Kitabı oku: «Einstellungen erkennen, beeinflussen und nachhaltig verändern», sayfa 2

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1.3 Die Macht der Fakten über uns

Das Ziel der Weisheit ist es, dass man den Dingen nur so viel Macht über sich einräumt, als man selbst es will, und dass man sein Schicksal nicht mehr von Außen empfängt, sondern es nimmt, als Atemzug aus dem eigenen Interesse.

Hermann Hesse

Meine geschilderten Erfahrungen in Verbindung mit dem, was ich in meinem Psychologiestudium gelernt hatte, motivierten mich, diesem Thema auf den Grund zu gehen.

Wie wäre es…

● wenn wir in unserem Beruf eine sinnvolle, erfüllende Tätigkeit erleben könnten, anstatt sie nur aus dem Zwang heraus auszuüben, Geld verdienen oder eine Pflicht erfüllen zu müssen?

● wenn wir in Veränderungen (wir verlieren unsere Arbeit, die Kinder gehen aus dem Haus usw.) etwas Schönes sehen könnten, das wir begrüßen, weil es uns neue Erfahrungen schenkt und uns hilft, uns selbst weiterzuentwickeln – statt davor Angst zu haben?

● wenn wir dankbar sein könnten, für das, was wir haben, statt Mangel zu erleben und uns immer wieder darüber zu beklagen, was wir nicht haben?

● wenn wir in unserem Beruf und im Privatleben frei darüber entscheiden könnten, welche Stimmung uns beherrscht?

● wenn wir im Alter „die Morgendämmerung der Weisheit“ sehen, wenn wir „Alter“ mit Reife, Ausgeglichenheit, Erfüllung assoziieren – statt darin den Abend des Lebens zu sehen und mit Schwäche, Krankheit und Siechtum zu verbinden?

● wenn wir Geduld, Güte, Wahrheitsliebe, Demut, Hilfsbereitschaft, Friede, Harmonie und Nächstenliebe oder andere Tugenden empfinden und praktizieren könnten, weil wir uns dafür entschieden haben, statt von Ungeduld, Missgunst, Hochmut, Unfrieden, Ärger und Wut – oder schlimmer: von Enttäuschung, Härte, Zynismus und Hoffnungslosigkeit – beherrscht zu werden?

● wenn wir an unserem Partner auch nach 20 Jahren Ehe noch immer die Eigenschaften im Vordergrund sehen könnten, die uns diesen Partner hatten wählen lassen?

● wenn wir im Tod das Tor zu einer neuen Daseinsform sehen könnten – statt in ihm das Ende zu sehen?

Was wäre, wenn es uns gelänge, solche Einstellungen anderen zu vermitteln, die mit einer der oben aufgezählten Situationen zu kämpfen haben? Könnten wir damit diese Menschen nicht mehr unterstützen als mit jeder anderen Form von Hilfe?

Wenn man einem Hungernden einen Fisch gibt, ist er einen Tag satt.

Gibt man ihm eine Angel, wird er sein Leben lang keinen Hunger mehr leiden.

Chinesisches Sprichwort

Die Beschäftigung mit Einstellungen wird sicher auch Ihnen einen Weg zeigen, wie Sie mehr Einfluss auf Ihr Leben und das Leben anderer gewinnen können. Sie werden die Überzeugung gewinnen, dass Sie Ihr Leben in die Hand nehmen können und Sie werden die Fähigkeit erlangen, sich immer dann zu verändern, wenn Sie das wollen. Sie werden aber auch Techniken kennenlernen, mit denen Sie anderen helfen können, ihre eigenen Erkenntnisse auch zu praktizieren.

Das klingt vielleicht etwas überheblich. Ich kann gut verstehen, wenn Sie bei dieser Behauptung Widerstand in sich spüren. Mir würde das nicht anders gehen. Allerdings habe ich die hier beschriebenen Techniken schon seit vielen Jahren ausprobiert und ich konnte nicht nur bei mir, sondern auch bei meinen Kunden, den Teilnehmern der von mir konzipierten Trainings oder den Personen, die ich coachte, solche Veränderungen feststellen.

Akzeptieren Sie die Analogie des Menschen als Computer? Letztlich geht es darum, dass wir lernen, uns selbst oder die Personen, denen wir helfen wollen, neu zu programmieren. Ein Trainerkollege hat einmal gesagt: „Menschen sind die einzigen Supercomputer, die von Nichtfachleuten produziert werden können […] und sie kommen ohne Betriebsanleitung auf die Welt.“ Wir wollen hier keine Betriebsanleitung schreiben, ich will Ihnen einen Weg aufzeigen, wie es mir gelungen ist, einige Fehlfunktionen „umzuprogrammieren“. Ich möchte Ihnen damit eine Technik an die Hand geben, die Sie sicher auch bei Ihren Kunden, bei Ihren Mitarbeitern, bei Ihren Kindern, bei den Teilnehmern Ihrer Veranstaltungen usw. anwenden können.

Nichts kann den Menschen mit der richtigen inneren Einstellung daran hindern, sein Ziel zu erreichen; nichts auf der Welt kann dem Menschen mit der falschen inneren Einstellung helfen.

Thomas Jefferson

1.4 Der Einfluss der Einstellungen auf die Wahrnehmung

In dem vorhergehenden Abschnitt wurde behauptet, dass wir unsere Stimmung weitgehend und jederzeit beeinflussen können. Aber ist das nicht völlig übertrieben? Letztlich sind wir von dem abhängig, was wir erleben, was uns umgibt, was durch unsere Wahrnehmung unser Bewusstsein erreicht. Vieles spricht dafür, dass es so ist. Aber sind wir tatsächlich von dem abhängig, was wir wahrnehmen?

Auch dazu möchte ich eine Geschichte erzählen:

Ein Erlebnis im Ausflugslokal

Ich war auf einer kleinen Wanderung. Es war ein schöner Tag und viele Wanderer hatten sich ein kleines Gartenrestaurant zum Ziel gewählt. Der einzige Weg dorthin führte durch einen Wald. Das Lokal war sehr gut besucht und die Tische auf der Terrasse waren eng gestellt. Man musste sich nicht besonders anstrengen, um die Gespräche an den Nachbartischen mit anzuhören. Dabei wurde deutlich, dass zwar alle den gleichen Weg zu diesem Restaurant gegangen waren, dass sie aber offensichtlich alle etwas anderes gesehen hatten: Da gab es Wanderer, die davon berichteten, dass sie eine Reihe von Umweltschäden bemerkt hatten, andere berichteten davon, dass dieser Wald ein „Pilz-Eldorado“ sein müsste und dass man noch einmal zum Pilzesammeln wiederkommen sollte. Wieder andere hatten offensichtlich nur Augen für die Schönheit der Natur, einige waren offensichtlich Jäger und sahen die Wildspuren auf dem Weg zu dem Restaurant.

Aber es gab auch Tische, an denen man sich nicht über die Beobachtung auf der Wanderung unterhielt, sondern sich sorgenvoll über die politische Entwicklung äußerte oder die Entwicklung der Aktienkurse diskutierte.

Eigentlich gingen alle Wanderer den gleichen Weg zu dem Restaurant und müssten ungefähr das Gleiche gesehen haben und doch unterschied sich das, was in ihr Bewusstsein gekommen war, ganz wesentlich. Wie kann man das erklären?

Unsere Einstellungen haben die Angewohnheit, dass sie unsere Wahrnehmung beeinflussen. Wir sehen vor allem oder sogar ausschließlich das, was unsere Einstellungen bestätigt. Ein Pessimist sieht z. B. nur die negativen Seiten des Lebens, ein Umweltschützer vor allem die Sünden an der Umwelt. Wenn wir uns auf die entgegengesetzte Seite konzentrieren, dann ändern wir dadurch wenigstens teilweise auch unsere Einstellung.

Wahrnehmung kann man auf verschiedenen Ebenen betrachten:

1. Die physikalische Seite der Wahrnehmung: Elektromagnetische Wellen treffen unser Auge, Schallwellen treffen unser Ohr.

2. Die körperliche Seite der Wahrnehmung: Nervenimpulse kommen im Gehirn an.

3. Die gehirnorganische Seite der Wahrnehmung: Das Gehirn verarbeitet die eingehenden Impulse:

─ Es vergleicht die eingehenden Impulse mit gespeicherten Mustern.

─ Manche werden bewusst, manche nicht beachtet.

─ Bei den Mustern, bei denen das Gehirn eine Bedeutung findet, ist die Chance relativ groß, dass die Wahrnehmung bewusst wird.

4. Eine Wahrnehmung mit Bedeutung wird bewertet. Die Bewertung findet aufgrund von Kategorien statt. Eine wichtige Quelle für solche Kategorien sind unsere Einstellungen.

Daraus lassen sich zwei Konsequenzen ableiten, die eine große Bedeutung für unser tägliches Leben haben:

1. Wir sind kein passives Opfer der Reize, die uns erreichen. Wir können unsere Wahrnehmung beeinflussen, indem wir unsere Konzentration auf bestimmte Wahrnehmungen lenken, und diese Wahrnehmung bewerten, indem wir dafür Kategorien festlegen oder verändern.

2. Wir schaffen damit unsere (wahrgenommene, bewusst gewordene) Wirklichkeit selbst. Aus dieser Überlegung ist eine philosophische bzw. eine psychologische Schule entstanden: der Konstruktivismus.

Alle seine Vorstellungen und Begriffe sind bloß seine Geschöpfe, der Mensch denkt mit seinem Verstand ursprünglich, und er schafft sich also seine Welt.

Immanuel Kant

2 Was versteht man unter Einstellungen?

Ein Schlüsselwort für die oben geschilderten Erfahrungen war also die innere Einstellung. Sehr schnell entdeckte ich allerdings, dass dieser Begriff zwar im täglichen Leben häufig vorkommt, dass er aber sehr unterschiedlich gebraucht wird. Daher werde ich diesen Begriff im Folgenden präzisieren.

2.1 Definition von „Einstellung“

In dem Buch „Die Kunst der Selbstmotivierung“, das ich gemeinsam mit Julius Kuhl geschrieben habe, definieren wir Einstellung folgendermaßen:

Einstellungen sind gefolgerte Grundlagen von beobachteter Gleichförmigkeit des Verhaltens eines Individuums. Man sieht in den Einstellungen überdauernde Systeme positiver oder negativer Wertschätzung, Gefühle und Handlungs- und Wahrnehmungstendenzen gegenüber Objekten, Personen oder Personengruppen.

(Martens & Kuhl, 2008)

Einstellungen haben demnach folgende Merkmale:

1. Sie beeinflussen unsere Art des

─ Fühlens,

─ Wahrnehmens und

─ Handelns

2. Sie sind relativ dauerhaft; wenn wir uns nur kurzfristig und einmalig (nicht immer wieder) über jemanden ärgern, ist die Ursache dafür nach dieser Definition keine Einstellung.1

3. Sie sind wertorientiert oder „affektiv“, sie bestimmen die Bewertung unserer Umwelt; wenn wir eine Beurteilung nur aufgrund von (kognitivem) Wissen vornehmen, wenn wir z. B. ein Produkt nur aufgrund des günstigeren Preises bevorzugen, so sprechen wir nicht von Einstellung.

4. Sie variieren zwischen Individuen, Gruppen und Kulturen: Was wir als „typisch“ für eine bestimmte Gruppe, ein bestimmtes Volk oder eine bestimmte Kultur bezeichnen, sind meist deren Einstellungen bzw. unsere Einstellung zur Gruppe.

5. Sie sind hypothetische Konstrukte; nicht direkt beobachtbar, sondern nur aus gleichgerichtetem Verhalten zu erschließen. Mit ihnen lassen sich Vorhersagen für künftiges Verhalten machen: Wenn jemand immer wieder in gleicher Weise z. B. auf die katholische Kirche reagiert, alles, was mit ihr zusammenhängt, ablehnt, dann schließt man daraus, dass er eine negative Einstellung zur katholischen Kirche hat. Einstellungen sind demnach vermittelnde Variablen zwischen Reiz (katholische Kirche) und Reaktion (das ablehnende Verhalten). Wir beschäftigen uns hier mit den Einstellungen, obwohl sie als „hypothetische Konstrukte“ nur schwer fassbar sind, weil wir durch deren Beeinflussung den Schlüssel für unsere Sicht- und Verhaltensweisen und damit für unseren Erfolg, bis zu einem gewissen Grad sogar für unser Schicksal in den Händen haben.2

2.2 Eingrenzung des Begriffs der Einstellung

Es gibt eine Reihe von Begriffen, die Ähnliches oder das Gleiche wie Einstellungen bedeuten. Da ich in diesem Buch immer wieder auch solche Begriffe verwenden werde und die Begriffe oft mit unterschiedlichem Bedeutungsgehalt gebraucht werden, beschreibe ich sie in Abgrenzung zum Begriff Einstellung, wie ich ihn hier gebrauche.

Annahme, Vermutung: Bedeutung, die wir einem Gegenstand unserer Aufmerksamkeit geben, obwohl wir keine sicheren Erkenntnisse haben Anschauung, Auffassung: subjektive Ansicht

Ansicht: persönliche Meinung; das, was jemand glaubt, für richtig hält, als Tatsache annimmt

Betrachtungsweise: regelmäßige, gewohnheitsmäßige Gedanken und Beurteilungen über ein bestimmtes Thema; aus ihnen entstehen Einstellungen

Blickwinkel: Betrachtung eines Gegenstandes oder einer Idee aus einer bestimmten Richtung, auch übertragen, s. Sicht, Sichtweise

Denkart, Denkweise: „Denke“, die Art und Weise zu denken; hiermit wird die kognitive Seite einer Einstellung beschrieben

Dafürhalten: für wahr halten

Einsicht, Erkenntnis: aufgrund von Überlegungen gewonnenes Verständnis für oder Verstehen von etwas; hiermit wird wie bei „Denkweise“ der kognitive Aspekt von Einstellung beschrieben

Geist, geistige Haltung, Geisteshaltung: grundsätzliche Einstellung gegenüber jemandem oder etwas

Glaubenssätze: Interpretationen, die wir für richtig halten, obwohl sie nicht wissenschaftlich beweisbar sind

Haltung, Gesinnung: das durch Einstellung geprägte Denken, Handeln, Auftreten, Verhalten, das sich gewohnheitsmäßig zeigt; Synonym für Einstellung

Ideologie: an eine soziale Gruppe o. ä. gebundene Weltanschauung, Grundeinstellung, Wertung

Mentalität: die einem bestimmten Einzelnen oder einer Gruppe eigene Art zu denken und zu fühlen

Image: das Bild, das man sich von einer Person, einer Gruppe oder einer Sache (einem Produkt) macht

Innere Repräsentation (NLP), die innere Landkarte von sich oder von etwas, innere Bilder, persönliche Konstrukte: ein Modell der Wirklichkeit, an dem wir uns orientieren

Position: Standpunkt, hier: geistiger Standpunkt

Sicht, Sichtweise: Betrachtungsweise, Sehweise, Anschauungsweise; Synonym für Einstellung

Standpunkt: Art und Weise, wie jemand einen bestimmten Sachverhalt sieht, beurteilt; Synonym für Einstellung

Überzeugung: Gewissheit, feste Meinung, die man durch jemanden oder durch eigene Prüfung oder Erfahrung gewonnen hat

Urteil: sorgfältig abgewogene Meinung

Vorstellung: das in jemandes Bewusstsein auftretende, nicht auf unmittelbare Wahrnehmung beruhende Abbild der Wirklichkeit; Bild, das sich jemand in seinen Gedanken von etwas macht. Um die Vorstellungen, die uns beeinflussen, von den flüchtigen inneren Bildern abzugrenzen, sprechen einige Autoren (z. B. Mücke 2004) auch von „handlungsleitenden Vorstellungen“

Vorurteile: nicht objektive, meist negative oder gar von feindseligen Gefühlen bestimmte Meinung, die sich jemand ohne Prüfung der Tatsachen voreilig, im Voraus über jemanden oder etwas gebildet hat

Wertorientierung, Werthaltung: Ausrichtung seines Denkens, Wahrnehmens und Handelns an positiven oder negativen Werten; laut Graumann: zentraler, überdauernder als Einstellungen

Wertung: das Schätzen oder die Ablehnung einer Idee, eines Gegenstandes, einer Person oder Personengruppe

Weltanschauung, Weltbild: eine bestimmte Art, die Welt, die Natur und das Wesen des Menschen zu begreifen

2.3 Einstellungslernen und Signallernen

Einstellungen sind also „wertorientierte“ oder „affektive“3 Reaktionen auf unsere Umwelt. Es gibt allerdings auch solche Reaktionen, die man sinnvollerweise nicht auf Einstellungen zurückführt, da sich ihr Entstehungsprozess und dementsprechend auch ihre Beeinflussung grundlegend von den Einstellungen unterscheiden.

In Experimenten mit Tieren konnte man nachweisen, dass auch sie gelernte „affektive Reaktionen“ zeigen. Bekannt geworden sind die Experimente von Pawlow (Schwartz, 1988). Pawlow hat bei einem Hund ein bestimmtes Gefühl ausgelöst, indem er ihm ein Stück Fleisch vor die Nase gehalten hat. Die sichtbare Reaktion war eine Speichel- und Magensaft-Produktion, die er gemessen hat. Nachdem er einige Male gleichzeitig mit dem Zeigen des Fleisches eine Glocke geläutet hatte, reichte die Glocke später alleine aus, um die Produktion des Speichels und des Magensaftes anzuregen.

Nicht nur Tiere lernen auf diese Weise auf bestimmte Reize (der Glockenton beim Pawlow’schen Hund) zu reagieren, auch bei Kindern kann man das schon in den ersten Wochen beobachten. Beim Anblick des Gesichtes der Mutter lächelt ein Kleinkind, obwohl wir dem Kleinkind oder Tieren noch keine Einstellungen zusprechen. Solche gefühlsmäßigen Reaktionen auf bestimmte Reize – wir sprechen auch von Signalen – treten bei allen Lebewesen, auch beim erwachsenen Menschen auf. Dies geschieht ohne Beteiligung bewusster Überlegungen, gleichsam automatisch. Wir sprechen auch von einem bedingten Reflex.4 Immer dann, wenn wir ein paar Male eine Wahrnehmung haben und gleichzeitig bestimmte Gefühle bei uns ausgelöst werden, dann verbinden wir die Wahrnehmung mit diesem Gefühl. Wenn wir z. B. eine Speise ablehnen, weil sie nicht gut riecht oder weil wir ihr Aussehen mit unangenehmen Erfahrungen verbinden, wenn wir Angst bekommen, weil uns ein zähnefletschender Hund gegenübertritt, dann handelt es sich um Reaktionen auf Signale. Wir reagieren jeden Tag auf unzählige konkrete Wahrnehmungen mit bestimmten Gefühlen – häufig jedoch, ohne dass uns das bewusst wird. Die Wahrnehmung von Gerüchen, von Farben, von sexuellen Reizen usw. lösen bestimmte, meist flüchtige Gefühle aus, die unser Verhalten durchaus beeinflussen.

Einstellungen richten sich im Gegensatz zu Signalreaktionen auf Klassen von Wahrnehmungen. Wir haben z. B. eine Einstellung zu Lehrern: Damit meinen wir nicht die Reaktion auf das Bild eines bestimmten Lehrers, sondern aller Lehrer oder sogar die Vorstellung von Lehrern. Wir reagieren allerdings auch emotional auf den spezifischen, strengen Blick eines Lehrers, dann handelt es sich um ein Signal. Das wird uns in der Regel erst dann bewusst, wenn sich die Tendenzen, die durch unsere Einstellung und durch unsere Signalreaktion ausgelöst werden, in ihrer Richtung widersprechen. Wenn wir z. B. gegenüber farbigen Afrikanern eine negative Einstellung haben, wir aber einen Farbigen kennenlernen, dessen Aussehen uns sehr sympathisch vorkommt, dann müssen wir entscheiden, nach welcher Gefühlsreaktion wir unser Verhalten ausrichten:

Sind wir freundlich, weil unser Gegenüber ein so sympathisches Aussehen hat (= Signalreaktion) oder sind wir skeptisch bis abweisend, weil es sich um einen Farbigen handelt (= Reaktion aufgrund einer Einstellung)?

Wir unterscheiden also bei der Definition von Einstellungen, worauf sich die wertende Reaktion einer Person bezieht. Wenn sie sich auf eine konkrete Wahrnehmung bezieht, so sprechen wir von Signalen, und entsprechend wird das Erwerben dieser Reaktionen als Signallernen bezeichnet. Wenn sich die Reaktion auf eine Abstraktion bezieht, so sprechen wir von Einstellungen und beim Erwerb solcher Reaktionen von Einstellungslernen.

Die Tatsache, dass wir hier zwischen Gefühlsreaktionen auf Signale und aufgrund von Einstellungen unterscheiden, hat vor allem praktische Gründe. Signale werden anders gelernt und müssen daher auch mit anderen Techniken verändert werden als Einstellungen. Wer sich mehr für Gefühlsreaktionen interessiert, die auf Signallernen oder dem Erwerb eines bedingten Reflexes beruhen, dem seien Bücher empfohlen, die sich mit neurolinguistischem Programmieren (NLP) beschäftigen. Viele Techniken dieser weit verbreiteten Richtung der Verhaltensbeeinflussung beziehen sich auf Signallernen bzw. dem bedingten Reflex (z. B. von Steve Andreas und Charles Faulkner 2006: „Praxiskurs NLP“, oder Anthony Robbins 2004: „Grenzenlose Energie“).

2.4 Der Gegenstand der Einstellung

Durch die Beschäftigung mit Einstellungen wurde mir klar, wie die Beurteilung von Menschen oder Phänomenen in unserer Umwelt abläuft und dass es sich dabei durchaus nicht immer um rational begründete, „vernünftige“ Bewertungen handelt, wie ich mir das eingebildet und oft gegenüber Kritikern vehement verteidigt habe.

Wir teilen offensichtlich unsere wahrgenommene Umwelt in Klassen ein, zu denen wir eine gemeinsame Bewertung, unsere Einstellung haben. Politiker beurteilen wir z. B. nach ihrer Parteizugehörigkeit und neue Bekannte nach ihrem Beruf. Einem Gast, der uns als „erfolgreicher Unternehmer“ vorgestellt wird, werden wir anders gegenübertreten als einem Gesprächspartner, der als „Hausmann“ bezeichnet wurde. Wir müssen uns daher nicht bei jedem Menschen, dem wir begegnen und der Platz in unserem Bewusstsein einnimmt, neu überlegen, was wir von ihm zu halten haben. Wir beurteilen ihn aufgrund seiner Gruppenzugehörigkeit. Wenn wir z. B. wissen, dass er Italiener ist, dass er ein Intellektueller ist, dass er sehr wohlhabend (ein „Millionär“) ist, dann haben wir meist bereits ein Bild von ihm und können ihn besser einschätzen. Das ist sehr praktisch, da es das Fällen eines Urteils über diesen Menschen wesentlich beschleunigt, aber wir werden diesem Menschen selten damit gerecht. Ich fragte mich, ob meine Einstellungen nicht eigentlich die Funktion haben, dass ich gegenüber meiner Umwelt nicht mehr unvoreingenommen reagieren kann!

Wir beziehen bei der Beurteilung von Menschen – wie Untersuchungen immer wieder zeigen – auch Wahrnehmungen mit ein, auf die wir in Form eines bedingten Reflexes positiv oder negativ reagieren, obwohl sie nichts mit einer „gerechten“, rational begründbaren Beurteilung zu tun haben – und das wird uns meist gar nicht bewusst. Wir schätzen z. B. Menschen, die uns attraktiv erscheinen, positiver ein, wir vertrauen ihnen leichter, wir reagieren freundlicher auf sie, als auf solche, die uns unattraktiv erscheinen. Hier mischen sich also Signalreaktionen und Verhaltenstendenzen. Insofern kann man von einer „gerechten Beurteilung“, die versucht, das Gegenüber so zu sehen, wie es ist, kaum sprechen.

Diese Tendenz, unsere Wahrnehmung in Klassen einzuteilen, die wir dann einheitlich beurteilen, macht sich nicht nur bei der Begegnung mit Menschen bemerkbar: Unsere Einstellungen ordnen die Welt um uns herum und geben uns eine nützliche Orientierung.

Wir haben Einstellungen zu

● Einzelpersonen (unserer Partnerin oder unserem Partner, zu uns selbst)

● Personengruppen (z. B. den Amerikanern, den Punks)

● Institutionen (z. B. der Kirche, der Familie, der Firma, dem Staat)

● gedanklichen Konzepten (z. B. der Demokratie, der Freiheit)

● Zielsetzungen (z. B. der Raumfahrt, dem Umweltschutz)

● Situationen (z. B. der Freundschaft, dem Unglück)

● Handlungsweisen (z. B. Rauchen oder Sport) und vielem anderen.

Auch das, was wir als „Werte“ bezeichnen, sind letztlich nach unserer Definition Einstellungen, z. B.:

Vertrauen: positive Einstellung zu bestimmten Personen mit der Erwartung, dass deren Verhalten unseren Normen entspricht und somit vorhersagbar ist.

Motivation: positive Einstellung, ein gutes Gefühl zum eigenen Verhalten mit der Erwartung, dass dieses Verhalten zu gewünschten Konsequenzen führt.

Loyalität: positive Einstellung zu einer Institution und den Menschen, mit deren Zielen und Werten man sich verbunden fühlt.

1.Im Englischen unterscheiden wir kurzfristige und langfristige Orientierungen: set = kurzfristige Einstellung und attitude = langfristige Einstellung. In jüngster Zeit spricht man im englischen Sprachraum oft auch von „mindset“ (C. S. Dweck, 2008), worunter weitgehend „attitude“ bzw. Einstellung verstanden wird.
2.Natürlich ist hier nur der Begriff definiert, wie er in der Psychologie gebraucht wird. „Einstellungen“ gibt es auch in anderen Fachbereichen:
  – im Arbeitsbereich versteht man darunter die Begründung eines Anstellungsverhältnisses,
  – beim Filmen versteht man darunter eine kurze Aufnahme ohne Wechsel der Perspektive innerhalb eines längeren Films,
  – in der Medizin versteht man darunter eine optimale Dosierung eines Medikaments für einen bestimmten Patienten und
  – in der Rechtsprechung versteht man darunter die Beendigung eines Verfahrens.
3.Wir sprechen hier von „affektiven“ Reaktionen oder später von „affektiven“ Lernzielen, weil sich das in der Literatur so eingebürgert hat. Man hat den englischsprachigen Begriff von Bloom (learning objectives in the affective domain) eingedeutscht, obwohl „emotional“ oder „gefühlsmäßig“ sicher die bessere Übersetzung gewesen wäre, da „Affekt“ im Deutschen eine außergewöhnlich starke seelische Erregung (z. B. in der Redewendung „aus dem Affekt handeln“) bedeutet.
4.Ein bedingter Reflex kann auch bei der Aktivierung von psychischen Systemen und damit bei der Entwicklung der Persönlichkeit eine wesentliche Rolle spielen. Wenn häufig gleichzeitig das Selbstsystem, das System, mit dem wir uns identifizieren und das Motivationssystem, das System, das uns tätig werden lässt, aktiviert werden, so wird dadurch eine enge Verbindung beider Systeme erreicht. Das führt z. B. dazu, dass immer dann das Motivationssystem aktiviert wird, auch das Selbstsystem aktiv ist und der Betreffende dadurch Zugang zu seinen im Selbstsystem gespeicherten Erfahrungen hat. (Martens, Kuhl, 2008).