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Kitabı oku: «Wilhelm Meisters Wanderjahre — Band 3», sayfa 11

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Bei dem Studieren der Wissenschaften, besonders derer, welche die Natur behandeln, ist die Untersuchung so nötig als schwer: ob das, was uns von alters her überliefert und von unsern Vorfahren für gültig geachtet worden, auch wirklich gegründet und zuverlässig sei, in dem Grade, daß man darauf fernerhin sicher fortbauen möge? oder ob ein herkömmliches Bekenntnis nur stationär geworden und deshalb mehr einen Stillstand als einen Fortschritt veranlasse? Ein Kennzeichen fördert diese Untersuchung, wenn nämlich das Angenommene lebendig und in das tätige Bestreben einwirkend und fördernd gewesen und geblieben.

Im Gegensatze steht die Prüfung des Neuen, wo man zu fragen hat: ob das Angenommene wirklicher Gewinn oder nur modische übereinstimmung sei? denn eine Meinung, von energischen Männern ausgehend, verbreitet sich kontagios über die Menge, und dann heißt sie herrschend — eine Anmaßung, die für den treuen Forscher gar keinen Sinn ausspricht. Staat und Kirche mögen allenfalls Ursache finden, sich für herrschend zu erklären: denn die haben es mit der widerspenstigen Masse zu tun, und wenn nur Ordnung gehalten wird, so ist es ganz einerlei, durch welche Mittel; aber in den Wissenschaften ist die absoluteste Freiheit nötig: denn da wirkt man nicht für heut und morgen, sondern für eine undenklich vorschreitende Zeitenreihe.

Gewinnt aber auch in der Wissenschaft das Falsche die Oberhand, so wird doch immer eine Minorität für das Wahre übrigbleiben, und wenn sie sich in einen einzigen Geist zurückzöge, so hätte das nichts zu sagen. Er wird im stillen, im verborgenen fortwaltend wirken, und eine Zeit wird kommen, wo man nach ihm und seinen überzeugungen fragt, oder wo diese sich, bei verbreitetem allgemeinem Licht, auch wieder hervorwagen dürfen.

Was jedoch weniger allgemein, obgleich unbegreiflich und wunderseltsam, zur Sprache kam, war die gelegentliche Eröffnung Montans, daß ihm bei seinen gebirgischen und bergmännischen Untersuchungen eine Person zur Seite gehe, welche ganz wundersame Eigenschaften und einen ganz eigenen Bezug auf alles habe, was man Gestein, Mineral, ja sogar was man überhaupt Element nennen könne. Sie fühle nicht bloß eine gewisse Einwirkung der unterirdisch fließenden Wasser, metallischer Lager und Gänge, sowie der Steinkohlen und was dergleichen in Massen beisammen sein möchte, sondern, was wunderbarer sei, sie befinde sich anders und wieder anders, sobald sie nur den Boden wechsele. Die verschiedenen Gebirgsarten übten auf sie einen besondern Einfluß, worüber er sich mit ihr, seitdem er eine zwar wunderliche, aber doch auslangende Sprache einzuleiten gewußt, recht gut verständigen und sie im einzelnen prüfen könne, da sie denn auf eine merkwürdige Weise die Probe bestehe, indem sie sowohl chemische als physische Elemente durchs Gefühl gar wohl zu unterscheiden wisse, ja sogar schon durch den Anblick das Schwerere von dem Leichtern unterscheide. Diese Person, über deren Geschlecht er sich nicht näher erklären wollte, habe er mit den abreisenden Freunden vorausgeschickt und hoffe zu seinen Zwecken in den ununtersuchten Gegenden sehr viel von ihr.

Dieses Vertrauen Montans eröffnete das strenge Herz des Astronomen, welcher sodann mit Makariens Vergünstigung auch ihm das Verhältnis derselben zum Weltsystem offenbarte. Durch nachherige Mitteilungen des Astronomen sind wir in dem Fall, wo nicht Genugsames, doch das Hauptsächliche ihrer Unterhaltung über so wichtige Punkte mitzuteilen.

Bewundern wir indessen die ähnlichkeit der hier eintretenden Fälle bei der größten Verschiedenheit. Der eine Freund, um nicht ein Timon zu werden, hatte sich in die tiefsten Klüfte der Erde versenkt, und auch dort ward er gewahr, daß in der Menschennatur etwas Analoges zum Starrsten und Rohsten vorhanden sei; dem andern gab von der Gegenseite der Geist Makariens ein Beispiel, daß, wie dort das Verbleiben, hier das Entfernen wohlbegabten Naturen eigen sei, daß man weder nötig habe, bis zum Mittelpunkt der Erde zu dringen, noch sich über die Grenzen unsres Sonnensystems hinaus zu entfernen, sondern schon genüglich beschäftigt und vorzüglich auf Tat aufmerksam gemacht und zu ihr berufen werde. An und in dem Boden findet man für die höchsten irdischen Bedürfnisse das Material, eine Welt des Stoffes, den höchsten Fähigkeiten des Menschen zur Bearbeitung übergeben; aber auf jenem geistigen Wege werden immer Teilnahme, Liebe, geregelte freie Wirksamkeit gefunden. Diese beiden Welten gegeneinander zu bewegen, ihre beiderseitigen Eigenschaften in der vorübergehenden Lebenserscheinung zu manifestieren, das ist die höchste Gestalt, wozu sich der Mensch auszubilden hat.

Hierauf schlossen beide Freunde einen Bund und nahmen sich vor, ihre Erfahrungen allenfalls auch nicht zu verheimlichen, weil derjenige, der sie als einem Roman wohl ziemende Märchen belächeln könnte, sie doch immer als ein Gleichnis des Wünschenswertesten betrachten dürfte.

Der Abschied Montans und seiner Frauenzimmer folgte bald hierauf, und wenn man ihn mit Lydien wohl noch gern gehalten hätte, so war doch die allzu unruhige Philine mehreren an Ruhe und Sitte gewohnten Frauenzimmern, besonders aber der edlen Angela beschwerlich, wozu sich noch besondere Umstände hinzufügten, welche die Unbehaglichkeit vermehrten.

Schon oben hatten wir zu bemerken, daß Angela nicht wie sonst die Pflicht des Aufmerkens und Aufzeichnens erfüllte, sondern anderwärts beschäftigt schien. Um diese Anomalie an einer der Ordnung dergestalt ergebenen und in den reinsten Kreisen sich bewegenden Person zu erklären, sind wir genötigt, einen neuen Mitspieler in dieses vielumfassende Drama noch zuletzt einzufahren.

Unser alter, geprüfter Handelsfreund Werner mußte sich bei zunehmenden, ja gleichsam ins Unendliche sich vermehrenden Geschäften nach frischen Gehülfen umsehen, welche er nicht ohne vorläufige besondere Prüfung näher an sich anschloß. Einen solchen sendet er nun an Makarien, um wegen Auszahlung der bedeutenden Summen zu unterhandeln, welche diese Dame aus ihrem großen Vermögen dem neuen Unternehmen, besonders in Rücksicht auf Lenardo, ihren Liebling, zuzuwenden beschloß und erklärte. Gedachter junger Mann, nunmehr Werners Gehülfe und Geselle, ein frischer, natürlicher Jüngling und eine Wundererscheinung, empfiehlt sich durch ein eignes Talent, durch eine grenzenlose Fertigkeit im Kopfrechnen, wie überall, so besonders bei den Unternehmern, wie sie jetzt zusammenwirken, da sie sich durchaus mit Zahlen im mannigfaltigsten Sinne einer Gesellschaftsrechnung beschäftigen und ausgleichen müssen. Sogar in der täglichen Sozietät, wo beim Hin — und Widerreden über weltliche Dinge von Zahlen, Summen und Ausgleichungen die Rede ist, muß ein solcher höchst willkommen mit einwirken. überdem spielte er den Flügel höchst anmutig, wo ihm der Kalkül und ein liebenswürdiges Naturell verbunden und vereint äußerst wünschenswert zu Hülfe kommt. Die Töne fließen ihm leicht und harmonisch zusammen, manchmal aber deutet er an, daß er auch wohl in tiefem Regionen zu Hause wäre, und so wird er höchst anziehend, wenn er gleich wenig Worte macht und kaum irgend etwas Gefühltes aus seinen Gesprächen durchblickt. Auf alle Fälle ist er jünger als seine Jahre, man möchte beinahe etwas Kindliches an ihm finden. Wie es übrigens auch mit ihm sei, er hat Angelas Gunst gewonnen, sie die seinige, zu Makariens größter Zufriedenheit: denn sie hatte längst gewünscht, das edle Mädchen verheiratet zu sehen.

Diese jedoch, immer bedenkend und fühlend, wie schwer ihre Stelle zu besetzen sein werde, hatte wohl schon irgendein liebevolles Anerbieten abgelehnt, vielleicht sogar einer stillen Neigung Gewalt angetan; seitdem aber eine Nachfolgerin denkbar, ja gewissermaßen schon bestimmt worden, scheint sie, von einem wohlgefälligen Eindruck überrascht, ihm bis zur Leidenschaft nachgegeben zu haben.

Wir aber kommen nunmehr in den Fall, das Wichtigste zu eröffnen, indem ja alles, worüber seit so mancher Zeit die Rede gewesen, sich nach und nach gebildet, aufgelöst und wieder gestaltet hatte.

Entschieden ist also auch nunmehr, daß die Schöne-Gute, sonst das nußbraune Mädchen genannt, sich Makarien zur Seite füge. Der im allgemeinen vorgelegte, auch von Lenardo schon gebilligte Plan ist seiner Ausführung ganz nah; alle Teilnehmenden sind einig; die Schöne-Gute übergibt dem Gehülfen ihr ganzes Besitztum. Er heiratet die zweite Tochter jener arbeitsamen Familie und wird Schwager des Schirrfassers. Hiedurch wird die vollkommene Einrichtung einer neuen Fabrikation durch Lokal und Zusammenwirkung möglich, und die Bewohner des arbeitslustigen Tales werden auf eine andere, lebhaftere Weise beschäftigt.

Dadurch wird die Liebenswürdige frei, sie tritt bei Makarien an die Stelle von Angela, welche mit jenem jungen Manne schon verlobt ist.

Hiemit wäre alles für den Augenblick berichtet; was nicht entschieden werden kann, bleibt im Schweben.

Nun aber verlangt die Schöne-Gute, daß Wilhelm sie abhole; gewisse Umstände sind noch zu berichtigen, und sie legt bloß einen großen Wert darauf, daß er das, was er doch eigentlich angefangen, auch vollende. Er entdeckte sie zuerst, und ein wundersam Geschick trieb Lenardo auf seine Spur; und nun soll er, so wünscht sie, ihr den Abschied von dort erleichtern und so die Freude, die Beruhigung empfinden, einen Teil der verschränkten Schicksalsfäden selbst wieder aufgefaßt und angeknüpft zu haben.

Nun aber müssen wir, um das Geistliche, das Gemütliche zu einer Art von Vollständigkeit zu bringen, auch ein Geheimeres offenbaren, und zwar folgendes: Lenardo hatte über eine nähere Verbindung mit der Schönen-Guten niemals das mindeste geäußert; im Laufe der Unterhandlungen aber, bei dem vielen Hin — und Widersenden war denn doch auf eine zarte Weise an ihr geforscht worden, wie sie dies Verhältnis ansehe und was sie, wenn es zur Sprache käme, allenfalls zu tun geneigt wäre. Aus ihrem Erwidern konnte man sich so viel zusammensetzen: sie fühle sich nicht wert, einer solchen Neigung wie der ihres edlen Freundes durch Hingebung ihres geteilten Selbst zu antworten. Ein Wohlwollen der Art verdiene die ganze Seele, das ganze Vermögen eines weiblichen Wesens; dies aber könne sie nicht anbieten. Das Andenken ihres Bräutigams, ihres Gatten und der wechselseitigen Einigung beider sei noch so lebhaft in ihr, nehme noch ihr ganzes Wesen dergestalt völlig ein, daß für Liebe und Leidenschaft kein Raum gedenkbar, auch ihr nur das reinste Wohlwollen und in diesem Falle die vollkommenste Dankbarkeit übrig bleibe. Man beruhigte sich hiebei, und da Lenardo die Angelegenheit nicht berührt hatte, war es auch nicht nötig, hierüber Auskunft und Antwort zu geben.

Einige allgemeine Betrachtungen werden hoffentlich hier am rechten Orte stehen. Das Verhältnis sämtlicher vorübergehenden Personen zu Makarien war vertraulich und ehrfurchtsvoll, alle fühlten die Gegenwart eines höheren Wesens, und doch blieb in solcher Gegenwart einem jeden die Freiheit, ganz in seiner eigenen Natur zu erscheinen. Jeder zeigt sich, wie er ist, mehr als je vor Eltern und Freunden, mit einer gewissen Zuversicht, denn er war gelockt und veranlaßt, nur das Gute, das Beste, was an ihm war, an den Tag zu geben, daher beinah eine allgemeine Zufriedenheit entstand.

Verschweigen aber können wir nicht, daß durch diese gewissermaßen zerstreuenden Zustände Makarie mit der Lage Lenardos beschäftigt blieb; sie äußerte sich auch darüber gegen ihre Nächsten, gegen Angela und den Astronomen. Lenardos Inneres glaubten sie deutlich vor sich zu sehen, er ist für den Augenblick beruhigt, der Gegenstand seiner Sorge wird höchst glücklich gesichert; Makarie hatte für die Zukunft auf jeden Fall gesorgt. Nun hatte er das große Geschäft mutig anzutreten und zu beginnen, das übrige dem Folgegang und Schicksal zu überlassen. Dabei konnte man vermuten, daß er in jenen Unternehmungen hauptsächlich gestärkt sei durch den Gedanken, sie dereinst, wenn er Fuß gefaßt, hinüber zu berufen, wo nicht gar selbst abzuholen.

Allgemeiner Bemerkungen konnte man hiebei sich nicht enthalten. Man beachtete näher den seltenen Fall, der sich hier hervortat: Leidenschaft aus Gewissen. Man gedachte zugleich anderer Beispiele einer wundersamen Umbildung einmal gefaßter Eindrücke, der geheimnisvollen Entwickelung angeborner Neigung und Sehnsucht. Man bedauerte, daß in solchen Fällen wenig zu raten sei, würde es aber höchst rätlich finden, sich möglichst klar zu halten und diesem oder jenem Hang nicht unbedingt nachzugeben.

Zu diesem Punkte aber gelangt, können wir der Versuchung nicht widerstehen, ein Blatt aus unsern Archiven mitzuteilen, welches Makarien betrifft und die besondere Eigenschaft, die ihrem Geiste erteilt ward. Leider ist dieser Aufsatz erst lange Zeit, nachdem der Inhalt mitgeteilt worden, aus dem Gedächtnis geschrieben und nicht, wie es in einem so merkwürdigen Fall wünschenswert wäre, für ganz authentisch anzusehen. Dem sei aber, wie ihm wolle, so wird hier schon so viel mitgeteilt, um Nachdenken zu erregen und Aufmerksamkeit zu empfehlen, ob nicht irgendwo schon etwas ähnliches oder sich Annäherndes bemerkt und verzeichnet worden.

Fünfzehntes Kapitel

Makarie befindet sich zu unserm Sonnensystem in einem Verhältnis, welches man auszusprechen kaum wagen darf. Im Geiste, der Seele, der Einbildungskraft hegt sie, schaut sie es nicht nur, sondern sie macht gleichsam einen Teil desselben; sie sieht sich in jenen himmlischen Kreisen mit fortgezogen, aber auf eine ganz eigene Art; sie wandelt seit ihrer Kindheit um die Sonne, und zwar, wie nun entdeckt ist, in einer Spirale, sich immer mehr vom Mittelpunkt entfernend und nach den äußeren Regionen hinkreisend.

Wenn man annehmen darf, daß die Wesen, insofern sie körperlich sind, nach dem Zentrum, insofern sie geistig sind, nach der Peripherie streben, so gehört unsere Freundin zu den geistigsten; sie scheint nur geboren, um sich von dem Irdischen zu entbinden, um die nächsten und fernsten Räume des Daseins zu durchdringen. Diese Eigenschaft, so herrlich sie ist, ward ihr doch seit den frühsten Jahren als eine schwere Aufgabe verliehen. Sie erinnert sich von klein auf ihr inneres Selbst als von leuchtendem Wesen durchdrungen, von einem Licht erhellt, welchem sogar das hellste Sonnenlicht nichts anhaben konnte. Oft sah sie zwei Sonnen, eine innere nämlich und eine außen am Himmel, zwei Monde, wovon der äußere in seiner Größe bei allen Phasen sich gleich blieb, der innere sich immer mehr und mehr verminderte.

Diese Gabe zog ihren Anteil ab von gewöhnlichen Dingen, aber ihre trefflichen Eltern wendeten alles auf ihre Bildung; alle Fähigkeiten wurden an ihr lebendig, alle Tätigkeiten wirksam, dergestalt daß sie allen äußeren Verhältnissen zu genügen wußte und, indem ihr Herz, ihr Geist ganz von überirdischen Gesichten erfüllt war, doch ihr Tun und Handeln immerfort dem edelsten Sittlichen gemäß blieb. Wie sie heranwuchs, überall hilfreich, unaufhaltsam in großen und kleinen Diensten, wandelte sie wie ein Engel Gottes auf Erden, indem ihr geistiges Ganze sich zwar um die Weltsonne, aber nach dem überweltlichen in stetig zunehmenden Kreisen bewegte.

Die überfülle dieses Zustandes ward einigermaßen dadurch gemildert, daß es auch in ihr zu tagen und zu nachten schien, da sie denn, bei gedämpftem innerem Licht, äußere Pflichten auf das treuste zu erfüllen strebte, bei frisch aufleuchtendem Innerem sich der seligsten Ruhe hingab. Ja sie will bemerkt haben, daß eine Art von Wolken sie von Zeit zu Zeit umschwebten und ihr den Anblick der himmlischen Genossen auf eine Zeitlang umdämmerten, eine Epoche, die sie stets zu Wohl und Freude ihrer Umgebungen zu benutzen wußte.

Solange sie die Anschauungen geheimhielt, gehörte viel dazu, sie zu ertragen; was sie davon offenbarte, wurde nicht anerkannt oder mißdeutet, sie ließ es daher in ihrem langen Leben nach außen als Krankheit gelten, und so spricht man in der Familie noch immer davon; zuletzt aber hat ihr das gute Glück den Mann zugeführt, den ihr bei uns seht, als Arzt, Mathematiker und Astronom gleich schätzbar, durchaus ein edler Mensch, der sich jedoch erst eigentlich aus Neugierde zu ihr heranfand. Als sie aber Vertrauen gegen ihn gewann, ihm nach und nach ihre Zustände beschrieben, das Gegenwärtige ans Vergangene angeschlossen und in die Ereignisse einen Zusammenhang gebracht hatte, ward er so von der Erscheinung eingenommen, daß er sich nicht mehr von ihr trennen konnte, sondern Tag für Tag stets tiefer in das Geheimnis einzudringen trachtete.

Im Anfange, wie er nicht undeutlich zu verstehen gab, hielt er es für Täuschung; denn sie leugnete nicht, daß von der ersten Jugend an sie sich um die Stern — und Himmelskunde fleißig bekümmert habe, daß sie darin wohl unterrichtet worden und keine Gelegenheit versäumt, sich durch Maschinen und Bücher den Weltbau immer mehr zu versinnlichen. Deshalb er sich denn nicht ausreden ließ, es sei angelernt. Die Wirkung einer in hohem Grad geregelten Einbildungskraft, der Einfluß des Gedächtnisses sei zu vermuten, eine Mitwirkung der Urteilskraft, besonders aber eines versteckten Kalküls.

Er ist ein Mathematiker und also hartnäckig, ein heller Geist und also ungläubig; er wehrte sich lange, bemerkte jedoch, was sie angab, genau, suchte der Folge verschiedener Jahre beizukommen, wunderte sich besonders über die neusten, mit dem gegenseitigem Stande der Himmelslichter übereintreffenden Angaben und rief endlich aus: "Nun warum sollte Gott und die Natur nicht auch eine lebendige Armillarsphäre, ein geistiges Räderwerk erschaffen und einrichten, daß es, wie ja die Uhren uns täglich und stündlich leisten, dem Gang der Gestirne von selbst auf eigne Weise zu folgen imstande wäre?"

Hier aber wagten wir nicht, weiter zu gehen; denn das Unglaubliche verliert seinen Wert, wenn man es näher im einzelnen beschauen will. Doch sagen wir so viel: Dasjenige, was zur Grundlage der anzustellenden Berechnungen diente, war folgendes: Ihr, der Seherin, erschien unsere Sonne in der Vision um vieles kleiner, als sie solche bei Tage erblickte, auch gab eine ungewöhnliche Stellung dieses höheren Himmelslichtes im Tierkreise Anlaß zu Folgerungen.

Dagegen entstanden Zweifel und Irrungen, weil die Schauende ein und das andere Gestirn andeutete als gleichfalls in dem Zodiak erscheinend, von dem man aber am Himmel nichts gewahr werden konnte. Es mochten die damals noch unentdeckten kleinen Planeten sein. Denn aus andern Angaben ließ sich schließen, daß sie, längst über die Bahn des Mars hinaus, der Bahn des Jupiter sich nähere. Offenbar hatte sie eine Zeitlang diesen Planeten, es wäre schwer zu sagen in welcher Entfernung, mit Staunen in seiner ungeheuren Herrlichkeit betrachtet und das Spiel seiner Monde um ihn her geschaut; hernach aber ihn auf die wunderseltsamste Weise als abnehmenden Mond gesehen, und zwar umgewendet, wie uns der wachsende Mond erscheint. Daraus wurde geschlossen, daß sie ihn von der Seite sehe und wirklich im Begriff sei, über dessen Bahn hinauszuschreiten und in dem unendlichen Raum dem Saturn entgegenzustreben. Dorthin folgt ihr keine Einbildungskraft, aber wir hoffen, daß eine solche Entelechie sich nicht ganz aus unserm Sonnensystem entfernen, sondern, wenn sie an die Grenze desselben gelangt ist, sich wieder zurücksehnen werde, um zugunsten unsrer Urenkel in das irdische Leben und Wohltun wieder einzuwirken.

Indem wir nun diese ätherische Dichtung, Verzeihung hoffend, hiemit beschließen, wenden wir uns wieder zu jenem terrestrischen Märchen, wovon wir oben eine vorübergehende Andeutung gegeben.

Montan hatte mit dem größten Anschein von Ehrlichkeit angegeben: jene wunderbare Person, welche mit ihren Gefühlen den Unterschied der irdischen Stoffe so wohl zu bezeichnen wisse, sei schon mit den ersten Wanderern in die weite Ferne gezogen, welches jedoch dem aufmerksamen Menschenkenner durchaus hätte sollen unwahrscheinlich dünken. Denn wie wollte Montan und seinesgleichen eine so bereite Wünschelrute von der Seite gelassen haben? Auch ward kurz nach seiner Abreise durch Hin — und Widerreden und sonderbare Erzählungen der unteren Hausbedienten hierüber ein Verdacht allmählich rege. Philine nämlich und Lydie hatten eine Dritte mitgebracht, unter dem Vorwand, es sei eine Dienerin, wozu sie sich aber gar nicht zu schicken schien; wie sie denn auch beim An — und Auskleiden der Herrinnen niemals gefordert wurde. Ihre einfache Tracht kleidete den derben, wohlgebauten Körper gar schicklich, deutete aber, so wie die ganze Person, auf etwas Ländliches. Ihr Betragen, ohne roh zu sein, zeigte keine gesellige Bildung, wovon die Kammermädchen immer die Karikatur darzustellen pflegen. Auch fand sie gar bald unter der Dienerschaft ihren Platz; sie gesellte sich zu den Garten — und Feldgenossen, ergriff den Spaten und arbeitete für zwei bis drei. Nahm sie den Rechen, so flog er auf das geschickteste über das aufgewühlte Erdreich, und die weiteste Fläche glich einem wohlgeebneten Beete. übrigens hielt sie sich still und gewann gar bald die allgemeine Gunst. Sie erzählten sich von ihr: man habe sie oft das Werkzeug niederlegen und querfeldein über Stock und Steine springen sehen, auf eine versteckte Quelle zu, wo sie ihren Durst gelöscht. Diesen Gebrauch habe sie täglich wiederholt, indem sie von irgendeinem Punkte aus, wo sie gestanden, immer ein oder das andere rein ausfließende Wasser zu finden gewußt, wenn sie dessen bedurfte.

Und so war denn doch für Montans Angeben ein Zeugnis zurückgeblieben, der wahrscheinlich, um lästige Versuche und unzulängliches Probieren zu vermeiden, die Gegenwart einer so merkwürdigen Person vor seinen edlen Wirten, welche sonst wohl ein solches Zutrauen verdient hätten, zu verheimlichen beschloß. Wir aber wollten, was uns bekannt geworden, auch unvollständig wie es vorliegt, mitgeteilt haben, um forschende Männer auf ähnliche Fälle, die sich vielleicht öfter, als man glaubt, durch irgendeine Andeutung hervortun, freundlich aufmerksam zu machen.

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Litres'teki yayın tarihi:
28 eylül 2017
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