Jochen Klepper: Der Vater Roman eines Königs

Abonelik
Seriler: gelbe Buchreihe #139
0
Yorumlar
Parçayı oku
Okundu olarak işaretle
Jochen Klepper: Der Vater Roman eines Königs
Yazı tipi:Aa'dan küçükDaha fazla Aa

Jochen Klepper

Jochen Klepper: Der Vater Roman eines Königs

Band 139 Teil 1 in der gelben Buchreihe

Dieses ebook wurde erstellt bei

Inhaltsverzeichnis

Titel

Vorwort des Herausgebers

Der Autor Jochen Klepper

Bemerkungen zum Roman „Der Vater“

Beginn des Romans „Der Vater“

Teil eins – König Midas

Der Plusmacher

Segel auf dem Wintermeer

Wirte und Gäste

Heerschau und Landfahrt

Der König und der Abenteurer

Die Hütte Gottes bei den Menschen

Der Teil zwei beginnt: Die aufgehende Sonne

Die gelbe Buchreihe

Weitere Informationen

Impressum neobooks

Vorwort des Herausgebers


Zu den von mir bevorzugt gelesenen Büchern gehören Dokumentationen zur Zeitgeschichte und Biographien. Seit etwa zwei Jahrzehnten sammle ich Zeitzeugenberichte, zunächst von Seeleuten, mit denen ich über Jahrzehnte in meinem Beruf als Diakon und Dipl.-Sozialpädagoge in einem Seemannsheim in Hamburg täglichen Kontakt hatte.


So kam es, dass ich in etlichen Bänden Lebensläufe und Erlebnisberichte von Fahrensmännern aufzeichnete und zusammenstellte.

Menschenschicksale sind immer interessant und aufschlussreich, und wir können viel aus dem Erleben unserer Mitmenschen lernen.

Jochen Kleppers Lieder sang ich bereits in meiner Jugend, nachdem ich nach dem Kriegsende Mitte der 1940er Jahre in Mecklenburg den Weg zur Kirche gefunden hatte. Kleppers Bücher – sowohl seine Tagebuchaufzeichnungen, als auch seinen ‚Vater’ – las ich mit großer Anteilnahme bereits vor Jahrzehnten. Gerade die Tagebücher vermitteln einen sehr lebhaften und bildhaften Einblick in die Zeit, als die meisten Deutschen – geblendet durch die Erfolge eines Adolf Hitler – ihrem „Führer“ noch zujubelten. „Klepper bedient sich … einer bilderreichen Sprache.“ Er lebte in der Ambivalenz des deutschen Patrioten und dem ihm durch seine Ehe mit einer Jüdin auferlegten persönlichen Schicksal.

Hamburg, 2001 Jürgen Ruszkowski


Ruhestands-Arbeitsplatz des Herausgebers

* * *

Der Autor Jochen Klepper

Der Autor Jochen Klepper

Jochen Kleppers Leben und Werk

(Die folgenden Texte wurden teilweise wikipedia, seinen Büchern und weiteren Quellen entnommen)

Jochen Klepper wurde am 22. März 1903 in Beuthen an der Oder in Schlesien als Sohn eines evangelischen Pfarrers geboren. Er besuchte das Gymnasium in Glogau und studierte anschließend Evangelische Theologie in Erlangen und Breslau.

Prälat Dr. Bernhard Felmberg: Die tragischen Elemente seines Lebens wurden in der nachträglichen Darstellung oft verharmlost. Nicht von ungefähr kommt die Warnung seines wohl besten Freundes aus Schul- und Studienzeiten Harald Poelchau: „Man muss sich hüten, die Biographie Kleppers künstlich zu glätten oder zu idealisieren.“ Doch auch Poelchau, von Paul Tillich stark geprägter religiöser Sozialist, nicht nur Theologe, sondern auch Sozialpädagoge („staatlich geprüfter Fürsorger“), der später Gefängnispfarrer in Tegel war und seit 1941 Mitglied des Kreisauer Kreises, gibt zu: „Meine persönlichen Erinnerungen an das gemeinsame letzte Studienjahr mit Jochen Klepper sind schwer wachzurufen, und sie verformen sich so leicht.“

Kleppers Jugendfreund Harald Poelchau (1903-1972) war eine sehr interessante Persönlichkeit. Ferdinand Schlingensiepen hat ihn sehr gründlich beschrieben. Poelchau, der unzählige Menschen auf ihrem letzten Weg zum Schafott begleitete, verstand es, sehr geschickt, als Gefängnispfarrer in Tegel mit seinen Möglichkeiten als Staatsbeamter bis zum Kriegsende engagiert und mutig vielen Gefangenen, darunter auch Dietrich Bonhoeffer, zu helfen und seelsorgerlich beizustehen, ohne selber der Gestapo ins Netzt zu gehen.


Harald Poelchau

* * *

Rudolf Hermann brachte Jochen Klepper Martin Luther nahe und wurde sein väterlicher Freund. Wegen seines labilen Gesundheitszustandes verzichtete Klepper jedoch darauf, Pfarrer zu werden. Er begann beim Evangelischen Presseverband für Schlesien in Breslau unter Leitung von Kurt Ihlenfeld als Journalist zu arbeiten. Klepper leistete erfolgreiche Pressearbeit und bemühte sich um ein anspruchsvolles Rundfunkprogramm. Währenddessen belastete ihn ein Konflikt mit seinem Vater schwer.

* * *

Am 28. März 1931 heiratete er die um 13 Jahre ältere jüdische Rechtsanwaltswitwe Johanna Stein geborene Gerstel, die ihn bei der Realisierung seines Zieles einer Betätigung als freier Schriftsteller unterstützte. Sie brachte ihre Töchter Brigitte und Renate mit in die Ehe.

Jochen Klepper blieb in seinem ganzen Leben der Tradition des evangelischen Pfarrhauses und dem ursprünglichen Berufsziel verpflichtet. Obwohl er sich nach dem Theologiestudium nicht für den Dienst des Gemeindepfarrers entschied, setzte er sich ständig mit dem geistlichen Amt und dem Pfarrhaus als Lebensraum auseinander und suchte sie auch in seinen anderen Lebensumständen in ihrer geistlich-kulturellen Bedeutung zu verwirklichen. Diese unkonventionelle Erfüllung der geistlichen Tradition in ständiger hellwacher Reflexion kennzeichnet den Menschen Klepper und spricht eindringlich aus seinen Tagebüchern. Aus Verworrenheit und Depressionen der Jugendjahre führte Klepper die Begegnung und Ehe mit Hanni Gerstel heraus. Noch aus den späteren Tagebuchaufzeichnungen geht hervor, in welchem Maß das Verstehen und Vertrauen der reiferen Frau Kleppers Selbstverständnis begründeten und sein künstlerisches Schaffen ermöglichten. Zugleich aber hatte die Verbindung mit einer Jüdin den durch Jahre schmerzvoll erfahrenen Bruch mit Elternhaus und ursprünglichem Berufsziel zur Folge.

Im März 1932 zog die Familie nach Berlin; Jochen Klepper fand eine Anstellung beim Hörfunk, der Funk-Stunde Berlin. Sein Vorgesetzter dort war der Schriftsteller und Filmregisseur Harald Braun.

Sein erster Roman ‚Der Kahn der fröhlichen Leute’, der das Leben an und auf der Oder beschreibt, wurde bei der Deutschen Verlagsanstalt angenommen und 1933 veröffentlicht. Er gilt als anspruchsvolle Heimatdichtung.

Mit der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten im März 1933 begann die Gleichschaltung des Rundfunks. Da Klepper bis zum Oktober 1932 Mitglied der SPD gewesen war, wurde er Mitte 1933 aus dem Rundfunk entlassen. Er hatte seinerzeit im ‚Vorwärts’ eine Reihe von Reportagen zum Leben der Kinder 1932 geschrieben. Zu dieser Zeit lebte Klepper im Berliner Ortsteil Südende, wo sich heute der Jochen-Klepper-Park mit einem Gedenkstein befindet.

Im Juli 1933 erhielt er eine Stelle im Redaktionsbüro einer Funkzeitschrift. Zum 24. Februar 1934 konnte er seine Aufnahme in die Reichsschrifttumskammer erreichen. 1935 verlor er auch die anschließende Tätigkeit beim Ullstein-Verlag.

Da Johanna und ihre beiden Töchter nach Definition der Nürnberger Rassegesetze Jüdinnen waren, geriet die Familie zunehmend unter Druck. Jochen Klepper sah in der wachsenden Judenfeindlichkeit Frevel an Gott. Er verfolgte das Zeitgeschehen und auch den Weg der evangelischen Kirche zwischen Anpassung und Bekennender Kirche mit großer Anteilnahme und Sorge.

Seit 1933 stellte er seinen Tagebuchaufzeichnungen die Herrnhuter Losungen der Brüdergemeine voran und lebte viel bewusster mit dem Bedenken des Wortes Gottes.

Im Oktober 1934 besuchte er seinen sterbenden Vater in Beuthen an der Oder.

Auf Anregung von Reinhold Schneider schrieb er für die Weißen Blätter; sein erster Artikel erschien dort im Dezember 1935.

Klepper erwog die Flucht ins Ausland, konnte sich aber nicht dazu überwinden.

Auch nachdem eine Sondergenehmigung die Fortführung der schriftstellerischen Tätigkeit ermöglichte, blieb sie von Kontrollen und Einschränkungen belastet.

 

Kleppers Widerstand gegen das Regime zeichnete sich durch die Bemühung um ein gerechtes Urteil aus: Er versagte sich lange die einseitige Ablehnung, suchte an der Idee des Vaterlandes festzuhalten, wie es nicht zuletzt seine intensive Beschäftigung mit der preußischen Tradition verlangte, zu der ihn ‚Der Vater’ veranlasst hatte. Kleppers Werk und Schicksal brachten ihm Kontakte mit führenden Persönlichkeiten des geistigen Widerstandes.

Am intensivsten war wohl die Freundschaft mit Reinhold Schneider (1903 – 1958).

Reinhold Schneider setzte sich intensiv mit dem totalitären NS-Regime auseinander, schrieb dagegen an und wählte schließlich den Weg der „inneren Emigration“. Er prägte mit seinen Liedern das geistliche Leben christlicher Jugendgruppen der Nachkriegszeit.

Im Jahr 1938 erschien seine kritische Szenenfolge ‚Las Casas vor Karl V.’, in welcher Unterdrückung, Rassenwahn und falsch verstandene Religiosität angeprangert werden (vom Herausgeber dieses Bandes Anfang der 1950er mit großer Anteilnahme gelesen).

Jochen Klepper liebte die Stadt Berlin, Naturerleben, eine gepflegte Häuslichkeit, Blumen und Musik; er pflegte Freundschaften. Er litt darunter, keine leiblichen Kinder zu haben, war oft schwermütig.

* * *

Am 18. Dezember 1938 ließ sich Johanna Klepper in der Martin-Luther-Gedächtniskirche, Berlin-Mariendorf, von Pfarrer Kurzreiter taufen. Anschließend wurde das Ehepaar Klepper kirchlich getraut.

Seine ältere Stieftochter, Brigitte, konnte kurz vor Kriegsausbruch über Schweden nach England ausreisen. Mit dem Beginn des Zweiten Weltkriegs verschärfte sich die Verfolgung der Juden.

Ab 1938 wohnte die Familie in Berlin-Nikolassee in der Teutonenstraße 23.

Jochen Klepper erhielt am 25. November 1940 die Einberufung zur Wehrmacht und war vom 5. Dezember 1940 bis 8. Oktober 1941 Soldat. Klepper wurde in Polen und auf dem Balkan eingesetzt und nahm schließlich im Stab einer Nachschubeinheit der 76. Infanterie-Division, Heeresgruppe Süd, von Rumänien durch Bessarabien am Angriff auf die Sowjetunion teil.

In seinen sehr interessanten Kriegstagebüchern schildert er seine Erlebnisse in diesem knappen Jahr.

* * *

Bemerkungen zum Roman „Der Vater“

Bemerkungen zum RomanDer Vater“


Drei Jahre lang schrieb Klepper im Verborgenen an seinem neuen Roman ‚Der Vater’. Darin bearbeitete er nicht nur anhand des Konflikts zwischen dem preußischen Soldatenkönig, Friedrich Wilhelm I. und dessen Sohn Friedrich II. dem Großen seinen eigenen Vater-Sohn-Konflikt, sondern entwarf im Bild eines Königs, der in allem nach Gott fragt und sich als „ersten Diener im Staat“ begreift, das Gegenbild zum Führerkult des Nationalsozialismus. Der Roman erschien im Februar 1937 im Buchhandel und wurde ein Verkaufsschlager, besonders in preußisch gesinnten Kreisen; er wurde Pflichtlektüre für Offiziere der Wehrmacht.

Andererseits erfolgte kurz nach Erscheinen des Romans am 25. März 1937 der Ausschluss aus der Reichsschrifttumskammer, was Berufsverbot und Arbeitslosigkeit gleichkam.

* * *

Ursula Homann referierte 2003 in Bad Herrenalb über den ‚Vater’ unter: (http://www.ursulahomann.de/JochenKleppersRomanDerVaterDieRomanbiografieDesSoldatenkoenigsAlsZeitansage/kap001.html)

Warum aber verfiel Klepper darauf, ausgerechnet einen Roman über den Soldatenkönig zu schreiben, den Begründer des preußisch-deutschen Militarismus? Inspiration und Entwicklung zu und an diesem Buch kann man ganz gut anhand seiner Tagebuchnotizen verfolgen. Zudem ist das Tagebuch auch eine gute Interpretationshilfe.

Tagebuch: 4. April 1933

„Meine alten Romanpläne sind so stark in den Hintergrund geraten – meine Sehnsucht, etwas Neues zu schreiben, ist so stark geworden, dass ich fast glaube, es bahnt sich etwas Neues an. Aber ich habe nicht die geringste Vorstellung, was es sein könnte... Es ist Gottes Sache, wie weit er einem Menschen über sich die Augen öffnen will, und von Gott aus läuft wohl da die ganze menschliche Selbsterkenntnis auf das Bewusstsein aus dafür, dass man sich geführt weiß.“

8. April 1933: „Nun warte ich auf das neue Buch. Umkreise es dauernd. Alle alten literarischen ‚Projekte’ scheinen mir ad acta gelegt. Vielleicht auch der Voltaire. Er ist mir zu kulturgeschichtlich. Meine Abscheu gegen Studien ist groß. Dauernd, dauernd umkreise ich das neue Buch.“

20. April 1933: „Ich kann eine Karriere nicht erzwingen. Ich kann einen Roman nicht erzwingen.“

Im Sommer 1933 durchstreifen die Kleppers die Umgebung Berlins, den Park von Sanssouci, das Potsdamer Stadtschloss, wo Jochen Klepper die Gemälde von der Hand des Soldatenkönigs seltsam anrühren.

Am 13. September schreibt er in sein Tagebuch: „Und dann mitten beim Abendbrot durchfährt es einen auf einmal am ganzen Körper: Das ist das neue Buch! Der Vater. Die Geschichte Friedrich Wilhelms I.“

Tags darauf beginnt er bereits mit den Vorarbeiten, obwohl er nicht einmal weiß, ob dieses Buch jemals in Deutschland erscheinen kann.

Klepper hat an dem Roman fast drei Jahre geschrieben. Nach eigenen Worten war es für ihn eine von Ängsten und Selbstzweifeln geprägte Zeit, die er nur „mit Zittern und Zagen“ und physisch angeschlagen, durchstand.

Zweifel und Anfechtungen blieben natürlich nicht aus. So stand im Zentrum der mehrjährigen Entstehung des Vater-Romans für Klepper lange Zeit die Angst, dass Gott sein unzulängliches Werk wie den keine Frucht bringenden Feigenbaum, verwerfen würde. Gerade 1935 gab es immer wieder Durststecken bei der Arbeit mit dem Buch.

Mitte Oktober 1936 kündigt die „Frankfurter Zeitung“ das Erscheinen des ‚Vater’ an. In den letzten Tagen dieses Jahres schließt Klepper endgültig die Korrekturen am ‚Vater’ ab und schreibt am 30.12.1936 „Um dreiviertel fünf Uhr nachmittags beendete ich wirklich und wahrhaftig den ‚Vater’.

Kleppers Hauptwerk ‚Der Vater’ entstand nach gründlichen und zeitaufwendigen historischen Studien. Klepper hat dafür u. a. Fontanes „Wanderungen durch die Mark Brandenburg“ für Milieustudien zum ‚Vater’ gelesen, hat in Memoiren der großen Randfiguren Zar Peter, Karl XII. und Ludwig XIV. Bilder über die Zeit des Soldatenkönigs zu entdecken gesucht und nahm sich einige zeitgenössische Biografien über den Soldatenkönig vor von Autoren, die inzwischen längst im Orkus der Vergessenheit gelandet sind (Heyck, Rehberg, von Oppeln-Bronikowski, Karl Heidkamp). Klepper las außerdem die Memoiren der Markgräfin von Bayreuth, der Schwester Friedrichs II. In den Archiven wurde er mit nahezu 120 Bänden über Friedrich Wilhelm I. konfrontiert, auch die als unleserlich geltenden Briefe Friedrich Wilhelms I. hat er dechiffriert.

Im Jahr 1938 edierte Klepper diese Briefe mit den allgemein wenig bekannten Bildern aus der Hand des Soldatenkönigs. Wichtige Impulse und weitere dichterische Inspiration für sein Werk empfing er im Frühjahr 1934 vor allem durch Reinhold Schneiders Hohenzollernbuch und durch die persönliche Begegnung mit Reinhold Schneider. (Schneider hat, nebenbei bemerkt, in „Verhüllter Tag“ seinem Freund Jochen Klepper ein Kapitel gewidmet.)

Wenden wir uns nun dem Inhalt des Romans zu:

Im Mittelpunkt des Romans (als er 1937 erschien, trug er den Untertitel „Der Roman des Soldatenkönigs“, nach 1945 hieß es „Roman eines Königs“) steht der auch heute noch vielfach umstrittene Soldatenkönig Friedrich Wilhelm I., der oft in einem nur negativen Licht gesehen wurde, im Gegensatz zu seinem Sohn Friedrich II., den manche Leute, wie mein Lateinlehrer zu sagen pflegte, den „Großen“ nennen. „Wohl niemand käme auf den Gedanken“, schreibt Christian Graf von Krockow in seinem Buch „Die preußischen Brüder – Prinz Heinrich und Friedrich der Große“, Friedrich ein Buch unter dem Titel „Der Sohn“ zu widmen.“

Klepper indessen stellt gegen das überlieferte Bild des ungebildeten Soldatenkönigs, der seine Landeskinder prügelte, seine Interpretation des gläubigen, christlichen Königs und zeichnet den autokratischen Preußenkönig Friedrich Wilhelm I. (1688-1740) als einen pflichtbewussten, aufopferungsvollen Herrscher, der sich ganz unter das Gesetz seines Gottes gestellt hat, der sich von Gott in die Pflicht für Land und Leute genommen sieht und an dieser Aufgabe fast zerbricht.

Reinhold Schneider schrieb in seiner Rezension zu dem Buch: „Klepper hat dem König ins Herz geblickt.“ Vorangestellt ist dem Buch der Ausspruch: „Könige müssen mehr leiden können als andere Menschen.“

Zunächst erleben wir Friedrich Wilhelm als Thronfolger. Schon als Königsanwärter wird er gefürchtet. Er spricht ein grobes Deutsch und nennt alle Frauen, auch die eigene Stiefschwester, „Huren“. Er bevorzugt Reitstiefel statt elegante Schuhe, selbst im Schloss, und der Kunst ist er auch nicht gerade zugetan. Schon in jungen Jahren gilt er als „kleiner Geizhals“. Er kümmert sich um alles. Man sagt ihm nach, dass er gewalttätig, eigenwillig und beschränkt sei.

Sein Vater Friedrich I. (1657-1713) wird als willensschwach, unfromm, verschwenderisch und hoch verschuldet dargestellt. Auch die Mutter, Königin Sophie Charlotte, wird negativ gezeichnet. Sie war die „verschwenderischste, schöngeistigste aller Mütter“.

Nach dem Tod des Vaters, Friedrichs I., sorgt sein Sohn für Ordnung und Sparsamkeit und macht sich daran, die Schulden seines Landes auszurechnen. Nun beginnt das große Sparen. Dem König zur Seite steht ein einfacher Mann, der Rechnungsrat Creutz. Klepper malt auf vielen Seiten aus, wie und wo gespart wird. Das ist durchaus erhellend, fesselnd und amüsant zu lesen, und man hat den Eindruck, dass der König seinerzeit sicher mehr Geschick im Einsparen unnützer Ausgaben bewiesen hat als gegenwärtig unser Finanzminister... Der Etat des Hofes wurde auf den fünften Teil herabgesetzt, der König selbst bewilligte sich nur ein kleines Gehalt. Es gab keine königliche Tafel mehr. Kurzum, das Leben wird einfach und spartanisch.

Friedrich Wilhelm I. hatte sein Amt angetreten inmitten maßloser Ansprüche sinkender Weltreiche und verzettelter, lähmender Kriege. Nun schickt er sich an, Brandenburg zum Zünglein an der Waage in der Wirrnis Europas zu machen.

Er bemüht sich, verschleppte Kriege zu beenden, er erkämpft sich gegen Karl XII. von Schweden den Zugang zur Ostsee. Aber ansonsten gelang es ihm, Preußen zu seinen Lebzeiten aus allen großen militärischen Konflikten herauszuhalten und den Aufbau seines Riesenheeres und den der armen Ostprovinzen ungestört voranzutreiben.

Kriege sollten künftig nur noch geführt werden, wenn es sich dabei um eine vor Gott gerechte Sache handeln würde. Der König wird als sehr friedliebend dargestellt, hat er doch erkannt, welchen Schaden Kriege anrichten, welche schlimmen Auswirkungen diese auf Land und Bevölkerung haben. Um die Kriege einzudämmen und sein eigenes Land stark zu machen, baut er ein wehrtüchtiges Heer auf. Innerhalb kurzer Zeit verfügt der König über zahlreiche neu angeworbene Truppen, nicht zuletzt dank seiner unermüdlichen Werber, die sich auch unlauterer Methoden bedienen, um junge Männer für den Soldatendienst zu gewinnen. Potsdam wird Sitz des preußischen Heeres.

Ständig wächst das Herr. Aber das genügt dem König nicht. Er führt die Wehrpflicht ein und schafft als erster Landesherr in Preußen ein Heer aus rekrutierten Landeskindern, nicht mehr als Söldnern.

„Das Heer war Schönheit, Wohlstand, Ebenmaß“ heißt es im Buch, ist der ganze Stolz des Königs sowie: „Ein wohl ausgerüstetes Heer von zweihunderttausend Mann ist die beste und einzige Bürgschaft des Friedens.“ Die Hauptsäule eines wohl eingerichteten Regiment jedoch sollte der Gottesdienst sein.

„Welcher Soldat den allerheiligsten Namen Gottes durch Beschwörung der Waffen, Festmachen oder andere dergleichen verbotene Teufelskünste und Zaubereien missbraucht, Gottes Majestät, Eigenschaften, Verdienst und Sakrament oder heiliges geoffenbartes Wort lästert, schmäht oder schändet, hat nach göttlichen und weltlichen Gesetzen sein Leben verloren“ lautet eine königliche Order.

„Die sichersten Mittel, einem Volk, einem Land, einem Königreich eine dauerhafte Glückseligkeit zu verschaffen, sind ein Heer auserlesener Soldaten und eine gute Wirtschaft der Bürger“ lautet des Königs Wahlspruch, den er aus der Antike von Xenophon bezogen hat.

 

Der König ist, wie gesagt, sehr friedfertig, der Krieg als solcher wird in Kleppers Roman sehr in Frage gestellt. Diese Botschaft hat man bei Erscheinen des Buches sicher noch nicht so herausgelesen wie wir es heute tun. dass er ein stark ausgeprägtes Sündenbewusstsein hat, zeigt sich in den Momenten, in denen er Todesurteile aussprechen muss. Einmal fragt er den Pastor Johann Anastasius Freylinghausen, ob „der lebendige Gott den Soldatenstand segnet, in dem es doch schließlich und immer wieder zum Vergießen von Menschenblut kommt?“

Der König hat zudem ein Herz für die Armen, schon als Kronprinz wusste er um die Elendshütten und -viertel in seinem zukünftigen Königreich, Höflinge sind ihm zuwider. Zu seinen Freunden zählt er den Alten Dessauer und Prinz Eugen, den edlen Ritter. „Fürchte Gott“ heißt seine Devise, für seine Untertanen gilt aber auch „Ordre parieren, nicht räsonieren“.

Dann wieder legt er fast demokratische Tugenden an den Tag. Sein Verhalten gegenüber ledigen Müttern ist geradezu fortschrittlich zu nennen. Der König, der sich als „Sachverwalter Gottes auf Erden“ versteht, kommt zu der Erkenntnis, dass die vormals übliche harte Bestrafung der Mütter unehelicher Kinder Gottes Schöpferwillen widerspricht. Nur Kindsmörderinnen werden bestraft. Der König erneuert die Rechtsprechung. Vieles nimmt er selbst in die Hand. Nicht wenige Richter waren bisher bestechlich, nun ruft Friedrich Wilhelm I. das Volk auf, „mitzuschaffen an dem Rechte seines Landes, mit zu wachen über Preußens Redlichkeit“. Er schafft Einrichtungen, die der Allgemeinheit zum Wohl dienen, zum Beispiel ein Pestlazarett, und gibt Anstöße zur Entstehung des Krankenkassenwesens. Er gründet ein Waisenhaus, verfasst selbst ein Lehrbuch für die Erziehung des neuen Staatsbeamten und Staatsbürgers, gibt dem Land eine neue Verfassung und führt die allgemeine Schulpflicht ein.

Durch die Abschaffung der Leibeigenschaft und der Prügelstrafe bricht Friedrich Wilhelm die verkrusteten Strukturen auf und legt die Fundamente für eine gerechtere Lastenverteilung, indem er diese gegenüber dem Adel durchsetzt, der wiederum recht unzufrieden ist, sieht er doch seine Rechte mehr und mehr bedroht. Durch Anwerbung von Fachleuten aus anderen Gebieten, Einführung neuer landwirtschaftlicher Geräte verhilft er den verwahrlosten Ostgebieten zum Aufschwung.

Gegenüber der Königin Sophie Dorothea und der wachsenden Kinderschar (14 an der Zahl), von denen viele in jungen Jahren sterben, ist er, zumindest in den Anfangsjahren, ein liebevoller Gatte und Vater.

Der König und sein Volk bleiben indes von Schicksalsschlägen nicht verschont. „Ein unheimliches Sterben unter den Regimentern war angebrochen (481), „durch Potsdam ging ...der Würgeengel“, Teuerungswellen kamen über das Land.

Intrigen, Emporkömmlinge und Günstlinge, die sich überschätzen, machen Friedrich Wilhelm I. oft das Leben schwer. Immer wieder findet er unzuverlässige Berater, was ihn wiederum tief verletzt. Der König führt die Briefzensur ein, als er glaubt, dass eine Verschwörung gegen ihn im Gange sei. Schuld an diesem Gerücht ist der Abenteurer Michael Clement, der ihm gefälschte Briefe vorgelegt und ihn in große Unannehmlichkeiten gegenüber den europäischen Höfen gebracht hat. Den König schmerzt dies besonders, weil er Clement persönlich vertraut hatte.

Am Ende beugt sich der Rebell vor der Königsmacht als Inbild göttlicher Majestät und ist bereit, den Frevel, die bestehende Ordnung in Gefahr gebracht zu haben, mit dem Tode zu sühnen. Denn Clement erkennt schließlich, nachdem er zum Tode verurteilt ist, Größe und Tragik des Königtums an: „Könige, Majestät, Könige im Glauben, sind wandelnde Gleichnisse unter den Menschen, sind Hüter der heiligen Ordnung Gottes, für die er sich in seinem Sohne hingab. Haushalter seiner Geheimnisse sind die Könige der Erde – auch dort, wo sie morden.“ Der König aber fragte sich: „Was hatte Gott mit einem Menschen vor, den er vom Rebellentum zu solcher Demut vor der Ordnung führte?“

Könige sind, heisst es an einer Stelle: „Sachverwalter des Glaubens auf Erden“. „Ihr Wandel sei voller Gleichnisse; Tod und Leben, Gnade und Gericht und alle Ordnung sei in ihre Hand gegeben.“ Zu dieser Ordnung gehören freilich auch Folter und Hinrichtungen.

Frevler, die wie der Abenteurer Clement die bestehende Ordnung in Gefahr gebracht haben, müssen mit dem Tode sühnen, und daher darf der König nicht wie ein Privatmann einfach vergeben. Er wird darüber schwer krank. Den Prediger Roloff, der von seiner Gemeinde skeptisch betrachtet wird, aber sozusagen als gewissen des Königs hier auftritt, dem es schwer fällt, „den Menschen die Botschaft von Gottes Gnaden zu bringen, denn vor dem frohen Boten stand das Kreuz“ – wählt sich der König zum Hofprediger. Er steht dem König an den existentiellen Stationen des Königslebens bei.

Die Beziehung des Königs zu Roloff und anderen Geistlichen (Pater Bruns) findet Klepper vorgezeichnet in der Bibel, in der Beziehung König und Prophet: Saul / Samuel 1. Sam 9-15, David / Nathan 2. Sam 12, Ahabs / Elia 1. Könige 17, Jerobeus II. / Amos 2. Sam 12, Ahas / Jesaja 7.

Wie ein roter Faden zieht sich durch Kleppers Roman von Anfang an das tiefe Unverständnis der Königin Sophie Dorothea gegenüber ihrem Mann – und vor allem für die Entwicklung des Verhältnisses zwischen dem König und dem Kronprinzen, dem späteren Friedrich dem Großen, der unbedingt eine männliche Erziehung erhalten soll, obwohl seine Neigungen in eine ganz andere Richtung tendieren.

Mit psychologischer Einfühlsamkeit schildert Klepper die Gefühlswelt Friedrichs, der zwischen Vater und Mutter geradezu zerrieben wird, denn auch die Mutter nimmt Einfluss auf seine Erziehung und das durchaus nicht im Sinne ihres Mannes.

Als dies dem König bewusst wird und er entdeckt, dass Friedrich der Kronprinz Schulden gemacht hat, dass sich in der Bibliothek des Sohne kein Neues Testament befindet, wird Friedrichs Musikunterricht eingeschränkt, die „geliebten französischen Romane“ weggeschlossen, der Sohn wird stattdessen auf die Jagd geschickt und hart angefasst. Durch diese Erziehungsmethoden gewinnt der König nicht unbedingt das Herz seines Sohnes.

Vater und Sohn entfernen sich immer mehr voneinander und sind am Ende geradezu tödliche Feind geworden.

Der König selbst wird immer strenger und verhärtet sich. Er lässt sich sogar zu Tätlichkeiten hinreißen, schlägt seine Untertanen, prügelt sie, wenn es sein muss, auch mal mit dem Stock, selbst den Kronprinzen traktiert er auf diese Weise. Gleichzeitig steigert sich seine Schwermut ins Unerträgliche. Als er entdeckt, dass der Sohn das Land verlassen wollte, er nennt es desertieren, will er den Sohn sogar hinrichten lassen. Am liebsten hätte er auch seine älteste Tochter, die in Friedrichs Pläne eingeweiht war, vors Gericht gestellt. Eine Mitwisserin Friedrichs wird öffentlich ausgepeitscht und Leutnant von Katte, ein enger Vertrauter des Prinzen, zum Tode verurteilt und unter dem Fenster des Thronfolgers hinrichtet. „Aber da war kein Zorn in ihm, und er war nur vom Schmerz übermannt.“

Der König hatte in seinem Sohn „den Gefährten in der Schwere des Amtes“ gesehen, er hatte versucht, ihn in die erkannte Gottesordnung zu zwingen. Die Flucht war Ausbruch aus dieser Ordnung, die Strafe ihre Wiederherstellung. Davon handelt vor allem das Kapitel „Der Gott von Geldern“. Hier hat Klepper den ansonsten in strenger Konsequenz und historischer Verantwortung nachgezeichneten Lebensweg Friedrich Wilhelms I. verlassen. Am 19.August 1937 schreibt er an die befreundete Familie Meschke: „Der Gott von Geldern ist für mich die einzige Lösung gewesen, Theologie in Epik umzuwandeln und in der Bildersprache zu bleiben, das irre Herumfahren auf dieser Reise ist historisch, die Begegnung mit dem Gott von Geldern aber Erfindung, an der ich schwer laborierte.“

Klepper schildert, wie Friedrich Wilhelm in Geldern während eines Gottesdienstes auf die Pièta des schmerzensreichen Vaters stößt, deren Anblick ihn „ins innerste Herz“ trifft. Der Vater hält den toten Sohn auf den Knien, der sich im Gehorsam opferte, den der Vater aus Liebe geopfert hat.

Angetan von den „Leiden des ewigen Vaters“ wendet sich Friedrich Wilhelm an den Gemeindepastor, der sein Anliegen jedoch genau so wenig begreift wie die daraufhin um Rat gefragten Kantoren und Lehrer. Einzig der Erzbischof von Köln erfasst, „was in dem König vorgegangen war“ und gibt ihm den Rat: „Züchtige deinen Sohn, solange Hoffnung da ist, aber lass deine Seele nicht bewegt werden, ihn zu töten.“ Doch beim König vollzieht sich noch keine innere Wandlung, für ihn ist der Sohn schuldig geworden, weil er desertieren wollte. Dazu kommt noch ein weiteres „Verbrechen“, das den Vater wohl am meisten trifft. Es ist der „Hochverrat, der an seinem Herzen verübt worden war. „Er ist für mich tot“, sagt der König. Die Oberhofmeisterin von Kameke warnt ihn: „Bis jetzt taten Sie sich etwas darauf zugute, ein gerechter, frommer König zu sein, und dafür segnete Sie Gott. Nun wollen Sie ein Tyrann werden – fürchten Sie sich vor Gottes Zorn. Opfern Sie Ihren Sohn Ihrer Wut; aber seien Sie dann auch der göttlichen Rache gewiss.“

„Unabänderlich ist das Gesetz“, sprach der König, „und um der ewigen Ordnung willen muss es bestehen; denn alle Ordnung spiegelt Gottes ewiges Maß.“ „Einer muss um der verletzten Ordnung willen sterben.“

Um der Gerechtigkeit und der Ordnung willen ist der Preußenkönig bereit, seinen Sohn zu opfern, so wie einst Abraham seinen Sohn Isaak.

Der in der Bibel lesende König – Klepper arbeitet die Bedeutung der Heiligen Schrift für den König immer wieder klar heraus – meint aus der Schrift entnehmen zu müssen, das zur Wiederherstellung der „verletzten Ordnung“ ein Opfer von ihm gebracht werden müsse. Seine Krone war ihm zur Dornenkrone geworden und sein Zepter zum Kreuz. Der König meint, es sei besser, dass ein Mensch stirbt, als dass die Justiz aus der Welt komme. Das Kriegsgericht entzieht sich indessen der Aufgabe, den Sohn zum Tode zu verurteilen und hinrichten zu lassen. Es ist der von Gott gegebene Auftrag an die Könige, dass sie das staatliche Recht in dieser Welt hochhalten, glaubt der König lange Zeit und erkennt dann doch, nach vielen Qualen und inneren Kämpfen, dass Gott sein Opfer nicht wollte. Durch den Versuch, seinen Sohn nach seinem Bilde zu formen, hatte er seinen Königsauftrag, Diener Gottes zu sein, aus den Augen verloren. Ganz allmählich wird dem König bewusst, dass er zu weit gegangen war, er ist „zu Tode erschrocken“, als er merkt, dass er versucht hat, sich mit Gott zu messen, statt ihm zu dienen. Er erkennt: Der König ist nicht Gott, und die Ordnung ist zuletzt nicht sein Werk, sondern Abbild, irdisches Gefäß und bleibt offen für Gottes unbegreifliche Freiheit, Neues zu schaffen.“