäre schön. Danke für das Buch, ich muss noch etwas vorbereiten«, sage ich und meine Mutter nickt mir wohlwollend zu.

Total bescheuert, dass der 1. September ein Freitag ist, aber an diesem Tag ist nun mal der erste Schultag.

Langsam werde ich tatsächlich nervös.

Ich hoffe, es wird sich etwas ändern.

Hoffe, ich werde dieses Mal wahrgenommen und irgendjemand wird mich mögen.

Um mich abzulenken, schreibe ich Juliansbookland.

Marinettesbookland

*Hi Julian, am Freitag beginnt meine Lehre. Irgendwie bin ich nervös deshalb. Wie geht es dir?

Tolles Video übrigens. Hat mir sehr gefallen. Irgendwie reizt mich das Medium auch. Aber so gut, wie du es machst, werde ich mich nicht verbergen können. *

Juliansbookland

*lach*

*Warum willst du dich denn verstecken?

Sag mal, warum willst du dich eigentlich nicht ›zeigen‹?*

Marinettesbookland

*Ich werde es dir erzählen, aber nur, weil ich glaube, dass du ähnlich fühlst, und denkst und wir uns wirklich gut verstehen*

Ich möchte nicht, dass mich jemand vergisst.*

Juliansbookland

*Äh, Verzeihung? Das verstehe ich nicht.

Dich kann man gar nicht vergessen. Ich denke sehr oft an dich und ich kann mir nicht vorstellen, dass du

in Vergessenheit geraten würdest.*

Ich erröte. Wahhh. Hat er das gerade wirklich geschrieben? Habt ihr das auch gelesen? Er denkt oft an mich? Wie meint er das denn? Glaubt ihr, er mag mich?

Ich meine, ich mag ihn auch sehr und man kann durchaus auch Personen gernhaben, die man nicht persönlich kennt. Ich hab viele ›Freunde‹ über Instagram gefunden mit denen ich mich regelmäßig austausche und natürlich auch viele Leser/innen, die sich mit mir über das Buch unterhalten. Aber wie genau meint er das?

Marinettesbookland

*Außerdem würde ich wohl meine Leser vertreiben.

Der eigentliche Grund ist, dass ich nicht will, das meine ehemaligen Klassenkameraden etwas davon mitbekommen.*

Juliansbookland

*Dann ist Marinette Strike dein Künstlername?*

Marinettesbookland

*Tut mir leid, ich bin noch nicht so weit, dir meinen richtigen Namen zu nennen. Das hat nichts mit dir zu tun, sondern ich will, dass wir das, was wir hier haben, nicht unnötig aufs Spiel setzen. Ich weiß,

alles, was ich erzähle, ergibt wenig Sinn. Aber du kennst nun mein größtes Geheimnis. Ich vertraue dir,

aber du würdest mich auch vergessen, wenn du mehr

wüsstest.*

Juliansbookland

*Du bist ein sehr interessantes Mädchen und es ist vollkommen in Ordnung, dass du mir nicht mehr verraten möchtest.

Irgendwann treffen wir uns und dann erzählst du mir genau, was das alles zu bedeuten hat.*

Marinettesbookland

*Irgendwann, nur nicht jetzt. Danke fürs Zuhören.*

Juliansbookland

*Jederzeit, Marinette. Ach so, und was die Lehre angeht: Nervös zu sein ist vollkommen normal. Da ich nun aber weiß, dass du nicht wegen deines Buches nervös bist, sondern weil du wahrscheinlich Angst hast, man könnte dich nicht wahrnehmen, kann ich dir nur raten: Such dir einen Verbündeten. Eine Freundin oder einen Freund, mit dem du dich unterhalten kannst. Erzähl mir dann, wie es gelaufen ist.*

Marinettesbookland

*Danke für deinen Tipp. Ich muss noch etwas machen. Schön, dass ich mit dir reden kann.

Bis später dann.*

Ich hätte gerne einen Freund. Keine Beziehung, die natürlich auch toll wäre, aber ich rede wirklich über Freundschaft.

Das wäre etwas sehr Schönes. Ich schiebe die düsteren Gedanken, die versuchen von mir Besitz einzunehmen, beiseite. Denn es bringt mir nichts.

In der Nacht zum Freitag mache ich kein Auge zu. Ich liege hellwach im Bett und starre an die Decke. Der Wecker zeigt 3 Uhr nachts an. Grr.

Um 8 Uhr muss ich in der Schule sein.

Es sind nur noch vier Stunden zu schlafen, aber ich kann einfach nicht meine Gedanken abstellen. Ich habe Angst vor dem, was mich erwartet. Vielleicht nicht sofort, aber nach dem Wochenende wird sich keiner mehr an mich erinnern.

Meine Mutter hatte mir erzählt, dass die Schule immer Dienstag und Freitag sein wird und wir an den anderen Tagen arbeiten werden. Ich schnappe mir mein Handy und scrolle mich durch Instagram. Dann bekomme ich eine Idee und diese muss ich direkt in die Tat umsetzen. Auf meinem YouTube Channel möchte ich selbstgemachte Videos einstellen. Über Bücher, die ich gelesen oder neu habe, zum Beispiel. Aber zunächst erstelle ich einen Trailer zu meinem Buch. Ich sitze fast eine Stunde dran, da ich mich erst einmal mit allem vertraut machen muss und passende Bilder anfertige.

Nebenbei hab ich mir ein Hörbuch angemacht und bin sehr stolz auf mich. Noch immer keine Spur von Müdigkeit. In drei Stunden klingelt der Wecker.

Juliansbookland

*Hey Marinette, kannst du nicht schlafen, oder warum hast du gerade ein Video hochgeladen?

Übrigens sehr gelungen :-)*

Marinettesbookland

*Du wohl auch nicht,

wie mir scheint ;-)

Heute beginnt doch meine Lehre und ich konnte einfach nicht einschlafen.

Danke, es wird in ein paar Stunden noch eins kommen. Würde mich über deine Meinung freuen.*

Juliansbookland

*Da bin ich gespannt.

Hey, mach dich nicht so fertig. Denk immer daran: Alles kommt so, wie es kommen soll.

Du bist ein sehr nettes Mädchen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass es jemanden gibt, der es nicht so sieht.*

Marinettesbookland

*Du schmeichelst mir zu sehr.

Aber danke :-) Noch kannst du so etwas ja sagen.*

Juliansbookland

*Ich glaube nicht, dass ich meine Meinung ändern werde, wenn ich dich in der Realität kenne.*

Marinettesbookland

*Warum bist du eigentlich wach?*

Juliansbookland

*Du wechselst das Thema. Typisch Autor, nur kein Lob zu viel ;-)

Mein Bruder hat dasselbe Problem wie du, glaub ich. Für ihn beginnt nachher auch sein erstes Lehrjahr und ich höre die ganze Zeit schon, wie er

im Zimmer alles möglich umzuräumen scheint.

Das macht er immer, wenn er nervös ist. Dann räumt er alles von einer zur anderen Seite und zurück.

Das nervt, aber ich kann es nicht ändern. Das ist so

seine Art, damit umzugehen. Er soll nicht mal

wissen, dass er mich dadurch auch wach hält.

Aber das ist in Ordnung.

So konnte ich selbst noch etwas erledigen und auch ein Buch zu Ende lesen,

bevor ich später wieder ein paar Termine

wahrnehmen muss.*

Marinettesbookland

*Wenigstens bin ich nicht alleine. Das freut mich. Du bist ein guter Bruder, wenn du ihm keine Szene

deshalb machst. Du kannst mir ja erzählen, wie sein

Tag war. *

Juliansbookland

*Werde ich machen. Berichte nachher, wie es war.

Viel Erfolg und vor allem: viel Spaß :-)*

Marinettesbookland

*Dankeschön.*

Mein Herz hört nicht mehr auf, wie wild zu schlagen.

Wie ist das nur möglich?

Er sagt immer so schöne Sachen und ich kann tatsächlich nicht mit Lob umgehen.

Instagram nehme ich die restliche Zeit auseinander und lasse immer mal einige Kommentare da und lausche weiter dem Hörbuch. Schließlich blicke ich auf die Uhr und finde, es ist nun eine angemessene Zeit, um in die Dusche zu steigen und mich auf den Tag vorzubereiten.

Ich föhne meine Haare trocken und ziehe mich an. Rotes T-Shirt mit einem ›just smile‹ Schriftzug und eine schwarze, zerrissene Jeans. Die sind immer noch sehr angesagt und ich mag den Stil, dazu werde ich schwarze Turnschuhe tragen.

Meine braunen Haare lasse ich offen und sie fallen etwas gewellt auf meine Schultern.

Ich verwende Lidschatten, Wimperntusche, Puder und Lipgloss. Das reicht mir. Ich will nicht aussehen, als wäre ich in den Farbtopf gefallen und doch möchte ich wenigstens so tun, als würde ich anderen auffallen.

Bevor ich das Badezimmer verlasse, blicke ich mich noch einmal im Spiegel an und zucke mit den Schultern. Mehr geht nicht. Mehr kann ich nicht machen.

»Oh, guten Morgen Mama«, begrüße ich sie.

»Guten Morgen Liebling«, sagt sie und strahlt mich an. Es tut gut ihre Fröhlichkeit am Morgen zu sehen, ihre kurzen Haare sind noch total verstrubbelt und ich finde es jedes Mal verblüffend, wie sie einen ganzen Raum einnehmen kann, selbst im Schlafanzug. Sie hat Frühstück vorbereitet und ich greife zuerst nach der Tasse und trinke einen Schluck Kaffee.

»Na, nervös?«

»Wie kommst du nur darauf?«, antworte ich und verdrehe die Augen.

»Nur geraten«, sagt sie und kichert etwas. »Wie lange bist du eigentlich schon wach?«

Oje, sie hat es mitbekommen.

»Hab ich dich aufgeweckt?«

»Ich hatte nur irgendwann Durst und bin in die Küche, da hab Licht bei dir gesehen.« Sie lächelt mich an und doch verraten ihre Augen, dass sie sich Sorgen macht.

Klar, sie ist meine Mutter und hat all das Drama der vergangenen Jahre miterlebt, wahrscheinlich hat sie Angst, ich würde in ein Loch fallen, so wie sie einst. Aber ich bin stärker, als sie annimmt.

»Mel?«

»Mmh? Oh, entschuldige, hast du was gesagt?«

Ich musste gerade an Julian denken und frage mich immer noch, wieso er sich in seinen Videos versteckt.

»Wo bist du nur mit deinen Gedanken?«

Ich fühle mich ertappt und trinke noch einmal etwas aus der Tasse.

»Ich weiß auch nicht. Was ist, wenn es auch hier so weitergeht?«, seufze ich.

Sie greift mit ihrer Hand über den Tisch und berührt meine, da meine Finger nervös den Takt irgendeines Liedes klopfen. Ich bekomme es nicht immer mit, aber wenn, dann nervt es mich auch, da ich nicht mal wirklich den Takt halten kann.

»Mach dir nicht so viele Gedanken. Sooft hast du ja keine Schule und ich werde dich nie vergessen können. Also hast du im Laden schon mal einen Puffer.« Ihr Lächeln ist leicht verkrampft.

»Ja, stimmt schon … Ich wünschte nur, ich wüsste, was auf mich zukommt. Diese Ungewissheit macht mich fertig.«

»Liebling«, beginnt meine Mutter und sieht mich ernst an, »du bist ein wunderbares Mädchen, aber du kannst niemanden dazu bringen, sich an dich zu erinnern.

Sei froh, dass wir nicht wissen, was uns die Zukunft bringt.«

Etwas an ihrem Ton irritiert mich, aber ich möchte nicht darüber nachdenken, nicht jetzt jedenfalls.

Ich blicke zur Tür, an der ich meine Tasche abgestellt habe und verspüre so ein komisches Gefühl in der Magengegend.

Schnell esse ich ein Brot mit Marmelade und nehme mir auch etwas mit, bevor ich mich langsam auf den Weg zur Schule mache. Zum Glück ist es nicht weit weg, was bedeutet, ich könnte zur Not ganz schnell flüchten.

Zwanzig Minuten später stehe ich vor einem großen Gebäude und muss erst einmal innehalten. Es haben sich schon einige Jugendliche auf dem Gelände versammelt.

Grüppchen haben sich gebildet. Doch manche stehen auch einzeln und sehen teilweise verloren aus.

Doch möchte ich nicht zu lange hier draußen verharren, denn ich will möglichst als Erste in den Klassenraum, der mir in einem Schreiben genannt worden ist. Zielstrebig gehe ich an all den Schülern - und wenigen Eltern oder Lehrern - vorbei und krame den Zettel mit der Nummer aus meiner Hosentasche, um mich besser orientieren zu können. Im Gebäude selbst ist noch nicht viel los. Gelegentlich kommt mir jemand entgegen, der oder die irgendwie gehetzt wirkt, aber mich nicht anschaut. Ich blicke mich um und entdecke an den Wänden ein paar Gemälde und Urkunden oder Zertifikate, so genau kann ich das nicht einschätzen. Neben jeder Tür steht die Nummer und um welchen Raum es sich handelt, das ist praktisch. Denn so finde selbst ich mich zurecht.

›Einzelhandel – Zi 15c‹ steht auf dem Zettel.

›Fleischerei – Zi 10a‹ lese ich direkt und bin nicht mehr weit weg. Ich biege um eine Kurve und schon stehe ich genau vor meinem Raum, dessen Tür bereits offen ist.

Vorsichtig spähe ich hinein und entdecke einen Mann, der an einer Tafel etwas schreibt.

›Freie Platzwahl‹, lese ich. ›Einmal gewählt, bleibt er bis zum Schulende‹, beendet er den Satz und dreht sich um. Es klingt beinahe, als würde er schnauben, blickt auf seine Armbanduhr und zieht die Augenbrauen zusammen.

»Guten Morgen«, sage ich vorsichtig.

Er brummt nur etwas, deutet auf die Tafel und verschwindet aus dem Raum. Vielleicht braucht er ja einen Kaffee, denke ich und muss etwas lächeln.

Ich bin alleine und habe freie Platzwahl.

Ich drehe mich zu den Sitzplätzen um und überlege, wo ich mich hinsetzen soll.

Es sind immer vier Tische nebeneinander und drei hintereinander, also bietet der Raum für 24 Schüler Platz.

Ist eine gute Zahl, finde ich.

Ich saß ja schon überall und es hat keinen Unterschied gemacht. Deshalb beschließe ich, mich in die letzte Reihe ans Fenster zu setzen. Was von der Tafel aus rechts bedeutet. Meine Schultasche lasse ich neben mir auf den Boden gleiten, während ich mich setze und schon mal meine Federmappe und einen Block hervorkrame. Langsam nehme ich auch Schritte wahr, was bedeutet, dass sich der Raum mit Schülerinnen und Schülern langsam füllt. Sie alle scheinen zunächst zu stoppen, um das zu lesen, was an der Tafel steht, bevor sie sich ihren Platz suchen. Natürlich ist neben mir der Stuhl frei, aber nachdem es bereits einmal geläutet hat, scheint niemand neben mir sitzen zu wollen. Schulterzuckend hole ich mein Smartphone aus der Tasche und weiß, dass ich noch fünf Minuten habe, bevor das nächste Kapitel in meinem Leben aufgeschlagen wird. Ich bin nervös, aber nicht mehr so sehr, wie am Morgen oder in der Nacht. Auf meinem Handy entdecke ich eine Nachricht:

Juliansbookland

*Wollte dir nur schnell * Viel Glück * wünschen.

Bin in Gedanken bei dir.*

Was meint er denn damit?

Und dann stelle ich fest, dass ich grinse. Denn meine Mundwinkel fühlen sich eigenartig nach oben gezogen an. Schnell korrigiere ich es und muss tief durchatmen.

Marinettesbookland

*Vielen lieben Dank. Schade, dass du nicht wirklich hier bist.

Bis später dann. xx*

Oh, fuck, ich hab das wirklich gerade geschrieben?

Als ich das merke, schalte ich das Handy wieder aus und tippe damit gegen meine Stirn. Wie blöd bin ich eigentlich? Hab ich wirklich zwei x geschrieben? Jeder weiß doch, dass sie für Küsschen stehen.

»Hi«, höre ich plötzlich eine Stimme neben mir und möchte am liebsten im Erdboden versinken.

»Hallo«, stammele ich und blicke erst dann in das Gesicht von … »JUSTIN?«, rufe ich aus.

Lächelnd zieht er den Stuhl nach hinten und nimmt neben mir platz. Seine Tasche lässt er sachte zu Boden sinken, was eigentlich nur bedeutet, dass er etwas Zerbrechliches darin aufbewahrt - eine Glasflasche oder Ähnliches. Gespannt warte ich ab. Ich möchte den Blick abwenden und doch muss ich wissen, wie er reagiert.

Erinnert er sich? Er sieht mich an und ein Lächeln zeichnet sich auf seinen Lippen ab.

»Lange her, Melanie, oder?«

»Du erinnerst dich an mich?« Meine Stimme klingt piepsig und seltsam hohl, aber … Er erinnert sich an mich?

»Selbstverständlich! Wie könnte ich dich vergessen? Du hast mich immerhin angerempelt«, sagt er und zwinkert mich dabei an.

Verlegen reibe ich mir den Hinterkopf und weiß nicht, was ich sagen soll. Das ist vollkommen neu für mich.

»Du scheinst überrascht zu sein, warum? Du weißt doch auch noch, wie ich heiße.«

»Es ist nur ...«, wie sage ich es ihm, ohne als Freak dazustehen? Doch ich komme nicht dazu, etwas zu erwidern, denn schon läutet es erneut und der Lehrer steht an seinem Tisch, als sei er direkt aus dem Nichts aufgetaucht.

Ich höre ihm nur halb zu. Denn irgendwas ist seltsam.

›Ich bin froh, dass wir in einer Klasse sind.‹

Wie süß, Justin schreibt Zettelchen. So etwas hab ich auch noch nie erlebt.

›Bin ich auch. Wenigstens einen, den ich kenne.‹

›Eigentlich kennen wir uns noch nicht wirklich. Aber das würde ich gerne ändern.›

Ich schiele kurz zu ihm und entdecke ein zartes Lächeln auf seinen Lippen, die sehr schön aussehen - so von der Seite her. Sein Blick ist geradeaus gerichtet und in der linken Hand hält er, wie auch ich, einen Stift. Was praktisch ist, denn so rempeln wir uns nicht beim Schreiben gegenseitig an.

Was soll ich denn antworten?

Ich beiße mir auf die Unterlippe und lese noch einmal den Zettel.

›Das würde mich auch freuen. Getreu dem Motto: Geteiltes leid, ist halbes leid.

Schließlich sitzen wir nun das gesamte Jahr nebeneinander. Da ist es schon gut, wenn wir uns verstehen.‹

So etwas kann ich ganz schlecht immer. Verlegen schiebe ich ihm den Zettel zu und beobachte seine Reaktion. Ich glaube, ich starre sogar, weil er mich direkt angrinst. ›Gut gemacht, Meli‹, denke ich mir.

Er nickt und lächelt immer noch und dann höre ich plötzlich die Klingel.

»Äh, sag nicht, dass schon eine Stunde vorbei ist?«

Lachend schiebt er mir seine Notizen rüber, während ich auf mein leeres Blatt schiele.

»Danke, Justin.«

»Gerne doch, Melanie.«

Lächelnd schreibe ich das ab, was auf dem Block steht und wundere mich, wie oft, welches Fach dran kommt, während etwas neben mir zischt. Irritiert schaue ich zu meinem Banknachbarn, der seine Tasche auf seinem Schoss hat und aus einer Flasche trinkt.

»Danke, ich weiß wirklich nicht, wie ich eine ganze Stunde verschlafen konnte.«

Er beginnt zu lachen und zu Husten, was eine komische Mischung ist.

»Oh, tut mir leid, ich wollte nicht, dass du dich verschluckst.«

»Schon okay«, presst er heraus und seine Augen sind etwas gerötet. »Du warst eben von den Zettelchen abgelenkt.«

»Hab ich auch noch nie gemacht und kurzfassen fällt mir schwer.«

»Du hast noch nie kleine Zettel im Unterricht ausgetauscht?«, fragt er mich verblüfft. Seine Atmung hat sich wieder normalisiert und er schaut mich an, als sei ich von einem anderen Stern, was mich etwas verletzt.

Ich kann doch nichts dafür und zucke lediglich mit den Schultern und widme mich meinem Trinken, was ich aus meiner Tasche hole. Bevor der Unterricht wieder beginnt, packe ich die Flasche weg und schau mir den Stundenplan genauer an. Sport steht auch darauf, na toll.

Das Klingeln läutet die nächste Stunde ein und ich sehe wieder einen Zettel vor mir. Mmh.

›Hab ich dich verärgert?‹

Ich schüttle den Kopf, aber bin trotzdem verwirrt. Irgendwas nagt an mir.

›Pause?‹

Er liest das Wort, runzelt die Stirn und nickt schließlich.

Dieses Mal passe ich besser auf und als wir unsere erste größere Pause haben, bleiben wir im Klassenraum, da es draußen ziemlich stark regnet. Wir setzen uns auf die Fensterbank, da sie breit genug ist, und blicken hinaus.

»Hab ich dich verärgert?«, fragt er erneut.

»Du hattest so einen Gesichtsausdruck, der mir verdeutlicht hat, was du denkst.«

»Und was hab ich gedacht?«

»Das es seltsam ist, wenn man noch nie Zettelchen im Unterricht geschrieben hat«, flüstere ich und fasse mit meiner Hand an die Scheibe. Der Regen prasselt dagegen und ich konzentriere mich darauf. Die meisten Schüler sind im Klassenraum geblieben und ihre Stimmen wirken auf mich wie eine Hintergrundmusik.

»Das gehört doch irgendwie dazu, oder?«

Ich blicke ihn nun doch an und schüttle den Kopf, mal wieder. »Für mich nicht.«

»Melanie, ist alles in Ordnung?«

»Ja, alles gut, Justin. Tut mir leid. Du kennst mich nicht und … Nein, ist schon in Ordnung.«

»Ich hab das nicht einfach nur so gesagt. Ich möchte dich näher kennenlernen. Wir könnten Freunde werden, oder findest du nicht?«

»Freunde? Das fände ich schön«, sage ich und schaue ihn an. Unsere Blicke ruhen aufeinander für den Moment und seine strahlend blauen Augen scheinen mich zu fixieren, bis ein Geräusch mich zusammenfahren lässt.

»Entschuldige«, sagt er und zieht sein Handy aus der Tasche, was vibriert hatte. Stirnrunzelnd geht er daran und entfernt sich etwas von mir, während er leise spricht. In der Zwischenzeit nehme auch ich meines zur Hand und gehe an meine Tasche, um mir mein Essen zu holen. Ich setze mich hin und scrolle etwas auf Instagram und entdecke dabei auch mein Buch. Ob ich mich jemals daran gewöhnen werde?

Juliansbookland

*Wie ist es so?*

Marinettesbookland

*Gut, sehr gut, danke. Besser als gedacht.*

Juliansbookland

*Siehst du?! Alles halb so schlimm. Schon jemanden kennengelernt?*

Julians Frage irritiert mich. Schnell antworte ich mit einen ›ja, habe ich‹ und packe das Handy weg, da Justin zurückkommt und die Pause auch schon wieder zu Ende ist.

Die nächsten Stunden vergehen schnell, was kein Wunder ist, da wir im Prinzip nur erfahren, was uns alles in diesem Jahr erwartet und wie wir uns auf der Arbeit verhalten sollen, wenn unterrichtsfrei ist. Außerdem hat sich jeder in der Klasse vorgestellt und über seinen Ausbildungsbetrieb erzählt und über die möglichen Pflichten gesprochen.

»Ich würde dich gerne nach Hause bringen«, schlägt Justin vor, als der Schultag zu Ende ist.

»Von mir aus, gerne.«

»Möchtest du fahren oder laufen?«

»Laufen, Justin, es hat aufgehört zu regnen und die Sonne scheint so wundervoll, außerdem ist es nicht weit.« Ich mag den Geruch nach einem Regenschauer sehr.

Schweigend verlassen wir das Schulgelände und er blickt kurz zum Parkplatz. Wahrscheinlich bereut er sein Angebot schon. Welches Auto seines ist, kann ich nicht feststellen.

»Hast du eigentlich noch Geschwister?«, möchte ich wissen, als wir an einer Ampel warten müssen.

»Ja, habe ich«, gibt er zu und ich merke erst da, dass ich den Atem angehalten habe. Heißt er zufällig Julian, würde ich gerne fragen, doch da hupt plötzlich ein Auto genau neben uns und irgendwie ist der Moment dahin, denn schnell überqueren wir die Straße und er wechselt das Thema. »Ich hab mich echt gefreut, dich heute wieder gesehen zu haben.«

»Wirklich? Du hast mich nicht vergessen?«

»Natürlich nicht. Du stellst eigenartige Fragen. Warum hätte ich dich denn vergessen sollen?«

Ich vergrabe meine Hände in den Hosentaschen und kicke einen Stein weg, der vor meinem Fuß ist und in eine Pfütze landet.

»Keine Ahnung, ich kenne es nicht anders«, gebe ich zu.

»Melanie«, sagt Justin und hält mich am Arm fest. »Wenn du über etwas reden willst, dann kannst du das gerne machen. Ich kann gut zuhören.«

Lächelnd schüttle ich den Kopf.

»Nicht nötig.« Er hält mich noch immer fest und blickt mir dabei tief in meine Augen. »Wirklich, Justin, es ist alles in Ordnung.« ›Frag bitte nicht weiter nach, du würdest sonst die Flucht ergreifen‹, sende ich gedanklich in die Welt hinaus und ignoriere das dumpfe Gefühl, welches sich in mir ausbreiten möchte. Ich will nicht, dass er weggeht.

Ich hab mich nicht in ihn verliebt, aber ich mag ihn als Freund und will ihn nicht als solchen verlieren.

Wir kennen uns nicht lange, das ist mir bewusst, aber ich kann wirklich jemanden gebrauchen, mit dem ich mich auch mal treffe.

»So, der Blumenladen«, verkünde ich nach einigen Minuten des Schweigens und zeige in die Richtung. »Und hier wohne ich. Danke fürs nach Hause bringen.«

Er sieht zum Laden und schließlich zur Haustür unserer Wohnung. Gemeinsam überqueren wir die Straße und ich suche nach meinem Schlüssel. Er wartet. Auf was?

»Möchtest du einen Kaffee trinken?«, frage ich also.

»Gerne«, antwortet er, doch dann hören wir beide eine Melodie, scheinbar hat er sein Handy auf laut gestellt. »Was?«, sagt er genervt, als er das Telefonat annimmt. Er rollt mit den Augen und scheint nur zuzuhören. »Na, schön. Bis gleich.«

»Ein andermal der Kaffee?«, greife ich ihm zuvor und nehme ihm etwas das Gefühl, welches scheinbar in ihm tobt.

»Tut mir leid.« Es tut ihm wirklich leid, denn sein Blick ist echt traurig.

»Schon okay. Aber wer ruft dich denn ständig an?«

»Sorry, ich muss jetzt los. Wir sehen uns nächste Woche.«

*

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