Kitabı oku: «Joseph», sayfa 3

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Wir können hier die prinzipielle Frage stellen: Was erzählt uns diese Geschichte von Jakobs Ansichten über Frauen und die Ehe? Uns wird nur gesagt: „Rahel aber war schön von Gestalt und schön von Aussehen“ (1Mo 29,17), eine Beschreibung, die auch für Joseph im Zusammenhang mit der versuchten Verführung durch Potiphars Frau verwendet wird (1Mo 39,6). Rahels Schönheit muss solch einen Eindruck auf Jakob hinterlassen haben, dass er sofort entzückt ist, als er sie trifft.

Die körperliche Anziehungskraft folgt dem Auge, und die Geschichte im ersten Buch Mose interessiert sich sehr für dieses Organ. Von Rahels älterer Schwester Lea heißt es nur, ihre Augen waren „matt“ (29,17). Dieser Mangel an Details lässt uns Rahels Schönheit mit Leas Augen vergleichen. Manche denken, dass Lea wirklich schwache Augen hatte und kurzsichtig war, so dass ihre Gesichtszüge dadurch schlecht aussahen; aber was ist, wenn das nicht so sehr der Fall wäre, sondern sie eher Augen hatte, die die Aufmerksamkeit auf sich selbst zogen, weil sie der Spiegel einer zarten Seele waren?

Könnte es sein, dass hier auf den Unterschied zwischen dem Inneren und dem Äußeren einer Person hingewiesen wird, zwischen der Tiefe der Seele im Gegensatz zum oberflächlichen Glanz? Am Ende entschied sich Jakob für den Glanz. Es ist nicht so, dass der Wunsch nach Schönheit und die Empfänglichkeit dafür falsch wären, aber es ist bemerkenswert, dass der Text über die wichtige Frage schweigt, ob Rahel als Ehefrau für Jakob geeignet war.

Der schlaue Laban sah, dass Jakobs Herz für Rahel schlug, und er nutzte diese Tatsache, um einen weiteren Handel abzuschließen, der diese Situation – und damit Jakob – ausnutzte. Die Abmachung lautete, dass Jakob direkt nach der Woche der Hochzeitsfeierlichkeiten für seine Heirat mit Lea auch Rahel heiraten könnte, aber für dieses Privileg würde er weitere sieben Jahre ohne Lohn arbeiten müssen, sozusagen als ein Diener im Haus seines Schwiegervaters. Es war eine seltsame Abmachung in einer Kultur, wo gewöhnlicherweise der Vater der Braut einen hohen Brautpreis zahlen musste, um einen guten Ehemann für seine Tochter zu bekommen. Laban nutzte Jakobs Leidenschaft für Rahel voll und ganz aus und ließ ihn für das arbeiten, was ihm normalerweise hätte geschenkt werden sollen.

Wir wissen sehr wenig über die Beziehung zwischen den Schwestern oder über Labans Familie, obwohl jüdische Kommentatoren sehr viel darüber spekulieren, ob nicht zum Beispiel Rahel, um ihre Schwester durch eine frühere Heirat nicht zu demütigen, unmittelbar bei der Täuschung mitspielte und sogar dabei half, dass sie Erfolg hatte. Wir wissen auch nicht, welchen Anteil Lea bei der Täuschung Jakobs hatte, obwohl man sich schlecht vorstellen kann, dass sie gar keine Ahnung hatte, was los war! Wir wissen es jedoch einfach nicht, und ich komme zu dem Schluss, dass der Text sich auf die Dinge konzentriert, die wir wissen müssen, also sollten wir uns auch damit zufriedengeben.

Jakobs Familienleben

Bigamie war noch nie eine gute Möglichkeit, um ins Eheleben zu starten, denn sie führte unweigerlich zu Bevorzugung und heftiger Rivalität. Jakob war der Liebling seiner Mutter gewesen, und nun begann er sein Eheleben mit einer starken Voreingenommenheit in seinem Herzen gegenüber einer seiner Frauen. Diese Situation war sehr unglücklich für Lea. Stellen wir es uns nur einmal vor. Das soll schließlich die Geschichte einer Familie sein, um die Gott sich kümmert.

Was ist nun mit Lea? Interessiert sich Gott gar nicht für sie und vor allem für die vielen, vielen Frauen, die in der gleichen Situation sind? Genetisch vielleicht mit Gesichtszügen ausgestattet, die für Männer nicht anziehend waren, war sie nun – und es war nicht ihre Schuld – verheiratet, als Ergebnis eines Vorgangs, in den sie nicht involviert war, mit einem Mann, der sie eindeutig nicht liebte, aber sich mit ihr abfinden musste, weil es ein bestimmter Brauch des ansässigen Stammes war. Als Opfer von Umständen, die sich ihrem Einfluss entzogen, war sie in einer lieblosen Ehe gefangen. Ihre Geschichte ist für viele Menschen ein Mikrokosmos des menschlichen Zustands, in dem viele sich wiederfinden: das Gefühl, dass das Leben von Anfang an ungerecht gewesen ist; der Neid auf andere, die körperlich oder geistig besser begabt sind; zu einer Familie zu gehören, in der ein Geschwisterkind demonstrativ bevorzugt wird; ein Opfer der Umstände zu sein, die zusammengenommen das Leben scheinbar mit grausamen Wendungen angefüllt haben; die Tränen wegen Ablehnung oder derber Sticheleien. Die Liste ist endlos.

Und wer von uns ist da ausgenommen, entweder ein Opfer zu sein oder gar ein Täter? Und Gott, wenn es einen Gott gibt, ist sicherlich nur interessiert an den Starken und Schönen, die Erfolg haben, die beliebt und reich und gesund sind? Er sieht mich nicht einmal, und wenn Er mich sehen würde, wäre Er nicht an mir interessiert, oder?

Aber Gott sah Lea trotzdem. Er sah, dass sie gehasst war, und Er unternahm etwas: „Und als der HERR sah, dass Lea gehasst war, da öffnete er ihren Mutterleib; Rahel aber war unfruchtbar“ (29,31). Dies markiert den Beginn der Familiengeschichte, in die Joseph hineingeboren werden wird. Leas erster Sohn wurde Ruben genannt. Der Name bedeutet „Seht, ein Sohn“, und mit dieser Wahl drückte sie ihre tiefen Gefühle aus, wie sie selbst erklärte: „Weil der HERR mein Elend angesehen hat; denn nun wird mein Mann mich lieben“ (29,32). Das ist schon bemerkenswert, da Lea in einem heidnischen Zuhause aufgewachsen war, was wir aus der Tatsache ableiten können, dass Rahel Labans Hausgötzen (Teraphim) stiehlt, als Jakob schließlich seine Familie von ihm wegführt.

Doch im Lauf der Zeit scheint Lea nicht nur zum Glauben an den Gott Jakobs gekommen zu sein, sondern sie vertraut Ihm persönlich den Kummer ihres täglichen Lebens an.

Man kann sich vorstellen, dass Jakob während der sieben Jahre, in denen er in Labans Haus arbeitete, um Rahel heiraten zu können, die Familie mit den Geschichten seines Vaters und Großvaters erfreute. Und Onkel Laban erinnerte sich wahrscheinlich daran, wie Isaaks Diener in seines (Labans) Vaters Heim aufgetaucht war und an Isaaks Stelle um die Hand von Labans Schwester Rebekka angehalten hatte. Zweifellos nutzte Jakob die Gelegenheit, um die wunderbare Ähnlichkeit zwischen dieser Begebenheit und seiner eigenen Ankunft bei Onkel Labans Zuhause vorzutragen. Es gab sicherlich Gespräche über Gott und über die Glaubenslektionen, die Abraham und Sara hinsichtlich der Wege Gottes und seiner schützenden Führung in ihrem Leben zu lernen gehabt hatten.

All das mag einen tiefen Eindruck bei Lea hinterlassen haben, so dass sie irgendwann während dieser Zeit lernte, dem Gott Abrahams zu vertrauen, auch wenn es sehr wahrscheinlich ist, dass die Haltung des einen, der ihr diese Botschaft gebracht hatte – Jakob –, durchaus gedankenlos und manchmal sogar grausam ihr gegenüber gewesen sein kann. Es war klar für Leas sanfte Augen, dass Jakob nur Augen für Rahel hatte, und das muss sehr schwer zu ertragen gewesen sein.

Doch Lea war irgendwie in der Lage, zwischen dem Botschafter und der Botschaft zu unterscheiden – eine bemerkenswerte Leistung, die viele Menschen heute mit viel mehr Wissen anscheinend nicht erbringen können. Sie behaupten, dass sie nicht an Gott interessiert sind, „weil es so viele Heuchler in der Kirche gibt“ oder weil irgendjemand, der vorgab ein Christ zu sein, wütend auf sie war (vielleicht war es sogar gerechtfertigt!). Doch viele dieser Menschen haben sich nie die Zeit genommen, die Bibel zu lesen oder sich ihre Geschichten anzuhören. Solche Erlebnisse sind eher oberflächlich.

Aber das sind nicht die einzigen Erlebnisse. Keine Familie ist ohne Spannungen, ohne Eifersüchteleien, Notlügen, Bevorzugungen und Rivalitäten, um nichts von den schlimmeren Dingen zu erwähnen, und wenn diese mit bekennendem Christentum vermischt werden, kann die Kombination verheerend sein. Was soll zum Beispiel ein Kind von Gott denken, wenn es von einem Erwachsenen missbraucht wird, der sich nach außen hin Christ nennt, oder wenn es ständig Wutausbrüche und sogar Gewalt zwischen den Eltern miterleben muss, die zur Kirche gehen, oder wenn es sieht, wie sein Vater seine Mutter für eine jüngere Frau aus seinem Büro verlässt?

Lea hatte die Geschichte gehört und genug von der Botschaft verstanden, um ein Kind Abrahams zu werden, indem sie dem Gott Abrahams vertraute. Trotz Jakobs Verhalten war bei ihr der Glaube an Gott gewachsen und je schwieriger die Spannungen in der Familie wurden, desto mehr brachte sie diese vor Gott, zumindest am Anfang. So drückt der Name des ersten Kindes ihren Glauben aus, dass der HERR ihre Misere einer lieblosen Ehe gesehen hat.

Lea ist es auch, die den Namen des Kindes auswählt. Das erscheint ziemlich ungewöhnlich in der alten patriarchalischen Kultur. Schließlich gab in dieser bestimmten Familie Abraham seinem Sohn den Namen Isaak, Jakob erhielt seinen Namen von beiden Eltern; doch jetzt ist es die Mutter, Lea, die ihrem Sohn einen Namen gibt. Zumindest ist das alles, was im Text steht, denn man kann sich nur schwer vorstellen, dass der Name ohne Jakobs Zustimmung gegeben wurde. So müssen sie doch zumindest über die Wahl des Namens gesprochen haben, und das gab Lea möglicherweise die Gelegenheit, ihre Ängste und Bedenken hinsichtlich Jakobs Haltung ihr gegenüber zum Ausdruck zu bringen. Ein zweiter Sohn folgte bald und bekam den Namen Simeon („Erhörung“); und erneut spiegelte der Name den andauernden Schmerz in Leas Herz wider. „Weil der HERR gehört hat, dass ich gehasst bin, so hat er mir auch diesen gegeben“ (29,33).

Ein dritter Sohn wurde Levi („Anhänglichkeit“) genannt, und sie sagte: „Nun, diesmal wird mein Mann sich mir anschließen, denn ich habe ihm drei Söhne geboren!“ (29,34).

Man erkennt leicht, dass die Namen ihrer Kinder absichtlich gewählt wurden, nicht nur um ihre eigene emotionale und geistliche Entwicklung festzuhalten, sondern auch als eine ständige Erinnerung an Jakob, dass seine Haltung seiner Frau und der Mutter seiner Kinder gegenüber – und gegenüber Gott – weit von dem entfernt war, wie sie sein sollte. Kannst du dir vorstellen, wie Jakob jemandem erklären musste, wie seine Kinder ihre Namen bekommen hatten?

Es ist nicht das erste Mal im ersten Buch Mose, dass Namen auf diese Weise gewählt wurden, um eine Erfahrung mit Gott zu reflektieren. Denken wir an Hagar, die wie Lea verachtet wurde. Als Hagar von zu Hause fortgeschickt wurde, erschien Gott ihr in der Wüste und gab ihr die Verheißung, dass ihr Sohn Ismael eine große Nation werden würde. Ismael bedeutet „Gott hört“, und der Name erfüllte für Hagar die gleiche Funktion wie der Name Simeon („Erhörung“) für Lea. Aber Hagar gab auch Gott einen Namen: „Der Gott des Schauens“ (16,13). Ruben bedeutet „Seht, ein Sohn“, wie bereits erwähnt. Die Ähnlichkeit zwischen den Erfahrungen und den Namen ist schon bemerkenswert.

Gott hatte Leas Wunsch nach Kindern erfüllt, und sie würde daher in ihrer damaligen Gesellschaft als eine Mutter hoch angesehen sein. Und es überrascht nicht, dass sie mehr wollte; sie sehnte sich nach der Zuneigung und Liebe ihres Ehemannes.

Doch obwohl sie Jakob drei Söhne geboren hatte, schien er Lea als Person nicht näher gekommen zu sein. Er behandelte sie als ein Mittel (um Kinder zu bekommen) und nicht als eine Person (mit eigenem Wert). Das ist menschlich gesehen nur sehr schwer zu ertragen, und viele Menschen in unseren Gesellschaften müssen es ertragen.

Als Leas vierter Sohn geboren wurde, nannte sie ihn Juda und sagte: „Diesmal will ich den HERRN preisen!“ (29,35). In ihrem Herzen hatte sich etwas verändert. Die Erwartung einer verbesserten Beziehung zwischen ihr und Jakob war weg; sie scheint akzeptiert zu haben, dass es einfach nicht geschehen würde. Lea zeigt keine sichtliche Spur der Bitterkeit. Stattdessen wollte sie nur den HERRN preisen und diese Tatsache mit dem Namen ihres vierten Sohnes feiern. Sie scheint daher eine tiefe Charakterstärke gefunden und sich entschieden zu haben, über ihre Umstände und deren Ungerechtigkeit hinauszuwachsen.

Dabei hatte sie jeden Grund, voller Verbitterung und Enttäuschung zu sein. Es war nicht ihre Schuld, dass sie nicht Rahels wunderschönes Aussehen hatte. Es war auch nicht ihre Schuld, dass sie in einer lieblosen Beziehung mit Jakob gefangen war. Und doch scheint sie es überwunden zu haben; zumindest nahm sie es sich nicht zu Herzen. Ihr Glaube an Gott half ihr zu überwinden, trotz der Tatsache, dass Jakob wohl kaum ein gutes Vorbild eines glaubenden Ehemannes war. Sofern es den Text betrifft, ist es interessant, dass Lea mehr von Gott spricht als Jakob.

Zu der Zeit geschah etwas noch Größeres. Was Lea nicht wusste – ja, was sie nicht wissen konnte – war, dass sie mit den Namen der Kinder die Namen auswählte, die eines Tages die Tore von Gottes heiliger Stadt schmücken werden, wie Johannes es gemäß dem Buch der Offenbarung in der Vision sah (siehe Off 21,12). Die Tore zu genau dieser Stadt, die Abraham verheißen wurde, werden die Namen ihrer Söhne tragen.

Man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, dass wir in der Geschichte Leas und ihrer Kinder einen kleinen Einblick hinter die Kulissen der tiefen Liebe Gottes bekommen, die nicht nur versteht, sondern das Leid und die Enttäuschung, die sein Volk auf der Erde erlebt, wiedergutmachen kann und dies schließlich tun wird. Gott hatte Ziele für Leas Kinder, die bei weitem das überstiegen, was sie sich zu der Zeit hätte vorstellen können; und sie erfuhr wahrscheinlich erst davon, als sie ihr himmlisches Zuhause erreichte.

Wir müssen innehalten und über die Tragweite von Leas Geschichte nachdenken. Einige denken vielleicht, dass der Kummer und Herzschmerz einer jungen Frau wie Lea im großen Rahmen der Geschichte keine wirkliche Bedeutung haben. So ist das Leben nun einmal – schwierig und hart für die meisten, und einfach nur für sehr wenige Menschen. Aber dabei würde man etwas von enormer Bedeutung verpassen: Gottes Interesse an den kleinsten Details unseres manchmal eintönigen Alltags, das aus unseren Erlebnissen etwas von Bedeutung für die Ewigkeit machen kann. Wir können Herzschmerz, Leid, Enttäuschung und sogar Desillusionierung erleben, während wir um die Erkenntnis ringen, dass Gott tatsächlich hört und tatsächlich sieht, aber bei dieser Erkenntnis anzukommen garantiert noch keine einfache Lösung unserer Probleme. Inmitten unserer Probleme wird unser Vertrauen auf Gott bis zum Äußersten beansprucht, indem wir ermutigt werden, ihn unabhängig von unseren Umständen zu preisen – nicht fatalistisch, sondern in der ehrlichen und vertrauenden Anerkennung seiner Gegenwart und Hilfe.

Vor vielen Jahren erzählte ich die Geschichte Leas auf einer Konferenz für Studenten. Während meiner Rede bemerkte ich eine junge Frau im Publikum, die ein sehr hübsches Gesicht hatte – zumindest die eine Seite war hübsch, aber die andere wurde von einem sehr großen Muttermal entstellt. Als ich meine Rede beendet hatte, stand sie sofort auf, kam im Hörsaal nach vorn und zeigte den Zuhörern ihr Gesicht. Dann sagte sie in etwa Folgendes: „Zum ersten Mal in meinem Leben möchte ich heute etwas über mein Vertrauen in Gott sagen. Dieser wunderschönen Geschichte von Lea zuzuhören hat mir geholfen, dahin zu kommen, wo ich ganz ohne Fatalismus akzeptieren kann, wie ich bin, und dem Herrn vertrauen kann, fähig zu sein, mit den Folgen klarzukommen.“ Es gab kein trockenes Auge mehr im Saal, und ich stellte mir die Frage, ob ich selbst in meinem Vertrauen zum Herrn so weit gekommen war.

Währenddessen glühte Rahel jedoch vor Eifersucht. Im Gegensatz zu Lea genoss sie Jakobs ganze Liebe und Aufmerksamkeit, doch sie hatte nicht das, was Lea hatte – Kinder. Ihr gutes Aussehen und ihr aufmerksamer Ehemann waren kein Ausgleich für das Fehlen von Kindern. In ihrem verzweifelten Wunsch nach eigenen Kindern, verlangte sie diese von Jakob, der sehr wütend auf sie wurde. Sie bot ihm ihre Magd Bilha als Leihmutter an und bekam auf diesem Weg zwei Söhne, Dan und Naphtali. Um nicht übertrumpft zu werden, bediente sich Lea der gleichen Taktik und bot Jakob ihre Magd Silpa an, und so wurden Gad und Aser geboren. Die Geschwisterrivalität eskalierte, als Ruben seiner Mutter Lea einige Liebesäpfel (Alraunwurzeln) mitbrachte, die in dieser Zeit als Aphrodisiaka angesehen wurden. Rahel verhandelte mit Lea: Lea könnte in dieser Nacht mit Jakob schlafen, wenn sie Rahel die Liebesäpfel gäbe. Lea konfrontierte Jakob mit ihrem „Handel“, er ging darauf ein, und Issaschar wurde geboren. Dann bekam Lea einen weiteren Sohn, Sebulon, gefolgt von Dina, der einzigen Tochter in der Familie, von der uns berichtet wird.

Schließlich wird uns ausdrücklich gesagt, dass Gott eingriff und Rahels Mutterleib öffnete, mit oder ohne Liebesäpfel, und sie gebar ihren ersten Sohn, Joseph. Sein Name bedeutet „Er füge hinzu“ und zeigt ihren Wunsch nach weiteren Söhnen. Sie würde schließlich noch einen weiteren Sohn bekommen, Benjamin, der auch eine wichtige Rolle in Josephs Leben spielen wird.

1 Friedrich von Logau „Göttliche Rache“, Sinngedichte III, 2,24.

4
Jakob und seine Familie kehren in das verheißene Land zurück; Begegnung mit Gott und Esau

Nachdem Jakobs Lieblingsfrau ihm einen Sohn geboren hatte, ist es nicht verwunderlich, dass er von Laban wegziehen und mit seiner eigenen Familie selbstständig leben wollte. Nach einigen schlauen und hinterlistigen Handlungen, die gut und gern einige Jahre gedauert haben dürfen, versammelt Jakob schließlich seine Familie und seine Herden und macht sich auf den Weg zurück nach Kanaan zu seinem Vater Isaak, doch ohne Laban zu informieren.

Als Laban das herausfindet, ist er wutentbrannt. Schließlich ist Jakob eine große Einkommensquelle für ihn gewesen. Also jagte Laban ihm nach. Gott griff ein und warnte Laban, vorsichtig zu sein und sagte: „Hüte dich, dass du mit Jakob weder Gutes noch Böses redest!“ (1Mo 31,24).

Joseph mag schon alt genug gewesen sein, obwohl er noch ein Kind war, um sich später an das angespannte Treffen zwischen seinem Vater und Laban zu erinnern, in dem viel Klartext geredet wurde. Schließlich einigten sich Jakob und Laban und besiegelten diese Übereinkunft durch einen Steinhaufen als eine Erinnerung. Sie aßen ein letztes Mal zusammen und gingen getrennte Wege. Die Trennung war endgültig. Jakob war von Laban befreit.

Doch Jakob erkannte, dass es noch eine andere Person gab, der er gegenübertreten musste – seinem Bruder Esau, den er vor vielen Jahren betrogen hatte. Soweit wir wissen, hatte es lange Zeit keinen Kontakt zwischen den Brüdern gegeben. Jakob erwartete, gelinde gesagt, eine unbequeme Konfrontation, und er sandte Boten aus, die seine schlimmsten Ängste bestätigten: Esau kam ihm mit einer Armee von vierhundert Mann entgegen. Jakob war eingeschüchtert und teilte seine Leute und seine Herden in zwei Lager auf, in der Hoffnung, dass eine Gruppe einem Angriff Esaus entgehen würde.

Dann betete er. Diese Handlung scheint bisher keinen größeren Stellenwert eingenommen zu haben. In seinem Gebet erinnerte er Gott daran, dass Gott selbst ihm gesagt hatte, zu seiner Sippe zurückzukehren. Er brachte zum Ausdruck, dass er all der Liebe und Treue, die ihm entgegengebracht worden war, unwürdig sei, und er bat Gott eindringlich, ihn aus der Hand seines Bruders Esau zu erretten.

Jakobs Schuldgefühle machten ihn nervös, und in der Hoffnung Esaus Gemütslage zu besänftigen, sandte er das Vieh als Geschenk in zwei Gruppen vor ihm her. Vielleicht dachte Jakob, dass er Esau auf diese Weise etwas für den Diebstahl seines Erstgeburtsrechts zurückerstatten könnte.

In der Nacht nahm Jakob schließlich seine zwei Frauen, seine zwei Mägde, seine elf Kinder, seine Diener und alle seine Besitztümer und half ihnen, den Fluss Jabbok zu überqueren. Wir wissen nicht, ob Jakob die Situation mit seiner Familie besprochen hatte, aber sicherlich nahmen sie seine wachsende Anspannung wahr.

Jakob blieb allein in der Dunkelheit zurück, zweifellos mit wachsender Beklommenheit, und er stellte sich vor, dass Esau die nächste Person sein würde, der er begegnen würde. Er hatte sich vermutlich entschieden, vielleicht um seine Familie zu schützen, dass er Esau besser allein gegenübertreten würde. Doch er war nicht allein. Denn ohne Vorwarnung, mitten in der Nacht, wurde er überraschend angegriffen, und bevor er begriff, was los war, war er in einen lebensgefährlichen Ringkampf mit einem Mann verstrickt. Er dachte vermutlich zuerst, dass es sein Bruder Esau wäre, der durch die Geschenke nicht besänftigt worden war und nun zum Kampf antrat. Seine Zukunft wird durch einen nächtlichen Zweikampf entschieden werden.

Man kann sich nur schwer vorstellen, welche Gedanken Jakob durch den Kopf gingen: Schuldgefühle, wie er Esau behandelt hatte, und das Versagen, die Dinge richtig zu stellen; die Sinnlosigkeit seines Lebens, wenn er nicht überleben würde; die furchtbare Zwangslage seiner Familie. Doch als das Ringen andauerte, dämmerte es Jakob langsam, dass an der Begegnung etwas sehr seltsam war. Ein Ringkampf? War es das, was er von Esau erwarten würde? Offensichtlich nicht, wenn er die Absicht hätte, Jakob zu töten. Da gäbe es viel effektivere Wege mit einem Knüppel, Messer, Schwert oder Bogen. Man ringt nicht mit jemandem, um ihn zu töten, obwohl ein Ringkampf auch zum Tod führen kann, wenn für gewöhnlich eher durch einen Unfall als durch Absicht. Man ringt mit jemandem, um zu beweisen, dass man der Platzhirsch ist, der stärkste Hirsch im Rudel, das kräftigste Bison in der Herde, indem man beweist, dass der eigene Körper stärker ist und man die Taktik des anderen voraussehen und ihn unterwerfen kann. Man will, dass er definitiv am Leben bleibt und die eigene Macht über ihn anerkennt.

Soweit wir wissen, hatte Jakob sein ganzes Leben lang gerungen, aber nicht so sehr im körperlichen Sinne, da Esau eher der sportlichere der beiden war, der viel Zeit in der freien Natur verbrachte. Jakob war ein schlauer Intrigant, er konnte von den Leuten erringen, was er wollte, und sie dann noch lange genug denken lassen, dass sie es selbst so wollten. Es gibt noch eine andere Komponente im Ringen: Es ist ein Nahkampf. Man kommt seinem Gegner sehr nahe. Man bedrängt ihn, und er übt wiederum Druck aus. Man kommt nicht weg von ihm, um aus der Ferne anzugreifen. Der Kampf laugt die körperliche und geistige Energie aus, und er kann sehr schmerzhaft sein.

Nirgendwo tritt dies deutlicher zutage als im Familienleben – damals wie heute. Jakob hatte mit seinem Vater gerungen, mit seiner Mutter, dem Bruder, dem Onkel und mit seinen Frauen (und er sah zu, wie sie miteinander rangen), und er hatte sie alle überlistet – so dachte er jedenfalls.

Nein, dieser seltsame Gegner war nicht Esau. Er war völlig anders und ihm doch so ebenbürtig, dass Jakob eventuell schon zu denken begann, er könnte gewinnen. Dann streckte dieser Gegner plötzlich seine Hand aus und rührte Jakobs Hüftgelenk an, das sofort ausgerenkt wurde, und der Kampf war beendet.

Mit einem ausgerenkten Hüftgelenk kann man nicht ringen, da gerade das Hüftgelenk so ein kräftiges Drehgelenk ist. Doch Jakob, der inzwischen überzeugt gewesen sein muss, dass es eine göttliche Dimension in diesem Geschehen gab, tat das Einzige, woran er denken konnte. Mit seinen noch starken Armen hielt er den Mann krampfhaft umschlungen – so wie er in Rebekkas Mutterleib Esaus Ferse festgehalten hatte. Der Sieger sagte: „Lass mich los, denn die Morgenröte ist aufgegangen.“ Aber Jakob antwortete: „Ich lasse dich nicht los, es sei denn, du segnest mich“ (32,27).

Jakobs Gegner fragte: „Was ist dein Name?“ (32,28). Wir müssen zwangsläufig an die Zeit denken, als Jakobs fast blinder Vater Isaak ihm die gleiche Frage gestellt und Jakob ihn angelogen hatte. „Ich bin Esau“, hatte er gesagt. Er hatte gelogen, um den Segen seines Vaters zu erlangen. Aber in dieser direkten Begegnung mit Gott waren Lügen nun nicht länger möglich. Auf diese Weise würde er keinen Segen von Gott bekommen. Er musste zugeben, wer er war – der durchtriebene, manipulierende, andere verdrängende, Fersen umklammernde Jakob. Er hatte sein Leben damit verbracht, andere zu manipulieren. Nun musste er lernen, dass er bei Gott nicht das Gleiche tun konnte. Er musste einsehen: Wenn er Gottes Segen erlangen wollte, musste der alte Jakob weichen. Und so war es. Da sagte der siegreiche Ringkämpfer: „Nicht Jakob soll fortan dein Name heißen, sondern Israel; denn du hast mit Gott und mit Menschen gerungen und hast gesiegt“ (32,29). Jakob fragte dann nach dem Namen seines Bezwingers und musste hören, dass diese Frage unangemessen war: „Warum doch fragst du nach meinem Namen?“ (32,30). Der Fremde konnte Jakob nach seinem Namen fragen, aber Jakob war nicht gestattet ihn zu fragen.

In seinem Schmerz und seiner Erschöpfung erkannte Jakob, dass etwas Einzigartiges passiert war – er war Gott begegnet. Dementsprechend nannte er den Ort dieser Begegnung Pniel, was „Angesicht Gottes“ bedeutet. Er sagte: „Denn ich habe Gott von Angesicht zu Angesicht gesehen, und meine Seele ist gerettet worden“ (32,31).

Was bedeutet der Name „Israel“ wirklich? Wir können an verschiedene Vorfälle denken, in denen Jakob sowohl mit Menschen als auch mit Gott gerungen hatte, aber inwiefern hatte Jakob gesiegt? Er hatte sicherlich nicht körperlich über seinen Angreifer gesiegt, aber er hatte darin gesiegt, dass er nicht aufgegeben und eben nicht losgelassen hatte, bis er Gottes Segen erhielt. Enthielt der neue Name die Vorstellung, dass Jakob nun ein Königssohn Gottes war, oder bedeutete der Name, dass Gott über Jakob regierte? Die Gelehrten weisen hier auf Mehrdeutigkeiten hin, und diese können sehr wohl beabsichtigt sein, um die Vorstellung zu vermitteln, dass der Mensch, der ein Königskind Gottes ist, ein Mensch ist, der die Herrschaft Gottes in seinem eigenen Leben erfahren hat.

Auf jeden Fall ist klar, dass die Namensänderung von Jakob zu Israel eine dauerhafte Spur hinterließ, nicht nur an seinem Charakter, sondern auch an seinem Körper, denn er hinkte für den Rest seines Lebens. Er würde nie wieder erfolgreich ringen. Er war ein weiser Mann geworden und sich seiner Verletzlichkeit wie nie zuvor bewusst geworden.

In der Nacht vor Pniel hatte er erwartet, Esau zu sehen, und diese Aussicht erfüllte ihn mit Furcht und setzte ihn unter Druck. Doch was tatsächlich geschah, war einzigartig sowohl in all seinen Erlebnissen als gewiss auch im ganzen biblischen Handlungsverlauf. Es machte ihn zum Anführer einer Nation, dem Volk Israels. Die dazugehörigen Menschen dieses Volkes würden seine Kinder genannt werden, die Kinder Israels. Und diese Kinder sollten sich ständig an den Ringkampf Jakobs bei Pniel erinnern, indem sie das Fleisch um das Hüftgelenk eines Tieres nicht aßen. Das bedeutet natürlich, dass der Vorfall öffentlich diskutiert wurde, und wir können uns gut vorstellen, dass Jakobs Familie begierig darauf war, von ihm zu hören, was er daraus gelernt hatte.

Wenn wir über diese Geschichte nachdenken, kommt die Frage auf: Welche Bedeutung hat dies für einen Menschen heute? Eines ist offensichtlich: Die meisten von uns, wenn nicht alle, ob Christen oder Nichtchristen, ringen mit irgendetwas. Aber wir nennen es gewöhnlich „sich abmühen“ oder „mit einem Problem kämpfen“. Wir kämpfen auf vielfältige Weise mit uns selbst, mit unseren Umständen, unserer Gesundheit oder mit anderen Menschen, und diese Kämpfe nehmen einen Großteil unserer Zeit und Energie ein, wenn wir ehrlich sind.

Einige unserer Kämpfe können wir „negativ“ nennen; sie dienen uns zu nichts Gutem. Was soll ich erreichen, wenn ich gerade diesen oder jenen Kampf gewinne, dieser oder jener Person ein Schnippchen schlage, oder einen Plan schmiede, um mir ein höheres Gehalt oder mehr Anerkennung zu verschaffen als berechtigt, oder befördert werde, indem ich raffiniert und unmerklich andere kleinmache? Wie wird mein Ruf aussehen, wenn ich in irgendeinem der zahlreichen Szenarien „siege“, die wir uns gar so leicht vorstellen können?

Wir kämpfen mit dem Familienleben – Bevorzugung durch die Eltern, Geschwisterrivalität, Verletzungen, ungerecht empfundene Erbschaftsverteilungen und viele andere Dinge.

Wir ringen innerlich – mit Angst, Unsicherheit, niedrigem Selbstbewusstsein, Wut, Schuld, Neid, Eifersucht, Stolz und Begierden, um nur einige der offensichtlichen Ursachen zu benennen.

Andere Kämpfe sind positiv – das Ringen darum, Gott weiterhin zu bezeugen, einen stärkeren christlichen Charakter zu entwickeln; freundlicher, gerechter, liebender oder aufmerksamer zu werden oder mehr zuzuhören anstatt selbst zu reden.

Halte kurz inne und denke an all die Probleme, mit denen du heute zu kämpfen hast, oder besser noch – schreibe sie auf. Schaue dir die Liste an und höre dann Gottes Frage an Jakob: „Wie lautet dein Name?“

Die Frage nach der persönlichen Identität ist nicht leicht zu beantworten. Doch vielleicht bietet die Geschichte von Pniel echte Hoffnung, da sie von einem Gott erzählt, der Jakob einen ganz neuen Namen gab, der all seine Kämpfe überwand und ihn neu definierte. Es war nicht so, dass nichts mehr von dem alten Jakob übrig war, wie wir noch sehen werden, aber es gab etwas Neues in ihm, das es zuvor nicht gegeben hatte.

Jakobs Geschichte ist eine Geschichte des Alten Testaments, also dürfen wir nicht erwarten, dass wir daraus direkte Parallelen zum Neuen Testament ziehen können. Doch gewisse Elemente dieser Geschichte erinnern uns an ähnliche Dinge im Neuen Testament. Ein Beispiel ist der Namenswechsel. Durch die Begegnung mit Christus wurde Simon zu Petrus und Saulus zu Paulus. Allgemeiner gesprochen hat der auferstandene Herr verheißen, denjenigen einen neuen Namen zu geben, die an ihrem Zeugnis an Christus festhalten und „überwinden“ (Off 2,17).

Dahinter steht die wunderbare Tatsache, dass denjenigen, die Christus als ihrem Herrn und Retter vertrauen, ein neues Leben geschenkt wird; sie werden durch den Heiligen Geist von neuem geboren, der nun in ihnen lebt und ihnen neue Kraft schenkt, mit den Kämpfen des täglichen Lebens zurechtzukommen. Uns wird gesagt:

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Yaş sınırı:
18+
Litres'teki yayın tarihi:
25 mayıs 2021
Hacim:
271 s. 3 illüstrasyon
ISBN:
9783958932692
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