Sadece LitRes`te okuyun

Kitap dosya olarak indirilemez ancak uygulamamız üzerinden veya online olarak web sitemizden okunabilir.

Kitabı oku: «Faust», sayfa 7

Yazı tipi:

Marthens Garten

Margarete. Faust.

Margarete.

 
Versprich mir, Heinrich!
 

Faust.

 
Was ich kann!
 

Margarete.

 
Nun sag’, wie hast du’s mit der Religion?
Du bist ein herzlich guter Mann,
Allein ich glaub’, du hält’st nicht viel davon.
 

Faust.

 
Laß das, mein Kind! du fühlst, ich bin dir gut;
Für meine Lieben ließ’ ich Leib und Blut,
Will niemand sein Gefühl und seine Kirche rauben.
 

Margarete.

 
Das ist nicht recht, man muß d’ran glauben!
 

Faust.

 
Muß man?
 

Margarete.

 
Ach! wenn ich etwas auf dich könnte!
Du ehrst auch nicht die heil’gen Sacramente.
 

Faust.

 
Ich ehre sie.
 

Margarete.

 
Doch ohne Verlangen.
Zur Messe, zur Beichte bist du lange nicht gegangen.
Glaubst du an Gott?
 

Faust.

 
Mein Liebchen, wer darf sagen,
Ich glaub’ an Gott?
Magst Priester oder Weise fragen,
Und ihre Antwort scheint nur Spott
Ueber den Frager zu seyn.
 

Margarete.

 
So glaubst du nicht?
 

Faust.

 
Mißhör’ mich nicht, du holdes Angesicht!
Wer darf ihn nennen?
Und wer bekennen:
Ich glaub’ ihn.
Wer empfinden?
Und sich unterwinden
Zu sagen: ich glaub’ ihn nicht.
Der Allumfasser,
Der Allerhalter,
Faßt und erhält er nicht
Dich, mich, sich selbst?
Wölbt sich der Himmel nicht dadroben?
Liegt die Erde nicht hierunten fest?
Und steigen freundlich blickend
Ewige Sterne nicht herauf?
Schau’ ich nicht Aug’ in Auge dir,
Und drängt nicht alles
Nach Haupt und Herzen dir,
Und webt in ewigem Geheimniß
Unsichtbar sichtbar neben dir?
Erfüll’ davon dein Herz, so groß es ist,
Und wenn du ganz in dem Gefühle selig bist,
Nenn’ es dann wie du willst,
Nenn’s Glück! Herz! Liebe! Gott!
Ich habe keinen Nahmen
Dafür! Gefühl ist alles;
Name ist Schall und Rauch,
Umnebelnd Himmelsgluth.
 

Margarete.

 
Das ist alles recht schön und gut;
Ungefähr sagt das der Pfarrer auch,
Nur mit ein Bißchen andern Worten.
 

Faust.

 
Es sagen’s aller Orten
Alle Herzen unter dem himmlischen Tage,
Jedes in seiner Sprache;
Warum nicht ich in der meinen?
 

Margarete.

 
Wenn man’s so hört, möcht’s leidlich scheinen,
Steht aber doch immer schief darum;
Denn du hast kein Christenthum.
 

Faust.

 
Lieb’s Kind!
 

Margarete.

 
Es thut mir lang’ schon weh,
Daß ich dich in der Gesellschaft seh’.
 

Faust.

 
Wie so?
 

Margarete.

 
Der Mensch, den du da bey dir hast,
Ist mir in tiefer inn’rer Seele verhaßt:
Es hat mir in meinem Leben
So nichts einen Stich in’s Herz gegeben,
Als des Menschen widrig Gesicht.
 

Faust.

 
Liebe Puppe, fürcht’ ihn nicht!
 

Margarete.

 
Seine Gegenwart bewegt mir das Blut.
Ich bin sonst allen Menschen gut;
Aber, wie ich mich sehne dich zu schauen,
Hab’ ich vor dem Menschen ein heimlich Grauen,
Und halt’ ihn für einen Schelm dazu!
Gott verzeih’ mir’s, wenn ich ihm Unrecht thu’!
 

Faust.

 
Es muß auch solche Käuze geben.
 

Margarete.

 
Wollte nicht mit seines Gleichen leben!
Kommt er einmal zur Thür herein,
Sieht er immer so spöttisch drein,
Und halb ergrimmt;
Man sieht, daß er an nichts keinen Antheil nimmt;
Es steht ihm an der Stirn’ geschrieben,
Daß er nicht mag eine Seele lieben.
Mir wird’s so wohl in deinem Arm,
So frey, so hingegeben warm,
Und seine Gegenwart schnürt mir das Inn’re zu.
 

Faust.

 
Du ahndungsvoller Engel du!
 

Margarete.

 
Das übermannt mich so sehr,
Daß, wo er nur mag zu uns treten,
Meyn’ ich sogar, ich liebte dich nicht mehr.
Auch wenn er da ist, könnt’ ich nimmer beten,
Und das frißt mir in’s Herz hinein;
Dir, Heinrich, muß es auch so seyn.
 

Faust.

 
Du hast nun die Antipathie!
 

Margarete.

 
Ich muß nun fort.
 

Faust.

 
Ach kann ich nie
Ein Stündchen ruhig dir am Busen hängen,
Und Brust an Brust und Seel’ in Seele drängen?
 

Margarete.

 
Ach wenn ich nur alleine schlief!
Ich ließ dir gern heut Nacht den Riegel offen;
Doch meine Mutter schläft nicht tief,
Und würden wir von ihr betroffen,
Ich wär’ gleich auf der Stelle todt!
 

Faust.

 
Du Engel, das hat keine Noth.
Hier ist ein Fläschchen! Drey Tropfen nur
In ihren Trank umhüllen
Mit tiefem Schlaf gefällig die Natur.
 

Margarete.

 
Was thu’ ich nicht um deinetwillen?
Es wird ihr hoffentlich nicht schaden!
 

Faust.

 
Würd’ ich sonst, Liebchen, dir es rathen?
 

Margarete.

 
Seh’ ich dich, bester Mann, nur an,
Weiß nicht was mich nach deinem Willen treibt,
Ich habe schon so viel für dich gethan,
Daß mir zu thun fast nichts mehr übrig bleibt.
 

ab.

Mephistopheles tritt auf.

Mephistopheles.

 
Der Grasaff’! ist er weg?
 

Faust.

 
Hast wieder spionirt?
 

Mephistopheles.

 
Ich hab’s ausführlich wohl vernommen.
Herr Doctor wurden da katechisirt;
Hoff’ es soll Ihnen wohl bekommen.
Die Mädels sind doch sehr interessirt,
Ob einer fromm und schlicht nach altem Brauch.
Sie denken, duckt er da, folgt er uns eben auch.
 

Faust.

 
Du Ungeheuer siehst nicht ein,
Wie diese treue liebe Seele
Von ihrem Glauben voll,
Der ganz allein
Ihr selig machend ist, sich heilig quäle,
Daß sie den liebsten Mann verloren halten soll.
 

Mephistopheles.

 
Du übersinnlicher, sinnlicher Freyer,
Ein Mägdelein nasführet dich.
 

Faust.

 
Du Spottgeburt von Dreck und Feuer!
 

Mephistopheles.

 
Und die Physiognomie versteht sie meisterlich.
In meiner Gegenwart wird’s ihr sie weiß nicht wie,
Mein Mäskchen da weissagt verborgnen Sinn;
Sie fühlt, daß ich ganz sicher ein Genie,
Vielleicht wohl gar der Teufel bin.
Nun heute Nacht —?
 

Faust.

 
Was geht dich’s an?
 

Mephistopheles.

 
Hab’ ich doch meine Freude d’ran!
 

Am Brunnen

Gretchen und Lieschen mit Krügen.

Lieschen.

 
Hast nichts von Bärbelchen gehört?
 

Gretchen.

 
Kein Wort. Ich komm’ gar wenig unter Leute.
 

Lieschen.

 
Gewiß, Sibylle sagt’ mir’s heute!
Die hat sich endlich auch bethört.
Das ist das Vornehmthun!
 

Gretchen.

 
Wie so?
 

Lieschen.

 
Es stinkt!
Sie füttert zwey, wenn sie nun ißt und trinkt.
 

Gretchen.

 
Ach!
 

Lieschen.

 
So ist’s ihr endlich recht ergangen.
Wie lange hat sie an dem Kerl gehangen!
Das war ein Spaziren,
Auf Dorf und Tanzplatz Führen,
Mußt’ überall die erste seyn,
Curtesirt’ ihr immer mit Pastetchen und Wein;
Bild’t sich was auf ihre Schönheit ein,
War doch so ehrlos sich nicht zu schämen
Geschenke von ihm anzunehmen.
War ein Gekos’ und ein Geschleck’;
Da ist denn auch das Blümchen weg
 

Gretchen.

 
Das arme Ding!
 

Lieschen.

 
Bedauerst sie noch gar!
Wenn unser eins am Spinnen war,
Uns Nachts die Mutter nicht hinunterließ;
Stand sie bey ihrem Buhlen süß,
Auf der Thürbank und im dunkeln Gang
Ward’ ihnen keine Stunde zu lang.
Da mag sie denn sich ducken nun,
Im Sünderhemdchen Kirchbuß’ thun!
 

Gretchen.

 
Er nimmt sie gewiß zu seiner Frau.
 

Lieschen.

 
Er wär’ ein Narr! Ein flinker Jung’
Hat anderwärts noch Luft genung.
Er ist auch fort.
 

Gretchen.

 
Das ist nicht schön!
 

Lieschen.

 
Kriegt sie ihn, soll’s ihr übel gehn.
Das Kränzel reißen die Buben ihr,
Und Häckerling streuen wir vor die Thür!
 

ab.

Gretchen nach Hause gehend.

 
Wie konnt’ ich sonst so tapfer schmählen,
Sah ich ein armes Mägdlein fehlen!
Wie konnt’ ich über andrer Sünden
Nicht Worte g’nug der Zunge finden!
Wie schien mir’s schwarz, und schwärzt’s noch gar,
Mir’s immer doch nicht schwarz g’nug war,
Und segnet’ mich und that so groß,
Und bin nun selbst der Sünde bloß!
Doch — alles was dazu mich trieb,
Gott! war so gut! ach war so lieb!
 

Zwinger

In der Mauerhöhle ein Andachtsbild der Mater dolorosa, Blumenkrüge davor.

Gretchen steckt frische Blumen in die Krüge.

 
Ach neige,
Du Schmerzenreiche,
Dein Antlitz gnädig meiner Noth!
 
 
Das Schwert im Herzen,
Mit tausend Schmerzen
Blickst auf zu deines Sohnes Tod.
 
 
Zum Vater blickst du,
Und Seufzer schickst du
Hinauf um sein’ und deine Noth.
 
 
Wer fühlet,
Wie wühlet
Der Schmerz mir im Gebein?
Was mein armes Herz hier banget,
Was es zittert, was verlanget,
Weißt nur du, nur du allein!
 
 
Wohin ich immer gehe,
Wie weh, wie weh, wie wehe
Wird mir im Busen hier!
Ich bin ach kaum alleine,
Ich wein’, ich wein’, ich weine,
Das Herz zerbricht in mir.
 
 
Die Scherben vor meinem Fenster
Bethaut’ ich mit Thränen, ach!
Als ich am frühen Morgen
Dir diese Blumen brach.
 
 
Schien hell in meine Kammer
Die Sonne früh herauf,
Saß ich in allem Jammer
In meinem Bett’ schon auf.
 
 
Hilf! rette mich von Schmach und Tod!
Ach neige,
Du Schmerzenreiche,
Dein Antlitz gnädig meiner Noth!
 

Nacht. Straße vor Gretchens Thüre

Valentin Soldat, Gretchens Bruder.

 
Wenn ich saß bey einem Gelag,
Wo mancher sich berühmen mag,
Und die Gesellen mir den Flor
Der Mägdlein laut gepriesen vor,
Mit vollem Glas das Lob verschwemmt,
Den Ellenbogen aufgestemmt;
Saß ich in meiner sichern Ruh
Hört’ all’ dem Schwadroniren zu.
Und streiche lächelnd meinen Bart,
Und kriege das volle Glas zur Hand
Und sage: alles nach seiner Art!
Aber ist eine im ganzen Land,
Die meiner trauten Gretel gleicht,
Die meiner Schwester das Wasser reicht?
Top! Top! Kling! Klang! das ging herum!
Die einen schrieen: er hat Recht,
Sie ist die Zier vom ganzen Geschlecht!
Da saßen alle die Lober stumm.
Und nun! — um’s Haar sich auszuraufen
Und an den Wänden hinauf zu laufen! —
Mit Stichelreden, Naserümpfen
Soll jeder Schurke mich beschimpfen!
Soll wie ein böser Schuldner sitzen,
Bey jedem Zufallswörtchen schwitzen!
Und möcht’ ich sie zusammenschmeißen;
Könnt’ ich sie doch nicht Lügner heißen.
 
 
Was kommt heran? Was schleicht herbey?
Irr’ ich nicht, es sind ihrer zwey.
Ist er’s, gleich pack’ ich ihn beym Felle,
Soll nicht lebendig von der Stelle!
 

Faust. Mephistopheles.

Faust.

 
Wie von dem Fenster dort der Sakristey
Aufwärts der Schein des ewigen Lämpchens flämmert
Und schwach und schwächer seitwärts dämmert,
Und Finsterniß drängt ringsum bey!
So sieht’s in meinem Busen nächtig.
 

Mephistopheles.

 
Und mir ist’s wie dem Kätzlein schmächtig,
Das an den Feuerleitern schleicht,
Sich leis’ dann um die Mauern streicht.
Mir ist’s ganz tugendlich dabey,
Ein Bißchen Diebsgelüst, ein Bißchen Rammeley.
So spukt mir schon durch alle Glieder
Die herrliche Walpurgisnacht.
Die kommt uns übermorgen wieder,
Da weiß man doch warum man wacht.
 

Faust.

 
Rückt wohl der Schatz indessen in die Höh’?
Den ich dorthinten flimmern seh’.
 

Mephistopheles.

 
Du kannst die Freude bald erleben,
Das Kesselchen herauszuheben.
Ich schielte neulich so hinein,
Sind herrliche Löwenthaler drein.
 

Faust.

 
Nicht ein Geschmeide? Nicht ein Ring?
Meine liebe Buhle damit zu zieren.
 

Mephistopheles.

 
Ich sah dabey wohl so ein Ding,
Als wie eine Art von Perlenschnüren.
 

Faust.

 
So ist es recht! Mir thut es weh,
Wenn ich ohne Geschenke zu ihr geh’.
 

Mephistopheles.

 
Es sollt’ euch eben nicht verdrießen
Umsonst auch etwas zu genießen.
Jetzt da der Himmel voller Sterne glüht,
Sollt ihr ein wahres Kunststück hören:
Ich sing’ ihr ein moralisch Lied,
Um sie gewisser zu bethören.
 

Singt zur Zither.

 
Was machst du mir
Vor Liebchens Thür
Cathrinchen hier
Bey frühem Tagesblicke?
Laß, laß es seyn!
Er läßt dich ein
Als Mädchen ein,
Als Mädchen nicht zurücke.
 
 
Nehmt euch in Acht!
Ist es vollbracht,
Dann gute Nacht
Ihr armen, armen Dinger!
Habt ihr euch lieb,
Thut keinem Dieb
Nur nichts zu Lieb’,
Als mit dem Ring am Finger.
 

Valentin tritt vor.

 
Wen lockst du hier? beym Element!
Vermaledeyter Rattenfänger!
Zum Teufel erst das Instrument!
Zum Teufel hinter drein den Sänger!
 

Mephistopheles.

 
Die Zither ist entzwey! an der ist nichts zu halten.
 

Valentin.

 
Nun soll es an ein Schedelspalten!
 

Mephistopheles zu Faust.

 
Herr Doctor nicht gewichen! Frisch!
Hart an mich an, wie ich euch führe.
Heraus mit eurem Flederwisch!
Nur zugestoßen! ich parire.
 

Valentin.

 
Parire den!
 

Mephistopheles.

 
Warum denn nicht?
 

Valentin.

 
Auch den!
 

Mephistopheles.

 
Gewiß!
 

Valentin.

 
Ich glaub’ der Teufel ficht!
Was ist denn das? Schon wird die Hand mir lahm.
 

Mephistopheles zu Faust.

 
Stoß zu!
 

Valentin fällt.

 
O weh!
 

Mephistopheles.

 
Nun ist der Lümmel zahm!
Nun aber fort! Wir müssen gleich verschwinden:
Denn schon entsteht ein mörderlich Geschrey.
Ich weiß mich trefflich mit der Polizey,
Doch mit dem Blutbann schlecht mich abzufinden.
 

Marthe am Fenster.

 
Heraus! Heraus!
 

Gretchen am Fenster.

 
Herbey ein Licht!
 

Marthe wie oben.

 
Man schilt und rauft, man schreit und ficht.
 

Volk.

 
Da liegt schon einer todt!
 

Marthe heraustretend.

 
Die Mörder sind sie denn entflohn?
 

Gretchen heraustretend.

 
Wer liegt hier?
 

Volk.

 
Deiner Mutter Sohn.
 

Gretchen.

 
Allmächtiger! welche Noth!
 

Valentin.

 
Ich sterbe! das ist bald gesagt
Und bälder noch gethan.
Was steht ihr Weiber, heult und klagt?
Kommt her und hört mich an!
 

Alle treten um ihn.

 
Mein Gretchen sieh! du bist noch jung,
Bist gar noch nicht gescheidt genung,
Machst deine Sachen schlecht.
Ich sag’ dir’s im Vertrauen nur:
Du bist doch nun einmal eine Hur’;
So sey’s auch eben recht.
 

Gretchen.

 
Mein Bruder! Gott! Was soll mir das?
 

Valentin.

 
Laßt unsern Herr Gott aus dem Spaß.
Geschehn ist leider nun geschehn,
Und wie es gehn kann, so wird’s gehn.
Du fingst mit Einem heimlich an,
Bald kommen ihrer mehre dran,
Und wenn dich erst ein Dutzend hat,
So hat dich auch die ganze Stadt.
 
 
Wenn erst die Schande wird geboren,
Wird sie heimlich zur Welt gebracht,
Und man zieht den Schleyer der Nacht
Ihr über Kopf und Ohren;
Ja, man möchte sie gern ermorden.
Wächst sie aber und macht sich groß,
Dann geht sie auch bey Tage bloß,
Und ist doch nicht schöner geworden.
Je häßlicher wird ihr Gesicht,
Je mehr sucht sie des Tageslicht.
 
 
Ich seh’ wahrhaftig schon die Zeit
Daß alle brave Bürgersleut’
Wie von einer angesteckten Leichen
Von dir, du Metze! seitab weichen.
Dir soll das Herz im Leib verzagen!
Wenn sie dir in die Augen sehn.
Sollst keine goldne Kette mehr tragen!
In der Kirche nicht mehr am Altar stehn
In einem schönen Spitzenkragen
Dich nicht beym Tanze wohlbehagen!
In eine finstre Jammerecken
Unter Bettler und Krüpel dich verstecken,
Und wenn dir denn auch Gott verzeiht,
Auf Erden seyn vermaledeyt!
 

Marthe.

 
Befehlt eure Seele Gott zu Gnaden!
Wollt ihr noch Lästrung auf euch laden?
 

Valentin.

 
Könnt’ ich dir nur an den dürren Leib
Du schändlich kupplerisches Weib!
Da hofft’ ich aller meiner Sünden
Vergebung reiche Maß zu finden.
 

Gretchen.

 
Mein Bruder! Welche Höllenpein!
 

Valentin.

 
Ich sage, laß die Thränen seyn!
Da du dich sprachst der Ehre los,
Gabst mir den schwersten Herzensstoß.
Ich gehe durch den Todesschlaf
Zu Gott ein als Soldat und brav.
 

stirbt.

Dom

Amt, Orgel und Gesang. Gretchen unter vielem Volke. Böser Geist hinter Gretchen.

Böser Geist.

 
Wie anders, Gretchen, war dir’s,
Als du noch voll Unschuld
Hier zum Altar trat’st,
Aus dem vergriffnen Büchelchen
Gebete lalltest,
Halb Kinderspiele,
Halb Gott im Herzen
Gretchen!
Wo steht dein Kopf?
In deinem Herzen,
Welche Missethat?
Bet’st du für deiner Mutter Seele? die
Durch dich zur langen, langen Pein hinüberschlief.
Auf deiner Schwelle wessen Blut?
— Und unter deinem Herzen
Regt sich’s nicht quillend schon,
Und ängstet dich und sich
Mit ahndungsvoller Gegenwart?
 

Gretchen.

 
Weh! Weh!
Wär’ ich der Gedanken los,
Die mir herüber und hinüber gehen
Wider mich!
 

Chor.

 
Dies irae, dies illa
Solvet saeclum in favilla.
 

Orgelton.

Böser Geist.

 
Grimm faßt dich!
Die Posaune tönt!
Die Gräber beben!
Und dein Herz,
Aus Aschenruh’
Zu Flammenqualen
Wieder aufgeschaffen,
Bebt auf!
 

Gretchen.

 
Wär’ ich hier weg!
Mir ist als ob die Orgel mir
Den Athem versetzte,
Gesang mein Herz
Im Tiefsten lös’te.
 

Chor.

 
Judex ergo cum sedebit,
Quidquid latet adparebit,
Nil inultum remanebit.
 

Gretchen.

 
Mir wird so eng’!
Die Mauern-Pfeiler
Befangen mich!
Das Gewölbe
Drängt mich! — Luft!
 

Böser Geist.

 
Verbirg’ dich! Sünd’ und Schande
Bleibt’ nicht verborgen.
Luft? Licht?
Weh dir!
 

Chor.

 
Quid sum miser tunc dicturus?
Quem patronum rogaturus?
Cum vix justus sit securus.
 

Böser Geist.

 
Ihr Antlitz wenden
Verklärte von dir ab.
Die Hände dir zu reichen,
Schauert’s den Reinen.
Weh!
 

Chor.

 
Quid sum miser tunc dicturus?
 

Gretchen.

 
Nachbarin! Euer Fläschchen! —
 

Sie fällt in Ohnmacht.

Walpurgisnacht.

Harzgebirg. Gegend von Schirke und Elend. Faust. Mephistopheles.

Mephistopheles.

 
Verlangst du nicht nach einem Besenstiele?
Ich wünschte mir den allerderbsten Bock.
Auf diesem Weg sind wir noch weit vom Ziele.
 

Faust.

 
So lang’ ich mich noch frisch auf meinen Beinen fühle,
Genügt mir dieser Knotenstock.
Was hilft’s daß man den Weg verkürzt! —
Im Labyrinth der Thäler hinzuschleichen,
Dann diesen Felsen zu ersteigen,
Von dem der Quell sich ewig sprudelnd stürzt,
Das ist die Lust, die solche Pfade würzt!
Der Frühling webt schon in den Birken
Und selbst die Fichte fühlt ihn schon,
Sollt’ er nicht auch auf unsre Glieder wirken?
 

Mephistopheles.

 
Fürwahr ich spüre nichts davon!
Mir ist es winterlich im Leibe,
Ich wünschte Schnee und Frost auf meiner Bahn.
Wie traurig steigt die unvollkommne Scheibe
Des rothen Monds mit später Gluth heran!
Und leuchtet schlecht, daß man bey jedem Schritte,
Vor einen Baum, vor einen Felsen rennt!
Erlaub’ daß ich ein Irrlicht bitte!
Dort seh’ ich eins, das eben lustig brennt.
He da! mein Freund! darf ich dich zu uns fodern?
Was willst du so vergebens lodern?
Sey doch so gut und leucht’ uns da hinauf!
 

Irrlicht.

 
Aus Ehrfurcht, hoff’ ich, soll es mir gelingen
Mein leichtes Naturell zu zwingen,
Nur Zickzack geht gewöhnlich unser Lauf.
 

Mephistopheles.

 
Ei! Ei! er denkt’s den Menschen nachzuahmen.
Geh er nur g’rad’, in’s Teufels Nahmen!
Sonst blas’ ich ihm sein Flacker-Leben aus.
 

Irrlicht.

 
Ich merke wohl, ihr seyd der Herr vom Haus,
Und will mich gern nach euch bequemen.
Allein bedenkt! der Berg ist heute zaubertoll,
Und wenn ein Irrlicht euch die Wege weisen soll,
So müßt ihr’s so genau nicht nehmen.
 

Faust, Mephistopheles, Irrlicht im Wechselgesang.

 
In die Traum- und Zaubersphäre
Sind wir, scheint es, eingegangen.
Führ’ uns gut und mach’ dir Ehre!
Daß wir vorwärts bald gelangen,
In den weiten, öden Räumen.
 
 
Seh’ die Bäume hinter Bäumen,
Wie sie schnell vorüber rücken,
Und die Klippen, die sich bücken,
Und die langen Felsennasen,
Wie sie schnarchen, wie sie blasen!
 
 
Durch die Steine, durch den Rasen
Eilet Bach und Bächlein nieder.
Hör’ ich Rauschen? hör’ ich Lieder?
Hör’ ich holde Liebesklage,
Stimmen jener Himmelstage?
Was wir hoffen, was wir lieben!
Und das Echo, wie die Sage
Alter Zeiten, hallet wieder.
 
 
Uhu! Schuhu! tönt es näher,
Kauz und Kibitz und der Häher,
Sind sie alle wach geblieben?
Sind das Molche durchs Gesträuche?
Lange Beine, dicke Bäuche.
Und die Wurzeln, wie die Schlangen,
Winden sich aus Fels und Sande;
Strecken wunderliche Bande,
Uns zu schrecken, uns zu fangen;
Aus belebten, derben Masern
Stecken sie Polypenfasern
Nach dem Wandrer. Und die Mäuse
Tausendfärbig, schaarenweise,
Durch das Moos und durch die Heide!
Und die Funkenwürmer fliegen,
Mit gedrängten Schwärme-Zügen,
Zum verwirrenden Geleite.
 
 
Aber sag’ mir ob wir stehen?
Oder ob wir weiter gehen?
Alles alles scheint zu drehen,
Fels und Bäume, die Gesichter
Schneiden, und die irren Lichter,
Die sich mehren, die sich blähen.
 

Mephistopheles.

 
Fasse wacker meinen Zipfel!
Hier ist so ein Mittelgipfel,
Wo man mit Erstaunen sieht,
Wie im Berg der Mammon glüht.
 

Faust.

 
Wie seltsam glimmert durch die Gründe
Ein morgenröthlich trüber Schein!
Und selbst bis in die tiefen Schlünde
Des Abgrunds wittert er hinein.
Da steigt ein Dampf, dort ziehen Schwaden,
Hier leuchtet Glut aus Dunst und Flor,
Dann schleicht sie wie ein zarter Faden,
Dann bricht sie wie ein Quell hervor.
Hier schlingt sie eine ganze Strecke,
Mit hundert Adern, sich durchs Thal,
Und hier in der gedrängten Ecke
Vereinzelt sie sich auf einmal.
Da sprühen Funken in der Nähe,
Wie ausgestreuter goldner Sand.
Doch schau! in ihrer ganzen Höhe
Entzündet sich die Felsenwand.
 

Mephistopheles.

 
Erleuchtet nicht zu diesem Feste
Herr Mammon prächtig den Pallast?
Ein Glück daß du’s gesehen hast;
Ich spüre schon die ungestümen Gäste.
 

Faust.

 
Wie ras’t die Windsbraut durch die Luft!
Mit welchen Schlägen trifft sie meinen Nacken!
 

Mephistopheles.

 
Du mußt des Felsens alte Rippen packen,
Sonst stürzt sie dich hinab in dieser Schlünde Gruft.
Ein Nebel verdichtet die Nacht.
Höre wie’s durch die Wälder kracht!
Aufgescheucht fliegen die Eulen.
Hör’ es splittern die Säulen
Ewig grüner Palläste.
Girren und Brechen der Aeste
Der Stämme mächtiges Dröhnen!
Der Wurzeln Knarren und Gähnen!
Im fürchterlich verworrenen Falle
Ueber einander krachen sie alle,
Und durch die übertrümmerten Klüfte
Zischen und heulen die Lüfte.
Hörst du Stimmen in der Höhe?
In der Ferne in der Nähe?
Ja, den ganzen Berg entlang
Strömt ein wüthender Zaubergesang.
 

Hexen im Chor.

 
Die Hexen zu dem Brocken ziehn,
Die Stoppel ist gelb, die Saat ist grün.
Dort sammelt sich der große Hauf,
Herr Urian sitzt oben auf.
So geht es über Stein und Stock
Es f—t die Hexe, es st—t der Bock.
 

Stimme.

 
Die alte Baubo kommt allein,
Sie reitet auf einem Mutterschwein.
 

Chor.

 
So Ehre dem, wem Ehre gebürt!
Frau Baubo vor! und angeführt!
Ein tüchtig Schwein und Mutter drauf,
Da folgt der ganze Hexenhauf.
 

Stimme.

 
Welchen Weg kommst du her?
 

Stimme.

 
Ueber’n Ilsenstein!
Da guckt’ ich der Eule ins Nest hinein.
Die macht ein Paar Augen!
 

Stimme.

 
O fahre zur Hölle!
Was reit’st du so schnelle!
 

Stimme.

 
Mich hat sie geschunden,
Da sieh nur die Wunden!
 

Hexen Chor.

 
Der Weg ist breit, der Weg ist lang,
Was ist das für ein toller Drang?
Die Gabel sticht, der Besen kratzt,
Das Kind erstickt, die Mutter platzt.
 

Hexenmeister. Halbes Chor.

 
Wir schleichen wie die Schneck’ im Haus,
Die Weiber alle sind voraus.
Denn, geht es zu des Bösen Haus,
Das Weib hat tausend Schritt voraus.
 

Andre Hälfte.

 
Wir nehmen das nicht so genau,
Mit tausend Schritten macht’s die Frau;
Doch, wie sie auch sich eilen kann,
Mit Einem Sprunge macht’s der Mann.
 

Stimme oben.

 
Kommt mit, kommt mit, vom Felsensee!
 

Stimmen von unten.

 
Wir möchten gerne mit in die Höh’.
Wir waschen und blank sind wir ganz und gar;
Aber auch ewig unfruchtbar.
 

Beyde Chöre.

 
Es schweigt der Wind, es flieht der Stern,
Der trübe Mond verbirgt sich gern.
Im Sausen sprüht das Zauberchor
Viel tausend Feuerfunken hervor.
 

Stimme von unten.

 
Halte! Halte!
 

Stimme von oben.

 
Wer ruft da aus der Felsenspalte?
 

Stimme unten.

 
Nehmt mich mit! Nehmt mich mit!
Ich steige schon dreyhundert Jahr,
Und kann den Gipfel nicht erreichen.
Ich wäre gern bey meines gleichen.
 

Beyde Chöre.

 
Es trägt der Besen, trägt der Stock,
Die Gabel trägt, es trägt der Bock,
Wer heute sich nicht heben kann,
Ist ewig ein verlorner Mann.
 

Halbhexe unten.

 
Ich tripple nach, so lange Zeit,
Wie sind die andern schon so weit!
Ich hab’ zu Hause keine Ruh,
Und komme hier doch nicht dazu.
 

Chor der Hexen.

 
Die Salbe giebt den Hexen Muth,
Ein Lumpen ist zum Segel gut,
Ein gutes Schiff ist jeder Trog,
Der flieget nie, der heut nicht flog.
 

Beyde Chöre.

 
Und wenn wir um den Gipfel ziehn,
So streichet an dem Boden hin,
Und deckt die Heide weit und breit
Mit eurem Schwarm der Hexenheit.
 

Sie lassen sich nieder.

Mephistopheles.

 
Das drängt und stößt, das ruscht und klappert!
Das zischt und quirlt, das zieht und plappert!
Das leuchtet, sprüht und stinkt und brennt!
Ein wahres Hexenelement!
Nur fest an mir! sonst sind wir gleich getrennt.
Wo bist du?
 

Faust in der Ferne.

 
Hier!
 

Mephistopheles.

 
Was! dort schon hingerissen?
Da werd’ ich Hausrecht brauchen müssen.
Platz! Junker Voland kommt. Platz! süßer Pöbel, Platz!
Hier, Doctor, fasse mich! und nun, in Einem Satz,
Laß uns aus dem Gedräng’ entweichen;
Es ist zu toll, sogar für meines gleichen.
Dort neben leuchtet was mit ganz besond’rem Schein,
Es zieht mich was nach jenen Sträuchen.
Komm, komm! wir schlupfen da hinein.
 

Faust.

 
Du Geist des Widerspruchs! Nur zu! du magst mich führen.
Ich denke doch das war recht klug gemacht.
Zum Brocken wandlen wir in der Walpurgisnacht,
Um uns beliebig nun hieselbst zu isoliren.
 

Mephistopheles.

 
Da sieh nur welche bunten Flammen!
Es ist ein muntrer Klub beysammen.
Im Kleinen ist man nicht allein.
 

Faust.

 
Doch droben möcht’ ich lieber seyn!
Schon seh’ ich Glut und Wirbelrauch.
Dort strömt die Menge zu dem Bösen;
Da muß sich manches Räthsel lösen.
 

Mephistopheles.

 
Doch manches Räthsel knüpft sich auch.
Laß du die große Welt nur sausen,
Wir wollen hier im Stillen hausen.
Es ist doch lange hergebracht,
Daß in der großen Welt man kleine Welten macht.
Da seh’ ich junge Hexchen nackt und blos,
Und alte die sich klug verhüllen.
Seyd freundlich, nur um meinetwillen,
Die Müh’ ist klein, der Spaß ist groß.
Ich höre was von Instrumenten tönen!
Verflucht Geschnarr! Man muß sich dran gewöhnen.
Komm mit! Komm mit! Es kann nicht anders seyn,
Ich tret’ heran und führe dich herein,
Und ich verbinde dich aufs neue.
Was sagst du Freund? das ist kein kleiner Raum.
Da sieh nur hin! du siehst das Ende kaum.
Ein Hundert Feuer brennen in der Reihe;
Man tanzt, man schwazt, man kocht, man trinkt, man liebt;
Nun sage mir, wo es was bessers giebt?
 

Faust.

Yaş sınırı:
12+
Litres'teki yayın tarihi:
30 ağustos 2016
Hacim:
130 s. 1 illüstrasyon
Telif hakkı:
Public Domain

Bu kitabı okuyanlar şunları da okudu