Kitabı oku: «Die Zauberklarinette», sayfa 2

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Aber trotz seines grossen Glückes, war er plötzlich traurig und liess die Ohren hängen. Was war denn nur los mit ihm?

Er wusste es auch nicht recht, er dachte an Elias und wie es diesen freuen würde, wenn er wüsste, welch wichtige Person sein Bär geworden war. Kasi erinnerte sich plötzlich an alle und alles von vorher, von früher, als er noch in der Schweiz gewohnt hatte, dort wo die hohen Schneeberge sind, der kalte Wind, die braunen Kühe auf der Weide, das gelbe Postauto, der Geruch von Tannen in der Luft. Ob er jemals wieder dorthin zurückkehren würde?

Oder würde er das alles nie, nie wieder sehen? Niemanden?

Auch den blonden Elias mit den vielen Somersprossen im Gesicht? Sein Herz wurde immer schwerer.

Tränen kugelten aus seinen Augen. War er am Ende krank? Er hatte Heimweh.

Aber was kann man dagegen tun?

NUTELLA


Zu Weihnachten hatte Pascal einen Zaubertrickkasten erhalten. Er war von seinem Geschenk etwas enttäuscht, denn er war eigentlich längst über das Alter hinaus, wo man noch an echte Zauberei glaubt, dafür aber genau weiss, dass alles, was nach Magie aussieht, nur megafaule Tricks sind oder vielleicht noch schnelle Finger oder Geschicklichkeit, aber echt zaubern, nein, das konnte niemand, das war klar.

An einem schulfreien Nachmittag bat ihn seine kleine Schwester Maria, ihr doch bitte etwas vorzuzaubern. Sie kannte zwar schon sämtliche Geheimnisse des magischen Zauberkastens aber sie fand es halt immer wieder sehr spannend und insgeheim hoffte sie auch, dass irgendwann doch mal echte Zauberei passieren würde. Ziemlich missmutig stellte Pascal seinen Zauberhut auf den Tisch und um seine Schwester zu ärgern, wollte er angeblich deren Lieblingspuppe in ein Kaninchen verwandeln. Das gefiel der Kleinen aber gar nicht, denn man weiss ja wirklich nie, was da herauskommt und so entriss sie laut schreiend ihrem Bruder die Puppe und legte sie wieder in den Puppenwagen zurück.

Durchs Geschrei angelockt, erschien der andere Bruder, der wie gewohnt Mutters Abwesenheit zu nutzen verstand und seiner Naschhaftigkeit hatte freien Lauf lassen können. Mit arg verschmiertem Gesicht stand er da, das halbleere Nutellaglas in Händen.

Da werde die Mutter voraussichtlich meterhohe Freudensprünge machen, wenn sie seinen Diebstahl entdecke, meinte Pascal kühl. Wenn schon mal naschen, dann nicht gleich das ganze Glas leerfressen, das sei dann doch allzu offensichtlich und solche Unüberlegtheit gehöre gerechterweise schwer bestraft.

Als die kleine Schwester das erschreckte Gesicht ihres naschenden Bruders sah, erwachte das Mitleid in ihr, obschon sie eigentlich sauer war auf ihn, denn nun konnte sie nicht mal ein Fingerspitzchen ins Glas tauchen, da sie sonst am Ende auch noch bestraft würde, obschon ... da kam ihr eine gute Idee: Der grosse Bruder sollte das halbleere Glas in ein Kaninchen verwandeln, dann würde die ganze Nascherei unbemerkt bleiben.

Erst wollte Pascal nicht mitmachen, mit der faulen Ausrede, es würde nur ein halbes Kaninchen dabei herauskommen.

Ideen haben grosse Brüder ja manchmal!

Zudem wäre ein halbes Kaninchen doch wirklich mal was Interessantes.

Pascal stellte nun das Schokoladecremeglas in den schwarzen Zylinderhut, legte das blaue Seidentüchlein mit den goldenen Sternen drüber, schwang seinen Zauberstab und murmelte einen lateinischen Zauberspruch und dann noch einen und zog dann das Tuch wieder weg.

Alle starrten gespannt in die Hutröhre. Grosse Enttäuschung! Welch ein Frust!

Kein auch nur so mickriges Karnickel hoppelte da heraus, nicht mal ein halbes, sondern da stand immer noch.das gleiche verschmierte, halbleere Glas. «He, schaut doch mal, schaut doch!» schrie Maria ganz aufgeregt, «das Glas beginnt sich wieder zu füllen! Bald ist es randvoll!»

Tatsächlich begann die feine Schokolade bereits über den Glasrand zu quellen und drohte den Zauberhut zu beschmutzen.

Alle drei rasten in die Küche so schnell sie konnten und kamen mit Löffeln bewaffnet zurück. Allerfeinstes Nutella schwappte aus dem bereits gefüllten Hut und die drei Kinder begannen mit ihren Suppenlöffeln den Nutellastrom aufzuessen. Herrliches, zartes Nutella, das man sonst nur sonntags zum Frühstück kriegte, floss in schmalen braunen Bächlein über den Tisch.

Maria fand, es wäre eigentlich genug, und Pacal solle doch schnell mal den süssen Strom abstellen, aber da half kein fehlerfreies Latein und kein geheimnisvoller Zauberspruch; die wunderbare Kakaosüssigkeit floss weiter und weiter. Als alle Töpfe, Kessel, Pfannen und Einkaufstüten gefüllt waren, versuchte es Pascal nochmals mit seiner Zauberei, musste aber bald zugeben, dass er mit seinem Latein kläglich am Ende sei.

Der herrlich schokoladige Strom floss inzwischen zur Tür hinaus, die Treppe hinunter und der Kirchplatz war bald einmal knöcheltief mit Nutella bedeckt. Die Kinder, die dort gespielt hatten, waren schon eifrig mit Nutellaschlecken beschäftigt und sogar Frau Müllers dicke Katze schleckte voller Entzücken, wie es schien, von dieser ihr eigentlich fremden Speise.

Der Nutellafluss hatte inzwischen bereits die Technikumsstrasse erreicht und brachte den brausenden Autoverkehr zum Stoppen. Der vorderste Autofahrer stieg fluchend aus, denn er war, wie Autofahrer meistens sind, in furchtbar grosser Eile. Er besah sich die braune Flut, schimpfte tüchtig über die Stadtverwaltung und den Strassendienst und ob man für diese Verkehrshindernisse wohl seine Steuern bezahle. Nun war auch sein Hintermann ausgestiegen und sie rätselten, was das für eine Masse sein könnte, so braun und halbflussig wie ein Brotaufstrich und zudem sehr angenehm riechend.

Inzwischen waren noch andere eilige Autofahrer dazugestossen und ein besonders mutiger steckte nun einen Finger in das braune Etwas, roch misstrauisch daran, schnupperte nochmals und erklärte den Umstehenden, dass das Zeug sehr angenehm rieche, so wie besonders gute Schokolade oder Pralinen.

Schliesslich überwand er sein Misstrauen und leckte mit der Zungenspitze an seinem braunen Finger: «Mmm! Ich möchte sagen, dass es äusserst lecker schmeckt.»

Nun begannen alle Nutella zu schlecken, mit der Fingerspitze vorerst, dann mit der ganzen Hand und dann war plötzlich alle Eile vergessen. Man schleckte, man schmatzte, man verschmierte Gesicht und Bart, man bekleckerte die Kleider und man stopfte sich gierig voll mit diesem Gratisnutella, das da einfach so die Strassen überschwemmte.

Dann kam der Trolleybus. Er wollte zum Bahnhof. Er musste den Fahrplan einhalten und durfte nicht irgendwo auf der Strecke anhalten, wie ihm beliebte, Nutella hin oder her. Also fuhr er voll Rohr mitten in den braunen Teig hinein, schlingerte, schleuderte, dann spulte er, wild um sich spritzend und blieb schliesslich mittendrin stecken. Was macht man da ohne Schneeketten?

Der Fahrer öffnete die Türen, liess die Fahrgäste aussteigen, mit dem Hinweis, der Bus fahre nicht weiter, wegen einer technischen Panne und sie könnten ja gut und gern die letzten zweihundert Meter bis zur Haltestelle zu Fuss zurücklegen. Ein kleiner Fussmarsch hätte noch niemandem geschadet.

Und so plumpsten die Leute mitten in den braunen Nutellasegen, waren zuallererstwütend oder erstaunt aber sobald sie merkten, dass das, was da an ihren Strümpfen und Kleidern so klebrig schmierte, nichts anderes war als eben richtiges Nutella, da begannen sie zu lachen, sich zu freuen und fröhlich zu schnabulieren.

Wie mancher Grossvater schlug sich hier begeistert den Bauch voll von dieser Creme, die sich sonst nur seine Enkel aufs Brot schmieren durften, während er mit erhobenem Zeigefinger sagen musste, dass solche Sachen eh nicht bekömmlich seien und dass man früher mit Marmeladebrot mehr als zufrieden gewesen sei und so.

Als der Nutellastrom den Bahnhofplatz erreichte, stand dort ein Verkehrspolizist, der den Verkehr regeln musste. Als ob er nicht schon genügend Ärger gehabt hätte mit all den Fussgängern, die wie wildgewordene Hühner neben dem Zebrastreifen über die Strasse wuselten, mit all den rassigen Autofahrern, die erst im allerletzten Augenblick auf die Bremse standen und nachher mit Brausen und Getöse wieder anfuhren, dass einem von all dem Rauch und Lärm schwindlig werden konnte: da kam nun dieser braune Brei die Strasse herabgeflossen. So was hatte ja gerade noch gefehlt!

Der Polizist hob seine rechte Hand und schrie gleichzeitig: HALT!

Aber der braune Teig floss weiter, ohne zu gehorchen und näherte sich mit fast unheimlicher Stetigkeit und erreichte schliesslich, trotz polizeilicher Trillerpfeife, die Mitte der gefährlichen Kreuzung.

Der Ordnungshüter sprang von seinem Podest und stellte sich mutig vor die braune Flut, stoppte sämtlichen Verkehr und verlangte dann über sein Funktelefon Verstärkung aus dem Polizeirevier.

Mit seinem Gummiknüppel schlug er auf die schokoladebraunen Wellen, um deren Festigkeit und Materialbeschaffenheit zu prüfen und musste erleben, dass die eklige Ware hoch aufspritzte und seine schöne neue Uniform versaute. Na, das würde den Urheber dieses öffentlichen Ärgernisses teuer zu stehen kommen.

Ein besonders freches Tröpfchen war sogar auf seinen prächtigen Schnurrbart gesprungen und das roch, genauer berochen gar nicht so übel und wie seine Zunge unwillkürlich vorschnellte, musste er gestehen, dass diese Übeltäterei sogar, na sagen wir, nicht besonders schlecht schmeckte. Süss, zart cremig, schokoladig, so wie, so wie dieses, na wie heisst es schon, was die Kinder so mögen.

Er hätte gern noch ein Müsterchen davon geschleckt, aber er war im Dienst, da gab's nichts zu schlecken, sondern er hatte für Ruhe und Ordnung zu sorgen und da dieser Schokoladenkremestrom ganz offensichtlich gegen die elementarste Ordnung verstiess, musste man sehen, dass man den gröblichen Unfug allerschleunigst abstellen konnte.

Endlich kam die angeforderte Verstärkung, total verschmiert und verklebt natürlich, denn die heldenhafte Durchquerung des Nutellastroms, der sich schon in allen Strassen der Innenstadt aufstaute, diese mutige Tat blieb verständlicherweise nicht ohne entsprechende Spuren.

Vom Polizeihauptquartier aus wurde der Stadtrat informiert, der heute zu seiner wöchentlichen Ratssitzung hätte zusammenkommen sollen, aber von den neun Stadtvätern waren nur zwei anwesend, da vom Rest der Regierung drei im braunen Matsch steckengeblieben waren (und die andern vier sich ohnehin immer auf Reisen befanden).

Der Stadtpräsident vermutete sofort einen Werbegag der örtlichen Schokoladefabrik und verlangte am Telefon den leitenden Direktor dieser süssen Industrie. Bevor der arme Direktor nur ein Wörtchen sagen konnte, hatte ihn der erboste Staatsmann böse abgekanzelt und wütend angebrüllt, denn das gehe nun einmal zu weit, Werbung in allen Ehren, aber das grenze direkt an Verbrechen, diese Sauerei und man werde ihm dann schon noch die Rechnung präsentieren, da könne er Gift drauf nehmen und so. In dieser feinen Art ging es noch ganze fünf Minuten lang weiter. Als aber der erstaunte Schokoladenfabrikant bei allen Stadtheiligen schwor, dass er von nichts und von gar nichts wisse, da wurde unser Stapi, wie der Stadtpräsident abgekürzt auch noch heisst, echt verlegen und ratlos.

Und als der verdächtigte Industrielle etwas später anrief, er sei nun der Sache nachgegangen und müsse feststellen, dass die flüssige Schokolade in der City unmöglich aus seinem Betrieb stammen könne, denn so gute Qualität hätten sie noch gar nie hingekriegt, da war auch der Stapi am Ende seines, freilich etwas magern Lateins. Der Schulrat vermutete seinerseits eine unbewilligte Demonstration der Gymnasiasten und er rief empört den Rektor der Kantonsschule an, der aber seinerseits auch von nichts wusste, denn die Nutellaflut war natürlich zu jenem Zeitpunkt noch nicht bis zum Rychenberg hinauf angestiegen.

Nein, nein, meinte der Schuldirektor, man wüsste absolut nichts in seiner Schule, das könne er notfalls unter Eid bestätigen, und die Lehrer, auch sie völlig unwissend, seien alle auf ihrem Posten und ebenso die Studenten, ausser jenen, die schulfrei hätten und den paar notorischen Schwänzern.

Im Technikum, oder in der Ingenieurschule, wie sie heute heisst, nahm niemand das Telefon ab. Wen wundert's, da doch alle, vom armen hungrigen Studentchen über die weniger hungrigen Professoren bis zum feinschmeckerischen Büropersonal alle beim Nutellaschlecken waren. Alle! Schleckermäuler!

Typisch!

Das Strassenbauamt hatte sofort (nach etwa drei Stunden) die gesamte Schneeräumungsmannschaft aufgeboten (im Sommer!) und zu den neuralgischen Punkten des Strassennetzes beordert, aber die wackern Männer vermochten mit aller Kraft und gutem Willen, die heranbrandende Nutellaflut nicht zu meistern. Böse Mäuler mögen sich an dieser Stelle mal ehrlich überlegen, wieviele Kilogramm Nutella sie auf einen Sitz aufzuessen vermöchten. Wer sich das nicht vorstellen kann, soll es halt mal ausprobieren.

Im Stadthaus liefen alle Telefone heiss als plötzlich die braune Schokoladenflut über die Schwelle kroch.

Endlich! schrien alle und stürzten sich mutig in den Kampf und schleckten, nippten, schmatzten, schlurften und mampften stadtväterisch und amtsweise Nutella.

Im Bahnhof wäre es zu jener Zeit aber beinahe zu einem schweren Unglück gekommen, als der Intercity mit vollem Tempo in den süssen, wohlschmeckenden Teig raste. Das muss gespritzt haben!

Glücklicherweise war die Masse aber doch so fest, dass sie den Zug vor dem Entgleisen bewahren konnte und ihn wie ein weiches Federkissen umfing und sanft bremste.

Die Freude jener St.Galler Schulklasse, die sich im fraglichen Zug befand, kann man sich vorstellen, die den süssen Unterbruch ihrer Schulreise sehr zu schätzen wusste. Die Schüler versuchten, zwar vergeblich, eine Unterführung leerzuschlecken. (Ihrem Lehrer soll angeblich sogar übel geworden sein nach nur zwanzig Minuten Schokoladensehleckerei, na ja, da sagen wir am besten: no comment!)

Leider müssen wir an dieser Stelle aber auch von einem bedauerlichen Unfall sprechen, der glücklicherweise ein Einzelfall geblieben ist. Der schokoladebraune Pudel einer älteren Fahrgästin der ersten Klasse hatte sich von seiner Herrin unerlaubterweise entfernt und muss dabei ins Nutella gefallen sein. Bis zum heutigen Tag fehlt jede Spur von ihm.

(Sachdienliche Angaben nimmt der Autor dankend entgegen)

Drei begeisterte japanische Touristen des gleichen Zuges konnten später nicht mehr davon überzeugt werden, dass der schokoladige Bahnhof nicht NUTELLA, sondern WINTERTHUR heisse. Allfällige entsprechende und natürlich falsche Benennung unserer schönen Stadt auf den japanischen Weltkarten, die sich im Reich der aufgehenden Sonne momentan verbreiten, wie uns gesagt worden ist, können wir leider nicht nachprüfen, da wir diese fremdartigen Schriftzeichen nicht kennen.

Gegen Abend erreichte die Nutellaflut an zwei Punkten die Autobahn, aber nur bei Töss kam es zu zeitweiligen Überflutungen der Fahrbahn, aber da man sich an Schwierigkeiten gewöhnt ist an diesem Nadelöhr, horchte niemand besonders auf, als Radio DRS vor Stau, zähflüssigem Nutellafluss und wild geparkten Autos warnte.

Es waren vor allem die deutschen Grenzgänger, die ihre Kofferräume mit der köstlichen Nahrung füllten, ohne an nachfolgende Reinigungsprobleme zu denken.

Aber, so sagte einer von ihnen, wo krieg ich schon wieder mal so'n feines Häppchen einfach so und GRATIS? Recht hatte er (schliesslich hatte er ja auch an der Grenze DM 47.4599 für die Autobahnvignette hinblättern gemusst), aber, Spass beiseite, einem saubern Schweizer wäre es nicht im Traum eingefallen sein properes vierrädriges Kleinod mit Schokolade dermassen zu versauen, gratis oder nicht und gute Qualität hin oder her.

Auch Katzen und Hunde schleckten, frassen, stopften sich sinnlos voll und würgten weit über den Hunger hinaus Nutella hinunter und wurden dabei immer dicker und fauler. Als die Nacht anbrach waren daher alle Hunde der Stadt derart überfressen, dass sie allesamt zu faul waren zum Wachen und zum Bellen.

Und als der DIEB kam mit seinem grossen Sack und sich mitternächtlich in die Stadt schlich, schliefen alle biedern Bürger mit übervollen Bäuchen und ihre Hunde, rund und dick wie Bierfässchen, schnarchten noch lauter als ihre Meister.

So war es dem Dieb ein leichtes in jener pechfinsteren Neumondnacht den ganzen Nutellasegen zu stehlen, (samt Zauberhut!!) und dann auf leisen Sohlen das Weite zu suchen.

Er hatte wirklich alles Nutella gestohlen, kein Krümelchen und kein Bröselchen liess er zurück.

Schade! Jammerschade!

Am nächsten Tage bewiesen nur noch einige arg beschmierte Autos in der Autowaschanlage vom vortäglichen Nutellasegen und überall wurden die Fahrräder geputzt und auch meine Schuhe glänzten, dass niemand hätte ahnen können, wie sie gestern aus geschaut hatten.

Einigen Leuten war es zwar noch schlecht von der vortäglichen unvernünftigen Schleckerei (geschieht ihnen recht, denn man soll auch die guten Dinge nur mit MASS geniessen!).

Auch ich habe sonderbarerweise heute eigentlich gar keine besondere Lust auf Nutella …

… da habe ich soeben unten auf der Strasse rufen hören, dass im Weiher des Stadtparks noch ein Rest Nutella übriggeblieben sei.

Wird ja wohl nur ein Gerücht sein, aber ich werde doch rasch hingehen, nur um zu sehen ob es wahr ist, aus reinster Neugierde sozusagen denn wenn man es so genau bedenkt dann wäre so ein kleines Schlecklein Nutella eigentlich gar nicht zu verachten, oder?

Also dann: «Tschüss!»

DAS VIOLETTE SCHWEINCHEN


Elf kleine rosa Schweinchen hatte die Muttersau geworfen, wie es sich gehört und dazu noch ein zwölftes, hellviolettes, wie es sich nicht gehört. Denn violette Schweine gibt es nun mal nicht und wenn da eines zufällig halt doch mal fehlfarbig sein sollte, tja, hier kratzte sich der Bauer lange am Hinterkopf, denn da lag im Schweinekoben ganz eindeutig etwas, das es nicht gab, das aber ganz munter herumwuselte und zwischendurch tüchtig an den Milchzitzen saugte und ganz offensichtlich falsch gefärbt war. Gab es nun violette Schweine oder gab es sie nicht?

Die Muttersau machte sich freilich nichts aus diesem Problem, ihr war nur wichtig, dass die Kleinen alle tüchtig Milch tranken und möglichst rasch gross und fett wurden, die Farbe der Jungen aber war ihr so ziemlich egal (vielleicht war sie sogar farbenblind, wer weiss).

Als der Bauer seiner Frau erzählte, im Schweinestall drüben sei eines der jungen Ferkel etwas zu dunkel gefärbt, so meinte sie nur, dass sich das vielleicht noch auswachse und später sicher verschwinde, als er aber behauptete das Junge sei regelrecht violett, da warf die Bäuerin vorerst einmal einen prüfenden Blick zur Weinflasche auf dem Tisch. Na, die war noch ziemlich voll, also könnte es sein, dass ihr Mann krank war und hohes Fieber hatte und deshalb die Dinge etwas verzerrt und komisch sah.

Aber er hatte weder eine heisse Stirn noch einen überschnellen Puls. Also ging sie nachschauen.

Tatsächlich rannte da ein violettes Ferkel übers Stroh. Es schien gesund und munter zu sein und das war schliesslich die Hauptsache, Farbe hin oder her.

Als ihre Tochter am nächsten Morgen auf dem Schulweg ihrer besten Freundin diese seltsame Nachricht ins Ohr flüsterte (die andern brauchten es nicht zu wissen, das sollte ein Geheimnis unter Freundinnen sein), da rückte diese empört von ihr weg und meinte beleidigt, es sei nicht schön, wenn man Freundinnen belüge. Dann verkündete sie lauthals, dass die Therese ab sofort nicht mehr ihre Freundin sei, denn die Therese lüge wie gedruckt, und den restlichen Weg hängte sie sich bei den andern Mädchen ein und man liess nun die schreckliche Lügnerin gemeinsam links liegen.

In der Schule ging die, ach so schmählich Belogene, schnurstracks zum Lehrer und erzählte ihm von der schändlichen Lüge und als er die kleine Therese zur Rede stellte und sie ermahnte immer nur die Wahrheit und nichts als die Wahrheit zu sagen, denn damit komme man im Leben am weitesten und wer einmal lüge, dem glaube man nie mehr und Lügen hätten, wie allgemein bekannt, ganz kurze Beinchen, da blieb doch das verstockte Kind bei seiner Behauptung, sie hätten zuhause ein violettes Ferkel.

Die ganze Klasse brüllte vor Lachen und zur allgemeinen Genugtuung wurde die freche Lügnerin in die Schandecke gestellt, wo sie zum Gespött der übrigen Klasse eine volle Stunde lang auszuharren hatte.

Diese Schandecke, eine probate Erziehungsmethode, die sich seit dem frühen Mittelalter bewährt hatte, diente natürlich in erster Linie als Mahnung an alle, immer recht brav zu sein, nie zu lügen, nie dem Nachbarn abzuschreiben, nie zu schwatzen während der Schulstunde, nie zu spät zu kommen, nie auf dem Pausenplatz zu streiten und so weiter und so fort.

Nach einer Stunde wurde das weinende Häufchen Elend gefragt, ob sie nun ihre Lüge bereue und bereit sei, die volle Wahrheit zu sagen. Ihr Nicken wurde gnädig angenommen, sie durfte sich an ihren Platz setzen und als der Lehrer sie nun fragte, von welcher Farbe das Schweinchen sei, kam unter Schluchzen und ganz leise die stotternde Antwort: Vi o o olett.

Da wurde sie von hinten gestupft und Peter, der Junge vom Nachbarhof, riet ihr halblaut, sie solle doch keine blöde Babe sein und selbst wenn das eine Schweinchen grün sei, so solle sie's nicht sagen, sondern sie solle erzählen, wie die andern, die normalen Ferkel seien.

Der gestrenge Schulmeister aber hatte schon gesehen und gehört, dass da etwas geflüstert wurde und stellte den Jungen zur Rede. Der schrie nun in die Klasse hinaus, damit es alle hören konnten, die Therese hätte überhaupt nicht gelogen und zudem gäbe es auch noch grüne und gelbe Schweine. Ehrenwort! Letzteres hätte er nicht sagen sollen, denn dafür kriegte er eine Ohrfeige, aber den Aufenthalt in der Schandecke fürchtete er gar nicht. Es war beileibe nicht zum ersten Mal wo er hinter dem Rücken des Lehrers, von allen, ausser von ihm gesehen, Grimassen schneiden konnte und die Klasse auch sonstwie mit allerlei Kasperlekunststücken unterhielt, zudem musste er während dieser Zeit weder schreiben noch lesen noch sonstwie am Unterricht teilnehmen.

Für die Schule war das violette Ferkel von nun an vom Tisch, aber Peter in der Schandecke nahm mit Therese Blickkontakt auf und liess sich wortlos versprechen, dass er das Wunderschweinchen anschauen kommen dürfe.

Nach der Schule begleitete er sie, das heisst, sie ging am linken Strassenrand und er, einige Meter hintendrein am rechten, bis sie ausser Sicht ihrer Kamerädchen waren, dann rückte er bis in die Wegmitte vor und liess sich das vom fehlfarbenen Ferkel erzählen.

Peter war begeistert. Er fand, man könnte dieses Tier am Jahrmarkt zeigen, für Geld natürlich, oder vielleicht einem Zirkus verkaufen, für viel Geld natürlich, oder dem Fernsehen anbieten, für sehr viel Geld natürlich.

Therese hingegen wurde immer wortkarger, je mehr sie sich ihrem Zuhause näherten, denn sie hatte nicht vergessen, dass ihr die Eltern am Morgen eingeschärft hatten, niemandem etwas vom violetten Ferkel zu erzählen, denn man wollte keinen Rummel und nichts und überhaupt. Und nun kam sie schon mit dem ersten Besucher an, das würde bestimmt was absetzen.

Peter zerstreute aber ihre Bedenken, denn er hatte so was vermutet und brachte nun seinen Schlachtplan vor. Sein Erscheinen würde mit dem Umstand erklärt, dass sie ihm das Lesebuch bis morgen leihen müsse, dann verschwinde er rasch, angeblich weil er sich sputen müsse, um bei sich zuhause noch rechtzeitig zu Tisch zu kommen. Alle anderen Probleme würde er selber lösen, während Thereses Familie am Mittagstisch sei. Und das, was er sehe, würde er niemand sonst erzählen, das verspreche er ihr hoch und heilig, (und dieser «Lausejunge,» wie er oft von den Erwachsenen genannt wurde, hielt seine heiligen Schwüre tatsächlich).

Tagtäglich liess er sich nun vom Nachbarsmädchen alle Neuigkeiten übers violette Schweinchen mitteilen und nahm auch hie und da selber einen Augenschein von dieser Naturlaune, die da friedlich frass und prächtig gedieh und immer violetter dabei wurde. Die beiden Kinder begannen nun ihre «Viola,» wie sie das fehlfarbene Ferkel bei sich nannten, zu hätscheln und zu verwöhnen mit speziellen Leckerbissen.

Da Schweine recht kluge Tiere sind, merkte Viola bald einmal, was da zu holen war und als die Kinder mit den ersten Dressurversuchen begannen, machte das Ferkel freudig mit, denn bei jedem gelungenen Kunststücklein gab es was Gutes.

Auch die Muttersau grunzte zufrieden, wenn die beiden Dompteure anrückten, da für sie allemal auch was abfiel, wenn aber Peters Taschen leer waren, legte sie sich faul aufs Stroh, grunzte und blickte gelangweilt zur Stalldecke. Von der speziellen Begabung ihrer violetten Tochter nahm sie aber keinerlei Notiz, denn erstens war sie an Kunst überhaupt nicht interessiert und zweitens verachtete sie alle Tätigkeiten, die das Dickwerden verhinderten, wie zum Beispiel Sport oder Tanz.

Für sie bestand ein glückliches Schweineleben aus Fressen, Schlafen, Wühlen und dann wieder Fressen, Schlafen, Wühlen ... und das taten die elf Rosaschweinchen zu ihrer Genugtuung, die zwölfte hingegen, na ja, die würde vielleicht auch noch mal vernünftig werden und einsehen, dass sich weder das Gehen auf den Hinterbeinen noch das Herumtanzen für guterzogene Schweine gehört und dass auch das Fussballspielen eine eher unschweinische Tätigkeit sein sollte.

Na ja, die Kleine war noch jung, sie hatte noch Zeit zu begreifen, wie man sich als Schwein benimmt.

Peter und Therese aber hatten einen Plan. Sie wollten an der Schulschlussfeier ihre Viola vorfuhren, erstens um zu beweisen, dass es violette Schweine gibt und zweitens, dass Therese keine Lügnerin war.

Thereses Mutter wurde bald einmal in den Plan eingeweiht und sie versprach den Kindern lachend, dass sie den gestrengen Herrn Papa schon herumbringen werde, damit er einwillige, was er dann erstaunlich rasch auch tat.

Die Dressurnummer der beiden Kinder mit der tanzenden, aufrechtgehenden und fussballspielenden Viola war dann auch der absolute Höhepunkt der Feier und weder Chorgesang noch Gedichtvorträge interessierten die Anwesenden, sogar während der allzulangen Rede des Schulpräsidenten hörte man immer wieder Kindergärteler laut fragen, ob das violette Schweinchen nochmals auf die Bühne komme.

Als Abschlussnummer kamen die Kinder mit drei Schweinchen auf die Bühne. Die Nummer hiess: «Lügen haben kurze Beinchen.»

Ein Ferkel war feuerrot, eines grasgrün und eines eben violett. Sie marschierten wie Soldaten, dann drehten sie sich im Walzertakt und schliesslich kugelten sie einfach quietschend und zappelnd übereinander, bis sie Peter wieder in einer Reihe antreten liess. Die Zuschauer tobten vor Freude und klatschten und pfiffen.

Ganz zum Schluss wurde ein grosser Zuber auf die Bühne gebracht.

Das rote Ferkel wurde ins Wasser getaucht und kam natürlich rosa heraus, ebenso ging es mit dem grünen aber das violette kam violett aus dem Bad.

Da herrschte plötzlich betretenes Schweigen im Saal, denn alle hatten angenommen, dass auch Viola nur gefärbt sei, aber so was, nein, so was war doch einfach unerhört. Ein violettes Schwein! Das hatte es noch nie gegeben und das durfte es nicht geben. Der Lehrer, der den Wink an seine Adresse natürlich verstanden hatte, fand das Ganze einen üblen Scherz, mit dem man im Grunde genommen ihn persönlich hatte blossstellen wollen, die Sonntagschultante sagte seufzend, das sei Gotteslästerung, was auch immer das sein mochte und die Kindergartenlehrerin ärgerte sich, denn sie hatte vor kurzem noch behauptet, alle Ferkel seien eben Rosaschweinchen, alle, und wer sie gelb oder blau hatte zeichnen wollen, den hatte sie gerügt. Und nun so was!

Das würde ihre Autorität völlig untergraben, befürchtete sie mit einem gewissen Recht.

Peter hatte erwartet, dass Viola nun schlagartig weltberühmt würde, dass Reporter angerast kämen, die das seltsame Tier sehen wollten, dass man es fotografieren würde und dass schliesslich das Fernsehen käme und er und Therese dem Fernsehpublikum diesen Star aus dem Schweinekoben vorführen könnten und vielleicht würde noch ein Film gedreht, vielleicht würde sich der Zirkus KNIE dafür interessieren, vielleicht käme auch noch ein Zoologieprofessor von der Universität in Zürich, der dieses Naturwunder sehen wollte, vielleicht …

Aber nichts von alledem geschah.

Niemand wollte das violette Schweinchen sehen.

Doch, gegen Ende der langen Ferien tauchte ein Viehhändler auf, der nach einem kurzen Blick in den Schweinestall zum Bauern sagte, das violette da drin, das sei nun mal eine echte Schweinerei, und das würde er so rasch wie nur möglich wegschaffen, schon von wegen der Rassezucht und so und auch für den guten Ruf des Schweinezüchters sei so etwas natürlich schlecht, sehr schlecht sogar.

Als er noch vernahm, wie klug Viola sich anstellte, schüttelte er unwillig den Kopf und meinte bedauernd, dass man das ja niemandem erzählen solle, das sei direkt etwas Teuflisches, er glaube zwar nicht daran, aber die Nachbarn seien scheinbar recht abergläubisch und hätten schon so etwas gemunkelt, das er erst jetzt so richtig verstände. Sein Rat sei einfach: Weg mit dieser Missgeburt!

Und zwar je schneller, desto besser.

Für ein paar Batzen überliess der erschreckte Bauer dem Viehhändler schliesslich diese Züchterschande und war froh, dass er sich so elegant aus der Affäre hatte ziehen können.

Das blöde Geheul und Gejammer seiner Tochter konnte er mit seinem Gebrüll endlich zum Schweigen bringen und auf die Vorwürfe seiner Frau hörte er schon gar nicht, denn was verstehen Frauen schon von diesen Dingen, aber als er etwa drei Wochen später am Fernsehen jene höchst gelungene Nummer mit dem violetten Schweinchen «Väiolä,» dem grossen Star und Publikumsliebling, der, wie es hiess, speziell für unser Publikum direkt aus Amerika herübergekommen sei, als er diese Sendung sah, da hätte er vor Zorn den Fernseher kaputtschlagen mögen.

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